_-D - ::= - ;;; r ______-D == -- :;; - - 0 - r-=I = -D - - z-= ::> rn Quellen und Untersuchungen zur late in. is chen. Philologie des Mittelalters = = --:I Zweiter Band heraus ..:geben von Ludwig Traube NOMINA SACRA Versuch einer Oeschichte der christlichen Kürzung VON LUDWIG TRAUBE o. ö. Professot der Philologie an der Universität München /O ' C_ \ ... 'Y.Joo MÜNCHEN 1907 C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG OSKAR BECK . Die QueUen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters begründet von LUDWIG TRAUBE erscheinen in zwanglosen Heften. Mehrere Hefte bilden einen Band. Der Subskriptionspreis für einen Band beträgt 15 Mark. Der Preis der Einzelausgabe der Hefte wird ein verhä1tnismäßig erhöhter seine Dagegen wird eine entsprechende Preisermäßigung eintreten, wenn Universitäts-Seminarien einzelne Hefte in einer größeren Anzahl auf einm"al bei einer Sortimentsbuchhandlung oder direkt bei der Ver- lagshandlung bestellen. Der vollendet vorliegende I. Band umfaßt folgende Einzelhefte: I. Band, 1. Heft: S. Hellmann, Privatdozent der Geschichte an der Universität München: Sedulius Scottus (I. Sedulius, Liber de rectoribus Christianis. II. Das Kollektaneurn des Sedulius. III. Sedulius und Pelagius). XV u. 203 S. Einzelpreis 8.50. I. Band, 2. Heft: E. K. Rand, Assistant-Professor of Latin at Harvard-University: Johannes Scottus (I. Der Kommentar des Johannes Scottus zu den Opuscula Sacra des Boethius. II. Der Kornrnentar des Remigius von Auxerre zu den Opuscula Sacra des Boethius). XIV und 106 S. Einzelpreis..lt 6.- I. Band, 3. Heft: Heribert Plenkers, Mitarbeiter an derWienerKirchenväter-Ausgabe: Untersuchungen zur Ûberlieferungsgeschichte der ãltesten lateinischen Mönchsregeln. XI und 100 S. 2 Tafeln in Folio. Einzelpreis cJ!t. 7.- Soeben gelangten zur Ausgabe: II. Band (kornplett): L. Traube: Nomina Sacra. Versuch einer Geschichte der christlichen Kürzung. X und 287 Seiten. Mit Porträt des Herausgebers. Geh. ..It. 15.- III. Band, 1. Heft: Dr. Paul Lehmann: Franciscus Modius. XIII u. 151 S. Einzelpreis 7.- Weitere Hefte der "Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters" befinden sich in Vorbereitung. Es ist beabsichtigt, das Unter- nehmen im Sinne und Geist seines Begründers fortzuführen. München, im September 1907. C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung Oskar Beck. \ .. . r-- ............ F / . .. +-, 1 , ... ' .. . -t. -," ..............;' ,.. thE PRESEnCE oç thIs BOok thE]. m. kELLy LIBR<1RY h<1S BEEn m<1ÒE POSSIBLE thROUCjh thE CjEnEROSlty StEPhEn B. Roman From the library of Daniel Binchy Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters herausgegeben von Ludwig Traube Zweiter Band Nomina sacra von Ludwig Traube .!' .4 . ' .\ 'J:ofoa"':4I ïä "':.g'e, . - MÜNCHEN 1907 C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG OSKAR BECK NOMINA SACRA Versuch einer Oeschichte der christlichen Kürzung VON LUDWIG TRAUBE O.Õ. PROFESSOR DER LATEINISCHEN PHILOLOGIE DES MITTELALTERS AN DER UNIVERSITÄT MONCHEN oj" ., . " ,..- - - -" :-' \ P''':'''II-Xef.allt>:tJ'D - ""..a' - - . MÜNCHEN 1907 C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG OSKAR BECK C. H. Beck'sche Buchdruckerei in Nõrdlingen. V orwort. Die folgende Arbeit stellt ein paläographisches Problem in die Überlieferungsgeschiehte der jüdischen und christlichen heiligen Bücher hinein. Die Lösung, die zu geben war, schien so sieher, daB an Stelle der Analyse meist eine historisch-systematische Dar- stellung versucht werden konnte. Ais Leser ist ebensowohl der Paläograph wie der Philologe ge- dacht. N och sei auf einige Eigentümlichkeiten der Druckeinrichtung aufmerksam gemacht, für die teils paläographische, teils typographische Gründe maßgebend waren. Die griechischen Nomina sacra werden durchweg in Unciale, andere griechische Wörter in gewöhnIichen griechischen Buchstaben gesetzt; inschriftliche lateinische Zeugnisse sind in Antiqua, lateinische handschriftliche Zeugnisse in Kursive wiedergegeben; die gotischen nd armenischen Nomina saCra werden lateinisch transkribiert. 1m Griechischen sind die diakritischen Punkte weggelassen worden; auch wird meist nur e i n Strieh über den kon- trahierten Wörtern gesetzt, also steht z. B. ÕYNOI statt OY NOI. 1m Lateinischen wird, wie schon im Anhang von Perrona Scottorum (vgl. Sitzungsberiehte der bayer. Akademie 1900 S. 528), der Ab- kürzungsstrich gewöhnlich über den SchluBbuchstaben oder den letzten Vokal gezogen. Dies entsprieht nieht der Sitte ä1terer Handschriften, die ihn mehr nach der Seite schiebt, wo die Buchstaben fehlen. Alles übrige, was man erwarten könnte an dieser Stelle er- wähnt zu finden, ist in den ersten Abschnitt der Darstellung, 'die Geschichte der Forschung', einbezogen worden. München, im November 1906. L. Traube. Ludwig Traube hat mit der Ausarbeitung des Werkes begonnen, als er wuBte, daB er nur noch zwei Jahre leben konnte. Die Bogen 1-15 hat er selbst für druckreif erklärt, Bogen 16-18 nur mehr in der ersten Korrektur gelesen. Aus seinen eigenen ÄuBerungen wissen wir, daB er einzelnes noch geändert, namentlich die SchluBsätze umgearbeitet haben würde. Auch die Vollendung des Vorwortes ist ihm nicht mehr vergönnt gewesen. Die umstehenden Worte stellen nur einen ersten Entwurf dar, der nachträglich in Traubes Papieren aufgefunden wurde. Er selbst hat des öfteren die Absicht ausgesprochen, die Schwierigkeiten des Druckes stärker zu betonen, vor allem hinzuweisen auf die Unrnöglichkeit einer einheitlichen typographischen Wiedergabe der Abkürzungen. Schließlich beruhigte er sich bei dem Gedanken, daB die Inkonsequenz zum gröBten Teile auf die Handschriften selbst zurückgeht und daB so der Druck in gewisser Weise den Formenreichtum der Oberlieferung wiederspiegelt. Nun bleibt uns noch die Pflicht zu erfüllen, die Traube stets in vorbildlicher Strenge übte, die des Dankes: an den Verleger, der jedem Wunsche bereitwillig entsprach, und an die Freunde, die sich an der Korrektur beteiligten. An erster Stelle sei hier Herr Paul Marc als treuer Helfer bei der Drucklegung genannt. Seine unermüdliche Tätigkeit hat ein wesentliches Verdienst daran, daß Traube den letzten Bogen seines Werkes noch auf dern Sterbebette sah. AuBer ihrn haben bei der Korrektur gehoUen die Herren Ch. H. Beeson, G. Keyssner, K. Krumbacher, P. Lehmann und für die letzten Bogen auch S. Hellmann und F. von der Leyen. 1m Sinne des Entschlafenen sei ihnen allen an dieser Stelle aufrichtig Dank gesagt. Die Erben. Inhaltsverzeichnis. Vorwort. . . . . . . I. Einleitung. . . . . . . 1. Geschichte der Forschung 2. Terminologie . . . . . II. Nomina sacra im Hebrãischen 1. Vergoldung der Gottesnamen . . . 2. Das Tetragramm . . . . . . . III. Nomina sacra im Griechischen . . . . . 1. Wiedergabe des Tetragram s bei den hellenistischen Juden. . 2. Ausbildung der Nomina sacra durch Juden und Christen . . 3. Die nachweisbaren Entwickelungsstufen der Nomina sacra Die ägyptischen Zauberpapyri . Fragmente des Aquila Andere jüdische Formen . Ä1teste christliche Stufen . Die ägyptische Schule 4. Der Kontraktionsstrich Ursprung des Striches Behandlung fremder Worte im Lateinischen . . Nichtkontrahierte Nomina sacra mit Oberstrich im Griechischen Nichtkontrahierte Nomina sacra mit Oberstrich im Lateinischen . 5. Verzeichnis der Handschriften und Inschriften, in denen Nomina sacra begegnen A. Papyri B. Inschriften. . C. Handschriften 6. Die einzelnen Nomina sacra 1. eEOC 2. lTHf, OYfÀNOY (OY>f ANOI , I(C>f AHA , fOYCAAM/1) (vgl. Taylor 1. c. pag. 82), YIOI YIOYC. Das oben S. 27 erwähnte Fragment des Buches der Könige in der Übersetzung des Aquila, das gleichfalls aus der Synagoge zu Kairo stammt, gibt: eEOY SEW SEOI, =t1=1, oder =t':J=t':J (vgl. oben S. 28), l<)""flW und ein sakrales 1 <)"" 1 ,1) ÀN8fwnWN, ICf AHA und ein ICA /,I) IEfOYCAAHM, YIOC YIWN YIOYC. Die beiden Palimpseste sind wohl in Ägypten und ziemlich spät geschrieben. Es ist ferner zu bedenken, daB Aquila, wie in der Übersetzung, so in der kalligraphischen Ausgestaltung seine eignen Wege gegangen war; 2) gerade aber unter diesen Voraussetzungen wird es wahrscheinlich, daB die hebräische Form des Tetragramms und die Ausschreibung der Nomina sacra (z. B. 8EOC) auf Rech- nung des Autors, das einmalige 1<)"" statt der hebräischen Form auf Rechnung des jüdisch-ägyptischen Schreibers zu setzen ist, dagegen die Kurzformen für ICf AHA und IEfOYCAAHM den EinfluB einer anderweitigen jüdischen Gewöhnung beweisen. Denn das ist doch wohl kaum anzunehmen, daB auf diese synagogale Überlieferung des Aquila die Tradition einer christlichen Schreibschule eingewirkt habe. ICA ist eine Form, die uns in den christlich-ägyptischen (koptischen) Handschriften erst spät entgegentreten wird; früher wurde in Ägypten allgemein -I HA geschrieben. Die Form IO YCAAM ist wohl über- haupt eine Art KompromiB: der Schreiber der Vorlage wollte kürzen, der Autor pflegte auszuschreiben. Man könnte annehmen, daB dem jüdischen Schreiber der Vorlage nicht nur ICA und eine Kurzform von tIê(!OVaaÀÍJft (vielleicht IEM , vielleicht aber auch ein mehr hebrai- sierendes Gebilde) geläufig war, sondern daB er auch das dem In- halte nach zugehörige .ó.A-ð.. kannte, das in den Palimpsesten zu- fä1lig nicht vorkommt, aber ebenso geformt ist wie ICA. . Aquila lebte unter Hadrian und übersetzte in Jerusalem. 1) Am Zeilenschluß. 2) Vgl. oben S.28. 42 L. Traube, Andere jüdische Formen. Wie tC^ ist von den Nomina sacra, die jüdischen Ursprung haben können, auch JlNA und I JAf gebildet. Für sie haben wir keine beweisenden Zeugnisse. Wir müssen uns mit folgender Er- wägung begnügen. Die christlichen Schreiber Ägyptens kennen rJNA seit dem 4. Jahrhundert, und wenn die Datierung der Papyri Stieh hält, seit dem 3. Jahrhundert. Der Vatican us (B) aber, eine Bibel- handschrift des 4. Jahrhunderts, die gewiB aus Ägypten stammt, meidet noch in einzelnen Teilen diese Form oder kennt sie noch nieht. l ) Auch der Gote und der Armenier 2) haben sie in ihr System nicht aufgenommen. Dagegen weist das Lateinische SPS (= spiritus) und der Gebrauch des Codex Bezae (D) darauf, daB nNA sehr früh schon, vielleieht in Syrien, eingebürgert war. Damit träfe dann zu- -- --- sammen, daB gerade die Form nAf (nicht rJHf) auch wieder im Codex Bezae überliefert ist. 1st also die Reihe der Kurzformen (nNA J JAf .ð.A.ð.. ICA IEM) , die die beiden Anfangsbuchstaben bewahrt hat, eine Erfindung syrischer Juden? Wurden die analogen Formen IHC XrC , die ja auBer einigen ägyptischen Handschriften gleiehfalls wieder der Codex Bezae bewahrt hat, in Syrien ausgebildet? drangen sie erst später nach Ägypten vor? Die Herkunft von OYNOC und ANOC ist in noch gröBeres Dunkel gehüllt. Wie die Kurzformen für L1avdð ' I(](}a ). t IE(!ov(]a). fl' fehlten die für ov(}avóç und av-D(}úJlloÇ da, wo der Lateiner und der Gote ihre Vorlagen hernahmen; auch in der Tradition, in der der Codex Bezae steht, fehlten sie; der Armenier fand wenigstens die für ov(}avóç und aV{}QúJ7loÇ nicht vor; selbst in Ägypten waren diese beiden nicht von Anfang an zu Hause: einige Papyri, einzelne Teile des Vatieanus (B) und die koptische Paläographie kennen sie nicht. Und dann gibt es wieder ägyptische Papyri und nicht g enauer zu lokalisierende Pergamente, die wohl ANOC, aber nicht OYNOC aufweisen, während der umgekehrte Fall mir nirgends vorgekommen ist. Also scheint für beide Formen wieder eine getrennte Ursprungs- queUe anzusetzen zu seine 1) Vgl. über die Einze1heiten unten S. 66 f. 2) Vgl. unten Kapitel V. Nomina sacra. III. Nomina sacra irn Griechischen. 43 Ãlteste christliche Stufen. Wenn wir, von dem Gebrauch der einzelnen Handschriften aus- gehend, nunmehr einen Blick auf die graphische Eigenart werfen, mit der in den altesten christlichen Schriftstucken die Nomina sacra behandelt werden, so wird dieser Blick auf die ersten Regungen einer neuen Schreibkunst zugleich zum Rückblick auf die Art der jüdischen Kalligraphen. Die Männer, den en die ältesten Teile des Neuen Te- staments verdankt werden, waren durchaus gewöhnt an den Oe- brauch der LXX, und sie kannten keine andere Ausstattung der Handschriften des griechischen Alten Testamentes als die von uns angesetzte, bei der mindestens fhóç und XV(!WÇ durchweg als kon- traktive Gebilde erschienen. So kam es, daB sie diese jüdischen Formen ohne weiteres übernahmen und nur durch das Gegengewicht zweier entsprechender Fonnen für "1'YJ(Jovç und X(!tmóç gewissermaBen zu balanzieren suchten. Sowohl die Bildungsart 'C XC als die andere 'HC XJ'C setzt ec und J-"THf n>-.. Tyoe oyy A . I"1t'C 62 ey eN ey ew et ec J< J-" nNÀ. nNC I À.NWN I À.NOIC I 30. P. Amh. s. VI, I nHr 31. P. Rainer s. VI, Matthaeus; vgl. I I 32. P. Rainer s. VI, Lukas; vgl. Wessely, I I 33. P. Amh. s. VI, Pastor À.NOYC 34. P. Brit. Mon. sacra ined., Nova Coll. 1217-278; vgl. Palaeographical des sahidischen Psalters, Berlin rJr EEC I OYNOC etc. , À.NOC et c. I boÀ. YElL\. I À.À.NOC 1 .ð..À. y.ð../ 35. P. s. VII, Zacharias und Malachias; ed. Hechler, Transactions .D..À..D.. Nomina sacra. III. Nomina sacra im Griechischen. 63 n. 1 I s a i a e. I ICFÀH"- 'ErOY- CÀ^Ht'-I, 'E- CÀ^Hfvl (wobei C nachtrãglich zu- gefügt), Er 'OYCÀtI^ HM, <'^)Hfvl YIOC CT À. YfW Berlin .Landwehr, Philologus XLIII (1884) 106 ft. I I t'-1Hp t'- ït lC Il'-JTI nHr nr W1 l OYt IOC OYNOY 37. Amulette Anhangsweise folge ein Wort über die Paläographie der Amulette, von denen jetzt eine ganze An einige Vulgarism en, wie sie in den Zauberpapyri angetroften wurden. So finden wir neben ec , Wi1cken, Archiv für Papyrusforschung 1429 ft.), At-J ee (P. Berlin 6096), COC (= OClJ'lijeOç, Archi der Göttinger Gesellschaft d. Wiss. 1892 B. In eEON I J J '^HM 75 MHTEr À 1 MH/), I JVJHfC fvJHTrOC I MHTHr 76 J>I, wie ich dies Gebilde auffassen mächte, aIs ein Iota inmitten eines Eta,5I) oder nebeneinander IH. Die epigraphischen Zeugnisse aus Rom stehen 1) Von der hieroglyphischen crux ansata (= Leben) kann hier abgesehen werden. Dagegen hat man im Mitlelalter öfters auf den Zusarnrnenhang mit dem Chresimon (Chrismon) hingewiesen. Vgl. z. B. Hraban. Maueus ed. Migne eVIl 237 und die Handschrift der Orthographie des Alcvin St. Gallen 249 s. IX bei Keil, Gram- matici lat. VII 312, 24. I) Gewõhnlich nimmt man an, Iota stände neben Eta und werde yon dem Mittelst,rich des Eta erreicht. 8* 116 L. Traube, bei Rossi, Bullett. di arch. crist. IV6, 30sqq. und V3, 77. Unverbunden findet sich z. B. auf einem römischen Cðmeterialstein (ebd. IV 6, 36): - -- EN IH Xf. Die ältesten christlichen Kalligraphen sind nun, als sie die Worte "lr;aov X(}tGTÓ der ältern Reihe angleichen wollten, an deren Spitze ec und KC standen, entweder bei genauer Nachbildung der jildischen Formen auf IC XC verfallen, oder sie haben das vorhandene IH Xf zu IHC XfC weitergebildet. Fortgepflanzt findet man die alten Formen IH und Xf z. B. im unkalligraphischen Gebrauch der Zauberpapyri (oben S. 40) und Amulette (oben S. 64 f.), dann wieder bei den lateinischen Schreibern in Afrika. l ) Den Übergang von der Suspension zur Kontraktion ver- anschaulichen Inschriften, wie die sizilischen (vgl. Kaibel, Inscr. n. 524, und Führer, Sicilia sotterr. S. 142) mit dem Gebilde >li!C. 12. YIOC. Vielleicht unter den ersten echt christlichen Kurzformen wurde YC filr YIOC i) in die biblische KaUigraphie aufgenommen. Es gehört zu IC und XC , wie diese Bildungen zu ec und KC ge - hören . Getr agen wurde es von den Gefügen YC ey, yc ANOY, yc AAA. DaB es bald, nachlässig gesetzt, auch in soIche Stellen eindrang, wo nicht von Christus und nur ganz allgemein von einem Sohn die Rede war, braucht nach dem, was sich z. B. von der Kurz- form für Jlurlj(} ergab, kaum noch hervorgehoben zu werden. Doch besteht ein Unterschied: bis zur Pluralbildung scheint man bei víóç nie vorgeschritten zu sein, und hierin mag das verschiedene Alter der beiden Formen sich wiederspiegeln. Der Gebrauch der einzelnen Handschriften ist HIngst noch nicht ordentlich geprüft worden. Für unsere Zwecke genügt Folgendes. Durchweg ausgeschrieben findet sich YIOC in den Leipziger Psalmen auf Papyrus s. IV (23); von Papyri vgl. ferner 2, 5, 13, 18, 19, 22, 28. 1m Vaticanus (44) hat nur Hand B 3 ein einmaliges YC aufzuweisen; im Sinaiticus (45) entschlüpfen nur den Händen AI' i' 3, ,. 6, 1) Vgl. unten Kap. V 3. 2) Die Zeichen der Diärese über yoder Y', die in einern Teil der aUen Handschriften sehr geläufig sind, lasse ich aus typographischen Gründen weg. Nomina sacra. III. Nomina sacra im Griechischen. 117 A 5, C und D l' j!. 3" ganz gelegentlich kontrahierte Formen; Ephr. rescr. (48) hat im Alten Testament YIOC, im Neuen yc etc.; ebenso etwa der Alexandrinus (49): im Neuen Testament ist dabei YC etc. meist sakral; im Jesaias-Palimpsest zu Dublin (66), im Codex Bezae (67), im Laudianus (75) und im Claromontanus (76) steht stets YIOC; ebenso in den Petrus-Stücken zu Gizeh (78). In einem Teil dieser Handschriften wäre ilbrigens nur fiir YC mit nicht sakralem Sinne Platz gewesen. Man kann also diesen Teil aueh unter die- jenigen Handschriften rechnen, die die Kurzform nur dort setzen, wo sie urspriinglich am Platze war. Zu diesen gehðren Ephraem rescriptus (48, vgI. oben), Codex Alexandrinus (49, vgI. oben), die beiden Guelferbytani (69 und 70), der Matthäus-Palimpsest in Dublin (72) ; vgI. a uch 74 und 83. Hier ist überall nur YC ey und yc ANOY oder derartiges wie -rEJ..ET AI ð..E YN (Matth. 1, 21) durch die Kurzform ausgedriickt. Es werden gewiß noch andere Schreiber diese natürliche Unter- scheidung befolgt haben. Von Einzelbelegen seien noch folgende festgehalten: YIE ANOY aus P. Grenf. I n. 5 saee. III (2, in der Anrede an Ezechiel), aus dem Papyrusbueh mit dem Anfang von Matthãus P. Oxy. I n.2 ---- saec. III (3) ßIß^OC rENECEWC IY xy YY .ð..A YL , aus den Logia P. Oxy. I n. 1 saee. III (5) YIOIC TWN ANWN, aus dem Fragment des Römerbriefes P. Oxy. II n. 209 saec. IV (24) YY eYe Der Philo-Papyrus (7) erweist seinen christlichen Ur- sprung durch den fortwährenden Gebrauch von )...c etc. MiBgestaltungen hat der Schreiber A 5 des Sinaitieus (45) sich zu Schulden kommen lassen: er schreibt je einmal yyÜ J und YEY 13. CCUTHf. Wie -yc zu IC und XC, gehört CHI', die Kurzform von aWT e, zu ï J Hf . Die Deklination ist dem Vorbild entsprechend: CHI' , CfC , Cft , CI' A. l) Ais Ausnahme wäre einzig COC statt cr c auf einem I) In unseen Paläographien haben sich, infolge eines ungeschickten Vermerkes von Tischendorf, bei der Behandlung von <1WT Q und <1TaVeÓ; Irrtümer festgesetzt, die ich hier stillschweigend berichtige; nur der Porfirianus (91) scheint den Genetiv CpOC neben häufigerem CI 'C zugelassen zu haben. 118 L. Traube, wieder verloren gegangenen ägyptischen Amulett s. VI anzusehen, falls die Lesung ganz sicher stände (37, vgl. Wilcken, Archiv f. Papyrus- forschung ) 431). )n koptischen Handschriften begegnet neben CH P auch CP und vor aHem CIDP ; es ist noch nicht bemerkt worden, daB Schreiber C des Sinaiticus (45) auch 1 cu5f hat; ein anderer gekürzter Nominativ findet sich in der Handschrift sonst überhaupt nicht. Für das Alter der Bildung haben wir ein indirektes Zeugnis, das urn so mehr zustatten kommt, als auf den älteren Papyri das Wort weder ausgeschrieben, noch gekürzt begegnet. Codex Alexan- drinus (49) hat 3 Mac. 6, 32 Or A statt Cr A und 3 Mac. 7, 16 COI statt efl .i) Die Kurzform stand also bereits in der Vorlage. Die Verbreitung war ganz allgemein; nur der Vaticanus (44), Codex Bezae (67) und Claromontanus (76) schreiben CWTHf immer aus. Auch die verschiedenen Hände des Sinaiticus (45) schrecken im allgemeinen vor der Kontraktion des Wortes zurück. Gebrauch t wurde sie bald nach der Einführung ilberall, wo eine Beziehung auf Gott und Christus herausgelesen werden konnte. Ihr eigentliches Feld war aber und blieb das Neue Testament. Bekannt ist sie noch dem Hrabanus Maurus (Migne, Patrol. lat. CVII 238). Yom Dativ efl weiter gebildet, findet sich zuers t im Pr opheten- Codex zu Grottaferrata s. VII (84) eflÀ , ErlAN und C rION, in den Hamburger Fragmenten s. VIII (93) erlA und efiAN. 14. CT A YfOC. Sicher auf christlicher Erfindung beruht die Kontraktion von oTaVeÓç. Ein le icht zu benutzendes Vorbild war nicht vorhanden; OYNOC oder ANne mag eingewirkt haben. Wenn aber eine ganz feste Kurzform nicht zustande kam, so kann dabei auch die späte Einführung der Kontraktion beteiligt seine Zusammen mit der Kurzform des Substantivs (OTaVeÓç) tritt die des Verbs (o'raveovv) auf. Doch kennt z. B. der Sinaiticus (45) nur Kontraktionen des Verbs, der Alexandrinus (49) nur soIche des Substantivs. Vorgekommen sind mir sechs verschiedene Formen.!) 1) An der ersten Stene läBt Vaticanus (44) das Wort aus, an der zweiten bietet er eine Verderbnis. ') Vgl. die Vorbemerkung zu (1Cù1' e oben S. 117 Anm. 1. Nomina sacra. III. Nomina sacra im Griechischen. 119 CTfC: in einem theologischen Fragment P. Oxy. III n. 406 saec. III (11) liest man ECT J'N OC X C, im Sinaiticus 1 ) (45, H and D', Marc. 15, 15 = Tischendorfs Facsimile IV28, 4) INÀ CTf8H, im Codex Bezae 2) (67) TOY CTfY (Marc. 15, 30 und 32), TON CTfN (Marc. 8,34) und CTr N (= oTuvQwaov) À YTON (Mar c. 15, 13) , im E vangelista rium Barberinum s. VII (87, Joh. 19, 25) TW CTrW. CTfOC: dies ist die gewðhnliche mittelalterliche Form, für die meinen ä1testen Beleg der Codex Porfirianus (91) s. VIII/IX gib1. Der Genetiv ist dann also ()'c o v, nicht (J'Ce"' . C-f?C : diese künstliche Ligatur, bei der das im Schaft durch- strichene f zugleich das Kreuz und das Monograrnm Christi an- deutet,3) findet sich im P. Rainer n. 8025 saec. IV/V (25) TOY C-f?Y (Marc. 15, 30). In den Atti della R. Accademia delle Scienze di Torino XXXI (1895-96) 919 führt F. Rossi ein von ihm in kop- tischen Handschriften gefundenes Benediktionszeichen auf eben diese Ligatu r zurii ck. C-f?OC: dieselbe, nur etwas erweiterte Ligatur bietet der Sinai- ticus (45, Hand A5, Apoc. 11,8 = Tischendorfs Facsimile IV 130,3) EC-FW 8H (zwischen ill und 0 fällt Zeilenschluß) und eine kop- tische Handschrift in Paris ') s. VII in ihren griechischen Bestandteilen C ON <þEfEIN (Luc. 23, 26) und ECi-W CAN (Luc. 2 4,20).5) Cf'OC ist die Kontraktion des Alexandrinus (49), der croy (Matth. 27,42; 1 Cor. 1, 18; Galat. 5, 11) und crw (Oala1. 6,12) auf- weist; der Akkusativ CrON findet sich in der Homilie s. V unter dem Georgischen Text (60). CTC : auf diese Grundform führen zwei Stellen im Codex Bezae (67): INÀ CTH (oTavew{}fi Marc. 15,15) und CTN (OTUVQWGOJ') À YTOt' (Marc. 15,14). 1) Die andere Stelle, wo der Sinaiticus kontrahiert, vgl. unter C-FOC. I) Codex Bezae kontrahiert nur irn Ev. Marc.; vgl. die andern Ste1len unter CTC 3) Vgl. oben S. 13 f. über die ligierlen Kürzungen von xeóvoç und 'leÓ1l0ç. 4) Vgl. über sie unten S. 127, wo die späteren Neubildungen behandelt werden, bei paatÀEvç. 5) Ähnliche Gebilde sind im Koptischen nicht setten. Weyh weist mir sie nach im Brucianus s. V der Pistis Sophia (ed. Schmidt-Petermann S. 357, 15), in der Handschrift der Cyprianuslegende (ed. Lemm S.22) u. Ö. 120 L. Traube, Bemerkenswert ist, daB der Vaticanus (44) wie auch einzelne Hãnde des Sinaiticus (45) keinerlei Kurzform für das Substantiv zu- lassen; auch in dem Bruchstilck des Hebräerbriefes P. Oxy. IV n.657 (19) steht ausgeschrieben CT ^ YfON. 15. MHTHf. Wir schlieBen die Reihe der Nomina sacra mit der Behandlung desjenigen Wortes, das aus dem Rahmen der bisher behandelten gänzlich herauszufallen scheint. Hðrt man yon einer Kurzform für p, T:YJe, so wird man zunächst geneigt sein, sie fiir eine inhaltsleere Angleichung an die Kurzform filr JlaT: e zu halten. Findet man bei nãherem Zusehen, daB auch diese Kontraktion (wie die von JlaT: e, nJlEVpa J OVeaJló , ãvl}ewJlo ) von einigen Schreibern nicht anerkannt wurde, so kann man dadurch ebensowohl in der ursprilnglichen Annahme bestärkt werden - denn in der heiligen Reihe muBte ein beziehungsloses Wort befremden -, ais auch zu der feineren und vielleicht richtigeren Ansicht gelangen, daB hier eine Angleichung hðherer Art vorliege. Die Forschungen Useners 1) und Dieterichs 2) haben das Verständnis erschlossen für eine Heiligkeit der p- T:1'Je, die ãlter ist, als die der {hOTÓXO und zusammenfällt mit der Personi- fikation der gðttlichen Weisheit und der Kirche. 3 ) Je weniger in den kanonischen Büchern von dieser heiligen Mutter zu finden war, urn so mehr 1!1ochte ein Schreiber, der in einer solchen Vorstellung lebte, sich aufgelegt filhlen, sie in die heiligen Text einzutragen und dem YiJ) und yc ein MF oder dem nHf ein MHf an die Seite zu stellen. Diese neue Bildung wurde zu- nächst an denjenigen Stellen angewandt, die über den jeweiligen Zu- sammenhang hinaus eine geheimnisvolle Nebenbeziehung zulieBen. Ausgeschrieben findet sich MHTHf fast immer im Vaticanus (44), wogegen der Sinaiticus (45) einzelne kontrahierte Formen fast in jedem Teil aufweist; nur MHTHf kennt der Sarravianus (46) und der Codex 1) Dreiheit S. 41 fi. 2) Mutter Erde S. 116 If. S) Man wird Reste dieser Mutterverehrung außer in der Kalligraphie auch in der Buchmalerei finden. Zur Orientierung über die vorhandenen Darstellungen vgl. F. F. Leitschuh, Geschichte d. karoling. Malerei S. 258 fi. (die Kirche) und S. 267 ft. (Sophia sancta). Nomina sacra. III. Nomina sacra im Griechischen. 121 Bezae. (67); wie es scheint, auch die Genesis Cottoniana (57).1) Der Claromontanus (76), und dies Beispiel ist besonders anschaulich, hat nur da, wo p, 7:'r}(! zum ersten Male vorkommt, die kontrahierte Form (Rom. 16, 13 MfA) , sonst immer die ausgeschriebene (dabei Eph. 6,2 MHTEf A coy neben Ilf A coy). Zur Verwendung kommt sonst, soviet ich sehe, überall folgende Reihe, die genau der bei nHf anerkannten entspricht: MHf , MfC , Mfl , Mf À . Die im Verzeichnisse der Melchiten 51) aufgefiihrten ganz richtigen Formen: p,Eq , P(!EÇ , P,(!WV , p,(!aç habe ich in alten Handschriften nicht getroffen. Nur M (fW) N ist offenbar im Berliner Papyrus-Fragment der Briefe des Basilius s. V/VI (29) zu lesen, wo der Herausgeber M(HW)N vermutet. Und der späte Porfirianus (91) hat Mf AC . Der Nominativ MP , der vielleicht in ältere Zeit zurilckreicht, ist mir doch nur in jüngerer und nicht in Handschriften begegnet. 3) So steht auf dem Elfenbeindeckel des Evangeliars des Burkhard, Würz- burg Mp. tho f. 68, und auf dem Kuppelmosaik des Doms von Murano (Meier-Gräfe, Entwickelungsgesch. d. modernen Kunst, III Taf. 1) Mf ey. Öfters aber liegt auf ähnlichen Denkmälern eine Ligatur von M, H und f vor, die mit Mf leicht zu verwechseln ist. Über den unregelmäBigen und wahrscheinlich verschriebenen Genetiv MHfC vgI. unten Anm. 1. 5. Die Nomina sacra in nichtchristlichen Texten. Hier ist der Frage näher zu treten, ob die Nomina sacra auBer- halb der biblischen Biicher und, allgemeiner gesprochen, überhaupt auBerhalb der christlichen Literatur in profanen Texten zu einer häu- figeren Verwendung kamen, eine Frage, die man auch so wend en kann: ob die sakrale Bedeutung und Bedingtheit der Kurzformen bis in 1) DaB die Kontraktion in der Wiener Genesis (56) fehle, ist nicht richtig behauptet worden. Gen. 37, 10 steht t1Hf und Gen. 24. 28 in einer eigentümlichen Fassung dieses Verses I'IHrC als Genetiv. :) Vgl. oben S. 8. II) Älteste Beispiele für MHf geben die Papyri 23, 29, 36 und der Vaticanus (44). Auf Irrtum beruht MTf (23). 122 L. Traube, das Mittelalter hinein wenigstens einigermaßen bekannt und bewahrt blieb. Wir haben zwar schon bei jeder einzelnen Form in un serer Aufzählung festgestel!t, wo und wie weit der Gebrauch der kontra- hierten Nomina sacra die ursprünglich eng gesteckten Grenzen fiber- schritt. Aber es war dabei der Boden, auf dem wir uns bewegten, immer noch der biblische und christliche, und die Verallgemeine- rungen, die wir entstehen sahen, geschahen nur innerhalb des ur- sprünglichen Gebiets der kalligraphischen Erfindung. Doch von ihnen bis zu Wortbildern etwa wie: J JHf ^N fWN TE O WN TE oder oy EN ANOY EINOTEfON J JEAEI, ist ein weiter Schritt. Hat man ihn getan? Die Antwort ist wichtig für die Überlieferungs- geschichte und weil sie noch einmal den ganz speziellen Gehalt hellenistisch-jildischer Spekulation uns fühlen läßt, den die Kontrak- tionen bergen. In der Fülle literarischer Papyri, fiber die wir jetzt verfügen, finden wir nichts dergleichen. N ur auf ein em Blatt eines Papyrus- buches aus dem Faijûm begegnet ANOIC; es enthält eine eigen- artige Fassung der Vita Aesopi. Der Herausgeber, Henri Weil,l) setzt es in das 6. Jahrhundert. Ganz verbreitet scheint dagegen die Übertragung in den Perga- menten vom 9. Jahrhundert an. Nicht wenige Philologen werden darüber aus eigener Erfahrung berichten kðnnen. Heiberg schreibt mir folgendes: "In den alten Ptolemaioshandschriften kommt der- gleichen nicht vor (Gelegenheit war da bei oVQUYÓç). Dagegen hat Marc. 196 s. IX (Olympiodor. in Platon.) immer a'J'oov und dergl. (in Überschriften regelmäßig J?: gefunden. 5 ) An Beispielen flir den Ver- such, durch Beigabe der Endung dieses Monogramm dem Zusammen- hang deutlicher anzupassen, fehlt es nieht ganz. Ich denke dabei weniger an das Amulett im Louvre (Rossi, Bullett. I 7, 62), dessen Rückseite IESV STVS 1) Vgl. seine Kleinen Schriften, V 576. 2) Vgl. Petschenig in Bursians Jahresberichten LXXII 8. 3) Eine entsprechende völlige Latinisierung für Christus war nicht leicht möglich. Über XRS vgl. unten S. 161. 4) Vgl. oben S. 11 Anm. 1. 5) Vgl. oben S. 139. Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 157 zeigt, als an das Evangeliar von Aix. Diese Handschrift des 10. Jahr- hunderts, dort früher 1042, jetzt 7,1) hat unter der Aufschrift Versus sandi Gregorii papae das Gedicht des Orator Andreas (Anthol. Iat. ed. Riese n. 766). Es ist ganz in künstlicher Capitalis geschrieben; in v. 4 steht statt xpï, wie die andem Handschriften haben, I und ebenso v. 15, wo die andern nati geben.>>) Auch die Inschrift zu Como a.556 (CIL. V 5418): FAMVLVS XPTI MARCELLIANVS, kann dafür angeführt werden, daB man durch Anhängung der lateinischen Endung das Monogramm einzurichten versucht habe. S) N och fester schein en die Stützen bei IHS . Hier sehen wir ja in der Schreibung ih u , die in k steht, vor unsern Augen die Sus- pension lh in die Kontraktion übergehen; vgl. oben S. 141. Dennoch meine ich, daß diese freilich naheliegende Erklärung gegenüber der Tatsache nicht standhält, daß im Griechischen selbst die Formen IHe und XfC nicht nur überhaupt gebildet worden sind, sondem sogar recht alte Bildungen sind. Es wäre ein merk- würdiger Zufall, wenn das Lateinische aus sich selbst auf die gleichen Formen gekommen wäre. Fahd der Philolog und Kalligraph, der zuerst die griechischen Nomina sacra ins Lateinische übertrug, IC und XC , warum hat er nicht IS und XS darnach gebildet? An sich sprach doch nichts gegen diese Formen. VgI. oben S. 153 f. Fand er aber ÎHC und XfC vor - und je früher man seine Tätigkeit an- setzt, für urn so wahrscheinlicher muB man dies halten -, welch einen Umweg macht die Annahme, die den Übergang von IHC und XfC zu ffIs und XPS über IH und XP erfolgen läBt. Vielmehr ist das Lateinische fast ganz genau in derselben Lage wie das Koptische; es hat im Griechischen ï HC und Xt'C vorgefunden und sich diese Formen, so gut es ging, angeeignet; es hat später, als IC öfter ge- lesen wurde, den Versuch gemacht, diese Form durch IS wieder- zugeben; es ist nur eine Lücke unserer ÜberIieferung, wenn daneben 1) Vgl. Catalogue général XVI 2 ft. 2) Ich verdanke die Kollation meinem Freunde C. U. Clark. Die andern neuen Lesarten haben nichts auf sich. 3) Plumpe Unmöglichkeiten sind dagegen E. W. B. Nicholsons Lesungen auf der Bleitafel von Bath, vgl. Archiv 1. Stenographie LVI (1905) S. 201. 158 L. Traube, XS fehlt, das jedenfalls auch einmal dem griechischen >...C gegenüber- gestellt wurde. Daß man aber mit den hibriden Formen XPS XPI XPO XPM - --- - - XPE und IHS IHU IHM sich überhaupt befreundete, das hängt wohl damit zusammen, daB man das griechische X nicht gut umgehen konnte. Setzte man dafür lateinisches CH, so hätte man dem Ori- ginal nicht so treu bleiben können, wie bei DS und SPS . Auch war man wenigstens an die Monogrammbildung bei XP völlig ge- wöhnt, und war man es weniger bei IH, so mußte das Wagnis XPS , durch da !pan dem griechischen xrC so nahe kam, das andere Wagnis IHS notwendig herbeiführen. Man hat also an dies en hibriden Bildungen keinen Anstoß genommen j ja, es lag in ihnen etwas von dem geheimen Zauber, den die hellenistischen Juden em- pfanden, als sie in den griechischen Texten den Gottesnamen mit hebräischen Buchstaben schrieben. Für die Chronologie und Topographie der Bildung XPS 1) steht uns auf Inschriften ein ziemlich ausgiebiges Material zur Ver- fügung. 2 ) Ich beginne mit Rom, das die ä1testen Beispiele liefert. Es findet sich XPI zwischen zwei Hederae auf einer Da- masianischen Inschrift in den Buchstaben des Filocalus a. 366-384 (letzte Abbildung bei Grisar, Anal., tav. I 1). Dann XPI a. 401 (Rossi, Inscr. Christ. I 497), a. 444-461 (Grisar I 6), a. 461-468 (ebd. I 4), XPO mit einer Hedera dahinter a. 483 (Rossi, Inscr. Christ. I 882), etwa aus gleicher Zeit dieselbe Form (Nuovo Bullett. V 208), XPM a. 544 oder 533 (Rossi, Inscr. Christ. I 1087). In oder bei Como finden wiT FAMVLVS (-A) xPi a.484 (? CIL. V 5241), a.501 (ebd.5241), a.505 (ebd.5417), a.530 (ebd. 5428), a. 546 (ebd. 5427), a. 556 (ebd. 5403). Aus Salon a wird XPE saec. V in. angeführt (Nuovo Bullett. di archeologia crist. VIII 233). In Catania findet sich a. 435 (CIL. X 7113) IN PACE XP lj der Stein selbst ist nicht erhalten. 1) Diese Form fehlt auf älteren Inschriften nur zufällig. Die Casus obliqui finden sich särntlich. 2) Vgl. zum Folgenden C. Caesar, Observationes ad aetatem titulorum lat. Christ. definiendam spectantes, Bonn 1896, p. 3. Rossi (Bullett. IV 5, 96) will XPS etc. auf Steinen schon seit- dem 3. Jahrhundert gefunden haben. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 159 N arb 0 n n e a. 445 gibt XPO (CIL. XII 5336); die Insehrift ist aber höehst bedenklich wegen der Fülle und Seltsamkeit der Abkür- zungen. Die afrikanisehe Insehrift mit XPI a. 408 (CIL. VIII 21551) wurde schon oben für DI angeführt (vgl. S. 147). Zwei ältere spanische Steine a. 446 und 485 (Hübner, Inser. Hisp. Christ. 98 und 46) sind beide nieht reeht sicher. Datiert ist ferner, aber örtlich nieht genau zu bestimmen, das Konsular-Diptyehon des Probus a. 406, vgl. CIL. V 6836; auf der Fahne steht IN NOMINE XPI VINCAS SEMPER (so, mit zwei Striehen, nieht XPI). Die Kurzform IHS wird auf den eben angeführten oder gleich alten Steinen nieht gefunden; Jeslls gehört nieht zum Formular dieser Zeiten. Aber in den Handsehriften ist sowohl xps ais iliS die herr- sehende, man kann sagen: die aussehließlieh gebrauehte Form. Die wenigen Fälle, in denen is, hs oder his statt ihs vorkommen, haben wir bereits aufgezählt; sonst steht in den alten Handsehriften der Itala, wie der Vulgata, nur ihs und xps. Die genaueren Belege werden unten (S. 178 ft.) bei der Behandlung des Typus dms gegeben werden. Yon sehr alten Handsehriften kommen noeh die der Chronik des Hieronymus hinzu. Yom Bodleianus wurde oben S. 153 berichtet; in den Fragmenten aus Fleury begegnet xpo und xpi. anos. 1 ) Das letztere ist zu vergleichen mit XPIA NE auf einer Toskanisehen Insehrift s. V (Rossi, Bullett. IV 5, 95). Der Punkt innerhalb des Adjektivs Wi. anus) findet sich z. B. aueh in Petersburg Q. V. I. 3 (Typus dmS, vgI. unten S. 182 f.) und in Paris lat. 2235 Hieronymus in Ps. (Chatelain pI. XIX). 1) Derartige Fortbildungen waren einwandfrei (vgl. oben S. 125). Recht aU sind indessen nur einige wie jf)'lxo; und xplanus. Das letztere ist die einzige legitime Form. Wenn also Halm als Stütze von Stiebers falscher Konjektur im Minucius Felix (p. 18, 14), Christiano rum start pistorum, ein ganz unbezeugtes xpistorum oder xpforum annimmt J so hatte Haupt (Opuscula III 390) recht, ihm diesen Schnitzer aufzumutzen. Eine ganz richtige Vorstellung hatte aber auch er nich1. XPIST,- als Lesart des Vatic. Reg. la1. 886 s. VI von Mommsen in der Ausgabe des Theodosianus p. CLII verzeichnet, ist Druckfehler statt xpfanos. 160 L. Traube, N oeh eine graphisehe Eigenheit sei hier kurz erwähnt. Seit dem 12. Jahrhundert findet man hie und da (z. B. bei unserm Ludwig von Wessobrunn, aber aueh in Beneventanisehen Handsehriften) i _ x statt Xpl. Man begreift diese Bildung sehr wohl. N ach dem Muster von i . P =pn hatte man eingeführt, daß i über einem Konsonanten den Ausfall eines r zwischen dem Konsonanten und dem übergesehriebenen i bedeute. Dies dehnte man auf x in xþr aus, aber so, daB , x nicht nur xri, sondern aueh XPl bedeutete. Man ging aber noch weiter und sehrieb z. B. e x für Christe, wie ich das z. B. in Münehen (Tegernsee) lat. 19411 saee. XII ex. fol. 56 fand, und o x, wie in meiner Handsehrift der Acta Archelai gesehrieben wird. 7. IHUS und XPUS. 1m allgemeinen vgl. über falsche Sehreibungen dieser Art oben S. 147 f. (unter DEUS). XPVS auf einer Insehrift in Süditalien a. 529 (CIL. X 6218) ist freilich nicht ganz einwandfrei überliefert. Aber ihus steht im Bres- lauer Evangelieneodex aus Aquileia einmal neben häufigem iliS; öfters hat der Cavensis der Evangelien die Form, gleichfalls neben ihs; des- gleichen das Sakramentar von Gellone (Paris lat. 12048); ihus steht in Berlin (Metz) Phill. 1662 s. VIII/IX, und ebenso stand im Eugippius Paris lat. 11642 s. IX an einer Stelle (p. 272, 15 ed. Knoell, vgl. oben S. 153 f.) für Jesus Nave und wurde erst vom Korrektor in ihs ver- wandelt. Desgleichen hat Colmar (Murbaeh) 39 und Cassel (Fulda) Theol. 0.5 s.VIII einmal ihus xps, ebenso auch ein Fragment des Arator, das aus der Handsehrift Münehen (Tegernsee) lat. 18710 gelöst ist. In VeronaXIII (11 )fol.480 v sehrieb unterden Hilarius eine ziemlich ungebildete Hand im 8. Jahrhundert den kernigen Sprueh Jn none dni di nostri ihu m 1 ) 1) Vgl. oben S. 155. Es tiel ja Iesu und Iesum in der Aussprache zusamrnen; daher die öftere Vertauschung der beiden Forrnen. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 161 xpï Ariperto rege fuit uera iustitia et sincera, und so hat für den Akkusativ gelegentlich auch der Irenaeus aus Corbie, Berlin Phill. 1669 saec. IX. 8. XRS. Wenn man den ersten Buchstaben in XPS ruhig hinnahm, da man ihn nur umschreiben, nieht ersetzen konnte, und wenn man in IHS den zweiten Buchstaben oft wahrscheinlich deshalb duldete, weil man ihn fälschlich für das Zeiehen der Aspiration hielt, so blieb das P in XPS unbequem. Man wird sieh daher nieht wundern, neben XPS auch gelegentlieh -XRS anzutreffen, geradeso wie für XP auch XR versucht worden war; vgl. oben S. 152. Ich kenne für XRS zwei Beispiele aus Oberitalien. Yon den Resten der bischöflichen Kanzel in der Metropolitana zu Ravenna beriehtet Bormann (CIL. XI 266) gelegentlich die auffällige Einzelheit, die ieh sonst nieht erwähnt finde, daB auf der einen Inschrift SERVVS XPI AGNELLVS . E PISC. HVNC PYRGVM (FECIT), auf der and ern derselbe Satz, aber XRI steht. Agnellus war Bischof von 553 bis 568. Etwas später entstanden ist das Evangeliar von Aquileia, jetzt in Breslau Rehd. 169. Hier sind neben den gewöhn- lichen Formen sehr zahlreieh die xrs, xrl u. s. w., die ein Korrektor öfters durch übergeschriebenes p einzuriehten versucht. In einer Veroneser Halb-Unciale XXII (20) entschlüpft dem Schreiber saec. VI die Mischform xpro. Man kann damit vergleichen die aus- geschriebenen Worte xristlls und xrisptus in einer Handschrift aus León saec. IX/X, die auch sonst ein beredtes Zeugnis für die Tiefe der damaligen spanischen Kultur ablegt (vgl. Poetae aevi Carolini III 125 sqq.). 9. IHC und XPC . Obgleich die Gelehrten und Schreiber des frühen Mittelalters keine ganz klare Einsieht in die Bildung der Formen IHS und XPS gehabt hatten, so war ihnen deren Zusammenhang mit dem Grie- chischen doch nie ganz entgangen. Vgl. die Stellen oben S. 5 ff. Je mehr aber allmählich der philologische Sinn erwachte, urn so skep- tischer wurde man Gebilden gegenüber, die doch nicht ganz mit ihrer Herkunft übereinzustimmen schienen. Man begriff, daB H, X und P griechische Buchstaben waren, aber dann miBfiel das lateinische Quellen u. Untersuch. z. lat. Philologie des MA. II. 11 162 L. Traube, S.l) Es ist ein gewisser Rationalismus, der jetzt beginnt, an dem historisch Gewordenen herumzudeuteln und schlieBlich herumzumodeln. Auf dem Kontinent geschah das im 9. Jahrhundert, auf den Inseln vielleicht schon früher. Zunächst suchte man die griechischen Bestandteile der beiden Worte in der lateinischen Schrift abzuheben. Es geschah dies häufiger bei ihS als bei xps, vielleicht weil man jetzt hauptsächlich gIaubte, die Deutung des h als eines Iateinischen Buchstabens ausschlieBen zu müssen; x und p sahen zwar fremd aus, waren aber doch nicht mehr zu verkennen. So schrieb man nun in verschiedenen karolingischen Schulen in den Minuskel-Texten nicht mehr ihf, sondern iHr; man schriU auf demselben Wege fort und kam später auch von xpl' zu XPf. Für iHf iHu 2) iHiii (neben xpf u. s. w.) führe ich von turo- nischen Handschriften an: Paris Iat. 3, London Add. 10546; S) von Handschriften des Stiles ,franco-saxon': Paris lat. 2, Paris lat. 2290, Leiden publ. 48. Diese Art bleibt stellenweis bis ins 11. Jahrhundert erhalten.4.) XP( XPi u. s. w. (neben ih{ oder iHf) fand ich zuerst in der St. Galler Handschrift saec. IX ex. London Add. 11852. Es ist möglich, daB ähnliche Versuche schon in früherer Zeit unternommen wurden. Zum Beispiel schreibt die freilich nicht sehr alte Unciale Wien 15216 nicht IhS-, sondern IHS . Sonst ist H in der Unciale nicht gebräuchlich, der Buchstabe steht also hier für Eta. Man ist noch weiter gegangen und hat ihc und xpi: statt ihs (oder iHf) und xps (oder XP() gebildet. Die insularen Schreiber gingen darin, wie es scheint, den kontinentalen voran. In Würzburg Theol. F. 69 steht über dem Bild einer Kreuzigungsgruppe IHS: XI IS:. Der Buchstabe am SchluB der Wörter könnte als eckiges S gedeutet werden, wahrscheinlicher ist er ein Sigma von epigraphischer Gestalt, wie es neben n für P in irischen Handschriften nicht selten 1) Die Endbuchstaben der Casus obliqui (i, 0, m, e) ließen sich mit dem Griechischen besser in Einklang bringen. 2) Ottonische Handschriften schreiben dafür gelegentlich iH V. 3) Nicht alle turonischen Handschriften scheinen diese Eigenart zu zeigen. 4) Es verbindet sich dann manchmal, nicht immer, damit die Schreibung iHC. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 163 begegnet. J J in XI IS: beruht auf einer belustigenden Verwechselung, die sich durch folgende Gleichungen erläutert: (1at.) R = (griech.) r (la1.) P = (griech.) n R = n. An solchen Experimenten sieht man wenigstens, daß die insularen Schreiber die beiden Nomina sacra ganz zu gräcisieren suchten. Wirklich erreicht ist dieses Ziel in dem kambrischen Iuvencus Cam- bridge Univ. Ff. 4. 42, wo im Text neben lhf und lHf auch öfter lhe, in den Interlinearglossen auch xpe vorkommt. Ich glaube nicht, daB die Handschrift viel ä1ter ist als saec. IX. Auf dem Vorsatzblatt in Laon 26 steht xpc von irischer Hand saec. IX. In eigentlich karolingischen Handschriften findet sich ihë und xpë schon ziemlich oft: so in Paris la1. 9428, München (S. Emmeram) lat. 14000, Paris lat. 9451 (hier steht xps neben ihc), Bern 258. Auch schrieb man mit groBen Buchstaben IHC innerhalb der Minuskel; so z. B. Sintram von St. Gallen c. a. 900, die Schüler von Winchester, viele ottonische Kalligraphen. 1 ) Von einer ganz allgemein angenommenen Regel kann nicht die Rede sein: der Schreiber des Trierer Codex Egberti setzt ihs xps, der Maler [HC X PC. 2) Und in vielen Handschriften späterer Zeit trifft man nach wie vor nur iliS xps. Die Holztafel, die Bernardino von Siena 1427 zur Andacht ausstellte, zeigte IHS in goldenen Buchstaben mit einer Sonne darum. 3 ) Wohl hauptsäch- lich hierdurch wurde im kirchlichen Gebrauch das alte Symbol in seiner ursprünglichen Form wieder lebendig. Wir schlieBen diese Betrachtung, indem wir erneut hinweisen auf den großen Unterschied des Wahrscheinlichen vom Wahren, des Naheliegenden vom historisch Eingetroffenen, den die Analyse auch hier aufgedeckt hat. IHC und XPC sind im Griechischen alt, im Lateinischen jung. Die Lateiner haben diese Formen den Griechen nicht entlehnt, sondern sie haben durch einen rationalistischen, unhistorischen Ver- 1) Berlin Phill. 1681 saec. X/XI hat xpictianam fidem. 2) Auf Aachener Inschriften aus Ottonischer Zeit (Kraus, Die christl. In- schriften der Rheinlande II 479, 480) ist gelegentlich HIe für fHC verschriebtm worden. 8) Piper hat darauf aufmerksarn gernacht, vgl. jetzt in der Protestant. Real- enzyklopädie, 3. Auf!. XIII 372. 11* 164 L. Traube, such spät und zufällig das wieder eingeführt, was dort ursprünglich vorhanden war. 10. Falsche Anwendung der Kurzformen. Es ist ganz selbstverständlich, daB wie im Griechischen (vgl. oben S. 113) die Form ihs nur für Jesus Christus aufgebracht worden war. In alten Handschriften ist auch die miBbräuchliche Übertragung der Kurzformen auf die Homonymen noch ganz selten; immerhin liest man ihs für Jesus Nave in der Itala Würzburg Mp. theol. 64 a und im Hegesippus auf Papyrus in der Ambrosiana; 1) über is und hs für Jesus Nave vgl. oben S. 153 f. Doch selbst in jüngeren Hand- schriften wird die Übertragung meist sorgfä1tig gemieden. . SchlieBlich solI bemerkt werden, daB man xps auch z. B. im Worte Antichristus kürzte; die Möglichkeit einer Kurzschreibung von Christus in diesem Worte ging schon aus dem oben S. 4 er- wähnten Traktate des Hieronymus De monogrammate hervor. d) SPIRITUS. 1. SPS. Das Formular der christlichen Inschriften enthielt einen Hinweis auf die Trinität selten genug. 2 ) In diesen wenigen Fällen aber ist in älterer Zeit SPIRITVS SANCTVS ausgeschrieben worden. Rossi kennt für SPS SCI (so, ohne Striche) erst ein afrikanisches Beispiel aus Theveste saec. VI,3) das zudem nicht ganz einwandfrei ist; neuer- dings wurde in Henchir Akhrib (Dép. Constantine) eine Inschrift a. 582 ausgegraben, auf der in der Trinitätsformel SP SCI so mit Einem S in der Mitte steht, wie auch SCECLSE mit Einem E statt SE ECLSE.4) Die frühesten epigraphischen Beispiele stammen also aus Afrika und sind ziemlich jung. Man könnte vermuten, daB die Kurzform erst spät aufkam. So hat mich auch Turner darauf hingewiesen, was 1) Über die Lesart des Hegesippus Fuldensis vg1. oben S. 150. 2) Vgl. die Beispiele bei Rossi, Bullett. IV 3, 102. 3) Bullett. III 3, 8; ein sicheres Beispiel rnit SPS SCI aus Capua s. VII ebd. IV 3, 102. 4) Vgl. Mélanges d'archéologie XXIII (1903) 12. Man könnte freilich auch auflösen: SC ECLSE . Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 165 mir selbst nicht aufgefallen war, daB in einzelnen alten Handschriften spiritus nur ausgeschrieben vorkomm1. Daeh von sehr alten Codices dieser Art kenne ich nur Turin (Bobbio) G. V. 37 - auf ihn wies mich Turner - und vor aHem die Turiner Evangelien-Fragmente k (vgl. oben S. 141). Sonst geht aus meiner tabellarisehen Übersicht über die Handschriften des Typus dms (unten S. 178 fi.) und aus gelegent- lichen Beobachtungen über die alten Handsehriften des Typus dns (unten S. 190) mit Wahrseheinliehkeit hervor, daB sps mitgehört zu den ä1testen Kontraktionen. Dafür spricht vor aUem die Einheitliehkeit der Überlieferung. Es gibt zu S PS keine Nebenform von irgend- welcher allgemeineren Verbreitung. SPS aber gehört zu nNA, wie DS zu ac . Wäre spiritus erst später angeeignet und eingerichtet worden, so würde man schwerlich in der alten Weise buchstäblich genau das grieehisehe Vorbild befolgt haben. SoUte es sich dennoeh bestätigen, daß hier und da in alten Handsehriften die Kurzform sich nicht findet, so ist wohl eher ein absichtliches Meiden anzunehmen 1) und die Begründung wird, wie bei k, in besonderen Verhältnissen zu suehen seine Zu sps gehört der Regel nach als Dativ Spl, als Akkusativ spiii. Doch hat die Bildung des Dativs Sehwierigkeiten bereite1. Ich habe Spl nur selten gefunden; 2) häufiger SPUl, worüber ich unter spus spreehen werde; daneben spu (= spiritu für spiritul) und stall spu wieder als Dativ und Ablativ auch spo, 3) wie in Boulogne-sur-Mer 32 saee. VII (Ambrosius ed. Sehenkl II 322, 1) und Paris la1. 12168 saee. VIII/IX (Augustin. Quaes1. in hep1. ed. Zycha p. 327, 28). 2. SPUS . Für SPS tritt manchmal SP ÜS ein, ganz wie in den oben S. 147 angeführten Fällen. Zwar im Heptateuch in Lyon steht, so- viel ich sehe, sps und nicht spus, wie U. Robert in der Ausgabe des Pentateuehs p. XV verzeichne1. Aber im Rehdigeranus der Evangelien ist spus einmal überliefert (ed. Haase p. 123); auch für den Hilarius Verona XIII (11) haben wir Zingerles ausdrückliches Zeugnis; ebenso steht spus und spurn im Irenaeus von Corbie, Berlin Phill. 669 saec. IX. 1) Vgl. oben S. 132. 2) Für den Genetiv steht es in Paris lat. 2769 saec. VI fot. 16. I) Vgl. unten S. 171 f. unter doms. Ober spirï vgl. unten S. 166. 166 L Traube, Und spuî, was zu spus gehört, haben Rehdigeranus, Sessorianus LV, Amiatinus 1, die Lyoner Handschrift des Leidrat (Notices et ex- traits XXXV 2 pI. X und p. 838), St. Gallen 98 saec. IX, Oxford Laud. misc. 259 saec. X; spu rn hat M ünchen (Tegernsee) lat. 27152. 3. SPRTS, S PIR S, SPITU & Ich veremlge hier die wenigen Kurzformen von spiritus, die mir neben sps begegnet sind. Ein nicht datierter Grabstein in Marseille (Le Blant, Inscriptions chrét. II pI. 73 n. 440, CIL. XII 483) hat CONMENDO SP RTM MEVM. Die Bildung erscheint ganz afrikanisch oder spanisch. 1 ) Berlin (Lyon) Phill. 1745 saec. VII bietet neben sps ses und seinen Formen fol. 45 v spirt seD. Die einzige Handschrift von Commodians Carmen apologeticum (Cheltenham 12261 saec. VIII) liefert mit spït sanctus eine andere Seltsamkeit, die, wie es scheint, im Ablativ spitu des Isidor Wolfenbüttel (Bobbio) Weiss. 64 wiederkehrt. 2 ) 4. SPC. Die gräcisierende Schreibung ihë xpë 3) hat bewirkt, daß in einigen Kurzformen e statt des schlieBenden s geschrieben wurde. So in epë (episeopus, hier kann aber in älteren Handschriften das e auch als der fünfte Buchstabe des Wortes aufgefaBt werden), om pc (omnipotens) und spi: (spiritus); vgl. Wattenbach, Anleitung z.lat. Paläo- graphie, 4. Aufl. S. 67. Das erste Beispiel von spë gibt mir einst- weilen der Cassellanus der Thebais des Statius aus Mainz (?) a. 1010. ) 5. Falsche Anwendung der Kurzformen. Die Kurzform sps war ersonnen nur für den Heiligen Geist. Doch fehlt es nicht an einzelnen frühen Beispielen falscher Über- tragung. 1) Vgl. unten 6 über die Entfaltung der lateinischen Kontraktion. 2) Ich schlieBe das einstweilen nur aus Walthers Lexicon diplornaticurn 377,22, wo auch ähnliche Formen späterer Zeit gesarnmelt sind. 3) Vg1. oben S. 161 f. 4) VgI. Theb. ed. Müller p. 248 v. 361 und C. F. Webers Programm, Marburg 1853. Für ompc führt Wattenbach Köln 139 saec. XII an; ebenso alt ist Paris lat. 9551, älter das Troparium London Cotton. Calig. A. XIV, in welchen beiden Handschriften gleichfalls die Form mit c begegnet. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 167 Bern F. 219, Oribasius saec. VI: quodsi inpneumatosis fuerit, id est habundantia sps ventositatis (Hagen, Zur Geschichte der Philo- logie, S. 261, 18). Florenz Laur. pI. 65, 1, Orosius saec. VI: Delphici illius vanissimi sps. et mendacissimi nebulonis responso circumventus (ed. Zange- meister p. 207, 10). Berlin (Lyon) Phill. 1745, Concilia saec. VII: fol. 42 neque verum . corpus habuisse, sed tantum modo spm fuisse; fo1. 43 v sps veritatis . .. sps falsitatis. Mailand B. 159 s., Gregorii dialogi c. a. 750, hat öfters maligni sps und dergl., daneben fo1. 39 qui in exfugandis splr itibus inmensae virtutis gratia pollebat. Vgl. oben S. 95 über 11N A T À. Paris ]a1. 10318, Salmasianus der Anthologia latina saec. VIII, bietet viel Schreibungen wie sps interdum gemitus. In den karolingischen Abschriften der Klassiker sind Fälle, wie quapropter delicÜs tam enerves animi spm exercitus nostri sustinere non potuerunt (Valerius Max. ed. Kempf p. 426, 23 in Bern 366 saec. IX aus Ferrières), oder quid ergo? non caperis tantae molls adspectu, etiam si te non tegat, non custodial, non foveat generet- que ac spii suo riget (Seneca de benef. ed. Hosius p. 106, 9 in Rom Palat. la1. 1547 aus Lorsch), durchaus nicht selten. II. Dominus. 1. Übersicht. Eine Kontraktion für dominus in der Bedeutung "Gott der Herr" kam wahrscheinlich erst im 5. Jahrhundert auf. Bis dahin schrieb man auch in den Texten, welche die Nomina sacra deus, lesus, Christus, spiritus schon als Kontraktionen gaben, dominus nach den Regeln der Suspension. Und zwar war die häufigste Form dom., von der daher die folgende Darstellung ausgeh1. 1m 5. Jahr- hundert wurden die Kontraktionen dms und dns geprägt; im 6. war dns bereits allgemein angenommen und hatte dms überall aus dem Felde geschlagen. In den ä1testen Handschriften des Typus dms und dns begegnen von Suspensionen auBer dome noch dmn. und don. Unser Weg muBte also von dome über diese nach alter Art gebildeten Formen zu dms und dns führen. Ich habe es dabei flir richtig ge- halten, sowohI mit dome als mit dmn. und don. gIeich die Kontrakta 168 L. Traube, zu verbinden, die sich auf diesen suspensiven Formen aufbauten (doms, dmns, donS). An dmns habe ich dnms gehängt. Ais SchluB folgt noeh eine kurze Nachricht über domn. und domns. Es ent- stehen so sieben kleine Absehnitte, in denen jedesmal erst die Sus- pension, dann die Kontraktion behandelt wird: dome - doms, dmn. - dmns und dnms, don. - dons, dm. - dms, dn. - dns, domn. - domns. Die Abschnitte werden dadureh weiter ge- gliedert, daB bei der Suspension erst der Gebraueh in der Titu- latur, dann der auf sakralem Gebiete vorgeführt wird, und um- gekehrt bei der Kontraktion erst der sakrale Gebrauch, dann der Gebraueh in der Titulatur. Unter Titulatur verstehe ich die An- rede oder sonstige ehrende Bezeichnung der römischen Kaiser, ferner deren Naehbildung für die Barbarenkönige, die Bischöfe, Äbte u. s. w. Die Kaisertitulatur war für den ehristlieh-sakralen Gebrauch das Vor- bild, wie ich schon in den Sitzungsberichten der bayerischen Aka- demie 1900 S. 498 angedeutet habe. DaB dies Verhä1tnis bei alIen Formen der Suspension das gleiche ist, wird auch da einleuchten, wo die überlieferten Beispiele für den ehristlichen Gebrauch zu- fäl1ig älter sind. Umgekehrt muB man annehmen, daB die einzelnen Formen der Kontraktion für den sakralen Gebrauch geschaffen wurden. 2. DOM. und DOMS. Rossi seheint andeuten zu wollen,l) daB auf epigraphisehem Gebiet die Form dome erst im 6. Jahrhundert begegne. Doch trifft das nicht mehr zu. Wir haben vielmehr in dome n. einen ziemlich alten Konkurrenten der Titulatur d. n. (= dominus noster) zu er- blicken. Rom a.388? (Rossi, Inser. I 371): SOM MAGNO MAXSIMO; zwei ägyptische Quittungen a. 398 (Papyrus Rainer bei Wessely, Schrifttafeln zur älteren lateinischen Paläographie, Tafel VII 17 U. 18): post cons. d om ñ Honori Augusti quater; Bordeaux a. 405 (CIL. XIII 912): PC DoM -NTRI HONORI AVGVSTI SEX; Lyon a. 466 (CIL. XIII 2360, vgl. 2363): D OM -N LEONE III; Auvergne a. 526 oder 527 (CIL. XIII 1531): ANNO XV REGNO DOM THEVDORICI; ebenda a.538 (CIL. XIII 1532): ANNO 1111 RIG DOM NOS TEVDO- 1) Inser. Christ. I 1316. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 169 BERTI; Sevilla a. 573 (Hübner, Inscr. Hisp. Christ. I 76): DOM LIVVIGILDVS; 1) Rom a.578 (Rossi, Inscr. I 1122): I MP ' DOM . N ' IVSTINO etc.; 2) Acque Salvie bei Rom a. 689 (Rossi, Bullett. I 7, 84 und 87): DOM SERGI PAPA' ANNVS' SECVNDV. Handschriftlich findet sich dom. (dom, dom., doh) als Titulatur ziemlich oft vom 6. bis zum 7. Jahrhundert. So in Köln CCXII, Paris la1. 8913, Bern (Fleury) 219, S) Berlin (Lyon) Phill. 1745, S1. Gallen 226. Vatic. (Bobbio) lat. 5758 hat den Herkunfts- vermerk: de area do m Bobuleni, Turin (Bobbio) Hofarchiv I b. VI 28: de area dom Vorgusti aôôi. 4 ) In der Überlieferung von Schriftstellern des 6. Jahrhunderts haben dom. auch Handschriften späterer Zeit ent- weder rein oder in durchsichtigen Fehlern erhalten, wie der Bruxel- lensis des Ennodius, die Handschriften des Konzils von Mâcon vom Jahre 583, die der Gedichte des Fortunatus (vgl. das Schwanken der Kasus bei Leo p. 80 n. II und III, p. 81 n. IV, p. 248 n. XV), die der Briefe Gregors I. Aus dem 7. Jahrhundert bewahrt die Überlieferung des Marculf dom. Kaum nötig zu sagen, daB die Urkunden diesen Gebrauch fort- pflanzen: ann XIllI regn dom nz gibt in Nachahmung einer mero- wingischen Privaturkunde Paris lat. 10756 fol. 64; die langobardische Königsurkunde a. 755 hat dom ebenso, wie die private aus Ceneda a. 762. Noch in karolingischer Zeit ist die Verwendung ganz lebendig. Ais Beispiele mögen stehen: München (Diessen) la1. 5508,5) Wolfen- büttel (Helmst.) 287 und 513, Vat. lat. 5007, Modena Est. I 11 a. 800, La Cava 22, Montecassino 439,6) Turiner Fragment der Constitutio vom Jahre 832.7) 1) In derselben Inschrift steht ausgeschrieben: do m n i nostri Ermingildi regis. 2) Vgl. Grisar, Analecta, tav. II 1. 8) Fol. 64 (Zangemeister et Wattenbach, Exempla, tab. 59): primus domicianus dom. et din se appellari iussit. Hier schreiben die Abschriften des älteren Floriacensis dominum und deum aus. 4) Vgl. aus späterer Zeit Rom (Nonantula) Sess. 40: hie codex adquisitus per dom Anselmum abb (t 803). 6) Hier steht fol. 106 auch: in basilicam dom Mariae matris dnï; derselbe Gebrauch findet sich in einer stadtrömischen Urkunde noch im 12. Jahrhundert, vgl. Archivio d. R. Società di Storia patria XXVII 443. ') Hier steht dom Eusebii neben domno Eusebio. 7) Vgl. Cipolla, Atti d. R. Ace. delle Scienze di Torino, Vol. XIX. 170 L. Traube, SVB TEMP. DOM. VALERII ARCHIEP. liest man auf einer bekannten Inschrift des 9. Jahrhunderts zu Ravenna; ja, eine Neapo- litaner des 12. gibt noch neben DOM I auch DOM . - I Früh fand die Ubertragung auf den Gottesnamen statio Ich beginne wieder mit den inschriftliehen Belegen. Wir finden IANVARI IN PACE DOM in Porto (Rossi, Bullett. I 4 p. 47 = CIL. XIV 1962), v ENECESTVS PREVITER IN P ACAE DOM DORMIT in Rom (Nuovo Bullett. VII 270), A VGVRINE (vgl. den Vokativ in der eben zitierten Portuenser Inschrift) IN DOM. ET -F in Rom (Rossi, Roma sott., II tav. 39, 30), IN NOM DOM 2"EPELVTTA (= sepulta) IANVARIA in Afrika (CIL. VIII 15639). In Handschriften begegnet dam. für Gott den Herrn seit dem 5. Jahrhundert, also früher als für den Herrn und Herrseher; was erklärlieh ist, da unsere kirehliehen Handsehriften höher hinaufgehen und in den nichtkirehliehen Handsehriften zur Anbringung und daher aueh zur Kürzung der Titulatur überhaupt seltener Gelegenheit ge- boten war. Urn 400 hat das afrikanisehe Fragment Turin G. VII 15 dam neben den kontraktiven Formen damS u. S. W.; vgl. oben S. 141 f. Oxford Auet. T. 2. 26, die etwa zwischen 400 und 450 ge- schriebene Handschrift der Chronik des Hieronym us, bietet fol. 111 v dam ihs (davor ist ic getilgt, vgl. oben S. 153) xps neben dem Typus dnS u. S. w. Zu dns, dni, dno, dnë tritt dam. (oder dam) als Ak- kusativ in Verona LV (53) saec. V/VI regelmäßig, in Wien 2160 * saee. VI, wie es scheint, nur gelegentlieh. Doeh dies sind wohl Aus- nahmen; dagegen im Typus dms, dmi U. S. w. stellt die Suspension dam. (oder doiii), man kann sagen, ein für aIle mal den Akkusativ. Vielleicht wollte man dm m vermeiden 1) aus Fureht vor Verweehse- lungen mit diii (= deum); sieht man aber auch im Typus dliS, dnï die regelreehte kontraktive Form dmii zunächst gemieden und beim Typus dniS neben dam. auch die Suspension dmn. aus der ä1teren Stufe hinübergerettet, so könnte es wahrscheinlicher dünken, daB ein rein graphisehes Unbehagen den Ausschlag gegeben hat. Die Belege für dam als Akkusativ innerhalb des Typus dms folgen unten bei der Behandlung dieses Typus (S. 175 ff.). Hier bleibt zu bemerken, daß im 1) Vgl. Sitzungsbcrichtc der bayer. Akademie 1900 S.500. Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 171 Grunde alle Handschriften, die im Nominativ dms haben, den Ak- kusativ dom bilden; die wenigen, in denen dom fehlt, bieten über- haupt keine Stelle für den Akkusativ (wie S1. Gallen 1394), oder sie sind nur unvollständig bekannt (wie der Vercellensis), oder sie neigen teilweise zum Typus dns (wie der Würzburger Priscillian). Yon den übrigen siebzehn Handschriften haben fünf neben dom das erwähnte dmiï, zwei das seltene don. Für den Genetiv scheint in dieser Schicht dom nur ausnahmsweise zu stehen, wie im Cyprian Turin (Bobbio) G. V 37; ebenso ist dom eine Ausnahme für den Dativ in der Itala Würzburg theol. F 64 a und für den Nominativ im Cyprian von Brescia. Aus der Fehlerliste oben S. 142 ff. ist ersichtlich, in we1chen Über- lieferungen die Form dom für Gott den Herrn von Handschriften saec. IX-XI fortgetragen wurde; es handelt sich dabei ausnahmslos urn Schriften der frühesten christlich-römischen Literatur vom 3. bis zum 4. Jahrhundert: Epistola Clementis, Tertullian, Cyprian, Arnobius, Lactantius, Filastrius, Ambrosius. In Handschriften des Cyprian, Ar- nobius, Lactantius und Ambrosius ist dabei die Suspension selbst er- " . halten; in den übrigen Schriften lassen die Fehler mit Sicherheit auf sie schlieBen. 1 ) Wie wir es nach dem Befund 2) in Turin G. VII 15 erwarten dürfen, vertritt dabei doiii in der Überlieferung der ältesten Autoren nicht nur den Akkusativ, sondern jeden beliebigen Kasus. Das Entstehen einer Kontraktion doms können wir in der zuletzt genannten Handschrift (k) verfolgen. Vgl. oben S. 141. Die Suspension dome wird dort vor unsern Augen zur Kontraktion doms, indem die Endbuchstaben als Exponenten angehängt werden (dom S ). Die Hand- schrift gehört nach Afrika und etwa ins Jahr 400. Nach Rossi (Inscr. Christ. I p. CXV) würde eine stadtrömische Inschrift, die zweimal DOMS bietet (einmal mit Punkt dahinter, einmal zwischen zwei Punkten), sogar schon ins 4. Jahrhundert zurückreichen. 3 ) Dan n käm e eine zeitlich nicht einzuordnende Inschrift aus Aquileia, wo DOMS erscheint, zu- 1) Es kommen noch von erhaltenen alten Handschriften solche des Hilarius und Augustinus hinzu, vgl. unten S. 178 ft. Auch in der Überlieferung des Hieronymus findet sich ausnahrnsweise dom; vg1. über den Bodleianus der Chronik oben S. 153 und unten S. 177 Anm. 4 über den Cavensis. 2) Vgl. oben S. 138 ft. 8) Vgl. Bücheler, Carmina epigraphica n. 656. 172 L. Traube, gleich auch spa (= spirito fUr spiritu).l) Yon Handschriften geben nur noch das Brescianer Fragment des Cyprian in Unciale (Typus diiis u. s. w.) einmal dOTrfo (neb en diiio) und der Codex Bezae (Typus diris) einmal dome (neben dfiie oder diie); im Irenaeus von Corbie (Berlin Phill. 1669 saec. IX) begegnet neben dns einmal doms (foI. 10), neb en dnm hat dieselbe Handschrift auch dom (foI. 9 v , 10 v ) und einmal (foI. 2 V ) die aus dnm und dom hervorgegangene MiBschreibung dnom. 1m 7. Jahrhundert lebt do ms u. s. w. wieder auf in französischen Urkunden und Handschriften und vereinzelt wohl auch in spanischen. Es wird da scharf gesondert zwischen dns , Gott dem Herren, und do ms , dem weltlichen Herrscher oder dem ,Herren', wo dies Anrede und Titel ist. Man kann daher und soIl wohl auch doms mit domflus auflösen. So steht doml Dionisii (oder Diunense) in den Urkunden a. 692 (Tardif n.30), a. 695 (Tardif n. 35), a. 769 (Mühlbacher 117); 2) domo Medardo auf einem Pergamentstreifen des Reliquiars in Sens (Prou, Recueil 1904 pI. 5). Es begegnet ferner domo und doml (neben do m und domno) in den Handschriften der Konzilien (vgI. Concilia ed. Maassen I 98, 3 und München [Diessen] lat. 5508 fol. 107 V ); dome neben dmns (wie auch in der eben angefUhrten Urkunde Karlmanns abgewechselt wird) in der Überlieferung der Briefe des Desiderius von Cahors (St. Gallen 190 saec. IX). Die spanische Kursive Autun 27 hat a do m o Esidoro. Vereinzelt steht es noch in Montecassino 3; die Handschrift ist saec. IX (jedoch nicht a. 811, wie die Mönche von Cassino sagen) von beneventa- nischer Hand geschrieben, folgt aber einer französischen Vorlage. Aber selbst im 12. Jahrhundert wird es in Neapel angetroffen. 3 ) 3. DMN. und DMNS. Die regelmäßige polysyUabare Suspension von dominus ist dmn. Angewandt wird auch sie ursprünglich in der Titulatur und dann erst übertragen auf das Nomen sacrum. Für die Titulatur kenne ich an Belegen nur die stadtrömische Inschrift a. 476 (Rossi, Inscr. Christ. I 863): CONS. DMN . Basilisci J/ I) Rossi, Bullett. III 1 p. 8 und tav. 1 (jetzt CIL. V 1722); vgl. oben S. 165. 2) Vgl. unten S. 192. 3) Vgl. oben S. 107. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 173 et ARMATI und die numidische a. 578-582 (CIL. VIII 4354): INP DMN NST FIo COSTANTINO ET ANASTAS IE. Die Verbreitung war dennoch wohl allgemeiner, wie die Bei- spiele aus dem sakralen Gebiet zeigen. 1m Typus dms, der be- kannten kontraktiven Form für Gott den Herrn ist als Akkusativ neben der Suspension dam auch die Suspension dmn im Gebrauch aus Gründen, die bei der Bildung dam erörtert wurden. 1 ) Zwei Ver- treter des Typus dns, in denen gelegentlich dmii erscheint, Monte- cassino (Castellum Lucullanum) CL und Mailand (Bobbio) O. 210 s., gehören erst dem 6. Jahrhundert an. Die Kontraktion dmns wurde nur bei der Titulatur aufgenommen. Häufiger lassen spanische Schreiber sie zu; so der des Ildefonsus, Florenz Laur. Libri 1. Aber auch im S1. Galler Desiderius von Cahors kommt neben dams auch dmns vor, was in diesen Fällen wohl richtiger mit damn us wiedergegeben wird. 4. DNMS. Es ist die Frage, ob dJe vorstehende Form ein Versehen für dmns ist oder eine Zwitterbildung, die aus dms und dns zusammen- wuchs. D NM O GVDOMARO REGE setzte a. 527 ein Steinmetz auf einer Inschrift, die sich in der Nähe von Genf 2 ) erhalten hat (CIL. XII 2584). Hier ist gewiB damno gemein1. Das Nomen sacrum meint der Korrektor des alten Lactanz in Bologna, der aus dn m her- stellt dnmï (vgl. Brandt I 326). In Leiden Voss. Q. 69 aus S1. Gallen c. a. 800 begegnet einmal dnms. 5. DON. und DONS. Die eigentümliche Suspension don. ist mir in ihrer Verwendung für die Titulatur nur aus einer späten Stelle bekann1. 1m Liber ponti- ficalis (bei Mommsen p. 142, 13) hat Vatic. (Farfa?) la1. 3761 saec. X Augusto don Justiniano, wo die andern Handschriften damno aus- schreiben. 3 ) 1) Vgl. oben S. 170. 2) Jetzt in Lausanne; vgl. Egli, Die christl. Inschriften der Schweiz, Zürich 1895, n. 40 und Tat. II 12. 3) In Handschriften (saec. X-XI) des Registrum Gregorii I kommen für domnus neben dñ, dom, dms auch don, do nn (domno nosfro 7), donnl (statt domn 7) vor. Vgl. bei Ewald und Hartmann 1315,8; 351,2; II 275, 6; 276,5 sq. 174 L. Traube. Ais Nomen sacrum findet sich dieselbe Form auf einer afrika- nischen Inschrift a.582-602 (CIL. VIII 12035): IN NOMINE /\ON (die beiden letzten Buchstaben sind ligiert, die Herausgeber lösen fälschlich .ð.NI auf). Yon Handschriften hat sie sieher der Hilarius Verona XIII (11) an einigen Stellen bewahrt, eine Unciale des 5. Jahr- hunderts, die sonst den Typus dms aufweist. Es wechselt hier don mit dom im Akkusativ, don bedeutet aber auch den Dativ. In Paris lat. 11947 (Psalterium S. Germani), wo neben dms auch dns gefunden wird, kommt auBer dom mindestens zweimal (fol. 2 v und fol. 44) des- gleichen don vor. Aus einer Stelle des Veronensis notiert Zingerle (Hilar. in ps. p. 22, 6) den Genetiv donI n ihs (so) Xpl. Das wäre eine aus don. regelmäßig weiter gebildete Kontraktion. Wenn wir in späteren SchriftstUcken öfters áoni, dono, done lesen und die modernen Herausgeber diese Formen zu dominus ziehen, so liegen hier vielmehr gewöhnliche Schreibungen von domni etc. vor, in denen das m Uber dem 0 durch einen Strich wiedergegeben ist. Zwar aus der Handschrift des Vergilius grammaticus Neapel IV 434 saec. IX fUhrt Huemer (p. 168, 30) mi doñe an mit dem Strieh Uber n und e, und dies könnte allenfalls mit ihm domine zu lesen sein, obgleich auch hier an sich domne wahrscheinlicher ist. Aber in einer italienischen Privaturkunde des Turiner Archivs (Sesto- mercado a. 892) ist regnante dona nostro Berengario gewiB nicht mit Vayra (Tavole grafiche ad uso delle Scuole di paleografia, tav. 1) domino, sondern vielmehr domno wiederzugeben. In der WUrzburger Traditionsnotiz a. 1138 (MUnchen lat. 12633) hätte der Herausgeber (Sitzungsberiehte der bayer. Akademie 1898 I 401) fUr uice don' statt vicedomnus nieht vicedominus drucken sollen. Davor warnt z. B. folgender Hexameter in unserm köstlichen Ruodlieb-Fragment (bei Seiler IV 68 p.218): Inde petunt summum, velut est dignum, viceâonum. Gerade mit durchstrichenem d kommen solche Schreibungen fUr domnus seit saec. X öfters vor. Auch C. Caesar liest 1) wohl fälsch- lich in der Handschrift des Sedulius im Musée Plantin-Moretus saec. X do(ml)nus Beda statt domnus Beda. 1) Rheinisches Museum f. Philologie LVI (1901) 255. Nomina sacra. IV. Nomina s) Ich ffihre nun in Tabellenform die Belege für sakrales dms vor und bemühe mich dabei, indem ich neben die Formen von dms die gleichzeitig sich findenden Formen der übrigen Nomina sacra und die aus der Suspensionsschicht bezogenen Ergänzungen für dms setze, das historisch treue Bild einer Zeit zu zeichnen, in der die einzelnen Momente der Entwickelung sich noch kreuzen und gegenseitig durch- wachsen. 1) Sie seien nach 533 dort geschrieben worden. 2) An einer fehlerhaften Stelle des Ambrosius in eVe Lue. VII 110 (ed. Schenkl IV 328, 9) hatte das Archetypon einiger Handschriften dmS. ') Vgl. Haupt, Opuscula II 408, und Kauffmann, Zeitschrift f. deutsche Philo- logie XXXII (1900) 306. 4) Dagegen schließt sich dom in der Bibel von La Cava an den ä1teren oben geschilderten Gebrauch an. 1'>) Darüber unten S. 189 ff. Quellen U. Untersuch. Z. lat. Philologie des MA. II. 12 178 L. Traube, 1m folgenden bedeutet *, daß wegen fehlender Mõgliehkeiten andere Formen als die angeführten nieht kõnnen. Fr. ist Fragment, Pal. Palimpsest. Die übrigen Abkürzungen Or t Inhalt Schrift Besondere deus dome Zierde d oms 1. *Bern 611 Fr. Pal. Ev. Me. (t) Unciale 2 Kol. 2. Brescia Evv. Unciale I Purpur mit \ Quir. (f) 1 Kol. Silberschrift 3. * Brescia Cyprian. Unciale dom Quir. H. VI. 11 Testim. 2 Kol. (nom. ace.) Fr. domo 4. Cambridge Un. NN. II. 41 (Codex Bezae) Evv. Act. griech. U. lat. (d) Unciale mit halb- uncialern Einschlag 1 Kol. del deo deum dom (ace.) dome Chur vgl. St. Gallen Darmstadt vgl. Weingarten Fulda vgl. Wein-' garten I 5. *St. Gallen 912 Jer. Unciale Fr. Pal. 1 Kol. I I I I 6. *St. Gallen 1394.1 Evv. Unciale del St. Gallen Vad. (n + at) 2 Kol. und Chur, erzb. Arch. Fr. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 179 vorkommen konnten; t. daß die Handschrift mir nur ungenügend bekannt ist. und also manche Formen fehlen sind die gewõhnlichen in der Textkritik des Neuen Testamentes verwandten. - I Die übrigen m und n am Zeilenschluß; don. dmn. d ms dns nosier Punkte nach dons Nomina sacra oder vor und I nach den Nomina sacra dmï ihs sps -m I dme dns I I ds -;- m gewõhnlich ihs -n (dns xps Reste yon herrscht auch Sps Punkten auf den vier I I IBlättern der Ein- SCS leitung) drriS ds -;- m dmï xps -n dmo Reste yon Punkten I amn dms dns ds -m (ace.) dmï gelegentlich, fast ihs dmo ausschließlich in XpS dme Act. SpS I I I ... I dms I -m dmi dmo I dme I dms dns ds {: dmï statt ihs dme dms spS Reste yon in dem spAter Punkten restaurierten Stück (0) 12* 180 L. Traube, Or t Inhalt Schrift Besondere deiiS dom. Zierde doms . 1. Lyon 425 (351) Ps. Unciale die Formen delis dom I 1 Kol. für deus und (nom. '/, ace.) dominus rot I 8. Lyon 483 (413) Orig. in Rom. Halb-Unciale dom 1 Kol. (ace.) 9. * Mailand C. 73 i.1 Ev. Lc. Unciale dom (Bobbio) Fr. I (s) 2 Kol. (ace.) 10. t Montecassino, Ev. Joh. Unciale Purpur mit Archiv (Sarez- 2 Kol. Silberschrift zano) Fr. 11. * MUnchen lat. Pentat. Unciale deo dom 6225 (Freising) 2 Kol. (ace.) Fr. Pal. 12. tParis gr. 107 I Epp. Paul. Unciale mit (Clarornontanus) griech. undlat. halbuncialern I (d) Einschlag 1 Kol. deo dom (ace.) 13. t Paris tat. 10592 Cyprian (Seguerianus) Unciale 2 Kol. dom (ace.) 14. Paris lat. 11947 Psalterium und St. Peters- ,5. Germani' burg Unciale 1 Kol. Purpur mit Silberschrift, Nomina sacra in Gold deus dom (ace.) Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 181 I Die übrigen I m und n am Zeilenscbluß; don. dmn. ãrñs åifS noster Punkte oach dons INomina sacral oder vor und nach den Nomina sacra I dms dns iï ds -;- m dmí In den lUes ten xpS dmð Partien und Sps wieder In den dme jfiogeren I dmn dms ii dS -{: (ace.) dmï m is (!) dmo N xps dme (nostrum) sps scs I I dniS ás -{; dmo ihs I I dme xps I I dms "dns ds m dme (von der ihs - n Hand eines xps Korrektors) Sps I dms ds und -{: dml einmal des dmõ hs (Jesus Nave) Sps sts (I) I dmii dms n. ds (ace.) ihs xps Sps , , I dms dS ---;- m dml dmo don dms dizs ås }m (ace.) dmõ hAufig xps dme sps ScS 182 L. Traube. Or t Inhalt Schrift Besondere deUS dom. Zierde doms 15. t Paris lat. 17225 Evv. Unciale I I dom (Corbie) (fP) 2 Kol. I (ace.) St. Paul in Kärn- I I I then vgl. Wein- garten I I I St. Petersburg I vgl. Paris lat. 11947 I Augustin. I de ag. Chr. Uncia Ie 2 Kol. dom (ace.) 16. tSt. Petersburg Q. V. I. 3 (Corbie) Sarezzano vgl. Montecassino Stuttgart vgl. Weingarten 17. tTurin E. IV 43 (Bobbio, gehörte rnit dem Sedulius E. IV 42 zusam- men) Cerealis contra Max. Unciale 1 Kol. 18. Turin G. V 37 (Bobbio) und A. II 2 *. Cyprian. de op. et el. Unciale 2 Ko!' deï deð dom (gen.?, ace.) Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 183 don. dons dmn. dinS diiS noster 1 m und n am Zeilenschluß ; Die übrigen Punkte nach Nomina sacra oder vor und I nach den Nomina sacra dms dml dmo ds ihs XpS Sps - } m ---;- n I dms iî tIS -m ihs R este von XpS Punkten I dms dns tIS (gelegent- (melst) ihs hch) xpS sps SCS L dmn drriS ds -{: (ace.) dml ihs dmõ XpS mit Punkten dme spiritus sane/us 184 L. Traube, Or t [nhalt Schrift Besondere deus dom. Zierde doms 19. t Vercelli, Cap. Evv. Unciale dëõ (a) 2 Ko!. 20. Verona VI ( ) Evv. Unciale Purpur rnit deî dom (b) 2 Ko!' Silberschrift, (ace.) die Nomina sacra in Gold 21. tVeronaXIII(ll) Hilar. in Ps. Unciale dom 2 Ko!' (ace.) 22. *Weingartener Proph. Unciale deî dom Fragrnente in 3 Ko!' deo (ace.) F ulda, Darrn- stadt, S1. Paul, Stuttgart I 23. Wien 1235 Evv. Unciale Purpur rnU dom (Neapel) (i) 1 Ko!' Silberschrift, (ace.) Fr. die Nomina sacra in Gold I I 24. Wilrzburg Th. Q. 3 Priscillian Unciale 2 Ko!' _ 25. Ii: Wtirzburg Th. F. 64- Fr. Pal. Proph. Unciale 2 Kol. dom (elnmal dat., ace.) Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 185 m und n am Zeilenschluß; don. dmn. dms diiS nosier Die tibrigen Punkte nach ãons Nomina sacra oder vor und nach den Nomina sacra dTTiS ds {: dme dms ds ---;- m dml ihs - n dmo xps neste von dme spS Punk ten sane don dms dns - ds n. m (dat., ace.) dmï (hie und da) ihs Reste von doffi dme xps Punkten (gen.) Sps SCS und sets dms tIS I dmi - 1 m } immer au!!- Xp n geschrleben; dmo (einmal am Rand mit Punkten dme ala allgemeiner Hinweis, vgl. nanke p. 50) sps dmn dms ds I - { : (?) (ace., die dmî ihs Lesung ist dmo xps Reite von unsicher) dme sps Punk ten I I I I I dmS dns .n. ds ---;- m nur dreimal gewðhnlieh ihs - n xps sps scs I I dms tIS -{: dmi ihs dmo (lesus Nave) Reste von dme spS Punkten SCS omp (= omnipotens) ang (= angel us) 186 L. Traube, Ais die Kontraktion diis fast allgemein im sakralen Gebrauch anerkannt war, griff man auf die Kontraktion diils, die dadureh frei wurde, zurüek, urn sie in der Titulatur zu verwenden. Man pflegte diese Unterseheidung, wie wir bereits sagten (vgl. oben S. 177), be- sonders in Spanien,l) man begann damit im 7. Jahrhundert. Da also stehen sich dns (dominus) und dms (domnus, Herr, Herrseher) gegen- fiber; eher wird dabei dns aueh für den weltlichen Herrn gebraueht, als dms für Gott. Vgl. Hübner, Inser. Hisp. Christ. 100 a. 660: DMS BACAVDA EP SCPS (neben ara s ca dnî); ebda. 110 saee. VII: DMI THEODE- RACIS EPSCPI (neben in nomine dni 2) nostri lesu Christi). Eseorial R. II 18 saee. VII/VIII: dml Ysidori neben domno lsidoro und dno et filio Sisevuto; Madrid (S. Millan de la Cogolla) bei Hartel-Loewe S. 486 saee. X/XI: dml Martini aepspl. 1m Codex Regularum aus S. Maximin in Trier (jetzt Münehen lat. 28118) saee. IX in. trifft man, wo spanisehe Überlieferung durehleuehtet, auf ein un- erwartetes regula a dmo et patre nostro Fructuoso edita in pace. 7. DN. und DNS . D. N. ist bis in die späteste Zeit - man denke nur an viele Reihen von Münz-Legenden - von den Kurzsehreibungen der Titulatur bei we item die geläufigste; D. N. ist dominus noster zuerst und be- sonders, wenn von den Römisehen Kaisern die Rede ist. 8 ) Ais Mehrzahl gehört dazu, wie bekannt, DD. NN. domini nostri, DDD. NNN. (tres) domini nostri, u. s. w. I} Für ein weiteres Obergreifen spricht die Insehrift aus Clermont-Ferrand a. 612 (CIL. XIII 1485): ANNV XVI REGNO DMI THEVDOBERTI. Die Handsehrift des Registrum Gregorii (vgl. oben S. 173 Anrn. 3), die dms sehreibt, stamrnt aus Monteeassino saee. XI. 2) Die foIgenden Worte waren erst richtig zu stell en ; vgI. darüber unten S. 235. 3) Auf einer phrygisehen Inschrift saee. III IV (CIL. III 13661) ist D N die Kaiserin. Ganz unsicher ist dagegen die Beziehung von Í) N als domina nos/ra auf eine Private, die Rossi bei einern Graffito der Kallixtus-Katakombe gelten läßt (lnser. Christ. I 571). Die aUen Samrnlungen der Notae iuris geben für domina aueh die Kontraktionen dmu und dna. Doeh ist man nie sieher, ob dort nieht künst- liehe oder spätere Forrnen eingedrungen sind. 1m Bobiensis der Reden des Cas- siodor wird dns für den gotisehen König gesetzt, aber domina für die Königin aus- gesehrieben. Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 187 Ich habe für diesen Gebrauch nie besonders gesammelt und weiB nicht, wann er beginnt. Doch kommt auf Münzen schon am Anfang des 3. Jahrhunderts 1) und auf einem ägyptischen Papyrus schon a. 293 dd. nn. vor 2) und der Singularis ist im 3. Jahrhundert auf Inschriften recht häufig. Die Schreibung DN findet sich bereits a. 376, vgl. CIL. XI 6665; daß dort dominus noster aufzulösen ist, zeigt ib. 6640 und 6658, wo die Worte ausgeschrieben sind. Sonst kann man in der Tat, besonders später da, wo die Schreibung áiï vorliegt, schwanken, ob man dominus oder dominus noster zu deuten hat. Denn dn. oder dn wurde mit der Zeit eine sehr beliebte Schrei- bung für einfaches d(omi)n(us) oder d(om)n(us). Hierfür sind zu- nächst sichere Beispiele zu beschaffen. S) Ich komme da freilich über das 6. Jahrhundert nicht hinauf. Rom (Verona) Vat. lat. 1322 hat auf fol. 166: consolatu dii iii Mar- ciani pp Augï, dem gegenüber z. B. fol. 34 unum filium, unum dnm confitemur. Eine stadtrömische Inschrift a. 604 (Grisar, Analecta Rom., tav. III 2) hat: IMP. DN N FHOCA PP. AVG. ANNO SECVNDO; eine Inschrift in Porto saec. VIII (Rossi, Bullett. I 4 p. 102): SALBO BEATISSIMO DN N LEONE TERTII PAPAE. Gerade in der päpst- lichen Kanzlei erhält sich dauernd áii (z. B. áiï meo papae) und ári n (besonders für Kaiser und Papst). Vgl. Sickel, Prolegomena zum Liber diurnus I S. 29, und von Bullen, die im Original erhalten sind, die Paschalis' I (Jaffé Reg. 2551) a. 819, Benedikts III (Reg. 2663) a. 855, Nicolaus' I (Reg. 2718) a. 863, Johanns VIII (Reg. 3052) a. 876, Silvesters II (Reg. 3906) a. 999; die Kurzform áiï n, die in ihnen regelmäßig steht, wird dabei bisweilen selbst von Meistern der Diplo- matik fälschlich mit donno wiedergegeben, wie auch in einer Privat- urkunde von Treviso a. 780 verlesen wird (Bullett. dell' Istituto storico it. XXII 50). Oft nachgewiesen ist ..ð.-N (= domni u. s. w.) in Neapler Privaturkunden vom Jahre 912 an; vgl. Capasso, Mon. Neap. II 1 1) VgI. Eckhel, Doctrina numor. VIII 365. 2) Grenfell and Hunt, Oxyrhynchos Papyri I p. 159 n. CX, pI. V. Wie lange in den Kanzleien sich die iterative Bildung erhielt, zeigt die Oberlieferung eines Briefes des Papstes Bonifaz IV a. 613 (M. G. Epp. III 455). Die Handschriften saec. X bewahren in ihrn dd. nn. piissimis Augustis Heraclio . . . et Heraclio Constantino. 3) Die Inschrift zu Lyon a.470 (CIL. XIII 2362): DN N SEVERO ET IOR- DANE ist technisch fehlerhaft und kritisch bedenklich. 188 L. Traube, p. 18 sqq. Auf römischen ist saec. XI dnn fast erstarrt und das zweite n wird dabei öfters überflüssig; vgl. Archivio della R. Società rom. di storia patria XXII (1899) 74 sqq. Bisweilen tritt die Form dn. uns in jüngeren Handschriften ent- gegen, wo diese ohne rechten Verstand der Vorlage folgen. Auch da ist eine Entscheidung oft nicht leicht zu treffen. Paris (Mainz) la1. 4860 a. 939/954 und München (Regensburg) la1. 14613 haben übereinstimmend in der Chronik des Cassiodor (Chron. min. ed. Mommsen p. 159 a. 1326) a án. nostro rege Theoderico. So muB der Schreiber des Reichenauer Archetypon dieser Handschriften saec. IX schon gegeben und wahrscheinlich auch selbst schon gefunden haben. Hier ist also dn. = domino. In der Widmung von Servius De metris (Gramm. lat. ed. Keil IV 468) gibt die einzige Handschrift Paris (Montecassino) la1. 7530 saec. VIII fol. 35 v : Servius Fortunatiano áii. Hier scheint áii. füglich nur domino oder domno,l) nicht domino nostro vertreten zu können. Dagegen würde in der Widmung des Eutropius in Gotha (Murbach) mbr. I 101: D N Valenti Maximo perpetuo Augusto, sich sowohl domino nostro als domino empfehlen. 1m Laterculus des Polemius a. 449 (Chron. min. ed. Mommsen I 523), wo die einzige Brüsseler Handschrift saec. XII hintereinander gibt: dnï n Theodosius praesens Augustus und dñ n Placidus Valentinianus, könnte beide Male án ïï als Überlieferung gelten; dagegen ist an einer andern Stelle desselben Laterculus (CIL. lip. 257): (natalis) d n The(odosii) Au(gusti), diese Lesart des Bruxellensis wohl die Bezeugung von dfi = dominus noster. Die Subscriptio des Solinus -lautet in der Heidelberger Handschrift Pal. 1568 saec. XI: studio et diligentia domni Theodosii invictissimi principis; für domni steht on. in Paris (Blois) la1. 6810 saec. X; Mommsen möchte d. n. (= domini nostrí) schreiben, vielleicht ist dn. (domini, domni) nicht weniger be- rechtigt. Aus dem Eindringen von dn. in die geistliche Sphäre 2) kann man noch auf ein etwas höheres Alter der Titulatur dn. schlieBen, 1) Gerade diese Lösung geben einrnal die Laterculi der Notae iuris, Gramm. lal ed. Keil IV 282. I) Auch D. N. als dominus nosier wird vor IHS XPS auf Münzen Iustinians II gebraucht (Eckhel, Doctrina numor. VIII 228); D. N. IHS XPS soll auch auf einem Contorniaten stehen (ebd. 174). Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 189 als die zufällig dafür erhaltenen Beispiele gestatten. IN PACE DN auf der spanischen Inschrift (Hübner, Inscr. Hisp. Christ. 311) gehört angeblich ins Jahr 511; IN PACE D N N I HS xp f (ibid. 302) belegt den Gebrauch noch für a. 706. Aus Italien kann ich den Hinweis auf die oberitalienische Handschrift Vatic. lat. 4938 bringen,l) wo ursprüng- liches áii no oft von zweiter Hand in dns nor verwandelt wird; aus Südfrankreich den Hinweis auf das sog. merowingische Sakramentar Rom Reg. lat. 317,2) wo per áii (neben dnm) nm häufig ist. Die herrschende Form für Gott den Herrn wird, wie bekannt, die aus dn. entwickelte Kontrakion dns. Wann und wo tauchte sie zuerst auf? Wir sahen (oben S. 177) dms im 5. Jahrhundert viel- leicht von Oberitalien aus sich verbreiten. Aber im 6. Jahrhundert war diese Form überall niedergekämpft; für sakrales dominus schrieb man da nur noch dtiS. Man hat daraus geschlossen, daB dms die ältere, dtiS die jüngere Form ist. Und der Schein spricht dafür, wenn man nach diesem Merkmal die Handschriften des Alten und Neuen Testamentes ordnet: die Texte vor Hieronymus pflegen dms zu haben; die Handschriften der Vulgata haben dtiS. Prüfen wir aber den Befund näher, so ergibt sich ein wesentlich anderes und deut- licheres Bild. DaB schon die Kalligraphen des Hieronymus dns geschrieben haben und diese Form nicht erst später in die Überlieferung der Vulgata eindrang, beweist der Umstand, daB ebenso die gesamte insulare Paläographie S) wie aIle alten mittel- und unteritalienischen Handschriften und die Mehrzahl der oberitalienischen Handschriften der Vulgata aIle in den Typus dns kennen. 1) Vgl. unten S.228. 2) Vgl. unten S. 221. 3) Man kann das zeitlich ziernlich genau durch die einzelnen Stationen hindurch verfolgen. Es hatten dns die alten Handschriften, die aus. Rom und Süditalien nach England durch Augustin und seine Nachfolger karnen. Handschriften. von denen wir selbst noch besitzen z. B. den Bonifatianus I in Fulda, die Evangelia S. Augustini Cambridge C. C. C. 286 und Würzburg Theol. Q. 2 (der Laudianus dagegen schreibt die Nomina sacra aus). Dann haben wir rnit dns die großen englischen Bibel-Hand- schriften. das Lindisfarne-Buch und die ganze Gruppe des Arniatinus. d. h. Hand- schriften, die man als Abschriften der aus Italien gelieferten Originale nachweisen kann. Aber auch die irische Paläographie kennt nur dns, eine Erscheinung. die im ersten Teil rneiner Paläographischen Forschungen erläutert wird. 190 L. Traube. Yon Handschriften der Werke des Hieronymus, die vielleicht noch auf ihn selbst zurUckgehen, wenigstens ungefähr in die Jahre 400 bis 450 fallen, haben wir die Fragmente der Chronik aus Fleury, in denen aber keine Form von dominus begegnet, und die Bodleianische Handschrift der Chronik (Auct. T. 2. 26), wo dns geschrieben wird; nur fol. 111 v steht das alte ipse quoq. doiiï iJiS (davor ist ic getilgt) xps (vgl. oben S. 170). Es haben ferner von Handschriften der Vulgata, die hierher gehören, wenn sie auch etwas jünger sind, dns Vatic. lat. 3281 und St. Gallen 1395. Nach der Zeit und dem Ort ihrer Entstehung rechne ich von Handschriften anderer Schriftsteller noch in die Hieronymische Epoche Wickhoffs Rufin Wien 847, der dns n. hat, und die Quedlinburger Fragmente aus den Büchern der Könige, deren Text vorhieronymisch ist: hier steht dns noch ge- wöhnlich zwischen zwei Punkten und neben .áS. begegnet del. Yon späteren italienischen Handschriften wird es genügen auf die Evan- gelien München (Freising) lat. 6224 (= q) und Breslau (Aquileja). Rehd. 169 (= 1) zu verweisen und auf die Veroneser und Bobbieser Tradition, die mit Ausnahme der oben S. 177 angeführten Fälle dtiS bestätigt; vgl. z. B. SuI pic. Severus Verona XXXVIII (36) a. 517, Psal- terium duplex I (1), die Itala-Fragmente in 1(1) App. und II (2), Cassiodorus Complex. XXXIX (37), Cyprianus Mailand D. 519 L, Evangelien Turin F. VII. Inschriftliche genau datierte Beispiele sind mir nicht auf- gestoBen. Ein metrisches Epitaph in Rom, das D NO zeigt, will Rossi (Bullett. IV 5 p. 71) noch ins 4. Jahrhundert verlegen; und gewiB war die Form, die in Gallien schon vor der Mitte des 5. Jahrhunderts auftritt, in Rom, wie man nach sonstigen Erfahrungen annehmen darf, schon im 4. Jahrhundert zu Hause. In Spanien ist der Typus dns auf Inschriften in einer fest zu- sammenhängenden Reihe seit a. 485 nachzuweisen: a. 485 (Hübner, Inscr. Hisp. Christ. 135), a. 510 (ib. 25), a.594? (ib. 342), a. 630 (ib. 100 und 142), a. 641 (ib. 333), a. 661 (ib. 143, vgl. II p. 68), a. 662 (ib. 31 und 88), a. 691 (ib. 172). Yon alten Handschriften, die diesen Be- fund bestätigen könnten, haben wir ja fast nichts. Zögernd führe ich an Mailand (Bobbio) D. 84 L, ein Stück Vulgata (II Paralip. 5,9-6,8), in dem dtiS áS sri charakteristisch ist, und mit viel gröBerem Vertrauen die Freisinger Fragmente der Paulinischen Briefe MUnchen la1. 6436, Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 191 wo wenigstens das Fragment fol. 16 mit dnl nSl ihu XPl spanischen Ursprung deutlich zur Schau trägt.l) Für Frankreich steht der epigraphische Gebrauch der Form dtis schon vor der Mitte des 5. Jahrhunderts fest: Lyon a. 431 (CIL. XIII 2354), Vienne a. 450 (CIL. XII 2081), ArIes a. 533? (CIL. XII 944), Avignon a. 587 (CIL.XII 1045). Wir haben oben S. 176 gesehen, daB a. 491 zu Vienne auch dniS gefunden wird. Es ist kein Zufall, der in dies en Zahlen herrscht: dtiS ist in Gallien in der Tat älter als dms, das da- neben kaum aufkommt und bald auch wieder verschwindet. Wenn man annehmen darf, daB von den zahlreichen Handschriften des 6. Jahrhunderts, die jetzt in Lyon liegen, in Lyon oder doch in diesem Teile Frankreichs oder überhaupt in Frankreich die Mehrzahl auch geschrieben ist, so finden wir dort (Lyon 352, 381, 372, 392, 408, 517, 519, 521, 523 biS ) immer dns. Lediglich in Lyon 351 und 413 steht dms; vgl. oben S. 180. In Lyon 351 haben aber die älteren Partien, wie dann auch wieder die jüngeren, dtiS. Und, wenn man den Heptateuch von Lyon an den Anfang dieser Reihe stell en kann, so geht er mit der Form dns v'oran, die neben ds, sps, scs, n 2) dort allein gefunden wird. Ähnliches kann man für die alten Handschriften von Fleury und Corbie feststellen. In Afrika war dome zu Hause; später wurde versuchsweise dotrlS gebildet; vgl. über die Itala-Fragmente k oben S. 138 fi. Wenn der auf Purpur mit Silber und Gold geschriebene sog. Palatinus Wien 1185, der seiner Textfassung nach afrikanisch ist (e der Evv.), die Reihe dtiS, tiS,5) iliS, xps, sps aufweist und die Fragmente der Apokalypse in Paris (Fleury) la1. 6400G dns, áS, ihs, xps, sps, scs oder sfS haben, so kann es sich um europäische Abschriften afrikanischer Originale handeln, oder aber: auch nach Afrika ist dns vorgedrungen. Für dms dagegen haben wir keinen afrikanischen Beleg auBer der S. 176 angeführten späten Inschrift. 1) Der Augustinus De baptisrno irn Escorial (Carnar. de las rel.) , rnit dem Ewald und Loewe die Reihe ihrer Bildec eröffnen - der Text selbst in Uncialc und die beigefügte Benedictio cerei in Kursive haben dns -, ist keine in Spanien ge- schriebene Handschrift. II) Ober die Form hi und hfl vgl. obcn S. 152. S) Öfters steht del statt tfl. 192 L. Traube, Es dauerte nicht lange und die bequeme Form dns wurde auch auf den weItli chen Herrscher übertragen. Wir haben Zeugnisse des 6. Jahrhunderts für diese Erweiterung des Gebrauches aus Italien, Sardinien, Frankreich, Spanien und Afrika. Für Italien spricht der Bobiensis der Reden des Cassiodor und Rom Reg. lat. 2077. Für Sardinien gibt es die genauere Datierung im Basilicanus des Hilarius a. 5101) und auf einer Inschrift a. 582 (Eph. epigr. VIII 175 n. 721). In Frankreich hat eine Inschrift der Auvergne a. 530: ANNO VIlli DECEMO REGNO DNI NOSTRI THODORICI RE (CIL. XIII 1503); das Jahr (605?) einer aItderen zu Clermont-Ferrand (CIL. XIII 1482) ist nicht sieher. In zwei Inschriften aus Auch ist DNI . N, da der Name des Königs nicht folgt (CIL. XIII 498 sq.), chronologisch nicht zu fassen. Spanien zeigt uns die Ausdehnung des Gebrauches zuerst im Jahre 577 und 594 (Hübner, Inscr. Hisp. Christ. 115), dann wieder a. 691 (ib. 172). Zwischen diesen beiden Daten fanden wir früher dms für den Herrscher gebraucht (vgl. oben S. 186). 8. DOMN. und DOMNS. Die Suspension DOMN. kann von vornherein nur domnus ver- treten und ist deshalb nur in der Titulatur anzutreffen. Auf einer afrikanischen Inschrift a. 530-534 (CIL. VIII 10862) steht: .ó.O MN GEILIMER; auf einer stadtrömischen saec. VIII ex. (Duchësne, Liber pontificalis 1514): TEMPORIBVS D OMN STE- PHANI IVNI 0 RIS. Yon DOMN. ist man zu domtiS übergegangen, der regelrechten dazu gehörigen Kontraktion. Sie begegnet schon im Jahre 503 auf einer aq uitanischen Inschrift (CIL. XIII 1529): ANNO NONO X REG DOMNI NOSTRI ALARIC!. Und so steht damno in Berlin (Lyon) Phill. 1745 fol. 85 v aus dem 7. Jahrhundert und domns in einer Ur- kunde Karlmanns a. 769 (Mühlbacher 117) mit Bezug auf das unmittelbar vorausgehende domt Dionisii. 1) Diese Handschrift bezeugt zugleich, daß darnals in Sardinien fUr Gott den Herrn dns im Gebrauch war. So hat die Subscriptio, während dns für den Kaiser im Texte selbst steht (vgl. Steffens, Lat. Paläogr. I 17), also nicht notwendig für Sardinien sprechen rnuß. Wäre Souters Verrnutung richtig, so hätte später dms auch Sardinien erobert; vgl. oben S. 177. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 193 9. Falsche Anwendung der Kurzformen. Wir haben bei fast aIlen Kurzformen von dominus einen be- stãndigen Übergang aus dem Gebiet der Titulatur auf das sakrale Ge- biet und umgekehrt zu bemerken gehabt. N ur im Vorbeigehen wurde die fast selbstverständliche Erscheinung berührt, daB schon frühe die christliehen Formen dms und dfiS auch da gesetzt wurden, wo dominus nieht dominus deus, sondern possessor, den Menschen als Besitzer, bedeutet. Ich meine nieht Fäne, wie sie in den Gleiehnisreden Christi vorkommen, wo die Kurzform ein Aus- druck der Interpretation sein kann, die der betreffende Schreiber der Stelle gab. Aber auch sonst sind solche Schreibungen schon früh zu beobachten, z. B. in dem alten Evangelien-Fragment Mailand C. 73 i., wo dms für den Menschen steh1. 1m allgemeinen halten die lateinischen Schreiber niehtkirchlicher Texte den Unterschied genau ein, wie das z. B. für die Sortes in S1. Gallen 908 Winnefeld p. 2 seiner Ausgabe gut hervorgehoben hat; sie sind vieIleieht etwas sorgsamer darin als die griechisc en Schreiber. Seit der Karolingischen Zeit etwa wird dominus gewöhnlich ohne Rücksieht auf den Inhalt des Wortes abgekürzt. III. Die Attribute. a) SANCTUS. 1. Vorbemerkung. Wenn es so gut wie sieher ist, daB die Kontraktion sps zum ältesten Bestande. dieser Art von Kurzschreibungen gehört, so ist die im Mittelalter allgemein verbreitete Kontraktion ses entschieden jünger; sie bürgert sieh erst allmählich ein und hat aIlerlei N ebenformen. In der alten griechischen Kontraktionsreihe ist eine Form für åywç nieht enthalten; die Kürzung von sanetus ist eine lateinische Schöpfung. Ich glaube mit der Annahme nieht fehl zu gehen, daB sanctus ur- sprünglich nur, wo es bei sps stand, zusammengezogen wurde; es hat sps eine entsprechende Kurzform von sanctus ebenso hervorgerufen, wie dns (dms) eine von noster. Dann aber freilich stand sanetus in so vielen der Bedeutung nach ähnlichen Verbindungen, daB es bald überhaupt gekürzt wurde, welcher Verbindung es auch immer angehörte. Die Kurzformen von sanctus und noster, die eine weit Quellen u. Untersuch. z.lat. Philologie des MA. IL 13 194 L. Traube, größere Ausbreitungsfähigkeit hatten als die Reihe der älteren Nomina sacra, haben denn auch sehr viel mehr zur Ausbreitung und all- gemeinen Annahme des Kontraktionssystems beigetragen als etwa tIS und XpS.l) 2. S. Es fehlt nicht ganz an epigraphischen Beispielen vorchristlicher Zeit, in denen S. eine Form von sanetus bedeutet. Auf die Ent- wickelung der christlichen Kontraktion konnte aber eine soIche Sus- pensint1 ursprünglichster Prägung keinen Einfluß üben, da SSe für supra seriptus seit ältester Zeit vergeben war. 2) Auch die Beispiele filr christliches S., wie etwa .S. PETRVS in Neapel saec. V (Rossi, Bullett. IV5, 122) oder S. LV CAS in Ravenna saec. VI (vgl. CIL. XI 285 und 293 und dazu Caesar, Observationes p. 4), sind nicht ge- rade häufig. Doch kann dieser epigraphische Gebrauch nie ganz verschwunden seine Für uns ist besonders wiehtig ein Grabstein zu Bordeaux (CIL. XIII 906): AIVfIT (= adiutet) SPIRITVS S; nach Le Blant ist er saec. IV, nach Jullians wohl treffenderem Urteil saec. V; die beiden Gelehrten mußten aber nach einer älteren Zeiehnung urteilen, da das Original nieht mehr erhalten ist. Ich glaube: die Schreibung spiritus s. setzt voraus, daß sps ses schon gebildet war. Eine Kontraktion zu S. wäre sae aeeel. eatholieae in Berlin (Reims) Phill. 84 saec. VIII, wenn hier nieht eher eine Verschreibung (für see ) vorlãge. 3. SC. und SCS . Die Suspension se. hat die allgemein verbreitete Kontraktion ses hergegeben. Sie verdient daher besondere Aufmerksamkeit. 1) Ober Kurzformen von sanctus vgl. C. Caesar, Observationes ad aetatem titulorum tat. christianor. definiendam spectantes, Bonn 1896, p. 4. 2) SSe kann in älterer Zeit aus demselben Grunde durchaus nicht sancti be- deuten, was selbst sehr bewãhrte Forscher behauptet haben; vgl. Neues Archiv d. Gesellschaft f. ältere d. Geschichtskunde XXVI 231. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 195 Wir beginnen mit einer tabellarischen Übersicht über die ver- schiedenen Kurzschreibungen der bekannten christlichen Formel l ) sanctae memoriae ille episeopus (presbyter etc.) auf datierten In- schriften. (Vgl. die Tabelle S. 196-197.) Darnach ist se. zuerst a. 519 nachzuweisen; allein aus der ältesten Inschrift für see folgt, daB in Italien schon vor a. 471 das zu Grunde liegende se. gebräuchlich war. Aus der afrikanischen Inschrift a. 440 mit SCS (vgl. unten S. 198) geht für se. noch höheres Alter hervor. AuBerhalb der Verbindung s(an)e(tae) m(emoriae) habe ich se. nicht häufig getroffen. Doch weitverbreitet war die Form. Für Afrika vgl. oben S. 164 (denn es ist wohl richtiger SC ECLSE zu trennen und bei SPS (S)CI einen zufälligen Ausfall anzunehmen, als auf ein eigenes Prinzip zu schlieBen); eine spanische Inschrift saec. VI? (bei Hübner, Inscr. Hisp. Christ. n. 90) hat RELIQVIAE SCO R V I MAR- TIRVM'ls (= id est) SC . TOME I SC ' DIONISI . SC ORV COSME u. s. w. In Dalmatien wurde jüngst die Aufschrift DOMaS SC S (hier ist der Name abgebrochen) gefunden, jetzt im CIL. III 14902. Am besten beweist die Lebenskraft der Form se., daB in den alt- französischen Texten der Handschrift Clermont-Ferrand 189 saec. X für die romanischen Formen sanez, sanz, sanet in der Passion ses nach der gewöhnlichen lateinischen Art geschrieben wird, daB aber im Saint Léger dafür se. steht. Diese Form würde also wohl nicht im Wege stehen, eine Schweizer Inschrift an der Kirche zu Windisch (bei Egli, Die christl. Inschriften der Schweiz n. 52), auf der IN ON ORE SC MARTINI ECP vorkommt, wie es geschieht, in die karolingische Zeit zu verlegen. Wie und wo ist se. zu ses geworden? Ich habe schon oben (S. 193) gesagt, daB meiner Meinung nach sps die Kontraktion ses nach sich 109. AIle andern Verbindungen, in denen sanetus sonst vorkam, boten keine Veranlassung zu einem Wandel der Form. 1m epigraphischen Gebrauch war die Suspension immer vor der Kon- 1) Vgl. Caesar, Observationes p. 28. 13* 196 L. Traube, Úbersicht über die Entwickelung der Suspension und sc. M. S.C.M ACACI SCM FYLACRIVS EPS S CM CYPRIANVM SANC. M. SANCM ADEODATVS PREBS SCE MEMORIAE SCE MEMORIAE CENOBIA DO SACRATA seE . MR ' PRISCVS EPISC' seE MEMORI . GALL VS EPS SCE M 1) (Valentianus) EPCS traktion bevorzugt. Ais man begann, auf Inschriften SCE M(emoriae) start SC. M. zu setzen, war sicher SCS schon anderwärts gebildet worden. Man sieht das am besten daraus, daß memoriae in der alten Suspensions-Form oder ganz ausgeschrieben oder sonst ver- 1) SCE (oder SCE' oder SCE ) M steht z. B. auch auf den undatierten Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 197 Kontraktion in SANCTAE MEMORIAE (vgl. S. 195). Canosa bei Barletta a.519 CIL. IX 410 (nach einer Abschrift) Novara a.554? CIL. V 6633 Rom a.578 Rossi, Inscr. Christ. I 1122 Mailand a.525 CIL. V 5683 Vercelli a.471 CIL. V 6741 Nola a.523 CIL. IX 1318 Turin a.546 CIL. V 6858 Chur a.548 Egli, Die christl. Inschriften der Schweiz, n. 37 (nach einer Abschrift; auf dem Stein stand als Überschrift des metrischen Epitaphs, Bücheler n. 1378, nur SCE M EPCS) kürzt, aber nie als Kontraktion in der Verb in dung see memoriae er- scheint. Auch in einer andern Verbindung: presbyter (episeopus etc.) sanctae eeclesiae illius, wird auf Inschriften und in alten Hand- schriften vielfach sanetae kontrahiert, während für eeclesiae nur die Inschriften CIL. V 5454. 5455 (Como), V 7136 (Turin), X 7747 (Cagliari). 198 L. Traube, Suspension (eccl. und dergl.) eintritt. Wenn in derselben Verbindung für episcopus eine Kontraktion gesetzt wird, so gesehieht das doch erst seit dem 5. Jahrhundert und die mannigfaehen Formen der Kon- traktion zeigen wieder, daB die Bildung neu war. Nicht eps und ecclii (ecclesia) haben scs naehgezogen, sondem scs hat dazu bei- getragen, eps und eccta hervorzurufen, und allesamt stehen diese Formen unter dem EinfluB der alten Reihe der Nomina sacra. Wir vervollständigen nunmehr die ehronologiseh sieheren Be- lege für scs aus den Insehriften. Die Reihenfolge ist die der über- lieferten Jahreszahlen. Sitifis in Afrika a. 440 (CIL. VIII 8634): HIC IACET ANTISTES SCSQVE NOVA TVS. Wilmanns löste sacerdosque auf, Büeheler (Carm. epigr. 687, 1) stellte das Riehtige her. Beziers 1) bei Narbonne a. 455 (CIL. XII 4311): IN HON SCRM MART (die letzten fünf Buchstaben sind auf dem Stein nieht mehr zu lesen, doch ist SCRM völlig sieher), vgl. unten S. 199. Vercelli a.471 (CIL. V 6741), vgl. oben S. 147. Spoleto a.489 (CIL. XI 4972): DP. SCI AMASI EP. Ravenna a.494 (CIL. XI 304): SCS ' PAP IO HAN . Rom a. 526 (Rossi, Inser. Christ. I 1005): sCO ET VENERA .; es ist unsieher, welches Substantiv dazu zu ergänzen ist. 2) Sevilla a.556 (Hübner, Inser. Hisp. Christ. 357): ECESIA (so!) SCE MARIE. Hiernaeh ist nur das ganz deutlieh, daB scs schon einige Zeit vor a. 440 in Afrika im Gebraueh war. Kein Zufall scheint es, daB es zuerst in einer metrischen Insehrift begegnet. Es steht damit, wie mit XPI in der damasianisehen Inschrift (oben S. 134 und 158). In metrische Insehriften gingen Eigenheiten der Buehschrift schneller über als in Insehriften des gewöhnliehen epigraphisehen Formulars. Aus diesem Grunde möehte ieh aber die Erfindung der Form scs nieht ohne weiteres für afrikanisch halten. Dagegen spricht unter anderem, 1) Die Inschrift in Narbonne a. 445 (CIL. XII 5336) ist als gänzlich unsicher übergangen worden. :I) Es folgen a. 565 und 578: SCE ECL (565, ECCL. 578) ROMANE (565, RO M 578) bei Rossi I 1098 und 1122. Vgl. Nola saec. V (CIL. X 1365): SCE' NOt ECCL- ; dagegen Pinguente in Istrien saec. VI (CIL. V 474): S CAE ECCLESIAe. Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 199 daß wir gerade in Afrika mehrere Nebenformen nachweisen können (vgl. unten S. 200-203). Wenn wir als wahrscheinlich angenommen haben, daB die Kon- traktion scs von den Han dschriften auf die Inschriften übergegriffen hat, so haben wir doch zugleich vermutet, daß scs in den Hand- schriften wieder erst eine spätere Zutat war. Es zwang zu dieser Annahme der Befund, wie er oben in den Übersichten über den Typus dniS und dns dargelegt worden ist. Das jedoch darf behauptet werden, daB das etwa am Anfang des 5. Jahrhunderts erfundene scs im 6. Jahrhundert ílberall angenommen war. Und schon vorher hatte sich in Handschriften auch das Feld der Anwendung verbreitet. Der Frei- singer Pentateuch verwendet scs ebensowohl als der Heptateuch von Lyon an Stellen, an denen von sps nicht die Rede is1. Doch noch am S1. Galler Palimpsest des Lactantius kann S. Brandt die scharfe Beobachtung machen: 1) 'sanctus ist in Verbindung mit spiritus SCS, sonst steht die volle Form'. Es ist noch übrig, Bemerkungen ílber die Bildung einzelner Kasus hinzuzufügen. Für den Nominativ fand sich scus im Fragment aus Optatus, Orléans 192 (169) saec. VI fol. 15; scum hat Cassel (Fulda) Theol. O. 5 saec. VIII fol. 40 v. Der Genetiv Pluralis würde, regelmäßig gebildet, scoru m seine Und diese Form ist später die gebräuchliche; sie kommt auf spani- schen Inschriften 2) schon a. 644 und 657 vor (Hübner, Inscr. Hisp. Christ. III und 89). Wir finden aber auf verhältnismäBig. alten In- schriften dafílr SCO R. SO in Afrika saec. V/VI (CIL. VIII 8632 und Rossi, Bullett. V 4, 39, beidemal neben SCI) und in Spanien a. 662 (Hübner, Inscr. Hisp. Christ. 88). Es ist dabei Kontraktion ( SCO ) und Suspension (-OR.) miteinander verbunden. Die letztere fanden wir in Afrika oben S. 140, begegnen ihr aber auch z. B. in den Chronica des Hieronymus aus Fleury. Häufig fand ich die Form scrm; so schon auf der Inschrift Beziers a. 455 (vgl. oben S. 198), in der Halb- Unciale saec. VI Lyon 372, im Sessorianus LV, im Rehdigeranus der 1) Sitzungsberichte der Wiener Akadernie CVIII 247. .) Ober Hübner n. 90 vgl. oben S. 195. 200 L. Traube, Evangelien, in einer Randschrift der Freisinger Evangelien des Vale- rianus, desgl. in einer alten Beischrift zum Augustin Rom. Ottob.lat. 319, und auf der Inschrift einer römischen Katakombe, die frühestens aus dem 6. Jahrhundert stammen solI (Zettinger, Römische Quartalsehrift XVI, 1902, S. 341). Der Genetiv sing. fern. ist seaë, oft aber auch see. I) Vgl. darüber unten S. 237. 4. SCT. und SCTS. Neben se. bestand aueh die Bildung set., die aus sanetus ebenso gewonnen worden war, wie etwa nst. aus noster. Erhalten ist sie nur auf dem afrikanischen Ziegel (Bullett. IV 3 tav. III 2): SCT MARIA AIUBA NOS, der ins 6. Jahrhundert ge- setzt wird. Zur Suspension set. gehört die Kontraktion sets . Es ist wesent- Iich, daB die Beispiele spaniseh und südfranzösiseh sind: T oletanisch a. 587 (?) ein Stein mit ECLESIA S CT E MARIE (Hübner, Inscr. Hisp. Christ. 155); aus Lyon, Paris lat. 8913 saec. VI/VII, wo ses das ge- wöhnliche ist, aber fol. 1 sets ponti/ex steht. Für die Bestimmung des Hilarius Verona XIII (11) saee. VI, der nach ZingerIe neben ses aueh sets hat, kann das wichtig seine 5. STS . Für die seltene Kontraktion sfS ist eine Suspension st. voraus- zusetzen, die sich bisher mit keinem Beispiel belegen läBt. Man konnte schwanken, wo in sanetus die Silben zu trennen seien, ob vcr e oder vor t. Darf man nach der Verbreitung der Kontraktion sts schlieBen, so wurde st. in Afrika gebildet oder war dort verbreitet gewesen. Für den afrikanischen Gebraueh von sts sprechen die Inschriften: HIC MEMORIA STI FELl CIS und HIC MEMORIA STI IVLIANI (Mélanges d'archéologie et d'histoire XXIII 17 und 19). Ferner, daß im Palimpsest aus Fleury, Paris lat. 6400 G mit Resten aus der Apo- 1) Vgl. oben S. 196. Auch ausgeschrieben kommt freilich SANCTE MEMO- RIAE nicht selten vor, z. B. in Nol a. 553 (CIL. X 1357) und in Lod{ a. 575 (CIL. V 6401), als handelte es sich urn ein Wort (vgl. lerre molus und bone memorius). Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 201 kalypse, der Apostelgeschiehte und den katholischen Briefen, a stõ (1 Joh. 2, 20) und stï homines (2 Petro 1,21) geschrieben wird. 1 ) Wenn im Freisinger Pentateuch, Mílnchen lat. 6225, immer stm statt s em steht, wie Ziegler beobachtet hat (siclum stm Num. 7, 43. 49. 61. 67. 73; populum stm Deut. 28, 9), so mag man dieses Merk- mal bei der Bestimmung der Herkunft heranziehen. Freilich hat auch Montpellier (Autun) 55 saec. VIII, wie Krusch anfílhrt, sfii Oerdrudis (SS. Merow. II 453). Andere Beispiele aus älterer Zeit, wie ST AE RECORDA TIONIS in einer Trierer Grabschrift saec. VI, die nur auf Browers Zeugnis beruht (Kraus, Die christl. Inschriften der Rheinlande II 402), sind sieher verunechtet. 6. SANC. und SANC& Sehr verbreitet war einst sane. für sanetus, gebildet wie dome von dominus; es wechselte mit se., konnte aber neben der be- quemeren Bildung sieh nieht behaupten. Aus Rom stammt das wohl ä1teste epigraphische Zeugnis: DEO SANC VNI, eine Inschrift von häretischer Färbung, die an der Via Latina ge- funden wurde (Rossi, Bullett. IV 86, vgl. Nuovo Bullett. IX 313). Stadtrömisch sind auch zwei datierte Inschriften a. 521 (oder 525) und 522: A PRESVITERIS (521, A PETRO PRESVITERO 522) TITVLI (521, TTL 522) S ANC . (521, ohne Punkt 522) CRISOGONI (Rossi, Inscr. Christ. I 975 und 977). Eine Mailänder Inschrift a. 525 (CIL. V5683) bietet SANC- M . ADEODA TVS PREBS ; vgl. dazu eine dalmatinische CIL. III 14895. In Nola fand sich die Grabschrift a. 484 (CIL. X 1344): DEP' SANC' FE . LI . CIS. EPC. Auf dem älteren Reliquiar von Grado (Rossi, Bullett. II 3, 156) steht: SANC. MARIA. SANC. VITVS u. s. f. Aus Afrika stammt die Aufschrift eines Reliquiars a.474, das jetzt dem Louvre gehört (P. Lejay, Revue d'histoire et de littérature 1) Berger, Le palimpseste de Fleury, Paris 1889, p. 11, sagt, daß auch scs in der Handschrift vorkomrne, wofür ich sichere Beispiele verrnisse. Vgl. über die Handschrift oben S. 191. 202 L. Traube, religieuses VIII 599): MEMORIE SANC MARTIRVM LAVRENTI IPPOLITI u. s. f. Auch auf spanischen Inschriften begegnet die Form, bei Hübner, Inscr. Hisp. Christ. 157 saec. VI? (SANC. VINCENTI MARTERIS) und ebd. 165 a. 680? (S ANC . . vitAM in einer metrischen Grab- schrift). Wenn nun im Purpureus der Evangelien, Verona VI (6), de spa . s ane I to steht, so sieht man, daB der Schreiber ursprünglich die alte Kurzform setzen wollte, nach dem Zeilenschluß aber in die aus- geschriebene Form überging. Die Kontraktion sanes, die zur Suspension sane. gehört, hat sich bisher nur einmal in Afrika gefunden. Mosaikmedaillons in einer altchristlichen Kapelle zu Karthago (Nuovo Bullett. X 281) haben als Beischriften: SANCS SPERATVS, SANCS ISTEFANVS, SANCT SIRICA, SANCS SA TVRVS, SANCS SA TVRNINVS. Man beachte die Unterscheidung der Genera: SANCT steht vor dem Femininum, SANCS vor den Maskulinis. 7. SAN CT., SNCT., S NCS. Die Bildung sand., die wir soeben auf einem afrikanischen Mosaik angetroffen haben, finden wir wieder im Lactantius Bologna 701 saec. VI-VII: sanel. et ineorruptibilem spiritum (ed. Brandt I 286, 7). Eine vielleicht aus sanet. verkürzte Form snet. ist einmal überliefert in dem Cyprian-Fragment Orléans 192 (169) fol. 1: sps. snet. 1 ) Zu snet. mag die Kontraktion snes gestellt werden, die auf einer spanischen Inschrift saec. V-VI begegnet: SNCE ECCLESIE VALEN- TINe (Hübner, Inscr. Hisp. Christ. n. 184). 8. SAC. und SACS. Aus der Kontraktion sacs müssen wir eine ursprüngliche Sus- 1) Vgl. über diese Handschriften oben S. 51. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 203 pension sac. erschlieBen, obgleich das Recht einer solchen Bildung nicht einleuchtet. 1 ) Tatsächlich steht auf einem Grenzstein, der jetzt im Lateranischen Museum ausgestellt ist und von Rossi (Bullett. III 2, 17) ins 6. Jahr- hundert verwiesen wird: LIMES IVRIS BASILICAE SAC ANDRAE ET STEFANI. Für die Kontraktion fand ich drei Beispiele. Auf einem afrika- nischen Reliquiar (Mélanges d'archéologie et d'histoire XXIII 15) gibt eine nicht ganz klare Aufschrift saec. VI (?): HI SACS . In Berlin (Lyon) Phill. 1745 saec. VII steht fol. 68 sedis apostolica saca. Paris la1. 4627 saec. IX gibt in den 'Cartas Senicas', die man als Formeln aus Sens deutet: domne (= domnae) sac hac (= ac) reverentissimae (Formulae Merowingici et Karolini aevi ed. Zeumer p. 190,21). 9. SCSS., SCISS. Einer späteren Zeit blieb es vorbehalten für den Superlativ sanctissimus, der in der Rede häufiger wurde, eine geeignete Kurz- form auszudenken. In einfacher Weise hilft sich der Schreiber von Wolfenbüttel Weiss. 99 saec. VIII. Er gibt 2) sclsmi für san ctissim i, wie er auch (aber hierin mit andern übereinstimmend) karmi für karissimi schreibt; doch karmi ist reine Kontraktion auf Grund der Suspension kar., die Kontraktion scismï ist an die Kontraktion scíS angelehnt. 1m Liber diurnus (ed. Sickel 74, 8) ist scss episcopo meo eine geschickte Ausgestaltung der Suspension sc. Wieder auf der Kon- traktion Scl beruht die Form sciss, welche allgemeinere Gü1tigkeit gehabt zu haben scheint; vgl. die stadtrömische Inschrift a. 741-52 SCISS . ZACCHARIAE PRESVLIS (Grisar, Analecta, tav. IV 2), ad jjfa"i: SclSS. pontif im Liber Pontificalis Lucca 490 c. a. 800, SClSS in einer Urkunde a. 1362 bei Walther Lexicon diplomaticum p. 359, 26. 1) Vi ell elcht zog man SAC J eine bekannte richtige Suspension von sacrum, heran. ') kh benutze zu dieser Feststellung Walthers Bild 1m Lexicon diplomaticum 359, 25. 204 L. Traube, 10. Falsche Anwendung der Kurzformen. Wie oben S. 199 hervorgehoben, wurde der Gebrauch von scs allmählich ganz allgemein und beschränkte sich keineswegs mehr auf die Stelle neben sps. Die Form steht vor aHem überall in der Titulatur, wobei es dann freilich leicht unterlaufen konnte, daB auch sc cupido in einer sehr weltlichen Anrede Amors gesetzt ward, wie im Codex Salmasianus der Anthologia latina. Andersartig ist der Fehler in folgender Schreibung des Lugdunensis der Con cilia, Berlin Phill. 1745 saec. VII: quibus bis in anno, quod nobis pro temporum qualitate diffecele est, san est conuiniri. b) NOSTER. 1. Vorbemerkung. Die Geschichte der Kürzung von noster habe ich zuerst in den Sitzungsberichten der phil. und hist. Kl. der bayer. Akademie d. Wiss., 1900, S. 497-538, zu zeichnen und mit den nötigen Belegen zu ver- sehen gesucht. Sie steht in festestem Zusammenhang mit den Schick- salen der verschiedenen Kürzungen für dom"inus. Überliefert war das klassische D. N. (dominus noster) in der Titulatur der Kaiser. I) Erhielt in dieser Verbindung dominus christliche Be- deutung und Form, so konnte es nicht ausbleiben, daB man sich bemühte, auch die Suspension für noster zu einer Kontraktion um- zuarbeiten. Die verschiedenen Versuche, die dahin führen sollten, die dadurch bewirkten MiBverständnisse, die örtlichen Unterscheidungen, die zu unserm Nutzen daraus entsprangen, überhaupt die gerade hier sehr weitverzweigte geschichtliche Entwickelung, durch die allmählich das Personalpronomen sich den Nomina sacra zugesellte und dann auch wieder selbständig wurde und sieh löste, bildete den Inhalt meiner eben erwähnten Arbeit, die hier mit wenigen Auslassungen und sehr vielen Zusätzen wiederholt wird. 2 ) Zu noster gehört uester; aber noster zieht die Abkürzung von uester erst nach sieh. Deshalb fehlen in der Entwickelung der Kür- 1) Vgl. oben S. 186. 2) Zurn Teil wird dadurch den Ausführungen des nãchsten Paragraph en vor- gegriffen. Es war das aber nicht zu verrneiden, wenn ein Gesarntüberblick über die Geschichte der Kürzung von nosier an ei n er Stelle gegeben werden soIlte. Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 205 zungen von uester einige der ersten Stufen. So habe ich Ii us us"i nirgends gefunden. Ebenso ausdrücklich will ich aber erklären, daB uï urt ui ur"i ues neben den entsprechenden Bildungen nt nri u. s. w. manchmal auch da vorkommen, wo ich sie nicht besonders anführen werde. Der Kürze halber sage ich oft 'n,. nrt u. s. w.' oder 'nl u. s. w.' oder ähnliches; zu ergänzen ist dann jedesmal die Fort- führung der Deklination durch den Singularis, also 'nr nrï nro nrm' und 'nt no n m '. 1m selben Sinne spreche ich vom 'Typus nt' und meine zunächst die Formen nt no n m , und vom 'Typus nrl' und meine dann nrt nro n rm . Über den Nominativ solI in diesen Fä11en nichts ausgesagt werden. 2. Grund der Kürzung. Theoretische Möglichkeiten. Die Entwickelung der Kürzungen von noster ist ungemein reich. Das kommt daher, weil auch in den Zeiten, die sich gegen die Abkürzungen im allgemeinen ablehnend verhielten, bei noster immer ein Grund zur Kürzung vorhanden blieb. Und das war die Stellung von nosier sowohl in der staatlichen als in der gottesdienstlichen Anrede: dominus noster imperator Caesar steht auf der einen Seite, dominus noster lesus Christus auf der anderen. Die althergebrachte Abkürzung der römischen Formel veranlaBte und beeinfluBte die der christlichen. Da, wie wir wissen, von den beiden Arten der Kürzung die Suspension die früher ausgebildete und eigentlich antike ist, die Kontraktion dagegen die spätere und eigentlich christliche, so wird man es verstehen, daB die Suspension von vornherein das Gebiet der staatlichen Anrede beherrscht und auch auf das der gottesdienst- lichen übergreift, daB andererseits die Kontraktion das der gottes- dienstlichen sich zuerst erobern muB, mit der Zeit aber sich überall durchsetzt und die Suspension aus nosier überhaupt verdrängt. Es wiederholt sich also hier der bei dominus geschilderte ProzeB. Die theoretisch vorhandenen Möglichkeiten der Abkürzung waren folgende, auf Grund der Suspension: n. ns. nt. nst. nos. nost. no. der Kontraktion: nr nsr nfi nstr nosr nost,. nor 206 L. Traube. Es wäre nicht rätlich, diese Fälle aIle einzeln und der Reihe nach durchzusprechen. Etwas anderes ist die systematische Zusammen- ordnung der möglich gewesenen Bildungen, etwas anderes der hier unternommene Versuch, die tatsächlich benutzten in der Verkettung ihres historischen Zusammenhanges vorzuführen. Ich stelle mich dabei auf den Standpunkt, daß vor allem erkannt werden muB, wie die für uns wichtigste Stufe (das ist die in der karolingischen Zeit endgültig angenommene, sehr unregelmäßig gebildete Abkürzung nr nrï u. s. w.) allmählich erreicht worden ist. Wir stoBen dabei, wie von selbst, auf aIle die Formen, die in der Überlieferungsgeschichte der Schriftsteller durch ihre Mehrdeutigkeit Verwirrung gestiftet haben und daher eine besondere Aufmerksamkeit beanspruchen. 3. Die Kürzung N-. An der Spitze der Entwickelung steht n. = noster. Es ist überflüssig, dies aus der römischen Titulatur d. n. (dominus noster), dd. nn. (domini nostri), ddd. nnn. (domini nostril wo es sich urn drei handelt) u. s. w. eigens zu belegen; vgl. oben S. 186 ft. Der Gebrauch von n., in dieser und alIen möglichen andern offiziellen Anreden und Benennungen (auch der Päpste), erhäIt sich lange, besonders in Ur- kunden und auf Inschriften. 1 ) Von hier lag die Übertragung auf das gottesdienstliche Gebiet nahe, und in der Verbindung dominus noster lesus Christus wurde zunãchst die Suspension n. eingeführt, obgleich dominus (in diesem christlichen Sinne) und lesus und Chrlstus bereits durch Kontraktion gekürzt wurden, so daB also zuerst die unorganischen Gebilde ent- standen: dfis n (oder n. oder . n., denn so wurden die Suspensionen damals schon geschrieben) ihs xps, dnï n ihu xpï u. s. w. Sehr bald aber wirkte die Umgebung und das Bedürfnis nach Klarheit. Die Suspension n wurde aufgegeben, und an ihre Stelle trat in den Casus obliqui die Kontraktion nl no nm. Seit diesem Ausgleich bildete man also dnï nï ihü xpi u. s. w. Länger erhielt sich n als Bezeichnung des Nominativs. Die so entstandene metaplastische 1) So schrieb Petrus Presbyter auf der vorderen ArchivoIte des Ciboriurns in S. Apollinare in Classe noch irn 9. Jahrhundert: DNI' N . IHV . XPI (Ricci. Ravenna p. 252; Kuhn, Allgemeine Kunstgeschichte S. 307). Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 207 Deklination n nl no nm hat nichts Auffälliges; aueh in der Abwand- lung von dominus misehen sich in gleieher Weise Kontraktion und Suspension (vgl. oben S. 178-185). Ein Grund liegt wohl immer vor: wenn man bei dominus meiden wollte dmm zu setzen,1) so genügt bei noster der Hinweis darauf, daB man vor nr (dies wäre doeh für den Nominativ die natürliehe Folge der Genetivbildung nï gewesen) einst- weilen noeh zurücksehreekte, da man nur erst tIS, dns (oder dms), ihs, xps, sps, also lauter Bildungen auf s anerkannte. Man kann nl kurz als Analogiebildung zu dnï bezeiehnen. Der Typus ni ist in den Uncialen und Halb-Uncialen des 6. Jahr- hunderts schon so häufig, daB bei Handschriften, die in der Ver- bin dung mit den Nomina sacra nur die Suspension ii zulassen, ohne weiteres auf hohes Alter gesehlossen werden könnte, wenn nieht die feste Datierung der einen von ihnen, des Codex Bonifatianus 1, der nur dnï . n . ihri xpï kennt, zeigte, daB auch diese Form bis in die Mitte des 6. Jahrhunderts sieh erhiel1. Aber sieher sind die folgenden Uncialen und Halb-Uncialen, die im Nominativ und den Casus obliqui . n. (Priscillian, Evangelienharrnonie, Orosius) oder n. (Heptateuch, Hilarius Veron., Hilarius Lugd., Epistulae Pauli) oder n (die übrigen) haben, aIle noch aus dieser Zeit und einzelne von ihnen noeh etwas ä1ter: Rufinus Wi en 847, Hilarius in Ps. Verona XIII (11), Heptateueh aus Lyon (dort 329), Paris la1. 8907 in der berühmten Randschrift, Priscillian Würzburg Mp. tho q. 3, Evangelienharmonie in Fulda Boni- fatianus 1 (c. a. 540), Claromontanus bilinguis der Epistulae Pauli (Paris gr. 107), Augustinus in Ps. Lyon 352, Hilarius in Ps. aus Lyon (dort 381 und Paris n. a. la1. 1593), Hilarius in Ps. S1. Gallen 722, Orosius Laur. 65, 1. Es gibt aber auch etwas jüngere Handsehriften, die den Ge- brauch fortsetzen: Sacramentarium Leon. Verona LXXXV (80), Lac- tantius Bologna 701, Hieronymus Regin. la1. 2077 (beide saee. VI bis VII), Cassianus Autun 24 (es ist wohl eine französisehe Halb- Unciale saec. VII), Gennadius Ambros. O. 212 sup. (eine irisehe saec. VII oder VIII). Ûber andere werde ieh spreehen, wenn ieh die 1) VgI. oben S. 170. 208 L. Traube, Bildung des Genetivs nï und ihren Kampf mit der Bildung nrï näher betrachte. 4. Mißverständnisse illl Gefolge von N. Etwas anderes als dieser bewuBte Gebrauch ist es, wenn Htngst veraltetes n aus ä1teren Handschriften in jüngere durch zu genaues oder gedankenloses Abschreiben eindringt. So steht in München (Regensburg) la1. 14540 saec. VIII/IX áiio n unigenito, wo eine spätere Hand ro hinter n eingefügt. 1m Vatic. la1. 5007 (aus Neapel) wird nachträglich zwischen domino und ihli xpo ein n eingefügt. Jüngere Handschriften des Augustin setzen öfters n für noster und die Kasus: z. B. Metz 139 saec. XI und wahrscheinlich Salzburg A. VII 31 saec. XII de fide et symbolo c. 8 (vol. XLI p. 17, 16 im Wiener Corpus scriptor. eccles.), Laon 135 saec. IX de opere monachorum c. 4 (XLI 538, 16). Man kann in allen diesen Fällen als sieher hinstellen, daß n dem Archetypon angehört, daB der Schreiber des betreffenden Apographon sich über seine Bedeutung keine Rechenschaft ablegte und einfach schrieb, was er fand. Dachte er aber nach, ohne vom Latein mehr zu kennen als das, was sein Beruf verlangte, nämlich die Form der Buchstaben und die Bedeutung der Abkürzungen, so lag eine Gefahr nahe, die man früher offen bar gering geschätzt hatte. Seit der ältesten Zeit wurde nämlich auch non durch n ausgedrück1. Nun war wohl anfänglich n (noster nostri u. s. w.) durch seine Beschränkung auf die Nähe von dominus, deus u. s. w. zur Genüge geschützt; aber es kam die Zeit, wo n für das Auge eines Schreibers nur noch non bedeutete. Und da brachte denn die Vorlage, in der n noch für noster nostri u. s. w. stand, arge Verwirrung in die Abschrift und oft in die ge- samte Überlieferung des betreffenden Schriftstückes. Ich belege das mit einigen Beispielen aus der Überlieferung des Irenaeus, Cyprian us, Ambrosius, Cassianus und Ennodius. Iren. la1.1) III 3,4 (ed. Harvey II 12): qui dominum nostrum viderunt 1) Ich verdanke die Irenaeus-Stellen einem gütigen Hinweis C. H. Turners. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 209 qui dominum non viderunt Berlin (Corbie) Phill. 1669 saee. IX. Iren. la1. III 5, 1 (II 18): veritas ergo dominus noster exist ens veritas ergo dominus non existens Berlin Ph ill. 1669. Cyprian. ep. LXIII 18 (ed. Hartel 715, 22): domini nostri verba domini non verba Paris la1. 1647 A saec. IX und München la1. 208 saec. IX. Cyprian. ep. LXX 3 (769, 19): a Christo domino nostro a Christo domino non Wien (Lorsch) 962 saee. IX. Ambros. de Noe 27 (ed. Sehenkl I 483,21): dominus deus noster dominus deus N Paris la1. 12137 saec. IX dominus deus non Troyes 284 saec. XII etc. dominus deus (ohne non) die jüngeren. Ambros. de Noe 29 (488, 4): domini dei nostri domini dei non Paris la1. 12137 saec. IX domini dei nostri non Paris la1. 1723 saec. XIV. Ambros. de Abraham II 7 (594,5): a domino deo nostro a domino deo non Paris la1. 12137 saec. IX. Cassian. eo11a1. XXI 22 (ed. Petschenig II 595, 25): dominus noster dominus non 1) München (Benediktbeuern) la1. 4549 saec. IX und (Freising) la1. 6343 saec. IX. Cassian. colla1. XXlIII 19 (695, 10): domini nostri dilectione domini n dilectione Münehen la1. 4549 saec. IX domini non dilectione München la1. 6343 saec. IX. 1) Orium ex antiquissimo conpendio N pro 'nosier' bemerkt der treffliche Herausgeber. Quellen u. Untersuch. z. lat. Philologie des MA. II. 14 210 L. Traube, Ennod. LXI (ed. VogeP) 74, 14): Christo deo nostro (so vermutet Hartel) christo deo non Brüssel 9845 saec. IX, Vatican. la1. 3803 saec. IX/X etc. christo deo nunc Regin. lat. 129 saec. XIV etc. Ennod. LXXX (101, 8): apud deum nostrum agere apud deum non agere Brüssel 9845 saee. IX. Ennod. LXXX (106, 16): cum Laude dei nostri cum Laude dei n. Brüssel 9845 saec. IX etc. Ennod. LXXX (106, 33): deus noster deus n. Brüssel 9845 saec. IX etc. deus non Regin. lat. 129 saec. XIV. Ennod. LXXX (109, 16): apud redemptorem nostrum apud redemptorem n. Brüssel 9845 saee. IX etc. Ennod. LXXX (101, 19): in regni nostri circuLo in regni non circuLo Brüssel 9845 saec. IX. Das letzte Beispiel zeigt den ursprünglichen Gebrauch schon etwas verschoben; es geht aber trotzdem sieher auf das Archetypon zurück. Dasselbe gilt von folgenden Stell en aus Cyprian. ep. XLV 3 (602, 15): secundum consilium nostrum secundum cons ilium non Wien 962, Troyes 581 saee. IX etc. Cyprian. ep. XLV 5 (603, 11): ad clerum istic nostrum et ad pLebem 1) Auch dieser Herausgeber hat p. XLVII den Grund der Verderbnisse erkannt. Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 211 ad clerum istic non et ad plebem Ambros. (Bobbio) D. 519i. saec. VI1) und Troyes 581 ad clerum istic nec non et ad plebem Paris la1. 1647 A. Ambros. in Luc. IV 6 F (vol. IV p. 142, 6): nostro periculo Adam scientiae boni et mati famem solvit non periculo Adam scientiae boni et mali famem solvit München (Freising) la1. 6273 saee. IX, München (Oberaltaich) la1. 9543 saee. IX. Coneil. Epaonense a. 517 cap. XV (ed. Maassen 22, 14): cum ullo clerico nostro cum ullo clerico n Vatic. la1. 3827 saec. X cum ullo clerico non Berlin (Ham.) 435 saec. VIIt IX und Paris lat. 3846 saec. IX. Ebenso gehört hierher eine merkwürdige Stelle aus Cassiodor. orthogr. II (ed. Keil VII 154, 11): nobis satius est alieno bene uti quam nostro eleganter 2 ) nobis satius est alieno bene uti quam N etigantur Köln 83 saec. X nobis satius est alieno bene uti quam nro ineliganter Brüssel 9581 saec. XI nobis satius alieno bene uti quam non ineliganter Bern 330 saee. X Ferner kann hierher gerechnet werden: Seneca dialog. IX 3: in opere esse nostro longe pulcherrimum est (so schreibt riehtig Gertz) in opere esse non longe pulcherrimum est Ambros. C. 90 info saec. XI in opere esse longe pulcherrimum est jUngere Hand- schriften. Damit sind wir ganz zurückgekehrt in die Sphäre des noch eeht römisehen Gebrauehes. Die Überlieferung des Symmachus gibt Ge- t) C. H. Turner machte rnich auf die Stelle aufmerksam und gab mir die Lesart des Bobiensis an. 2) So ist zu lesen trotz p. 157,29; nicht ineleganter, wie Keil gibt. 14* 212 L. Traube, legenheit, zu zeigen, daB die richtige Wiedergabe der staatlichen Titulatur noch gröBeren Gefahren ausgesetzt war, als die der rein christlichen, da die Tradition hierin viel spärlieher, die Kenntnis daher viel geringer war. Symmach. ep. IV 9 (ed. Seeck 101, 11): domini et principis nostri Honorii domini et principis Ii honorii Paris la1. 8623 saec. IX. Symmach. ep. IV 67 (121, 28): principem nostrum principem non Paris la1. 8623 saec. IX. Symmach. ep. V 34 (132,26): ad d. n. clementissimum principem ad áïï clementissimum principem Paris la1. 8623 saec. IX ad eum clementissimum principem Rom Pal. la1. 1576 saee. XI ad clementissimum principem das Florilegium. i 0 m 5. Die Kürzung N Nl) N. Es ist gesagt worden, daB Ii (noster) wegen der Gefahr einer Verwechselung mit Ii (non) eine beschränkte und bedrohte Stellung hatte; hiezu kam, daB, wenn man das erste Ii auBerhalb des festen Gefüges gebrauchte, leicht Unklarheit über den gemeinten Kasus ent- stehen konnte. Das hatte in der juristischen Literatur dazu geführt, die Kasus-Endungen dadureh zu bezeichnen, daB man den End- buchstaben des betreffenden Kasus in kleinerer Schrift über das n setzte; Damit war ein neuer Weg beschritten worden, der ebensowohl zu gröBerer Deutliehkeit als zu sehr gesteigerter Gebrauchsfähigkeit führte. So geschrieben finden wir a n (nostra) im Veronensis des Gaius, und die Handschriften der Notae iuris be- legen diesen Gebrauch noeh mit anderen Kasus, wenn sie sieh dabei a uch zahlreicher Schreibfehler schul dig machen. o 1) Ober N als Nominativ vgl. unten S. 232 f. Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 213 Die Abkürzung eines Wortes durch den Anfangsbuchstaben und den über den Anfangsbuchstaben geschriebenen Endbuchstaben ist im juristischen Gebrauch nicht selten. Kurzschreibungen wie o a 0 C u (uero), q (qua), m (modo), n (nunc), die dorther ihren Ausgang genommen haben (womit ich nicht sagen will, daB sie auf geradem Wege aus dem juristischen Gebrauch in die karolingischen Handschriften kamen, vgl. unten S.240ff.), sind dem Paläo- graphen recht geläufig. Weniger bekannt dürfte es ihm sein, daB man zu einer Zeit, als die regelmäBige Kontraktion noch nicht begonnen hatte oder noch nicht durchgedrungen war, in viel allgemeinerer Weise diese Art der Abkürzung einzuführen, wenigstens den Versuch gemacht hat. Ich denke an Turin G. VII 15, in welcher Handschrift die Nomina sacra der Itala-Fragmente durch eine ähnliche Notation die Unter- scheidung ihrer Kasus erhaltenj vgl. oben S. 138 ff. Doch ich muB mich hier auf noster beschränken. Ein Beispiel des soeben berUhrten Gebrauches findet sich in Lyon 413, einer Halb- Unciale des 6. Jahrhunderts.' Sie schreibt für dominum nostrum fol. 212 und 213 dom n, aber fol. 207 und 208 v m do m (oder dmn.) N. An dieser Stelle kommt mir ein freundlicher Hinweis von Alfred Holder zu statten. Die Überlieferung von Caesars Bellum Gallicum ruht bekanntlich auf zwei ziemlich weit auseinandergehenden Hand- schriften-Klassen, a und ß. Aber auch die Klasse a selbst hat wieder eine doppelte Überlieferung; d. h. die vier Handschriften, aus denen sie besteht, haben zwei getrennte Archetypa, B' und A'. Nun kürzte das Archetypon B', auf das zwei von den vier Handschriften zurückgehen, nämlich Paris (Fleury) lat. 5763 saec. IX und Vatic. (Corbie) lat. 3684 saee. X, noster in der eben besprochenen Art. Denn statt nostri & hatte B' fast regelmäBig entweder n oder nisi oder nihil oder nim, statt nostro aber non. Man könnte non ja auch mit bloBem n oder no erklären, nim ebensoleicht mit nï. Aber für n (und daher ent- standenes nisi) und für nihil reicht diese Erklärung nicht, und eben- sowenig für die Corruptel von nostrum in bell. Gall. III 20 und fUr folgende Stelle in 214 L. Traube, Caesar bell. Gall. VII 73: opera nostra Galli temptare A' ß a opera . II. Galli temptare B'. Es ist dann freilich nicht nur a, sondern auch noch B' als eine alte vorkarolingische Handschrift und zwar etwa des 6. Jahrhunderts aufzufassen. Möglich, daB eben hierher gehört eine seltsame Überlieferung in Cassian. collat. XlIII 19 (ed. Petschenig II 423, 25): dispensatoris nostri dei dispensatoris nisi dei, so hat Petersburg (Corbie) O. I 4 saec. VII von zweiter Hand. ') Die gallische Inschrift CIL. XII 5343, wo domni nostri Athanagildi so geschrieben ist, daB statt des ersten Wortes ein d, statt des zweiten ein n, beidemal mit einem i in diesen ersten Buch- staben, steht, darf dagegen nicht einbezogen werden, da diese tel- lung des i auf epigraphischer Gewöhnung beruht; sie kann eher als ein Beispiel des Gebrauches von nï für nostri gelten, zu dessen Fest- stellung wir jetzt übergehen. 6. Die Kürzung NI NO NM. Es kamen nämlich, wie bereits vorher erwähnt wurde, zur Be- zeichnung der Kasus von noster schon im 6. Jahrhundert die Formen: nï no nm auf (wohl zunächst diese allein, die Pluralbildungen sind vielleicht etwas späteren Ursprungs). Sie begegnen von nun an zu- sammen mit n, wobei entweder das Prinzip festgehalten wird, daB n für noster steht, die andern Formen für die Casus, die sie unmittelbar veranschaulichen, oder es tritt n noch hie und da auch für die Casus obliqui ein. Bisweilen scheidet n ganz aus; der Nominativ wird dann ausgeschrieben oder durch eine andere Bildung ersetzt, wie wir später zu erörtern haben werden. Der Zeitansatz müBte anders lauten, wenn E. Hübner Recht hätte. Er liest (lnscr. Hisp. Christ., Suppl. n. 312) auf einem Stein von Mertola in Portugal a. 489: IN PACE DOMINI N(OSTR)I IES(U) CHR(IS)TI. Aber auf seiner Abbildung steht N, nicht NI; und das stimmt sehr gut zu dem folgenden fHs, einer Sus- 1) Sed rursum deletum,. uid. fuisse Nis = nostris sagt Petschenig. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 215 pension, während die Kontraktion IHU lauten müBte; wie Christi geschrieben ist, kann ich genau nieht erkennen, ieh denke: XP und nicht XPl. l) Mein frühestes Beispiel ist der Hilarius Basilicanus vom Jahre 509/10. Dieser nicht italienischen Handschrift, die also sogar noch für ein etwas höheres Alter der Einführung des neuen Ge- brauches sprechen könnte, lasse ieh die italienischen folgen, und zwar von Halb-Uncialen saec. VI: Verona XXII (20), LIX (57), LIII (51), Mailand O. 210s., Turin G. V26, Vatie.lat. 5750, Turin F. IV 1,4 (diese letzten vier früher in Bobbio), Rom Sessor. LV, Paris lat. 13367; von Uncialen saec. VI: Wolfenbüttel Weiss. 64, Vatic. lat. 5757 (früher in Bobbio), Oxford Bodl. eMus. 100sqq. (früher in Fleury). 7. Aufkommen der Kürzung NRI NRO NRM Also im 6. Jahrhundert kamen die Formen nï no n m in Italien auf und wurden neben dem absterbenden n die gebräuchlichen Kürzungen von nosier. Diese T atsache wird bestätigt durch den Befund der nieht italienischen Handschriften: die insularen und die französischen, mithin diejenigen, die von der italienischen Gepflogen- heit dieser Epoche abhängeri (wenn auch beide in verschiedener Weise), haben am Beginn ihrer eigenen Entwickelung, ebenso wie die italienischen, n und nl riO n m ; die spanischen Handschriften, also diejenigen, deren Eigentümlichkeit bedingt ist durch eine etwas frühere Lostrennung von Italien, kennen diese Formen nicht, sondern andere, die auf die syllabarische Suspension ns zurückgehen. Sind diese Verhältnisse einfach und in ihrem Zusammen- hang leicht zu verstehen, so bietet die weitere Entwickelung dem Urteil eine gewisse Schwierigkeit. 1m 8. Jahrhundert nämlich tritt sowohl in Italien als in Frankreich (und in Deutschland) und in der insularen Schreibkunst nil nro n rm an die Stelle von nï no nm. Der Typus nï wird nicht gleich endgültig beseitigt, aber man kann sagen, daB die Neubildung nrt u. s. w. im 9. Jahrhundert überall durchgedrungen ist und die alte Abkürzung anfängt, zur gröBten Seltenheit zu werden. Der Grund der Änderung ist klar: wie wir später sehen werden, boten die ä1teren Formen mannigfache Gelegen- 1) DOMINI N IHS XP las auch der Herausgeber im Bulletin de la Société des Antiquaires de France 1881 p. 105; vgl. Le Blant, Nouveau Recueil des In- scriptions p. 258. 216 L. Traube, heiten zum MiBverstehen, denen die Neuerung aus dem Wege geht. Wer aber hatte diese Neuerung ausgedacht? Wer die Losung zu ihrer EinfUhrung gegeben? Wessen Wort war damals auf diesem Gebiete so stark, daB es in nicht zu langer Zeit eine förmliche Um- wälzung herbeifUhren konnte? Hier birgt die vorurteilsfreie Behand- lung des kleinen Problems in sich auch die Antwort auf paläo- graphische Fragen von viel gröBerer und allgemeinerer Bedeutung. Es ist daher jeder Schritt mit der gröBten Vorsicht zu setzen. Von vornherein scheinen drei Annahmen möglich zu seine Entweder: die Bildung nrï war eine alte, die man überall gekannt, nur hinter der kürzeren nï hatte zurUckstehen lassen: sie brach mit elementarer Kraft wieder hervor, als nï zu weiterer Verwendung un- geeignet geworden war. Oder: die Neuerung geht von Rom aus. Oder: die Neuerung kam aus dem Kopfe eines findigen Insularen. Jede dieser Erklärungen hat ihr Bedenkliches. Zunächst gilt es, die Tatsachen vorzuführen. 8. Kampf zwischen NI und NRI in Italien. Mit dem italienischen Gebrauch steht es so. Rom (b. Mariae sedis Abruptiensis) Barb. XI 148 saec. VIII gibt per dnm n ihii. xpm, in xpo ihli dno no, in uno dno n ihli xpo. Die Urkunde aUs Ceneda a. 762 (vgl. oben S. 169) hat nï, níS, Ul. Agimund, der die Vaticani latt. 3835 und 3836 wohl im 8. Jahrhundert in Rom schrieb, gebrauchte neben n (noster und nostrt) und nm und no auch nro und n rm . Die wichtige Handschrift aus Farfa, jetzt in Rom Barb. XIV 52, hat nl nur vereinzelt, sonst immer nrï n rm nros u. s. w.; im Nominativ hat sie nr"i und nsr; nr steht einmal für nostrum. Sie gehört aber wohl schon ins 9. Jahrhundert. 1 ) Ebenso herrscht in der Unciale aus Settignano Barb. XIV 44 nr nrï. In den beneventanischen Handschriften, von denen z. B. Bamberg HJ. IV 15 in etwas frühere Zeit zurUckreicht, habe ich immer nur die Form nrï u. s. w. gefunden. Vaticanus lat. 4938, wohl saec. VIII aus Oberitalien stammend, hat neben nm schon die ganze FUlle von nrae, nre, uro (uestro), uras; daneben stand no fUr aIle Kasus, wurde aber, wo es den Nominativ ausdrücken soIl, später in ner, nos und nor verbessert. Der Diakon Theodosius, der Schreiber von Verona 1) Vgl. über nr"i unten S. 229 f. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 217 LX (58), ließ neben nosr, nr, nts und nos auch nrt zu; vor dem 8. Jahrhundert kann er nicht gut geschrieben haben, gewiß aber auch nicht später. Etwas ä1ter ist Verona X (8): hier ist nrt u. s. w. durch- geführt; Nominativ dazu ist nr und nor. Die Handschriften des aus- geprägten Veroneser. Stiles saec. IX haben aIle nur den Typus nrl. 9. Kampf zwischen NI und NRf in Irland und England. Die insulare Schreibweise ist zunächst nt u. s. w., daneben wohl noch hie und da fi.l) Die frühesten irischen Beispiele sind Ambros. C. 5 info (das Antiphonar von Bangor a. 680-691), Wien 16 2 ) und Neapel IV. A.8 (aIle aus Bobbio): sie flektieren nr (wie noster Z. B. im Antiphonar gekürzt wird) nur nach dem Typus nï. Noch Diar- mait schreibt so im Ambros. C. 301 inf.; aber sonst ist bei den irischen Schreibern im 9. Jahrhundert der Typus nrï durchgedrungen. Für den angelsächsischen Brauch haben wir das Zeugnis der Ur- kunden. So finden wir . fi. (nostrt) a. 692/93 in einer Urkunde Oethilreds (Facsimiles of Ancient Charters in the British Museum I 2); zahlreiche Beispiele für nt und 11:0 stehen in den Urkunden aller Reiche aus dem 8. Jahrhundert; sichere Belege für nrt scheinen erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts vorhanden, denn die aus früherer Zeit (a. 734 II 1, a. 759 II 2) kann ich für alt (d. h. original) nicht halten. Die Handschriften schwanken zunächst, z. B. das Psalterium der Salaberga (Berlin, Hamilton 553) hat nl (auch nam für nostram, nom und num für nostrum), außerdem aber auch fir, nrï. S1. Gallen 908 hat in der schönen wohl irischen Halb-Unciale, die auf S. 79 be- ginnt, öfters dn m n rm . Dies dürfte eines der ältesten insularen Bei- spiele seine 1m 9. Jahrhundert hat sich die Gesamtheit der insularen Schreiber zum Typus nrï bekehrt und kennt den Typus nï nur als seltene Ausnahme. 10. Kampf zwischen NI und NRI in Frankreich. Frankreich hat in der ältesten Zeit, soweit paläographische Zeug- nisse fUr sie vorliegen, d. h. seit dem 6. Jahrhundert, n (daneben 1) So dns . n. ihs xps und dnz . n. ihu xpï im Ambrosianus (Bobbio) O. 212 5., der nach Turner c. a.7oo-750 geschrieben ist. I) Deshalb ist iuga UQ in v. 311 des in dieser Handschrift überlieferten Priscian. in laud. Anast. natürlich rnit Denis als iuga vestra und nicht etwa rnit Baehrens als iuga vera aufzulösen. 218 L. Traube, auch andere Formen dieser Suspension) und nl u. s. w.; seit dem Ausgang des 7. Jahrhunderts wagt sich für nl die Neubildung not vor; der Typus nri kommt erst unter den ersten Karolingern auf. Auch hier ermöglichen die Urkunden, mit denen durchaus die Hand- schriften gehen, eine ziemlich genaue Zeitbestimmung. Für die älteste Zeit stehen, wie bekannt ist, nur Handschriften zur Verfügung. Diese stelle ich daher voran. Die berühmte Sammlung der Canones aus Corbie, Paris lat. 12097, zeigt erst in ihrem zweiten etwas jüngeren Teil, d. h. von fol. 139 v an, mehr Abkürzungen als die übliehen der Nomina sacra; aber auch dieser Teil gehört noch ins 6. Jahrhundert. Hier steht nOSe für noster und nostram, uesi für uester, no für nostro, nam für nostram. Aus Rom Reg. lat. 316, d. h. aus dem alten Bestand saee. VII, kenne ich no und n m , aus Rom Reg. la1. 9 saee. VII dnî ni ihïi xpl. Aus gleicher Zeit etwa stammt Paris lat. 12205, wo auGer na, no, n m , nls, n (nostrae) auch ns und nose, beide für nostris, be- gegnen. Der Augustin aus Luxeuil a. 669 hat nÏ. In der vorkaro- lingischen Schrift von Paris lat. 10756 und Bern 611, die zusammen- gehören und öfters ein schönes Beispiel von Kreuzung einer mero- wingisehen Schrift und des insularen Abkürzungssystemes abgeben,l) steht nm und nl; desgl. nl und ms in Berlin (Reims) Phill. 1743; n m in Paris lat. 10910; nae in Metz 134. Und so ließen sich viele Beispiele aus vorkarolingischen Handschriften anführen. Auch in frühen karolingischen ist der Typus ni noch sehr gebräuchlich. So in den Handschriften, die die ä1tere Schrift von Corbie zeigen, z. B. Donaueschingen 18 und Paris lat. 3836; auch in andern frühkarolingischen, wie Chartres 41 (3), Rom Reg.lat. 1040, Berlin Phill. 1667. Dagegen nr (und daneben andere Abkürzungen, über die ich später zu sprechen haben werde) für noster mit der Deklination über nri ist die angenommene Abkürzungs- bildung erst der karolingisehen Zeit, neben der der Typus nî zwar noch ziemlich spät vorkommt, wie z. B. vereinzelt in der Bibel des Vivian (Paris lat. 1) und im karolingischen Sakramentar des Domes von Novara (Monum. palaeogr. sacra, tav. XIV), im allgemeinen aber durchaus verschwindet. 2) Da es nun hauptsächlich französische 1) Vgl. Neues Archiv d. Ges. f. ältere d. Geschichtsk. XXVI 238 Anrn.2 und hier unten S. 222 Anm. 1. 2) Man stößt z. B. in S1. Orner 15 ganz wie in den weiter unten erwähnten Sangallenses auf die Umgestaltung des Typus nz zum Typus nTZ. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 219 Handschriften dieser Stufe sind, die uns wieder und wieder be- schäftigen, und die deutschen, die ihnen an Wert nicht nachstehen, die besprochene Eigenart mit den französischen teilen, so kann an dieser Stelle der besonders hohe diagnostische Wert des Typus nt hervorgehoben werden. In spätkarolingischer Zeit begegnet er überaus selten; in nachkarolingischer fand ich ihn nie. Aus den Urkunden führe ich nur an, daß nï, welches etwa von 653 bis 695, und noï, das von 692 bis ins 8. Jahrhundert hinein begegnet - aber natürlich könnten diese Zahlen bei einem genaueren Studium der Originale mit sehr viel gröBerer Bestimmtheit auftreten -, erst unter den Karo- lingern durch nT', nrï abgelöst werden. In der Urkunde Pippins vom Jahre 760 (Mühlbacher 90) fand ich nr, in der Karlmanns von 769 (Mühlbacher 117) nOse für nosier und nra, nrï, arï. Pippins Ur- kunde von 768 für S1. Denis (Mühlbacher 108) solI eine Nachahmung aus dem Anfang des 9. Jahrhunderts sein: in der Tat steht in ihr, seltsam genug, nose und arï zusammen mit damals wahrscheinlich schon gänzlich abgeschafftem noi. Karl der GroBe hat wohl nur noch nri u. s. W., aber für nosier noch oft nos 1-. 11. Kampf zwischen NI und NRI in Deutschland. In den deutschen Handschriften der karolingischen Periode _können wir den Kampf der Bildung nrï gegen die Bildung nl deut- lich verfolgen, wenn wir die Bestände in Köln, Würzburg, München (aus Freising, Regensburg, Tegernsee, Salzburg), Zürich (aus Rheinau und St. Gallen) mustern. An S1. Gallen 567 ist mir überhaupt die Bedeutung dieses Widerstreites erstmals zur vollen Klarheit gekommen. Die frühkarolingische Hand des Codex schreibt nam, nae U. a.; eine spätkarolingische setzt jedesmal sorgfältig die neuere Form, also nram, nre U. S. w., darüber. Nachher habe ich derartige Korrekturen viel- fach gefunden; auch oft bemerkt, wie wenigstens ein späterer Schreiber, wenn er die Bildungen des Vorgängers selbst nicht verbessert, doch da, wo er Zusätze macht, ebenso getreu die neue Schreibung an- wendet, wie sein Vorgänger die alte. Eine Ausnahme, wie Zürich (Rheinau) Kant. XXXIV, wo auf p. 220 eine spätere Hand aicinis nïs über einer Rasur schreibt, während die Hand des Textes ausschließ- lich nr, nrï u. s. w. anerkennt, ist nur schein bar: in solchen Fällen 220 L. Traube. ist der Korrektor eben der ältere Schreiber, der noch der früheren Richtung anhängt. Ich führe ganz wenige Beispiele an: Gotha m. I 85 aus Murbach nt; 1) Rom Pal.lat. 574 aus Lorsch nt, nm; Köln 83 II nt (a. 798); St. GaUer Urkunde a. 757 dnt nrï ihu Xpt partibus uriS uel successoribas uiS; St. Gallen 193 nm , nt, a rm, ara m (die kleinere Schrift scheint ausschließlich Formen des Typus nï zu haben); Mün- chen (Diessen) lat. 5508 nt, nts, nm, nr, are, urt; München (Freising) la1. 6300 opus nm , nts ocalis, nm est neb en nrî, nrã, nrae; Mün- chen (Regensburg) lat. 14422 nm neben nr, nrï, nros, arïs u. s. w.; MUnchen (Regensburg) lat. 14421 nïs, n m , um , uos neben a rm, uras; München (Tegemsee) lat. 19408 nïs und nos neben den Formen des Typus nrï; München Univ. 3 nm, nï neben nrï u. s. w.; Würzburg Mp. tho f. 78 n m ; ZUrich (Rheinau) Kant. XCIX a n m, um, aïs, na m , nï neben nr, nr (noster) , ar, ara, aras, uram, nra U. S. W. Auch Bern 376 mit ebenso mannigfaltigen Mischformen (z. B. in der Folge der Seiten nïs, nas, nam, a rm, nl, nos, tiiim, na, nts, nr , no, ai, nï, aa, aos, dns nr, nrfii) gehört eher hierher als nach Frankreich. 12. Die spanische Kürzung NSR NSI NSO NSM und die Suspension NS. Wer von der Feststellung des Gebrauches der kontinentalen und insularen Schreiber, der im allgemeinen nur in der Fortentwicke- lung vom Typus nï zum Typus nrï besteht, zur Feststellung des spanischen Brauches übergeht, wird von der gänzlichen Abweichung, die er hier entdeckt, betroffen seine Die normale spanische Form ist nicht nï oder nrt, sondern nsï. Wir finden sie schon auf den In- schriften: vom Jahre 594 an liest man dort IfNI NSI fUr den König und den Bischof ebenso wie für Christus; vgl. Hübners erste Samm- lung der christlichen spanischen Inschriften n. 115, 116, 111, 401. Die Formen nsr nsï U. s. w. sind dann geradezu Erkennungszeichen des spanischen Ursprungs geworden, und Handschriften wie Leiden Voss. F. 111, Verona LXXXIX (84), Paris lat. 2855 könnte man schon auf Grund dieses Merkmals fUr die spanische Paläographie in Anspruch 1) H. Bloch verweist mich auf die karolingische Abschrift einer Murbacher Urkunde a. 728, die noch nl, no, nas und uii treu bewahrt und nirgends in den Typus nrï übergleitet. Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 221 nehmen. Von älteren Handschriften haben wir oben S. 190 elmge Freisinger Itala-Fragmente derselben Formen wegen als wahrscheinlich spanisch erklärt. Die Handschrift der Lex Visigot. Reccessvindi, Vatic. lat. 1024, sieht wie eine gallisehe Halb-Unciale saee. VII aus. Es bJeibt aber eine gewisse unerklärte Eigentümliehkeit der Schrift, zu der noch Formen wie precepti nsï temerator und fla für flagella kommen, auch dies letztere eine nur in Spanien aus den Gesetz- büchern eingebürgerte SChreibung, vgl. unten S. 256. So wird Vatic. lat. 1024 zu den wenigen in Spanien geschriebenen Halb-Uncialen zu rechnen sein, die wir kennen. Die Nominative nsr und usr (uester) sind aU, sie begegnen schon im Legionensis des Breviars, über dessen Eigenheiten ich gleieh sprechen werde, im Vossianus 111, in Madrid Acad. de la Hist. 65. Der Typus nsr nsï muß von der syllabaren Suspension ns seinen Ausgang genom men haben. Diese Form braucht nicht nur voraus- gesetzt zu werden, sie ist erhalten in Verona II (2) in der Unciale des Vorsatzblattes: dns nS; im Vatic. (Bobbio) lat. 5757 (Augustinus in ps. über Cic. de re publica saec. VII/VIII), wo neben nt, na, nls, nm u. s. w. auf den ersten 180 Seiten achtmal ns nach dns, einmal dns ergo ns begegnet; ferner in Rom Reg. lat. 317, dem sog. merowingischen Sakra- mentar von Autun in Unciale mit merkwürdigen eingesprengten Teil- chen einer älteren MinuskeI, die ich den I-Typus nenne und in Burgund zu Hause denke. Hier steht n (nostrum) neben nï und nm, nos'if kommt für nostro vor, nos fUr noster und nostro, no für noster und desgleichen öfters eben dieses ns. Noch später findet sich ns als Nominativ neben nr und als Akkusativ neben nriii und nm öfters in Berlin (Metz) Phill. 1662 saec. VIII/IX von insularer Hand. Auch, wie es zu erwarten ist, in einer sicher spanischen Handschrift, Escorial a. II 3 saec. X, begegnet neben nsr nst ein dns ns ihs xps. 13. Die Kürzung NSR außerhalb Spaniens. Aus ns konnte sich, als die Suspension in die Kontraktion über- ging, nsr leicht an verschiedenen Stätten zu gleicher Zeit entwickeln. Tatsächlich findet es sich auBer in Spanien und in einigen Hand- schriften, d ie aus spanischen abgeschrieben sind 1) und spanische 1) Für die Oberlieferungsgeschichte belehrend ist folgender Fall. In dern ersten Brief des Papstes Leo I stehen die Worte quod nostris remediis congruebat 222 L. Traube, Eigentümlichkeiten, man könnte sagen, unabsichtlich nachahmen (ich meine Paris la1. 11529, Glossarium Ansileubi, wo nSl begegnet, und den Isidor aus S1. Hubert jetzt in Luxemburg und den aus Fulda jetzt in Basel F f. III 15, wo nSlS und ähnliche Formen stehen), nur noch in einer Gruppe von Handschriften, die vielleicht raetischen Ursprungs sind 1) und ihr r eigentümlich mit heraufgeklapptem Arm bilden, statt es am folgenden Buchstaben AnschluB such en zu lassen: Einsiedeln 199 + 281 (6 ns m , 1 n rm , 1 nr , 2 nr, 1 ur, sonst nur Formen vom Typus nT), S1. Gallen 108 (ns!-) , Novara LXXXIV (nsr). Vereinzelt steht ds nsr in der Handschrift aus Farfa Barb. XIV 52. Erwähnen will ich, daB Riese im Apparat zur Historia Apollonii 2) aus Laurent. 66,40 usm für vestrum anführt, was vielleicht für urm nur verlesen ist. In dem Uncial-Codex des Iulianus Pomerius (Wolfenbüttel Weiss. 76) steht nsr (nostra); daneben nstrm (nostrum), nostrs (nostris); ferner noli, norm (nostram), nor (nostro), nora; aber besonders da, wo, wie F. Köhler erkannte, ein anderer Schreiber tätig ist, stoßen wir auf die Formen des Typus nri, nämlich nrãs, nra, nram, nrm, nns, nrae, nrï, nrum. GewiB stammt dieser merkwürdige Codex aus dem süd- lichen Frankreich und mag an der spanischen Grenze entstanden seine Auch Leiden Voss. 111 kennt neben nsr nsï, wenn auch seltener, Formen wie f1;ore und nsro und ns rm ; in den Teilen aber, die neben dem ausgesucht" spanischen {p (per) auch das geläufige II zeigen, bietet er auBer nsr nSl auch nre, ura. 14. Die Kürzung N'RI NRO NRM in Spanien. Diese F armen des Typus nrï, die, wie wir gesehen haben, außer- halb Spaniens im 8. Jahrhundert auftreten und nï u. s. w. verdrängen f sind nun überhaupt für Spanien, wie es scheint, schon aus früherer und diaconum vice nostra dirl'ximus. Scherer (Die Codices Bonifatiani, Fulda 1905, S. 26) fand sie im Codex der Ragyndrudis zu Ful a (Bonit. 2) saec. VIII so ver- stümmelt: quo dns is remediis c. und d. ui cen sa d.; er nahm richtig nsis und nsQ. als Fehlerquelle an und vermutete mit Berufung auf meine Arbeit für diesen Teil der Handschrift eine spanische Vorlage. 1) Wahrscheinlich liegt auch hier nur spanischer Einfluß vor, wie es von der Einsiedler Handschrift fast gewiß ist; vgl. Sitzungsber. d. bayer. Akademie 1907 S. 71 ft. Vgl. ferner unten S. 233 über eine ähnliche Mischung, wie sie in dieser Handschrift vorJiegt. 2) In der zweiten Ausgabe p. 5. Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 223 Zeit b legt. 1m 8. Jahrhundert begegnet z. B. nrm im Escorial R. II 18, nrl in Madrid (Tolet.) 2. 1, nro in Madrid (Tolet.) 15. 8. Hier stehen . wohl überall auch Formen von nsr. Aber in höhere Zeiten hinauf kommen wir durch die Feststellung des Gebrauches im Breviarium Alarici von León, das nach Zeumer zwischen 546 und 660 geschrieben ist. Dieser Palimpsest hat in buntem Gewirr oft auf derselben Seite Formen wie nn, nrls, nre, nros neb en nsr nSl u. s. w.; einmal fand ich hier auch nstro (S. 339 der Ausgabe). Der Salmasianus der Antho- logia latina (Paris lat. 10318), den ich schon früher als ältere spanische Handschrift angesprochen habe, 1) hat nra, nrl, nras, nr ; daneben wie es scheint, kein nsr nSl. Eine spanische Inschrift aus dem 7. Jahr- hundert bei Hübner, Inscr. Hisp. Christ. 175 (vgl. Supplem. p. 74) hat NROR (die beiden letzten Buchstaben sind in der bekannten Weise verbunden). Also in Spanien herrscht, und zwar bis ins 11. und 12. Jahrhundert, nsr nSl; daneben begegnet, verglichen mit den andern Lãndern, sehr früh der Typus nn. 15. Die spanischen Neoenformen NSTRI und NS RC Ehe wir weiter gehen, ergänzen wir noch hier die Beobachtungen über den spanischen Gebrauch. Nächst nSl und nrl fanden wir be- reits nstrm in der Handschrift des Pomerius zu Wolfenbüttel und nstfO im Legionensis, dazu kommt nstrï in einer alten spanischen Handschrift saec. VIIJVIII ehemals des Lord Ashburnham, jetzt des Herrn H. Yates Thompson in London. Gebildet ist nstri u. s. w. so, wie andere speziell spanische Abkürzungen. 2 ) Es liegt eine Form zu Grunde, wie sie erhalten ist in der afrikanischen Inschrift DMN NST (dominis- nostris) vom Jahre 578i82 (CIL. VIII 4354). Aus der Suspension nsi wurde die Kontraktion nsrri, wie aus der Suspension apstt die spanische Kontraktion aps-ds . 1m Wolfenbütteler lulianus Pomerius und im Ausonius Vossianus fanden wir norï: diese Bildung setzt die Suspension no voraus; vgl. darüber unten S. 232. nsrï im Vossianus kann ebensowohl eine spanische nicht ganz rein entwickelte Schreibung statt nstrï sein, als eine Mischung von 1) Philologus LlV (1895) 124. 2) Vgl. darüber unten S. 246 ft. 224 L. Traube, nsï und nrï; dies letztere ist nicht unwahrscheinlich; die Handschrift kennt ja beide Bildungen. Vgl. unten S. 233 einen ähnlichen Fall aus Cassel (Fulda) Theol. O. 5. Seltsam ist, daß in Paris la1. 12048, dem Sakramentar von Gellone, neben den Formen des Typus nt und nrï vereinzelt auch us rm für vestrum vorkommt; denn die Hand- schrift hat, so oft es auch gesagt wurde, mit Spanien nichts zu tun: ich habe darüber ausführlicher in den Erklärungen zu Burns litur- gischen Denkmälern gesprochen. Überraschend ist im Sakramentar von Gellone auch nsi und usi für die Nominative. 16. Erklärung des Typus NRI. Wir können jetzt das Aufkommen des Typus nrï besser be- greifen. Wir hatten ihn, wie man sich erinnern wird, in der italie- nischen, insularen und französischen Paläographie im Wechsel mit dem früher verbreiteten Typus ni seit dem 8. Jahrhundert getroffen. Diesen Befund konnte man dahin deuten, daß etwa ein römischer oder irischer Schreiber damals sich genötigt gesehen habe, die alte Form durch eine bessere Erfindung zu ersetzen: infoIge entweder des allgemeinen Einflusses, den Rom übte, oder der bereitwilligen Anerkennung der insularen Kunst sei die Verbesserung bald überall angenommen worden. Aber eine derartige Annahme kann vor den Ermittelungen nicht bestehen, die wir soeben an den spanischen Handschriften gemacht haben. Darnach muB der Typus nrï not- wendig ein bereits vor der spanischen Sonderentwickelung vorhandener, d. h. allgemein römischer, gewesen sein; während die verhä1tnismãßige Neuheit und örtliche Begrenztheit des Typus nt, da ihn Spanien nicht kennt, noch einmal nachdrücklich sich erweis1. nrï kann durch die Bildung nt nicht veranlaßt, sondern muB im Gegenteil von ihr be- schränkt worden seine Es muß wieder hervorgezogen worden sein, als nt aus irgend einem Grunde die Gunst verloren hatte. Wenn für diese drei Behauptungen die Beschaffenheit der spa- nischen Handschriften eine Art negativen Beweises ergab, so kann ein positiver geführt werden durch die Ergänzung des italienischen Materials ffir den Typus nn, durch eine genauere Charakteristik der Fundschichten des Typus nt, durch eine genauere analytische und historische Betrachtung der einzelnen Formen desselben Typus. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 225 17. Der Typus NRI in Italien. Die Kürzung NTRI NTR O NTRM. Ich habe bisher eine Inschrift aus Ostia vom Jahre 425/450 zurück- gehalten (CIL. XIV 31). Sie hat: SALVIS D . D . N . NRIS (N und R sind ligiert) THEODOSIO ET PLACIDO. Hier ist also die gewöhnIiche Suspension D. D. N. N. durch Anhängung der Endbuchstaben RIS zur Kontraktion erhoben. Wir haben damit ein vollgüItiges Zeugnis für das Alter des Typus nrî und können auf die spätere und verdächtige Inschrift CIL. IX 2826 verzichten. Auch theoretisch läBt sich gegen die Annahme nichts einwenden, daB nri alte und römische Bildung ist. Erwarten würde man zwar eher nstrl, d. h. die durch An- hängung der Flexionssilbe stri oder tri erweiterte Suspension n. Und so findet sich in einer gallischen Inschrift vom Jahre 405 C. DO M NTRI HONORI (Jullian, Inscriptions rom. de Bordeaux n. 946) und dann viel später wieder ganz vereinzelt neben ura, nrm, nr auch n1:ri, nTrm, nTram in der Handschrift München (Regensburg) lat. 13038 saec. IX, wo ntri ganz gebildet ist wie in einigen alten juristischen Handschriften hde hdem hdibùs für herede u. s. w. Aber die Re- duzierung der Silbe (s)tri auf die Endbuchstaben ri lag doch nahe, und die gewöhnlichen Kontraktionen, in denen vor der Endung nur e i n Konsonant stand, muBten dazu einladen. DaB nï vor nñ bevorzugt und bald übermächtig wurde, beruht darauf, daB seine Entstehung und Verbreitung ganz in den kirch- lichen Handschriften beschlossen war. Auch Bildungen wie nri gehen wohl auf die Anregung zurück, die durch die Abkürzung der Nomina sacra gekommen war.I) Aber nl, eine Analogiebildung, wie ich oben (S. 207) sagte, zu dem christlichen dni, war von christlichen Kalligraphen geradezu für die Schrift der biblischen Bücher erfunden worden. Man kann sich also sehr wohl vorstellen, daB, von der ursprünglichen Suspension ii fortgebildet, eine Zeitlang die Formen nri und nt, zu denen noch i n kommt,2) bei getrenntem Gebrauch und Bedürfnis nebeneinander 1) Vgl. das Nähere unten S. 237 ff. I) Vgl. oben S. 213. Quellen u. Untersuch. z. lat. Philologie des r.\A. II. 15 226 L. Traube, bestandën. So versteht man, daB einerseits ni überwiegen muBte - denn an die Kalligraphie der biblischen Bücher lehnte sich die der übrigen christlichen Schriften, und bald gab es wenig andere Literatur mehr als die christliche -, daB andererseits nri doch nicht ganz in Vergessenheit geraten konnte. Nun aber stellte sich später die vollständige Unbrauchbarkeit der Bildung nï u. s. w. heraus, und da griff man dann auf das vernachlässigte nit zurück. 18. MiBverstãndnisse im Gefolge des Typus NI. Die Unbrauchbarkeit des Typus ni wurde hervorgerufen durch das allmähliche Anwachsen der Abkürzungen überhaupt und die weite Ausdehnung und Anerkennung, die der Strich über dem Vokal in der Bedeutung eines m und n erhalten hatte. Ursprünglich lieBen die kirchlichen Handschriften nur die Abkürzung der Nomina sacra ZU, und der Gebrauch des Striches war allgemein nur am Zeilen- schluB erlaubt gewesen. Mit dem allmählichen Aufhören beider Be- schränkungen entstand die Gelegenheit zu einer Fülle von MiB- verständnissen. Folgende Formen wurden zweideutig und gefährlich: no stand für nostro und konnte gefaBt werden als non nos" "llostros" " " "" nos 1) na " " nostra " " " "" nam Ut " "uestri " " " "" uim uo " " uestro " " " "" uero U1S " "uestris" " " "" uis 1) uos" "uestros" " " "" uos. I ) DaB das keine Ausklügelungen sind, sondern tatsächlich hächst Iebendige Fehlerquellen, mag eine kurze Zusammenstellung zeigen. Augustin. ep. LXXV (ed. Goldbacher II 287, 6): in explanatione nostra in explanatione nam Köln 35 saec. IX. 1) In der insularen Schrift, wo einsilbige Worte Akzent erhalten; in derselben Schrift konnte auch die Interjektion uá (Matth. 27, 40), wie sie z. B. in S1. Gallen 48 aussieht, mißdeutet werden. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 227 Eugipp. exc. CLXXXlIII (ed. Knoell 623, 15): inimiea nostra inimiea nam Vercelli XXX (94) saec. X.I) Cassiodor. orth. praef. (ed. Keil VII 143, 5): in voee nostra possumus reddere in voee nam possumus reddere Brüssel 9581 saee. XI. Cellanus v. 19 (vgl. Sitzungsb. d. bayer. Ak. 1900 S. 487 und 496): vulneribus sanans vulnera nostra suis vulneribus sanans vulnera nam suis Florenz Laur. LXVI 40 saec. IX. Bonifat. ep. 73 (ed. Dümmler, Mon. Germ. Epp. III 343, 18): mater nostra aeeclesia mater nam aeeclesia München (Mainz) la1. 8112 saec. IX und Wien 751 saec. IX ex. Dies waren Beispiele für die Gefahren, die na (nostra) brachte; es folgen die MiBverständnisse von UD. Bekannt ist ja, daB für o uero neben der juristischen Abkürzung u, besonders in einzelnen Schreibprovinzen, lange UD bestand (vgl. unten S. 266). Lactant. inst. V 17 (ed. Brandt I 453, 8): exemplis ex uero petitis exemplis ex uro petitis Paris la1. 1664 saec. XII. Dosithei ars (ed. Keil VII 411, 26): ratio exigit eerte, uoealitas uero eerto ratio exigit eerte, uoealitas uro eerto S1. Gallen 902 saec. X. Welche Verwirrungcn im allgemeinen die Kompendien der Titu- laturen und Ämter (z. B. u. c., u. s., ppO) in den mittelalterlichen Handschriften geschaffen haben, ist bekann1. Hier zu erwähnen ist, daß u. m. oder u iii, die geläufige Abkürzung von uir magnifieus, mit um (vestrum) zusammenfiel. Gregor. I ep. III 1 (ed. Ewald 158, 13): Seolastieus uir magnifieus Campaniae iudex Seolastieus urm Campaniae iudex Montecassino 71 saec. XI. 1) Und so stand wohl auch von erster Hand in Paris lat. 11642 saee. IX. 15* 228 L. Traube, Ich schließe mit einem Beispiel fur die Fehler, die Ut im Ge- folge hatte. Symmach. relat. XXXI (ed. Seeck 305, 1): uim rescripti . . . elusit München (Teg.) lat. 18787 saec. XI und Gelenius uestri rescripti . . . elusit Metz 500 saec. XI. Also, um Zweideutigkeiten und Unzuträglichkeiten, wie die eben besprochenen, zu vermeiden, griff man auf den Typus nrt zuruck. Man schuf ihn nicht, sondern fand ihn vor. Wir müssen, glaube ieh, diese Lehre beherzigen: eine Reihe von paläographischen Eigentümlichkeiten, deren unmittelbare Fortpflanzung aus der römi- schen Schrift wir nieht genau gewahren können, behält doch unter der winterlichen Hülle der ersten mittelalterlichen Jahrhunderte ihre Triebkraft bei und wartet nur auf den Augenblick, urn von neuem zu sprossen. 19. Die Bildung des N ominativs NR und NER. Es war bisher vermieden worden, von dem Nominativ fir (und ur) zu sprechen. So geläufig er uns ist, so wenig einfach ist sein Entstehen. Uns, die wir ihn tausendfach in den Handschriften des Typus nrl lesen, scheint er zu dieser Bildu.ng zu gehören. Allein dann wäre er eine vollständige Unregelmäßigkeit; man vergleiche doch dns dnl und scs Scl mit nr nrl. Zu nr würde nl gehören müssen, und von nrl käme man nur zum Nominativ n er o In der Tat hat der Korrektor des Vaticanus lat. 4938 diese Form in seine Hand- schrift eingeführt: ffir no, was er antraf, hat er im Nominativ !lor und nef verbessert. 1 ) Yon erster Hand steht im Regin. la1. 1997 saec. IX aus Chieti, wo meist nach dem Typus nrl, selten nach dem Typus nÎ dekliniert wird, fol. 136 redemptor ner; der N ominativ ner ist ferner zwei beneventanischen Handschriften eigen: Wien 1188 und Monte- cassino 3 saec. IX ex. Dagegen ist nr eine Bildung, zu der man auf anderm, doppeltem Wege kommen konnte und in der Tat auch, meine ieh, gekommen ist: es ist die Kontraktion zur Suspension n und zugleich eine Rückbildung von nt. Deswegen kommt nr auch viel früher vor (d. h. in dem gewöhnlichen Gebrauch der Handschriften) 1) Vgl. oben S. 216. Nomina sacra. IV. Nomina sacra irn Lateinischen. 229 als nrl. Veranlassung zur Bildung der neuen Nominativ-Form war die fortschreitende Bewegung der Kontraktion und die wachsende Furcht vor der Verwechslung mit Ii (non). Ich fand bisher als frilheste Beispiele für nr (noster) folgende des 7. Jahrhunderts: aus Italien Vatican us (Bobbio) lat. 5758, Verona X (8), aus Frankreich Berlin Phill. (Lyon) 1745, aus Irland Ambros. C. 5 info In den merowingischen Urkunden scheint nr zu fehlen; ich traf es erst a. 760 unter Pippin,l) aber nos"i ist noch lauge Zeit viel ge- bräuchlicher. 20. NR indeclinabile. Eine merkwürdige Erscheinung ist das starre, indeklinable nr, d. h. ein nr, das nicht nur für den N ominativ, sondern auch filr die Casus obliqui gesetzt wird. Man kann es nur so erklären, daß der Nominativ rif zu gleicher Zeit als eine syllabare Suspension der Casus obliqui betrachtet wurde, als könne man trennen nost-rum. Wie dem sei, meine Beispiele kommen gewiB nicht aIle auf Rech- nung des Zufalls: dnin nr i hm xpm Bern 645 (gallische Halb-Unciale saec. VII. VIII); cum tullio nr Paris (Montecassino) lat. 7530 saec. VIII; abicis nr (für apices nostros) uobis direximus in den Cartae Senonicae aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts Paris lat. 4627 saec. IX; dnm nr Rom (Farfa) Barb. XIV 52 saec. IX; see nr eccl(esiae) Lucca 490 c. a. 800. Hierher könnte man auch eine römische In- schrift ziehen, die Duchesne nach Bianchini mitteilt: AUXILIANTE D NO DO N-R (es stand NP da) X PO . . HILARUS ARCHIDIAC FECIT. Duchesne 2) nimmt freilich an, mit Hilarus sei der spätere Papst (a. 461-468) gemeint. Vielleicht handelt es sich aber um eine Restauration der betreffenden Kirche unter Hadrian (a. 772-795), was Duchesne nicht auszuschlieBen scheint. 21. Die Nominative NT und NRT. Die Anerkennung des Nominativs nr voIlzog sich keineswegs ganz glatt. Er hat viele Mitbewerber besessen, und allerhand sonst gar nicht allgemeiner gewordene, aber der Bildung nach mögliche Abkürzungen wurden vorgesucht und machten ihm den Rang streitig. 1) Vgl. oben S. 219. ) Liber Pontificalis I 522. 230 L. Traube J Über ns haben wir vorher gesprochen. 1 ) Wird aber die Silbe nicht nach no (also no-sfer), sondern nach nos (also nos-fer) ge- schlossen, so kommt ni als eine zweite syllabare Suspension zum Vorschein. Die Form ni wurde in der Tat lange Zeit als Nominativ gebraucht. Wie alt sie ist und daß sie ursprünglich als echte Sus- pension für aIle Kasus stand, lehren Sigilli doliarii aus der Zeit des Septimius Severns und Commodus mit der Ligatur f'r fOr nosfri 2) und eine gallische Inschrift aus Saint-Pé d' Ardet, S) wo PAULINIANI NI neben PAULIN IAN I NT begegnet, beides an Stelle des in diesem Gebrauch inschriftlich herkömmlichen N. Das lehren ferner die kontraktiven Weiterbildungen von ni. In MOnchen (Freising) lat. 6224 saec. VII steht ntï für nosfri und in Trier 1245 saec. VIII/IX ntïs für nosfris. In den Canones des Rachio, Bischofs von Straßburg (a. 788), war dnl nh ihli XPI vielleieht ein Versehen fOr nil. Ehe über den Nominativ ni weiter geredet wird, ist es gut, den Hinweis auf eine nahestehende Bildung, den Nominativ nr-,; , voraus- zuschieken, deren Ursprung, an sich ziemlich dunkel, doch offen bar mit nT zusammenhängen muß. Ein Vergleich der Beispiele für beide Formen lehrt nun, daB ni viel älter ist als nri. Das beweisen die Handschriften durch ihr verhä1tnismäßiges Alter; das beweist vor all em der Umstand, daß ni vielfach noch in Gesellschaft von ni auf- tritt, nrl nur neben den späteren nrl-Formen. Man kann darnach über den Ursprung von nrx folgendes vermuten. Als der Typus nrl den älteren nï verdrängte, konnte man diesen Vorgang einfach so auffassen, als würde nur überall der Deutlichkeit wegen ein r vor der Endung der alten Kürzung eingeschoben. Nun fand man in vielen Handschriften des Typus nI als Nominativ die nieht organisch, aber durch den Gebrauch mit diesem Typus verbundene Form nT. Ganz mechanisch schob man auch in diese Bildungen ein rein. Man glaubte also an die Richtigkeit der Gleiehung nii : ni = nn : nt. Die Unform nir für nosfer kann nieht besser erklärt werden. Der 1) Vgl. oben S. 221. 2) Nuovo bullettino di arch. crist. VII (1901) 132, 135, 137. Es wird sich aber unten zeigen, wie wenig R. Kauer, Wiener Studien XXVIII (1906) 114, be- rechtigt war, aus einern ui in Lyon 788 saec. IX auf eine Vorlage in Unciale zu schließen. ') Cagnat, L'Année épigraphique 1888 S. 50. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 231 Hinweis auf die Ligatur rt, die vielleicht mit der Ligatur st vertauscht sei,1) wird angesichts der groBen Zahl der vorhandenen Beispiele hin- fäI1ig, und ebenso dürfen andere Abkürzungen wie prbsi (presbyter) und dmn (dominum) mit ni"i nicht etwa auf gleiche Stufe gestellt und aIle mit dem allgemeinen Satz erklärt werden, es läge hier eine Um- ordnung der Konsonanten nach ihrer Folge im Alphabet vor. Zürich (Rheinau) Kant. CXL saec. VIII ist eine Handschrift, in der neben n sich noch keinerlei Formen des Typus nrï, sondern nur soIche des Typus nï zeigen; ni steht hier im Wechsel mit nosi. Sonst kommt ni gewähnlich mit Mischformen vor, unter denen der Typus nI überwiegt, selten ausschließlich mit Formen des Typus nrï. Beispiele finden sich in folgenden Handschriften des 8. bis 9. Jahr- hunderts: Wien 1861 (Psalterium des Dagulf), Bamberg B. V 13 (Hand- schrift des Bischofs Jesse von Amiens), Cassel (Fulda) Theol. Q. 10, Rom Vat. la1. 41, München la1. 208, Berlin Phill. 84 und Phill. 1743 (beide aus Reims), Reims 213 (im StH 'franco-saxon'), Bamberg A. I 5 und Wien 468 (beide aus Tours), Paris (Rebais) lat. 12048, Lyon 526, Bern 89, Bern 233, Rom Reg. la1. 612,_ Paris la1. 2718, Rom Reg. lat. 226, Paris lat. 8071, Zürich (Rheinau) Kant. XCIX a, München (Trier) lat. 28118, Filastrius Goerresianus (aus Trier) jetzt in Berlin, Berlin (Werden) Theol. F. 364, München lat. 23591, München (Salzburg) lat. 15813, Cassel Philol. Fol. 2. Aus späterer Zeit stammt Leiden Voss. F. 86, der an einer von ihm nicht mehr verstandenen Stelle in Cicero de legib. I 1,4 (ed. Vahlen p. 6,2) tife ni 2) aus der Vorlage wiedergibt. Auf die Überlieferung mag besonders ui (vester) ver- hängnisvoll eingewirkt haben, weil dafür ut gelesen werden konnte; vgl. Zeumer zu den Formulae Merowingici et Karolini aevi, p. 257, 2. Auf unverstandenem ni beruht vielleicht das folgende Versehen: Victor Vi1. I 38 (ed. Petschenig 17, 9): Jesus Christus noster dominus Jesus Christus inter dominus Bern (Fleury) 48 saec. X. 1) Traube, Poetae Carolini III 754. 2) Voss. F. 84 saec. IX hat an derselben Stelle tite non, wobei aber die beiden letzten Buchstaben auf Rasur stehen; Leiden bib!. pub!. 118 (oHm N. Heinsii) in beneventanischer Schrift saec. XI hat deutlich tite nr. In meiner früheren Arbeit hatte sich hier ein Versehen eingeschlichen. 232 L. Traube, Wie ni in Frankreich und Deutschland, so wurde nrï in Frank- reich und Italien sehr gebräuchlich. Eine kurze Überlegung lehrt, daB deshalb sein Ursprung in Frankreich zu suchen is1. Wir finden es von saec. IX-XI in Corbie, 51. Bertin, Reims, Troyes, Langres, Fleury und Tours, und zwar kenne ich folgende Handschriften, die es gelegentlich gebrauchen: Berlin Phill. 1669, Cambridge C. C. C. 223, 51. Omer 33 bis und 202, Boulogne 35 und 40, Brüssel 9845, Utrecht 32, Epernay 1, Reims 8, 70, 82,369, Paris.lat. 12949, Troyes 1165 und 550, Warschau 480 (Formulae ed. Zeumer p. 131), Rom Reg. la1. 140, Paris n. a.lat. 454, Orléans 233 (203), Bern 3, Paris la1. 6115, Bamberg A. 15, Paris lat. 12958, Brüssel 10470, ferner Goerresianus 36 (jetzt wohl in Berlin), Berlin TheoI. F. 339, Leiden Voss. F. 98. Bemerkenswert ist, daß in Chartres noch im Jahre 1028 paT: nrr für pater noster ge- schrieben wurde. 1 ) In Italien ist das ä1teste Beispiel Rom (Farfa) Barb. XIV 52; ich habe es oben S. 216 bei der Altersbestimmung dieser wichtigen und schwierigen Handschrift mitsprechen lassen. Dann kenne ich Berlin (Verona) PhiIl. 1831, Padua 1117, Novara XXX und LXXXII. Aus Deutschland kenne ich nur Florenz Laur. LXV 35. o 22. Die Kürzungen N, NO, NOI NOR: NO- RI NOT-, NOTR I. Wurde als Abkürzung die erste Silbe gesetzt, so ergab sich no(ster) oder nos(ter); wurde der erste Buchstabe der zweiten Silbe einbezogen, so erhielt man wieder nos(ter) oder nost(er). Wir holen hier nach und wiederholen dabei zum Teil, was von den so gebil- deten Formen tatsächlich vorkomm1. Denn aIle haben sie gelegent- Iich zur deutlicheren Bezeichnung des Nominativs herhalten müssen; wir verbinden aber damit die kurze Darstellung ihres sonstigen Ge- brauches und der auf sie gebauten Weiterbildungen. Die Kürzung no ist ganz al1. Man vergleiche CIL. II 5736: DO. NO. POSe 1111 ET VICT. COS (= domino nostro Postumo quartum et Victorino con- sulibus, a. 267). Ferner steht no für aIle Kasus im Vatic. la1. 4938; 2) desgleichen im Ottob. lat. 319, also in zwei ziemlich alten italienischen Handschriften; im etwas jüngeren französischen Reginensis la1. 317, dem 1) Vgl. Merlet et Clerval, Un manuscrit chartrain du XI e sièc1e, Chartres 1893, pI. 2. 2) Vgl. oben S. 228. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 233 Sakramentar von Autun,l) fUr noster. Eine seltsame Nebenform von no hatte ich früher übergangen. Auf der stadtrömischen In- schrift a. 404 (Rossi, Inscr. Christ. I 531) schien mir: o consulatu DOMINI . N. HONORI A VG. nicht genügend gesichert, da der Stein nicht erhalten ist. 2 ) Nun aber weist mir Turner aus der Collectio Canonum Frisingensis in München lat. 6243 folgende Fälle nach, die eine gute Tradition haben o 0 müssen: fol. 79 coepiscopus n siccensis, ebenda fol. 82 ds n sancti- tatem uestram. Sonst folgt diese Handschrift dem Typus ni. Für die Geläufigkeit der Suspension no sprechen auch die weiteren Ab- leitungen. Denn zu no gehören die beweglich gemachten Kasus not, nom; ferner der Nominativ nor und der Typus nort; aber auch noi und notñ lehnen sich an. not wurde oben S) aus merowingischen Urkunden belegt. Turner fand in der Handschrift St. Petersburg F. II 3, die nach ihm zwischen 650 und 700 zu Lyon geschrieben wurde und zu Berlin Ph ill. 1745 gehört (vgl. Journal of Theolo ical Studies IV 429), fol. 172 adiu- uante dnt di noi; sonst wird hier gewöhnlich noster ausgeschrieben, doch steht fol. 57 v dns n. und fol. 173 dns n; fol. 176 nrt concilii ist von jüngerer Hand. Mir selbst stieB in Amiens 88, einer Hand- schrift aus der Zeit des Maurdramnus von Corbie saec. VIII, öfters no! auf; z. B. fol. 51 dni noi ihii xpï. Aus Cassel (Fulda) Theol. 0.5, einem alten Band saec. VIII, der wohl aus Südfrankreich stammt, notierte P. Lehmann níS fol. 3; not fol. 10; nori fol. 16; nosi fol. 25; nil fol. 17, nro fol. 47 v ; nsi fol.l7, nso fol.l1, 25 v , 55 v ; nsrm fol. 51. Chroust erwähnt aus Würzburg Mp. Theol. F. 64 noe (= nostrae) und no am (= nostram) neb en nm; die Schrift ist insular, kontinentale Herkunft dennoch unzweifelhaft. Die Form nom steht im Psalterium der Salaberga 4) und in St. Gallen 732 a. 811, wo sonst nri herrscht. 1) Vgl. oben S. 189. 2) Bekannt ist :; = non als Nota iuris. Diesen Gebrauch setzen ganz ge- legentlich insulare Schreiber fort, wie in Turin F. VI2 (wo über das 0 noch ein Strich gesetzt ist) und London Egerton 2831. I) Vgl. oben S. 219. 4) Vgl. oben S. 217. 234 L. Traube, nor begegnet uns im Vatic. lat. 4938 1 ) als Verbesserung von no und in Verona X (8); 2) nachzutragen ist es aus München (Regens- burg) tat. 14540 saec. VIII. Aus dem Venezianischen Exemplar der Briefe Senecas saec. IX hat mir G. D. Kellogg nor für nr gemeldet. norï hatten wir für Spanien in Anspruch genommen. S) Dazu stimmt, daB in Zürich (Rheinau) Kant. CIV saec. VIII/IX nora ge- braucht wird, denn diese Handschrift bietet auch sonst spanische Formen. 4 ) Vielleicht war Paris lat. 13373 saec. IX, wo noro vorkommt, ähnlichen Einflüssen ausgesetzt gewesen. Dieselbe Form scheint im Archetypon des Liber de dubiis nominibus, der nach Südfrankreich gehört, gestanden zu haben. Für Tyrio conspectus in ostro (Gramm. lat. ed. Keil V 585, 9), was verlesen wurde in conspectusi nostro und conspectui nostro fast notwendig ergeben muBte, hat München lat. 14252 tyrio conspectui noro, wãhrend die beiden andern Hand- schriften nro lesen. nor wies mir A. Souter 5 ) aus dem Augiensis CXIX in Karlsruhe nach, einem [Pelagius] in epistulas Pauli saec. IX, der manche Alter- tümlichkeit bewahrt hat; er schwankt zwischen den Typen nl und nrï, hat aber einmal noch iz für nostri G ) und sonst gelegentlich do m 7) und istrahel. 8 ) notrl steht auf e iner ga llischen Inschrift vom Jahre 6089) in der Verbindung DOMINI NOTRI TEODORICI (CIL. XII 2654). 23. Die Kürzungen NOS NOSI NOSO und N OS T, NOSR. Für nos gibt es ziemlich aUe italienische und französische Be- lege: Paris lat. 13367 saec. VI und Vatic. lat. 4938, hier öfters erst von zweiter Hand aus no verbessert; 10) für Frankreich hat man die Inschrift 1) Vgl. oben S. 228. I) Vgl. oben S. 217. It) Vgl. oben S. 222. 4) Vgl. Neues Archiv der Ges. f. ält. d. Geschichtskunde XXVI 237. 6) Vgl. jetzt seine Abhandlung in den Berichten der Londoner Akademie. 6) Vgl. oben S. 207. 7) Vgl. oben S. 169. 8) Vgl. oben S. 106 Anm. 1. 9) Vgl. Krusch zum Fredegar p. 134 n. 7. 10) Vgl. oben S. 189 und S. 232. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 235 a. 541 aus Narbonne (CIL. XII 5341): RE-GÑ DOM NOS TEUDERICI; den Papyrus des Augustin Paris Jat. 11641 saec. VI car(itas) ues(tra); eine Urkunde von 680 (Tardif pI. XVIII) nos reg.lli; im Sakramentar von Autun 1) steht nos für noster und nostro. Auch auf dem Deckel des Lindauer Evangeliars findet sich nos für noster. Ais Weiterbildung gehören zu nos die Kasus: nosï, noso u. s. w. Folgende Stell en habe ich dafUr nach und nach gefunden, die sich zu einer kleinen wohl südfranzösisch-spanischen Gruppe zusammenschlieBen. In der gal- lischen Halb-Unciale St. Petersburg (Corbie) F. I. 2 foI. 4: dnï nos! ihu Xpï;2) in der Unciale Wien 563 foI. 172 v : defende dne pecura nosii. Dazu kommt noch die spanische Inschrift bei Hübner, Inscr. Hisp. Christ. 110 saec. VIII wo Hübner liest: DNI NOSH HU c, aber vielmehr DNI NOSI IHU (XPI) zu verbinden und zu ergänzen ist. Findet ein Leser, der an spätere Handschriften gewöhnt ist, irgendwo die Formen nosr oder uesT; für noster und uester gebraucht, so wird er gewiB nicht hängen bleiben. Er wird sie sich mit der gewöhnlichen Schreibung i für ter erklären. Und so mag auch mancher spätere Schreiber ged cht haben, wenn er sie für den No- minativ anwandte. Aber zweifelsohne waren es ursprünglich Sus- pensionen, wie die alten FäUe beweisen, in denen durch nose- ein Casus obliquus bezeichnet wird. In der wichtigen Subskription des Würzburger Priscillian steht: lege felix (Amantia) cum tuis in . xpo. ihii . dnõ . nose. In den Unterschriften der Konzilienbeschlüsse wird die Formel constitutionem nostram subscripsi seit dem 6. Jahr- hundert in Frankreich häufig mit Kürzungen wie constitti nosi Sl wiedergegeben, z. B. in Paris (Corbie) lat. 12097 saec. VI, Berlin (Lyon) Phill. 1745 saec. VII. Dieselben Handschriften kennen den Gebrauch auch in anderen Fällen; von alten französischen ferner Paris lat. 12205 (für nostris neben nis), Paris lat. 10756 (für nostro), Cambrai 684 (nosi und ues"i für den Nominativ neben nm). Yon dieser Seite aus wäre also gegen die Inschrift vom Jahre 642 mit der Kürzung DOMNI NOST CHLODOVEI (Jullian, Inscriptions de Bordeaux n. 862) nichts ein- zuwenden. Theodosius, der Schreiber von Verona LX (58), ge- 1) Vgl. oben S. 233. ') Diese Stelle kenne ich aus einer Photographie; nosas auf dem Kupfer des Nouveau Traité zu III 236 starnrnt aus derselben Handschrift. 236 L. Traube, braucht nosi, ich weiB nicht, für welch en Kasus. 1 ) 1m allgemeinen aber darf man es wohl als französische Bildung ansehen. Über seine Verwendung in den karolingischen Urkunden, wo es bereits nur den Nominativ darstellt, habe ich oben S.219 gesprochen. Auch Handschriften etwa der gleichen Zeit haben es in diesem Sinne nieht ganz selten, z. B. Harley (aus Corbie?) 208, Milnchen (Benediktbeuern) lat. 4547; Zürich (Rheinau) Kant. CXL hat nOSr. neben ni., Zürich (Rheinau) Kant. XCII nosi neben nr. Selbst der Ire, der Basel A VII 3 im 9. Jahrhundert schrieb, ließ nosi zu. Unerklärt bleibt die Suspension nosr, für die ich früher gleich- falls keine Beispiele gebracht habe. Sie steht für nostris in Mailand (Bobbio) B.31 sup.; dnm nosrm in Brüssel (Soissons) 9850 c. a. 700 ist die Kontraktion dazu. 24. Die karolingische Deklination NR NRI. Die Geschichte von noster ist abgeschlossen. Nach so vielen hin- und hergehenden Versuchen, nach so vielem Streit und Aus- gleich ergab sich der karolingischen Zeit folgendes als die endgültige Deklination: nr nra nrl nrorllm nrae nrarum nro nris nrm nros nram nras Doch blieben imrner noch einige zweifelhafte Fälle, und sorg- fältige oder archaisierende Schreiber waren nicht mit alIen Einzel- heiten zufrieden. Ais Nebenformen von nr müssen die vorher besprochenen Bil- dungen ni, nrr, nOSr gelten. 1m Accusativ sing. rnasc. kommt gelegentlich nrum vor,2) z. B. in Mailand T. 120 s., Reims 377, München (Salzburg) lat. 15818, München (Tegernsee) lat. 27152, S1. Gallen 914. Für den Genetiv plur. steht nrom in St. Gallen 914. In der Handschrift des N otker Wien 1609 saec. X liest man immer nor wobei r in bekannter Weise einen Suspensionsstrich erhält. Einrnal 1) VgI. oben S. 217. 2) Vgl. z. B. oben S. 199 über ähnliche Forrnen von sanctus Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 237 wird zur Verbesserung ein zweites r herübergeschrieben. Und diese Form wieder (n ror) steht in Saint-Omer 33 bis fol. 23. Der Dativ plur. konnte, ohne unklar zu werden, noch verkürzt werden: nrs begegnet in Utrecht 32 (dem Psalter aus Reims). Die klassische Form des Genetiv sing. feme ist nrae; aber nre, das einem gelegentlich unterläuft, zeigt e, nicht weil es im Vulgären häufig für ae steht (es ist also auch nicht nostre aufzulösen), sondern weil es, rein graphisch betrachtet, der letzte Buchstabe ist. Ich habe, der typographischen Bequemlichkeit zuliebe, hier wie sonst, den Abkürzungsstrich gewöhnlich über den SchluBbuch- staben oder den letzten Vokal setzen lassen. Dies entspricht nicht der ä1teren Sitte, die ihn mehr nach der Seite zieht, wo die Buch- staben fehlen, und ihn meist über dem r anbringt. Aber auch hier schwankt der Gebrauch. In Paris lat. 12949, einer Handschrift aus der Schule des Heirich von Auxerre, steht er mehr nach meiner Art; oft störend, wie ich zugeben muB: Z. B. wenn aura reuerentia bedeuten solI a vestra reverentia. Ganz ebenso halten es turonische Schreiber, wenn sie, wie der von London -Add. 10546, corda ura kürzen. Doch die Setzung und Formung des Striches gehört in ein anderes Kapitel der Lehre von den Abkürzungen; vgl. oben S. 45 ff. Hier sollte nur das mannigfache Spiel der Buchstaben betrachtet werden. 6. Entfaltung der lateinischen Kontraktion. Die sakrale Reihe der lateinischen Kontraktion war im 5. Jahr- hundert durch scs , am Beginn des 6. durch ni etc. (= nostrt) er- weitert worden. Das geschah in den Werken der christlichen Lite- ratur. Damals aber war der christliche Kalligraph bereits zum haupt- sächlichen Vervielfä1tiger der gesamten neuen und älteren römischen Literatur geworden. Er kopierte ebensowohl die Gesetzbücher und den Virgil, als die Evangelien und den Cyprian. Es hatte das eine doppelte Folge. Die ursprünglich sakralen Kurzformen wurden auch da angewandt, wo sie nicht hingehörten. Man schrieb im Virgil ds nobis haec otia fecit und nannte den Kaiser dns. Darüber ist oben am Schluß der betreffenden Abschnitte berichtet worden. 238 L. Traube, Dann aber drängten sich unwillkürlich Analogiebildungen in die Feder, die mit dem sakralen Element der Kontraktion nur entfernt oder gar nicht mehr zusammenhingen. Nunmehr kann man eigent- lich erst von einem Prinzip der durch Kontraktion vollzogenen Kür- zung sprechen. Bis dahin waren es wenige und bestimmte Worte, die man durch AusstoBung des Wortinnern ausgezeichnet hatte. Jetzt tritt die Kontraktion als eine Art der Schriftvereinfachung neben die ältere Suspension und beginnt diese zu verdrängen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daB auf dem Gebiet der Titulatur der Ausgangspunkt für dies en Fortschritt zu suchen ist. Die nicht sakrale Verwendung der kontrahierten Kurzform für dominus 1) auf der einen Seite, auf der andern Seite die naheliegende Verwandlung von Suspensionen christlich gefärbter Worte wie EP. (= episcopus) in EPS , DIAC. (= diaconus) in DIACS 2), PB. in PBR, reu (= reve- rentissimus) in reu s, die sich aIle aus italienischen Handschriften und Steinen des 5. bis 6. Jahrhunderts nachweisen lassen und un- mittelbar durch die sakralen Formen dns , sps , scs hervorgerufen sind, erklären aufs einfachste, wie urn dieselbe Zeit aus P. P. (= prae- fectus praetorio) þþo 3) werden und m agtro offOrum (für magistro officiorum) , a ugli (für AugustaU) und dergleichen aufkommen konnte. Über den weiteren AnstoB, den die Erfindung von nï etc. geben muBte, vgl. oben S. 193. BesQndere Gelegenheit zur Entfaltung des neuen Prinzips bot diejenige Klasse von Handschriften, in denen überhaupt vornehmlich gekürzt wurde. Es waren die juristischen. Die in ihnen seit langem gebrauchten Kürzungen (die sog. Notae iuris) hatten bis dahin aus- nahmslos auf Suspension beruht. Nun ging exsc. (= ex senatus consulto) in exscó, S. (= sententia) in sa, ac. (= actio, -nis etc.) in acne (= actione), iud. (== iudicium) in iudurrl l pee. (= pecunia) in 1) Vgl. oben S. 167 ft. 2) Auf einem Capuaner Stein a. 565 steht das sprechende Zeugnis des Über- gangs: DIACI ROMANI. 3) Neben P. P. waren PRo PRo und andere Formen im Gebrauch. In Hand- schriften saec. VI und in Überlieferungen von Schriftstellern saec. VI und VII, z. B. bei Ennodius ed. Vogel n. CCCLXIV p. 265 (ich habe die Stelle im Index zurn Cas- siodorus unter vilis gedeutet), ist noch öfters pp erhalten. In den alten Hand- schriften des Theodosianus und in den sehr viel jüngeren des Cassiodor und der Briefe Gregors I herrscht bereits pþo. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 239 peca, mcip. (= mancipio) in m cipio, mf. (= manifestum) in mltum, aber auch z. B. lc. (= licet) in lc oder lcr über. Die Suspensionen wurden in Kontraktionen verwandelt. Oft entstanden dabei Zwitter- gebilde, wie cr. nus (= civis Romanus); hier ist cr. die ursprüng- liche Suspension (c. r.), an we1che die Endung ganz äuBerlich an- gehängt ist. Der Punkt blieb dabei stehen, wie bei iud . um und andern derartigen Neubildungen. Wir müssen hier einen Augenblick anhalten, urn auf das Ver- hältnis von Strich und Punkt zu dern neuen Prinzip der Kürzung hinzuweisen; vgl. oben S. 45 ft. Das Abzeichen der Suspension war im Lateinischen vordem der Punkt nach dem Worte gewesen oder die Punkte vor und nach dem Worte, wofür es ja nicht nötig ist, irgendwe1che Beispiele anzuführen. Wie nun später die Suspensionen auBer durch den Punkt auch durch den Strich und schließlich nur durch diesen bezeichnet wurden, so behielt man bald nach dem Aufkommen des neuen Prinzips bei den Contractis auBer dem Strich auch oft noch den Punkt bei. Es führen die so geschriebenen Formen reclrt eigentlich in die Zeit des Schwankens und Werdens hinein. Wir sehen das am besten, wo diese Erschei- nung bei den ä1teren Nomina sacra auftritt. Es steht z. B. XPI auf einer Inschrift im Museo Laterano (bei Rossi tav. I 1) zwischen zwei Hederae, die hier die Punkte vertreten; auf der bekannten Inschrift des Clematius in Köln liest man PRO NOMINE. XPI . SANGVINEM SVVM FVDERVNT,1) was einen durchaus echten und alten Eindruck macht. Ja, der Punkt oder die Punkte haben sich bei den Nomina sacra contracta auch oft noch in Handschriften erhalten. Man ver- gleiche über Handschriften des Typus drifs oben S. 178 ft., über Hand- schriften des Typus dns oben S. 190. Obgleich gelegentlich diese Eigentümlichkeit sich aus der Vorlage übertragen hat, ist man be- fugt, sie als ein Zeichen des Alters, als ein Merkmal gerade der Zeit des Übergangs vom 5. zum 6. Jahrhundert anzusehen. 2 ) 1) Vgl. G. Morin in den Mélanges Paul Fabre, Paris 1902, S.53. 2) Vgl. oben S. 159 fiber die dam it zusammenhängende gleichfalls alte Schreibung Xpl . anus. 240 L. Traube, Der Übergang von der Suspension zur Kontraktion, die Ver- einigung von Punkt und Strich, das allmähliche Überwiegen der kon- trahierten Formen zeigen uns in den vorher erwähnten alten juristischen Handschriften und in den Verzeichnissen der Notae iuris, die als Schlüssel für das Verständnis solcher Handschriften abgefaßt wurden und in jüngeren karolingischen Abschriften auf uns gekommen sind, aufs deutlichste die lebhafte Bewegung und das zielbewuBte Vorwärts- streb en der immer mehr mit dem neuen Prinzip sich durchdringenden Kalligraphie. Der Veroneser Gaius und der Wiener Ulpian nehmen eine ältere Stufe ein als die Fragmenta Vaticana. Yon den Verzeich- nissen entspricht das des sog. Probus wieder mehr der Art des Gaius, die sog. Notae Lugdunenses mehr der Art der Fragmenta Vaticana. Das hat Mommsen gezeigt; 1) Sickel vervollständigte das Bild; 2) er deutete an, wie das Verzeichnis des Magno über die Notae Lugdunenses hinaus sich im Sinne fortschreitender Kontraktion be- wegt. Aber es war nicht das Vorbild der Tironischen Noten, wie er glaubte, das diese Entwickelung bedingte. 3 ) Die Kontraktion ent- faltete sich und wuchs, je weiter das Christentum vordrang und je mehr der christliche Kalligraph im römischen Schriftwesen zur Herr- schaft kame 1st dies einmal erkannt, so wird die Analyse der Notae iuris und die zeitliche Bestimmung der älteren juristischen Handschriften ein gutes Stück weiter kommen können. Aber auch auf die gesamte römische Überlieferung fällt ein neues Licht. Man begreift die Ver- wandtschaft der kirchlichen und juristischen Unciale. ') Der Kalli- graph, der im 5. oder "6. Jahrhundert den Gaius schrieb, war nicht weniger ein Christ, als der Schreiber, der im 7. Jahrhundert den Juristen tilgte und die Briefe des Hieronymus aber ihn setzte. Und nicht anders als mit dieser Veroneser Handschrift wird es stehen mit der Bobbieser, in der Ciceros Bücher de re publica unter Augustins Psalmenkommentar begraben liegen. A er selbst darüber hinaus glaube 1) Vor seiner Ausgabe der Notae in Keils Grammatici latini IV 277 und im Hermes XXV (1890) 153. 2) Lehre von den Urkunden der ersten Karolinger S.307. It) Vgl. oben S. 12 über Gitlbauer. 4) Von der älteren juristischen Unciale ist die Rede; christlicher Ursprung für die der Digesten versteht sich ebenso von selbst, wie für die Unciale und Halb- Unciale des Theodosianus. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 241 ich behaupten zu dürfen, daB unsere alten lateinischen Handschriften fast ausnahmslos von Christen geschrieben sind und äIter als das 4. bis 5. Jahrhundert nicht sein können. Das ergibt sich so. Die Griechen verwandten am ZeilenschluB, urn die Zeile einzuschränken,l) allerhand Ligaturen; statt t-J setzten sie neben den vorausgehenden Buchstaben einen Strich, der das t J vertrat, etwa so: I<À^Ü-I (= xa).óv). Die Verwendung dieses Zei- . chens hing rnit der christlichen Tradition nicht zusamrnen, es be- gegnet bei den Griechen schon im 2. Jahrhundert vor Christus. Doch die römischen Schriftstücke, die wir aus früher Zeit haben (neben den Inschriften die Reste der herculanensischen und ägyp- tischen Rollen) kennen nichts Entsprechendes. Erst die äIteste latei- nische Pergamentüberlieferung 2) hat, wo sich dazu AniaB bot, dem KÀ^Ü-I ein MAGNV -I gegenübergestellt, und es spricht alles dafür, daB der Gedanke dieser Schrifterleichterung, der zu den Lateinern nachweislich so spät karn, durch biblische Handschriften verrnitteIt wurde, daB also zuerst die christlichen Kalligraphen Italiens nicht nur SPS und flN Ä, sondern auch das SchluB-m und das SchluB-'J' sich entsprechen lieBen. Nun kennen von alten lateinischen Perga- menten rnit klassischem Inhalt diesen Gebrauch sowohl der Sallust von Fleury als die Exemplare des Livius aus Lorsch, Bobbio, Corbie und Bamberg, ferner der Cicero aus Bobbio u. s. w. Nur das von Chatelain entdeckte Fragment der Naturalis historia des Plinius aus Autun scheint eine Ausnahme zu machen; es hat am ZeilenschluB weder den m-Strich, noch den im Lateinischen später gewagten n-Strich. s) Die juristischen Handschriften der äIteren Zeit waren wegen der Fülle und der Art der Abkürzungen schwer zu lesen, und die Kon- traktion bewirkte hier zwar einigen Wandel und schuf gröBere Sicher- heit; aber die Veranstalter der Gesetzessammlungen im 5. und 6. Jahr- hundert 4.) fühIten sich doch bewogen, den Gebrauch der Notae für J) Vgl. Traube, Paläograph. Forschungen IV 53 (= Abhandlungen der Bayer. Ak., III. Kl. XXIV, 1). 2) Gelegentlich auch der christliche Steinmetz Filocalus, der zugleich Bücher- schreiber war. 3) Es wird hier auf die weitere Entwickelung dieses Gebrauches nicht ein- gegangen; vgl. Traube, Hieronymi chronicor. codicis Floriacensis fragmenta p. VII. 4) Vgl. Traube in der Enarratio tabularum zu Mommsens Theodosianus p. ]. Quellen u. Untersuch. z. lat. Philologie des MA. II. 16 242 L. Traube, die Reinschrift der Corpora zu verbieten. Damit büßte auch die Kontraktion, die bereits begonnen hatte, aller Worte sich zu be- mächtigen, viel an Boden wieder ein. Ein vö11iges Verschwinden war freilich ausgeschlossen. Die groBe Bequemlichkeit der Notae und darunter gerade derjenigen, die schon durch Kontraktion gebildet wurden, schützte davor. So kürzten also die Notarii selbst da, wo es ausprücklich - untersagt war (in den Handschriften der Corpora), wenigstens hie und da, wenigstens ein und das andere Wort in alter Art. In den Urkunden aber, wo sie unbeschränkt waren, schrieben sie Z. B. hdes (= heredes) und sstL (= suprascripti) fast regel- mäBig. Diese kontraktiven Formen waren mittlerweile an die Stelle der betreffenden älteren suspensiven Ii und s. S. getreten. Auch in den Handschriften der Konzilien ist manches derartige zu finden und geht auf den nicht ganz bezwungenen Hang der Notarii zu Kürze und Bequemlichkeit zurück. N ur die Techniker hatten sich ursprünglich den Gebrauch der Kürzungen erlaubt, als diese noch lediglich durch Suspension her- gestellt wurden. Also auBer den Juristen die Mediziner, die Mathe- matiker, die Grammatiker, die Periegeten U. S. W. In den Rein- schriften von eigentlichen Werken der Literatur duldete man bloB die Kürzung der Namen und Ämter und einiger ähnlicher Technika. Auch auf diesem so eingeengten Gebiet macht sich der Übergang zur Kontraktion im 5. bis 6. Jahrhundert fühlbar. ZUll Beispiel in der Überlieferung der Briefe des Symmachus (bei Seeck p. 212, 1 und 212, 12) scheint nicht mehr die Suspension iud., die so oft in unsern Klassiker-Handschriften vorkommt und neben iudices auch iudicium bedeutet, sondern die Kontraktion ludum vor- zuliegen. 1m Archetypon des Valerius Maximus (vgl. Kempf p. 34,9) ebensowohl als in dem von Senecas De beneficiis (vgl. Hosius p. 44, 7) standen neben der Suspension aug. (für Augustus etc.) auch die Kontraktionen auç i (Augusti) und aligo (Augusto). Der Liber de of- ficio proconsulis wird im sog. Philoxenus-Glossar Paris lat. 7651 als liber de ofJO proconsulis zitiert (vgl. Rudorfs Tafel in den Abhand- lungen der Berliner Akademie 1865). Eine andere Ursache, die das völlige Erlöschen der Kürzung und dam it auch der Kontraktion verhinderte, wird begriffen, sobald wir von der chronologischen Betrachtung zu einer lokalisierenden Nomina sacra_ IV. Nomina sacra im Lateinischen. 243 übergehen. Was nämlich an den Hauptplätzen der Kalligraphie zu verhindern gesucht wurde, geschah in provinzialen Schreibschulen ruhig weiter. Mag der Gaius von Verona in die Zeit fallen, als der Noten-Gebrauch noch nirgends eingeschränkt war, so fällt der Kom- mentar zum Gaius sicher in den Zeitraum des Verbotes und mag in Autun geschrieben sein, wo Chatelain ihn entdeckte. In Verona wurden im Laufe des 6. Jahrhunderts zwei Handschriften geschrieben, Verona LIII (51), Facundus, und Rom Vatic. 1 at. 1322, Can ones, die als Erzeugnisse einer Schule gelten dürfen, in der die Notae iuris und andere Kürzungen - beide meist in kontrahierter Form - an den älteren juristischen Gebrauch erinnern. Haben wir hier noch die Handschriften selbst zur Verfügung, so ist eine gleichzeitige viel bedeutendere provinziale Schule nur aus ihren we it herabreichenden Wirkungen zu erschlieBen. Während näm- lich in Italien und Frankreich der Gebrauch der Notae im 6. Jahr- hundert als fast versiegt oder doch aufs äuBerste zusammengeschmolzen erscheint, verfügen die insularen Schreiber des siebenten und der folgenden Jahrhunderte über den ganzen Besitzstand der älteren Zeit. 1m Zusammenhang mit andern graphischen Tatsachen weist das auf eine bedeutende Schule in Südwestbritannien, in der im 5. und 6. Jahr- hundert - fast wie im bewuBten Gegensatze zu Frankreich - die N otae aller Art gepflegt wurden. Unsere bisherigen Feststellungen bezogen sich auf die Ent- wickelung, Pflege und Beschränkung der Kontraktion in den Schulen verschiedener Länder, die aber von einem Zentrum abhingen. Das Zentrum war Rom, für die christliche Literatur eine Zeitlang vielleicht eine oberitalienische Stätte, wie Mailand. Yon da aus empfingen die Schulen Italiens, Frankreichs, Südwestbritanniens und zunächst auch Spaniens ihre Regeln dadurch, daB die römischen oder von Rom aus- gehenden Literaturwerke rasch sich verbreiteten und die Moden der Schrift und vor allem der Kürzung überallhin trugen. Die dadurch verbreiteten Bildungsgesetze waren noch die einfachsten. An die vorhandene Suspension hing man, urn die Kontraktion herzustellen, den letzten Buchstaben oder die letzte Silbe oder die letzten Silben des Wortes an: man vergleiche ep s (= episcopus), p ec a (= pecunia), ñ dem (= heredem), sf; Ii (= supra scriplt) , mftum (= manifestum), ñldibus (= heredibus) , in clpio (= mancipio). Die Suspension en 16* 244 L. Traube, selbsP) waren, je nach der Zeit, der sie entstammten, durch den oder die ersten Buchstaben des Wortes (h = heres, pro = praetor), durch die erste Silbe 2) und den ersten Buchstaben der nãchsten Silbe (ep. = episcopus, iud. = iudicium, off. = officium etc.), durch die er.5ten Buchstaben der führenden Silben (bl = beneficium, mf. = manifestum) oder ãhnliche Kombinationen (z. B. mcip. = mancipium) hergestellt gewesen. Dies eröffnete der Kontraktion weiten Spiel- raum, verlieh ihr viele Möglichkeiten. Dieser römischen oder italienischen Art der Bildung steht eine andere gegenüber, die ihren Ursprung in Afrika hat. Wir betreten damit abermals dies für die Entwickelung der christlichen Literatur so wichtige Land. DaB die folgenreichste N eue- rung der christlichen Kalligraphie, die Übernahme der kontrahierten Nomina sacra aus dem Griechischen, nicht in Afrika erfolgte, sondern dort erst am Ausgang des 4. Jahrhunderts yon Italien aus bekannt wurde, hat sich oben bei der Analyse der Evangelien-Fragmente k ergeben. 3 ) Spãter aber stellten die afrikanischen Schreiber eine Reihe eigen- tümlicher auf Kontraktion beruhender Formen den italienischen Bil- dungen entgegen. Wir finden auf afrikanischen Inschrift en: EP-SCPS (= episcopus, ita!. EPS) ClL. VIII 11645; a. 582 ECLSA (= ecclesia, ita!. ECLA) Mélanges d'archéologie XXIII 12 (vgl. oben S. 164); PSTS (= depositus) CIL. VIII 11645; BN CTS (= benedictus) und D MS T CS (= domesticus) CIL. VIII p. 2282. Wir können diese Art, dem Eindruck nach, als eine hebraisierende bezeichnen.() Der wahre Ursprung liegt aber wohl vielmehr in der polysyllabaren Suspension vom Typus DMN. (= dominus).5) Yon Afrika kam diese neue Sitte im 6. und 7. Jahrhundert nach Spanien. Wir finden ihre ersten Spuren dort im Breviar von León, in dem sich italienische mit afrikanischer Art berührt. Spanien wieder bildete die hebraisierende Kontraktion noch weiter aus und vermittelte sie zu einem freilich nur kleinen Teile yom 7. bis zum 9. Jahrhundert 1) Vgl. oben S. 205 f. I) Selten durch diese allein, iu. = iure, ju. = jui!. 3) Vgl. oben S. 138 ft. und S. 146 ft. über das früheste Vorkommen der Nomina sacra contracta auf afrikanischen Inschriften. .) Vgl. über derartige Schreibungen im Griechischen oben S. 35. f>) Vgl. oben S. 172. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 245 den andern Sehreibsehulen des Kontinents, auf die es dureh die ge- waltigen Massen von Literatur EinfluB gewann, die es damals teils erzeugte, teils aus früherer Zeit übernahm und in Umlauf setzte. Die folgenden Übersiehten wagen den sehwierigen Versueh, diè Errungensehaften der versehiedenen kalligraphisehen Sehulen zu- sammenzustellen, soweit sie auf dem Prinzip der Kontraktion sich aufgebaut haben. Die Abgrenzung der einzelnen Sehulen und die Reihenfolge, in der sie dabei vorgeführt werden, ergibt sieh aus den Darlegungen auf S. 243 ft. Nur wird hier noeh die beneven- tanisehe Sehule, die von der römisehen abhängt, aber von der spani- sehen und später der insularen beeinfluBt ist, naeh der spanisehen eingefügt.l ) Römische, bezw. italienische Schute (vgl. oben S. 243 f.). 1. Die aUe sakrale Reihe ds, iliS, xps, sps seit e. a. 300, dazu dns seit saee. IV; ferner die Attribute scs seit saee. V, nl, no etc. seit saee. VI in. Vgl. darüber oben. S. 146 If. und 243. 2. Kirehliche Worte, von denen die meisten saee. V/VI gebildet wurden: omnips = omnipotens (saee. VI). pbl pbõ etc. = presbyteri -ro (saee. VI), eps = episcopus (saee. VI), diacs = diaconus (saec. VI), clrs = clericus (saee. VIII). kme = karissime (saec. VI?), reus = reverentissimus (saee. VI), frabs = fratribus (saee. VII). ecc[a = ecclesia (saec. VII). 3. Allgemeine Worte aus dem Bestand der Notae iuris, gebildet saee. V/VI, hier nur so weit aufgezählt, als sie sich außerhalb des 1) Zu vergleichen ist das alphabetische Verzeichnis der Kontraktionen unten S. 252 ft., wo vor allern die Suspensionen verzeichnet werden, soweit sie zum Verständnis der kontraktiven Bildungen dienen können. Die eingeklarn- merten Angaben, wie (saec. VI) etc., bezeichnen kurz das Alter rneines jedesrnal- ältesten Beleges. Es braucht kaurn noch einrnal hervorgehoben zu werden, daß mein Versuch nur darauf abzielt, die Kontraktionen zu erläutern; die Sus- pen s ion e n sind hier nur subsidiär behandelt 246 L. Traube, engen technischen Kreises erhalten haben und später wieder hervor- treten : ee = esse uo = vero qa = quia qdo = quando. Über heres vgl. unten unter 5., über noster oben unter 1. 4. Allgemeine Worte, dem Bestand der Notae iuris später hinzu- gefügt: oms = omtÍes, om a = omnia (saee. VI). qm und qurñ = quoniam (saee. VII). 5. Aus Urkunden (saee. VI): versehiedene Kontraktionen, be- sonders yon heres und supra scriptus. Jüngere afrikanische Schute (vgl. oben S.244). Wir sind für sie auf die Steine angewiesen; denn direkte hand- sehriftliehe Zeugnisse, wie sie k (vgl. oben S. 138 ff.) entnommen werden können, eröffnen einen Einbliek nur in die ä1tere afrikanisehe Sehule. Es folgt das Eindringen der italienisehen Kontraktion; dann erst in einer Zeit, aus der wir, wie es seheint, afrikanische Handschriften nicht mehr haben, bildet sich die jüngere Sehule aus. 1. Zu den italieriisehen Nomina sacra eontraeta fügen die Afrikaner sts = sanctus (saee. VI), vielleieht aueh Formen für Israel und lerusalem. 1 ) 2. Über kirehliehe Worte, wie epscps und eclsa (saec. VI) vgl. oben S. 244. 3. Es ist sehr wahrseheinlieh, daß viele der in der nächsten Übersicht zusammengestellten spanischen Formen schon in Afrika gebildet wurden. Über Israel und lerllsalem vgl. oben unter 1. Spanische Schute (vgl. oben S. 244). Die Eigenart der spanisehen Schreiber gibt sieh besonders in den hebraisierenden Formen der Kürzung kund;2) sie unterseheiden 1) Vgl. oben S. 105 ff. ) Oiese Bildungsgesetze sind so lebendig, daß die einzelnen Schreiber öfters neue und eigene und doch sofort als spanisch zu bezeichnende Forrnen hervor- bringen. So findet man in dem Uncial-Fragment (Labitte, Le Manuscrit I 168), das sonst keine örtliche Bestimrnung zuläßt, neb en apsi Ti das offenbar auch auf spanische Herkunft deutende tstmntl . 1m karolingischen Isidor Basel F f. III 15 ist appltr gewiß aus der spanischen Vorlage übernomrnen. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 247 sich aber schon dadureh z. B. von den italienisehen Sehreibern, daß sie der Suspension fast immer aus dem Wege gehen. Bereits vor handene suspensive Formen bedingen dann die Form der betreffenden spanisehen Kontraktion, wie z. B. bei aum = alltem, ppr = propter, flm = flagellum. 1m einzelnen hervorzuheben sind folgende Formen. 1. In der sakralen Reihe kann sprts (vgl. oben S. 166) hierher gehören; dmns (vgl. oben S. 173) kommt nur in der Titulatur vor. Yon den Attributen ist spaniseh nstr (saee. VII), nsr (später); vgl. oben S. 223 und S. 220. Über srhl und sri vgl. oben S. 107; über ihrslm oben S. 111. 2. Kirehliehe Worte: sc[fñ = saeculum (saee. VII). prsr = presbyter (saee. VII/VIII), epscps (aueh epscs) = epi- scopus (saee. VIII). apstls oder apsls = apostulus (saee. VII), prphfã = propheta (saee. VIII), dscpls = discipulus der Jünger (saee. VIII), epstlã oder epsla = epistula (saee. VIII). g[a = gloria, aber vielleicht war die hebraisierende Bildung giro' die eigentliehe spanisehe Form. msrcdia = misericordia (saee. IX). an = amen (saee. X), ptr = pater (saec. XI). 3. Allgemeine Worte, wo Notae iuris irgendwie vorangegangen waren: tmn = tamen (saec. VII), qnm = quoniam (saee. VIII, wahrsehein- lieh spanisch). aum = autem (saee. VIII), ids"i und idi = id est (saee. VIII), ppl1 und ppr = propter (saee. IX), ut = vel (saee. IX). tpore = tempore (saee. VII). 4. Zusätze zu den allgemeinen Worten, wo Notae iuris nicht geprägt waren: homns = (h)omnes (saee. VIII), ms = meus (saee. VIII), scds = secundus (saee. IX). sá = sicul (saee. X). nmn = nomen (saee. VII), gns = genus (saee. VIII). ppls = populus (saee. VIII), grcî = graeci (saee. VIII). 248 L. Traube, 5. Aus den Gesetzbüehern: aqa = antiqua, Übersehrift der einzelnen Gesetze in der Lex Reeeesv., Rom Reg. lat. 1024 (saee. VII). 11m = flagellum (saee. VII). Beneventanische Schute (vgl. oben S. 245). Sie hat in der Kontraktion folgende Besonderheiten: 1. Kirehliehe Worte: mid = misericordia (saee. VIII), gloa = gloria (saee. VIII). 2. Allgemeine Worte: ama = anima (saee. X), dann aueh z. B. ami = animi; popls (saee. XI); tpe = tempore, vgl. oben S. 247. Insutare Schute (vgl. oben S. 243). Nach unserer Vermutung verhä1t sich die insulare zur südwest- britannisehen, wie die spanisehe zur afrikanisehen Sehule. Da die südwestbritannisehen Schreiber im Besitze der vollständigen N otae iuris waren, so verfügen über diese aueh die insularen Schreiber. Aufgezählt wird hier nur das, was als ihre Zutat erseheint, naeh dem Gesagten aber sehr gut aueh ä1ter, also südwestbritanniseh und zum Teil darüber hinaus italieniseh sein kann. 1. Kirehliehe Worte: ko und andere Formen = homo; fls = filius; pr = pater; peccam = peccatum (saee. VIII). 2. Allgemeine Worte, wo Notae iuris irgendwie vorausgegangen waren: St- = sunt (saee. VIII) cs = cuius (saee. VIII) hs = huius (saee. VIII) tñ = tamen (saee. VIII) ts = trans (saee. IX) qsi = quasi (saee. VIII) igr = igitur (saee. IX) t = vel. -n = -runt (saee. VIII) nc = nunc (saee. IX) tc = tunc (saee. IX) tm = tantum (saee. VIII) qi = quot (saee. IX) Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 249 3. Allgemeine Worte, wo die Notae iuris nieht vorangegangen waren: sm = secundum (saee. VIII), darnaeh aueh Formen wie sa - secunda etc. sr = super (saee. VIII) he = Izunc (saee. VIII). dicere: dr oder dir oder dicr = dicitur dnr oder dntr = dicuntur di oder dc r = dicit dnl = dicunt saee. VIII und IX. dre = dicere dcs oder dics = dicens dciii = dictum habere: hi = habet hni = habent hre = habere. noe = nomine und entspreehende Formen. ois = omnis und entspreehende Formen (also Ol, oe, oes neb en os, oium, o[a neben oil); insular seit saee. VIII, bene- ventaniseh seit saee. XI. pIs = populus (saee. IX). nuo = Ilumero (bei Johannes Seottus). Während die Kürzung und im besonderen die Kontraktion bei den Spaniern und den insularen Sehreibern gedieh, war sie, wie wir gesehen haben, bei den Italienern - und ebenso bei den Franzosen, die ihre Anregung von den Italienern bekamen - mehr oder weniger eingegangen. Wir haben den Grund in dem Verbot der Notae iuris gesueht; doeh sollte man vielleicht allgemeiner schon dieses Verbot selbst als ein Zeiehen der Reaktion auffassen. Die Folge dieser Verhä1tnisse ist jedenfalls, daß die Grundlagen unserer Überlieferung: die gewöhnliehen festländisehen Handsehriften, die, wenn man weite Grenzen setzt, vom 8. bis zum 12. Jahrhundert reichen, arm sind an gekürzten Wörtern und dem Verständnis hierdureh kaum irgendwo ein größeres Hindernis in den Weg legen. Vornehmlich die 250 L. Traube, Karolingischen Schuten gewähren ständigen EinlaB ganz wenigen Kurzformen. Nur, wo starke insulare Einflüsse gewirkt haben oder Kreuzungen 1) ein- getreten sind, ist das Bild ein anderes. Gelegentlich haben auch spa n i s c he Vorlagen in dieser Richtung gewirkt. Eine kleine An- zahl insularer und spanischer Bildungen bürgert sich wirklich ein und stellt sich neben die überkommenen italienischen Formen, deren Zahl überwiegt. Beispielshalber, die Turonischen Kalligraphen der guten Zeit kommen mit folgenden Kontraktionen aus: sie gebrauchen die Kurzformen der alten sakralen Reihe und dns, dazu die Attribute, ferner . ee., omps, isrt, eps, apls, sclm, qnm neben qm; daneben benutzen sie noch eine Anzahl von Suspension en, die hier zu be- sprechen nicht der Ort ist. Die Schreiber Hincmars von Reims sind vielleicht noch etwas sparsamer, sie bevorzugen qnm 2) und ire. Der Veroneser Pacificus und seine Schule hält sich fast ganz an den Turonischen Gebrauch; eigentümlich ist ihm ma für misericordia, eine Form, die schon in älteren Veroneser Handschriften überrascht. In anderen karolingischen Handschriften findet man von Kon- traktions-Bildungen älterer Schul en in zum Teil etwas veränderter Gestalt auBerdem benutzt die Kürzungen für epistula, discipulus, ec- clesia, gloria, S) misericordia, propheta, {rater, omnis, vero, quando, nunc, tunc, sunt, vel. 4) Ais Erfindungen oder Wiederbelebungen der karolingischen Schreiber könnten (abgesehen von den eben erwähnten Ausgestaltungen ä1terer Formen) folgende Kontraktionen gelten: grii (= gratia), angls (= ange Ius) , dilml und ähnliche Formen (= dilectissiml) , ferner ca (= causa), apd (= apuá), pz (= post) und qâ (= quoá). Doch sind auch diese Formen wahrscheinlich schon früher im Gebrauch (viel- leicht zunächst der insularen Schreiber) gewesen. 1) Vgl. Neues Archiv d. Ges. f. åltere d. Geschichtskunde XXVI 238 Anm. 3. 2) Daneben gebrauchen sie die Suspension quo. 3) Auch Pacificus kennt gta. 4) Vg1. für aUe diese Worte das Nähere in dem Verzeichnis, das auf diesen Abschnitt folgt (S. 252 ft.). Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 251 Die Zeit vom 9. bis zurn 12. Jahrhundert bringt keine Neuschöpfungen hervor. Ein kontraktiver Versuch, wie sit für sed, den ich erst aus dem 10. Jahrhundert belegen kann, ist gewiB älter. Sicher dad man dies von andern Formen behaupten; sucht man, so finden sich für aIle etwas auffäl1igen Erscheinungen die Vorbilder bei den Insularen. In der Tat war es denn auch die Hauptleistung dieser nachkarolingischen Periode, aus dem Vorrat der älteren Schul en Brauchbares auszuwählen und sich anzueignen. Die Zeit vorn 13. bis zurn 15. Jahrhundert bedeutet dagegen einen erneuten Aufschwung auf dem Gebiet der Kürzung und auch der Kontraktion. Die Blüte der medizinischen, juristischen und philosophischen Studien, we1che die Schaffung neuer Technika bedingte; die groBe Literatur der Briefsteller und Formel- bücher, die zur Kürze und Knappheit drängte; das Diktieren und Nachschreiben der Kollegienhefte an den neuen Universitäten; das Konzipieren und Exzipieren dèr ins Massenhafte sich steigernden Predigten seit der Begründung des Dominikaner-Ordens - das sind die Momente, die zusammenwirken, urn in diesem letzten Zeitraum der lateinischen Paläographie einen ebenso gewaltigen wie unorgani- schen Haufen von allerhand alten und neuen Kurzformen aufzutürmen. Ein gewisser Fortschritt besteht darin, daB man mit einiger Gleich- mäBigkeit im Innern der Worte Buchstaben oder Silben ausläBt. Man schrieb etwa mone für mon(er)e, minoem für mino(r)em, spes für spe(cie)s, aucte für auc(torita)te, cali für ca(s)u. Später setzte man die Endbuchstaben nach der Auslassung etwas über die Zeile. Dadurch entstehen immer Formen, die sich als Kontrakta darstellen. 1m ganzen aber, muB man sagen, ergaben sich damals mehr neue Schemata und allgemeine Möglichkeiten, als einzelne festumrissene neue Gebilde, die sich mit denen der früheren Zeit auf gleiche Stufe stellen könnten. Man darf etwa spes vergleichen mit Formen wie epta, -e für -ere mit -ri für -runt. Dagegen schaffen z. B. die Aus- lassungen von r und s wohl eine bequeme Freiheit für das Schreiben, aber nicht minder eine lästige Vieldeutigkeit für das Lesen. 252 L. Traube, Das folgende Verzeichnis umfaßt die Kontraktionsbildungen der ä1teren, in festen Grenzen sieh haltenden Epoehe. Absichtlieh aus- gelassen sind Formen wie /co (= lectio) , dmnca (= dominica) , die bei spanisehen Sehreibern nur gelegentlieh vorkommen, sonstige nicht reeht durehgedrungene Bildungen (z. B. für euangelium), sowie einige anerkannte Kontraktionen aus der Zeit vom 12./13. Jahrhundert (z. B. abbs, fJatus, iohes). Verzeichnis der vorn 5. bis zurn 12. Jahrhundert gebräuchlichen Kontraktionen. amen. Die Kontraktion an ist spanisch saee. X, vgl. oben S.247. a nge l us. 1m Würzburger Propheten-Palimpsest steht einmal ang (vgl. oben S. 185), in französischen und deutsehen Handschriften saee. IX angts, was eine Suspension angt vorauszusetzen scheint (vgl. oben S. 250). anima. Über die beneventanisehe Kontraktion ama (saee. X), die dann aueh aml etc. naeh sich zieht, vgl. oben S. 248. apostolus. AUe Suspensionen sind AP. (römiseh a. 533-535), und APOS. (römiseh a. 544); daneben treffen wir in insularen, fran- zösisehen, deutsehen Handsehriften saec. VIII sq. zahlreiehe andere Formen, wie apt, apol, aposl, aposr, aposIt, apst, die zum Teil viel älter sein werden als ihre Handsehriften. Kontraktionen: apstts und apsts spaniseh seit saec. VII (vgl. oben S. 247), apostts insular saee. VIII; apots, aposts, apts (dies die karolin- gisehe Normalform, vgl. oben S. 250) seit saee. VIII-IX in fran- zösisehen, beneventanisehen und deutsehen Handsehriften; oft begegnen fünf bis seehs versehiedene Formen (Kontraktionen wie Suspensionen) nebeneinander. apud. Die Suspension ape oder aþ ist Nota iuris, sie kommt bei den Inswaren vor, wird karolingiseh apd. Vgl. oben S. 250. autem. Neben der Suspension ar. oder ai, welche als Nota iuris vorkommt, ist au naehzuweisen seit saee. VII in italienisehen Handschriften; doeh gewiB war die Form ä1ter, da aus ihr spa- niseh aum (saee. VIII) hervorgegangen ist; vgl. Neues Archiv d. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 253 Gesellseh. flir ältere deutsehe Gesehiehtskunde XXVI S. 234 ff. und oben S.247. caras vgl. karlls. causa. Eine Suspension c. oder c. ist Nota iuris; die Kontraktion ca z. B. in S1. Gallen saee. VIII 'IX; sie bleibt äußerst selten und wird von Philologen gewiB nur fälsehlieh öfters als die Ursache von Textverderbnissen vorausgesetzt. Anerkannte Abkürzung ist ca erst seit saec. X III. c le rUSe Die ziemlich aUe Suspension ctr ist erhalten z. B. im Lu- censis des Liber pontif.; ctrs ist Kontraktion für clericus italie- niseh saee. VIII und französiseh saee. IX, dafür aueh clrîci und clS saec. IX. Vgl. oben S. 245. cuius und hulas. Die Suspensionen cui. und hui. oder CUl. und hUl. sind Notae iuris. Unabhängig davon entstehen die Kontraktionen cs und ñs (irisch saee. VIII). Yon den Suspensionen, die ihnen zu Grunde liegen, ist tt = hllius in einer insular beeinfluBten Handsehrift saec. IX erhalten. diaconus. Die alte Iteration dd. = diaconi in der Tradition der Cyprianisehen Briefe (vgl. dixerllnt unter dicere und dilectissimi) setzt die Suspension d. = diaconus voraus, daneben gibt es diac. im Liber pontificalis, in Konzil-Handschriften, im Archetypon des Fortunat und Ennodius. Die werden de Kontraktion DIACI ROMANI steht auf einer Capuaner Insehrift a. 565, dann findet sieh oft in Konzil-Handsehriften seit saee. VII diaco = diacono etc. Vgl. oben S. 245. dicere. Alt ist die Suspension II (oder mit andersartigem Strich) = dixit, iJd = dixerunt, be ides im Gebraueh der Notare (meist erhalten in den Konzil-Handschriften und Acta martyrum bei Aufzählung von Rede und Antwort [r. und rr. = respondit ,und responderunt]); sie drang aueh in die Texte ein (z. B. Münehener Pentateuch, Überlieferung der Orestis tragoedia, Commodian, Auctor de dubiis nominibus); später sehrieb man dix und dx. Eine andere Suspension d. = dicitur wird von den Scholiasten saec. VI gebraueht. 254 L. Traube, dicere. Über die Kontraktionen dr, dir, dier (= dicitur) , dnr, dnl r (= dicuntur) , di, dci (= dicit), dnc (= dicunt), dye (= dicere), des, dfcs (= dicens) , dcm = (dictum), die seit saee. VIII oder IX nachzuweisen sind, zuerst wohl bei den Iren, vgl. oben S. 249. dilectissimi jratres. Die alte Iteration dd. (vgl. diaconus und dixerunt unter dicere) z. B. im Basilieanus saee. VI des Hilarius; die Kontraktionen dl mi , dilml, dilecml (beeinfluBt von den Kurz- formen für karissimi) seit saee. VIII italienisch, französisch, deutsch. Vgl. oben S. 250. discipulus (derJünger). Eine Suspension disciþ ist nachzuweisen (in- sular saec. VIII), auch andere Formen kommen vor, z. B. discipii. Die Kontraktion dscpls ist spanisch (Berlin la1. F. 327); einer Reihe anderer Versl1che, die nicht reeht durehgedrungen sind, begegnet man in deutschen Handsehriften saee. IX: dcplLs, auch ttciplina, displis, discplfs, disciplis (gewöhnlieh ist das I durch- strichen). Vgl. oben S. 247 und 250 und unten S. 264 die KÜr- zungen von saeculum, an die einzelne der für discipulus ge- brauchten Formen angelehnt sind. ecclesia. Die eigentliehe Suspension ist ECCL. oder ECL. saec. VI römiseh und galliseh, sie kommt ziemlieh häufig vor und hält sich lange in Urkunden, Konzil-Handsehriften, aber auch in andern Handsehriften (z. B. Dialogi Gregorii c. a. 750 aus Bobbio); daneben gab es die Suspension eccle. (erhalten in Wien 2232 saee. IX). Die Kontraktion EC CLA (a. 687-701 römiseh) wird die Normalform (vgl. oben S. 245), aber ecclea ist in französisehen und deutsehen Handsehriften saee. IX, ecclia in italienisehen und deutsehen saee. IX nicht selten; ecca traf ich vereinzelt in einer deutsehen Handsehrift saee. VIlIiIX. Selbst die afrikanisehe Kontraktion ECLSA (a. 582, vgl. oben S. 246) bricht gelegentlich wieder durch, wie in München la1. 14446 b saee. IX. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 255 episcopus. Suspensionen: EP. römisch a. 252 (lange erhalten in der päpstlichen Kanzlei), epi italienisch saec. VI, EPIS - römisch a. 395, EPISC. in Rom und sonst verbreitet seit saec. VI (episc z. B. bei Victor von Capua a. 546), EPISCOP' Filocalus c. a. 354, EPC. römisch a. 397, EPCP. afrikanisch, E. P. S. afrikanisch a.475, epsc. in der Überlieferung des Praeceptum Theoderici a. 501. Kontraktionen: EPS seit saec. VI italienisch und römisch, episl (Genetiv) französisch saec. VII, episcl (Genetiv) italienisch und französisch saec. VII, epcs italienisch saec. VI, -EPSI (Genetiv) afrikanisch a. 582, EPSCP S afrikanisch und spanisch saec. VI und in spanisehen Handschriften seit saee. VIII, epscs in spani- sehen Handsehriften seit saee. VIII. Vgl. oben S. 245 und 247. epistuLa. Die Kurzformen wurden zunäehst für die Übersehriften der neutestamentliehen Briefbücher angewende1. Yon Suspensionen finden wir saee. VI italieniseh episi., desgl. epis, saee. VII spaniseh epistt., karolingiseh saee. IX epst. Darauf bauen sich auf die Kontraktionen epstla und epsta (spaniseh seit saee. VIII, vgl. oben S. 247}, ferner. epista (spanisch und karolingiseh saec. VIII/IX) und schließlich das später so allgemeine epta (vgl. oben S. 250), das zuerst in Italien saee. VIII/IX naehzuweisen, aber in eigentlieh karolingisehen Handschriften noch gar nicht so reeht geläufig ist (vgl. Seeek, Symmachus p. XXXVIII). ergo vgl. igitilr. esse. Die Kontraktion ee. oder ee ist Nota iuris, sie wird auch schon saec. VI in Seholien verwerte1. Vgl. oben S. 246. Es gehören dazu die gleichfalls schon als Notae iuris gebrauchten Weiterbildungen eet (= esset) und ee nt (= essent), ohne die ein karolingiseher Schreiber kaum mehr auskomm1. filius. Es gab dafür die aUe Suspension F., sie war aber unbrauehbar geworden, seitdem man F. für frater (im ehristlichen Sinne) verwertete. Für sakrales yc stehen die Suspensionen fie und file in dem südfranzösischen Sakramentar Rom Reg. la1. 317. Kontrahierte Formen (fLs, Gen. flil, Ace. Plur.fLos) haben nur die Iren. In einigen kontinentalen Handschriften entstanden daher MiBverständnisse: Z. B. fii. (fil = filii David in München (Freising) la1. 6329. Vgl. oben S. 248. 256 L. Traube, flagellum. Die Suspension ftt hat sich nur in späteren spanisehen Handsehriften erhalten. Die Kontraktion ftm oder ftlm (Gen. PlUTo aueh filor) wurde in den Handsehriften der spanisehen Gesetzbücher saee. VII ausgebildet und über Spanien hinaus verbreitet durch Handsehriften des Eugenius und Isidor; sie wurde aueh da angewandt, wo nicht vom AusmaB körperlieher Strafe die Rede ist. Vgl. oben S. 248. frater. Für das Wort im kirehliehen Sinne kommt die Suspension F (Plur. FF; frater karissime in der Anrede FK, Plur. dazu FFKK) in der Überlieferung des Cyprian, Tyconius, Hilarius und anderer Patres und noeh in vielen Abschriften saec. VI und später vor; dazu gehört FFB. (= fratribus) französiseh saec. VII. Die Suspension fra. ist erhalten im Sakramentar von Autun (Reg. lat. 317), dazu frabs italieniseh saee. VII und öfters fras (= fratres) deutsch saec. VIII. Andere Kontraktionen gehen von ff aus. Man bildete wohl zunächst Formen wie fn (fratn) , frs (fratres) , nachher aueh f rem , f rr (jrater) U. S. W. 1m N 0- minativ aueh oft fre und davon wieder Nom. Plur. frts und Gen. Sing. frtis. Diese Entwickelung vollzieht sich im VIII. und IX. Jahrhundert. Vgl. oben S. 245 und 250. genus. Die Kontraktion gns, gnns , Plur. gnra ist spaniseh saec. VIII, sie dringt aueh ins Beneventanische ein; mißbräuchlich verwenden spanisehe und beneventanische Schreiber gns für gens und gentes. Vgl. oben S. 247. gloria. Gekürzt wurde das Wort ursprünglich nur im sakralen Sinn (z. B. in caeli enarrant gloriam de i) , wobei die Kurzformen für die Titulatur gloriosissimus mitwirkten. Auf die Suspension gl. geht zurück gla (spanisch saec. VIII, beneventanisch, französisch, deutsch saee. IX, englisch und italieniseh saee. X); aus der Sus- pension gto (sie begegnet noeh bei irischen und deutschen Schrei- bern saec. IX) entspringt die Kontraktion g loa (beneventanisch saee. VIII, französisch saec. IX); aber auch sie ist vielleicht spa- nischen Ursprungs. Gelegentlieh trifft man andere Bildungen, wie z. B. gtra (deutsch saec. IX). Vgl. oben S. 247 und 250. Oraeci. Die Spanier verwenden seit saec. VIII die Kontraktion grcl ; die Iren gci, was gebildet ist wie regdiens, nigdo und also nieht eigentlieh als Kontraktion aufgefaßt werden dari. Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinisehen. 257 gratia. Die Nota iuris gra (verbi gra) war gewiB eine Suspension. Später wurde die Form für ehristliches gratia verwandt und dabei als Kontraktion betrachtet. Ich finde derartige F ormen in deutschen Handsehriften saee. VIII, IX, in französisehen saec. X, in beneventanisehen saec. XIX I. Neuschöpfer waren wohl auch hier die Insularen (oder die Spanier?), doch fehlen mir die Bei- spiele. VgI. oben S. 250. habere. Die Kontraktionen hi (= habet), hñi (= habent) , hre (= habere) scheinen in äIterer Zeit nur in insularen Hand- schriften vorzukommen. Somit macht die Lesart hnr im Ger- manensis und huc im Oxoniensis des Catull (e. 62, 13) für habent wahrscheinlieh, daB die spanisehe Vorlage durch die Hand eines Iren gegangen ist, oder daB Oxoniensis wie Ger- manensis erst aus einer Abschrift des Veronensis geflossen sind. Vgl. oben S. 249. here s. Die Suspension war h. oder ñ und daneben für die Casus obliqui hd. Aber schon juristisehe Handsehriften saee. V/VI gehen zur Kontraktion hs,. hdem über. 1m Plural kommt be- sonders in Urkunden neb en hiles und hils die Iteration 1ï1ïdes vor. Naehwirkungen solcher Formen begegnen noeh ziemlich spät, z. B. in der Überlieferung der Briefe Gregors I, vor allem aber in Urkunden. Vgl. oben S. 246. homo. Es sind sehr wahrseheinlieh insulare KalIigraphen gewesen, die etwa im 8. Jahrhundert, vielleicht durch griechische Psal- terien aufmerksam geworden, folgende Entsprechung versuchten: (C}'ov = h OlS 1) für hominis, a).'ov = h oem , 2) a).'ot = hoes, 3) a).'wv = h oum . 4 ) Eine bestimmte sakrale Bedeutung des Wortes hatten sie dabei gewiß nicht im Auge; sie wollten eine Ab- kürzung sehaffen und gIaubten Vergessenes naehzuholen. . 1m Nominativ und Dativ des Singulars, ebenso im Dativus Pluralis gerieten sie ins Schwanken; gerade dies sprieht deutlieh für die Naehahmung. Es wurde homo zu hó, z. B. im Boethius Leiden 1) Turin F. IV 1 (VII) saec. IX iriseh, Bern C 219 fol. 2 welsch. ') Bern C 219; aueh in Münehen lat. 15826, aus Salzburg mit eassinesisehern Einsehlag. II) Laon 55 Vorsatzblatt, iriseh saee. IX. 4) Johannes Seottus am Rand von Reims 875. Quellcn u. Untersuch. z. lat. Philologie des MA. II. 17 258 L. Traube, Voss. lat. Q. 2 (welsch) und Bern C 219, Mediceus der Briefe Ciceros saec. IX/X (aus der insularen Vorlage übernommen), Paris lat. 12949 (Schule des Heirich), Boulogne 82 (insular), Paris la1. 7900 A (mit insularem Einschlag), im Propheten-Codex von Grottaferrata (am Rand von der italienischen Hand, die saec. X den Isaias schrieb), in München la1. 15826 und Stutt- gart Landesbibl. bibl. 4 0 Nr. 12 (beide Handschriften zeigen die- selbe Art; vgl. oben S. 257 Anm. 2 über die erste); zu h o in Paris la1. 12949; zu hOmo ebenda; homo schreibt z. B. später Ademar von Chabannes; h mo fand ich in München la1. 6267, einem Augustinus de civ. dei, und zwar in den Partien, die den S1. GaUer Typus der zweiten Stufe zeigen. Homini ist hOl im erwähnten Leidener Boethius und im Book of Mulling, homi im insular n Augustin Vatic. lat. 491 saec. VIII. Dort steht auch horn für hominem und h oms für homines; dafür steht h ons im ä1teren irischen Teil von Neapel IV. A. 8; später schrieb man hOles. Für den Dativ des Plurals 4 hat hOib; und homib; der erwähnte Salzburger Codex, München lat. 15826. Die erste dieser Formen geht in allgemeineren Gebrauch über. huius vgl. cuius. h u n c. Die Kontraktion hnc ist insular; ich fand sie bei Iren saec. VIII. id est. Die Suspension I. E. gehört ä1tester Zeit (saec. II) an, sie er- hält sich im Gebrauch der Juristen (i. e., le.), auch in dem der insularen Schreiber, die aber eine wohl gleichfalls alte Sus- pension . I. vorziehen, aus der, unter Hinzufügung des insularen Zeichens für est, früh schon 1+ oder Ähnliches wurde. Daneben gab es die Suspension if! italienisch saec. VI und auf christ- lichen spanischen Inschriften IS (in späteren spanischen Hand- schriften iit). Hierzu gehören die spanischen Kontraktionen ids"i und idi, erstere nachzuweisen seit saec. VIII. Vgl. oben S. 247. igitur. Suspensiv ist die Nota iuris ig. oder ig.; die insularen Schreiber erkannten ig an, schrieben aber oft ig (i und g mit einem fast senkrechten Strich darüber) und deuteten dies als & igi, schrieben dann wirklich ig (í und g mit einem i darüber) und schließlich vereinfachend g. Analog und yon igitur beeinflußt Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischetl. 259 ist die Entwickelung der Kürzung von ergo. Nota tUns war eg (erhalten im Palimpsest von Autun); diese Form setzten die Insularen fort neben èf und erg ; daraus wurde dann eg (e und g mit einem 0 darüber) in dem beneventanischen Virgil Oxford Can. lat. 50 und schließlich g. Die Formen g und g sind bei insularen Schreibern schon ganz eingebürgert saec. VIII, in die kontinentalen Schul en ziehen sie erst allmählich ein. Die Kontraktion 19r saec. IX hat vielleicht erst Johannes Scottus, der irische Philosoph, gewagt. Vgl. oben S. 248. karissime. Suspension war K (Plur. KK, vgl. oben S. 256 unter frater), auch ka, wofür wir ein altes merkwürdiges Zeugnis haben bei Velius Longus (Gramm. lat. ed. Keil VII 53): qui illam esse litteram defendunt (sc. k), necessariam putant esse nominibus quae cum la' sequente hanc litteram inchoant; unde etiam religiosi quidam epistulis subscribunt Ikarissime' per Ik' et la'. Der Verfasser denkt an Briefschlüsse, wie opto te frater carissime bene valere bei Cyprian. Darnach ist seine Zeit zu bestimmen. Kontrahierend schrieb man knie, welche Form oben S. 245 vermufungsweise als italienisch saec. VI an- gesprochen wurde. Sie findet sich zuerst im Breviar von León. Italienischer Ursprung ist aber wahrscheinlich wegen der späteren allgemeinen Verbreitung dieser Form, neben der krmë und frs cat (= fratres carissimi, vgl. oben über die Suspension kã) ganz selten sind. Die eigentlich spanische Form krsml zeigt uns der Cavensis der Evangelien. meus. Die Kontraktion ms hat zum Vorbild der Gestalt nach deus, dem Inhalt nach noster; sie findet sich italienisch saec. VII/VIII, insular und französisch saec. VIII, spanisch saec. IX, beneventa- nisch saec. X. Sie könnte gleichzeitig an mehreren Stell en auf- gekommen sein; wahrscheinlicher ist mir wegen des in Spanien sehr verbreiteten Gebrauches spanische Herkunft. Vgl. oben S. 247. misericordia. Yon den Kontraktionen folgen sich chronologisch mla beneventanisch saec. VIII, mis dia und mi dia französisch saec. VIII, m srcdia oder m srcda spanisch saec. IX, m scda oder mSda spanisch saec. X. Diese auf Grund unseres Materiales gegebene Chronologie entspricht schwerlich den wirklichen Verhä1tnissen. 17* 260 L. Traube, Vgl. oben S. 247 und 248. Nur m la erfreute sieh schließlieh allgemeiner Anerkennung. Außer den oben verzeiehneten Formen kommen noch einige andere vor. Über Veroneser ma vgl. oben S. 250. nomen. Suspensionen:. N. in Formelhandschriften etc. = nomine; in XPl ii Lyon saec. VII; daneben IN XPI NO Lyon a. 626; in XPl n om Lyon saec. VII; in xpi n m Lyon saec. VII. Die Kontraktion dazu hat zwei Typen: einen insularen von no ab- geleiteten; no selbst bleibt dazu als Nominativ im Gebraueh; Abl. noe, Plur. nGa; dieser insulare Typus findet sieh seit saec. VII/VIII. Genetiv dazu wird no ms von der Suspension nom. Oer andere Typus ist spaniseh: IN NME DNI a. 691; Plu;. n ma ; Nominativ Sing. n mn und niii en . Oer gleiehfalls spaniseh anmutende Ab- lativ nmne kann mit einer Veroneser Handschrift saec. VI ex. be- legt werden, die vor der Zeit des spanischen Einflusses ent- standen ist. Vgl. oben S. 247. numerus. Der Philosoph Johannes Scottus (saee. IX) gebraucht und bildet vielleieht zuerst nuo = numero und nUGS = nu- meros. Vgl. oben S. 249. nunc und tunc. Für die Notae iuris c c N und 'C wurden die regelrechteren Kontraktionen nc und iC wohl durch die insularen Schreiber saee. IX eingeführt. Vgl. oben S. 248. omnipotens. Es gibt zahlreiehe Suspensionen: omp italieniseh saee. VI, OMNP rämiseh a. 741/42, omnip italieniseh saec. VI, ompi italieniseh saec. VIII/IX, ompoT Lucca e. a. 800, omnipo insular saec. IX. Von den dazu gehärigen Kontraktionen ist die später geläufigste Form o mps naehzuweisen erst bei Italienern saec. VII; da aber gleiehzeitig aueh insulare Schreiber so kürzen, wird man auf saec. VI zurüekgehen müssen. Sieher saec. VI ist italienisch omnips; spanisch saec. VIII omnps. Weniger be- deutende Nebenformen werden hier, wie aueh sonst gewöhnlich, übergangen. Vgl. oben S. 245. omnis. Oie Suspension om. oder om kommt unendlieh oft bis ins 9. Jahrhundert hinein vor (wie natürlieh, für aIle Kasus und Genera). Sie muB alt sein, wofür auch die Nota iuris omb = Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 261 omnibus spricht; omii ist daneben selten. Die zu om. gehörige Kontraktion verhilft zu folgender in den karolingischen Schulen des vorgesehrittenen 9. Jahrhunderts überall anerkannter De- klination: omis, omi, omem, oms (= omnes), omum oder omu, omlbus oder omb; (vgl. oben), oma oder omÜi. Die Formen oms und omii sind italieniseh saec. VI (vgl. oben S. 246), die andern saee. VII und VIII; oms wurde manehmal miBbräuchlieh für omnis gesetzt, aber gewöhnlich von späteren Schreibern verbessert. Für omibus etc. steht saee. VIII italieniseh om-b naeh alter Sitte; aueh gleiehzeitige Iren in Italien sehreiben so; omia findet sieh bei Insularen schon saec. VIII/IX; sonst scheint es erst saec. X italieniseh, besonders beneventanisch. Die Spa- nier haben in älterer Zeit gewöhnlieh h omls , homi, Plur. ho m s etc., aber auch homns (vgl. oben S. 247). Zu letzterer Form paßt der insulare Genetiv omn m saee. VIII. Ein anderer Typus ist: ois, Ol, oe, oes oder os, Olum, oib;, Ola und oil. Er ist insular seit saee. VIII (vgl. oben S. 249) und beneventaniseh seit saee. XI. Doeh fand ich os und oia nur in beneventanischen Handschriften. Die Formen onis etc. stell en keinen eigentliehen Typus dar; sie sind einfaeh durch den m-Strieh gewonnen. pater. Eine Suspension pa kommt im Sakramentar von Autun (Rom Reg. lat. 317) vor. Kontraktionen werden versucht, die sich in früherer Zeit aber nieht durchsetzen: Genetiv pß Luxeuil a. 669; pr insular saec. IX; pTr spaniseh saee. XI. Vgl. oben S. 248 und 247. peccatum. Die Suspension pecca ist insular saee. VIII; in derselben Handschrift (Vatic. lat. 491) steht daneben die Kontraktion peccam (= peccatum); vgl. oben S. 248. Beneventanisch saee. XI seheint pec ctm zu seine populus. Yon den Kontraktionen seheint ppts spaniseh (saec. IX), popts beneventaniseh (saee. XI), pis insular (saee. IX) zu seine Feststehend ist in karolingischen Handsehriften noeh keine dieser Formen. Vgl. oben S. 247 und 248. post. In alten juristisehen Handsehriften mit Abkürzungen ist p sowohl pos (z. B. p sessor) als post. Für post steht p oft in karolingisehen Handsehriften; dureh insulare Tradition kamen 262 L. Traube, bisweilen kleine Nuancen (wie p;) auf; besonders beliebt wurde o bei den Insularen (seit saec. VIII) p (wobei der Halbkreis sich zum Kreis geschlossen hat); eine andere häufige insulare Schrei- T bung p Whrte zu der kontraktiven Form pr o Vgl. oben S. 250. Man muß in Betraeht ziehen, daB hier überall die Kurzform für post von den Kurzformen für per und prae unterschieden werden sollte. presbyter. Ais Suspension en kommen vor PRESB., PRB., PR., PB. (a. 555); dazu Bildungen der Mehrheit PRESBBB. (= pres- byteri tres), pprrbb (in Handschriften der Konzilien), pprr , ppiib, pry (in Handschriften des Cyprian), daneben zahlreiche andere Formen, wie presbt, presb, prsb, prebt, prbi, preb, pib und die seltsamen Mißgebilde prbsi, prõs und pbri. Zu prb. und pb. gehören als Kontraktionen prbr und pb,.. Der Dativ pba ist schon saec. VI/VII in Italien und Frankreich nach- zuweisen; doeh trifft man auf groBes Schwanken noeh saec. VII z. B. in Berlin Phill. 1745, einer Halb-Unciale aus Lyon. Spa- nische Schöpfungen sind p rsr saee. VII/VIII, prsõr saec. X. Vgl. oben S. 245 und 247. propheta. Von Suspensionen kommen vor prophi spanisch saec. VIII, proph- (oder pro/) saec. VIII vielleicht auch ursprünglich spanisch. Kontraktionen sind prphra und prla spanisch saec. VIII, propña italienisch und deutsch saec. IX. prop te r. Nota iuris und im Gebraueh gewöhnlicher italieniseher Schreiber saec. VI ex. ist die Suspension pp ; sie wird sehr viel später noch überall gefunden (auch in dieser Form: .p.p); andere Suspensionen waren jipi italienisch saee. VIII und proþ fran- zösisch saec. VIII, insular .PpJ saec. VIII. Über die spanischen Kontraktionen ppr und pptr (saee. IX) vgl. oben S. 247. quaesumus. Wir können die Kurzform qs (= quaesumus) seit saec. VIIJVIII nachweisen. Sie ging von den Sakramentarien aus, die mit der aUen Wortform 1) vielleicht aueh eine aUe Kürzung 1) SitU in den Commentationes Woelfflinianae, Leipzig 1891, S. 403, ver- gleicht sehr gut das 'quaesumus der christlichen Liturgie rnit der altheidnischen Formel deos quaeso'. Nur hätte er deos quaesumus sagen soIlen, vgl. Cic. Epp. XI 3, 4 (ed. Mendelssohn p. 282,32). Nomina sacra. IV. Nomina sacra im Lateinischen. 263 bewahrten. Zwar nicht qs im Bruxellensis saec. IX des Ennodius, aber die Fehler der Überlieferung für quaesumus in den Briefen Gregors I (vgl. Hartmanns Ausgabe II 374g und 424d) könnten dafür sprechen. In diesem Fall wäre qs eher als Suspension = q(uae)s(umus), denn als Kontraktion = q(uaesumu)s zu be- trachten. In jedem Fall aber hatte ich Unrecht und kann meinen Fehler nur mit einer argen Zerstreutheit entschuldigen, wenn ich in der Berliner Philol. Wochenschrift 1902 S. 727 dem Lexicon abbreviaturarum von Cappelli den Vorwurf gemacht habe, qs fälschlich mit quaesumus, statt, wie ich schrieb, vor aHem mit quaeso aufzulösen. quando. Die Suspension qñ (die in karolingischen Handschriften meist quoniam vertritt) steht (wie VersmaB und z. B. Verbin- dungen, wie aliqn, zeigen) seit saec. VIII auch für quando; daneben begegnet seit derselben Zeit auch die Suspension qnil. Die Kontraktion qno ist seit saec. VIII nachzuweisen; qnilo desgl.; qilo dagegen kommt schon in juristischen Handschriften saec. VI und vielleicht früher vor. Vgl. oben S. 246. AIle diese Formen fanden besonders den Belfall der insularen Kalligraphen. quasi. Es begegnet als Nota iuris (im Wiener Fragment De for- mula Fabiana und im StraBburger Ulpian) die Suspension qs; die Kontraktion qSl tritt zuerst bei insularen Schreibern saec. VIII auf. quia und quod. In den alten juristischen Handschriften soIl unter- schieden werden zwischen iJ (= quam), lJ (= quod), CJ' (= quia). Die beiden ersten Zeichen werden aber oft ver- mengt. Ais die Kontraktion aufkam, schrieb man qa für CJ'. 1m Veroneser Gaius herrscht am Anfang q<:, am Schluß (fa. Vgl. oben S. 246. Beide Formen haben sich erhalten, doch ist die zweite selten geworden und oft erst aus Korruptelen zu erschlieBen. Auch lJ (= quod) erhält sich, ist aber öfters für quia gebraucht. Öfters wird aber auch lJ (= quia) und fþ (= quod) oder in ähnlicher Weise differenziert. Kontraktionen für quod werden qd (oder qil) und qui!, beide seit saec. VIII verbreitet. Die von qil (= quod) geschiedene Form qd (= quid) hängt mit dieser Entwickelung nicht zusammen, sondern ist aus , der Suspension q = qui weitergebildet. 264 L. Traube, quid vgl. qUia. quod vgl. quia. quomodo. Es ist wenigstens nicht ausgeschlossen, daß q uo (was gewöhnlich quoniam bedeutet) gelegentlich suspensiv auch quomodo vertral. Alt ist es nichl. Kontraktion wohl eher als Suspension ist das seit saec. VIII besonders von den Insularen verwandte q mo , neben dem quo mo nur ganz selten vorkommt. quoniam. Von den Suspensionen kommt am frühesten qn vor (a Is Notà iuris im Berliner Papinian), quo ist erst seit saec. VIII nachzuweisen, aber, wie die Kontraktion quom zeigt, ersichtlich ä1ter. Von Kontraktionen ist am frühesten nachzuweisen qniñ (in Verona saec. VI ex., besonders beliebt in Spanien und dem dort herrschenden Bildungsgesetz entsprechend); zu quo gehört quom (saec. VIII). Anders gewonnene Kontraktionen sind qiñ und qum (seit saec. VII). Der Häufigkeit nach folgen sich etwa: qm, qnm, quo, qii, qum, quom. Von Raritäten, wie qoiii und qunm, wird hier abgesehen. Vgl. oben S. 246, 247 und 250. q uot. Die Kontraktion qr ist wohl insulare Erfindung; man trifft sie a ber schon saec. IX bei den Beneventanern. reverentissimus. Über die Kontraktion reus (in der Halb-Unciale Verona LIII saec. VI ex.) vgl. oben S. 245 und 243. -runt. Die bekannte schon in alten juristischen Handschriften häufige Suspension r (z. B. uider = viderunt) wird, wohl unter der Hand insularer Schreiber (saec. VIII), zur Kontraktion (z. B. uideri- = viderunt). Vgl. oben S. 248. saeculum. Von Suspensionen liest man SEC. und SCL. (auf einer Mailänder christlichen Inschrift), daneben saecut, saecu, saë (die beiden letzten Formen neben scl in insularen Handschriften). Die Kontraktion S CLO steht auf einer spanischen Inschrift und sclrii etc., das früh schon in spanischen Handschriften vor- kommt (vgl. oben S. 247), wird die karolingische Normalform. Andere Versuche, wie slin und saclm (schon im insularen Ge- brauch saec. VII, VIII), erhalten sich daneben auch noch in frühen karolingischen Handschriften. secundum. Für secundum (in der Bedeutung von iuxta) setzten die insularen Schreiber die Suspension ! ; aus derselben Schule Nomina sacra. IV. Nomina sa.cra im Lateinischen. 265 ging die Kontraktion sm hervor (iriseh saee. VIII) und darnach aueh entspreehende kontraktive Formen wie sa = secunda. Es gab aber auch für secundum Suspensionen, wie scil, s ec , secd, seil, und dazu wieder die Kontraktion scam. Darnaeh wieder wurde ge- bildet seils, seila u. s. w., Formen, die sich überallhin ver- breiteten, vielleieht aber von Spanien ihren Ausgang nahmen. Vgl. oben S. 247 und 249. sed. Nota iuris war dafür S' und ; die Insularen sehrieben (saee. VIII), urn diese Suspension von der für secundum ab- zuheben, vielmehr . r. oder 7. Eine Kontraktion sit habe ich erst saee. X/XI gefunden. Vgl. oben S. 251. s icut. Insulare Sehreibungen seit saee. VIII waren T S und s, eine deutsehe saee. VIII síC. Die Kontraktion sei ist spaniseh (saec. XI), sici beneventaniseh (saee. XI). Vgl. oben S. 247. sunt. Die suspensive Nota iuris s. oder S bleibt lange erhalten; die dazu gehërige Kontraktion.st taucht zuerst saec. VIII im Gebrauch der Insularen auf. Vgl. oben S. 248. super. Die insularen Schreiber (saee. VIII oder IX) bildeten die Kontraktion sr. Vgl. oben S. 249. supra seriptus. Die alte Suspension S. S. bleibt immer als ss er- halten; aber vom 6. Jahrhundert an werden daneben Kontrak- tionen versueht (Gen. Sing. und Nom. Plur. Z. B. SSl, sstl, sspti) , die zu vielen MiBdeutungen verleiten (z. B. sacrosanctus, sese oder dergl.; in der Überlieferung des Liber Pontifiealis hat a sspta uiro ergeben: ad sanctissimllm Petrum). tamen und tantum. Notae iuris waren die Suspensionen tm. oder tm = t(a)m(en) und tt. oder TT = t(an)t(llm). Die Insularen, wie es seheint, sehufen die Kontraktionen tli = t(ame)n und tm = t(antu)m, was viele Verwirrungen braehte, denn die Sus- pension für tamen fiel mit der Kontraktion für tantllm zusammen. Auf Grund der alten Suspensionen entstanden noeh tmn = tamen bei den Spaniern (saee. VII), ttlii = tantum bei den Insularen (saee. VIII); bei diesen kommt aber aueh noeh tnm = tantum hinzu, was sie vielleieht erfanden, urn der Verwirrung zu steuern. Vgl. oben S. 247 und 248. 266 L. Traube, tantum vgl. tamen. tempore. Die Suspension temp. ist Nota iuris; tempr., tpr., tepr. sind überall verbreitet seit saec. VIII. Dazu gehören als Kontrak- tion auBer spanisehem tp ore (vgl. oben S. 247) noeh karolingisches tempre (saee. IX) und beneventanisehes tpe (saee. IX, vgl. oben S. 248). Veranlassung zum Fortgebraueh und zur Ausgestaltung gaben die Lektionarien (in Ulo tempore). Natürlieh bildete man schon ziemlich früh auch Nominative zu den Ablativen. trans. Nota iuris war die Suspension TR; kontrahiert wurde von den insularen Schreibern ts (saee. IX). tunc vgl. nunc. ut und vel. Die Nota iuris u. oder ïi bedeutete beide Wörter (daher kann aueh wieder uti für velut stehen); sie erhielt sieh für vel. l" Für ut sehufen die Insularen v, die Spanier verwandten die Ligatur ti. Für vel setzten die Insularen ganz origin ell und einzigartig t (ein l mit einem Strieh durch den Balken), die Spanier (wenn sie es waren, die damit vorausgingen) ute Vgl. oben S. 247 und 248. vel vgl. ute vero. Die Nota iuris waf , daneben schrieben die Italiener aber auch uo (vgl. oben S. 246). Die Insularen und Spanier setzten o 0 das ältere II fort, die Insularen aueh v (vgl. oben unter ut). Die Kontinentalen hielten sich lieber an uo und übernahmen vielleicht erst von den Insularen. v. NOMINA SACRA 1M KOPTISCHEN, OOTISCHEN UND ARMENISCHEN. V orbemerkung. Die Übernahme der griechischen Nomina sacra ins Lateinische volIzog sich nicht ohne Schwierigkeit. Das völIig ausgebildete Iatei- nische Schriftwesen setzte stellenweis den neuen christlichen kon- traktiven Formen die aus eigner Kraft gebildeten suspensiven ent- gegen. Anders gestaltete sich der Übergang da, wo für das christ- liche Schrifttum zugleich eine im wesentIichen neue Schrift erst geschaffen wurde. Es war dab i nur natürlich, daß die Kurzformen der Nomina sacra als ein integrierender Bestandteil des Vorbildes betrachtet und so treu wie möglich wiedergegeben wurden. Das schloß neue und eigne Überlegungen nicht aus. 1. Koptische Nomina sacra. Die Eigenheiten der koptischen Paläographie dürfen wir als im 3. Jahrhundert n. Chr. entstanden und mit der Entwickelung einer nationalen christlich-ägyptischen Literatur verknüpft denken. Von den vorhandenen Handschriften - durch die fortgesetzten Funde und Grabungen treten beständig neue ans Licht - reichen die ältesten ins 4. Jahrhundert zurück. Von da an bis etwa zum 6. Jahrhundert und gelegentlich auch später mag zwischen koptischer und ägyp- tisch-griechischer Art noch ein gewisser Ausgleich stattgefunden haben. Immerhin gibt uns gerade die Beschaffenheit der Kurzformen ein Anrecht, die naçhträglichen Einflüsse der griechischen Schreiber auf die koptischen für gering zu erachten gegenüber der früh erfolgten unmittelbaren Übernahme. Es gibt einen ziemlich festen Bestand anerkannter Kurzformen, in dem die ä1testen und die jüngsten koptischen Handschriften 270 L. Traube, ilbereinstimmen. Es gibt vor aHem eine ganze Anzahl griechischer Kurzformen, die in koptischen Schriftwerken durchaus fehlen. Da die- selben Formen nun auch, wie wir (oben S. 43) festgestellt haben, in einigen der älteren griechischen Bibelhandschriften nicht oder selten vorkommen, so fällt eben der Ausgangspunkt koptischer Schreibeigen- tilmlichkeiten in den früher bestimmten älteren griechischen Kreis hinein. Es fehlen im Koptischen die Kurzformen für ;la'l e, oveavóç, à'dh!w1l0ç,1) Víóç,2) f.1 n}e. Für C OT (von O'lUVeÓç, vgl. oben S. 119) und CliP finden sich Beispiele schon im Codex Askewianus der Pistis Sophia saec. V3); doch mögen diese Wörter und Wortbilder zu den äIteren koptischen Gebilden erst durch die oben berührten Nachschübe hinzugekommen sein; denn die betreffenden griechischen Kurzformen sind gewiß die jüngsten ihrer Art. Sicher aIt ist im Koptischen die Kurzform filr Gott: statt ec, das nur selten, wie es scheint, übernommen wurde, setzte man $T (= 4>-HOTT, Gott). I