^^'^^ K' i N m ^ ■,^**•.■ t* ^sB •■ ^ (i* fe--^ ^^^''S i X e 5 ^ ^ W p^ u n i ^i^ M^ .«^Ä, e^^ic^ 1^ n DER PHARMACIE. Eine Zeitschrift des allgemeinen deutschen Apotheker- Vereins. ahtliBiliiEg JlnÄEkliliitilt, Herausgegeben von '■■'^•-<., j A y < m A ' T \: / .% ■-"' ,>< HANNOVER. Im Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlung. 18 66. DER PHARMACIE. Zweite Eeihe. CXXVII. Band. Der ganzen Folge CLXXVII. Band. Unter Mitwirkung der Herren Begemann^ C. Bley, Biccholz, Busse, Fröhde, Geuther^ Gräger, Hirsch- berg, Hosäus, Husemann, Ihlo, Löhr, Mirus, PeckoU, Petermann, Rammeisberg, Reicliardt, Schlienkamp, Wittstein, Wohler heraus gegeben von li. Bley u^»^SS. liiidiii^. H« Rose^selies Terelnsjalir« HANNOVER. Im Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlung. 18 66. .,-.H ':* 1 ■ ., t *«a . 1 ^' f.. Inhaltsanzeige. Erstes und zweites Heft. I. Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und praktische Pharmacie. Seite üeber die Zusammensetzung und die Constitution des Topases; von C. Rammeisberg 1 üeber ein neues Mineral von Borneo; von F. Wo hl er 18 Das Steinsalzbergwerk Stassfurt und die Vorkommnisse in dem- selben; von Dr. E. Reiehardt, Professor in Jena 22 üeber den Kainit und Kieserit von Stassfurt: von C. Ram- melsberg in Berlin 58 üeber den phosphorsauren Kalk als pharmaeeutisches Präparat; von G. C. Wittstein 60 üeber das schwefelsaure Natron - Zinkoxyd ; ' von Dr. F. C* Bucholz in Erfurt 66 üeber Reduction des Chlorsilbers; von A. Hirschberg 71 Anwendungen des unterschwefligsauren Natrons zur qualitati- ven und quantitativen Analyse und zur Darstellung von Präparaten; von A. Fröhde 73 Bemerkung über Vergiftungen durch Kohlendunst; von Dem- selben 91 Notiz über schwefelsaures Kobaltoxyd mit 4 Aeq. Wasser; von Demselben 92 Palicourea Marcgravii St. Hil., Herva de rato, Ratlenkraut ; von Dr. Th. Peckolt 93 üeber die Darstellung des Hyoscyamins; von Prof. Dr. H. Ludwig in Jena 102 Director Fr. Lampe's Kräuter -Elixir 107 II. Naturgeschichte und Pharmakognosie. üeber Semina Wrightiae antidysentericae, ein neues Narcoti- cum. Ein Beitrag zur Pharmakodynamik der Apocyneen, von Privatdocent Dr. Th. Husemann in Göttingen 108 VI Inhaltsanzeige. Seite Ueber den unterirdischen Gletscher auf der Dornburg bei Nassau 133 Ueber die Waldwollfabrikate 134 ni. Monatsbericht. Kalisalpeter und Natronsalpeter S. 135. — Löslichkeit des sal- petersauren Natrons 136. — Kohlensaures Natronkali 136. — Versuche über die Sodabereitung 137. — Neues Natron- phosphat und Vorkommen von Vanadinverbindungen in Sodalaugen 138. — Vereinfachtes Verfahren, das Lithium, Rubidium, Cäsium und Thallium aus dem Lithionglimmer zu gewinnen 140. — Trennung von Rubidium und Cäsium in Form der Alaune 143. — Zur Bestimmung des Kalkes als Aetzkalk 147. — Phosphorit aus Spanien 148. — Dar- stellung des Magniums 149. — Löslichkeit von Magnesia in Alkalisalzen 150. — Bildung von phosphorsaurer Am- moniak-Magnesia 150. — Zweckmässigste Art, ein Mineral vorläufig auf den Gehalt an freier Thonerde für die Be- nutzung zur Aluminium-Gewinnung zu prüfen 151. — Auf- fallendes Verhalten einiger Metalle zu gewissen Chloriden 152. — Darstellung einer für Farben geeigneten Thonerde 152. — Calait, ein neues Thonerdehydrophosphat, aus einem celtischen Grabe 154. — Yttererde 156. — Zersetzungspro. ducte einiger Harze durch schmelzendes Kali 159. — Para- cumarsäure 166. — Hofi'mann'sche Reaction auf Tyrosin 168. — Verfahren zum Bleichen der Fasern, Gespinnste und Gewebe vegetabilischen Ursprungs 169. — Neues, höchst einfaches Verfahren, eine Beimischung von Baumwolle in weissen leinenen Geweben nachzuweisen 171. — Pergament- papier 171. — Kupfergehalt alter Papiere 172. — Spontane Zersetzung der Schiessbaumwolle 173. — Spontane Verän- derungen der Schiessbaumwolle 175. — Einwirkung von Ammoniak und SchwefelwasserstoflF auf Schiessbaumwolle 177. — Conservirung des Holzes durch Kupfer- und Eisen- vitriol 178. — Einfaches Mittel, um HolzstoflP im Druck- papier zu erkennen 179. IV. Literatur und Kritik 180 Bibliographischer Anzeiger 190 Inhaltsanzeige, vii Seite Drittes Heft. L Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und praktische Pharmacie. Beitrag zur Darstellung der Magnesia sulfuriea depur. aus Magnesit; von Dr. K. Mirus, Hof- Apotheker in Jena... 193 Ueber die Constitution einiger aus dem Oxalsäureäther ent- stehenden Verbindungen; von A. Geuther 197 Ueber die Prüfung der Kohlensäure auf einen Gehalt an atmo- sphärischer Luft oder andern Gasarten; von Dr. Gräger 203 Ueber Concremente im Schweinefleisch ; mitgetheilt von C. Begemann in Hannover 205 Untersuchung mehrer Opiumsorten im Laboratorium des Herrn Professor Stein in Dresden von Arthur Petermann... 209 Ueber das Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen; von Dr. Arthur Busse, Assistenten am chemisch ■ pharmaceuti- schen Institut zu Jena 214 n. Naturgeschichte und Pharmakognosie. Ueber den Einfluss verschiedener Nahrungsmittel auf den Am- moniak- und Salpetersäuregehalt der Pflanzen; von Dr. A. Ho saus 237 Ueber das Gedeihen der Chinabäume in Ostindien 255 III. Monatsbericht. Sal Ammoniacum boraciticum (Boracitsalmiak) S. 256. — Trennung des Cers von Lanthan und Didym 257. — Statistische Uebersicht der mineralischen Schätze des britischen Bergbaues 258. — Ein vorhomerischer Fall von zwei Meteoreisenmassen bei Troja 260. — Meteo- riten von Taltal in Chile 261. — Schorlamit vom Kaiser- stuhl 263. — Beobachtungen über die Oxydationsstufen des Eisens und deren Verbindung mit Kieselsäure in den sauren Silicaten 263. — Ueber die genaue Bestimmung des Eisenoxyduls in Silicaten 265. — Verbrennung des Eisens in comprimirtem Sauerstoffgas 266. — Empfind- lichste Eeaction auf Eisenoxydsalze 267. — Stahl zu ätzen 267. — Ueber die beim Lösen des Roheisens in Salzsäure entstehenden Producte 268. — Ueber die Zerstörung der Hölzer an der Atmosphäre 270. — Surrogate für Ebenholz und Elfenbein 273. — Ueber die chemische Verschieden- heit der Stärkekörner 274. — Ein Beitrag zur Geschichte vin Inhaltsanzeige. Seite des Brodes 275. — Brod von ausgewachsenem Roggen 279. — Ueber die Nachweisung des Mutterkorns im Eoggen- mehle 280. — Ueber Aga aga, eine neue Gelatine 282. — Ueber das Auftreten von Pectinkörpern in den Geweben der Runkelrübe 282. — Ein Mannaregen bei Karput in Kleinasien im März 1864 284. — Verbindungen des Man- nits mit den alkalischen Erden 288. — Ueber das Re- sorcin 289. — Verbindungen und Umwandlungsproducte des Phloroglycins 291. — Schwefelsaures Chinin -Orcin 292. — Ueber einige Metamorphosen der Oxalsäure 292. IV. Literatur und Kritik 294 -+ft^ ARCHIV DERJHARMCIE. CLXXVII. Bandes erstes und zweites Heft. I. Physik, Chemie, Pllanzenphysio- log^ie und pralitisehe Pharmaeie. Ueber die Zusammensetzung und die Constitution des Topases; von C. Rammelsberg *). In einer am 22. November 1804 in dieser Akademie gehaltenen Vorlesung theilte Klaprotb seine Analysen des sächsischen und brasilianischen Topases mit, welche die erste annähernd richtige Kenntniss von der Zusam- mensetzung dieses schönen Minerals gaben. Denn alle seine Vorgänger, Pott, Marggraf**), T. Bergmann, Vauquelin, Wiegleb und Lowitz, hatten in den meisten Fällen nur Kieselsäure und Thonerde gefunden. Bereits im ersten Bande seiner „Beiträge zur che- mischen Kenntniss der Mineralkörper", welcher im Jahre 1796 erschien, hatte Klaproth Versuche beschrieben, nach denen die genannten Topase im Feuer des Porcel- lanofens 20 Proc. am Gewicht verlieren, und bei deren Wiederholung der Verlust bald grösser, bald kleiner war, niemals aber weniger als 15 Proc. betrug. Dieses unge- wöhnliche Verhalten eines so harten Edelsteins bracht© Klaproth auf die Vermuthung, dass Fluor (oder nach *) Auszug aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, vom Hrn. Verfasser eingesandt. B. **) Recherches chymiques sur le Topaze de Saxe. Nouveaux M(5- moires de VAcademie des Sciences. 1776. Arch.d. Pharm. CLXXVII. Bds. l.u.2.Hft. 1 2 Rammeisher g^ dem damaligen Ausdruck: Flusssäure) einen Bestandtheil des Topases bilde, und in der That fand er bei Wieder- holung eines Versuches von Marggraf, nämlich beim Erhitzen von Topaspulver mit Schwefelsäure in einer Glasretorte dieselbe sichtlich corrodirt. Klaproth schloss den Topas durch Schmelzen mit Kalihydrat im Silbertiegel auf und schied die Kieselsäure nach Behandlung der Masse mit Chlorwasserstoffsäure in der gewöhnlichen Art ab. Nach Ausfällung der Thon- erde durch kohlensaures Kali wurde das Filtrat mittelst einer Säure neutralisirt, und ein Zusatz von Kalkwasser schlug Fluorcalcium nieder, dessen Natur aus den glas- ätzenden Dämpfen folgte, die es beim Erwärmen mit Schwefelsäure entwickelte. Während Klaproth bei dem sächsischen Topas die Bestimmung der Kieselsäure und der Thonerde ziemlich richtig gelang, blieben bei der des brasilianischen offen- bar 10 Proc. Thonerde in der Kieselsäure, eine Folge unvollkommenen analytischen Verfahrens. Die Menge des Fluors hat Klaproth eigentlich nicht bestimmt ; er begnügte sich, dasselbe aus dem Verlust zu berechnen, erhielt aber natürlich eine ganz unrichtige, viel zu kleine Zahl, weil er dem damaligen Zustande der Wissenschaft gemäss voraussetzen musste, Kieselsäure, Flusssäure und Thonerde seien als solche im Topas ent- halten. Bloss bei der Analyse des brasilianischen be- stimmte er die Menge des Fluorcalciums und eben so die des schwefelsauren Kalks, den dasselbe bei seiner Zersetzung gab. Da die Data seiner Rechnung auch heute noch annähernd richtig sind, so sieht man, dass er, wie es auch in der Methode begründet ist, viel zu wenig Fluorcalcium erhielt. Nur 5 oder 7 Proc. Flusssäure hätte der Topas darnach enthalten. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass das Ver- dienst der Entdeckung des Fluors im Topas noch einem anderen deutschen Chemiker, nämlich Bucholz, gebührt, welcher es um dieselbe Zeit (im Jahre 1804) im Pyknit Zusammensetzung und Constitution des Topases. 3 auflFand *), den H a u y als eine Abänderung des Topases erkannte. Diese Untersuchung Bucholz's ist zugleich bemerk enswerth dadurch, dass sie in Bezug auf den Fluor- gehalt, welcher im Pyknit als 17 Proc. Flussspathsäure angegeben ist, der Wahrheit ziemlich nahe kommt, ob- wohl dies, da die Bestimmung indirect erfolgte, nur ein Zufall ist, insofern die Zahl für die Thonerde um 7 Proc. zu niedrig ist. Die Analysen Klaproth's und Bucholz's wurden sehr bald von Vauquelin wiederholt, aber weder Topas noch Pyknit haben in der Hand dieses sonst so geschick- ten Chemikers richtige Besultate ergeben. Dies erkannte Berzelius **), welcher im Jahre 1815 in Gemeinschaft mit Hisinger einen derben Topas aus der Gegend von Fahlun analysirt hatte, und nun ver- suchte, die Methoden zur Trennung der Topasbestandtheile zu verbessern. Versuche, das Fluor durch Schmelzen des Topases mit Borsäure oder mit saurem phosphorsau- ren Kalk in Form von Fluorbor oder Fluorkiesel zu be- stimmen, glückten nicht, und schliesslich blieb Berze- 1 i u s bei dem Aufschliessen durch kohlensaures Natron stehen, indem er vorschrieb, den wässerigen Auszug der Masse durch kohlensaures Ammoniak von aufgelöster Kieselsäure und Thonerde zu befreien, und die Fällung des Fluors durch Ammoniak und Chlorcalcium zu bewir- ken. Durch eine Reihe von Versuchen hatte er die Ueber- zeugung gewonnen, dass sich die Zusammensetzung des Fluorcalciums nicht genau bestimmen lasse; er zog es daher vor, die Angaben J. Davy's über die Zusammen- setzung des Fluorkiesels vorläufig zu benutzen, woraus er berechnete, dass Fluorcalcium aus 74 Kalk und 26 Flusssäure bestehen müsse. Uebersetzen wir dies in die heutige Sprache, so erhalten wir 52,86 Calcium und 47,14 Fluor, d. h. das Atomgewicht des Fluors etwa = 17,9 *) Crell's Neues allg. Journ. d. Chem. Bd. 2. S. 15. **) Schweigg. Journ. Bd. 16. S. 423. 4 Rammeisher g^ und bemerken, dass spätere Versuche (Zersetzung von Flussspath durch Schwefelsäure) von Louyet für dieses Element die Zahl 19 ergeben haben, so dass 100 Th. Fluorcalcium = 48,72 Fluor sind, und Berzelius's Be- rechnung des Fluorgehalts der Topase einer Correction bedarf, welche das Verhältniss 17,9: 19 an die Hand giebt. Berzelius hat den Topas aus Sachsen, aus Brasi- lien und von Finbo bei Fahlun analysirt. Alle diese Abänderungen ergaben gleiche Zusammensetzung, näm- lich 34 Proc. Kieselsäure, 58 Proc. Thonerde und 30 Proc. Fluorcalcium, welche entweder = 14,14 oder = 14,6 Proc. Fluor sein würden. Von dem Pyknit hat Berzelius aus Mangel an Material nur eine Analyse machen können, welche 39 Kie- selsäure, 53 Thonerde und 16 oder 16,5 Fluor gab. Dem- nach enthielte der Pyknit 5 Proc. Kieselsäure und 2 Proc. Fluor mehr, aber 5 Proc. Thonerde weniger als der Topas. Es lässt sich nicht verkennen, dass die Untersuchung Berzelius's Resultate ergeben hat, welche der Wahr- heit sehr nahe kommen. Um dies einzusehen, darf man seine Analysen nur auf die Elementar bestandtheile be- rechnen *) und den Fluorgehalt in der angegebenen Art corrigiren. 1. 2. 3. 4. Kiesel Aluminium. Topas. Sachsen . 15,98 . 30,56 Topas. Brasilien. 15,87 31,06 Topas. Finbo. 16,03 30,72 Pyknit. Altenberg. 17,93 27,13 Fluor Sauerstoff. . . 14,52 . 38,94 14,32 38,75 14,57 38,68 16,56 38,38 Die relative Zahl der Atome ist Si 1,5 1,5 1,49 1,47 AI Fl 2,9 1 3,0 2,93 1 1 2,3 1 6,4 6,4 6,3 5,5 »=) Wir haben Si = 14, AI = 13,65, Fl = 19 angenommen. Zusammensetzung und Constitution des Topases. 5 Man sieht hieraus, dass nach Berzelius die Topase 1 At. Silicium gegen 2 At. Aluminium enthalten, und dass, wenn man an Stelle des Fluors Sauerstoff setzt, der Topas aus 1 At. Kieselsäure und 1 At. Thonerde zusam- mengesetzt wäre, da in der That die Atome von Si : AI : (O, Fl) sich = 1:2:5 verhalten. Anders aber beim Pyknit. Hier stehen die Atome von Si und AI in dem Verhältniss von 2 : 3, und da Flour und Sauerstoff zusammen gerade so viel betragen, als nöthig ist, so würde der Pyknit, wenn er Sauerstoff an Stelle von Fluor enthielte, aus 3 At. Thonerde und 4 At. Kieselsäure bestehen. Also Topas = A103, Si02 Pyknit = 3 A103, 4 Si02. Die relativen Mengen von Fluor und Sauerstoff sind im Topas = 1 : 6,3 — 6,4, im Pyknit = 1 : 5,5. Im Jahre 1843, also fast 30 Jahre nachdem Ber- zelius die Kenntniss von der Zusammensetzung des To- pases auf diesen Punct gebracht hatte, erschien eine Ar- beit von Forchammer*), welche bewies, dass der Fluor- gehalt der Topase noch etwas grösser ist, als Berzelius ihn gefunden hatte. Forchhammer erreichte die schär- fere Trennung des Fluors dadurch, dass er das Aufschlies- sen des Topases mit einem Zusatz von Kieselsäure vor- nahm. Den Fluorgehalt aber bestimmte er nicht bloss in der gewöhnlichen Art, sondern, Klaproth's Erfahrungen benutzend, dass der Topas in hoher Temperatur einen Verlust von etwa 20 Proc. erleidet, setzte er ihn einer Hitze aus, bei welcher Eisen schmilzt und berechnete aus dem Gewichtverlust, unter der Annahme, derselbe sei lediglich Fluorkiesel, den Gehalt an Fluor. Die nahe Uebereinstimmung der auf beiden Wegen erhaltenen Zah- len war ein Beweis für die genaue Bestimmung des Fluors. Forchhammer beschränkte seine Versuche auf ') Journ. f. prakt. Chem. Bd. 30. S. 400. 6 Bammelsberg j die Topase von Brasilien, Finbo, Trumbull in Connecticut und den Pyknit. Brasilien. Finbo. Trumbull. Pyknit. Verlust beim Glüben 23,03 24,80 23,535 Daraus Fluor 16,83 18,12 17,20 Durch die gewöhnliche Analyse wurden erhalten Kiesel 16,64 16,51 18,22 Aluminium 29,19 29,34 29,77 27,26 Fluor *) 18,40 18,88 18,42 19,62 Mittel des Fluors 17,12 18,50 17,81 19,62 Forchhammer findet also fast dieselbe Menge Kiesel wie Berzelius, etwas weniger Aluminium, dage- gen etwa 3 Proc. Fluor mehr als Letzterer. Beim Pyk- nit differiren Beide nur im Fluor. Nimmt man das Fehlende für Sauerstofi", so ist die relative Zahl der Atome Topas. Topas. Pyknit. Finbo Trumbull Si 1,22 1,26 1,26 AI 2,20 2,33 1,93 Fl 1 1 1 O 4,56 4,52 4,22 Das Atomverhältniss von Kiesel und Aluminium spricht sich auch hier bei beiden Topasen, wenngleich nicht so genau wie bei Berzelius aus. Die Gesammtmenge des Fluors und Sauerstoflfs sollte sein 5,74 6,01. Auch hier ist die Differenz, besonders bei dem Topas von Trumbull, grösser als in Berzelius 's Analyse. Beim Pyknit verhalten sich Kiesel und Aluminium eben so = 2:3, wie Berzelius gefunden hatte. Mithin haben Forchhammer's Versuche die For- meln des Topases und Pyknits, wie sie aus Berzelius 's Arbeit folgen, im Allgemeinen nicht geändert, nur stehen die Fluor- und Sauerstoffverbindung hier in dem Atom- ") Corrigirt in der angeführten Art. Zusammensetzung und Constitution des Topases. 7 verhältniss 2:9 (4:17 oder 1 : 4 im Pyknit), bei Ber. zelius in dem von 1:6 (2 : 11 im Pyknit). Die letzten Versuche, welche wir über den Topas besitzen, rühren von H. Deville her*) und datiren vom Jahre 1854. Derselbe überzeugte sich, wie er sagt, dass der Topas in starker Hitze reines Fluorkieselgas (im Mit- tel 23 Proc.) ausgiebt. Er stellt aber ferner die Behaup- tung auf, dass die weissen Topase mehr Fluor enthalten als die gelben, und dass diese Differenz der Zusammen- setzung sich auch in der Differenz der Winkel der op- tischen Axen ausspreche. Diese Behauptung, dass der Fluorgehalt der Topase verschieden sei, gleich der Färbung und dem optischen Axenwinkel, ist durchaus neu; die früheren Untersuchun- gen lassen im Gegentheil eine derartige Differenz ganz und gar nicht erkennen, und es durfte erwartet werden, dass eine Reihe von neuen Versuchen die Bestätigung geliefert hätte. Statt dessen führt Deville lediglich zwei Analysen von sächsischem und brasilianischem Topas an, ohne de- ren Beschaffenheit und die Methode der Untersuchung näher zu bezeichnen. Topas Sachsen Brasilien Kiesel 16,9 17,5 Aluminium . . . 28,9 28,6 Fluor 17,3 15,7 Sauerstoff 36,9 38,2 Atomverhältniss : Si 1,33 1,5 AI 2,33 2,5 Fl 1 1 O 5,07 6,8 Statt des einfachen Verhältnisses von 1 At. Kiesel und 2 At. Aluminium, wie es insbesondere Berzelius's Compt. rend. XXXVIII. 317. LH. 782. 8 Rammelsbergy Analysen ganz unzweifelhaft ergeben, finden wir hier die Verhältnisse von 1 : 1^/4 und 1 : 12/3, die an sich höchst unwahrscheinlich sind, und das Fluor etwa in derselben Menge wie bei den von Forchhammer untersuchten Topasen. Freilich enthält nach Deville der farblose (sächsische) Topas 1,6 Proc. Fluor mehr als der gelbe brasilianische, allein der Fluorgehalt des letzteren ist nach Forchhammer genau eben so gross als derjenige des ersteren nach Deville. In keinem Fall können diese wenigen Versuche als Beweise für Deville 's Behauptung dienen, und über- dies deutet die merkliche Abweichung von dem einfachen Atomverhältnisse zwischen Kiesel und Aluminium auf eine weit weniger genaue analytische Methode als die der Vor- gänger Deville^s. Bekanntlich schwankt beim Topas gleich wie bei an- deren krystallisirten Körpern der Winkel der optischen Axen bisweilen an einzelnen Theilen eines und desselben Krystalls. Diese Erscheinung hat aber gewiss keine Be- ziehung zu der chemischen Zusammensetzung der Sub- stanz, sondern dürfte sich wohl aus den inneren Struc- turverhältnissen der Krystalle herleiten, die beim Topas insbesondere dem brasilianischen, von Brewster und Descloizeaux beobachtet worden sind. Die chemische Constitution des Topases kann jetzt, im Allgemeinen wenigstens, nicht mehr zweifelhaft sein. Früher dachte man ihn als Thonerdesilicat, in Verbin- dung mit Fluoraluminium ; Forchhammer hielt ihn für Thonerdesilicat, verbunden mit Fluorkiesel. Aber schon vor längerer Zeit habe ich zu beweisen gesucht, dass das Fluor genau die Eolle des Sauerstoffs hier wie in anderen fluorhaltigen Silicaten (Glimmer, Apophyllit) spiele, dass es Sauerstoff gleichsam vertrete, oder vieiraehr, dass der Topas kieselsaure Thonerde sei, in isomorpher Mischung mit einem gleich zusammenge- setzten Kieselfluoraluminium. Ich stützte meine Ansicht auf -die chemischen Analogien zwischen beiden Elementen Zusammensetzung und Constitution des Topases. 9 und auf die Existenz von Verbindungen, welche aus Sauerstoffs alzen undDoppelfluorüren bestehen, deren Kennt- niss wir Berzelius verdanken. Die vollständige und sichere Kenntniss der chemi- schen Natur des Topases setzt, wie mir scheint, die fac- tische Beantwortung folgender Fragen voraus: 1. In welchem Verhältniss stehen Kiesel und Aluminium? 2. In welchem Verhältniss stehen Fluor und Sauerstoff? 3. Sind diese Verhältnisse für alle Abänderungen die nämlichen oder nicht? 4. Hat der Pyknit eine abweichende Zusammensetzung? Man wird zugeben müssen, dass die bisherigen Ar- beiten diese Fragen nicht mit der nöthigen Sicherheit beantworten, eine solche aber, wie ich hoffe, in den nach- stehend mitgetheilten Versuchen finden. Natürlich kommt alles auf eine möglichst scharfe Trennung der drei Elemente Silicium, Aluminium und Fluor an, und es ist ganz unerlässlich, beim Glühen des Topases mit kohlensaurem Alkali eine gewogene Menge reiner Kieselsäure hinzuzufügen. Es bedarf kaum der Bemerkung, dass die geglühte Masse mit Wasser ausge- zogen und der dabei in Auflösung bleibende Antheil von Kieselsäure und Thonerde durch Eindampfen im Wasser- bade unter Zusatz von kohlensaurem Ammoniak abge- schieden wird. Die Zerlegung des Unlöslichen mittelst Chlorwasserstoffsäure ist zwar im Ganzen sehr einfach, allein keine Vorsichtsmassregel ist im Stande, die Kiesel- säure frei von Thonerde, und umgekehrt, zu liefern. Ich habe deshalb bei allen Analysen die Kieselsäure mit Fluorammonium und Schwefelsäure behandelt und ihren Thonerdegehalt bestimmt, halte dies Verfahren überhaupt für nothwendig bei der Analyse thonerdereicher Silicate. Andererseits wurde die Thonerde, nachdem sie geglüht und gewogen worden, in massig verdünnter Schwefelsäure aufgelöst, wobei die Kieselsäure zurückbleibt. Eine der- artige Correction, so geringfügig sie zuweilen erscheinen 10 Rammeisberg, mag, ist für genaue Versuche auch bei anderweitigen Silicaten von Werth. In der alkalischen Flüssigkeit, welche das Fluor- natrium enthält, und natürlich nur mit Platin oder Silber in Berührung kommen darf, bleibt noch ein wenig Kie- selsäure zurück, welche man durch Eindampfen mit einer Auflösung von Zinkoxyd in kohlensaurem Ammoniak ab- scheidet, worauf man das Zinksilicat durch Salpetersäure zerlegt. Was endlich die Fällung des Fluors als Fluorcalcium betrifft, so hat H. Rose*) das ältere Verfahren so mo- dificirt, namentlich durch Femhalten von Ammoniaksal- zen, dass die Fluorbestimmung jetzt erst zuverlässig ge- nannt werden kann. Natürlich habe ich von dieser Me- thode allein Gebrauch gemacht. Von grossem Vortheil würde eine einfache Methode der Fluorbestimmung sein. Schon Berzelius hatte ver- sucht, das Fluor durch Schmelzen mit Borsäure oder mit saurem phosphorsauren Kalk auszutreiben, indessen wird der Topas dadurch nui' wenig angegriffen. Mit gleich ungünstigem Erfolg habe ich metaphosphorsaures Natron (geschmolzenes Phosphorsalz) versucht, wobei nur das be- merkenswerth ist, dass die Menge des (über dem Gas- gebläse) ausgetriebenen Fluors bei den Versuchen immer fast dieselbe war, und fast die Hälfte des im Topas ent- haltenen ist. Der Topas wird durch Behandlung mit Fluorammo- nium und Schwefelsäure zwar zersetzt, doch bleibt immer ein so grosser Theil selbst nach mehrfacher Wiederholung unangegriffen, dass diese Methode sich nicht zu einer Bestimmung der Thonerde eignet. Die von mir untersuchten Topase sind theils schon früher analysirte (Sachsen, Brasilien, Trumbull und Pyk- nit), theils solche, deren Analyse hier zum ersten Male erscheint (Schlackenwald, Adun Tschilon). *) Vgl. Traite complet de Chimie analyt. IL 761. Zusammensetzung und Constitution des Topases. 11 I. Topas vom Schneckenstein in Sachsen. Die bekannte Abänderung in farblosen durchstichtigen Krystallen. II. Topas von Schlackenwald. Ausser den be- kannten durchsichtigen Krystallen kommen dort auch trübe undurchsichtige vor, deren Masse ein ähnliches Ansehen hat, wie die des sogenannten Pyrophysalits von Finbo bei Fahlun. Sie gaben das Material für die Analysen ab. Sie sind oft gelb oder grünlich gefärbt, besitzen eine ge- ringere Härte, und ein etwas geringeres specifisches Ge- wicht, geben beim Erhitzen 0,5 bis 1 Proc. Wasser, im Uebrigen aber die Zusammensetzung der frischen Topase. Ihre Masse scheint bloss mechanisch etwas verändert zu sein. Wie bekannt, ist die Umwandlung von Topas in Thon (Steinmark) und (angeblich) in Speckstein an meh- reren Orten beobachtet, selbst die in Pinit und Glimmer an dem Topas von Finbo. Auch auf der Zinnerzlager- stätte von Schlackenwald sind derartige Thon- oder Speck- steinbildungen sehr ausgezeichnet, grossentheils aber wohl aus Feldspathsubstanz hervorgegangen. III. Stängliger Topas von Altenberg oder so- genannten Pyknit (Stangenstein). G. Rose hat gefun- den, dass die Form dieser Abänderung die des Topases ist, und Descloizeaux fand auch das optische Verhal- ten hiermit im Einklang. Schon Hauy hatte ihn zum Topas gerechnet, die Analysen schienen jedoch eine ab- weichende Zusammensetzung anzudeuten, wie dies aus dem schon Angeführten erhellt. Meinen Versuchen zu- folge ist dies aber nicht der Fall, wiewohl die offenbar weniger harten Stellen der Masse, die ich nicht unter- sucht habe, möglicherweise in ihrem chemischen Bestände verändert sind. IV. Topas vom Gebirge Adun-Tschilon im Bezirk von Nertschinsk in Sibirien. Zur Analyse diente ein einzelner grösserer durchsichtiger und farbloser Kry- stall, dessen Form alle die Eigenthümlichkeiten zeigte. 12 Rammeisher g^ die Kokschar ow an dem Topas jener Lagerstätte her- vorhebt *). V. Topas aus Brasilien. Zur Analyse wurde auch hier ein einzelner Krystall von ziemlich intensiver röthlich -gelber Farbe benutzt. VI. Topas von Trum bull, Connecticut. Weisse durchscheinende Krystallmasse. Das speci fische Gewicht der untersuchten To- pase ist: Adun-Tschilon 3,563 Brasilien 3,561 Altenberg (Pyknit) 3,533 Schlacken wald 3,520 Trumbull 3,514 Offenbar steht die Abnahme der Dichte mit einer anfangenden Veränderung und der minderen Härte im directen Zusammenhange. Die Resultate der Analysen: I. II. III. Schneckenstein Schlackenwald Altenberg. a b a b (Pyknit) Kieselsäure. 33,69 33,37 33,37 33,28 Thonerde.. . 56,28 56,81 56,52 56,03 55,86 Fluor 18,54 18,69 18,80 18,28 18,28 IV. V. **) Vl.f) Adun-Tschilon Brasilien Trumbull Kieselsäure.... 33,56 33,73 32,38 Thonerde 56,28 57,39 55,32 Fluor 18,30 16,12 16,12 Berechnung der Elementarbestandtheile, des Sauer- Stoffs aus dem Verlust: I. IL III. IV. V. VI. ab a b Silicium.... 15,72 15,57 15,57 15,53 15,66 15,74 15,11 Aluminium.. 29,94 30,22 30,07 29,81 29,72 29,94 30,53 29,43 Fluor 18,54 18,69 18,80 18,28 18,28 18,30 16,12 16,12 Sauerstoff... 35,80 35,52 35,56. ' 36,47 36,10 37,61 39,34 *) Materialien z. Mineralogie Russlands II. 232. **) Mittel aus zwei Versuchen, t) Nach Abzug von 0,66 Proc. W^asser. Zusammensetzung und Constitution des Topases. 13 Das Verhältniss der Atome ist demnach: Si 1,15 1,13 1,12 1,1 1,16 1,4 1,3 AI 2.28 2,25 2,22 2,27 2,2 2.28 2,7 2,6 Fl 1 1 1 1 1 1 1 1 4,59 4,50 4,49 4,6 4,68 5,5 5,8 Die Schlüsse, welche sich hieraus ergeben, sind folgende: 1. Der Topas enthält auf 1 At. Silicium 2 At. Aluminium. Dies Verhältniss findet sich schon bei Berzelius (wenn man vom Pyknit absieht); es tritt auch, aber weniger scharf, in Forchhammer's Analy- sen hervor. Man muss daher die Versuche von Deville als ungenau verwerfen. 2. Das Fluor ist im Topas ein Aequivalent des Sauerstoffs; d.h. die Gesammtmenge beider macht 5 At. aus gegen 1 At. Aluminium, wie dies ebenfalls die besten der früheren Analysen dargethan hatten. 3. Das Verhältniss von Fluor und Sauerstoff ist im Allgemeinen = 1:4^/2 = 2:9; es ist aber klar, dass alle Fehler in der Bestimmung der beiden übrigen Ele- mente, da der Sauerstoff direct nicht bestimmt werden kann, auf das gefundene Verhältniss von Einfluss sind, dass die Bestimmung des Fluors selbst, trotz aller Mühe, nicht so scharf ausfallen kann, als z. B. die der Kiesel- säure. Ich glaube bemerkt zu haben, dass das Fluorcal- cium immer eine kleine Menge Thonerde (oder basisches Fluoraluminium) enthält, welche seine Menge etwas zu hoch, die der Thonerde zu gering erscheinen lässt. Auch kann man sich von der directen Fluorbestimmung durch heftiges Glühen des Topases keine grössere Genauigkeit versprechen. Denn wenn dabei auch wirklich nur Fluor- kiesel fortgeht, so differiren die Verluste doch immer (bei Forchhammer um 1^/^ Proc), worauf wir wei- terhin noch besonders zurückkommen werden. Deshalb erscheint es angemessener, das viel ein- fachere Verhältniss von 1 At. Fluor gegen 5 At. Sauer- stoff im Topas als das wahre zu betrachten. Mit ihm stimmt namentlich die Kieselsäure der Analysen besser. 14 Mammelsherg, Dann ist der Topas eine Verbindung von 1 At. Kie- selsäure und 1 At. Thonerde, in welcher Verbindung 1/5 des Sauerstoffs gleichsam durch Fluor vertreten wird, oder vielmehr eine isomorphe Mischung von 1 At. Kie- selfluoraluminium und 5 At. kieselsaurer Thonerde, (A12 F13 . SiF12) + 5 (AI2 03 . Si 02). Die Berechnung der Formel ergiebt I. 6 Si — 84 — 15,475 33,16 Kieselsäure 12 AI — 163,8 — 30,177 — 56,70 Thonerde 5 Fl — 95 — 17,502 — 17,50 Fluor 25 — 200 — 36,846 107,36 542,8 100. Wie aus den mitgetheilten Analysen hervorgeht, habe ich aus den Topasen aus Brasilien und von Trumbull 2 Proc. Fluor weniger erhalten als aus den übrigen. Den- noch glaube ich nicht, dass diese Abänderungen eine an- dere Zusammensetzung haben, um so weniger, als die Fluormengen, welche Forchhammer aus ihnen erhal- ten hat, mit der Formel im Einklang sind, und mir die Bestimmung dieses Elements hier nicht in dem Grade gelungen ist, wie bei den übrigen. Auch darf man dar- aus keinen Beweis zu Gunsten von Deville's Ansicht von der Veränderlichkeit des Fluorgehalts entnehmen, denn der Topas von Trumbull ist farblos. Endlich stim- men alle durchsichtigen Topase im specifischen Gewicht überein. Es bedarf kaum der Bemerkung, dass die Isomor- phie von Sauerstoff- und Fluorverbindungen, welche ich für die Constitution des Topases vorausgesetzt habe, in den schönen Untersuchungen Marignac's über die Flu- oxy wolframiate ihre thatsächliche Bestätigung gefunden hat. Dem Pyknit kommt, den früheren Versuchen ent- gegen, die Zusammensetzung des Topases zu; er ist eine Abänderung desselben, in Form und Spaltbarkeit ihm Zusammensetzung und Constitution des Topases. 16 gleich, freilich an manchen Stellen sichtlich verwittert, weich, und dort vielleicht auch in der Mischung ver- ändert *). Unter der Voraussetzung, der Topas verliere in ho- her Temperatur seinen ganzen Fluorgehalt in der Form von Fluorkiesel, muss die Menge des letzten 23,95 Proc. betragen, ^Ii2 der Gesammtmenge des Kiesels enthaltend. Nun hat Forchhammer den Glühverlust = 23 — 24,8 Procent gefunden, Deville im Mittel 23 Proc. Der Rückstand, 76,05 Proc. betragend, enthält dann: SauerstoflP Kiesel 9,02 = 11,86 = Si02 25,41 = 13,55 Aluminium 30,18 = 39,68 = A12 Q3 74,59 = 35,91 Sauerstoff . . 36,85 = 42,46 lÖÖ 76,05 iÖÖ In diesem Rückstande ist der Sauerstoff der Kieselsäure und der Thonerde = 7/^ : 3 == 7 .. iS; er ist AU203, Si702. In der Erwartung, durch eigene Versuche von der Richtigkeit dieser Angaben, die wir Forchhammer und Deville verdanken, mich zu überzeugen, übergab ich gewogene Mengen verschiedener Topase in Krystal- len und kleinen Bruchstücken dem Hrn. Dr. Eisner, Arkanisten der k. Porcellanfabrik, welcher dieselben der stärksten Hitze des Ofens während eines Brandes aus- setzte. Das Ansehen der Proben nach dem Glühen war in allen Fällen ziemlich dasselbe, weisse ungeschmolzene Massen, an der Oberfläche zuweilen schwach verglast, aber der Gewichtsverlust war ein sehr ungleicher, wie folgende Uebersicht zeigt: Finbo (Pyrophysalith) 22,98 Proc. Schneckenstein 20,73 „ Altenberg (Pyknit) 19,98 „ Schlackenwald 17,73 „ später 16,23 „ Trumbull 16,27 „ später 19,55 „ * ) G. Rose, Krystallochem. Mineralsystem, S. 81. 16 Rammeisher g, Brasilien 15,40 Proc. später 14,29 „ Brasilien, andere Probe 14,11 „ Die Hitze des Porcellanofens schien demnach nicht hoch oder anhaltend genug, um alle Topase in der ange- gebenen Art vollständig zu zersetzen. Da sie aber doch den Schmelzpunct von Roheisen und Stahl sehr weit überschreitet, so wollte ich mich von der Zusammensetzung des Rückstandes überzeugen, insbesondere aber davon, ob derselbe wirklich noch so viel Fluor enthalte, als er unter der Voraussetzung, es entweiche nur Fluorkiesel, enthalten musste. Zuvörderst wählte ich den brasilianischen Topas, des- sen Analyse mitgetheilt wurde, und analysirte die Glüh- rückstände, welche zu verschiedenen Zeiten erhalten waren. Glührückstand Ursprüngliche Zusammen- 1 ' 2 Setzung Bei 15,4 Proc. Bei 14,29 Proc. Verlust Kieselsäure.. .. 33,73 20,22 30,10 Thonerde 57,39 71,34 70,38 Fluor 16,12 1,56 2,47 107,24 103,12 '■ 102,95 Da 15,4 Fluorkiesel = 11,25 Fluor und 14,29 = 10,44 Fluor, so wären diese Mengen Fluor entwichen, und 4,87 resp. 5,68 zurückgeblieben, und die Rückstände hätten ergeben müssen: Kieselsäure 29,34 29,72 Thonerde 67,84 66,96 Fluor 4,75 6,63 102,93 103,31. In diesem Topas war also wirklich noch etwas Fluor ent- halten, jedoch schwerlich wird man annehmen dürfen, dass die Analyse, welche genau so wie die aller Topase ausgeführt wurde, nur den dritten oder vierten Theil der wirklichen Fluormenge gegeben habe. Viel auffälliger aber ist, dass die Glührückstände von Proben, die grössere Gewichtsverluste im Feuer erlitten Zusammensetzung und Constitution des Topases. 17 hatten, gar kein Fluor oder höchstens eine sehr geringe Menge desselben enthielten, und dass in ihnen das Ver- hältniss des Kiesels zum Aluminium ein entschieden grös- seres ist, als es der Rechnung nach sein sollte. Beispiels- weise möge angeführt werden: 1) der Rückstand vom Topas von Schlacken wald •, 2) der von Altenberg; 3) der vom Schneckenstein, die resp. 82,27 — 80 — 79,27 Proc, anstatt 76 Proc. betrugen. Wäre der Glühverlust ledig- lich Fluorkiesel gewesen, so hätten sie folgende Zahlen- werthe geben müssen: 1. 2. 3. Kieselsäure 28,13 27,15 27,02 Thonerde 68,70 69,83 71,65 Fluor 5,84 4,59 3,54 Sie haben aber geliefert Kieselsäure.... 31,78 31,81 32,86 Thonerde 68,82 68,74 67,30 100,60 100,55 100,16 Wie mir scheint, ist hier kein anderer Schluss zu- lässig, als der, dass in der Glühhitze, wahrscheinlich un- ter Mitwirkung von Wasserdampf, auch ein Theil Fluor- aluminium verflüchtigt, der Rest aber unter Entwicke- lung von Fluorwasserstoffsäure in Thonerde verwandelt wird, so dass der aufgenommene Sauerstoff das Gewicht des Rückstandes vergrössert. In theoretischer Beziehung ist der von Forchhammer und Deville angenom- mene Vorgang insofern nicht gerade wahrscheinlich, als danach das Fluoraluminium dem Silicat einen Theil der Säure entziehen, und sich mit derselben zu Fluorkiesel und Thonerde umsetzen müsste. Arch. d. Pharm. CLXXVII. Bds. 1. u. 2. Hft. ^ 18 Wähler, Deber ein neues Mineral von Borneo; von F. Wohl er*). Das hier zu beschreibende Mineral, merkwürdig durch seine unerwartete Zusammensetzung, ist dem feinkörnigen gediegenen Platin von Borneo beigemengt. Dieses Platin- erz verdanke ich der Güte der Hrn. Waitz in Cassel, der lange Zeit auf Java lebte und es von da mitbrachte. Es ist dasselbe Platinerz, von dem ich 1855 von Hrn. Böcking eine Analyse machen liess **). Das neue Mine- ral wurde damals nicht beachtet oder vielleicht für Chrom- oder Titaneisen gehalten. Es ist in nicht unansehnlicher Menge darin enthalten. Dasselbe bildet sehr kleine Körner oder Kugeln von dunkel-eisenschwarzer Farbe und grossem Glanz. Es war gerade der letztere, wodurch das Mineral die Aufmerk- samkeit auf sich zog. Es hat darin grosse Aehnlichkeit mit krystallisirtem Eisenglanz ; vielleicht ist es etwas hel- ler. Viele Körner haben ebene, stark glänzende Krystall- flächen, die nach den Messungen meines Freundes Sar- torius von Waltershausen, der die nähere, mühsame Bestimmung seiner Krystallformen übernommen hat, Flä- chen des regulären Octaeders sind. Es ist sehr hart und sehr spröde und giebt ein dunkelgraues Pulver. Nach einer approximativen Wägung fand ich sein spec. Gew. etwas über 6. Beim Erhitzen verknistert es so heftig wie Bleiglanz. Es ist nicht schmelzbar vor dem Löthrohr, riecht aber dabei stark nach schwefliger Säure und nach- her anhaltend nach Osmium säure. Selbst von Königs- *) Im Separatabdruck eingesandt. D. R. **) Annal. der Chem. u. Pharm. Bd. 96. S. 243. — In diesem Pla- tinerz fand sich ein Würfel und ein sehr regelmässiges Oc- taeder von Platin, beide freilich nur sehr klein. Ueber das Vorkommen des Platins, des Goldes und der Diamanten auf Borneo siehe die interessanten Mittheilungen in PoggendorflTs Annal. Bd. 55, S. 526 und Bd. 103, S. 656. ein nettes Mineral von Bomeo. 19 Wasser und glühend schmelzendem saurem schwefelsaurem Kali wird es nicht angegriffen. Im Silbertiegel mit Kalihydrat und Salpeter geschmol- zen, löst es sich mit grünlicher Farbe auf. Nach dem Erkalten ist die Masse braun und wird von Wasser mit prächtig orangegelber Farbe aufgelöst. Die Lösung riecht nach Osmiumsäure, und Salpetersäure bildet darin, unter Vermehrung des 'Osmiumgeruchs, einen reichlichen schwar- zen Niederschlag. Hierdurch gaben sich zwei Hauptbe- standtheile zu erkennen: Osmium und Ruthenium. Das niedrige specifische Gewicht und die Farbe Hes- sen in dem Mineral eine Sauerstoff- Verbindung vermuthen. Es wurde daher in einem Strom von getrocknetem Was- serstoffgas zum Glühen erhitzt. Sogleich begann die Bil- dung von Schwefelwasserstoff und dauerte lange fort, ohne dass sich die geringste Spur von Wasser zeigte. Es war so als dritter Bestandtheil Schwefel nachgewiesen. Weitere sorgfältige Versuche zeigten, dass diese drei Be- standtheile, Ruthenium, Osmium und Schwefel, die ein- zigen des Minerals sind und dass es keines der anderen Platinmetalle enthält; wenigstens waren sie nicht in der kleinen zur Analyse angewandten Menge zu entdecken und würden jedenfalls als unwesentlich zu betrachten sein, wenn sie noch darin entdeckt werden sollten. Zur quantitativen Analyse wurden die sorgfältig aus- gesuchten Körner unter Wasser fein gerieben und ge- schlämmt. 0,3145 Grm. wurden in einer Kugelröhre von schwer schmelzbarem Glas so lange in einem Strom von getrock- netem Wasserstoffgas zum Glühen erhitzt, als noch die Bildung von Schwefelwasserstoff wahrnehmbar war. Die Substanz wog nachher 0,2145 Grm., das Mineral hatte also 31,79 Proc. Schwefel verloren. Der Rückstand war nur wenig heller geworden. Er wurde wiederholt mit neuen Mengen Königswasser dige- rirt und gekocht, bis die Säure nichts mehr auflöste und farblos blieb. Es blieben 0,176 Grm. oder 55,96 Proc. 20 Wähler, vom Gewicht des Minerals Ruthenium als graues schim- merndes Metall pulver ungelöst zurück. Die davon decantirte Lösung war tief rothgelb. Nachdem die meiste Säure davon ahgedunstet war, wurde sie mit Ammoniak versetzt, im Wasserbade zur Trockne verdunstet und die schwarze Masse geglüht, zuletzt im bedeckten Tiegel im Dampf von kohlensaurem Ammoniak. Es blieben 0,029 Grm. graues metallisches Ruthenium oder 9,22 Proc. vom Gewicht des Minerals. Es wurden also im Ganzen 65,18 Proc. Ruthenium erhalten. Beide Mengen erwiesen sich als Ruthenium dadurch, dass sie von einem schmelzenden Gemenge von Kalihydrat und Salpeter aufgelöst wurden, dass sich die braune Masse nachher mit der charakteristischen orangegelben Farbe in Wasser löste und dass Salpetersäure aus dieser Lösung schwarzes Ruthensesquioxydul fällte. Die Menge des Osmiums musste aus dem Verlust bestimmt werden, da bei einer so kleinen Menge des Mi- nerals, wie sie zu Gebote stand, die zur directen Bestim- mung dienenden Methoden nicht ausführbar waren. Ein grosser Theil des Osmiums musste sich bei der Behand- lung mit Königswasser als Osmiumsäure verflüchtigen. Dennoch aber blieb eine nicht unbeträchtliche Menge in dem erhaltenen Ruthenium zurück, und zwar sowohl in dem in Königswasser ungelöst gebliebenen, als auch in dem aufgelöst gewesenen Antheil, wie der starke Geruch nach Osmiumsäure zeigte, als die durch Schmelzen mit Kalihydrat erhaltene Masse in Wasser gelöst und mit Salpetersäure gesättigt wurde. Die Analyse ergab hiernach: Schwefel 31,79 Ruthenium 65,18 Osmium 3,03. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass in dem Mineral beide Metalle mit Schwefel verbunden enthalten sind, dass aber die Hauptmasse des Minerals von Ruthen- sesquisulfuret, Ru2S3, ausgemacht wird, denn mit keiner ein neues Mineral von Borneo. 21 anderen Schwefelungsstufe sind die obigen Zahlen in einige Uebereinstimmung zu bringen. Wie erwähnt wurde, ist der Gehalt an Ruthenium, weil es noch Osmium ent- hielt, zu hoch, folglich der an letzterem zu niedrig ge- funden worden; so lange aber die Menge des Osmiums nicht direct und genau bestimmt ist, lässt sich über die Schwefelungsstufe, in der es mit dem Schwefelruthenium verbunden ist, nichts Sicheres sagen. Am wahrschein- lichsten ist es, dass es ebenfalls als Sesquisulfuret im Mi- neral enthalten und, vielleicht als isomorph mit dem Ru- thensesquisulfuret, mit diesem zusammenkrystallisirt ist. Nimmt man, wie es nicht unwahrscheinlich ist, den Osmiumgehalt um 2 Proc. höher und den Ruthengehalt demnach um 2 Proc. niedriger an, als sie gefunden wur- den, und nimmt man an, dass das Osmium als das der Säure analoge Sulfid, Os S^, mit dem Ruthensesquisulfuret verbunden sei, so könnte man das Mineral nach der For- mel 12 (Ru2 S^) -\- Os S"* zusammengesetzt betrachten, nach welcher es bestehen würde aus: Schwefel 32,12 Ruthenium 62,88 Osmium 5,00 das heisst aus: Ru2S3 91,8 OsS4 8,2 Eine Wiederholung der Analyse mit neuem und reichlicherem Material, das ich zu erhalten hoffe, wird diese üngewissheit aufklären; jedenfalls ist das Mineral schon dadurch von Interesse, dass es das erste Beispiel des natürlichen Vorkommens von Schwefelverbindungen der Platinmetalle darbietet. Statt des langen chemischen Namens, schlage ich dafür den kurzen und wie ich denke, wohllautenden Namen Laurit vor. Da das Ruthenium für sich in Königswasser ganz unlöslich ist, so musste es auffallen, dass sich aus dem 22 E. Reichardt, mit Wasserstoffgas behandelten, also entschwefelten Mi- neral über 9 Proc. dieses Metalls auflösten. Dies hat offenbar darin seinen Grund, dass bei der Trennung des Schwefels von den beiden Metallen das Osmium mit einer gewissen Menge Ruthenium zu einer Verbindung zusam- mentrat, welche die Eigenschaft hat, von Königswasser aufgelöst zu werden. Nimmt man an, diese Verbindung sei Ru^Os, so müssten von 100 Th. Laurit, wenn er 5 Procent Osmium enthält, 10,5 Ruthenium aufgelöst wer- den. Bei der Analyse wurden 9,22 aufgelöst gefunden. Das Steinsalzbergwerk Stassfnrt and die Vor- kommnisse in demselben; von Dr. E. Reichardt, Professor in Jena*). Die Wichtigkeit und Grossartigkeit dieses Fundortes in mehrfacher Beziehung berechtigt vielleicht auch zu einer eingehenderen Besprechung in diesen Blättern, be- sonders, da die Bedeutung dieser Lagerstätte nicht mehr allein in dem Abbaue des Steinsalzes, sondern in einem fast' noch höheren Grade in den sogenannten Kalisalzen gesucht werden muss, Salze, welche als Novitäten in die Lehrbücher der Mineralogie aufzunehmen sind. Ausser einer Reihe von kleineren Abhandlungen in Poggendorff's Annalen, Zeitschrift für Naturwissenschaften von Giebel und Heintz, Archiv der Pharmacie u. s. w., sind an grösseren Arbeiten nur erschienen: Das Steinsalzbergwerk in Stassfurt, von mir, in den *) Vom Hrn. Verfasser als Separatabdruck eingesandt. D. Red. das Steinsalzher gioerk Stassfurt etc. 23 Acten der k.k. Leopold. Akad. der Wissenschaften, 1860 veröffentlicht; und die Steinsalzbergwerke bei Stassfurt, von F. Bi- schof, Königl. Bergrath und Director des Steinsalzwerks (Preuss. Besitz. R.). Halle, 1864. Natürlich ist meine Arbeit mehr von dem chemischen Gesichtspuncte aus entworfen, die zweite, wie es mir scheint, mehr vom bergmännischen und werden wir öfters auf beide Bearbeitungen Bezug nehmen müssen. Das jetzt abzubauende Steinsalzlager in Stassfurt bei Magdeburg ist jedenfalls im Zusammenhang mit den so zahlreichen Salzquellen Thüringens aufzufassen, welche rings herum den Thüringer Wald zu umziehen scheinen und sich bis an den Harz erstrecken. Die Grösse des Raumes, welchen sie umfassen, lässt mit einigem Rechte auch den Reichthum des unterliegenden Salzes vermuthen. Der Harz theilt, nach Veitheim 's Annahme, diese Salzdistricte in 2 Becken, der Richtung des Harzgebirges entsprechend, in das Magdeburg-Halberstädtische und das Thüringer. Der Höhenzug des Kyffhäussers spaltet wiederum das Thüringer Becken in einen südlichen und nördlichen Theil. Ueberall sind die Soolquellen reich- lich vertreten und an sehr vielen Orten auch tiefer ge- hende Bohrversuche nach Steinsalz oder nach stärkeren Soolquellen ausgeführt worden. Stassfurt liegt in dem Magdeburg-Halberstädtischen Becken. Den geeignetsten, augenblicklichen Einblick in die weiteren Lagerungs- Verhältnisse gestattet die von Bischof gebotene Zusammenstellung der mit Erfolg ge- krönten Bohrversuche auf Steinsalz, welche ich dem Werk- chen desselben über Stassfurt unmittelbar entnehme*): *) Bischof, Steinsalzbergwerke Stassfurts, S. 5. 24 E. Eeichardt, Thüringer Becken. Ö* Schönebeck. Stassfurt. ä . "ÖS -M •S 'S 1 s No. No. No. No. No. % nri( Art 02 8. 5. 6. 4. 3. iH < O « o Höhe über der Ost- see — Fuss: Ph CQ ffi i 315 168 221 235 538 913 598 9 440 Alluvial- und Dilu- vial -Schichten 5 200 37 30 25 30 27 20 20 15 43 — 335 Keuper- und Let- tenkohle 529 — — — 211 435 — — 600 125 649 — — Muschelkalk 600 — 166 877 1067 1087 — — 385 380 377 — — Gyps mit rothem Thon u. Mergel — — — — — — — — 169 158 — — — Bunter Sandstein . . 392 800 1277 473 377 212 576 — — — — 166 249 Gyps mit Anhydrit und Mergel . . . — — — — — — 213 460 — — — 143 195 Zechstein — — — — — — — — — — — — 207 Tiefe bis zur Stein- salzbildung 1526 1000 1480 1380 1680 1764 816 48031174 678 1069 259 986 Das Steinsalz liegt im Gebiete des bunt( 3n Si mdst eins M 1 uscV talk lel- es Zech- steines. Besooders interessant sind hierbei die Verschieden- heiten der durchsunkenen Gebirge bei den so nahe lie- genden Schichten des Preussischen und Anhaltinischen Stassfurts *). 3720 Fuss in nordwestlicher Richtung von dem Preussischen Salzwerke hat das Herzogthum Anhalt gleichfalls zwei Schächte niedergetrieben, nachdem die vorhergehenden Bohrversuche das Steinsalz ergeben hat- ten; jedoch gestalteten sich hier die Verhältnisse weit günstiger, indem das Steinsalz schon in der Tiefe von 454 Fuss erreicht wurde, in den Preussischen Werken erst bei 816 Fuss. In den Anhaltinischen Schächten fehlt die bedeutende Zwischenlagerung des Sandsteines, dage- gen fand sich Gyps mit Anhydrit in grösserer Mächtig- keit. Diese Verschiedenheiten bei so grosser Nähe zeigen recht deutlich die späteren Niveauveränderungen der an- und abgelagerten Gebirgsmassen. *) Das Anhaltische Steinsalzwerk führt den Namen Leopoldshall. B. das Steinsalzher gwerk Stassfurt etc. 25 Vergleichen wir die hier gebotenen Bohrresultate auf Steinsalz mit den sonst bekannten Lagerungsverhält- nissen anderer Steinsalzlager, so ist eine Abnormität nicht zu erkennen. In dem Anhaltinischen Werke wurde nach dem Gyps und Anhydrit, dem Salzthon u. s. w. das Stein- salz aufgefunden in einer Mächtigkeit von circa 70 Fuss, hierauf folgen die sogenannten Abraumsalze und in grös- serer Tiefe, von 635 Fuss an, wiederum das reine Stein- salz, welches bis auf eine Tiefe von 365 Fuss durchbohrt wurde, ohne ein Ende zu erreichen. In den Preussischen Schächten ist das obere, weniger mächtige Steinsalzlager nicht beobachtet worden, dagegen ist der Bohrversuch in reinem Steinsalze bis zu 1066 Fuss fortgesetzt worden, ohne auch hier durchzubohren. Der horizontale Abbau in dem Preussischen Stassfurt hat auch schon eine Länge von 600 Fuss erreicht. Vergleicht man diese bis jetzt eigentlich unerhörten Zahlen für Steinsalzlager, so berech- tigt sich vielleicht der Ausdruck, dass man hier in der Tiefe wahre Salzberge angehauen hat oder ein Salzge- birge, dessen Ausdehnung nach den weiter oder näher gelegenen Soolquellen, nach den jetzt schon auf Steinsalz gelangten Bohr versuchen eine ungeheure sein kann, je- denfalls ist in dem Aufschluss der beiden Werke zu Stass- furt in Preussen und Leopoldshall in Anhalt übergenü- gend die locale Mächtigkeit erwiesen. Würde nun schon die massenhafte Lageri^ng des Steinsalzes genügen, diesen Fund als ein ganz ausseror- dentliches Ereigniss der Zeit zu begrüssen, so liegt mo- mentan die grösste Wichtigkeit dieses Fundortes nicht in dem Steinsalze^ oder wenigstens nicht allein, sondern in den auf der mächtigsten Steinsalzlagerung aufliegen- den Mutterlaugensalzen, welche sich durch die Reichhal- tigkeit an Kali auszeichnen und beide Salzwerke^ zu Stassfurt und Leopoldshall, sind für jetzt die einzigen Fundorte der Erde, wo Kalisalze in leicht löslicher und leicht zu gewinnender Form in solcher Masse ausgebeu- tet werden können. 26 E. Reichardtf Die Bedeutung eines Bergwerkes für Kali bedarf keiner näheren Erörterung und versuchen wir es daher, uns dem Steinsalze von oben her zu nähern, der Reihen- folge nach die bis jetzt bekannten, grösstentheils neuen Vorkommnisse zu betrachten. Schon in dem auf dem Salzlager aufliegenden Gyps und Anhydrit fanden sich bei dem Abbau Drusenräume mit Steinsalz vor; ein Exemplar aus dem Werke Leo- pold shall zeigte Anhydrit als Unterlage, auf diesem auf- sitzend, und zwar meist auf den Ecken, Steinsalz würfel und auf und um letztere wieder feinere und stärkere, reinste Gypskrystalle. Eben so war hier ein mit Qyps durchsetzter Salzwürfel gefunden worden. Zwischen dem Steinsalze und der Gyps- und Anhy- dritlagerung befinden sich die zuerst als Abraumsalze be- zeichneten Salze, welche als Abraum entfernt werden mussten, um auf das Steinsalz zu gelangen. Die Mäch- tigkeit dieser Zwischenschicht beträgt gegen 200 Fuss. Bischof theilt das Lager in mehrere Abtheilungen, welche einen geeigneteren Einblick gestatten, obgleich er selbst ausspricht, dass diese Theile keineswegs genau begränzt seien. Zuunterst, als Sohle, so weit der Bohrversuch fort- gesetzt wurde, liegen 685 Fuss reines Steinsalz, dem fol- gen nach oben 200 Fuss mehr unreines Steinsalz mit leichter löslichen Salzen versehen, doch hauptsächlich noch Steinsalz, dann folgen 180 Fuss Salzmasse, welche neben Steinsalz besonders schwefelsaure Verbindungen enthält und endlich 135 Fuss von Steinsalz, Bittersalzen und Kalisalzen. Bei den Bohrversuchen in Stassfurt gelangte man natürlich zuerst in diese Salzschicht von Kalisalzen, Ver- bindungen von Chlormagnium, schwefelsaurer Talkerde u. s. w., welche im Allgemeinen zerfliesslich sind und we- gen der oft sehr bunten Färbung und dem bitteren Mag- nesiageschmack bunte, bittere Salze oder Abraumsalze genannt wurden. Die erste Auffindung dieser Salze durch Bohrversuch und Abbau war keineswegs eine erfreuliche. das Steinsalzher gwerk StassfuH etc. 27 da man noch keine Anwendung kannte und als es mir vergönnt war, das erste Mal, im Jahre 1859, das Salz- werk zu besuchen, war man bemüht, für Vermauerung dieser Feuchtigkeit und entzündliche Gase führenden Schichten zu sorgen, um dieselben für das eigentliche, ganz trockene Steinsalzlager unschädlich zu machen. Jetzt ist die Lage eine andere, der Abbau der Abraumsalze in beiden Werken, Stassfurt und Leopoldshall, ist ein sehr bedeutender und besonders rentirender. Die obere Abtheilung, unmittelbar an den Anhydrit oder den damit verknüpften Salzthon anschliessend, nach Bischof von einer Mächtigkeit von circa 135 Fuss wird besonders durch ein Salz charakterisirt, dem wichtigsten Kalisalze des dortigen Lagers, durch Carnallit, weshalb Bischof mit Recht den Namen Carnallitregion wählt. Bischof giebt als ungefähre Zusammensetzung an: 55 Procent Carnallit, 25 Proc. Steinsalz, 16 Proc. Kie- serit und 4 Proc. Chlormagnesium-Hydrat (in wel- cher Form?). Carnallit. KCl -f MgCl + 12 HO, ungefärbt bis milchweiss, gewöhnlich rosaroth bis dunkelroth gefärbt. Die ersten Untersuchungen dieses Salzes und Be- gründung der Formel rühren her von H.Rose und von Oesten; dieselben fanden: I. H. HL Chlormagnesium 31,46 30,51 36,03 Chlorkalium 24,27 24,27 27,41 Chlornatrium 5,10 4,55 0,23 Chlorcalcium 2,62 3,01 — Schwefelsaure Kalkerde. 0,84 1,26 1,14 Eisenoxyd (eingemengt), 0,14 0,14 — Wasser als Verlust . 35,57 36,26 36,33 100,00 100,00. Analyse HI. betriffi sehr reinen, milchweissen Car- 28 E. Reichardty nallit, von Sie wert untersucht. Meine Untersuchungen eines reinen, schwach rosagefarbten Stückes ergaben: berechnet : Magnium , 8,588 8,588 8,884 l^'r"" J!SK=^3'*^i i^'O«« Kahum 9,458' Chlor .. 38,459 38,459 38,234 Wasser als Verlust . 41,136 39,512 38,814 100,000 100,000 100,000. Dieses Salz, welches Rose zu Ehren des Berghauptmanns V. Car nall benannte und gegen 17 Proc. Kali oder 27 Proc. Chlorkalium im reinsten Zustande enthält, ist bis jetzt der Quantität nach das wichtigste Vorkommen Stassfurts, neben dem eigentlichen Steinsalze. Dasselbe ist leicht zerfliesslich und hinterlässt dabei einen grossen Theil des Chlorkaliums, verdunstet man eine wässerige Lösung, so krystallisirt das Chlorkalium heraus, welche Eigenschaft zur Gewinnung des Chlorkaliums fabrikmässig ausgebeu- tet wird. Dasjenige Kalisalz, welches jetzt von Stassfurt der Industrie in grösster Menge geboten wird, ist das Chlorkalium. Der Carnallit besitzt ein spec. Gew. von 1,60. Zwei Wägungen bei 19^,5 C, in Benzin ausgeführt, erga- ben mir nach der Berechnung auf Wasser 1,599 und 1,6005. Selten findet sich der Carnallit ganz rein, durchsich- tig und farblos, gewöhnlich treten die schon oben erwähn- ten, rothen Färbungen in sehr verschiedener Intensität auf, seltener und gewöhnlich erst bei Berührung mit den betreffenden Schichten wird Carnallit durch Kieserit bis michweiss gefärbt oder durch thonige, erdige Beimischung grau, überhaupt schmutzig. Die rothe Färbung rührt von einer höchst interes- santen Beimengung von Eisenglimmer oder Eisen- oxyd hydrat her, erstere Beimischung fand schon H. Rose bei den ersten Untersuchungen, letztere wies ich bei den wenigen Stücken des Minerals nach, welche mir das Steinsalzher gwerk Stassfurt etc. 29 bei meinen früheren Untersuchungen geboten werden konnten *). Der Eisenglimmer findet sich hier in äusserst regel- mässigen, sechsseitigen Blättchen oder rhombischen Ta- feln, oder langen, scheinbar sechsseitigen Nadeln und re- präsentirt also darin die sonst bekannten Vorkommnisse desselben. Er ist nur mikroskopisch in diesen Gestalten *) Gewiss ist Herrn Bergrath und Director des Preuss. Salzwerkes Stassfurt Bischof für Abfassung seines Werkchens über das Lager Niemand dankbarer, wie ich, wo ich schon seit längerer Zeit dieser Lagerstätte eine stärkere Theilnahme gewidmet habe, allein geradezu unangenehm berührt es, wenn man fast auf jeder Seite einen Tadel oder einen Zweifel über die An- gaben vorfindet, welche ich oder auch Andere früher gegeben haben, noch dazu, wo in meiner Originalarbeit jeder Thatsache, von Anderen oder mir ermittelt, möglichst Eechnung getragen ist. Es ist geradezu eine, gelind ausgedrückt, Selbstüberschätzung, wenn Jemand die Thatsachen, welche ein Anderer angiebt, deshalb für falsch erklärt, weil es seinen eigenen Forschun- gen noch nicht gelungen war, sie zu bestätigen, z. B. hinsicht- lich des Schwefels im Polyhalit (siehe später) und selbst nicht im Stande ist, in dem gebotenen Werkchen die chemischen Formeln richtig zu schreiben, z. B. Tabelle zu Seite 38: An- hydrit = Ca.O.S.03, auf derselben Seite 2Ca.O.S03u. s. w.^ Interpunctionen ohne allen Sinn ; oder Angaben, wie S. 26, wo der Kieserit mit Wasser so erhärten soll, wie das Kalkerde- hydrat. Druckfehler können so häufig wiederkehrende An- gaben oder so langgestreckte Worte doch nicht sein. Hinsichtlich der rothen Färbung des Carnallits fand ich Eisenoxydhydrat in den wenigen, mir damals zugänglichen Stücken, wo der Abbau der Kalisalze noch gar nicht begon- nen hatte, bemerkte aber ausdrücklich in meiner Arbeit, dass Rose bei dem Lösen in Wasser Eisenoxyd in glimmerartigen Blättern als Rückstand erhalten habe, nach Rose 's Angabe 0,14 Proc. Bischof giebt sich nicht die Mühe, meine Angaben vollständig durchzusehen oder sie zu wiederholen, sondern äussert endgültig: „Der oben erwähnte Eisenglimmer, aus rei- nem Eisenoxyd bestehend, obgleich Reich ardt die färbende Substanz des Carnallits für Eisenoxydhydrat ansieht" u. s. w. Derartige ürtheile sind oberflächlich, sie werden in den wei- teren Resultaten wohl genügend Erledigung finden. 30 E, Reichardty erkennbar und zeigt sich dann rothgelb bis fast farblos. Hier und da tritt er im Carnallit so stark auf, dass man den Glanz des Glimmers mit unbewaffnetem Auge deut- lich bemerkt, oft finden sich dabei auch dunklere Par- thien, bis schwarzglänzend. Wird derartiger Glimmer vorsichtig geschlämmt, so hinterbleiben mehr isolirt die schwarz gefärbten Glimmertheile und nun beobachtet man unter dem Mikroskope sowohl die stärkeren, schwereren, sechsseitigen Glimmertafeln und Nadeln, als auch regu- läre Krystalle, schöne Octaeder oder Combinationen des regulären Systems. Es lag nahe, auf Magneteisen zu schliessen, jedoch sind diese Krystalle nicht magne- tisch. Mit ganz concentrirter Salzsäure behandelt, wer- den diese Glimmertheile sehr langsam angegriffen und zwar netzförmig zerfressen, so dass bei den sechsseitigen Blättchen gewissermassen das Gerippe am längsten wider- steht, bei den regulären Formen konnte hierbei kein Eisenoxydul nachgewiesen werden *). Der reine Eisen- gliramer wird beim Glühen fast gar nicht verändert, nur nach dem Erkalten leichter angreifbar durch Säuren. Prüfungen auf Titan ergaben negative Resultate. Gleich häufig tritt nach den mir zugekommenen Sen- dungen die Färbung des Carnallits durch Eisenoxyd- hydrat auf, namentlich bei den weniger klaren und natür- lich weniger glänzenden Stücken. Gemenge von Eisen- gliramer imd Eisenoxydhydrat finden sich gleichfalls all- gemein. Bei dem Lösen des Carnallits in Wasser, was ungemein leicht erfolgt, scheiden sich Glimmer wie Eisen- oxydhydrat ab und lagern sich schliesslich am Boden; *) Hinsichtlich des Vorkommens des Eisenoxyds in Octaedern sind übrigens zu vergleichen: Kammeisberg: Poggend. Annal. 104, 497 u.f.; Jahresber. von Liebig und Kopp, 1858, S.687 über Martit und Dewalque, Instit. 1859, 330; Jah- resbericht wie oben 1859, S. 775; so wie endlich Jahrbuch der Chemie u. Pharm. 1865, S. 258 von Blum; letzterer glaubt keine Dimorphie, sondern Pseudomorphosen von Magneteisen annehmen zu müssen. das Steinsalzbergwerk Stassfurt etc. 31 bei dem Eisenoxyd hydrat findet man aber fast immer zusammenhängende, fadenähnliche Massen, welche sehr oft noch mit Glimmerkrystallen behaftet sind und völlig das Aussehen von organischen Resten gewähren. Die sorgfaltigsten mikroskopischen Prüfungen, welche freund- lichst von Herrn Prof. Pringsheim mit unternommen wurden, ergaben kein Zellgewebe *), sondern nur zu- sammenhängende Fäden, an denen gleichzeitig oft mikro- skopische, farblose, lange Nadeln anhafteten. Organische Substanz. Lässt man Stücke ge- färbten Carnallits in Wasser längere Zeit ruhig liegen, so kann man sehr leicht die zusammenhängenden, speci- fisch leichten Massen erkennen, welche gern an den Wandungen der Gefasse sich anhängen oder auf der Flüssigkeit schwimmen u. s. w. Weder Salzsäure noch Kalilösung wirken darauf ein, so dass durch erstere das Eisenoxydhydrat leicht entfernt werden kann, nur con- centrirte Säuren oder Alkalilösungen wirken endlich zer- störend. Obgleich eine Organisation dieser Substanzen nicht mehr erkennbar ist, so bestehen dieselben doch zweifellos aus organischen Substanzen. Bei dem Glühen mit dem Eisenoxydhydrat reduciren sie dasselbe zu schwarzem, magnetischen Eisenoxydoxydul, welches nach längerem Glühen an der Luft wieder zu Eisenoxyd wird. In der unten geschlossenen Glasröhre geglüht, scheidet sich bei den möglichst reinen Massen Kohle ab, es entwickeln sich bituminöse, Theer enthaltende Stofi^, sehr häufig verbunden mit alkalischer Reaction der Dämpfe, kurz alle Reactionen, wie sie die organischen Substanzen gewähren. Glüht man solche lockere, fadigen Gemenge, so werden sie sofort zerstört und sind nicht mehr unter dem Mikroskope sichtbar. *) Nach den Angaben von Bischof und Karsten (Sitzungsber. der deutschen geolog. Gesellschaft vom 3. Mai 1865) wären deutliche Zellen von Spkagnum und einer nicht sicher be- stimmbaren, holzartigen Pflanze, vielleicht einer Cycadee, im Carnallit gefunden worden. 32 E. Meichardt, Zur Beruhigung des Herrn Bischof sei bemerkt, dass der Eisenglimmer sich natürlich wie Eisenoxyd ver- hält, das hier besprochene Hydrat, wie ich es in sehr grosser Menge gefunden habe, aber Wasser enthält u. s. w. Die feinen nadeiförmigen Krystalle, welche sehr oft mit diesen organischen Substanzen verbunden sind und durch dieselben in Wasser schwimmend erhalten werden, gaben vor dem Löthrohre die Reactionen auf Kiesel- säure. Schwefel. Bei meinen früheren Untersuchungen des Polyhalits von Stassfurt fand ich Schwefel eingemengt, durch Sublimation oder durch Lösungsmittel isolirbar. Wiederholt ergaben diese mit Wasser von allen dadurch entfernbaren Theilen befreiten Rückstände des Carnallits beim Glühen in der einseitig geschlossenen Glasröhre Sublimate, gleichzeitig verbunden mit dem charakteristi- schen Geruch nach schwefliger Säure. Endlich wurde durch Aether Schwefel ausgezogen und in gelben Kru- sten als Abdampfrückstand erhalten. Beim Erhitzen zeigte sich der eigenthümliche Geruch nach Schwefel, mit Salpetersäure gekocht bildete sich Schwefelsäure. Um alle Täuschungen zu umgehen, wurden nur selbst geschlagene, von den äussern Theilen vollständig befreite Stücke dazu verwendet. Anhydrit, Kieserit und Kieselsäure. Wenn man grössere Mengen von selbst äusserlich völlig reinem Carnallit in Wasser löst und das Ungelöste für sich durch Schlämmen in leichtere und schwerere Theile spal- tet, so hinterbleiben stets gleichzeitig noch weissliche Körper, welche sich unter dem Mikroskope theilweise schön krystallisirt zeigen. Abgesehen von dem vielleicht noch vorhandenen Eisenglimmer bestanden die von mir erhaltenen Reste aus Kieserit, Anhydrit und Quarz- krystallen. Lässt man längere Zeit Wasser auf ein solches Gemenge einwirken, vielleicht noch unterstützt durch Wärme, so löst sich der Kieserit allmälig auf, verdünnte Salzsäure greift dann auch langsam den An- das Steinsalzher gioerk Stassfurt etc. 33 hydrit an, jedoch sehr verschieden, so dass erst nach wiederholtem Kochen sämmtliche Anhydritkrystalle ent- fernt werden können und die Kieselsäure allein hin- terbleibt. Der Kieserit zeigte mir keine bestimmbare Kry stallformen, der Anhydrit fand sich öfters in schön ausgebildeten Krystallen, jedoch weniger schön und na- mentlich viel kleiner als die einzelnen Vorkommnisse desselben im Kieserit; gewöhnlich waren es flache Tafeln mit oft sehr schöner stängliger Zusammensetzung. Die Kieselsäure endlich kommt sowohl in mehr abgerun- deten Stückchen vor, wie feiner Sand, als auch in den reinsten sechsseitigen Säulchen, in verschiedenen Rich- tungen mit einander verbunden. Ihre chemische Consti- tution wurde sowohl durch das Verhalten gegen Phos- phorsalz, wie durch Schmelzen mit kohlensaurem Natron und späterer Abscheidung festgestellt. Das höchst interessante Vorkommen des Carnallits in so grosser Menge erhält dadurch noch eine besondere Bedeutung, dass dieselbe Verbindung, KCl -f 2MgCl-f- 12 HO, vor der Auffindung des Minerals als Product der Krystallisation der Mutterlauge von Meerwasser schon erkannt worden war. v. Lieb ig*) erhielt dieses Salz im Jahre 1827 zuerst bei der Krystallisation der Mut- terlauge der Saline zu Salzhausen, Marcet wies nach, dass Weingeist das Chlormagnium entziehe und dass auch die wässerige Lösung sich in beide Salze spalte, sobald sie durch Eindampfen concentrirt werde — das Ver- fahren der heutigen Gewinnung des Chlorkaliums daraus. Die ausführlichsten Versuche über die bei dem Verdun- sten des Meerwassers sich allmälig ausscheidenden Salze gab J. J. üsiglio **), welcher bei gradationsweise vor sich gehender Concentration nach einander erhielt: 1) etwas Eisenoxyd und kohlensauren Kalk, 2) kohlen- *) Annalen der Chemie und Pharmacie, XXXIII. 5. **) Annal. de Chim. et de Phys. [3.] XXVII. 172: Jahresber. für Chem. u. Phys. von Liebig und Kopp, 1849, S. 643 ff. Arch.d. Pharm. CLXXVH.Bds. l.u.2.Hft. 3 34 E. Reichardtj sauren Kalk; 3) Gyps; 4) Gyps mit Chlornatrium, schwefelsaure Talkerde, Brom- und Chlormag- nium, letztere in sehr geringer Menge ; 5) bei steigern- der Verdichtung der Lauge und besonders dem Tem- peraturwechsel von Tag und Nacht: Chlornatrium, Bittersalz, auch Chlorkalium; 6) fast reines Bit- tersalz; 7) neben den obigen Salzen ein neues Pro- duct, schwefelsaure Kalitalkerde, KO, S03 -\- MgO, S03 4- 6 HO; 8) den besprochenen Carnallit, und zuletzt enthielt die Lauge von 1,372 spec. Gew. nur noch etwas Kochsalz, Bittersalz, neben viel Chlormagnium, welches letztere end- lich auch krystallisirte. Der Vorgang dieser Salzabscheidung gewährt gewis- sermassen einen Einblick in die Entstehung der ver- schiedenen Salze, wie sie jetzt in Stassfurt thatsächlich in grösster Masse vor unsern Augen liegen, V. Liebig gab an, dass das Doppelsalz Chlor- magnium-Chlorkalium (Carnallit) in unregelmässi- gen Octaedern kry stallisire ; Rammeisberg giebt in seinem Handbuche über krystallographische Chemie das sechsgliedrige System (Dihexaeder) an. Obgleich noch keine deutlichen Krystalle des Minerals beobachtet wur- den, so stimmen doch die meist abgerundeten, ausserlich etwas zerflossenen Knollen, wie sie mir vor einiger Zeit aus Stassfurt zukamen, von farblosestem und reinstem Salze, mit der Angabe Rammelsberg's am besten über- ein. Der Bruch oder die Spaltung sind nicht regulär, gewöhnlich muschelig und glasglänzend. In der oberen Abtheilung der Carnallitregion findet sich der Carnallit, wenn auch nicht häufig und nur an einzelnen Stellen, sehr vermengt mit Thon, mit schlamm- artigen Theilen; bei dem Lösen derartigen Materials in Wasser entsteht noch jetzt ein völlig fauliger Geruch. Leopoldit. Mit diesem Namen bezeichnet man das so interes- das Steinsalzher gioerk Stassfurt etc. 35 sante Vorkommen des reinen Chlorkaliums in dem Anhaltinischen Salzwerke Leopoldshall. Dasselbe findet sich im Kieserit eingebettet zwischen dem Carnallit und dem eigentlichen Steinsalzlager in grösseren oder klei- neren Stücken, bis zu mehreren Pfunden schwer (nach Bischof bis zu 5 Pfd.). Der Leopoldit ist farblos, weiss bis röthlich gefärbt, schmeckt etwas mehr scharf und bitter, mit reinem Steinsalz verglichen, und zeigt sonst, wenn auch nicht in so grossen Flächen, dieselbe reguläre Spaltbarkeit, wie das Steinsalz. Bei dem Auf- und Abschlagen bemerkte ich sehr oft und an den mei- sten Stücken abermals einen fauligen Geruch. Das spec. Gewicht fand ich zu 1,977, 1,9857, 1,9846 Mittel 1,9824. Bischof fand 2,025. Die früheren Be- stimmungen von künstlichem Chlorkalium ergaben 1,836 Kirwan, 1,9153 Karsten, 1,945 Kopp; jedenfalls liegt demnach bei diesem natürlichen Vorkommen eine etwas grössere Dichtigkeit vor. Um die Reinheit des Minerals auch durch die che- mische Analyse zu bestätigen, wurde diese ausgeführt und erhalten: 0,4650 Grm. lösten sich leicht und vollständig in Wasser, die Lösung wurde auf 50 C.C. verdünnt und je 10 C.C. zur Untersuchung verwendet. An AgCl wur- den erhalten 0,2270 Grm. — 0,05612 Cl = 47,3600 Proc, an KCl -f- PtC12 0,3040 Grm. = 0,048750 K = 52,400 Procent. berechnet gefunden K = 52,6 52,4 Cl = 47,4 47,4 100,0. Die Analyse erwies somit chemisch reines Chlor- kalium, die Spectraluntersuchung ergab allerdings die niemals fehlende Reaction auf Natron immer noch. Bischof glaubt, dass dieses Chlorkalium erst aus Carnallit wieder entstanden sei, durch späteres Aus- waschen; ich möchte mich dieser Ansicht nicht anschlies- 3* 36 E. Reichardtj sen; zu der Zeit, wo der Carnallit fest geworden, man- gelte sicher auch das Wasser in einer diese Zersetzung und Translocation bewirkenden Menge. Das früher be- sprochene Beispiel der Salzbildung aus Mutterlaugen von Meerwasser von Usiglio erweist sogar das Chlorkalium als eine der Bildung des Carnallits vorhergehende oder folgende Abscheidung, gleichfalls nur in kleineren Men- gen, und die Praxis der Gewinnung von Chlorkalium aus Mutterlaugen kennt sehr wohl diese Erscheinung, ähnelnd dieser früheren Gestaltung. Tachhydrit. Dieses Mineral correspondirt genau mit dem Car- nallit, nur enthält dasselbe an Stelle des Kaliums Cal- cium. Die chemische Bestimmung desselben rührt her von Rammeis berg, welcher fand: berechnet Calcium 7,46 7,49 Magnium 9,51 9,29 Chlor 40,34 41,46 Wasser (als Verlust). .42,69 41,76 100,00 100,00. Rammeisberg*) stellte dafür die Formel auf : CaCl -)- 2 MgCl-f- 12H0; er erhielt das Mineral vom Berg- hauptmann V. De eben im dichten Anhydrit und mit Krystallen desselben verwachsen (diese An- gaben rühren gar nicht von mir her, wie Bischof irrig angiebt und sind jedenfalls ganz richtig), das jetzige nicht häufige Vorkommen zeigt sich nach Bischof in wenigen Zoll starken Schichten, mit dem Carnallit oder Kieserit verwachsen, in den oberen Partien. Bischof fand ein spec. Gewicht von 1,671 und wies zugleich die interessante Erscheinung nach, dass bei dem Lösen dieses Minerals in Wasser sich ansehnlich Wärme entwickele; jedenfalls ein Beweis, dass sich hierbei das *) Poggend, Annalen, Bd. 98. S. 261. das Steinsalzbergwerk Stassfurt etc. 37 Salz in die einzelnen Bestandtheile zerlegt, wobei 2MgCl schon allein die vorhandenen 12 HO zu binden im Stande sind, CaCl gleichfalls 6 HO mit der bekannten Entwicke- lung von Wärme. Stassfurtit. Die jährliche Ausbeute an diesem Mineral beträgt nach Bischof kaum 200 Centner und findet sich das- selbe in der ganzen obersten Abtheilung der sogen. Kali- salze. Die chemische Zusammensetzung ist diejenige des Boracits, indem Steinbeck nachgewiesen hat, dass der früher von Rose, Rammeisberg, Ludwig und Heintz angenommene Gehalt an Wasser noch von an- hängendem Chlormagnium herrühre. Der Stassfurtit findet sich in kugeligen Knollen bis Kopfgrösse oder auch in kleineren Formen, endlich auch als Beimengung bei Carnallit, Kieserit u. s. w. oft in sehr unbedeutender Menge. Nicht selten sind die Knollen innen mit Carnallit ausgefüllt oder nach Bischof auch mitTachhydrit; insofern eine interessante Erschei- nung, als der nur sehr langsam in Säure lösliche, in Wasser fast ganz unlösliche und weisse oder fast weisse Boracit als Einschluss den meist sehr intensiv gefärbten und zerfliesslichen Carnallit enthält. Unter dem Mikroskope erscheint der Stassfurtit als ein Gemenge der feinsten, prismatischen, seidenglänzen- den Kry stalle, sonach wäre derselbe jedenfalls ein dimor- phes Vorkommen des Boracits. Bischof fand ein spec. Gewicht von 2,667 ; meine Wägungen des Minerals im dichten, unveränderten Zustande, ganz frisch, ergaben 2,383 — 2,396 — 2,458 und H. Ludwig erhielt schon früher 2,5074 bei 5^ C. Schon bei dem Bohrversuche wurde ein Mineral von Karsten als Boracit erwiesen mit dem specif. Gewicht von 2,9134; Chandler fand 2,9441; Rose schlug wegen der andern Structur und Löslichkeit den Namen Stassfurtit vor. Die weissen oder grauweissen, bei mehr Eisengehalt 38 E. Reichardtj grünlichen oder bräunlichen Knollen des Stassfurtits sind sämmtlich reichlich von Chlormagnium durchdrungen und ziehen dadurch leicht Feuchtigkeit an, dabei in einzelne Stücke zerfallend, endlich sogar in Breiform übergehend. Durch längeres Auswaschen mit Wasser kann man die- sen Gehalt von anhängendem Chlormagnium völlig ent- fernen und dann enthält das Mineral, selbst nach dem Trocknen über Chlorcalcium, nur noch ganz geringe Men- gen Wasser, welche keinem einfachen äquivalenten Ver- hältnisse entsprechen. H. Ludwig entdeckte in dem Stassfurtit den Chlor- gehalt und dem folgend auch in den Boraciten überhaupt, was bis dahin übersehen war. Heintz bestätigte dies und Rose auch sehr bald den übersehenen Gehalt der andern Boracite an Chlor. Nach der Angabe der ge- nannten Chemiker ist demnach die Formel des Boracits, wie nun auch des Stassfurtits 2(3MgO, 4B03) + MgCl. Bischof gab in seinem mehrfach citirten Werkchen zuerst an, dass durch fortgesetztes Auswaschen dem Stass- furtit alles anhängende Chlormagnium entzogen werden könne und dass dann, nach dem Trocknen bei 100^ C, derselbe kein Wasser mehr chemisch gebunden enthalte. Steinbeck*) hat durch umfassende Versuche dies be- stätigt; er fand bei so gereinigtem Material nach dem Trocknen bei 120^ C. nur noch 0,6 Proc. Wasser, welches durch Erwärmen bis auf 250^ C. ausgetrieben werden konnte. Ich habe diese Untersuchung gleichfalls mehr- mals anstellen lassen und fand, nachdem durch Waschen mit Wasser das Chlormagnium völlig entfernt war und das Material sodann nur über Chlorcalcium bei gewöhn- licher Temperatur getrocknet, einmal 0,71 Proc. Wasser, femer 0,91 Proc. Das Mineral ist demnach wirklich wasserfrei, analog dem Boracit. Die Untersuchungen, welche ich auf den Chlorgehalt ^) Poggend. Annalen, 1865, Bd. CXXV. S. 68. das Stetnsalzhergwerk Sfassfurt etc. 39 des sorgfaltigst gereinigten Materials anstellen Hess, führ- ten aber mehrfach zu andern Resultaten. Die Formel 2 (3MgO, 4B03) -f MgCl verlangt 7,895 Procent Chlor oder 10,647 Proc. Chlormagnium, Bischof fand an letzterem in wasserfreiem Material 10,61 Proc, Heintz und Sie wert fanden bei 1,97 Proc. Wasser- . gehalt 10,42 Proc, Ludwig bei 5,93 Proc. Wasser 11,73 Procent Chlormagnium. Meine Untersuchungen ergaben: I. II. m. berechnet Weisser Stassfurtit 8,82 8,97 8,92 Proc Chlor 7,895 Gelber „ 8,40 8,45 „ „ Grüner „ 7,12 7,70 Der Wassergehalt schwankte bei diesen Mineralen zwischen 0,2 — 0,9 Proc und die Färbungen waren durch nur sehr unbedeutende Mengen von Eisenoxyd oder Oxy- dul bewirkt; der gelbe Stassfurtit ergab 2,8, der grüne 2,3 Proc Eisenoxyd. Bischof fand gelben Stassfurtit, welcher an Stelle der borsauren Talkerde borsaures Eisenoxydul — 50,05 Procent enthielt, welche Zusammensetzung übrigens ein völlig neues Mineral ergeben würde. — Endlich glaubt Bischof bei diesem in Wasser fast ganz unlöslichen Vorkommen berechtigt zu sein, eine vul- kanische Exhalation von Borsäuredämpfen, wie in Tos- kana, annehmen zu müssen. Die neuesten Untersuchun- gen haben jedoch Borsäure in den zahlreichsten Quellen gelöst nachgewiesen, J. A. Veatch*) fand es auch im Seewasser an der Küste von Californien etc. Die Aus- scheidung des Stassfurtits in der Mutterlauge darf bei der bekannten leichten Löslichkeit borsaurer Verbindun- gen besonders in Salzlösungen nicht auflfallen, die Ver- einigung der stärksten obwaltenden chemischen Verbin- dung erfolgt schliesslich doch, wie bei der Bildung des kohlensauren Kalks, des Raseneisensteins, des Schwefel- kieses u. s. w. *) Journ. of the Franklin Institute, Febr. 1860. — Phil. Magaz. XIX. 323. 40 E. Reichardtf Entzündliche Gase. Sowohl das Steinsalz, wie in weit höherem Grade die zerfliesslichen Salze enthalten Gase eingeschlossen? welche bei dem Lösen der Salze in Wasser unter Kni- stern entweichen und passend aufgefangen werden kön- nen. Mehrere Male erhielt ich übrigens bei dem Lösen grösserer Mengen von Carnallit, auch von unreinerem Steinsalz nicht entzündliche Gase, welche einer weiteren Untersuchung nicht unterworfen worden sind. Schon in meiner früheren Arbeit sind diese Resultate mit auf- geführt. Nach Bischof treten jetzt noch in den oberen Kali- salzen entzündliche Gase auf und bei meiner ersten Be- sichtigung entwickelten sich dieselben an dem Ende des einzigen in diese Salze getriebenen Querortes, wo sie unter Verpuffung entzündbar waren und so, wiederholt detonirend, fortbrannten, was auf eine bedeutende Bei- mengung von Sauerstoff oder Luft schliessen Hess. Meine Untersuchungen ergaben dies auch, da gefunden wurden: I. Sumpfgas (CH2). . . . 8,26 ' 8,46 Vol. Wasserstoff 2,48 3,07 „ Stickstoff 68,33*) 70,77 „ Sauerstoff 20,93 17,70 „ 100,00 100,00 Vol. Ich erklärte deshalb auch sofort diese Gase als ein Gemisch von örtlich beigemengter Luft und diesen ent- zündbaren Gasen. Bischof fand neuerdings: Kohlenwasserstoff (CH2?) 85 Vol. Kohlensäure 3 „ Luft 12 „ demnach weit mehr an entzündlichem Gas. '') Ein Druckfehler bringt in meiner ersten Abhandlung die Zahl 8 bei 68,33 zu 20,93 und umgekehrt zu 68,33. das Steinsalzhergwerk Stassfurt etc. 41 K a i n i t. Mit diesem Namen belegte Zinken ein Mineral, welches im Hangenden der Kalisalze über dem Camal- lit von dem Berggeschworenen Schöne in Leopoldshall aufgefunden wurde. Die verschiedenen grossen Stücke, welche mir gütigst zu Gebote gestellt wurden, ergaben schon äusserlich grosse Variationen. Der Kainit findet sich theils farblos — gelblich, fast durchscheinend oder röthlich gefärbt, oder endlich grau melirt und hier und da deutlich Krystallisationen zeigend. Besonders diese unreineren Varietäten geben beim Lösen eine dunkele, unklare Flüssigkeit, oft von bituminösem Geruch, dagegen lösen sich die reineren Stücke völlig klar und leicht in kaltem und heissem Wasser. Nach Zinken ist die Härte 2,5, spec. Gew. = 2,131, meine Bestimmungen des specif. Gewichtes der reineren Varietäten ergaben 2,134 — 2,147, demnach mit Zinken übereinstimmend; graue und unregelmässig krystallinische Stücke gaben 2,184 — 2,188, röthlich gefärbte Stücke 2,133 — 2,150, gleichmässig graue 2,145 — 2,154, Sowohl Schöne, wie Zinken und Bischof gaben sehr bald an, dass die wesentlichen Bestandtheile dieses Minerals Schwefelsäure, Kali, Talkerde, Chlor und Was- ser seien; die zahlreichen chemischen Analysen, welche hier ausgeführt wurden, zeigen jedoch grosse Verschie- denheiten. Es wurden gefunden: 42 E. Reichardty ?<1 ) CO CO c 3 T-l OS \0 tH 00 T ■4 (M lO Oi rH CM 1-( rH CO CO T >< CO CO C- O "^ OS CO O «^ 1 Vi rH CO CO Oi O CO 1 T-T 00 O 1 tH CO (>? tH tH o oä tH «2 _ 00 Tjl rH cr> -^ 00 o ^ rH »H 03 (N -^ tH Oi -<* CO 00 (M CO -M (?q t- r-i . 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E- fcs: fci JZ • C C das Steinsalzher gioerk Stassfurt etc. 43 Der Kainit löst sich bei längerer Einwirkung oder durch Wärme sehr leicht in Wasser und es hinterblei- ben gewöhnlich nur Spuren unlöslicher Substanz. Die letztere bestand bei meinen Untersuchungen, mikrosko- pisch und chemisch ausgeführt, aus Gypskrystallen, An- hydrit und Quarz. In Säuren löst sich leicht der Gyps, langsam der Anhydrit und hinterbleiben die Quarzkry- ställchen, oft Combinationen der Krystalle gewährend. Ausserdem finden sich abermals organische, d. h. ver- brennliche Substanzen vor. Nur ein Mal — Analyse 12 — wurden auffällige Mengen von Kalk in Lösung nach- gewiesen. Die Analysen sind theils von meinem Assistenten, theils von mir selbst ausgeführt worden und zwar 5, 6, 7 und 8 von Dr. Hosäus, 3, 4 und 9 und 10 von Theile, 11 und 12 von H. Reichardt, 1 und 2, so wie 13 von mir. Bei genauer Beachtung wird man fin- den, dass verschiedene Controlanalysen dabei sind, fast stets aber abweichende Resultate der einen oder andern Art ergaben. Namentlich möchte ich nicht eine bestimmte chemische Formel darauf gründen, wie es Zinken ge- than hat, dessen Analyse, welche mir leider nicht zu Gebote steht, sehr gut mit meinen Resultaten überein- stimmt. Bei 1 wurde eine Wasserbestimmung ausgeführt und als Ergebniss erhalten: bei 100<> C. entwichen 0,750 Proc, bei 120^ weitere 0,381, die eigentliche Entwickelung von mehr Wasser begann bei 150^ und betrug noch 3,231 Procent, bei 180<^ fernere 1,615, bei 200<^ begann das reichliche gleichzeitige Entweichen von Chlorwasserstoff- säure, der Verlust betrug bei 220^ noch 12,117 Proc, worauf dann die Säureentwickelung abnahm und durch Glühen nur noch 4,200 Proc. Verlust erhalten wurde. Zusammen ergiebt dies einen Verlust von 22,294 Proc. Andere Wasserbestimmungen, wie bei 11, 12 und 13, ergaben viel weniger davon. Bei Analyse 13 wurde, wegen der bald eintretenden Zersetzung, die Bestimmung 44 E. Eetchardt, des Wassers mit ganz trocknem ßleioxyd gemengt aus- geführt. Längere Zeit bei 100^ C. erhitzt, entwichen 1,429 Proc, durch stärkere, allmälig bis zum schwachen Glühen gesteigerte Hitze wurden ferner noch 8,915 Proc. Wasser ausgetrieben. Der Ueberschuss, weicher sich bei dem Zusammen- zählen einer solchen vollständigen Analyse ergiebt, be- ruht demnach sowohl auf der bei der Wasserbestimmung mit entweichenden Säure, wie auf dem Chlor, welches bei der weiteren Salzberechnung durch Sauerstoff vertre- ten wird, deshalb ist er am stärksten bei der grössten Menge von Chlor — Analyse 12 — ; Analyse 13 — Wasserbestimmung mit Bleioxyd — stimmt dagegen am besten. Bei der Berechnung auf Salze ergiebt sich stets ein kleiner, verschiedener Ueberschuss an Säure, welchen ich bis jetzt zu erklären noch nicht im Stande bin, da trotz sorgfältigster Proben nie eine saure Reaction beobachtet werden konnte. Salzberechnungen wurden übrigens zahlreich ausge- führt mit sehr verschiedenen Resultaten: Analyse: 9. 10. 11. Schwefelsaure Talkerde 46,68 41,62 39,403 Chlorkalium 13,95| ^^ ._ 32,710 33 43 Chlornatrium 15,13^ ' 19,013 Chlorraagnium 0,34 1,63 5,948 Chlorcalcium — 1,64 — Wasser 0,42 1,08 3,510 76,52 79,40 100,584. Bei Analyse 11 ist die ganze Wassermenge bestimmt worden, bei 9 und 10 bezieht sich die Angabe nur auf bei lOOö entweichendes und enthält somit dieses Mineral noch ausserdem 20,5 — 23,5 stärker gebundenes Wasser. Analyse 1 und 13, beide von mir selbst ausgeführt, ergeben dagegen: das Steinsalzher gwerk Stassfurt etc. 45 1. 13. Schwefelsauren Kalk 0,428 4,819 Schwefelsaure Talkerde .. . 43,795 22,319 Chlorkalium 27,197 20,565 Chlornatrium 7,230 32,995 Unlöslich in Wasser 0,220 0,644 Wasser als Verlust 21,130 100,000. Abgesehen von der stets auftretenden Differenz, be- treffs des Ueberschusses der Säure, ist bei Analyse 13 das Fehlende, wie oben angegeben, als Wasser genau ermittelt worden. Analyse 1 würde am besten mit der Formel 2(NaCl + KCl) -f 3 (MgO, S03) + 9 HO stimmen. Bei Analyse 11 gelangt man zu 2 (K Cl -f- NaCl) + 2 (MgO, S03 (MgCl) + HO oder zu 2 MgCl -f 7 KCl + 5NaCl + 10 (MgO,S03) -|- 6 HO, auch die mir nicht zur Hand liegende Formel von Zinken zeigt eine derartige Combination. Betrachten wir aber die so verschiedenen Resultate hinsichtlich der Schwefelsäure, des Chlors, des Wasser- gehaltes u. s. w., so kann man wohl nicht anders, als hier ein Gemenge von verschiedenen Salzen zu finden, welche eben in wechselnder Menge das Mineral zusammensetzen, ohne einer einfachen, chemischen Formel zugänglich zu sein. Schon Bischof bemerkte in einer Mittheilung an die deutsche geologische Gesellschaft in Berlin das Zerfallen der Lösung durch Alkohol in wasserhaltige, schwefelsaure Kalimagnesia und Chlormagnium, jedoch ist Alkohol gar nicht nothwendig. So wie man Kainit in Wasser löst und neu krystallisirt, so erhält man zuerst sehr schöne Krystalle von K0,S03 -f MgO, S03 -f 6 HO, dann fol- gen, verschieden nach der Mischung, MgO, S03-{- 7 HO oder NaCl oder endlich auch MgCl -\- 6 HO. Analyse 1 derartig umgerechnet, dass sämmtliches Kali als KO, S03 -f MgO, S03 + 6 HO angenommen wird, ergiebt 31,368 Proc. KO, S03 und 53,103 Proc. des 46 E. Reichardt, Doppelsalzes KO, SO^ -f MgO, S03, welche bei 6 Atom Wasser 19,445 Proc. gebrauchen; der oben angegebene Verlust beträgt 21,130 Proc. Andere Mischungen erge- ben viel zu wenig Wasser, um eine derartige üebertra- gung zu ermöglichen. Mehrere Stücke Kainit zeigen eine durchgehende Krystallisation oder Schnüre von einer solchen, deren Form sehr gut mit dem erwähnten Doppelsalze überein- stimmt. Schönit. Auf dem Kainit aufsitzend wurde bei zwei eingesen- deten Stücken eine etwa 1 — 2 Linien starke Krystall- kruste beobachtet und von H. Keichardt genauer un- tersucht. Alkohol griff kalt das Salz nicht an, löste aber Chlormagnium auf, weshalb dadurch diese Beimischung möglichst entfernt wurde. Zwei Analysen mit verschiedenem Salze, leicht in Wasser löslich, ergaben: I. II. berechnet Kali 22,815 23,285 23,46 Talkerde 11,564 10,405 9,94 Chlor 0,812 0,277 — Schwefelsäure.. 38,519 39,738 39,76 Wasser 26,290 26,868 26,84 100,000 100,573 100,00. Die berechnete Zusammensetzung entspricht der For- mel K0,S03 + MgO,S03 -f 6 HO, die Uebereinstim- mung ist eine solche, dass man mit vollem Rechte ein neues Mineral benennen kann, welches zu Ehren des Fin- ders vom Kainit, Berggeschworenen Schöne in Leopolds- hall, als Schönit bezeichnet wurde. In Analyse L ist das Wasser als Verlust ermittelt, die geringe Erhöhung der Talkerde und das Minus der Schwefelsäure correspondiren sehr gut mit der grösseren Menge Chlor (0,812 Proc). Bei Analyse II. wurde auch das Wasser bestimmt. Bei 100^ C. entwichen 11,0 Proc, das Steinsalzbergwerk Stassfurt etc. 47 etwas mehr als 2 Atom, welche 8,94 verlangen; bei 133^ war sämmtliches Wasser = 26,868 Proc. entfernt. Nach Graham verliert KO, S03 -f MgO,S03 + 6 HO alles Krystallwasser bei 132^. Natron war gar nicht vorhanden, nur die gewöhn- lichen, im Spectralapparate sichtbaren Spuren. Der Schönit, hier isolirt nachgewiesen, dürfte also die eigentliche Grundlage vom Kainit bilden, einzelne Stücke des Kainites, welche der feuchten Witterung aus- gesetzt waren, gaben zerfliessliches Chlormagnium und es hinterblieben krystallinische Rückstände, ganz ähnlich dem besprochenen Schönit. Ein Mal wurde auch ein im Kainit eingesprengtes Salzstückchen untersucht, und als Chlornatrium erwiesen. Kieserit. Mit Kieserit bezeichnet man das Vorkommen der schwefelsauren Talkerde, wie es sich reichlich in Stass- furt vorfindet, sowohl gemengt mit dem Carnallit, wie un- ter demselben zwischen dem Steinsalze. Die erste Bestimmung der jetzt allein gebräuchlichen Formel MgO, SO^ -[- HO geschah durch Rammmels- berg*) schon bei Gelegenheit der Untersuchung des Tachhydrites. Die Untersuchungen, welche ich nach dem ersten Besuche dieses Salzwerkes mit diesem Mineral an- stellte und welche zu der Benennung Anlass gaben, be- trafen Material, welches unmittelbar vor dem Kalisalz- lager entnommen war. Letzteres wurde damals noch nicht ausgebeutet und war der Kieserit theils mit dem unreineren Steinsalze gemengt, theils nesterweise einge- sprengt. Die mehrfachen Analysen führten übereinstim- mend zu der Formel MgO, S03 -f- 3 HO = MgO, S03 -(- MgO, SO 3 -f- 6 HO, auch die Kainite geben oft einen derartigen Wassergehalt, was bei der oben besprochenen *) Poggend. Annal. Bd. 98, S.261; meine Abhandl. in den Acten der Leopold. Akad. S. 634. • 48 E. Reichardt, Formel KO, S03 -f MgO, S03 + 6 HO wohl leicht er- klärlich ist. Spätere Versuche von Sieb er t und Leopold erga- ben MgO, S03 -[- HO und meine zahlreichen, folgenden Analysen haben dies vollständig bestätigt, nur mit dem einen Zusätze^ welchen gleichfalls Rammelsberg zuerst ausgesprochen, es findet sich stets etwas mehr, als 1 At. Wasser. Die Formel MgO, SO^ -f HO verlangt 12,965 Procent Wasser; Siebert und Leopold fanden 13,47 bis 14,13; meine Untersuchungen ergaben mit möglichst frischem Material 14,0 — 14,3 — 13,56 Proc. Der stets etwas höhere Wassergehalt dürfte sich bis jetzt durch die starke Anziehungsfähigkeit des Kieserites für Wasser er- klären lassen. Der Kieserit bildet weisse, grau weisse, dichte, opake Massen, nach Bischof von dem spec. Gew. 2,517, unter dem Mikroskope zeigt er krystallinische Formen, wahr- scheinlich rhombische, genau sind dieselben nicht bestimm- bar. Wasser löst das Mineral sehr langsam^ aber völlig auf, unter Uebergang zu Bittersalz. Versuche mit ganz frischem Material, durch Wasser oder Alkohol fremde Theile möglichst rasch zu entfernen, führten zu keinem brauchbaren Resultate; besonders Wasser greift schon momentan an. Der Kieserit zieht sehr begierig Was- ser an, es zerstört sich dabei der frühere feste Zusam- menhalt und entsteht endlich, wie bei der Lösung, Bit- tersalz. Siebert und Leopold fanden als Rückstand der wässerigen Lösung öfters Stassfurtit, meine Untersuchun- gen ergaben meistens mikroskopische Anhydritkrystalle, welche dann gelöst und ermittelt wurden (siehe unten). Mit wenig Wasser erhärtet der Kieserit analog dem entwässerten Gyps *), ich fand das gleiche Verhalten *) Bischof lässt sich hierüber folgend aus: „Reichardt gab diesem Mineral die Formel MgO, S03 -|- 3 HO. Die Herren Siewert und Leopold fanden jedoch nur ein Aequivalent Wasser und bestimmten die Formel zu Mg.O.S.O^ -j- H.O. das Steinsalzbergwerk Stassfurt etc. 49 auch bei schwach geglühtem Bittersalz. Nimmt man zu Kieserit — MgO, SO» -f HO — noch 1 Atom Wasser, so erhärtet die Masse sehr leicht und vollständig, bei 2 Atomen bilden sich schon zahlreiche Krystallisationen von Bittersalz; es scheint demnach, analog dem schwefelsau- ren Kalke, eine durch Erhärten, rasche Bindung von Wasser, entstehende Verbindung von MgO,'S03-f- 2 HO zu existiren. Eine genaue Untersuchung eines Stückes Kieserit im Gemenge ergab mir folgende Bestandtheile : Schwefelsäure 54,163 - Talkerde 28,113 Chlor 2,176 Unlöslich in Wasser . . 0,390 Wasser 14,300 99,142. Der Kieserit findet sich in verschiedenem Gemisch mit Steinsalz oder Carnallit, welche theils eingesprengt vorkommen, theils durchsetzend und umgekehrt. Anhydrit. Ganz häufig findet man in den in Was- ser unlöslichen Theilen des Kieserits Anhydrit in mikro- skopisch sehr deutlichen, erkennbaren Krystallen, seltener Letztere Bestimmung ist die allein richtige, das Mineral besteht aus: 87,1 schwefelsaurer Talkerde und 12,9 Wasser." Abge- sehen von der angedeuteten, nicht üblichen Ausdrucksweise sind hierbei unrichtig, wie ich schon in meiner Abhandlung Arch. der Pharm. Bd. CLIV., S. 193 u. f. angegeben habe : 1) Sie-' wert und Leopold bestätigten die ursprünglich von Rani- melsberg gegebene Beobachtung und fanden ganz analog etwas mehr wie 1 Atom Wasser. 2) Bischof weicht durch die Angabe der berechneten procentischen Zusammensetzung von den Thatsachen ab, welchen eben so wohl in meinen wie den Abhandlungen von Siewert und Leopold jederzeit Rech- nung getragen wird und was 3) die eigenthümliche Schreib- weise anbelangt, so werden sich die genannten Herren wohl hüten, dieselbe so zu veröflPentlichen. Auf derselben Seite unten erhärtet der Kieserit mit Was- ser ganz analog dem Kalkerdehydrat, zur festen, cement- artigen Masse. Arch. d. Pharm. CLXXVII. Bds 1. u. 2. Hft. 4 50 E. Reichardty kommen grössere — bis zu mehreren Linien — , schön und ganz regelmässig ausgebildete Krystalle vor, wie sie früher kaum irgend nachgewiesen worden sind. (Vergl. d. Zeitschr. S. 600, Jahrg. 1865 und Bischof S. 34.) Steinsalz. Die ersten Schichten Steinsalz, welche unter dem Kieserit vorkommen, sind noch sehr unrein, durchsetzt oder vermengt mit Kieserit, mit Chlormagnium und na- mentlich auch trübenden, färbenden, wahrscheinlich noch bituminösen Substanzen. Das ganze Steinsalzlager, so weit es^bis jetzt erschlossen ist, wird in einem Winkel von circa 25^ von Schnüren anderer Mineralien durch- setzt; dieselben befinden sich in verschiedener Entfer- nung; nach Bischof beträgt die Stärke der zwischenliegen- den Steinsalzbänke 1 — 6 Zoll. Diese Schnüre bestehen nach den bis jetzt erhaltenen Resultaten aus Anhydrit oder Polyhalit. Polyhalit. Bei dem ersten Abbau des Steinsalzes wurden diese das Salz durchsetzenden Schnüre für Gyps gehalten und als solche auch in meiner grösseren Arbeit angeführt, da mir bei der festgesetzten Zeit der Veröffent- lichung der Acten es unmöglich war, genauere Unter- suchungen anzustellen; jedoch machte ich wenigstens auf die nicht mit Oyps stimmenden Resultate der vorläufigen Ermittelung des Wassergehaltes aufmerksam. Genau an- gegeben ist in der citirten Arbeit, dass das auch zu den späteren Versuchen dienende Material unmittelbar an der Abbausoole neben den Schächten von mir entnommen war und zwar zufällig sehr rein, da, wie gleichfalls an- gegeben, hier einmal Wasser einige Zeit das Salz gelöst und diese Schnüre blossgelegt hatte. Meine späteren Ver- suche erwiesen diese letzteren als Polyhalit und wur- den im Arch. d. Pharm. Bd. CLIX., S. 104 u. f. veröffent- licht. Die Schnüre sind gewöhnlich kaum 1 Linie stark, jedoch zuweilen auch stärker; sowohl sie selbst, wie meistens auch das nächst anliegende Salz sind dunkel ge- das Steinsalzher gicerk Stassfurt etc. 51 förbt und sehr leicht kann man durch Erhitzen den Ge- ruch nach bituminösen Substanzen erhalten, welche hier reichlicher auftreten. Endlich enthält dieser Poly- halit auch etwas freien Schwefel, ausziehbar durch Schwefelkohlenstoff oder Aether und beim Erhitzen leicht durch den Geruch der schwefligen Säure kennbar, ebenso auch durch Sublimation zu erhalten. Dass ich Schwefel auch in den in Wasser unlöslichen Theilen des Carnal- lits, abermals bei dem Vorkommen organischer Substan- zen, gefunden habe, ist schon oben seiner Zeit bemerkt. Die chemische Untersuchung des Polyhalits ergab: berechnet: gefunden: Kali . 15,61 14,177 Kalk 18,63 17,923 Talkerde 6,74 6,927 Schwefelsäure.. 53,06 51,330 Wasser 5,96 7,474 Chlormagnium . — 0,575 100,00 98,406. Die Differenzen erklären sich sowohl durch den Ge- halt an Chlormagnium, wie die grössere Menge von Was- ser; auf Salze berechnet ergiebt dies: I. II. Schwefelsaures Kali 26,224 27,90 Schwefelsaure Talkerde 20,557 19,76 Schwefelsauren Kalk .. . 43,444 42,64 Chlormagnium 0,575 — Chlornatrium — 3,49 Wasser 7,474 5,75 98,274 99,54. II. ist von Bischof in seinem Werk chen mitgetheilt, beide entsprechen der Formel KO, SO^ -f- MgO, S03-f 2 (CaO, S03) + 2 HO. Bischof giebt ein spec. Gew. von 2,720 an, was mit den bekannten Zahlen (2,7 — 2,8 Naumann) überein- stimmt. Diese Schnüre von Polyhalit sind öfters umge- 4* 52 E. Eeichardty bogen, kehren aber immer sehr bald wieder zur ursprüng- lichen Richtung zurück; sie zeigen häufig auf der einen Seite linsenähnliche Krystallisationen, wie sie bei dem Gyps vorkommen, im Innern sind sie grauweiss oder blaugrau gefärbt, bei sehr dichten Stücken bis durch- scheinend. Anhydrit. Die Polyhalitschnüre finden sich nach Bischof nur in der oberen Region des Salzlagers, sich anschliessend an den Kieserit und die zerfliesslichen Salze. In den tiefer gelegenen Schichten findet sich sonst in ganz gleicher Weise an Stelle des Polyhalites Anhydrit, wie ich mich durch mehrfache Versuche überzeugt habe. Das Vorkommen von Anhydrit wurde übrigens fast bei allen Mineralien Stassfurts mit erwähnt, namentlich im Carnallit, Kainit, Kieserit. Bei meinen ersten Untersu- chungen war mir nur diese obere Polyhalitregion zugäng- lich, weshalb ich natürlich diese Schnüre nur so bezeich- nen konnte. Schwefel. Derselbe wurde früher von mir in dem Polyhalit nachgewiesen, später auch im Carnallit, B i s ch o f fand endlich auch gediegenen Schwefel auf Anhydrit- schnüren aufsitzend, wodurch sowohl seine Zweifel hin- sichtlich meiner früheren Beweise gehoben, wie die di- rectoriale Genehmigung für dieses Vorkommen erlangt wurden. Steinsalz. Zwischen diesen Schnüren von Polyhalit oder Anhydrit liegt nun in dichten Massen ohne Zwischen- räume das Steinsalz, oft in grösster Reinheit, gewöhnlich noch wenig getrübt. Mikroskopische, wie chemische Prü- fungen ergaben mir als trübende Theile sowohl Anhydrit- Kryställchen wie Gypsnadeln. Nicht selten, besonders in der oberen Polyhalitregion findet sich vollständig reines, durchsichtiges Steinsalz und hier fand ich auch einzeln eingesprengt einige blau gefärbte Steinsalzstückchen, ganz wie die bekannten, anderweitigen Vorkommnisse es zei- gen. Später wurden grössere Mengen, wenn auch ver- das Steinsalzbergiüerk Stassfurt etc. Ö3 hältnissmässig immer nur wenig, in Leopoldshall gleich- falls in den oberen Schichten gefunden. Wie schon am Anfange der Arbeit erwähnt, wurden in dem über dem Steinsalzlager vorkommenden Anhydrit Würfel von Salz nebst Gypskrystallen in Drusenräumen gefunden, Bischof fand octaedrische Steinsalzkrystalle in den Magnesia- und Kalisalzen eingebettet und ich selbst fand kurze Zeit nach Eröffnung der Schächte in den zuerst zugänglichen Salzräumen, demnach in der Polyhalitregion, gleichfalls einen Würfel von Steinsalz, im Salze sitzend, dessen freistehende Ecken die Combi- nationen des 48 flächners zeigten. Sonst ist das Salz in der massenhaften Lagerung dicht und ohne einzelne Kry- ßtalle. Auch die Reinheit an eingeschlossenen Gasen oder an Feuchtigkeit ist bei dem Stassfurter Salze bemerkens- werth, nicht selten habe ich kleinere Stücke von dichtem Steinsalze ohne Knistern geschmolzen. Das specifische Gewicht von reinstem Steinsalz be- stimmte Bischof zu 2,20, ich fand 2,201; derbes Stein- salz ergab Bischof 2,16, ich fand 2,1735, demnach völ- lig übereinstimmend. In den Mittheilungen der deutschen geologischen Ge- sellschaft zu Berlin giebt Bischof ferner an, dass er auf den Anhydritschnüren ein Strontian haltendes Mineral^ so wie in der Polyhalitregion Hydroboracit und in dem aus den Mergeln tröpfelnden Wasser Lithion gefunden habe; genauere Angaben sind mir bis jetzt nicht zur Hand. Welch gewaltiger Schatz hier in Stassfurt der Indu- strie, insbesondere der deutschen, erschlossen, dürfte bei der übersichtlichen Vergleichung der Vorkommnisse leicht hervortreten. Das Königreich Preussen war trotz der reichen Salzquellen nicht im Stande, den eigenen Bedarf, besonders inclusive des Königreichs Sachsen, zu beschaffen; circa 25 Proc. mussten noch auswärts bezogen werden. Heute, nach Erschliessung der Steinsalzbergwerke zu 54 E. Reichardtj Stassfurt und Erfurt, liegt es anders; dasselbe Land kann jetzt anderen Staaten nach Wunsch Steinsalz abgeben. Das gewöhnliche Salz, wie es direct dem Bergwerk entnommen wird und ganz oder zerrieben in den Handel kommt, enthält nach Bischof 94,5 Proc. Chlornatrium, das Uebrige ist Anhydrit — eine Reinheit, wie sie bis jetzt von keinem Steinsalzlager als durchschnittlicher Ge- halt geboten werden kann. Das Speisesalz, Krystallsalz, enthält sogar 90 Proc. Chlornatrium; die gewöhnlichen Kochsalzsorten enthalten sämmtlich mehr Verunreinigun- gen, namentlich an anderen löslichen Salzen. Dennoch stehen der directen Verwendung des gemahlenen Stein- salzes als Kochsalz die Gewohnheiten des Publicums ent- gegen, welches jetzt das krystallisirte Salz kennt in allen seinen Eigenthümlichkeiten und bei der hohen Steuer, welche darauf liegt, auch diese gewöhnte Form zu ver- langen berechtigt ist. Anders wird es sich nach der Auf- hebung der Salzsteuer gestalten. Das Steinsalz findet deshalb vorzugsweise Verwen- dung zu chemischen Fabrikaten, insbesondere zur Soda- fabrication. Folgen wir hierbei den Angaben Bischofs, so wurden in den Jahren 1861 — 1863 in dem Preussi- schen Werke jährlich verkauft: 95,100 Ctr. Steinsalz zum Speiseverbrauch, 195,300 „ zur Viehfütterung, 558,900 „ zu Fabrikzwecken, 849,300 Ctr. Die Preise waren zur selben Zeit pro Centner : Stück- salz, wie es aus dem Bergwerke kommt, 2^/2 Sgr., zer- rieben 3 Sgr.; Krystallsalz in Stücken 5 Sgr. 10 Pf., zerrieben 6^/2 Sgr.; Viehsalz 8 Sgr.; Viehsalzlecksteine lll/j Sgr. Im Jahre 1864 wurden aber schon von den Preus- sischen und Anhaltinischen Werken gemeinsam 2,500,000 Centner Rohkalisalze an die Kalifabriken geliefert, ausser mannigfachen anderen Quantitäten für sonstige Zwecke z. B. der Landwirthschaft. Die Wichtigkeit der Kalisalze das Steinsalzhergwerk Stassfurt etc. 55 für die Industrie und das grosse Bedürfniss erweisen sich aus diesen Zahlen am besten. Vergleichen wir aber ferner die Vorkommnisse Stass- furts mit den bekannten Bestandth eilen des Meerwassers, so dürfte wohl noch nie ein so einfacher Beweis der Bil- dung des Salzlagers durch Eindunsten dieser Salzlösung geboten worden sein, noch dazu, wenn man vielleicht die für diesen Vergleich klassische Arbeit von üsiglio (siehe oben) zur Hand nimmt. Usiglio verdunstete langsam und freiwillig Meer- wasser und gelangte zuerst bis zu einer Dichtigkeit von 35,000 B, ::=: 1^32 spcc. Gew., die hierbei stattgefundenen Abscheidungen bei 1 Litre Flüssigkeit bestanden aus: Grade Volumen nach der Verdunstung und Krystallisation. Abscheidungen bei den verschiedenen Dichten: nach Beau- me. Eisen- oxyd. ' Kohlen- saurer Kalk. Schwefel- saurer Kalk. ^ 1 o .5 CJ CS a Schwefel- saure Talkerde. Chlor- magnium. kl 3,5 1,000 — — — 7,1 0,533 0,0030 0,0642 — — — — — 11,5 0,316 — Spur — — — — — 14,0 0,245 — » — — — — — 16,75 0,190 — 0,0530 0,5600 — — — — 20,60 0,1445 — — 0,5620 — — — — 22,00 0,131 — — 0,1840 — — — — 25,00 0,112 — — 0,1600 — — — — 26,25 0,095 — — 0,0508 3,2614 0,0040 0,0078 — 27,00 0,064 — 0,1476 9,6500 0,0130 0,0356 — 28,50 0,039 — — 0,0700 7,8960 0,0262 0,0434 0,0728 30,20 0,0302 — — 0,0144 2,6240 0,0174 0,0150 0,0358 32,40 0,023 — — — 2,2720 0,0254 0,0240 0,0518 35,00 0,0162 — — ~ 1,4040 0,5382 0,6242 0,0274 0,1532 0,0620 0,0030 0,1172 1,7488 27,1074 0,2224 In den übrig bleibenden 0,0162 Vol. Flüssigkeit waren 56 E. Eeichardty dann noch enthalten : 2,5885 Chlornatrium, 1,8545 schwe- felsaure Talkerde^ 3,1640 Chlormagnium, 0,330 Bromna- trium und 5,339 Chlorkalium. Usiglio hat mit solcher Genauigkeit gearbeitet, dass die zuerst ermittelte Zusam- mensetzung des Meerwassers mit diesen Resultaten mög- lichst genau stimmt. Die weitere Verdunstung der Lauge von 35^ B. und die Ausscheidung von Salzen waren sehr wesentlich von den Temperaturänderungen, z. B. von Tag und Nacht, abhängig; es krystallisirten Salze aus, die Lauge besass dann wieder ein spec. Gew. von 32 — 33<^ B., verdunstete dann abermals zu 35^ und gab wieder Salze u. s. w. All- mählig schieden sich nunmehr auch Kalisalze aus. Der Reihenfolge nach bildeten sich folgende Salze: 1) Schwefelsaure Talkerde. Dieselbe schied sich besonders bei Erniedrigung der Temperatur als Bit- tersalz aus, oft auch nach längerem Abdampfen in anderer Krystallform und mit weniger Krystall- wasser. (Kieserit.) 2) Chlornatrium schied sich bei der Concentration am Tage aus. 3) Schwefelsaure Kali-Magnesia = KO, SO^ 4- MgO, S03 4- 6 HO. Dieses Salz bildet sich wieder- um gewöhnlich bei Temperaturerniedrigung, ein Ueber- mass von schwefelsaurer Talkerde begünstigt die Bildung. (Schönit, Kainit. ) 4) Chlorkalium — Chlormagnium = KCl -f- 2 MgCl -j- 12 HO. Es ist leicht zerfliesslich und zersetz- bar und giebt dann durch Krystallisation Chlorkalium. Es krystallisirt sehr gut und scheint Dodecaeder zu bil- den, bei plötzlicher Krystallisation entstehen glänzende, sehr leicht kennbare Nadeln. (Carnallit.) 5) Endlich scheidet sich das sehr leicht zerfliessliche Chlormagnium aus. Von Zeit zu Zeit krystallisiren auch kleine Mengen von Chlorkalium. (Leopoldit.) So weit Usiglio. Es bedarf wohl keiner Erläute- rung, die Erzeugnisse der Verdunstung des Meerwassers das Steinsalzbergwerk Stassfiirt etc. 57 harmoniren genau mit den in Stassfurt nachgewiesenen Vorkommnissen. Betrachtet man die Resultate, so hat man in den sogenannten bunten Salzen oder Kalisalzen Stass- furts eben die Salze der concentrirtesten Mutterlauge vom Meerwasser und^ ohne der Untersuchung vorzugreifen, das Brom müsste mehr in dem unreineren Steinsalze ent- halten sein. Ich fand Brom in der Flüssigkeit, welche aus den zerfliesslichen Salzen in Stassfurt abgelaufen war; das Material, die weiteren Prüfungen anzustellen, ist mir momentan nicht zur Hand. Wenn irgendwo, so ist hier in Stassfurt das Bild grossartigster Gestaltung, der Bildung des Steinsalzes dem menschlichen Blicke entrollt worden und die einzige Frage, welche leicht irre führen kann, dürfte sein, welche Um- stände waren hierbei die mitwirkenden? In der Behandlung solcher Fragen ist es ein grosser Fehler, von momentan ausführbaren Experimenten auf die ungemessenen Zeiträume zu schliessen, welche hier sicher in grösster Ausdehnung gebraucht wurden und eben so wichtig ist es umgekehrt, zu vermeiden, Specu- lationen anzustellen, welche mit den bekannten Thatsachen nicht im innigsten Zusammenhange bleiben. Meine An- schauungen habe ich mir erlaubt, in der Abhandlung über Stassfurt in den Acten der Leopoldinischen Akademie niederzulegen, sie gehen darauf hinaus, alle umgebenden Gebirgsarten in den möglichsten Zusammenhang zu brin- gen mit den nothwendigen Erscheinungen bei dem Ein- trocknen eines Meeresbeckens. Den kohlensauren Kalk haben schon früher ganze Thierclassen der Lösung entzogen, nur wenig davon ent- hält noch das der Verdunstung ausgesetzte Meerwasser. Sehr bald beginnt die Ausscheidung des Gypses und so folgen Salze auf Salze, abhängig in ihrer Bildung von Concentration der Lauge, von Temperatur und der soge- nannten chemischen Verwandtschaft unter den gebotenen Verhältnissen. So erzeugt sich der Polyhalit oder der Kieserit, oder der Carnallit, Kainit u. s. w. Mit 58 Rammelshergy Bestimmtheit kann hierbei Niemand etwas aussprechen, aber der einfachste Gesichtspunct dürfte auch hier der empfehlenswertheste sein und zur Einsicht der geeignetste. Endlich wird selbst dem Gypse das Wasser entzo- gen, ob durch höhere Temperatur, ob durch chemische Verwandtschaft, durch die Gegenwart leicht löslicher und zerfliesslicher Salze? Vielleicht wirkte Alles ein, aber ganz bestimmt spricht hiergegen hohe Wärmegrade, wie sie länger dauernde vulcanische Thätigkeit mit sich füh- ren musste, die ganze Gestaltung der Lagerung und Bil- dung der Salze, welche genau den ohne alle höhere Wärme erzielten Resultaten Usiglio's entsprechen. üeber den Eainit nnd Eieserit von Stassfurt; von C. Raoimelsberg in Berlin. (Abdruck aus der Zeitschrift der deutsehen geologischen Gesell- schaft, Jahrg. 1865.) Durch die Güte des Herrn Bergmeisters Mette in Bernburg erhielt ich ein mit dem Namen „Kainit" be- zeichnetes, neues, kalihaltiges Salz von Leopoldshall, dem anhaltinischen Theil des Stassfurter Salzlagers. Es bildet eine feinkörnige Masse von gelblicher oder grauer Farbe, wird an trockner Luft nicht feucht, ver- wittert aber über Schwefelsäure und löst sich in Wasser leicht auf. Eine Probe der gelben Abänderung, von Herrn Philipp in meinem Laboratorium untersucht, hat ge- geben : Chlor 14,52 Kalium 13,54 Natrium 1,30 Schwefelsäure 32,98 Magnesia 16,49 Wasser 21,00 99,83. Kainit und Kieserit von Stassfurt. 59 Der Kainit ist mithin ein neues Doppelsalz (KC14-2MgO, S03) + 6aq. Eine kleine Menge, etwa 1/9, des Chlorkaliums ist durch Chlornatrium vertreten, denn die Formel (1/9 Na } Gl + 2 MgO, S03) + 6 aq verlangt : Chlor 14,39 Kalium 14,05 Natrium 1,04 Schwefelsäure 32,42 Magnesia 16,21 Wasser 21,89 100. Grössere Stücke sind homogen und sechs Proben einzelner Stellen gaben immer denselben Magnesiagehalt (16,26 bis 17,14 Proc). Die graue Abänderung enthält Steinsalz in blätte- rigen Massen eingewachsen. Eine von denselben geson- derte Probe lieferte: Chlor 19,61 Kalium 12,00 Natrium 5,63 Schwefelsäure 29,30 Magnesia 14,57 Wasser 17,94 99,05 ; sie enthielt also doch noch ungefähr 10 Proc. Steinsalz beigemengt. 10 Th. Kainit enthalten etwa 27,5 Chlorkalium. Löst man Kainit in Wasser auf, so krystallisirt zu- erst das bekannte Doppelsalz (KO, SO 3 -f MgO, SO 3) -]- 6 aq heraus, welches S a c ch i aus Efflorescenzen vesu- vischer Laven durch Auslaugen gewonnen und Pikro- merit genannt hat*) und welches Herrmann aus Mut- *) Roth, der Vesuv, S. 322. 60 Wütstein, terlauffen der Salzsäure von Schönebeck schon vor lan- ger Zeit beschrieb. Die Analyse gab 10,5 — 10,62 Proc. Magnesia (berechnet 9,94 Proc). Dann schiesst Bitter- salz, MgO, SO 3 -L 7 aq, an und in der Mutterlauge bleibt Chlormagnesium und Chlorkalium. Auch durch Alkohol kann man das Kali -Magnesia- sulfat aus der Auflösung des Kainits fällen. Die Zersetzung des Minerals durch Wasser ist also eine zweifache: 1) K Cl 4- 2 MgO, S03 = (KO, S03 + MgO, S03) und MgCl; 2) K Cl + 2 MgO, S03 = 2 MgO, S03 und K Cl. Was den Kieserit betrifft, so macht der sehr ver- schiedene Wassergehalt desselben es nicht unwahrschein- lich, dass er ursprünglich wasserfrei ist. Eigene ältere Versuche, so wie spätere von Bernoulli*) ergaben 1 At. Wasser, Reich ardt hatte etwas mehr als 3 At. gefunden, und Proben, die ich neuerlich habe unter- suchen lassen, führten zu der Zusammensetzung 2MgO,S03 4-3aq (181/3 Proc. Wasser). Ueber den phosphorsauren Kalk als pharma- centisches Präparat; von G. C. Witt stein**). Erst kürzlich ist in der Vierteljahresschrift (XIV. 514) darauf aufmerksam gemacht worden, dass es zweck- mässiger sei, gewisse in Wasser unlösliche Präparate, statt in trockner, in gallertartiger Form innerlich anzuwenden, weil sie in letzterm Zustande unverhältnissmässig leichter ' *) Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellschaft, Bd. XII. S. 366. **) Von Hrn. Dr. Wittsteiu als Separatabdruck eingesandt. 'phosphorsaurer Kalk als pharmaceutisches Präparat, 61 vom Magensafte aufgelöst werden. Unter jenen Präpa- raten befindet sich auch der phosphorsaure Kalk. Der Verfasser scheint es als selbstverständlich zu betrachten, dass der phosphorsaure Kalk, welcher als Medicament dienen soll, die Constitution der weiss gebrannten Knochen haben müsse, denn er spricht nur von derjenigen Verbin- dung, die man durch Fällen einer Auflösung von gebrann- ten Knochen in Salzsäure mit überschüssigem kohlensau- ren Natron bekommt. Ein solcher Niederschlag enthält den phosphorsauren und kohlensauren Kalk in demselben relativen Verhältnisse, wie sie sich in den Knochen be- finden (3 CaO + P05, CaO + C02), schliesst aber auch die übrigen in Wasser unlöslichen Verbindungen der Knochen, nämlich Fluorcalcium, phosphorsaure Magnesia nnd phosphorsaures Eisenoxyd ein, die allerdings zusam- men nur einige Procente betragen, und von denen das letztere gar nur in äusserst geringer Menge vorhanden ist. Der Niederschlag repräsentirt folglich den ganzen in Wasser unlöslichen mineralischen Theil der Knochen, und wenn der Arzt die Absicht hat, diesen zu verord- nen, so eignet sich wohl nichts besser dazu, als eben jenes gelatinöse Präparat. Es können aber auch Fälle eintreten, wo in der Me- dicin von einem reinen phosphorsauren Kalke Gebrauch gemacht werden soll. Dass derselbe eine basische Ver- bindung sein müsse, unterliegt gewiss keinem Bedenken; aber ob 3 CaO + PQS oder 2 CaO -[- HO + P05, diese Frage scheint bisher noch nicht angeregt, um so weniger erledigt zu sein. Die Entscheidung darüber den Aerzteii, resp. klinischen Versuchen überlassend, handelt es sich zunächst darum, wie die beiden Phosphate am zweck- mässigsten dargestellt werden können. Eine Reihe dar- über angestellter Versuche veranlasst mich zu den nach- folgenden Mittheilungen. Als Material zur Darstellung von reinem phosphor- sauren Kalk ist die Knochenasche wegen ihres Gehalts an Magnesia, Eisenoxyd und Fluor unbrauchbar. Der- 62 Wittstein, selbe muss vielmehr durch Fällen von salzsaurem Kalk mit phosphorsaurem Natron bereitet werden. Zu diesem Behufe trägt man in rohe Salzsäure von 1,06 spec. Gew. (welche 12 Proc. Chlorwasserstoff enthält) so lange von einer abgewogenen Menge Kalkhydrat, als dieses noch aufgelöst wird. 8 Gewth. solcher Säure lösen ungefähr 1 Gewth. Kalkhydrat auf. Die Solution wird dann noch mit i/g der verbrauchten Kalkmenge neuem Kalkhydrat versetzt und 24 Stunden unter fleissigem Umrühren damit in Berührung gelassen. Durch diesen überschüssigen Kalk beseitigt man von den Verunreinigungen der rohen Salz- säure das Eisen, Blei, Arsen, während die übrigen wie Schwefelsäure, Chlor, schwefelige Säure keinen Nachtheil bringen. Ferner werden dadurch die im gewöhnlichen gebrannten Kalke stets vorhandenen Verunreinigungen, also mit in Aullösung gegangene Magnesia so wie etwaige Thonerde und Eisenoxyd wieder niedergeschlagen. a) Handelt es sich um die Erzielung der Verbindung 2CaO + HO + P05, so fällt man die filtrirte und mit Wasser stark verdünnte Kalklösung geradezu mit einer Lösung des gewöhnlichen krystallisirten phosphorsauren Natrons aus. Um des wiederholten Probirens enthoben zu sein, berechnet man sich vorher, wie viel Natronphos- phat erforderlich ist, indem man dabei von der Menge des aufgelösten Kalkhydrats ausgeht. Gesetzt die Salz- säure hätte 2 Unzen des letztern aufgelöst, so sind nach der Proportion 925 : 4476 = 2 : x 2 (CaO + HO) 2 NaO + HO + P05 + 24 aq zur Fällung des Kalks 92/3 Unzen Natronphosphat nöthig. Mit dieser Quantität muss man mithin ausreichen, d. h. die vom Niederschlage getrennte Flüssigkeit darf durch weiteren Zusatz von Natronphosphat nicht mehr getrübt werden. b) Soll aber aus der Fällung die Verbindung 3 CaO -\- PO 5 hervorgehen, so müssen 3 Aeq. Chlorcalcium mit phosphorsaurer Kalk als pharmaceutisches Präparat. 63 1 Aeq. Natronphosphat in Action treten. Da indessen letzteres nur 2 Aeq. Natron enthält, so ist noch 1 Aeq. eines Alkalis erforderlich, um das dritte Aequivalent Chlor des Chlorcalciums zu binden. Man hat daher vor der Präcipitation entweder der Kalklösung oder der Natron- phosphatlösung die entsprechende Menge Aetzammoniak- flüssigkeit zuzumischen. Man berechnet dieselbe, wie die des Natronphosphats, nach der Menge des von der Salz- säure aufgelösten Kalks. Nehmen wir auch in diesem Falle an, es seien 2 Unzen Kalkhydrat in den aufgelösten Zustand übergegangen, so bedürfen wir zur Gewinnung von 3 CaO -\- PO^ nach der Proportion 1387 : 4476 = 2 : x 3 (CaO + HO) 2 NaO + HO + P05 + 24 aq 62/3 Unzen Natronphosphat, und nach der Proportion 1387 : 213 — 2 : X 3 (CaO + HO) NH3 nicht ganz 1/3 Unze Ammoniak oder 3 Unzen Ammoniak- liquor von 0,960 spec. Gew., denn dieser enthält gegen 10 Proc. Ammoniak. Beide Niederschläge werden so lange ausgewaschen, bis das Wasser mit salpetersaurem Silber keine Reaction mehr giebt und dann, je nach Bedürfniss, entweder in Breiform aufbewahrt oder getrocknet. Es war fast vorauszusehen, dass beide Niederschläge auch nach dem Trocknen in massiger Wärme noch eine gewisse Menge Wasser chemisch gebunden enthalten wür- den ; doch unterliess ich nicht, mir darüber Gewissheit zu verschaffen, zumal die Angaben der chemischen Lehr- bücher in dieser Beziehung lückenhaft sind. Die Verbindung a fällt in voluminösen amorphen Flocken heraus, welche aber schon nach wenigen Minuten sich stark zusammenziehen und deutlich krystallinisch werden, sich in Folge dessen gut absetzen^ auswaschen und trocknen lassen. (Letzteres geschah ohne Anwen- 64 Wittsteirij düng künstlicher Wärme.) Sie bildet dann ein sehr locke- res schneeweisses fein kristallinisches Pulver; unter dem Mikroskope erscheint dasselbe bei einhundertmaliger Ver- grösserung als durchsichtige Tafeln von äusserst verschie- dener Grösse, deren grösste sich deutlich als zum schief- rhombischen Systeme gehörend erwiesen. 10 Gran desselben verloren unter der Luftpumpe neben Chlorcalcium nur 0,0625 Gran; hierauf bei lOO^C. nichts mehr; bei 140^ neuerdings 0,375 Gran; bei 195® wiederum 0,375 Gran, und zuletzt beim Erhitzen bis zur Rothgluth noch 1,900 Gran. Der Gewichtsverlust des im Vacuo getrockneten Salzes betrug also im Ganzen 2,650 Gran, und zwar vertheilten sich diese in der Art, dass bei 1400 i/y, bei 195^ abermals 1/7, und bei der Roth- gluth 5/^ entwichen. Da nun, wie weiter unten zu erse- hen, diese 2,65 Gran 5 Aeq. Wasser entsprechen, so kön- nen jene allmäligen Gewichtsabnahmen nicht auf einfache stöchiometrische Verhältnisse zurückgeführt werden. Das geglühete Salz besitzt noch genau dieselbe Locker- heit, fein krystallinische Beschaffenheit und Form wie das lufttrockne. Zur Bestimmung des Kalks und der Phosphorsäure wurden neue 10 Gran des Pulvers, da Essigsäure (von 20 Proc. A) selbst im Kochen nur wenig darauf einwirkte, in Salzsäure gelöst, die Solution mit Ammoniak und dann gleich hinterher (d. h. bevor der dadurch erzeugte Nieder- schlag krystallinisch geworden war) mit Essigsäure über- sättigt ; auf diese Weise verschwand er sofort wieder und es konnte nun der Kalk mit oxalsaurem Ammoniak voll- ständig ausgefällt werden. In der vom Kalkniederschlage getrennten Flüssigkeit bestimmte man die Phosphorsäure, wie gewohnt, mittelst phosphorsaurem Natron und Am- moniak. Die Zusammensetzung des im Vacuo getrockneten Salzes ergab sich hiernach wie folgt: phosphorsaurer Kalk als pharmaceutisches Präparat. 65 gefunden Aequivalente berechnet Kalk 32,220 2 32,550 Phosphorsäure. 41,214 1 41,292 Wasser 26,666 5 26,158 100,100 100,000 Formel: 2 Ca + HO + PO^ -j- 4 aq. Die letzten 4 Aeq. Wasser können nicht auf den Namen Krystall- wasser Anspruch machen, denn durch ihre Austreibung ändert sich an der ursprünglichen physikalischen Beschaf- fenheit des Salzes nichts, müssen daher als Hydratwasser bezeichnet werden, während das erste Aequivalent Was- ser die Rolle einer Basis spielt. Diese Verbindung ist seit Kurzem auch als Mineral bekannt. In einem Guano von der Insel Avis im carai- bischen Meere fand nämlich E. Moore*) eine Substanz, welche Schnüren von i/g bis 1/4 Zoll Breite ausfüllte, sehr kleine, aber äusserst glänzende, durchsichtige, gelblich- weisse schief rhombische Prismen darstellte, und deren Zusammensetzung der Formel 2 CaO -f- HO -j- PO^ -[- 4 aq entsprach. Sie wurde zu Ehren des Chemikers Brush mit Brushit bezeichnet. Durch Eintröpfeln einer Lösung des gewöhnlichen phosphorsauren Natrons in überschüssiges Chlorcal- cium erhielt Berzelius einen Niederschlag in- sehr klei- nen undurchsichtigen Nadeln, dessen Zusammensetzung der Formel 2CaO + HO -|- PO^ -f 3 aq entsprach, der also 1 Aeq. Wasser weniger enthielt als der obige. Doch bemerkt Berzelius selbst dazu, dass bei dieser Fällung auch ein wenig 3 CaO -f" PO 5 mit niederfällt. Die Verbindung b zeigt sich ebenfalls gleich anfangs in voluminösen amorphen Flocken, beharrt aber in diesem Zustande, setzt sich daher auch nur wenig ab und bedarf zum vollständigen Aussüssen sehr viel Wasser und Zeit. Beim Trocknen schrumpft er jedoch beträchtlich zusam men und scheint schliesslich in matt weissen, eckigen, *) Silliman's Americ. Journ. 2. Ser. XXXIX. 43. Arcli. d. Pharm. CLXXVH.Bds. l.u.2.Hft. 5 66 Bucholzy harten, spröden Stücken, welche durch Zerreiben ein rein weisses Pulver geben, das auch unter dem Mikroskope nichts Krystallinisches wahrnehmen lässt. 10 Gran dieses Pulvers verloren unter der Luftpumpe neben Chlorcalcium fast gar nichts am Gewichte; bei 100^ gaben sie 1,1250, bei 210« weiter 0,5625 und beim Glü- hen noch 0,5313 Gran ab. Im Ganzen betrug mithin der Gewichtsverlust oder Wassergehalt 2,2188 Gran, und bis zu 1000 -vvar etwa die Hälfte des Wassers entwichen. Die Bestimmung des Kalks und der Phosphorsäure geschah wie oben ; auch hier musste, da Essigsäure kaum einwirkte, zur Lösung Salzsäure genommen werden. Die procentische Verbindung war hiernach: gefunden Aequivalente berechnet Kalk 42,032 3 41,991 Phosphorsäure. 35,680 1 35,513 Wasser 22,188 5 22,496 99,900 100,000 und die Formel 3 CaO -f P05 -f 5 aq. Das Salz mit 3 Aeq. Kalk enthält mithin eben so viel Wasser chemisch gebunden wie dasjenige mit 2 Aeq. Kalk. lieber den Wassergehalt des Salzes mit 3 Aeq. Kalk lagen bis jetzt keine Angaben vor. üeber das schwefelsaure Natron -Zinkoxyd; von Dr. F. C. Bucholz in Erfurt. I. In dem Mohr'schen Commentar zur Preussischen Pharmakopoe, 1., 2. und 3. Auflage, findet sich bei dem Artikel „Zincum sulfuricum"' die Bemerkung vor, dass die kleine Menge von gebildetem schwefelsauren Natron — bei Gelegenheit der Reinigung dieses Zinksalzes von Eisen durch Chlor und Zinkoxyd — durch Krystallisa- schwefelsaures Natron- Zinkoxyd. 67 tion ausgeschieden werde und dass aus diesem Grunde die Methode der durch die Pharmakopoe vorgeschriebe- nen abgesonderten Fällung eines kleinen Theiles der Flüssigkeit durch kohlensaures Natron nicht unumgäng- lich nöthig sei. Es war mir dieser Ausspruch schon damals, als die 1. Auflage gedachten Commentars erschien, aujBfallend; da sich derselbe aber in der 2ten (jetzt sogar in der 3ten) Auflage wiederholte, so sah ich mich veranlasst, gestützt auf eigene frühere Erfahrungen, bei Darstellung des schwefelsauren Kali -Zinkoxyds {siehe Trommsdorffs N. Journ. der Pharm. ^ 9. Bd.) und auf die gütigen Mitthei- lungen meines verewigten Collegen und Freundes Sta- beroh, den Gegenstand noch besonders ins Auge zu fassen, um zu finden, ob in vorliegendem Falle nicht die Bildung eines Doppelsalzes und die Verunreinigung des schwefelsauren Zinkoxyds durch dasselbe Platz greifen könne. II. Es erschien mir die Verfolgung dieses Gegen- standes um so interessanter, weil wichtiger, da es mir nicht entgangen war, dass, im Gegensatze zu der Mei- nung Grab am 's, welcher eine Darstellung des schwefel- sauren Natron-Zinkoxyds nur unter Anwendung des dop- pelt-schwefelsauren Natrons für möglich hielt, Karsten dieses Salz durch Zusammenkrystallisiren beider ein- fachen Salze, des schwefelsauren Natrons und des schwe- felsauren Zinkoxyds, darstellen konnte. III. Demzufolge wurden bei 50^ C. concentrirte Lö- sungen des schwefelsauren Natrons und des schwefelsau- ren Zinkoxyds hergestellt. Von diesen Lösungen wurden drei verschiedene Mi- schungen gemacht, so zwar, dass 1) gleiche Gewichtstheile — 4 Unzen — von jeder Lösung, 2) 4 Unzen schwefelsaure Natronlösung und 12 Un- zen schwefelsaure Zinkoxydlösung, und 68 Bucholzj 3) 4 Unzen schwefelsaure Natronlösung und 24 Un- zen schwefelsaure Zinkoxydlösung mit einander gemischt und diese drei Gemische in Por- cellanschalen wohlverdeckt einer Temperatur von 30® C. überlassen wurden; durch diese sehr allmälige Verdam- pfung wurden folgende Resultate erzielt: IV. ad 1) Aus dieser ersten Mischung krystallisirte ein deutliches Salz in durchsichtigen rhombischen Tafeln heraus, welche Krystallform dem schwefelsauren Natron- Zinkoxyd eigen ist. Die Mutterlauge enthielt vorwal- tend schwefelsaures Zinkoxyd, worüber man sich nicht wundern darf, da nach stöchiometrischen Verhältnissen etwas zu wenig schwefelsaures Natron genommen wor- den war. Dieses Salz verwitterte nicht in warmer Luft und verlor auch sein Wasser erst bei dunkler Rothgluth, wobei von 100 Th eilen sich 19,25 Theile Wasser ohne saure Reaction verflüchtigten, also von ähnlichem Ver- halten wie bei meiner Analyse des oben erwähnten schwe- felsauren Kali-Zinkoxyds, nur dass in diesem Natronsalze 4 Mischungsgewichte Wasser sich berechneten, während das Kalisalz 6 At. Wasser enthält (19,175 in Procent- zahlen berechnet). Die Prüfung auf Zinkoxyd, Natron und Schwefel- säure wurde auf doppelte Weise veranstaltet, um wegen des Resultates sicherer zu gehen : Zinkoxyd. Zuerst löste ich 100 Gran in 1000 Gran Wasser und fällte einfach durch kohlensaures Kali, wusch das kohlensaure Zinkoxyd gut aus und glühte es nach dem Trocknen, wobei ich 21,35 Gran Zinkoxyd erhielt. Hierauf wurde folgende Abänderung des Verfahrens vorgenommen: 100 Gran wurden ebenso in 1000 Gran Wasser gelöst und mittelst Schwefelammoniums im Ueber- schuss Schwefelzink gefällt, dieses nach dem Auswaschen in Salzsäure aufgelöst und aus dieser Lösung durch koh- lensaures Kali das kohlensaure Zinkoxyd gefällt; dieses schioefelsaures Natron- Zinkoxyd. 69 lieferte nach dem Glühen 21,45 Gran Zinkoxyd, dem- nach annähernd so viel, als auf directem Wege, während diese letztere Zahl dem stöchiometrisch berechneten Werthe sich noch mehr nähert; ich habe sonach in bei- den Fällen 1 Mischungsgewicht Zinkoxyd vorgefunden (21,447 in Procentzahlen berechnet). Natron. Die vom Schwefelzink abfiltrirte Flüssig- keit gab nach dem Abdampfen, Austrocknen und Glühen 38 Gran (Procent) schwefelsaures Natron, in welchem der Berechnung nach 16,65 Proc. Natron und 21,35 Proc. trockne Schwefelsäure enthalten sind. Schwefelsäure. Die Schwefelsäure suchte ich als Controle noch durch Zersetzung des in Rede stehenden Natrondoppelsalzes, nach Analogie meiner früheren Unter- suchung des Kalidoppelsalzes, mittelst Chlorbaryum nach- zuweisen; ich erhielt auf diesem Wege in dem erhalte- nen schwefelsauren Baryt die doppelte Menge des obigen Gewichtes an Schwefelsäure, nämlich 24,72 Proc. (Dop- pelatom Schwefelsäure 42,718 in Procentzahlen berech- net), welches nahe mit der auf stöchiometrischem Wege berechneten Zahl stimmt, von welcher Zahl sonach 1 Atom (procentisch 21,36) dem schwefelsauren Zink- oxyd angehört. Als Fortsetzung der Controle bemerke ich, dass in der vom schwefelsauren Baryt abgesonderten Flüssigkeit sich Chlorzink und Chlornatrium in entsprechendem Ver- hältnisse befanden, so zwar, dass auf ähnliche Weise wie bei meiner früheren Analyse des schwefelsauren Kali- Zinkoxyds, diese Salze durch absoluten Alkohol getrennt wurden, um aus dem dadurch blossgelegten trocknen Chlornatrium das Natron zu berechnen. Das auf diesem Wege erhaltene Chlornatrium betrug 30,9 Gran, aus wel- chem sich 16,65 Natron berechnen lassen; ein gut an- näherndes Resultat. Das schwefelsaure Natron - Zinkoxyd besteht dem- nach aus: 70 Bucholzj stöchiometrisch berechnet in Proceuten gefunden 1 At. Natriumoxyd (Natron) 16,660 16,65 1 „ Zinkoxyd 21,447 21,45 2 „ Schwefelsäure 42,718 42,72 4 „ Wasser 19,175 19,25 zusammen . . . 100,000 100,07. ad 2) Die zweite Mischung — 4 Unzen der Lö- sung des schwefelsauren Natrons mit 12 Unzen von der des schwefelsauren Zinkoxyds — gab schon ein von dem vorigen etwas abweichendes Resultat. Es hatte sich zwar das fragliche Doppelsalz in deutlich erkennbaren Krystallen wie oben ausgeschieden und zeigte eine gleiche chemische Zusammensetzung, doch in bedeutend gerin- gerer Menge, als das angewandte schwefelsaure Natron erwarten liess ; bei der zweiten Krystallisation zeigte sich wieder dieses Salz von der charakteristischen Form, doch kamen schon die Säulchen des Zinkvitriols zum Vor- schein; bei der dritten Krystallisation war letzteres Salz vorherrschend. ad 3) Aus der dritten Mischung — 4Unzenschwe. feisaure Natronlösung mit 24 Unzen schwefelsaurer Zink- oxydlösung — liess sich in erster Krystallisation noch schwieriger ein reines Doppelsalz vorweg ausscheiden; in den drei folgenden Krystallisationen war dies ganz unmöglich, denn es erschienen neben dem vorwaltenden schwefelsauren Zinkoxyd nur ganz kleine Gruppen von der Form des Doppelsalzes. V. Hiernach erleidet es keinen Zweifel, dass die Bildung eines Doppelsalzes aus Schwefelsäure, Natron und Zinkoxyd nach der Formel: NaO + ZnO + 2 S03 -j- 4 HO bei verschiedenen Mischungen der beiden Salze — unter 1, 2 und 3 — statt finden könne, und dass man nicht berechtigt sei, mit Graham anzunehmen, aus einer sol- chen Lösung beider Salze müssten unter allen Umstän- den die einfachen Salze einzeln herauskrystallisiren, wäh- schwefelsaures Natron- Zinkoxyd. 71 rend die Darstellung dieses Doppelsalzes überhaupt nach ihm nur aus einfachem schwefelsauren Zinkoxyd und dop- pelt-schwefelsaurem Natron gelingen sollte (siehe oben). VI. Eben so wenig ist es hiernach statthaft, bei der von der Preussischen Pharmakopoe vorgeschriebenen Rei- nigung des schwefelsauren Zinkoxyds von Eisen das koh- lensaure Natron unmittelbar in die mit Chlor geschwän- gerte Flüssigkeit zu geben, da es einleuchtend ist, dass bei der hierauf folgenden Krystallisation des Zinksalzes eine dem zugesetzten kohlensauren Natron entsprechende Menge Glaubersalz in die Bildung des qu. Doppelsalzes eingehen müsse, wodurch eine Verunreinigung unaus- bleiblich eintreten muss. Denn man ist bei der vorwie- genden Menge des Zinkvitriols gegen die viel kleinere des Natronzink -Doppelsalzes ausser Stande, die Grenze genau zu bestimmen, wo sich das letztere gänzlich ge- trennt hat, da die Löslichkeitsverhältnisse beider — des einfachen und des Doppelsalzes — zu nahe bei einander liegen, wodurch es nicht, wie bei der Bildung und Aus- krystallisirung des in 5 Th. Wasser mittlerer Tempera- tur löslichen schwefelsauren Kali-Zinkoxyds, möglich wird, das Doppelsalz von den Krystallen des nachfolgenden schwefelsauren Zinkoxyds bequem zu trennen. Da aber zur Herstellung des kohlensauren Zinkoxyds eine vorhergehende Krystallisation des schwefelsauren Zinkoxyds nicht unumgänglich nöthig ist, so kann sich das Obengesagte natürlich nur auf die Darstellung eines reinen schwefelsauren Zinkoxyds beziehen. üeber Reduction des Ghlorsilbers ; von A. Hirschberg. Dr. Mohr sagt in seinem Commentar zur Preuss. Pharmakopoe, die Reducirung des Chlorsilbers durch 72 Hirschherg, über Reduction des Chlorsilbers. Schmelzen mit kohlensaurem Natron habe den Nachtheil, eine Feueroperation zu sein und das Metall zum Theil als zusammengeflossenen Regulus, zum Theil in kleinen Körnern an den Tiegelwänden hängend und somit leicht Verlust bringend; zu liefern. Aus früherer Praxis ist mir eine Methode erinner- lich, nach welcher auf dem eben angeführten trocknen Wege, welcher unter Umständen von Werth sein kann, die Reduction leicht und ohne Verlust bewirkt wird. Das Gemenge aus Chlorsilber und kohlensaurem Natron wird hiernach unter Zusatz von etwas Borax in einem Glase, am besten in einem bauchigen, in einem hessi- schen Schmelztiegel mit feinem Sand umgeben der Re- ductionshitze ausgesetzt und auf diese Weise das den Verlust bringende Schäumen und Spritzen der schmel- zenden Masse auf einen kleinen Raum eingeengt. Das etwa weich werdende Glas hält dennoch die Schmelze zusammen, in welcher man, wenn die Zersetzung erfolgt ist, nach dem Erkalten einen gut geflossenen Regulus findet. Das sorgfältigste Auswaschen des durch Reducirung des Chlorsilbers mittelst Zink erhaltenen Silbers chwamms ist sehr nothwendig; in einem Falle, wo dies nicht ge- schehen, resultirte ein schwefelgelb gefärbtes, geschmol- zenes salpetersaures Silber. Ihrer Einfachheit wegen ist auch noch die Methode anzuführen, nach welcher das geschmolzene Chlorsilber auf einer Eisenplatte mit Wasser befeuchtet so lange liegen bleibt, bis die Reduction erfolgt ist. Der erhal- tene Silberschwamm wird mit durch Salpetersäure schwach angesäuertem Wasser kalt ausgewaschen. Dass diese Operation auch zur quantitativen Bestimmung des Koh- lengehalts des Eisens dient, darf als bekannt angenom- men werden. Vnt&rschwefligs. Natron zur qualit. u. quantit. Analyse. 73 Anwendungen des nnterschwefligsanren Natrons zur qualitativen und quantitativen Analyse und zur Darstellung von Präparaten; von A. F r ö h d e. (Fortsetzung der Mittheilung in PoggendorflPs Annalen, Bd. CXIX. Seite 317 ff.) *) 1. Quantitative Analyse des gelben und rotJien Blutlaugen- salzes, des Berlinerhlaus und anderer Eisencyanilr Cyanid- Blaufarben durch unterschwefligsaures Natron. Da die Zersetzung von Cyanverbindungen durch unterschwefligsaures Natron schnell, leicht und bei An- wendung niedriger Hitzetemperaturen vor sich geht, so kann man selbiges benutzen, um die Bestandtheile die- ser Verbindungen quantitativ zu bestimmen, und zwar möchte wohl auf diese Weise die Menge des Metalls (Eisens u. s. w.) am schnellsten gefunden werden können. *) Die folgenden Mittheilungen, mit Ausnahme des Vorschlages, unterschwefligsaures Ammoniak zur qualitativen Analyse zu verwenden) wurden im Sommer 1863 der Redaction der Annalen für Physik und Chemie eingesandt, blieben aber lie- gen. Ich glaubte bis vor Kurzem, dass dieselben, so wie der Anfang des Aufsatzes veröffentlicht seien. Ich verkenne nicht, dass sie zum Theil nur Vorschläge enthalten; auch bin ich Aveit entfernt anzunehmen, dass die angegebenen Trennungsmethoden die besten seien, die vor- handen; ich wollte vielmehr nur zeigen, dass sich mit Hülfe des unterschwefligsauren Natrons Trennungen ausführen las- sen unter Vermeidung des Schwefelwasserstoffs und Schwefel- ammoniums, und dass mit diesem Salz ein Gang der quali- tativen Analyse unlöslicher oder schwerlöslicher (namentlich Cyan-) Verbindungen eingeschlagen werden kann. Mit andern Fragen beschäftigt, habe ich augenblicklich keine Zeit, die angegebenen Versuche zu erweitern und zu vervollständigen. Sie sind mit einfachen Mitteln ausgeführt, aber auch mit einfachen Mitteln auszuführen — und das, denke ich, ist ihr Vorzug. 74 Fr'öhdej Man schmilzt zu diesem Zwecke die Cyanverbin- dung mit der entsprechenden, gewöhnlich 4 — 5 fachen Menge unterschwefligsauren Natrons, das man, wenn die der Analyse unterworfene Verbindung Krystallisations- wasser enthält, unentwässert anwenden kann, löst, nach- dem alles Cyanmetall in Schwefelmetall verwandelt wor- den ist, in Wasser und filtrirt. Das abfiltrirte Schwefel- eisen glüht man am besten auf die von H. Rose em- pfohlene Weise im Wasserstoffstrome mit Schwefel und bestimmt hierauf sein Gewicht. Selbstverständlich kann man es auch in Salzsäure unter Zusatz von Salpetersäure lösen und das Eisenoxyd mit Ammoniak fällen, oder die maassanalytische Bestimmung annehmen, sei es durch Chamäleonlösung oder Chromsäure oder unterschweflig- saures Natron, nachdem man reducirt hat. Das Filtrat dampft man mit Salzsäure ein, verjagt diese, indem man zugleich etwa entstandene Persulfocy ansäure (Xan- thanwasserstoffsäure) zerstört, glüht unter Zusatz -von Chlorammonium und bestimmt das Kali als Kaliumplatin- chlorid *). 0,736 krystallisirtes gelbes Blutlaugensalz gaben auf diese Weise 0,142 Eisenoxyd oder 13,50 Proc. Eisen, während die Theorie 13,27 verlangt und 1,684 Ka- liumplatinchlorid = 36,53 Proc. Kalium, welche nach der Rechnung 36,97 sein müssten. Es ist hier noch auf die Vermuthung Rücksicht zu nehmen, dass sich das entstandene Schwefelcyan durch Glühen zersetzen und durch den Sauerstoff der Luft oxy- diren könnte, etwa nach den Gleichungen: ^ *) Eine Zersetzungsmethode mit unterschwefligsaurem Baryt, der sich bekanntlich nach Ramm elsb er g's schönen Untersuchun- gen der unterschwefligsauren Salze nach folgender Formel zersetzt: 6BaO,S202 = 3BaO,S03-f 2BaO,S02-f 2BaS4-6S, zur Bestimmung des Natrons in diesen Verbindungen ist spä- ter von mir veröffentlicht worden: Erlenmeyer 's Zeitschrift für Chem. u. Pharm., 1864, S. 407. unter scliv)efligs. Natron zur qualit. v, quantit. Analyse. 75 2 CyHS2 + 4 HO = 020* -f 028* + 2 NH» und CyHS2 + 4H0 = C204 + 2 HS + NH3*), und dass man in Folge dessen kohlensaure Alkalien er- halten würde, so dass man aus der Bestimmung der Kohlensäure die Menge des Cyans berechnen könnte; allein abgesehen davon, dass die aus den Schwefelalka- lien des unterschwefligsauren Natrons entstehende Schwe- felsäure und schweflige Säure Kohlensäure austreiben würde, lehrten die Versuche, dass die Zersetzung selbst nach anhaltendem Glühen kaum vollständig erfolgte, da noch immer unzerzetztes Schwefelcyan nachzuweisen ist. 2. Trennung von Thonerde und Eisenoxyd. Statt das Eisenoxyd, wenn es von Thonerde getrennt werden soll, durch Schwefelammonium in Schwefeleisen zu verwandeln und die Thonerde durch Kali auszuziehen, kann man auch ein Gemenge beider durch Erhitzen mit unterschwefligsaurem Natron Schwefeleisen bilden, die die Thonerde durch Kochen mit Kalilauge auflösen und im Filtrat auf bekannte Weise fällen, während sich das Eisen bequem, durch Glühen des entstandenen Schwefel- eisens mit Schwefelpulver im Wasserstoffstrome bestim- men lässt. 0,147 Thonerde, der 1,023 Eisenvitriol beigemengt war, lieferte so behandelt wieder 0,146 Thonerde. 3. Trennung des Mangans von Kobalt und Nickel. Bekanntlich fällt man die Oxyde dieser drei Metalle behufs ihrer Trennung durch kohlensaures oder kausti- sches Natron bei Siedhitze, glüht und wiegt, erhitzt hier- auf in einem Strom von Schwefelwasserstoffgas bis zum Rothglühen und bringt die Schwefelmetalle in verdünnte Salzsäure, welche nur Schwefelmangan löst, Schwefel- nickel und Schwefelkobalt aber ungelöst lässt. Eben so gut und bequem kann man auch die Oxyde *) Kekule, organ. Chemie. I. S. 349. 76 Fr'öhdey durch Erhitzen mit unterschwefligsaurem Natron in Sul- furete verwandeln, Schwefelmangan durch sehr verdünnte Salzsäure ausziehen und weiter bestimmen. 0,302 schwefelsaures Kobaltoxyd (CO, S03 -[- 7 aq), mit beinahe der doppelten Menge Mangansuperoxyd ver- setzt, wurden mit unterschwefligsaurem Natron erhitzt, bis sich die Schwefelmetalle gebildet hatten. Nachdem das Schwefelmangan durch sehr verdünnte Salzsäure ent- fernt worden war, wurde der ausgewaschene Schwefel- kobalt in schwefelsaures Oxyd verwandelt, abgedampft und geglüht und lieferte 0,168 schwefelsaures Salz, wäh- rend die Rechnung 0,166 verlangt. Es enthielt noch eine Spur Mangan. 0,229 des Doppelsalzes MnO, S03 + NH40, S03 -[- 6 HO mit nickelhaltigem schwefelsaurem Kobaltoxyd gemengt, wurden mit unterschwefligsaurem Natron erhitzt^ die Masse mit Wasser und verdünnter Salzsäure behan- delt, filtrirt und im Filtrat mit kohlensaurem Natron das Mangan gefällt. Es wurden 0,044 Manganoxyduloxyd erhalten, welche 0,0409 Oxydul entsprechen, während die Theorie 0,0416 MnO verlangt. — Bei eine.m andern Ver- suche enthielt das Mangan Spuren von Kobalt, wie sich durch Hinzuthun geschmolzenen, unterschwefligsauren Na- trons durch die blaue Färbung zu erkennen gab. 4. Trennung der Phosphorsäure vom Eisenoxyd. Will man bei der Trennung von Phosphorsäure und Eisenoxyd in festem Zustande die Anwendung des Schwe- felammoniums vermeiden, womit man bekanntlich, nach- dem man in der Lösung durch Salzsäure mit Ammoniak gefällt hat, digerirt, oder hat man es mit geglühtem, schwerlöslichen, phosphorsauren Eisenoxyd zu thun, so schmilzt man die Verbindung mit unterschwefligsaurem Natron und bindet so das Eisen an Schwefel. Das Na- tronsalz muss selbstverständlich in dem Maasse zugesetzt sein, dass Schwefelnatrium im Ueberschuss entsteht. Man löst in Wasser unter Unterstützung der Wärme, filtrirt unter schwefligs. Natron zur qiialit. u. quantit. Analyse. 77 und bestimmt im zurückgebliebenen Schwefeleisen das Eisen; im Filtrat fällt man auf bekannte Weise die Phos- phorsäure als phosphorsaure Ammoniak-Magnesia. 0,402 phosphorsaures Eisenoxyd, welches nach der Formel 4Fe203, 3P05 zusammengesetzt war, lieferte auf diese Weise 0,252 phosphorsaure Magnesia oder 40,10 Procent Phosphorsäure und 0,240 Eisenoxyd = 59,70 Procent. Zur Controle wurden 0,3815 von demselben phos- phorsauren Eisenoxyd in Salzsäure gelöst, die Lösung mit unterschwefligsaurem Natron zum Kochen gebracht, — es ist dies bekanntlich die Methode von Fresenius, nur kommt hier statt des schwefligsauren unterschweflig- saures Natron in Anwendung — mit Ammoniak versetzt und gekocht und der Niederschlag abfiltrirt. Aus dem Filtrat wurden 0,239 phosphorsaure Magnesia erhalten == 40,07 Procent Phosphorsäure, während die Theorie 39,97 Proc. erfordert. Man kann jedenfalls auch die Phosphorsäure von Bleioxyd und üranoxyd durch Erhitzen mit unterschwef- ligsaurem Natron trennen. 5. Trennung des Zinns vom Blei und heider durch Phosphorsäure. Es ist bekanntlich schwer, wenn man eine Legirung von Zinn und Blei mit Salpetersäure oxydirt, von Blei freies Zinnoxyd zu erhalten. Man schmilzt daher, um diesen Fehler zu vermeiden, die Legirung mit einem Gemenge von kohlensaurem Natron und Schwefel und trennt durch Lösen in Wasser das Zinnsulfid vom Schwe- felblei. Mit eben demselben Erfolge kann man auch die Legirung mit überschüssigem unterschwefligsaurem Natron erhitzen, die entstandenen Schwefelverbindungen mit Was- ser digeriren. und nachdem alles Schwefelzinn in Schwe- felnatrium gelöst ist, von Schwefelblei abfiltriren. 0,317 einer solchen Legirung lieferten auf diesem Wege 0,388 Zinnoxyd = 95,92 Proc. Zinn und 0,020 78 Fröhde, schwefelsaures Bleioxyd = 4,31 Proc. Blei. 0,622 mit Salpetersäure behandelt gaben nur 0^021 schwefelsaures Blei = 2,31 Proc; das Zinnoxyd lieferte mit unter- schwefligsaurem Natron noch 0,014 schwefelsaures Blei = 1,54 Proc. Blei. Weniger bequem ist es, auf gleiche Weise das Zinn- oxyd von der Phosphorsäure zu trennen, da sich dasselbe in kochender Salzsäure löst; wie bei der Trennung des Zinns vom Blei, muss man auch hierbei einen Ueber- schuss des schwefligsauren Natrons anwenden, um eine genügende Menge Schwefelnatrium zu erhalten, weil sonst ein Theil des Schwefelzinns nicht in Lösung geht. 0,2965 phosphorsaures Natron wurden mit Zinnchlo- rid gefällt; die phosphorsaure Zinnverbindung mit unter- schwefligsaurem Natron erhitzt, die Masse in Wasser ge- löst, aus dem Filtrat Schwefelzinn durch Salzsäure ge- fällt und in dem Filtrat die Phosphorsäure durch Magne- sia niedergeschlagen. Der Versuch ergab 0,110 pyro- phosphorsaure Magnesia = 0,070 Phosphorsäure. Im phosphorsauren Natron waren 0^0662 enthalten. Ebenfalls leicht kann man das Amalgam von Zinn durch Erhitzen mit unterschwefligsaurem Natron in Schwefelmetalle überführen, das Schwefelzinn und Schwe- felnatrium in Wasser lösen, abfiltriren und durch Glühen in Oxyd verwandeln. Die Menge des Quecksilbers muss man natürlich aus dem Verlust herleiten. So lieferten 0,590 Zinnamalgam 0,544 Zinnoxyd = 72,20 Proc. Zinn, übereinstimmend mit einem Versuche auf nassem Wege. Quecksilbersalze gehen beim Schmelzen mit krystal- lisirtem unterschwefligsaurem Natron nicht in reines Schwe- felquecksilber, sondern in eine Verbindung von diesem dem Quecksilbersalz über. So entsteht z. B. beim gelinden Erhitzen von Jod- quecksilber mit unterschwefligsaurem Natron eine Ver- bindung von Jodquecksilber mit Schwefelquecksilber, die sich der Formel 2 HgS -|- HgJ nähert. Es lieferten näm- unter schweßigs. Natron zur qualit. u. quantit. Analyse. 79 lieh 0,830 Jodquecksilber 0,555 Schwefeljodquecksilber und bei etwas längerer Einwirkung 1,036 des Jodqueck- siibers, 0,627 der letzteren Verbindung. Wahrscheinlich lassen sich auch so Antimon von Blei trennen und überhaupt noch gemischte Legirungen mit Hülfe des unterschwefligsauren Natrons zersetzen (Platinlegirungen). 6. Anwendung des unterschwefligsauren Natrons statt einer Mischung von kohlensaurem Alkali und Schwefel zur Dar- stellung von Präparaten. Was man bei der Darstellung gewisser Metallsäuren oder bei ihrer Befreiung von fremden Bestandtheilen durch Erhitzen von Schwefel mit einer Mischung von kohlen- saurem Kali oder Natron erreicht, eben dasselbe kann man wohl durch Schmelzen jener Körper mit dem unter- schwefligsauren Salze bewerkstelligen. Man hat bei letz- terem Verfahren die Vortheile, dass man, da nun einmal das Natronsalz abzuwiegen ist, die zweite Wägung ver- meidet und das Mischen von Schwefel und kohlensaurem Alkali umgeht; dass die Schwefelung schon bei geringer Hitze vor sich geht; dass die unterschweflige oder schwef- lige Säure, welche letztere bei der Zersetzung von erste- rer entsteht, jedenfalls ein stärkeres Reductionsmittel ist, als die Mischung von kohlensaurem Alkali und Schwe- fel, und dass endlich nicht durch Verflüchtigung von Schwefel kohlensaures Natron oder Kali unzersetzt bleibt. Die in dieser Richtung unternommenen Versuche ergaben günstige Resultate. Es genüge, hier folgende Darstel- lungsweisen anzuführen, um dahin einschlagende weitere Versuche anzuregen. Zur Darstellung von Kobaltsalzen schmilzt man bekanntlich die gepulverten Mineralien Spiesskobalt (CoAs) und Kobaltglanz (CoS2 -j- Co As) oder den Zaff'er, das geröstete Kobalterz, mit 1 Th. Schwefel und 3 Th. Pott- asche, und bei der Darstellung des Nickels die gepoch- ten Erze: Kupfernickel (Ni2As) und Weissnickelkies 80 Fröhde, (NiAs) mit IV2 Th. Schwefel und 2 Th. Soda. Dem Auseinandergesetzten und Versuchen nach kann man ganz dasselbe durch Anwendung von 3 bis 4 Th. ent- wässerten unterschwefligsauren Natrons erreichen. Man pflegt ferner behufs der Darstellung von Mo- lybdänsäure Gelbbleierz mit Schwefel (4 Th.) und Soda (3 Th.) oder der sechsfachen Menge von Schwefel- kalium zu glühen, zur Zersetzung des Wolframs die vierfache Menge kohlensauren Natrons und eben so viel Schwefel anzuwenden und gewisse Vanadinsäure ent- haltende Niederschläge mit kohlensaurem Natron zu schmel- zen, um von Thonerde, Kieselsäure und Phosphorsäure zu trennen; in allen diesen Fällen kann man die entspre- chende Menge entwässerten unterschwefligsauren Natrons in Anwendung bringen. Auch zur Darstellung des Schlippe'schen Salzes, A n - timonsulfid-Schwefelnatrium, lässt sich ohne Zwei- fel statt des Schmelzens von Antimonsulfür mit Schwefel und kohlensaurem Natron zweckmässig unterschweflig- saures Natron gebrauchen. Doch verlangt es Versuche, ob das Verfahren, das im kleinen Massstabe gelungene Resultate ergiebt, bei der Darstellung grösserer Mengen vortheilhaft ist. 7. Einwirkung des unterschwefligsauren Natrons auf Phosphor. Erhitzt man krystallisirtes unterschwefligsaures Na- tron mit Phosphor, so scheidet sich Schwefel ab, welcher sich mit dem Phosphor vereinigt, und man erhält je nach der Menge der beiden Körper verschiedene Schwefelungs- stufen des Phosphors. Das Nähere darüber mitzutheilen, behalte ich mir vor. 8. Unterschwefligsaures Natron und organische Verbindungen. Dass man auch organische Schwefelverbindungen auf diesem Schwefelungswege erhält, lässt sich voraussehen unterschwefligs. Natron zur qualit. u. quantit. Analyse. 81 und bestätigen Versuche. Versucht aber wurden bisher die Darstellungen von Thiacetsäure und Zweifach- Schwefeläthjl, welche aus den geeigneten Verbindungen (essigsaures Blei und ätherschwefelsaurer Kalk) durch Erhitzen mit entwässertem unters chwefligsauren Natron gewonnen wurden. Das Nähere darüber soll nach Ver- vollständigung der Versuche mit den entsprechenden Barytverbindungen veröffentlicht werden. Lasst man un- terschwefligsaures Natron auf Essigäther in einem zuge- schmolzenen Rohre einwirken^ so tritt Bildung von schwef- ligsaurem Aether ein. 9. Unterschwefligsaures Natron vor dem Löthrohr, Ausser der Nachweisung des Cyans im unterschwef- ligsauren Natron auf trocknem Wege kann man von die- sem Salze noch folgende Anwendungen machen. Es ist bekannt, wie umständlich, lästig und zeitrau- bend das Einleiten von Schwefelwasserstoff ist, nament- lich wenn man bloss wissen will, ob ein technisches oder pharmaceutisches Präparat durch Schwefelwasserstoffgas oder Schwefelammonium fällbare Substanzen enthält. Man muss den Schwefelwasserstoff - Apparat jedesmal erst in Gang bringen und hat dadurch Verluste an Gas, das sich ausserdem sehr empfindlich auf die Nähe wirkend zeigt. Will man daher Präparate auf zufällige Beimengungen oder absichtliche Verfälschungen prüfen, oder in gewissen Mineralien die metal- lische Base oder Säure erkennen, so lässt sich das sehr einfach durch Schmelzen der fraglichen Substanzen in Porcellantiegeln erreichen. Man hat hierbei auf folgende Puncto Acht zu geben. In manchen Fällen tritt, wenn man die Salze der schwe- ren Metalle mit unterschwefligsaurem Natron schmilzt, schon während das Krystallisationswasser sich verflüch- tigt, Färbung ein, wodurch sich Anhaltepuncte ergeben, die Metalle zu erkennen. Kobaltsalze z. B. färben sich so intensiv blau oder Arch. d. Pharm. CLXXVII.Bds. l.u.2. Hft. 6 82 Fröhde, blaugrün *) ; Mangansalze entfärben sich und geben eine weisse Fällung; chromsaure Salze werden durch Reduc- tion zu Oxyd grasgrün, molybdänsaure Alkalien braun- roth oder gelbbraun, während bekanntlich in saurer Lö- sung beim Erwärmen eine tiefdunkelblaue Färbung ent- steht u. s. w. Erhitzt man weiter, bis sich Schwefelnatrium bildet, so entstehen jetzt oder auch schon früher die charakte- ristisch gefärbten Schwefelmetalle, die man behufs ihrer Trennung und Erkennung, wie unten angegeben wird, weiter behandelt**). Es scheint ferner, als ob sich das unterschweflig- saure Natron auch als Löthrohrreagens brauchen lassen könnte. Bekanntlich hat man, obgleich die Ver- bindungen des Schwefels mit den Metallen sich so cha- rakteristisch unterscheiden, dass man in der qualitativen Analyse auf nassem Wege davon häufig Gebrauch macht, doch auf trocknem Wege nur in umgekehrter Beziehung und in sehr vereinzelten Fällen davon Nutzen gezogen, von denen die Erkennung schwefelsaurer Salze durch Schmelzen mit Soda in der innern Flamme und nach- herige Schwärzung von Silber oder auch beim Lösen der Hepar durch die violette Färbung von Nitroprussid- natrium am bekanntesten ist. *) Diese Reaction ist ziemlich empfindlich. Bringt man z. B. auf eingetrocknete unsichtbare Schriftzüge von schwefelsau- rem Kobalt auf Papier geschmolzenes unterschwefligsaures Natron, so erscheinen die Schriftzüge schön blaugrün. Das Kobaltsalz färbt auch bei blosser Berührung schon unter- schwefligsaures Natron blau mit einem Stich ins Grüne. **) Namentlich in Präparaten, die in Wasser löslich sind, kann man auf diesem Wege die Verunreinigungen durch Metall- salze leicht erkennen, indem solche Metallsalze in Schwefel- metalle verwandelt werden. Man erhält die Schwefelmetalle dann auf dem Filter. So das Blei im chlorsauren Kali, im Alumen ustum^ das Eisen und Kupfer im phosphorsauren Na- tron, im schwefelsauren Kali zugleich mit Zink, die Metall- salze im Salpeter, im kohlensauren Natron, im Glaubersalz, in der schwefelsauren Magnesia des Handels. (Vergl. No. 12.) unterschiuefligs. Natron zur qualit. u. quantit. Analyse. 83 Bei Anwendung des Löthrohres oder auch eines Pla- tin- oder Silberdrahtes und in diesem Falle der Spiritus- lampe würden zunächst die eben erwähnten Farbenver- änderungen Kennzeichen der Unterscheidung an die Hand geben. Hierauf oder in andern Fällen gleich tritt nun die charakteristische Färbung der Schwefelmetalle ein, die man bei Anwendung des Löthrohrs durch Erhitzen in der Oxydationsflamme verschwinden, durch erneuten Zusatz von unterschwefligsaurem Salz aber von Neuem hervortreten lassen kann *). Bisweilen zeigen sich noch beim Uebergang des Sulfids in das Sulfür Aenderungen in der Farbe, wie z. B. beim Zinn, bei dem das hellgelbe Sulfid in das braune Sulfür übergeht und in der Oxydationsflamme zu Oxyd wird. Ferner befördert die Bildung von Schwefelmetall in hohem Grade das Entstehen von Beschlägen, und zwar erhält man so leicht den weissen Beschlag der Arsen-, Antimon- und Zinnverbindungen, den gelben der Blei- und Wismuth- und den braunrothen mit farbigen Rändern (pfauen schweifartigen) der Cadmium salze. Endlich liefert das unterschwefligsaure Natron und noch in stärkerem Grade das Ammoniaksalz ein Reduc- tionsmittel für Löthrohrversuche mit Soda und Cyan- kalium ; man erhält leicht die Metalle von Wismuth-, Blei-, Antimon-, Kupfer-, Silber- und Goldverbindungen in Kömern. 10. Gang der qualitativen Analyse unlöslicher Verbindun- gen mittelst unter schweflig sauren Natrons. Zur Aufstellung eines Ganges der Analyse unlöslicher Verbindungen und schwerlöslicher oder unlöslicher Cyan- verbindungen wurden mit Anwendung der einfachen Spi- rituslampe folgende Versuche unternommen: Chlorsilber, mit unterschwefligsaurem Natron ge- *) Das entstehende Schwefelnatrium färbt das Glas dunkelbraun bei der Schmelzung, bei der Abkühlung entsteht bekanntlich eine rothe oder dunkelgelbe Farbe. 84 Fröhde, schmolzen, zersetzt sich leicht ; man erhält Schwefelsilber, Chlornatrium und die Zersetzungsproducte des unter- schwefligsauren Salzes. Es lässt sich so auch das Chlor- silber, das man bei Analysen nach dem Schmelzen erhält, schneller aus den Porcellantiegeln herausbringen, als es durch Reduction mittelst Zinks und Salzsäure geschieht. Ebenso zersetzen sich Brom- und Jodsilber (Jod- quecksilber) leicht ; das Filtrat giebt die Brom- und Jod- reactionen. Chromoxyd verändert sich nicht; erst bei Anwen- dung höherer Temperatur würde sich Chromsulfid bilden. Cyansilber, Ferro- und Ferridcyansilber zersetzen sich in Schwefelsilber, Schwefeleisen und Rhodannatrium, wie schon erörtert worden ist. Ebenso zersetzen sich leicht die Doppelcyanüre und Cyanide der schweren Metalloxyde, mögen sie leicht löslich in Wasser oder Säuren oder unlöslich darin sein (Blei-, Kupfer-, Wis- muth-, Antimon-, Zinn-, Kobalt-, Nickel-, Mangan-, Eisen-, Chrom-, Quecksilber-, Cadmium-, Platin-, Thonerde- (3 Cy, 4 AI), Kalk u. s. w. Cy an Verbindungen). Die übrigen unlöslichen Substanzen: schwefelsaurer Baryt und Strontian, Fluorverbindungen, Kieselsäure und Silicate schliessen sich, sofern die Temperatur nicht so hoch steigt, dass das entstandene schwefelsaure Natron zersetzend wirkt, nicht durch Schmelzen mit dem unter- schwefligsauren Salz auf. Sonach ergiebt sich folgendes Verfahren derAna- lyse unlöslicher Verbindungen: Man schmilzt mit der mehrfachen Menge unterschwefligsauren Natrons im Porcellantiegel, bis sich die Schwefelmetalle gebildet ha- ben, und zieht A. durch Digeriren mit Wasser einerseits Zinnsulfid und andererseits Chlor-, Brom-, Jod- und Schwe- felcyannatrium aus. In einem Theile der Lösung wägt man nach der Zersetzung des Schwefelnatriums durch verdünnte Salzsäure Rhodan mit Eisenchlorid nach, wenn dies nicht schon durch einen Vorversuch mittelst eines Platindrahts geschehen ist; in dem grösseren Theile der unter schweflige . Natron zur qualit. u. quantit. Analyse. 85 Flüssigkeit fällt man Zinnsulfid durch Schwefelsäure und constatirt im Filtrat Chlor, Brom und Jod auf bekannte Weise. B. Den Rückstand kocht man mit Salpetersäure und löst so a) Silber, Blei, Eisen und Spuren von Chrom; in der Lösung fällt man mit Schwefelsäure Blei, mit Salz- säure Silber, mit Ammoniak Eisen und die Spuren von Chrom, wie dies bekannt ist. 6) Rückständig bleiben Chromoxyd, schwefelsaurer Baryt und Strontian, Fluorcalcium, Kieselsäure- und Thon- erde-Verbindungen, unlösliche Kieselsäure (so wie durch Einwirkung der Salpetersäure entstandenes schwefelsau- res Blei). Nachdem die schwefelsaure Strontian antimon- erde (nebst dem etwa zurückgebliebenen schwefelsauren Blei) durch kohlensaures Ammoniak in Kohlensäure ver- wandelt worden ist, zieht man diese durch Salzsäure (oder Salpetersäure) aus und erkennt durch Färbung der Alkoholflamme Strontium. c) Den von schwefelsaurer Strontianerde (und Blei) befreiten Rückstand schmilzt man mit kohlensaurem Kali- Natron und verfährt auf bekannte Weise. Man kann auch den Rückstand (B.) gleich mit koh- lensaurem Ammoniak behandeln, die entstandene kohlen- saure Strontianerde und das kohlensaure Blei nach dem Auswaschen mit Wasser mit Salpetersäure ausziehen, welche zugleich auch Silber und Eisen löst (so wie Spu- ren von Chrom) und die einzelnen Basen auf bekannte Weise constatiren. Dieser Gang, unlösliche Verbindungen aufzuschlies- sen, eignet sich besonders, wenn Zinnoxyd zugegen ist, in welchem Falle man sonst eine Mischung von Schwe- fel und kohlensaurem Alkali nimmt, und ferner bei Un- tersuchungen von Chemikalien, Droguen und Farben, wobei man auf Silicate und Alurainate nicht näher Rück- sicht zu nehmen hat. Es bleiben in diesem Falle nach dem Auskohen mit Salpetersäure nur schwefelsaurer Ba- ryt und Fluorcalcium, so wie die Beimengungen und 86 Fröhde, Verunreinigungen durch Sand und Thon zurück. Das Fluor macht man, wie sonst üblich, im Rückstande durch concentrirte Schwefelsäure frei und weist es auf bekannte Weise nach. 11. In Säuren schwerlösliche oder unlösliche Cyanverhin- dungen, Ferro-, Ferrid-, Kobaltid-y Platinverbindungen. Statt, wie gewöhnlich, diese Körper behufs ihrer Zersetzung mit Aetzkali oder Natron zu kochen, erhitzt man sie mit der vier- bis fünffachen Menge unterscbwef- ligsauren Natrons und bindet so die Metalle an Schwefel. I. Nach dem Erkalten digerirt man die Masse mit Wasser und zieht die im Schwefelnatrium löslichen Schwe- felmetalle: Schwefelantimon, Schwefelzinn, Schwefelplatin u. s. w., nebst geringen Mengen Schwefelquecksilber, aus und fällt in der abtiltrirten Lösung diese Schwefelmetalle ; um dann die einzelnen Metalle weiter zu constituiren. II. Die in Schwefelnatrium unlöslichen Sulfide des Quecksilbers, Bleies, Kupfers, Cadmiums, Wismuths, Eisens, Kobalts, Nickels, Mangans, Zinks und Urans, des Chromoxyds und der Thonerde (gewöhnlich findet sich auch noch ein Theil des Platins in diesem Rück- stande) löst man in Salpetersäure, wobei Schwefelqueck- silber und ein Theil des Bleies als schwefelsaures Salz zurückbleiben. Die Lösung versetzt man nach einander mit Chlor- wasserstoffsäure und Schwefelsäure zur Fällung des Sil- bers und Bleies. Man kann nun den gewöhnlichen Gang einschla- gen, Schwefelwasserstoff einleiten und so Kupfer, Wis- muth, Cadmium fällen, die man auf bekannte Weise nachweist, hierauf mit Schwefelammonium die übrigen Metalle fällen. III. Oder man übersättigt die Lösung, aus der man Blei und Silber gefällt hat, mit Ammoniak, wodurch Wis- muth. Eisen, Uran, Chrom, Mangan und Thonerde sich niederschlagen. unter schioefligs. Natron zur qualit. u. quantit. Analyse. 87 Aus diesem Niederschlage zieht man, wie bekannt, Uran mit kohlensaurem Ammoniak aus, löst die übrigen Oxyde in Salzsäure, fällt Wismuth durch Wasser als Oxychlorür, schlägt mit Kali Eisen- und Manganoxyd nieder und constatirt Chromoxyd und Thonerde in der Lösung; ersteres durch Kochen der Lösung und letzteres durch Chlorwasserstoffsäure und Ammoniak. IV. Die ammoniakalische Lösung kann nun noch Kupfer, Cadmium, Nickel, Kobalt, Zink und Mangan enthalten. Man schlägt mit kohlensaurem Ammoniak Cadmium (etwas kupferhaltig) nieder, ebenso unoxydirt gebliebenes Manganoxydul und constatirt diese auf be- kannte Weise. Die kohlensaures Ammoniak enthaltende Lösung säuert man an und fällt das Kupfer durch Schwe- felwasserstoff, oder man fällt mit Alkali Nickel und trennt die übrigen Metalle auf bekannte Weise. Durch diesen Gang, d. h. durch Verwandlung der Cyanmetalle in Schwefelverbindungen, erspart man das anhaltende Kochen mit Kali oder Natron, vermeidet das längere Einleiten von Schwefelwasserstoff und wendet statt des zweimaligen Behandeins mit Schwefelammonium nur einmal das durch Zersetzung der unterschwefligen Säure entstandene Schwefelnatrium an. Man gewinnt an Zeit und an Reagentien und erreicht eine vollständige Zersetzung der Doppel-Cyanverbindungen. 12. Qualitative Analyse in Wasser löslicher Cyanverhin- dungen mit unterscliiüefligsaurem Ammoniak. Auch die löslichen Cyan- und Do ppelcy an - Verbin- dungen, wobei man ausser den schweren Metalloxyden noch auf Alkalien und Erdalkalien zu prüfen hat, kann man, wenn es nicht darauf ankommt, zu erfahren, ob beide fixe Alkalien in der Verbindung enthalten sind, durch Erhitzen mit unterschwefligsaurem Natron zer- setzen (wie erwähnt auch durch unterschwefligsauren Baryt), bei dessen Anwendung auch auf Natron unter- sucht werden kann. 88 FrÖhde, In diesem Falle gehen durch Wasser ausser den in Schwefelnatrium löslichen Schwefelmetallen Kali (Natron), Magnesia und Kalk in Lösung, welcher letztere sich in dem durch Zersetzung von Schwefelnatrium von Neuem entstehenden unterschwefligsauren Salze oder durch Zu- satz desselben leichter löst, und es bleiben ausser den Schwefelmetallen noch schwefelsaurer Baryt und Stron- tian*) auf dem Filtrum zurück. Man constatirt die ein- zelnen Basen im Filtrate und Rückstande auf bekannte Weise. Ebenso leicht und bequem kann man zur Zersetzung der löslichen Cyanverbindungen das unterschwefligsaure Ammoniak anwenden. Es ist üblich, die löslichen Doppelcyanverbindungen mit einer Mischung von 3 Theilen schwefelsauren und 1 Theil salpetersauren Ammoniaks zu glühen und so alles Cyan als Cyanammonium zu verflüchtigen, wobei man im Rückstande die Basen als schwefelsaure Salze erhält. Dem entsprechend bleiben beim Erhitzen der Substanz mit unterschwefligsaurem Ammoniak die Basen als Schwefelmetalle und schwefelsaure Salze zurück, wäh- rend alles Cyan als Ammoniumverbindung fortgeht **). Man zieht dann 1) die Alkalien, die Magnesia und den schwefelsauren Kalk mit Wasser aus und verfährt auf bekannte Weise. 2) Den Rückstand behandelt man mit Schwefelammo- nium und zieht die darin löslichen Schwefelmetalle aus, die man in einer Säure fällt. 3) Die zurückgebliebenen Schwefelmetalle löst man in Salpetersäure, wobei schwefelsaurer Baryt und Stron- tian ungelöst bleiben, indem die schwefligsauren Erden *) Gemengt mit schwefligsauren Erden, wie Rammeisberg (Poggend. Annal. LVI.) gefunden hat. **) Man kann die quantitative Analyse alkalihaltiger Cyanverbin- dungen ebenfalls mittelst des unterschwefligsauren Ammoniaks ausführen ; durch die Flüchtigkeit der Ammoniakverbindungen entstehen aber leicht Verluste. unterscTiwefligs. Natron zur quollt, u. quantit. Analyse. 89 zugleich in schwefelsaure verwandelt werden. Man wen- det auf Lösung und Rückstand den oben beschriebenen Gang an. Hierbei ist aber nöthig im Auge zu behalten, dass mit dem Ammoniaksalze sich zugleich Arsenik und Queck- silber verflüchtigen kann, wie das auch bei der Anwen- dung von schwefelsaurem und salpetersaurem Ammoniak der Fall ist. 13, Anwendung des unterschwefligsauren Natrons zur Ana- lyse in Wasser unlöslicher Substanzen, die in Säuren löslich sind. Die in Säuren löslichen Verbindungen verhalten sich folgendermassen beim Erhitzen mit unterschwefligsaurem Natron. Metalloxyde, basische Metalloxyd salze, Metallamide, kohlensaure und schwefligsaure Metalloxyde gehen in Schwefelmetalle über. Erden und kohlensaure Erden verwandeln sich in schwefelsaure und schwefligsaure oder bleiben zum Theil unzersetzt. Ebenso verwandeln sich schwefligsaure Erden in schwefelsaure oder bleiben zum Theil schwefligsaure. Chromsaure Salze gehen in Chromoxyd, Schwefel- metall oder in schwefelsaure und schwefligsaure Salze über. Arseniksaure Verbindungen geben Schwefelarsen. Phosphorsaure Verbindungen des Baryts, Strontians und Kalks, der Erden und Metalloxyde gehen in schwe- felsaure, schwefligsaure und Schwefelmetalle über, wäh- rend sich phosphorsaures Natron bildet. Phosphorsaure Ammoniak-Magnesia verliert ihr Am- moniak und das Filtrat giebt bei Zusatz von Ammoniak einen geringen Niederschlag von phosphorsaurer Ammo- niak-Magnesia. Oxalsäure und weinsaure Erden und Metalloxyde werden derartig zersetzt, dass die Oxalsäure und Wein- säure zerstört wird, während die Erden in schwefelsaure 90 FrÖhdey und Bchwelligsaure, die Metalloxyde in Schwefelmetalle übergehen. Borsaure Erden und Metalloxyde verwandeln sich in schwefelsaure und schwefligsaure Erden und Schwefel- metalle. Es ergiebt sich also folgender Gang der qualitativen Analyse in Wasser unlöslicher Verbindungen nach dem Behandeln mit unterschwefligsaurem Natron. 1) Man zieht durch Digeriren mit Wasser die in Schwefelnatrium löslichen Schwefelmetalle des Arsens, Antimons und Zinns, so wie, falls keine Phosphorsäure da ist, den schwefelsauren Kalk*) und die schwefelsaure Magnesia aus, fällt die Schwefelmetalle durch Salzsäure, iiltrirt und constatirt im Filtrat Kalk und Magnesia auf bekannte Weise. 2) Man löst in Salpetersäure die Schwefelmetalle mit Ausnahme des Quecksilbers; schwefelsaurer Baryt und Strontian, so wie durch Oxydation entstandenes schwefel- saures Bleioxyd bleiben zurück. 3) Den Rückstand behandelt man mit Königswasser und löst darin Schwefelquecksilber, während die schwe- felsauren Erdalkalien zurückbleiben, trennbar durch koh- lensaures Alkali u. s. w. 4) Die in Salpetersäure gelösten Metalloxyde versetzt man successive mit ChlorwasserstofFsäure und Schwefel- säure und fällt so Silber und Blei. 6) Das Filtrat enthält Wismuth, Kupfer, Cadmium, die durch Schwefelammonium fällbaren Metalle und Kalk und Magnesia an Phosphorsäure gebunden. Man schlägt entweder durch Schwefelwasserstoff Wismuth, Kupfer und Cadmium nieder oder constatirt und trennt durch suc- cessives Behandeln mit Kali, Ammoniak und kohlensau- *) der sich bekanntlich bei Gegenwart von schwefelsaurem und unterschwefligsaurem Natron, das sich an der Luft aus dem Schwefelnatrium von Neuem bildet, leichter löst. Ist phos- phorsaures Natron im Filtrate, so wird sich dasselbe mit dem gelösten schwefelsauren Kalk wieder zum Theil zersetzen. über Vergiftimg eil durch Kohlendunst. 91 rem Ammoniak die Metalle, Erden und phosphorsaure Magnesia, wie oben angegeben oder wie es in den Lehr- büchern vorgeschrieben ist. Bei Befolgung dieses Ganges hat man nicht nöthig, chromsaure und arseniksaure Verbindungen zu reduciren; Baryt, Strontian, Kalk und Magnesia werden nicht zu- sammen, wie bei dem gewöhnlichen Gange, nieder- geschlagen und lassen sich so leichter constatiren, und man vermeidet wenigstens einmal die Anwendung des Schwefelammoniums. Dahingegen eignet sich selbstver- ständlich 'dieser Gang nicht, wenn man es, wie bei Aschenanalysen, nicht mit durch Schwefelwasserstoff fäll- baren Metallen zu thun hat. Bemerkung aber Vergiftangen durch Eohlendunst'); von Demselben. Durch Bunsen's und Playfair's Untersuchungen der Hohofengase **) ist es bekannt, dass die Steinkohlen- gichtgase Cyangas enthalten, und zwar in der Höhe des Ofens von 23/^ Fuss 1,34 Proc. dem Volumen nach, in der Höhe von 123/^ bis 13 3/^ Fuss aber nur Spuren da- von; man weiss ferner, dass sich beim Hohofenprocess Cyankalium in bedeutender Menge bildet; es steht end- lich durch Wöhler's Versuche fest, dass die rothgelben metallglänzenden Würfel, welche man früher für metalli- sches Titan hielt, eine Verbindung von Cyantitan mit Stickstofftitan (TiCy -j- 3 Ti^N) sind, kurz es ist eine allgemein bekannte Thatsache, dass bei Gegenwart von Kohlenstoff, Stickstoff und Alkali Cyan entsteht. Man kann daher die tödtliche Wirkung des Dam- pfes brennender Kohlen in eingeschlossenen Räumen bei *) Siehe die Anmerkung zum vorigen Aufsatz. **) Vergl. Seh er er, Metallurgie. 92 FrÖhdey schwefelsaures Kohaltoxyd mit 4 Aeq, Wasser. unvollständiger Ventilation und beim zufälligen Schlies- sen der Ofenklappe, wenn die Kohlen im Ofen noch glü- hen, nicht allein der Kohlensäure und dem Koh- lenoxyd zuschreiben, sondern muss diese Wirkung mit der Gegenwart von Cyangas beilegen. An Steinkohlen kann man bei unvollständiger Ventilation das Cyan schon durch seinen eigenthümlichen Geruch erkennen, wenigstens beobachtete ich solchen an einem nicht gut ziehenden, damit geheizten Ofen wieder- holt. Daher erklärt sich die so sehr schädliche Wirkung des Dunstes unvollständig brennender Steinkohlen. Wie bekannt, treten bei Braunkohlen- und Torflieizung und am seltensten bei Anwendung von Holz (namentlich Eichenholz) als Brennmaterial nur unter besonders un- günstigen Umständen Todesfälle ein, da die Schlafenden erwachen und überhaupt die Producte der unvollständi- gen Verbrennung einen starken brenzlichen Geruch ver- breiten, wenn auch häufig Kopfweh und Betäubung beim Einathmen solchen Dunstes zu spüren ist. Es wäre daher im Interesse, Versuche über die Wirkung von Kohlenoxyd und Kohlensäure, die mit gewissen Mengen von Cyangas vermischt sind, anzu- stellen. Notiz über schwefelsaures Eobaltoxyd mit 4 Aeq. Wasser; von Demselben. Giesst man eine concentrirte Auflösung von schwe- felsaurem Kobaltoxyd allmälig in kleinen Portionen in gewöhnliches Schwefelsäurehydrat, so entsteht bald ein pfirsichblüthrother pulveriger Niederschlag. Man entfernt die darüber stehende weinroth gefärbte Schwefelsäure, in der sich ein Theil des schwefelsauren Kobaltoxyds auf- geschwemmt befindet, durch Decantiren, bringt den Nie- Palicourea Marcgravii St. Hil.f Rattenkraut. 93 derschlag auf eine poröse Thonplatte und lässt ihn so lange liegen, bis er sich trocken erweist. Er hat dann obige Zusammensetzung. 0,239 ergaben 0,1615 Glührück- 8tand =: 67,57 Procent schwefelsaures Kobaltoxyd und 32,43 Procent Wasser. 0,226 lieferten 0,236 schwefelsauren Baryt mit 35,85 Procent Schwefelsäure und hinterliessen nach Entfernung des Baryts durch Schwefelsäure beim Eindampfen 0,154 schwefelsaures Kobaltoxyd, welche 32,97 Kobaltoxyd ent- sprechen. Gefunden : Berechnet : I. II. ^^^ ( «7^7 ''^2,97 33,04 ( S03 i ^^'^^ 35,85 35,24 \ ^^^^^ 4 HO 32,43 31,18 31,72 100 100 100. Das aufgeschwemmte Pulver wurde nicht untersucht. Palicourea Marcgravii St. Hil., Herva de rato, Rattenkraut ; von Dr. Th. Peckolt. Ramulis sub - 4 - gonis ; fol. oblongis acuminatis sup- petiolatis; stipulis 3pedis; coroUa papulosa - tomentosa. Blüht im Januar bis März. Sie gehört zu der an wichtigen Pflanzen so reich- haltigen Familie der Rubiaceen, zweiten Untergruppe Coffeae, nur hat sie hier in Brasilien noch viele Geschwi- ster, welche säirmtlich die Benennung Rattenkraüt haben, in einigen Provinzen mit noch verschiedenen andern Bei- namen und alle haben den Ruf als Giftpflanzen, ob mit Recht oder Unrecht, muss noch entschieden werden. Die Palicourea noxia wird vorzugsweise zum Ratten- tödten benutzt, doch nur in frischem Zustande. Dieselbe 94 Peckolfj wird fein gestossen und mit Fett, Brei oder sonstiger Speise vermischt. Zuweilen wird nur das frisch gestos- sene Kraut hingelegt, welches, wie die Valeriana für die Katzen, für das Rattengeschlecht eine Anziehungskraft ausübt und zugleich tödtlich wirkt. Ich untersuchte vorzugsweise die Palicourea Marc- graviij weil dieselbe hier in grösserer Menge vorkommt und von den andern Palicourea -Arten nur stets wenige Exemplare zu erlangen sind. Dieselbe wird hier fast nie als Rattengift benutzt; in mehren Werken habe ich gelesen, dass man die Früchte mit Fett etc. vermischt und als Gift benutzt, doch habe ich seit 18 Jahren beob- achtet, dass dieselben nie angewandt wurden. Die Blät- ter werden für stark diuretisch gehalten und besonders bei Krankheiten der Thiere benutzt, 1 Scrupel bis eine Drachme zu 6 Unzen Infusion, obwohl man nach mei- ner Meinung die Dosis ohne Nachtheil verstärken könnte. Die getrockneten Blätter der meisten Palicourea - Arien sollen als Gift unwirksam sein und ich bezweifle es selbst von einigen im frischen Zustande. Eine Taube wurde von dem frischen Safte der Pal. Marcg. getödtet, dahin- gegen nahm ein Hund bis zu 1 Unze Saft. Er zeigte sich zwar den ganzen Tag sehr matt, frass nicht und harnte oft und wenig, suchte auch oft Wasser auf, war aber am folgenden Tage wieder ganz munter. Spirituö- ses Extract bis zu 1 Unze gereicht, zeigte nicht die ge- ringsten toxischen Eigenschaften, so dass ich selbst da- von einige Gran versuchte, ohne das geringste Unwohl- sein zu spüren, nur war eine vermehrte Harnabsonderung bemerkbar, was aber vielleicht erklärbar ist, wenn wir die chemische Zusammensetzung betrachten. Da die Palicourea- Arten beim Trocknen die toxische Eigenschaft verlieren sollen, so musste meine Haupt- aufmerksamkeit hauptsächlich auf ein flüchtiges Princip gerichtet sein und wurden deshalb einige Voruntersuchun- gen mit der frischen Pflanze von P. Marg., so wie auch von P. nicotianaefolia vorgenommen. 16 Kilogrm. der Palicourea Marcgravii St. HiL, Rattenkraut. 95 letzteren frischen Pflanzen mit Kali causticum destillirt, ergaben eine flüchtige, neutral reagirende flüssige Sub- stanz, welche nach vollständiger Reinigung 0,147 Grm. wog, von Reseda ähnlichem Geruch war und ein Alde- hyd zu sein schien. Einer Taube eingegeben, wirkt die- selbe nicht tödtlich. Palicourea Marcgravii lieferte ein ähnliches Resultat. Nach vielfachen anderweitigen Ver- suchen auf flüchtiger Substanz wandte ich folgende Un- tersuchungsraethode an, welche zwar Resultate lieferte, aber in Hinsicht der flüchtigen Substanz doch nicht be- friedigend genug war, weshalb ich später, bei Erlangung grösserer Menge von Material, wieder darauf zurückkom- men werde. 25 Kilogrm. frischer, vor dem Blühen gesammelter Pflanzen der P. Marcg. wurden ausgepresst (der Press- rückstand A), der ausgepresste Saft betrug 324 Grm., war dunkelgrün, von widerlichem, narkotischen Geruch, ähnlich als wenn man frische Giftschwämme stösst. Fügt man Schwefelsäure hinzu, so entsteht ein dunkelbraunes Präcipitat; in einer Retorte bis zur Hälfte abdestillirt, roch das Destillat schwammartig, reagirte sauer; mit kohlensaurem Natron neutralisirt, bis auf ein Drittel ab- gedampft, zwei Drittel dieser Portion mit verdünnter Schwefelsäure bis zur schwach sauren Reaction versetzt, dann das übrige Drittel hinzugefügt und mit Aether ge- schüttelt, denselben verdunstet, erhielt ich 0^063 Grm. einer gelblich gefärbten, ölartigen, sauer reagirenden Sub- stanz, welche in sehr geringer Menge und in Entfernung von lieblich angenehmen, im concentrirten Zustande und in der Nähe von betäubendem, Schwindel erregenden Geruch war. Einer Taube 1 Tropfen mit einem Platin- draht in den Schnabel gebracht, tödtete dieselbe sogleich. Doch war die erhaltene Substanz zu gering, um weitere Versuche damit anzustellen und werde ich suchen, spä- ter nähere Mittheilungen darüber machen zu können. Es ist die einzige von allen bei der Analyse erhaltenen Sub- stanzen, welche narkotische Eigenschaften gezeigt hat 96 Peckolt, und verdiente deshalb bei näherer Aufklärung den Na- men Myoctoninsäure. Der Destillationsrückstand wurde von dem coagulir- ten Eiweiss, Chlorophyll u. s. w. durch Filtriren getrennt und als Präcipitat B. zur weiteren Untersuchung bei Seite gestellt. Die filtrirte saure Flüssigkeit wurde nach Abstumpfung des grössten Theiles der freien Säure zur Syrupsconsistenz verdampft und mit einem Sechstel sei- nes Volumens starker Kalilauge der Destillation unter- worfen. Das Destillat roch schwach ammoniakalisch, un- angenehm, zeigte kaum Spuren einer alkalischen Reac- tion, wurde vorsichtig mit Schwefelsäure neutralisirt, zur Trockne abgedampft und mit Aetherweingeist behandelt. Die erhaltene Lösung wurde zur Trockne abgedampft, in schwach angesäuertem Wasser gelöst, mit Kali versetzt und mit Aether wiederholt geschüttelt. Die ätherische Lösung verdunstet, lieferte nur 1,500 Grm. seidenglän- zende Krystallnadeln, welche in Alkohol und Aether leicht löslich waren. Mit Säuren verbindet es sich zu Salzen, wo das schwefelsaure Salz glänzende Krystallplatten und das salpetersaure Salz lange Krystallnadeln bildet. Einer Taube von der Lösung gegeben, wirkte nicht tödtlich, und nenne ich es vorläufig Palicourin. Das Präcipitat B. aus dem Safte wurde mit abso- lutem Alkohol digerirt, um noch wirksame Substanzen von Chlorophyll und Eiweiss zu trennen. Die alkoho- lische Lösung destillirt, ergab als Rückstand 5 Grm. eines hellbraunen Harzes, welches keine narkotische Wirkung auf den thierischen Organismus ausübte. Der Pressrückstand A. wurde mit Alkohol von 0,900 digerirt, so lange sich derselbe noch färbte, ausgepresst, destillirt, der Rückstand der Destillation mit Wasser be- handelt, das Harz durch Filtriren getrennt, die wässe- rige Lösung mit neutralem Bleiacetat versetzt, vom Prä- cipitat getrennt und dreibasisches Bleiacetat so lange hinzugefügt, als noch Präcipitat entstand; die von dem- selben getrennte Flüssigkeit durch Schwefelwasserstoflf- Palicourea Marcgravii St. HiL, Rattenkraut. 97 gas zersetzt, filtrirt und bis zur Syrupsconsistenz abge- dampft und an einen kühlen Ort gestellt, hatte sich eine Menge Kry stalle abgeschieden, welche 10 Grm. betinigen und sich als salpetersaures Kali auswiesen. Die von den Krystallen getrennte Flüssigkeit wurde mit absolutem Alkohol geschüttelt, nachdem sich die Flüssigkeit geklärt, der in Alkohol unlösliche Bodensatz, welcher 4 Grm. be- trug und aus Chlorkalium, Dextrin und brauner geschmack- loser Substanz bestand, getrennt, die alkoholische Flüs- sigkeit mit Aether geschüttelt, der entstandene Bodensatz wieder getrennt, welcher nach der Verdunstung 150 Grm. betrug und aus 1,550 Grm. salpetersaurem Kali und 148,450 Grm. zuckerhaltigem Extract bestand. Nachdem die ätherische Lösung verdunstet, wurden nur Spuren von Krystallnadeln bemerkbar, der Rest bestand aus 10 Grammen einer braunen, hygroskopischen, stark bitter schmeckenden Substanz, welche in Wasser, Alkohol und Aetherweingeist löslich war; durch Tanninlösung entsteht Fällung und führe ich dieselbe vorläufig als Palicourea- Bitterstoff an; derselbe ist nicht giftig. Das durch neu- trales Bleiacetat hervorgebrachte Präcipitat wurde mit Alkohol von 0,867 digerirt, vom Unlöslichen getrennt, die alkoholische Flüssigkeit durch Schwefelwasserstoff zer- setzt; der Alkohol theilweise abdestillirt und verdunstet lieferte 1,850 Grm. Krystallnadeln, welche durch Erhitzen sich vollständig verflüchtigten und sich weiter unten als die Palicoureasäure ausweisen. Der in Alkohol unlösliche Theil des neutralen Bleipräcipitats wurde ebenfalls mit Schwefelwasserstoffgas zersetzt, zur dünnen Extractconsi- stenz abgedampft und in die Kälte gestellt; nach einiger Zeit hatte sich ein Conglomerat von Krystallen gebildet, dieselben getrennt, durch schwaches Waschen mit kal- tem Wasser von der anhängenden färbenden Substanz zu befreien gesucht und getrocknet. Die Mutterlauge der Krystalle, so wie die Abwaschflüssigkeit abgedampft, lie- ferte 30 Grm. harzartige Substanz, 34 Grm. Dextrin, an- organische, weinsteinsaure und äpfelsaure Salze, so wie Arch. d. Pharm. CLXXVH. Bds. 1. u. 2. Hft. 7 98 Feckolt, 5 Grm. palicursauren Kalk, 45 Grm. einer in Wasser und Alkohol löslichen, unangenehm schmeckenden Sub- stanz, welche durch Tanninlösung aus der wässerigen Lösung gefallt war und keine narkotischen Wirkungen ausübte, und Gerbsäure. Die trocknen, oben erhaltenen Krystalle bildeten ein braunes Pulver, von welchem man nur durch die Loupe die krystallinische Beschaffenheit bemerken kann, in kaltem und siedendem Wasser unlös- löslich, in Aether schwer löslich, dahingegen leicht lös- lich in absolutem Alkohol, weshalb die ganze Portion darin gelöst, filtrirt und krystallisirt wurde, welche Arbeit sehr oft wiederholt werden musste, um nur stets schwach bräunlich gefärbte Krystallplatten zu erhalten. Am besten gelang noch die Reinigung, wenn die durch Alkohol ge- reinigten Krystalle getrocknet, fein gerieben und wieder- holt mit Aether behandelt, der Aether abdestillirt, der Rückstand in absolutem Alkohol gelöst und verdunstet wurde. Auf diese Weise wurden die Krystalle fast farb- los erhalten und wogen 4,150 Grm. Diese bestanden ebenfalls, wie die aus der alkoholischen Lösung des Blei- präcipitats erhaltenen Krystalle, aus Palicureasäure. Bei einer andern Arbeit wurde das Bleipräcipitat mit abso- lutem Alkohol wiederholt digerirt, wobei sämmtliche Säu- ren aus dem in Alkohol unlöslichen Präcipitat entfernt und nicht so viele Mühe durch Reinigen der Krystalle verursacht wurde. Noch billiger ist die Bereitung durch Sublimation, indem das neutrale Bleipräcipitat mit Wasser angerührt, zersetzt, zur Krystallisation abgedampft, die unreinen Krystalle getrennt und getrocknet und wie Ben- zoesäure sublimirt werden. Das Weitere hierüber bei Palicureasäure. Der durch dreibasisches Bleiacetat hervorgebrachte Niederschlag wurde auf gleiche Weise behandelt, wie das vorhergehende Präcipitat und erhielt ich von der alko- holischen Lösung noch 4,380 Grm. eines Kalisalzes, fer- ner 0,680 Grm. eines gelben Farbestoffes, welcher nur in Alkalien löslich war. Aus dem in Alkohol unlöslichen Palicourea Marcgravii St. HU., Mattenkraut. 99 Theile wurden 19,650 Grm. Gerbsäure, 15,940 Grm. Dex- trin und 5,436 Grm. Kalksalz ausgeschieden. Die Gerbsäure wurde gereinigt, indem die zur Syrups- consistenz abgedampfte Flüssigkeit mit Alkohol von 0,813 wiederholt geschüttelt, die alkoholische Lösung destillirt, der Rückstand in Wasser gelöst, nochmals mit Bleiacetat behandelt, zersetzt, zur Syrupsconsistenz abgedampft, mit Alkohol gelöst^ destillirt und über Chlorcalcium getrock- net wurde. Palicureagerbsäure bildet ein gelbliches Pul- ver, stark hygroskopisch; in Wasser und Alkohol leicht löslich, in Aether unlöslich. Die wässerige Lösung rea- girt sauer und verhält sich gegen Reagentien wie folgt: Mit Ammoniak bräunt sich die Lösung an der Luft, fast grünlich scheinend; mit Barytwasser wird der grüne Schein stärker entwickelt, mit Eisenchlorid entsteht dun- kelgrüne Färbung, mit salpetersaurem Silberoxyd fallt sogleich jeder Tropfen der Silberlösung mit grünlich- schwarzer Farbe zu Boden ; Leimlösung bewirkt starke Fällung ; schwefelsaures Chinin wird in hellgelben Flocken gefällt. Brechweinstein und Kalkwasser geben keine Reaction. Die Säure ist in vieler Hinsicht identisch mit der Kaffeegerbsäure. Palicureasäure. Dieselbe wird dargestellt, wie schon vorher bemerkt; doch erhält man sie durch Sub- limation am reinsten; sie bildet dann sternförmig grup- pirte, blendend weisse Krystallnadeln ; sie ist geruchlos, von stark saurem Geschmack und verflüchtigt sich natür- lich vollständig durch Erhitzung. In kaltem und siedendem Wasser ist sie unlöslich, in absolutem Alkohol löslich, in Aether schwer löslich, in ammoniakalischem Wasser leicht löslich und liefert durch Verdunstung glänzende Krystall- schuppen; aus kohlensauren Salzen wird die Kohlensäure unter starkem Aufbrausen entbunden. Das Natronsalz bildet feine Krystallplatten in Wasser und Alkohol lös- lich. Salpetersaures Silberoxyd verursacht in der Säure- lösung ein weisses Präcipitat, welches sich in Ammoniak 100 Peckolt, löst; Eisenchlorid ein dunkel-zimmtfarbenes Präcipitat, in Säuren löslich und später ein weisses Präcipitat ausschei- dend. Das Kalksalz bildet prismatische glänzende Krj- stalle, welche in heissem Wasser und Alkohol löslich sind. Durch Säuren wird die Palicureasäure nicht aus der Lösung gefällt, so dass man sie wie die Benzoesäure erhalten könnte. Der Harzrückstand B. betrug 11 Grm. und bestand aus 4 Grm. Chlorophyll, welches als schöner grüner Farb- stoff benutzt werden könnte, und 7 Grm. Harz. 100 Grm. des von den verschiedenen Analysen ge- sammelten Harzes bestanden aus 19,047 Grm. a-Harz und 80,953 Grm. ß-Harz. a-Harz ist ein Weichharz von der Consistenz eines dickflüssigen Oeles, von dun- kelgrüner Farbe, Zeug und Haut färbend und sehr fest haftend, reagirt neutral ; erhitzt verbrennt es mit starker Flamme und schwach theerartigem Geruch zu einem sehr geringen Kohlenrückstand. Es löst sich in Alkalien sehr schwer, doch in concentrirter Ammoniakflüssigkeit sehr leicht, eine grüne Lösung gebend und wird durch Säu- ren als dunkelgrünes Fluidum wieder ausgeschieden. In Aether, Chloroform und Alkohol von 0,867 an ist es löslich, letztere Lösung ist schön grasgrün. Mit Wasser wird kein Hydrat aus der Lösung abgeschieden, bleibt suspendirt und bildet eine grünliche Flüssigkeit; Eisen- chlorid hinzugefügt, verursacht keine Farbenveränderung, doch gelatinirt die Lösung nach einiger Zeit. Bleiacetat und Kupferacetat verursachen Präcipitate. Ammoniak zur Spirituosen Lösung hinzugefügt, macht dieselbe ein wenig dickflüssiger. Dieses Harz hat sehr viel Annähern- des mit den ätherischen Harzen der Kaffeeblätter. Das ß - Harz ist dunkelbraun, zähe^ in warmem Was- ser erweichend und klebend; erhitzt verbrennt es mit schwacher Flamme und unangenehmem Geruch zu einer compacten Kohle. In Alkalien ist es leicht löslich und wird durch Säuren in hellgelben Flocken gefällt. In gewöhnlichem Spiritus ist es schon löslich, die Lösung Palicourea Marcgravii St. Hil.j Rattenkraut. 101 reagirt sauer. In Aether und Chloroform ist es unlös- lich. Die spirituöse Lösung scheidet durch Wasser nach längerer Zeit ein gelbes Hydrat ab. Mit Bleiacetat ent- steht gelbes und mit Kupferacetat grünes Präcipitat. Ammoniak verursacht ein schwaches Gelatiniren der Lösung. Eisenchlorid giebt keine Reaction, Silbemitrat krystallähnliche Fällung. Trocknes Kraut von Palicurea Marcgravii wurde mit Säuren und ein anderer Theil mit Kalilauge destil- lirt, enthielt aber keine flüchtigen Producte. 1375 Grm. trocknes Kraut mit Spiritus von 0,900^ sp. Gew. digerirt, ausgepresst, destillirt, den Rückstand mit destillirtem Wasser aufgenommen, vom Harz durch Filtration getrennt, mit neutralem Bleiacetat und die vom Präcipitat getrennte Flüssigkeit mit dreibasischem Blei- acetat, die filtrirte Flüssigkeit zersetzt, bis zur Syrups- consistenz abgedampft und der Kälte ausgesetzt, lieferte 12,700 Grm. reine Kry stalle, welche sich als salpeter- saures Kali auswiesen. Die von den Krystallen getrennte Flüssigkeit wurde mit absolutem Alkohol behandelt, die alkoholische Flüssigkeit ergab kein Präcipitat und wurde mit absolutem Aether geschüttelt, die in Aether unlös- lichen Substanzen betrugen 30,700 Grm. und bestanden theilweise aus Glucose und einer in Wasser und Alkohol löslichen braunen Substanz, so wie noch Spuren von Harz; die ätherische Flüssigkeit verdunstet, ergab keine Krystalle, sondern eine tabackartig riechende Substanz; wird aber die ätherische Flüssigkeit unter der Luftpumpe über Chlorcalcium verdunstet, dann erhält man feine sei- denglänzende Kry stallnadeln, welche sich in Wasser, Alkohol und Aether leicht lösen und an Gewicht 0,080 Gramm betrugen. Durch Erhitzen wird diese Substanz vollständig flüchtig und scheint das essigsaure Palicurin zu sein. Curcumapapier wird leicht gebräunt. Mit Pla- tinchlorid behandelt entsteht ein hellgelbes Präcipitat. Das durch neutrales Bleiacetat hervorgebrachte Prä- cipitat zersetzt und zur Syrupsconsistenz abgedampft, lie- 102 Ludwig j ferte keine Krystalle; mit absolutem Alkohol behandelt, blieb 0,248 Grm. Rückstand, Dextrin und palicursaurer Kalk. Die alkoholische Flüssigkeit wiederholt mit Aether behandelt, ergab 0,703 Grm. Rückstand, welcher nur aus Gerbsäure und Spuren von Weinsteinsäure bestand. Die ätherische Flüssigkeit verdunstet, ergab keine Krystalli- sation, sondern 1,200 Grm. eines bräunlichen, sehr un- angenehm schmeckenden Extracts, woraus aber durch Sublimation 0,891 Grm. Palicursäure erhalten wurden. Das durch dreibasisches Bleiacetat hervorgebrachte Prä- cipitat ergab 3,800 Grm. Chlorkalium und noch 0,010 Grammen durch Sublimation erhaltene Palicursäure. Ich halte die Analyse noch für sehr unvollständig; es müssten wenigstens 100 Kilogrm. des frischen Krau- tes in Arbeit genommen werden, um etwas befriedigende Resultate in Betreff der flüchtigen Producte zu erhalten. Doch ist die Erlangung dieser Quantität sehr schwierig und kann auch nicht aus der Feme transportirt werden, da es mir Versuche gezeigt haben, dass die Resultate ganz verschieden sind, ich muss daher auf einen günsti- gen Zeitpunct warten, ob der Wunsch realisirt werden kann. Besser wird es mir noch gelingen, die Säure in grösseren Quantitäten darzustellen, um ihr durch die Elementaranalyse den richtigen Platz anzuweisen. üeber die Darstellung des Hyoscyamins; von Prof. Dr. H. L u d w^ i g in Jena. Nach der umständlichen Methode von P. L. Geiger {siehe dessen Handbuch der Pharmacie, I. Bd. 5. Aufl. neu hearh, v. D. J. Liehig 1843 j S. 1203) erhält man, wie Gei- ger selbst gesteht, öfter nur höchst unbedeutende Aus- beute an Hyoscyamin. Da bei diesem Verfahren das Alkaloid wiederholt und längere Zeit mit Schwefelsäure, Aetzkalk, kohlensaurem Kali, Blutlaugenkohle etc. behan- Darstellung des Hyoscyamins. 103 delt wird, so leidet es keinen Zweifel, dass dabei ein grosser Theil desselben in Folge dieser Behandlung um- gewandelt wird und zum wenigsten seine Krystallisirbar- keit verliert. Ich habe nun durch einen meiner Herren Institutsmitglieder, Stud. pharmac. Friedrich Kemper aus Osnabrück, Versuche anstellen lassen, um nach einer weniger umständlichen Methode Hyoscyamin zu gewin- nen. Zunächst aus dem Bilsenkraute, dann aus dem Bilsensamen. 2 Pfd. trocknes Bilsenkraut wurden mit Wein- geist von 85 Vol.-Proc. ausgezogen, von dem klaren sauer reagirenden Auszuge der Weingeist zu 2^3 abdestillirt, der Rückstand mit Wasser vermischt im Wasserbade bis zur Entfernung des Weingeistes erhitzt, darauf erkalten gelassen und durch ein mit Wasser benetztes Filter filtrirt. In dem klaren Filtrate (welches wenige Unzen betrug) wur- den 10 Grm. Aetzkali, vorher in wenig Wasser gemischt, gegeben, wonach sich alsbald ein starker methylamin- ähnlicher Geruch an dem Gemisch bemerklich machte. Dasselbe wurde mit 60 Grm. Chloroform tüchtig durch- geschüttelt, dieses mittelst des Scheidetrichters entfernt und das Gemisch noch einmal mit 60 Grm. Chloroform ebenso behandelt. Das Chloroform von beiden Auszügen wurde bis auf eine Kleinigkeit im Wasserbade abdestil- lirt und der Rückstand aus der Retorte in eine Porcel- lanschale gegeben. Da derselbe keine Kry stalle lieferte, wurde er mit etwas Salzsäure aufgenommen und der un- gelöst bleibende ölig -harzige Rückstand nochmals mit etwas Salzsäure ausgezogen. Das Filtrat wurde mit über- schüssigem Aetzkali und Chloroform behandelt, um das reine Alkaloid in letzterem aufzunehmen. Das getrennte alkaloidhaltige Chloroform wurde mit verdünnter Salz- säure geschüttelt, um demselben das Alkaloid zu entzie- hen und die vom Chloroform geschiedene salzsaure Lö- sung im Wasserbade concentrirt. Der erhaltene syrup- artige Rückstand schied keine Krystalle aus. Mit Was- ser aufgenommen gab derselbe Fällungen mit Platin- 104 Ludtoigj Chlorid (flockigen Niederschlag), Goldchlorid (starken zähen Niederschlag) und Jodwasser (nach längerm Ste- hen dunkle Fällung). Dieser Syrup wurde abermals mit Kalilauge und Chloroform geschüttelt; das getrennte alkaloidh altige Chlo- roform hinterliess beim Verdunsten einen zähen Rück- stand, der ungemein brennend und hintennach bitter schmeckte. Dieser wurde mit Aether extrahirt, worin er sich nur theilweise löste; das darin Unlösliche wurde in Chloroform aufgenommen. Beide Lösungen wurden getrennt von einander bei Handwärme verdunstet. Der Rückstand der Aetherlösung bildete hell- braune Tröpfchen von stechendem und bitterem Ge- schmack und nicotinartigem Geruch. Die wässerige Lö- sung bläuete geröthetes Lackmuspapier und gab mit CluC13, HyCl, Gerbsäure, Pikrinsalpetersäure und Jod- wasser starke Niederschläge. Der Rückstand der Chloroformlösung hatte keinen Geruch, schmeckte viel bitterer als das vorige Alkaloid, gab aber ähnliche Fällungen wie diese. Weitere Versuche anzustellen verhinderte die geringe Menge des erhaltenen Alkaloids. Die von der Gewinnung der genannten Alkaloide herrührende alkalische Flüssigkeit, welche mit Chloro- form ausgeschüttelt worden war, wurde abdestillirt, das Destillat mit Salzsäure angesäuert und im Wasserbade eingedampft. Es hinterblieb ein nach Methylamin rie- chender Salzrückstand. Dieser wurde mit absolutem Alkohol ausgezogen und aus der durch das Eindampfen des Auszuges erhaltenen rückständigen Flüssigkeit durch Platinchlorid die darin enthaltenen flüchtigen Basen ge- fallt. Der gut getrocknete gelbe Niederschlag wog 0,257 Grammen und hinterliess 0,109 Grm. metallisches Platin beim Glühen = 42,41 Proc. Platin. Das salzsaure Me- thylaminplatinchlorid C2H3,H2N, HCl + PtC12 verlangt 41,7 Proc. Platin, (während Platinsalmiak H^NCl, PtCP 44,3 Proc. Pt liefert). Darstellung des Hyoscyamins. 105 Da das Bilsenkraut kein krystallisirendes Hyoscya- min gegeben hatte, so wurde ein Versuch mit Bilsen- samen angestellt. 2 Pfund Sem. Hyoscyami wurden mit 85proc. Wein- geist ausgezogen und von dem Auszuge etwa ^^4 des Weingeistes abdestillirt. Der sauer reagirende Retorten- inhalt, welcher sich in zwei Schichten getheilt hatte, wurde dann in einem Glase 4 mal nach einander mit destillirtem Wasser längere Zeit geschüttelt und jedesmal die in der Kühe sich trennende wässerige Schicht von der ölig-harzigen Schicht getrennt. Die wässerigen Aus- züge wurden auf etwa 4 Unzen eingedampft, durch ein mit Wasser benetztes Filter filtrirt, das Filtrat mit con- centrirter Kalilauge (aus 10 Grm. Aetzkali bereitet) ver- mischt und 3 mal nach einander mit Chloroform tüchtig ausgeschüttelt. Nach dem Trennen wurde das alkaloid- haltige Chloroform im Wasserbade bis auf einen kleinen Rückstand abdestillirt, welcher dann in ein Porcellan- schälchen gegossen und bei der Wärme der Hand völlig verdunstet wurde. Es blieb ein nur schwach gelbgefärb- tes, stark nach Taback riechendes Alkaloid zurück, an Gewicht 0,7 Grm. betragend. Eine wässerige Lösung desselben gab mit Gerbsäure einen starken, flockigen Niederschlag, mit Goldchlorid eine gelblich -weisse Fäl- lung, mit Jodwasser eine kermesrothe und mit Queck- silbersublimat einen weissen Niederschlag. Durch Pla- tinchlorid trat keine Veränderung ein. Das Alkaloid hatte einen sehr scharfen und bitteren Geschmack. Es wurde in salzsäurehaltigem Wasser gelöst und nach dem Verdampfen zur Consistenz eines Syrups dieser der Ruhe überlassen; dabei konnte keine Krystallisation bemerkt werden. Eine Probe des salzsauren Salzes zu molybdän- saurem Ammoniak, welches zwar mit etwas HCl ange- säuert war, gegeben, erzeugte einen dicken weissen Nie- derschlag. Auch durch Aetzkalilauge wurde die concen- trirte salzsaure Lösung des Alkaloids gefällt. Die noch übrige Lösung wurde mit concentrirter 106 Ludwig j Darstellung des Hyoscyamins. Aetzkalilauge versetzt und dann mehre Male nach ein- ander mit neuem Chloroform ausgeschüttelt. Das Chlo- roform hinterliess beim Verdunsten das Alkaloid, welches jedoch immer noch keine Krystalle geben wollte, sondern als zähe, wachsartige (beinahe farblose Masse) hinterblieb. Eine Probe derselben zeigte sich unzersetzt destil- lirbar und das Destillat zeigte dieselben Reactionen wie vorher. Das Alkaloid wurde jetzt in Benzol gelöst und die Lösung unter einer Glasglocke der langsamen Ver- dunstung überlassen. Schon nach 12 Stunden hatten sich schöne weisse Kr y stallnadeln von Hyoscyamin gebil- det, deren Lösung alle von Geiger angegebenen che- mischen Reactionen dieser Basis zeigte. Auch die stark pupillenerweiternden Eigenschaften konnten an diesem Hyoscyamin beobachtet werden und hatte Herr Professor Czermack hier die Güte, dieselben zu constatiren. Aus dem Bilsensamen wurde neben dem Hyoscya- min auch eine beträchtliche Menge fetten Oeles und eines guttigelben stickstoffhaltigen Farbharzes gewonnen. Letzteres wurde mechanisch vom fetten Oele getrennt und mit wässeriger Salzsäure ausgezogen, welche keine Basis daraus aufnahm. Nach gutem Auswaschen mit Wasser bis zur Entfernung aller HCl wurde das Harz in Weingeist gelöst. Nach eintägigem Stehen an einem warmen Orte hatte sich ein Theil dieses Harzes wieder abgeschieden. Der Rest wurde durch Abdunsten der Mutterlauge erhalten. Dieses Harz bildet zerrieben ein Chromgelbes Pulver, das sich in Alkalien zu feurig gelbrother Flüssigkeit löst. Seine alkoholische Lösung reagirt sauer und giebt mit weingeistigen Lösungen von Bleizucker, essigsaurem Kupferoxyd, Silbersalpeter und Sublimat Fällungen. Keine Niederschläge mit PtCP imd Gerbsäure. Mit HO, SO^ angerieben, änderte das Harz seine Farbe nicht; auf Zusatz vonNO^ zum schwe- felsauren Gemisch trat starkes Schäumen und rothbraune Färbung ein. In Aether löst sich dieses Farbharz völlig auf. Eine Stickstoffbestimmung durchGlühen von 0,5 Grm. Director Fr. Lampe' s Kräuter -Elixir. 107 gelbem Hyoscyamusharz mit Natronkalk gab 0,273 Grm. Platinsalmiak (= 3,42 Proc. Stickstoflf) und daraus 0,123 Grammen Platin (= 3,48 Proc. Stickstofif)- Das basische gelbe Berberin hat 4,18 Proc. Stick- stoflf. Ausser der Farbe hat letzteres nichts als diesen geringen Stickstoflfgehalt mit unserem gelben Hyoscyamus- harz gemein. Diese Versuche wurden im Wintersemester 1865^55 angestellt. Director Fr. Lampe's Kräuter -Elizir. Dieses angeblich erprobte und anerkannt sichere Mittel gegen Krampfzustände jeder Art, insbesondere Magenbeschwerden, Indigestion, Magenkrampf, Cholera- Anfälle, Diarrhöe, Koliken, Brechruhr, Schwindel, Blä- hungen, Vapeurs, Kopfschmerzen, Asthma, Rheumatismus, Epilepsie u. s. w. dürfte eine Art von Boonecamp of Maag- hitter und nach folgender Vorschrift anzufertigen sein. (Inhalt der Flasche circa 15 Unzen, Preis 20 Sgr.) Rec. Fruct. Aurant. immaturi conc. §ß Rad. Calami conc. 3j gr-xv Rad. Gentianae rubr. conc. Cort. Cascarillae conc. ana 3j Rad. Curcumae conc. 3ß Rad. Rhei conc. gr. xv Sacch. tost. ^ ß vel q. s. Spir. Vini rectificatissimi §jjß Aquae fontis § vß. Digere per tres dies in vase clauso, saepe agitando, tum exprime et filtra. Sit coloris subflavo fusci, pond. specif. 0,750 — 0,800. H. Ihlo. 108 II. Matiirg^eschichte und Pharma- kognoisie. Ueber Semina Wrightiae antidysentericae, ein nenes NarGOticum ""). Ein Beitrag zur Pharmakodynamik der Apocyneen, von Privatdocent Dr. Theodor Husemann in Göttingen. Der Liberalität der Herren Gehe und Co. in Dres- den verdanke ich das Material zu einer toxikologischen Versuchsreihe mit einem aus Ostindien über England eingeführten^ als Semina Indageer bezeichneten und von Wrightia antidysenterica R. Br. (Nerium antidysentericum L.) abgeleiteten Samen **). Es ist derselbe identisch mit dem von Dr. Flückiger in Bern mikroskopisch unter- suchten und in der Schweizer. Wochenschrift für Phar- macie (1865, No. 25) ausführlich beschriebenen, aus der- selben Quelle stammenden Samen und wahrscheinlich auch mit demjenigen, aus welchem J. Stenhouse {Pharm. Journ. and Transact. IL Se7\ Vol. V. No. 10. Fehr. 1864. *) Im Separatabdruck vom Herrn Verfasser eingesandt. **) Die erste Probe des Samens erhielt ich im April d. J. von den Herren Ben gen u. Co. in Hannover mit dem Bemerken, dass derselbe ein dem Strychnin ähnliches Alkaloid enthalten solle. Meine damit angestellten Versuche belehrten mich bald, dass die Wirkung der Samen dem Strychnin nicht entspreche, wohl aber eine genaue toxikologische Untersuchung nöthig mache. Herr Prof. Phoebus in Giessen hatte die Güte, mich darauf aufmerksam zu machen, dass die Samen durch die Herreu Gehe u. Co. in Deutschland eingeführt seien und waren letztere so freundlich, mir zur toxiko- logischen Prüfung eine ansehnliche Quantität zur Disposition zu stellen. über Semina Wrightiae antidysentericae. 109 pag. 493) ein neues Alkaloid, von ihm Wrightin ge- nannt, darstellte. Da die Verhältnisse dieses Alka- loides auch trotz eines späteren Artikels in dem letzt- genannten Journale (Vol. VI. No. 8. Febr. 18G5, p. 432), in welchem R. Haines, Prof. der Materia medica an Grants College in Bombay, die Priorität der Entdeckung sich vindicirt, noch sehr wenig aufgeklärt sind — indem weder Stenhouse noch Haines ihre Alkaloide in krj- stallisirtem Zustande erhielten, auch Haines das sei- nige nicht aus dem Samen, sondern aus der Rinde von Wrightia antidysenterica gewann, endlich die Löslich- keitsverhältnisse in beiden Angaben nicht völlig überein- stimmen *) — so müssen wir bedauern, dass unser Mate- *) üeber die Darstellung des Alkaloids, für welches wir im Einklänge mit Herrn Dr. Flückiger den Namen Conessin, wel- chen Haines vorschlägt, adoptiren möchten, da Wrightin für nicht britische Augen, Ohren und Zungen in gleicher Weise beleidigend scheint, bemerkt J. Stenhouse: Die Samen enthalten viel Fett und sind daher schwer zu zerkleinern. (Soll wohl richtiger heissen: zu stossen; ich habe sie immer mittelst einer Kaflfeemühle ohne Mühe zu sehr feinem Pulver verarbeitet. H.) Sie wurden gestos- sen und in einem Verdrängungsapparate mittelst Schwefelkohlen- stoflF von dem fetten Oele befreit, letzterer verjagt und der Rück- stand mit Weingeist ausgekocht. Das nach dem Verdunsten des Weingeistes erhaltene Extract gab mit verdünnter Salzsäure eine klare Lösung, worin bei gehöriger Concentration unter dunkel- grüner Färbung durch Ammoniak und kohlensaures Natron ein flockiger Niederschlag entstand. Mit Natronkalk verbrannt, giebt dieser alkalische Dämpfe und ein kaiisches Oel aus, welches beim Erkalten erstarrt. Der Niederschlag, das Alkaloid, ist in Aether und Schwefelkohlenstoff unlöslich, in Wasser und kochendem Weingeist löslich; krystallisirt konnte es nicht erhalten werden. Die Lösungen desselben in Säuren geben nur harzartige Salze, welche, wie die Base einen ausserordentlich an- haltenden bittern Geschmack haben. Tannin fällt essigsaures, nicht aber salzsaures Conessin. Starke Salpetersäure oxydirt das Alka- loid zu Oxalsäure ohne Bildung von Pikrinsäure. Platinchlorid und Goldchlorid erzeugen in salzsaurem Conessin gelbe, unkrystal- linische, Sublimat reichliche weisse flockige Fällung. — Haines gebührt die Priorität der Entdeckung eines in Wrightia enthalte- nen Alkaloids ohne Zweifel. Er theilte schon im October 1858 in 110 HusemanUf rial zur Darstellung genügender Mengen des Alkaloids nicht ausreichend erachtet werden konnte und dass un- sere Untersuchung sich auf die toxikologische Unter- suchung der Samen selbst und daraus dargestellter Ex- tracte beschränken musste. den Verhandlungen der physikalisch-medicinischen Gesellschaft die Entdeckung eines neuen Alkaloids aus der Inda-Rinde der Bazare (Rinde von Wrightia antidysenterica) mit, welches er damals Ne- re'in nannte, jetzt mit dem Namen Conessin belegt. Er beschreibt die Base als unkrystalUsirbar, sehr scharf bitter schmeckend, lös- lich in Alkohol, Aether und Chloroform, nicht in Was- ser. Es soll nur zu etwa 1 per Mille in der Rinde vorhanden sein und vermuthet Haines, dass die Saipen mehr davon enthalten. Zur Darstellung desselben wurde die Rinde grob ge- pulvert, mit sehr verdünnter Salzsäure ausgezogen, das Filtrat mit Ammoniak gefällt und der Niederschlag mit Weingeist erschöpft, nach Verdampfen des letzteren der syrupartige Rückstand aus Blei- zucker und etwas Ammoniak zur Trockne verdampft und mit Aether behandelt. Die ätherische Lösung gab einen braungelben harz- artigen, durchaus unkrystallisirbaren Rückstand von äusserst bitte- rem und kratzendem Geschmack. Er erweicht bei 71^ C, schmilzt unter 100^ und zersetzt sich in höherer Temperatur. Die salzsaure Lösung des Conessins giebt mit Platinchlorid einen flockig gelben, nicht krystallisirenden Niederschlag, worin Haines 24,06 — 25,06 Platin fand. Die Elementaranalyse führte Haines zu der vorläu- figen Formel C24H22NO. — Ueber weitere chemische Verhältnisse der Sem. Indageer sind die mikrochemischen Mittheilungen von Flückiger a. o. a. 0. noch von Belang. Nach Flückiger besteht die Samenhaut aus einer äusseren Schicht sackartiger, radial sehr lockerer bräunlicher Zellen mit dünnen gestreiften Wänden und spärlich körnig wolkigem Inhalt und aus einer inneren, aus klein- zelligem, zartem, tangential gestrecktem Gewebe ohne Inhalt ge- bauten Schicht. Der Hauptinhalt der äusseren Schichtzellen sind grosse, ausgezeichnet schön ausgebildete Kalkoxalat-Krystalle des monoklinischen Systems, welche in grosser Menge abgelagert sind und leicht isolirt werden können. Ausserdem zeigt die auf Zusatz von Eisenlösung eintretende Schwärzung das Vorhandensein von Gerbsäure an. Jod scheint da und dort ein A myl um- körn che n anzudeuten. Das dickwandige Parenchym des Ei weis- ses strotzt von Oel tropfen. Der Embryo enthält ziemlich zahl- zeiche Krystalldrusen, nicht einzelne Krystalle, von Kalkoxalat. Jod färbt den Inhalt des Samengewebes nur braun, Eisenlösung bewirkt einen sehr schwachen grünlichen Ton. über Semina Wrightiae antidysentericae. 111 Der Name Indageer ist zweifelsohne corrumpirt aus dem Hindostanischen Worte Inderjow oder Indurjuo *), mit welchen nach Dan. Hanbury und O'Shangnessy die arabisch lissan al asafir (Vogelzunge) genannten Wrightia-Samen belegt werden (Mittheilungen von Han- bury an Stenhouse a.o.a.O.; O'Shangnessy im Ben- gal Dispensatory [Calcutta 1841] p. 446). Ausser den Samen von Wrightia antidysenterica wer- den übrigens nach O'Shangnessy auch noch diejeni- gen anderer Apocyneen als Indurjuo bezeichnet und macht man in Indien einen Unterschied zwischen Indur- juo shereen {sherin) = milde, den Samen der Wrightia, und Indurjuo tulkk = bittere, den Samen von Holarrhena puhescens Donavan {Echites pubescens Bush.) und H. dys- enterica {Echites antidysentericus Roth). Die auffallende Bitterkeit unserer Samen könnte zu der Ansicht leiten, dass wir es mit den letzteren zu thun hätten; indessen wird auch von O'Shangnessy selbst hervorgehoben, dass die Wrightia-Samen einen intensiv bitteren Geschmack besitzen und die von J. Stenhouse untersuchten, inten- siv bitteren Samen sind von einem der besten Kenner ostasiatischer Droguen, von Hanbury, als von der Wrightia herrührend, bestimmt worden. Es ist daher auf das Hindostanische Beiwort kein besonderes Gewicht zu legen. Ich habe im Anfange meiner Untersuchung vor Allem deshalb an der Identität meiner Samen mit denen von Wr. antidysenterica Zweifel gehabt, weil alle Bota- niker der Gattung Wrightia einen schöpf igen Samen beilegen und meine Semina Indurjuo nicht die Spur von einem Schöpfe darbieten. Dieser Mangel würde aber auch in gleicher Weise die Gattung Echites als Mutter- pflanze ausschliessen. Es ist aber das angeführte Moment *) Inder joiü soll nach Prof. Sprenger in Bern, zufolge F lü- ckig er's Mittheilung, Gerste des Gottes Indra bedeuten. Der Name Vogelzunge kennzeichnet sehr gut die eigenthümliche Farbe des Samens, wie auch Flückiger hervorhebt. 112 Husemann, wohl nur von sehr untergeordneter Bedeutung, da unsere Semina Indurjuo auflPallend frei von fremden Beimengun- gen sind, was sich nur dadurch erklären lässt, dass die- selben wiederholten Reinigungsprocessen durch Sieben u. s. w. unterworfen wurden, wobei der leichtere Schopf natürlich auf und davon ging. Ich hatte gehofft, die Frage durch Aussäen zu entscheiden; indessen sind die Anfangs Mai im hiesigen botanischen Garten ausgesäeten Samen bis heute (Anf. August) nicht aufgegangen. Ich halte mich indessen aus folgenden Gründen für berech- tigt, die von mir experimentell geprüften Samen als von Wrightia antidysenterica abstammend zu bezeichnen: 1) Die Samen*) gleichen an Form und Farbe voll- ständig denen anderer Angehörigen der Gattung Wrightia^ namentlich der von Wight abgebildeten Wr. coccinea Don. und Wr. tomentosa Rom. et Schulte (R. Wight, Icon. plantar. Ind. oriental. Vol. IL 443. 444. Madras 1843; weniger dem nach Wight's Abbildungen viel kleineren Samen von Wrightia tinctoria. Ich habe die Farbe na- mentlich auch an unreifen Samen der Wrightia tomen- tosa von einem im Herbarium des Herrn Hofrath Gr le- se b ach befindlichen Exemplare ganz gleich gefunden **). *) Flückiger (a. o. a. 0.) nennt die Form der Samen mit Recht charakteristisch und die arabische Vergleichung mit einer Vogelzunge höchst treffend. Ich gebe hier seine auf Form und Farbe bezüglichen Angaben, denen ich Nichts hinzuzufügen habe, wieder: Sie sind länglich -lanzettlich, 10 — 15 Millimeter lang, bis 4 Mm. breit, auf der einen Seite gewölbt, auf der andern flach, oder rinnenförmig, mit abgerundetem, etwas zugeschärftem Rande. Gegen die abgerundete und geschöpfte Spitze hin sind sie meissel- artig geschärft. Meist sind die Samen etwas gedreht oder rück- wärts gekrümmt, am Nabel etwas dunkler und abgestutzt. Die Farbe und Beschaffenheit der Oberfläche erinnert ganz an die Samenhaut der Mandeln, doch ist sie bisweilen mehr graulich als braun. **) Flückiger hat die Beschaffenheit des Embryo genau foL gendermassen beschrieben: Der Querschnitt zeigt unter der dün- nen lederigen Samenhaut einen höchst eigenthümlich gefalteten, von einer schmalen Eiweisszone umschlossenen geraden Embryo. über Semina Wrightiae antidysentericae. 113 2) Die Beschaflfenheit des Embryo ist dieselbe, wie sie Wight als der unter dem Namen Wrighiieae zusam- mengefassten Apocyneen - Tribus zukommend beschreibt und von Wrightia molissima Wallich abbildet, entspricht dagegen in keiner Weise der von demselben Schriftstel- ler für die Tribus der Echiteae, zu welchen Holarrhena gehört, beschriebenen und nach Anadendron Candolianum abgebildeten. Bei den Wrightieen ist der Embryo eigen- thümlich gefaltet; bei den Echiteen ist von einer solchen Faltung nicht die Spur vorhanden (R. Wight, lUustra- tions of Indian Botany etc. Vol. II. Plates 154 and 154 b. p. 163, Madras 1850). Der von Flückiger gegebenen Beschreibung der Semina Wrightiae antidysentericae habe ich nur folgende Gewichtsbestimmungen hinzuzufügen: Die grössten Sa- men wiegen durchschnittlich 0,03 — 0,04 Grm. Das Ge- wicht der kleineren, übrigens vollkommen entwickelten Samen schwankt zwischen 0,008 — 0,02 Grm. Die grös- seren Samen bilden übrigens in dem von mir zur Unter- suchung benutzten Material den überwiegenden Theil. Ueber die Wirkung der fraglichen Samen ist so gut wie gar nichts bekannt. Nach O'Shangnessy gelten sie in Ostindien als wurmtreibend. Gemäss den Mitthei- Seine Blättchen sind nämlich der Länge nach in jeder Blatthälfte doppelt zickzackmässig gefaltet, so dass das eine Blatt das andere auf das Genaueste umschliesst, wodurch die rinnenförmige Gestalt des Samens entsteht. Nach dem Aufweichen lässt sich der Embryo leicht unversehrt aus seiner Umhüllung herausziehen; in der herz- förmigen Basis der Cotyledonen erscheint dann das dicke, gerade, 3 Mm. lange Würzelchen. Von der Richtigkeit dieser Angaben hatte ich mit Herrn Assessor Dr. Lantzius-Beninga mich zu überzeugen Gelegenheit. — Es würde dies die Identität der von Flückiger und mir untersuchten Samen erweisen, selbst wenn die Bezugsquelle beider nicht ausdrücklich als dieselbe bezeichnet werden könnte. — Mich durch Durchschnitte von frischen Samen anderer Wrightia-Arten von der Analogie meiner Semina Idurjuo zu überzeugen, war ich bisher nicht im Stande, da meine Bemü- hungen, mir in specie die Samen von Wrightia tinctoria zu ver- schaffen, ohne Erfolg geblieben sind. Arch. d. Pharm. CLXXVII.Bds. 1. u. 2.Hft. 3 114 Husemanrij lungen von J. Stenhouse sollen die Samen nach An- gabe von Hanbury in gleicher Weise benutzt werden, wie die Rinde, welche den Namen Codago pala oder Conessi-Rinde führt. Diese im verflossenen Jahrhundert auch in den europäischen Arzneischatz übergegangene Rinde *) dient besonders gegen Dysenterie und Diarrhöen überhaupt, weshalb sie auch den Namen Cortex proßuvii führt ; ferner gegen Flatulenz, Verdauungsbeschwerden und hilious affections. Eine Abkochung der Samen in Milch wird in Indien gegen Hämorrhoidalbeschwerden gebraucht. Hanbury verweist für diese Angaben auch auf eine mir unbekannt gebliebene Arbeit von Waring in Tra- *) Auf die Conessi-Rinde mag ich mich hier nicht weiter ein- lassen, da sie bereits der Geschichte anheimgefallen ist. Ich habe dieselbe niemals gesehen und konnte sie auch trotz vieler Bemü- hungen nicht erhalten ; sie fehlt u. A. auch in der ausgezeichneten Sammlung des Herrn Med.-Raths Wiggers. Die wenigen kleinen Kindenstückchen, welche als Verunreinigung zwischen den von mir benutzten Semina Wrightiae antidysentericae sich fanden, hatten einen viel weniger energischen bitteren Geschmack, als die zer- kauten Samen, deren Samenhaut übrigens, wie auch Flückiger richtig bemerkt, der Bitterkeit ermangelt. Hervorheben muss ich nur, dass auch die Abstammung der Conessi-Rinde von Wrightia antidysenierica Zweifeln unterliegt. Was Rheede im Hortus Ma- labaricus 47. als Stammpflanze der Codago Pala abbildet, und zwar unter der Bezeichnung Nerium antidysentericum L.^ ist nicht die Wrightia antidysenierica, sondern die oben schon genannte Halor- rhena antidysenierica (vollständig übereinstimmend mit einem Exem- plare von Hrn. Hofr. Grisebach's Herbarium), von der zum Theil die Indiirjuo iulkh abstammen. Einzelne Autoren, wir Di erb ach, Kosteletzky, nehmen geradezu an, dass nicht Wr. antidysen- ierica die Conessi-Rinde liefere; dies ist nun nach O 'S hang - nessy's und Hanbury 's Angaben ganz gewiss eine irrthümliche Annahme und die darauf bezüglichen Angaben Hamilton 's in dessen Commentar zum Hortus malaharicus, welche Di erb ach in Geig er 's Magazin für Pharmacie 1829, Bd. 27. p. 36 — 38 mitge- theilt hat, drücken sich in dieser Richtung nur sehr unbestimmt und schwankend aus. Immerhin ist es aber möglich, dass früher und auch jetzt noch die Rinde verschiedener Apocyneen, beson- ders auch von Halorrhena- Arten, als Conessi-Rinde verkauft wurde und wird. über Semina Wrightiae antidysentericde. 115 vancore {Principal indigenoiis Tonics of Indid). Wenn die Samen bei den genannten Affectionen jemals Hülfe geleistet haben, so dürfte dies bei den Dysenterien in Folge ihres (von Flückiger mikrochemisch nachgewie- senen) Gerbstoffgehaltes, bei den Verdauungsbeschwerden in Folge des in ihnen enthaltenen bitteren Conessin, bei den Hämorrhoidalbeschwerden vielleicht auch in Folge ihres Gehaltes an fettem Oele geschehen sein *). Dass die Samen von Wrightia antidysenterica giftige Eigenschaften besitzen, ist bisher unbekannt geblieben **). Meine dies beweisenden Versuche haben sich auf Frösche, Kröten, Tauben und Kaninchen erstreckt. Ich experimen- tirte sowohl mit den Samen selbst, als mit verschiedenen *) Von O'Shangnessy wird die Rinde ausserdem alsFebrifu- gum bezeichnet. Lind (Diseases in hot climates^ p.308) nennt als ein vortreflFliches Mittel wider hartnäckige Intermittentes den Cor- tex Tellicherry, welche Bezeichnung nach Brocklesby auch für die Conessi-Seca oder Conessi - Rinde gebraucht werden soll. Bei Rosenthal findet sich noch angegeben, dass die Wurzel von Wrightia antidysenterica in Abkochung bei Gicht, die Wurzelrinde bei Angina angewendet werde. Es ist zu bedauern, dass in der so überaus fleissigen Synopsis plantarum diaphoricarum (Erlangen, 1862) leider die Angabe der Quellen fehlt, aus welchen ihr Ver- fasser schöpfte. Von anderen Wrightien scheint übrigens ähnlicher Gebrauch gemacht zu werden, wie von den Theilen der Wr. anti- dysenterica; so von Wr. tomentosa und Wr. tinctoria; hinsichtlich letzterer, die als Indigopflanze bekannt ist, fehlt bei Rosenthal die Verwendung der gekauten Blätter wider Zahnweh, nach R. Wight (Illustract. etc., p. 162) in Mogalore gebräuchlich. Die beste Form der Darreichung der Conessi -Rinde soll übrigens nach O'Shangnessy ein Infusum von §vjjj (e§ß), davon 3mal täglich §j, sein. **) Auch die toxischen Eigenschaften der Conessi -Rinde sind von den meisten Autoren übersehen worden. Von Monro u. A. ist sie als tonisch adstringirendes Mittel gerühmt. Nur Brocklesby (Observations on camp diseases, p. 194)^ hat, wie sich bei Murray, (Appar. medic. Vol. 7., p. 543) findet, ihr narkotische Eigen- schaften zugeschrieben, weil die Gabe von 2 Drachmen innerhalb 24 Stunden verbraucht, bei einem Patienten Spasmus cynicus bewirkte. Brocklesby will, beiläufig be- merkt, von Cort. Conessi keine wesentlichen Erfolge bei Dysenterie 8* 116 Husemann, Extracten. Hauptsächlich machte ich von einem alko- holischen Extracte Gebrauch. Dies war von dun- kelbrauner Farbe, eigenthümlich narkotischem Gerüche, und intensiv bitterem Geschmacke, fast fest, im Wasser nur zum Theil mit trüber Farbe löslich. Ein Theil der zerkleinerten Samen lieferte etwa '/y — i/g seines Gewich- tes an alkoholischem Extract. Ferner wurde ein wässe- riges Extract benutzt, das mehr hellbraune Farbe hatte und nicht so intensiv auf Geruchs- und Geschmacksorgane reagirte; die Samen lieferten etwas geringere Ausbeute dieses Extracts. Endlich experimentirte ich noch mit einer Art ätherischem Extract, indem zur Entfernung des fetten Oeles Aether mehrere Tage auf einer Partie ße- mina Wrightiae stehen gelassen wurde, wodurch ein gel- bes, kaum bitteres, dem Oleum Ricini an Geschmack nahestehendes, ölartiges Liquidum erhalten wurde. A* Versuche und Yersuehsergebnisse '^). Versuche an Fröschen. a. Versuche mit alkoholischem Extract. Aus den Experimenten mit alkoholischem Extracte der Semina Wrightiae antidys. ergiebt sich, dass 0,3 bis 0,5 Grm. bei subcutaner Application Frösche tödten, wäh- rend 0,25 Grm. und weniger zwar stark vergiftend, aber bei geeigneter Behandlung der Thiere nicht lethal wir- ken und Dosen von 0,04 Grm. nur geringe Trägheit des Thieres bewirken. Bei innerlicher Application überstehen die Thiere auch 0,3 Grm. alkoholischen Extracts bei pas- sender Behandlung, während bei unzeitigem Hineinsetzen bemerkt haben und trotz der Empfehlung Monro's u. A. konnte die Rinde sich nur sehr kurze Zeit als Medicament in England halten, ist aber auf dem Europäischen Continent wohl kaum jemals angewandt worden. *) Die specielle Mittheilung aller angestellten, sehr zahlreichen Versuche ist unterlassen worden, weil unsere Leser mehr das Re- sultat interessiren dürfte. D. R. über Semina Wrightiae antidysentericae, 117 ins Wasser Thiere auch nach innerlich applicirten 0,2 Grm. schliesslich zu Grunde gehen können. Bei beiderlei Art der Application sind die Vergif- tungserscheinungen stets die nämlichen. Es giebt sich niemals Unruhe, sondern stets, meist nach Verlauf von 10 Minuten Trägheit der Bewegungen kund. Nach 25 bis 30 Minuten kommt es, manchmal ganz plötzlich nach einem durch Reizung hervorgerufenen Sprunge, zur voll- ständigen Bewegungslosigkeit des Thieres; bei kleineren Dosen nimmt man manchmal zuerst eine zur Paralyse sich steigernde Parese der hinteren Extremitäten wahr und schreitet die Lähmung dann nach vom fort. Die Reflexerregbarkeit bleibt dann noch einige Zeit (3 — 10 Minuten und selbst länger) bestehen; meist werden zuerst von den hinteren Extremitäten aus keine Reflexzuckun- gen mehr erregt. Am längsten scheint die Cornea sen- sibel zu bleiben. Die Respiration bleibt manchmal an- fangs regelmässig, wird aber meist bald irregulär, erst langsam, selbst intermittirend, dann wieder beschleunigt. Das Herz pulsirt stets weiter und überdauern seine Con- tractionen den Tod des Thieres, durch Steifigkeit der Muskeln charakterisirt, noch mehrere Stunden. Vom Schwächerwerden der Respiration abgesehen, gehen be- sondere Erscheinungen dem Tode nicht mehr voran. In Erholungsfällen beobachtet man zunächst Wiederkehr der Reflexe; ein allmäliges Fortschreiten der Genesung findet nicht statt, vieiraehr zeigen sich eigenthümliche Rückfälle zu vollständiger Lethargie. Wiederholte Application nicht lethaler Gaben ver- mindern weder, noch steigern sie die Empfänglichkeit für das Gift. In den oben erwähnten Versuchen ist von Sectionen deshalb keine Rede, weil die Ergebnisse derselben ganz ohne Bedeutung sind. Bemerken will ich nur, dass das Blut in der Regel eine mehr dunkle Farbe zeigte; doch kommen auch hellere Nuancen vor. 118 Husemanrif h. Versuche mit wässerigem Extract. Die ausführliche Mittheilung meiner Experimente mit dem wässerigen Extracte der Semina Wmghtiae erscheint mir als nicht zu rechtfertigende Vergeudung von Zeit und Papier, da die Symptomatologie der Vergiftung in keinem einzigen Puncte von derjenigen mit dem alkoholischen Extracte abweicht. Ich bemerke daher nur, dass meine Versuche in ganz gleicher Weise, wie die oben mitgetheil- ten behufs genauer Feststellung der Dosis toxica und le- thalis, ausgeführt worden sind, und constatirte ich in Hin- sicht der Dosenverhältnisse, dass das Extractum aquosum dem Extractum alcoholicum an toxischer Wirksamkeit bei weitem nachsteht. Es überstehen die Frösche Vergif- tungen, welche durch subcutane Application von 0,4 Grm. herbeigeführt wurden, und subcutane Application von 0,1 bis 0,15 Grm. bewirkte nur bei einzelnen ausgesprochene Intoxicationsphänomene, blieb in den meisten Fällen ohne Wirkung. Das Ergebniss dieser Versuche scheint für die An- gabe von Stenhouse, dass das wirksame Princip der Semina Wrightiae in Wasser löslich sei, zu sprechen, insofern wenigstens ein Theil derselben durch Wasser ausgezogen werden kann; indessen geht nur ein sehr klei- ner Theil in das wässerige Extract über und scheint die Löslichkeit derjenigen in Alkohol gegenüber eine geringe zu sein. c. Versuche mit ätherischem Extract Mit dem Ölartigen Liquidum, das durch mehrtägiges Stehenlassen von Aether über Semina Wrightiae erhalten war, habe ich nur die beiden folgenden Forsch versuche augestellt, welche beweisen, dass auch der Aether im Stande ist, den Wrightia- Samen einen Theil ihres wirk- samen Princips zu extrahiren und dass die völlige Unlös- lichkeit desselben in Aether, wie sie Stenhouse im Ge- gensatze zu Haines, der sein Conessin geradezu löslich in Aether fand, behauptet, eine illusorische ist. Aus der über Semina Wrightiae antidysentericae, 119 im Vergleiche zum ätherischen Extracte viel bedeuten- deren Wirksamkeit des alkoholischen ergiebt sich übri- gens, was wohl kaum hervorzuheben nöthig sein dürfte, dass nicht das Oel selbst als Träger der Wirksamkeit angesehen werden kann. Wäre dies der Fall, so müsste das Oel doch mindestens dieselbe Stärke besitzen wie das alkoholische Extract, während nach den Versuchen nur etwa 20 Tropfen einem halben Gramm alkoholischen Extracts entsprechen. Versuche an Kröten {Bufo variahilis). Die Versuche an Kröten beweisen, dass das Gift bei Kröten die nämliche Wirkung äussert wie bei Fröschen. Das Hauptresultat war das Erlöschen der spontanen Be- wegung, welches in dem ersten Falle bei sehr hoher Dosis schon nach 14 Minuten erfolgte und selbst im dritten Falle bei einer für Frösche kaum lethalen Dosis nach 21 Minuten auftrat. Ein Stadium prodromorum war auch bei den Kröten nicht vorhanden; in den beiden ersten Experimenten trat die Bewegungslosigkeit acut auf und nur bei der dritten, mit sehr kleiner Gabe vergifteten, zeigte sich dieselbe als eine allmälige, von den hinteren Extremitäten nach vorn vorrückende. Die Reflexerreg- barkeit überdauerte auch bei den Kröten die spontane Bewegung mehrere Minuten lang. Die Respiration war im Stadium paralyseos unregelmässig; der Herzschlag per- sistirte noch mehrere Stunden^ jedoch nicht so lange wie bei den Fröschen, nach und nach an Frequenz und In- tensität abnehmend. . Die Kröte vom 17. Versuch starb nach einer Gabe, welche Frösche zu überstehen pflegen. Bemerken muss ich noch, dass ich die innerliche Application bei Kröten ebenfalls, jedoch vergeblich, da das ingerirte Quantum stets wieder ausgespieen wurde, versucht habe, so wie fer- ner, dass in keinem der Experimente die Gesammtquan- tität des applicirten Extractes resorbirt worden war, viel- mehr an der Applicationsstelle noch ansehnliche Reste 120 Husemann, brauner, schmieriger Massen sich vorfanden, wie ich das bei den Froschversuchen ja auch fast jedesmal constatirte. Versuche an Tauben. An Tauben habe ich mit den Semina Wrightiae an- tidysentemcae selbst, mit dem alkoholischen Extracte und mit dem ätherischen Extracte Versuche angestellt. Das alkoholische Extract wurde innerlich und subcutan, das ätherische (nur in einem Experimente), die Samen inner- lich applicirt. Mit den beiden letztgenannten Präparaten habe ich tödtlich endende Vergiftungen nicht erzielt; bei dem alkoholischen Extracte vermochte ich die tödtliche Dosis bei innerer und subcutaner Application festzustel- len. Für die subcutane Application genügen 2,5 Grm., für die innere sind 3 — 4 Grm. erforderlich, 3 Cubik- centimeter des ätherischen Extractes, dem Gewichte nach ungefähr 2,5 Grm,, führten bei subcutaner Injection Ver- giftungserscheinungen von mehreren Stunden Dauer, je- doch mit völliger Genesung endend, herbei. Es bewährte sich also hier auch die schwächere Wirkung dieses Ex- tractes. Die innerliche Application von 5 Grm. Samen brachte in 2 Versuchen nur eine gewisse Trägheit her- vor, die sich nach IV4 — IV2 Stunde wieder verlor. Aus den Versuchen an Tauben ergiebt sich, dass bei innerlicher Darreichung des Extracts bisweilen, aber nicht constant, Erbrechen erfolgt, welches wir in keinem Falle bei subcutaner Application wahrgenommen haben. Die- ses Erbrechen, welches übrigens nicht mit sehr starken Würganstrengungen verbunden war, wie sie nach anderen Giften, selbst bei subcutaner Application, z, B. JExtr. Si- maruhae von uns beobachtet wurden, tritt erst nach einem längeren Intervalle von mindestens 3/4 Stunden ein, wie- derholt sich einige Male und führt zur Genesung des Thieres, selbst nach Gaben von 2,5 Grm. Die Hauptsymptome der Intoxication bei den Tauben sind: Trägheit der Bewegung, die immer zunimmt, spä- ter erschwerte, verlangsamte, anfangs tiefe, später sehr über Semina Wrightiae antidysentericae, 121 oberflächliche Respiration, wobei der zu Boden sinkende Schnabel verschieden weit geöffnet wird; Zittern des Kopfes, der Flügel und des Schwanzes, so wie Hinfallen auf die Seite im Momente des Todes, welcher schon nach 1^/2 Stunde eintreten kann. Hervorzuheben ist noch, dass die Muskeln sich bis zum Schlüsse der Vergiftung ge- brauchsfähig erweisen und dass die Reflexaction nicht erlischt. Erweiterung der Pupille und Vermehrung der Secre- tionen in auffalliger Weise haben wir in keinem Falle bemerkt. Die Section bot in manchen Fällen nichts Beach- tungswerthes; die starke Lungenhyperämie im Fall XXL fand kein Pendant in einem anderen Versuche. Von In- teresse ist das Schlagen des Herzens post morterrij wel- ches in sehr auff'älliger Weise in Versuch XXL beobach- tet wurde. Versuche an Kaninchen. Die Mittheilung der Versuche an Kaninchen scheint mir genügend, um die Symptomatologie der Wrightia- Lajection bei diesen Thieren zu zeigen. Hinsichtlich der Sectionsbefunde muss ich bedauern, dass ich es verab- säumt habe, in den drei Todesfällen (ich besitze noch einen fast wörtlich mit dem von Versuch XXVI. über- einstimmenden Sectionsbefund von einem mit 6 Grm. in- nerlich vergifteten, erst nach 4 Stunden 37 Minuten ge- storbenen Kaninchen) sofort post mortem die Section zu machen, um den Zustand des Herzens zu constatiren; leider gestattet mir die geringe Quantität Extract, welche ich noch besitze, nicht, ein Kaninchen damit zu tödten und das Versäumte nachzuholen. Ich habe bei Kaninchen mit den Semina Wrightiae antidysentericae selbst, mit dem alkoholischen und mit dem wässerigen Extracte (mit diesem nur ein Mal sub- cutan), dagegen aus Mangel an Stoff" nicht mit dem äthe- rischen Extracte Versuche angestellt; die von mir zer- 122 Husemann, kleinerten und in einen Brei verwandelten Samen reich- ten zu 1/2 Unze nicht aus, per os applicirt, Vergiftungs- erscheinungen hervorzurufen. Das wässerige Extract er- wies sich auch hier schwächer als das alkoholische, indem eine der lethalen Dosis des letzteren entsprechende gleiche Gabe des ersteren bei subcutaner Application nur unbe- deutende Intoxicationsphänomene hervorrief. Als niedrigste lethale Dosis des alkoholischen Extractes bei subcutaner Application können 4 Grm. bezeichnet werden; innerlich genügen 6 Grm. zur Tödtung eines Kaninchens. 3 Grm. alkoholisches Extract bewirkten zwar Intoxication bei subcutaner Application, aber rasch vorübergehende. Das zu diesem Versuche benutzte Albino -Kaninchen kann zwar nicht als ganz massgebend betrachtet werden, in- dem es vielleicht eine besondere Immunität wider unser Gift besass; ich habe aber noch einen zweiten Versuch an einem grauen Kaninchen angestellt, wo sich ebenfalls 3 Grm. als unzureichend zur Tödtung vom subcutanen Bindegewebe aus zeigten. 2 Grm. schienen ganz wirkungs- los zu bleiben. Der Tod erfolgt bei genügender Dosis in 2 bis 3 bis 4^2 Stunden; Genesung documentirt sich in noch kürzerer Zeit. Als Intoxicationssymptome geben sich, in nicht genau zu präcisirenden Fristen, meist 1/4 — 1/2 Stunde, Trägheit der Bewegungen kund, allmälig in einen Zustand der Regungslosigkeit und des Sopors übergehend; von einer eigentlichen Lähmung der Motilität ist keine Rede, indem die Thiere, aus dem Zustande der Passivität durch Reize herausgebracht, von ihren Gliedmassen sans fagon Ge- brauch machen. Sensibilitätslähmuug ist ebenfalls nicht vorhanden; Reflexaction persistirt bis kurz vor dem Ein- tritt des Todes; eine Steigerung derselben wurde nicht constatirt. Mit der Trägheit der Bewegungen combinirt sich Abnahme der Respirations - und Herzbewegungen an Zahl und Intensität. Die Athmung scheint dabei stärker in Mitleidenschaft gezogen zu sein, als der Herzschlag, der über Semina Wrightiae antidysentericae. 123 im Stadium der Agonie wiederum viel frequenter wird. Auf der durch die Minderung und Schwächung der Athem- züge bewirkten Hemmung der Oxydation scheinen sowohl der Tod selbst, als namentlich die kurze Zeit vor dessen Eintritt sich zeigenden kurzdauernden convulsivischen Bewegungen zu beruhen, welche wir nicht als directe Wirkung des Giftes auffassen können. Ein constanter Einfluss auf die Pupille kommt unse- rem Gifte nicht zu, wenn sich auch Dilatation derselben zeigte, deren auffallend spätes Eintreten auffällig war. Auch eine besondere Einwirkung auf die Secretionen kann ich unserem Gifte nicht zuschreiben; nur in den Fällen, wo kleinere Dosen unerhebliche Intoxications- phänomene bewirkten, war das Zusammentreffen des Ein- trittes der Genesung mit einem reichlichen Urinabgange auffallend. Was die Sectionsergebnisse anlangt, so waren nicht sehr beträchtliche Gehirnhyperämie und etwas Lungenödem ohne sonderliche Hyperämie des Lungengewebes die ein- zigen nennenswerthen Befunde. B. Die Stellung der Wrightia antidysenterica unter den Giften« Als Haupterscheinung der Intoxication mit den Wrigh- tia-Extracten ergeben sich Motilitätsstörungen, welche bei den höheren Thierclassen niemals denselben hohen Grad erreichen wie bei den Batrachiern, auch bei letzte- ren mit weit grösserer Rapidität in intensivster Weise auftreten. Höhere Thiere sind im Stande, bis kurz vor dem Tode von ihren Muskeln geeigneten Gebrauch zu machen, wenn man sie dazu zwingt, und es kann dem- nach für diese die Wrightia nicht als eigentliches Paralysans erscheinen. Die Trägheit, der Stupor, in welchen Tauben und Kaninchen verfallen, deutet auf ein Ergriffensein des Gehirns, und es wird nach den oben mitgetheilten Ver- suchen wohl Niemand unsere Berechtigung in Abrede 124 Husemanny stellen, die Wrightia als Narcoticum (Cerebralgift) für diese Thierclassen zu bezeichnen. Aber auch für die Frösche müssen wir dieselbe Auffassung aufrecht erhalten. Der eigentlichen Paralyse geht auch bei diesen regelmässig ein Zustand der Träg- heit, der Unlust zu Bewegungen voraus, welche übrigens erzwungen werden können. Ferner habe ich mich durch anderweite Versuche überzeugt, dass die Muskeln selbst bei der Lähmung unbetheiligt sind, indem sie noch mehrere Stunden nach dem Tode der mit Extract vergif- teten Frösche elektrisch reizbar bleiben. Die nach Verlust der willkürlichen Bewegung noch Minuten lang andauernde Reflexaction spricht dafür, dass das Rückenmark wenigstens nicht als primär afficirt an- zusehen ist. Ferner überzeugte ich mich, dass auch vom Nervus ischiadicus aus noch 22 Minuten nach vollständi- gem Cessiren der willkürlichen Bewegung Contractionen der Extremität erzielt wurden. Durchschneidet man vor der Vergiftung den Nervus ischiadicus einer Seite, so las- sen sich von diesem aus längere Zeit Contractionen der Muskeln erzielen, als von dem nicht vorher durchschnit- tenen der anderen Seite. Hieraus halte ich mich berech- tigt, zu schliessen, dass auch bei Fröschen das Gehirn als primär afficirt angesehen werden muss, nicht etwa die peripherischen Nerven, und dass man die Wrightia nicht mit den Spinalgiften, noch mit dem ürari, sondern mit den wirklichen Narcoticis zusammenzustellen hat. Ein weiteres für die Wirkungsweise der Wrightia wichtiges Moment ist der Einfluss auf die Respiration, welche bei Fröschen, Kröten und Tauben unregelnlässig und behindert wird, während bei Kaninchen constant Verlangsamung, aber keine eigentliche Dyspnoe resultirt. Diese Beeinträchtigung der Respirationsfunction, zweifels- ohne von Betheiligung der Innervationscentra abhängend, ist am deutlichsten im späteren Stadium der Vergiftung und muss als Ursache des Todes bezeichnet werden. Viel weniger alterirt ist die Function des Herzens, und über Semina Wrightiae antidysentericae. 125 aus den Versuchen an Fröschen und Tauben ist mit Sicherheit zu schliessen, dass der Tod nicht durch Herz- lähmung erfolgt. Für die Stellung innerhalb der Classe der Narcotica ist ferner die Abwesenheit von Convulsionen und der man- gelnde Einfluss auf die Pupille massgebend. C. Die Wirkung der Wrightia antidysenterica im Ver- gleiche mit derjenigen anderer Apocyneen. Wrightia antidysenterica R. Br., die Mutterpflanze der von uns untersuchten Samen, ist ein an der Küste Malabar, auf Ceylon und Isle de France einheimischer und in vielen Theilen Ostindiens häufiger kleiner Strauch aus der Familie der Apocyneen, Unterfamilie der Euapocyneen, Gruppe der Wrightieen. Sie ist wahrscheinlich Linne's Nerium antidysentemcum (jedoch nicht die in Rheede's Hortus malabaricus als solche ab- gebildete Pflanze = Holarrhena antidysenterica). Die Familie der Apocyneen ist für die Toxikologie von verhältnissmässig grosser Bedeutung; selbst in ihrem jetzigen durch de Candolle festgestellten Umfange, wo die Familie der Asklepiadeen und die der toxikolo- gisch so überaus wichtigen Familie der Loganiaceen (Strychneen) von ihr getrennt sind, liefert sie noch eine grosse Reihe giftiger Repräsentanten. Es lassen sich diese in folgende Kategorien bringen: a. Drastische, scharf wirkende Apocyneen. Hierher gehört die Mehrzahl der giftigen Apocyneen, und auch die einzige bis jetzt bekannte Giftpflanze aus der Gruppe der Wrightieen, die auf Java einheimische Has- seltia arhorea Bl. (Kixia arhorea), ein zum Abtreiben des Bandwurms benutztes powerful drastic and dangerous remedyj wie O'Shangnessy sich ausdrückt. Weiter sind zu nennen: aus der Unterfamilie der Carisseen: die un- geschälten Beeren von Ambelania acida Auhl. und die 126 Husemanrij unreifen Beeren von Couma guianensis Auhl., beide in Guyana 5 aus der Unterfamilie der Allamandeae: AI- lamanda cathartica L, und Allamanda Aubletii Pohl, wahrscheinlich in allen ihren Theilen emetokathartisch wirkend, in Westindien und Südamerika; aus der Unterfamilie der Euapocineae: Apo- cynum cannabinum L. (Indian hemp) und Apocynum an- drosaemifolium (Dogs hane)j deren Wurzeln in die Phar- makopoe ihres Vaterlandes (Vereinigte Staaten) als Eme- tica aufgenommen sind, und welchen sich das Südeuro- päische Apocynum venetum (Herha Tithymali maritimi) anschliesst ; Echites longiflora^ E. alexicaca Mart. in Bra- silien, auch E. grandiflora Meyen in grösseren Gaben; Alstonia venenata E. Br. in Ostindien (bei Rosenthai aufgeführt, bei O'Shangnessy fehlend); diverse Arten von Plumieria, namentlich viele Westindische Species mit ätzendem Milchsafte, auch P. acuminata in Java und Ostindien ( R oy 1 e ) ; Tabernaemontana persicariaefolia Jacq. auf Mauritius (Rosenthal); aus der Unterfamilie der Ophioxyleae: Cer- bera Manghas Gaertn.j namentlich Rinde und Blätter (Lindley, Waiz), auf den Molukken und in Ostindien, deren Eigenschaften nach O'Shangnessy Cerbera AJio- vai und Cerbera Thevetia sich anschliessen ; C. Ahovai nennt Rosenthal scharf narkotisch; verschiedene Arten von Rauwolßa in Westindien und Südamerika, so E. ni- tida, E. vömitoria, E. canescens; endlich Alyxia daphnoi- des (Cunningh. ) auf den Norfolks-Inseln (Rosenthal). Dass Wrightia antidysenterica vollständig der schar- fen, purgirenden Eigenschaften entbehrt, braucht kaum noch hervorgehoben zu werden. b. Als Herzgift wirkende Apocyneen. Es ge- hört bekanntlich zur Familie der Apocyneen der Giftbaum von Madagascar, Tanghinia venenifera Petit Thouart {Cer- bera Tanghin Hooker), dessen direct auf das Herz gerich- tete lähmende Wirkung durch die Experimente von Kolli- über Semina Wrightiae antidysentericae. 127 ker und Pelikan erwiesen ist, wodurch die älteren An- gaben von Henry und Ollivier, es handle sich um einen scharf narkotischen Stoff, und die Ansicht van Hasselt 's, die Tanghinia wirke dem Strychnin analog auf das Rückenmark, beseitigt sind (Vergl. mein Hand- buch der Toxikologie, S. 503). Zu den Herzgiften ge- hört ferner das wahrscheinlich aus einer Afrikanischen Echitee bereitete Pfeilgift L'In^, über welches in ganz neuester Zeit Pelikan der Akad. des Sciences Mitthei- lungen gemacht hat {Comptes rend. v. 5. Juni 1865). Dass unsere Wrightia mit den Herzgiften nichts zu thun hat, lehren die Versuche an Fröschen und Tauben evident. c. Auf das Rückenmark wirkende Apocy- neen. Hierher würde nach v. Hasselt auch die von uns zu den drastischen Apocyneen gestellte Cerbera The- vetia L. {Thevetia nereifolia), zu stellen sein ; dieser Autor citirt Dumontier als Gewährsmann für eine unter der Form des Tetanus sich darstellende und binnen 2 Stun- den tödtlich verlaufene Intoxication eines 2jährigen Kin- des mit einem Fruchtkern (Tijdshr. West. India 1854). Hiermit steht jedoch in Widerspruch eine Beobachtung von Dr. J. Balfour und Dr. Douglas Maclagan {Edinh. med. Journ. 1857. June), welche bei zwei Knaben nach dem Genüsse solcher Kerne Erbrechen, Durchfall, Schlundreiz und Somnolenz beobachteten, und es dürfte sich fragen, ob nicht die mir im Urtexte Dumontier 's unbekannt gebliebene Vergiftung mit Gastroenteritis ein- herging, welche, vorausgesetzt, dass keine Section statt- fand und dass bei Lebzeiten Erbrechen u. s. w. nicht vor- handen waren, leicht bei einem zweijährigen Kinde über- sehen sein könnte. d. Primär die peripherischen Nerven läh- »mende Apocyneen. Als solche würde Echites suhe- recta Sw. zu bezeichnen sein^ wenn die Annahme von Nees V. Esenbeck richtig wäre, dass das ürari -Pfeil- gift von einigen S.-Amerikanischen Indianerstämmen aus 128 Husemann, dieser Pflanze bereitet würde, was übrigens wohl als irrig anzusehen ist. Ueber Echites suherecta selbst liegen keine Beobachtungen und Versuche vor, e. Apocyneen von mehr gemischter Wirkung auf Nerven und Nervencentra. Hierher stellen wir Gelsemium sem]pervirens Pers. (6r. nitidum Mich.), die in Nordamerika, namentlich in den südlichen Staaten, ein- heimische gelbe Waldwinde (gelb. Jasmin, Jasmin -Bi- gnonie), und Nerium Oleander L., den bekannten, in Süd- europa und Asien einheimischen Oleander-Strauch oder Rosenlorbeer, und ausser diesen dürften noch wohl einige andere, welche von älteren Autoren als betäubend bezeichnet werden, hier zu rechnen sein, z. B. Echites diffor- mis Wall.y Ech. hiflora L.j Nerium odorum W., die Früchte von Cerbera Manghas (nicht deren Blätter und Rinde, welche Waiz geradezu als Substitute der Sennesblätter empfiehlt. (Pract. Waarnemingen over eenige Javaansche geneesmiddelen, Amsterd. 1829. p. 6.) Gelsemium und Oleander sind nächst der Tanghinia venenifera diejenigen Apocyneen, welche in pharmakody- namischer und toxikologischer Hinsicht am genauesten untersucht sind, und gerade sie fordern zu einem Ver- gleiche ihrer Wirkung mit derjenigen der Wrighita anti- dysenterica auf. Es gilt dies vorzugsweise vom Olean- der, der von Prof. Kurzak in Wien zu einer längeren Versuchsreihe an Fröschen, Vögeln und Kaninchen {Ztschr. der k. k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien. XV. Jahrg., N. F. II. Jahrgang, 1859, pag. 630,785, 801) benutzt ist; weni- ger von Gelsemium, dessen Wirkung von Amerikanischen Aerzten, so weit wir die darauf bezüglichen Arbeiten kennen, nur aus Versuchen am Krankenbette erschlossen ist. Es findet besonders die Wurzel, welche auch in die Secondary list der Amerikanischen Pharmakopoe über- gegangen ist, Anwendung und ausserdem hat das Che- mical Institute zu New -York ein Resinoid, Gelsemin genannt, daraus dargestellt, über welches in den Positive medical agents (New -York 1855) p. 110 Mittheilungen übe7' Semina Wrightiae antidysentericae. 129 gemacht werden. Nach J. A. May es {Charlest. Jouni. Marchj 1857. cf. Canstatt's Jahresbericht f. 1857, Bd. V. JS. 122) soll es ein Narcoticum Sedativum sein, das seine Hauptwirkung auf das Rückenmark, die willkürlichen Muskeln und das Gangliensystem ausübt, die intellectuel- len Functionen nicht afficirt, die Circulation herabsetzt, die Perspiration fördert^ keinen Ekel, Erbrechen oder Ab- führen erregt. In grossen Dosen entsteht nach May es Umnebelung der Augen, Doppeltsehen, Unfähigkeit die Augenlider zu öffnen, Steifheit in den Kinnbacken, allge- meine Muskelschwäche. Diese Wirkungen sollen nicht lange anhalten, das Mittel vielmehr sicherer und leichter anwendbar sein, als das bekannte Lieblingsmittel der Amerikanischen Aerzte, das Veratrum viride. Das Gelse- min, das als angenehm riechend und aromatisch schmeckend bezeichnet wird, bezeichnen die Verfasser der Positive medical agents ebenfalls als Narcoticum Sedativum, das einen besonderen lähmenden Einfluss auf das Nervensystem und in specie die motorischen Nerven ausübe, in grossen Gaben Verminderung der Circulation bewirke, die Per- spiration und die Secretionen vermehre, Gesichtsverdun- kelung und Abstumpfung der Sehnerven bedinge. Wenn wir auch mit den Beobachtungen der Ameri- kanischen Collegen die Wirkung des Gelsemins nicht als vollkommen erschlossen betrachten können und nament- lich die Bezeichnung als Narcoticum Sedativum missbilli- gen müssen, den Ausdruck Narcoticum auf diejenigen Gifte beschränkend, „welche primär und vorzugsweise das Gehirn afficiren, "■ so glauben wir doch eine Differenz der Wirkung von Gelsemium und Wrightia in folgenden Puncten erblicken zu können: Zunächst in der Herab- setzung der Circulation durch Gelsemium, welche in bei- den Berichten hervorgehoben, die therapeutische Bedeu- tung des Mittels bedingt; ferner in der durch dasselbe bedingten Vermehrung der Secretionen ; endlich im späten Eintritt der eigentlich cephalischen Erscheinungen beim Gelsemin. Arch.d. Pharm. CLXX VII. Bds. l.u.2.Hft. 9 130 Hustmann j Die oben erwähnte Arbeit von Kurzak über Olean- der eignet sich vorzugsweise gut zur Vergleichung, weil sie eine mit Extracten des Oleanders an den nämlichen Thierclassen; welche wir zu unseren Experimenten be- nutzten, ausgeführte Versuchsreihe enthält. Kurzak experimentirte mit Extracten der Blüthen, der Blätter, der Rinde und des Holzes von Nerium Ole- ander und fand die Blüthenextracte weniger wirksam, als die aus den übrigen Pflanzentheilen dargestellten; es er- wiesen sich ihm als tödtliche Gaben bei Kaninchen 2 Grm. des Spirituosen wie des wässerigen Extractes der Blätter, des Holzes und der Rinde, bei Fröschen 2 Decigrm. (die Dosis lethalis für die Vögel übergehen wir, da Kurzak nicht mit Tauben, sondern mit Zeisigen und anderen kleinen Thieren experimentirte) ; dagegen brachten 2 oder 3 Grm. des Blüthenextractes den Tod bei Kaninchen nicht zu Wege. Ein Extract der Semina Nerii Oleandri hat Kurzak nicht gehabt. Diese Data, verglichen mit den Ergebnissen unserer Untersuchung, zeigen, dass Nerium Oleander die Wrigh- tia antidysenterica an Wirksamkeit übertriflft und die aus den wirksameren Theilen des Rosenlorbeers dargestellten Extracte fast doppelt so stark auf den thierischen Orga- nismus influiren, als das stärkste Extract der Semina Wrightiae antidysentericae. Ferner liegt ein Unterschied der Nerium- und Wrightia- Extracte darin, dass bei er- steren der wässerige und alkoholische Auszug quantitativ gleich giftig sind, während bei letzterer die Giftigkeit des Extr. aquosum eine bei weitem geringere ist. Qualitativ bieten insbesondere Kurzak 's Experi- mente an Fröschen besondere Abweichungen. Es wurde zunächst ein ungefähr nach 30 Minuten auftretendes Sta- dium der Regungslosigkeit, dann ein nach Ablauf einer Stunde sich einstellendes Stadium erhöhter Reflexerreg- barkeit, in welchem bei Anklopfen auf den Rücken hef- tige Streckkrämpfe erfolgten, constatirt. Solche „langsam vor sich gehende Zuckungen aller Muskeln mit Streckung über Semina Wrightiae antidysentericae. 131 der Hinterglieder", wie sie Kiirzak in allen übrigen Forschversuchen beobachtete, kommen nach Application der Wrightia-Extracte niemals vor. Dasselbe gilt für die Wirkung an Kaninchen; auch hier hat Kurzak ein sogenanntes zweites Stadium der Ver- giftung, in welchem bei stetem Fortschritte des Schwäche- zustandes ganz kurz andauernde, nach längeren Pausen auf einander folgende Anfälle klonischer und tonischer Krämpfe der meisten willkürlichen Muskeln, insbesondere bei den schwachen Versuchen der Thiere zu einer Bewe- gung oder nach einer äusseren Reizung durch Anblasen, Anstossen, Anklopfen u. dergl, statt linden. Solcher Ere- thismus der Reflexbewegungen, durch Krämpfe charak- terisirt, hat sich in keinem unserer Versuche zu erken- nen gegeben; es wurden Reflexzuckungen bis kurz vor dem Tode ausgelöst, auch brachte Anklopfen auf den Boden u. s. w. solche zu Stande, aber durch leises An- blasen haben wir weder bei den Kaninchen (noch bei den Fröschen) jemals Reflexe oder Reflexkrämpfe hervor- rufen können. Hierin liegt gewiss die Hauptdifl'erenz in der Wirkung des Oleanders und der Wrightia bei Ka- ninchen. Eine weitere liegt in dem Verhalten des Herzens und der Respiration. Verminderung und Schwächung der Herz- und Athmungsbewegungen sind Erscheinungen, welche der Vergiftung mit Nerium und Wrightia gemein- schaftlich angehören. Indessen treten sie bei der Ver- giftung mit Nerium, Kurzak's Angaben gemäss, bei Kaninchen viel auffallender hervor. Schon nach 1/2 Stunde sank in einem Falle die Zahl der Athemzüge von 60 auf 32, der Herzschlag von 160 auf 140, nach 50 Minuten auf 28 resp. 108. Solche auffallende Abnahmen in so kurzen Zeiträumen waren wir niemals im Stande bei Wrightia -Intoxication zu beobachten. Auch das Verhalten der Vögel- und Froschherzen differirt. Kurzak hat bei Vögeln niemals spontane, bei Fröschen niemals so lang andauernde spontane Contrac- 9* 132 Husemannj über Semina Wrightiae antidysentericae. tionen beobachtet, in Versuch 5 sogar schon nach einer Stunde Ruhe des Froschherzens. Es muss also das Ne- rium Oleander als viel intensiver die Herzthatigkeit affi- cirend bezeichnet werden. Am meisten stimmen bei beiden Intoxicationen die bei Vögeln beobachteten Symptome. Die Wrightia- Sa- men führen nur nicht so constant Würgen und Erbrechen herbei, und bei subcutaner Application der Extracte ha- ben wir niemals Erbrechen beobachtet. Hinsichtlich der Sectionsresultate ist hervorgehoben, dass die Blutüberfüllung des sehr voluminösen Herzens und grosse Blutanhäufung in Stämmen, Aesten und klein- sten Zweigen des venösen Systems, welche Kurzak bei der Oleandervergiftung stets sah, nicht so sehr bei Wrigh- tia - Intoxication hervortritt. In einzelnen Fällen sahen wir Lungenhyperämie, in anderen sehr deutlich ausge- sprochene Hyperämie des Gehirnes. Es kann nach Allem keinem Zweifel unterliegen, dass sehr erhebliche Diflferenzen in der Wirkung von Nerium Oleander L. und Wrightia antidysenterica R. Br. existiren, welche darauf zurückzuführen sind, dass erste- rer mehr die Medulla spinalis, letztere primär das Cere- hrum afficirt. D. Therapeutische Verwendung der Semina Wrightiae antidysentericae. Wenn auch nach den obigen Versuchen die Giftig- keit der Semina Wrightiae antidysentericae nicht als eine sehr grosse bezeichnet werden kann, so glauben wir doch zu dem Ausspruche berechtigt zu sein, dass man wohl thue, sie ihrer toxischen Eigenschaften wegen nicht bei denjenigen Krankheiten in Anwendung zu ziehen, gegen welche die Ostindischen Aerzte sie benutzen. Es würde sich dagegen die Frage aufwerfen, ob es nicht zweckmässig sei, die narkotischen Eigenschaften derselben sich in praxi zu Nutze zu machen. Die bei Unterirdischer Gletscher auf der Dornburg hei Nassau. 133 Thieren beobachteten Erscheinungen lassen vermuthen, dass sie bei Hyperkinesen, welche von Gehirnaflfectionen herrühren, von einigem Einflüsse sein können. Indessen glauben wir, da unsere Versuchsthiere nur dann ausge- sprochene Schwächung der Bewegungen zeigten, wenn sehr grosse Dosen applicirt wurden, die Einführung in den Arzneischatz nicht befürworten zu können, bis etwa das die Wirkung der Semina Wrightiae antidysentericae bedingende Alkaloid in einem ganz genaue Dosirung zu- lassenden reinen Zustande dargestellt ist. Auch dann würde es noch zweifelhaft sein, ob dieses irgend welche Vorzüge vor anderen auf die Motilität besonders wirken- den Stoffen haben würde. Es ist überhaupt Pflicht des Pharmakologen, den Arzneischatz vor Ueberflüssigem zu sichern, und seine Bestrebungen müssen eher dahin ge- richtet sein, auf Vorurtheil und Tradition beruhende Su- perflua aus dem Arznei vorrath zu diminuiren, als Neues darin einzuführen. Ueber den nnterirdischen Gletscher auf der Dorn- burg bei Nassau. Ueber diese merkwürdige Naturerscheinung schreibt die „ Mittelrheinische Ztg. " Folgendes : Gegenwärtig, Mitte Februar, liegt trotz der abnormen Witterung des vergan- genen Winters noch Schnee am Eingange der Stollen, und zwar bis fast an das Mundloch derselben, trotzdem die Sonne doch in letzter Zeit mit auö'allender Kraft gerade dorthin triff't. Die Klüfte des Gerölles sind trotz der vielen warmen Regengüsse, welche unmittelbar in die Klüfte einströmen, mit Eis ausgefüllt. Eben so liegt vor dem Mundloche der Stollen Eis und ist der Boden und die Klüfte der Seitenwände derselben mit Eis aus- gefüllt. Dieses Eis hält sich nun bis zur heissen Jahres- zeit, von wo an es zuzunehmen beginnt, sobald der Ver- 134 lieber die Waldwollfdbrikate. dunstungsprocess mit seiner Intensivität beginnt, indem sich dann der niederfallende Regen und die aus dem Berge dringende Feuchtigkeit als Eis auf Boden und Sei- tenwände der Stollen niederschlägt. Eine für die Wissen- schaft höchst interessante Frage, welche bis jetzt noch nicht hat beantwortet werden können, stellt Director E. Thomä in seiner eben so interessanten wie ausführlichen Abhand- lung „Das unterirdische Eisfeld und die warmen Luft- ströme bei der Dornburg": „Wie kommt es, dass das Thermometer in den Löchern des Eisfelds, in welchen die atmospärische Luft einströmt (am Fusse des Berges — während der Beobachtungen im Winter), constant 3 Grad unter zeigen konnte, während die Luft im Freien meh- rere Tage nur zwischen -\- 1 und 3^ R. wechselte und selbst in der kältesten Nacht kaum unter 0^ sank? Für die beabsichtigte industrielle Ausnutzung der Effecte des Phänomens ist diese Erscheinung von grösstem Vortheil.'' Im Interesse der Wissenschaft läge es, dieses so inter- essante Naturräthsel; welches sich auf der Dornburg zeigt, noch weiter nachzuspüren und dessen gewisse Lösung endlich herbeizuführen. {Bl. f, Hdl. u. Gew. 1866.) B. Ueber die Waldwollfabrikate. Die als „Waldwollfabrikate" gegen Rheumatis- mus und Gicht empfohlenen, in Thüringen angeblich aus Fichtennadeln gefertigten Artikel aller Art, wie rohe Waldwolle zum Polstern, Flanell, Unterkleider, Strümpfe, Handschuhe u. s. w. erregten auf der Merseburger Indu- strieausstellung Aufmerksamkeit, da hier die Rohproducte, d. h. das spinn- und webbare Material, von den Kiefer- nadeln an bis zu den feinsten Wattenstoffen ausgestellt waren. Nach den Untersuchungen von Dr. Carl Mül- ler in Halle bestehen aber die Fabrikate aus einem Ge- misch von Schafwolle, Baumwolle und zum allerkleinsten Theil aus sog. Waldwolle, getränkt mit den aromatischen Extracten der Kiefernadeln; sie werden daher gegen Rheumatismen etc. gerade so specifisch wirksam sein wie andere halbwollene Zeuge. {Bl. f. Hdl. u. Geiv. 1866.) B. 135 III. llonati^liericht. Kalisalpeter und Natronsalpeter. Man löst nach Gräger Pottasche in ihrem 12fa- chen Gewichte Wasser auf (bezogen auf den Gehalt an reinem kohlensauren Kali), bringt die Auflösung zum Kochen und setzt die nöthige Menge in einem dünnen Brei verwandeltes Kalkhydrat hinzu, lässt klar ab- setzen, zieht ab und deplacirt den kohlensauren Kalk auf einem geeigneten Filtrirbottiche mit mehreren Siebboden, vermischt alle Laugen und prüft sie auf ihren Kali- und Chlorcaliumgehalt. Nach den gefundenen Mengen dieser beiden Kaliverbindungen berechnet man alsdann die noth- wendige Menge von Chilisalpeter mit Rücksicht auf seinen Gehalt an reinem salpetersauren Natron. Nach Feststellung der gegenseitigen Gewichtsverhältnisse löst man den Chilisalpeter in der Kalilauge auf und kocht in einem blanken eisernen Kessel bei lebhaftem Feuer auf 40 — 420 B., heiss geraessen, ein, schöpft und rührt bis zum Erkalten, worüber je nach den Mengen, die man in Arbeit genommen, und nach der Localität, bis zu 6 Tage vergehen. Der abgeschiedene Kalisalpeter wird auf eiserne Deplacirungsapparate gebracht, gut abtropfen ge- lassen, zusammengedrückt und mit wo möglich destillir- tem Wasser ausgewaschen; die abgeflossenen Laugen wer- den sofort in den Kessel zurückgebracht, wieder bis zum Erscheinen einer Salzhaut eingekocht und der sich hier- nach beim Erkalten ausscheidende Salpeter wie bei der ersten Krystallisation behandelt. Ein ferneres Eindam- pfen der Lauge, um nochmals Salpeter krystallisiren zu lassen, ist nicht lohnend. Man verdünnt daher die Lauge so weit, dass sie etwa noch 5 Proc. Natron enthält und muss hier mittelst Kalk von Neuem ätzend machen. Aber auch jetzt empfiehlt es sich nicht, die Lauge wieder ein- zukochen, um noch den darin enthaltenen Salpeter, gegen 136 LösUchkeit des salpetersauren Natrons. 25 Proc. der GesammtmeDge, zu gewinnen. Zur Gewin- nung dieses Salpeters und zugleich auch eine vollstän- dige Trennung desselben vom Natron zu bewirken, ver- setzt man die Lauge mit etwa 8 Mal so viel gebleich- tem Palmöl, Harz oder Oelsäure, und kocht das Ganze zu Seife, welche sich nach ihrer Bildung von selbst auf der Salpeterlauge abscheidet. Die gewonnene Seife ist eine gut verkäufliche Waare, wenn man es nicht vor- theilhaft finden sollte, mit der Salpeterfabrikation eine Seifenfabrik zu verbinden. Die Unterlauge von der Seife liefert jetzt beim Einkochen den noch rückständigen Sal- peter, er besitzt gewöhnlich eine gelbliche Farbe, wird aber bei dem folgenden ümkrystallisiren vollkommen weiss. (Deutsche Industrztg. 1865. S. 184.) B, lieber die Löslichkeit des Salpetersäuren Natrons. Maumene hat die, eine unbegreifliche Unregelmäs- sigkeit zeigenden Angaben Marr's über obigen Gegenstand geprüft und dabei die folgenden Resultate erhalten: 100 Theile Wasser lösen geschmolzenes salpetersau- res Natron bei 00 70,94 Theile „ 100 78,57 , „ 200 87,97 ^ „ 300 98,26 , „ 400 109,01 „ „ 500 120,00 „ „ 600 131,11 „ , 700 142,31 „ „ 800 153,72 „ „ 900 165,55 „ „ 1000 178,18 „ „ 1100 194,26 „ „ 1190 4213,43 „ {Compt. rend. T. 58. p. 81.) Bkh. Kohlensaures Natronkali. Dieses Doppelsalz wurde H. von Fehling aus einer Salpeterfabrik und einer Blutlaugensalzfabrik zuge- schickt. In ersterer war es aus den Mutterlaugen des Kalisalpeters durch Umsetzung von Natronsalpeter mit Versuche über die Sodabereitung. 137 Pottasche, in letzterer aus der Mutterlauge von Blutlau- gensalz erhalten. Das Salz hatte die Zusammensetzung KO, NaO, 2 C02 -f- V2 HO, enthielt also gleiche Atome Kali und Natron. Es verwitterte in trockener Luft, löste sich leicht in Wasser, Hess sich aber nicht ohne Zer- setzung umkrystallisiren. {Annal. der CJi>em. und Pharm. CXXX. 247—248.) G. Versuche über die Sodabereitung. Köhlreuter's Vorschlag, Soda durch Wechselzer- setzung von Glaubersalz und kohlensaurem Baryt zu be- reiten, erkannten schon Er d mann und Buch n er als unpraktisch, indem die Zersetzung nur unvollkommen statt findet. Wagner hat deshalb empfohlen, eine Lösung von 2 fach kohlensaurem Baryt anzuwenden. C. Brun- ner modificirt dies Verfahren auf folgende Weise. Bringt man in eine Lösung von 1 Th. wasserfreiem Glaubersalze in 30 — 40 Th. Wasser 2 Th. künstlich be- reiteten Baryt und lässt durch die Flüssigkeit bei ge- wöhnlicher Temperatur unter Öfterem Umrühren oder Schüt- teln einen massigen Strom kohlensauren Gases streichen, so geschieht die Zersetzung in nicht langer Zeit. Die vom entstandenen schwefelsauren Baryt abfiltrirte Lösung giebt mit Chlorbaryum nicht die geringste Trübung; sie enthält nur zweifach - kohlensaures Natron nebst wenig zweifach -kohlensauren Baryts. Durch Kochen wird un- ter Entwickelung von Kohlensäure letzterer niedergeschla- gen und durch Abdampfen der filtrirten Lösung zur Trockne vollkommen reines, kohlensaures Natron erhal- ten, dessen Gewicht genau die theoretische Menge beträgt. Zur technischen Ausführung dieses Verfahrens em- pfiehlt sich der Witherit, den man möglichst feingemah- len, am besten geschlemmt und im Ueberschusse zusetzt ( etwa die vierfache Menge des wasserfreien Glauber- salzes). Die Procedur der Sodabereitung würde demnach fol- gende sein: Kochsalz wird durch Behandeln mit Schwe- felsäure in Glaubersalz verwandelt und die dabei frei werdende Salzsäure zur Entwickelung von Kohlensäure aus kohlensaurem Kalke benutzt. Letztere wird gehörig gewaschen und in die mit kohlensaurem Baryt versetzte Auflösung von Glaubersalz geleitet; der schwefelsaure Baryt von der Lösung des kohlensauren Natrons getrennt, ausgewaschen, getrocknet und durch Glühen mit Kohle 138 Neues NatronpJwsphat etc. wieder zersetzt. Ausser der zur Zersetzung von Koch- salz nöthigen Schwefelsäure kommen hiernach Materialien von grossem Werthe nicht in Anwendung. Allerdings reicht die durch Zersetzung von Kochsalz erhaltene Salz- säure nicht aus zur Herstellung der nöthigen Kohlensäure, doch besitzt die Technik Mittel genug, um dies Deficit zu decken. Eine weitere Prüfung dieses Verfahrens muss dessen Werth entscheiden. {Polyt. Journ. Bd. 176. 1865.) B. lieber ein neues Natronphosphat und das Vorkommen von Vanadinverbindungen in Sodalangen. Man hat in verschiedenen Sodafabriken die Bemer- kung gemacht, dass das bei der Darstellung der käuf- lichen Soda aus den Laugen vor vollständigem Eindam- pfen auskrystallisirende kohlensaure Natron mit kleinen gelben und rothen Krjstallen gemengt ist, welche, wie Schöne fand, einem Gehalte an Vanadin ihre Färbung verdanken. Bis jetzt ist es nicht gelungen, diese kleinen Krystalle, welche Octaeder und octaedrische Aggregate bilden, von den übrigen Salzen, in denen sie sparsam ein- gemengt sind, so zu trennen, dass sich über ihre Natur etwas Bestimmtes sagen Hesse, namentlich ob sie, was wahrscheinlich ist, in die Kategorie jener merkwürdigen Verbindungen von Phosphorsäure, Vanadinsäure (Kiesel- säure) und Natron gehören, welche Berzelius beschrie- ben hat. Denn Rammeisberg fand Phosphorsäure in diesen Krystallen wie überhaupt in der ganzen Salzmasse, welche wesentlich aus kohlensaurem Natron, kieselsaurem, nnterschwefligsaurem Natron und Chlornatrium besteht. Behandelt man die ganze Masse mit Wasser, filtrirt das aus Kieselsäure, Schwefeleisen etc. Bestehende ab, und lässt sie in der Kälte krystallisiren, so erhält man zuerst drittelphosphorsaures Natron in Krystallen. Allein dies ist ein neues, bisher unbekanntes Hydrat, welches sich im Aeussern von dem 24 At. Wasser enthaltenden sehr unterscheidet. Es bildet farblose durchsichtige re- guläre Octaeder*), deren Kantenwinkel 109^ 8' — 16' — 23' — 38' — 46' gefunden wurden. Sie sind ein- fach lichtbrechend, also sicher regulär. An der Luft sind sie vollkommen beständig, verwittern nicht im mindesten ; *) B riegleb hat bekanntlich ein Doppelsalz von lAtom(3NaO) P05 -j- 24 aq und NaFl ebenfalls in Octaedern dargestellt. Neues Natronph.os'phät etc. 139 ihre Auflösung reagirt stark alkalisch, und giebt mit Sil- bersalzen einen gelben Niederschlag und ein neutrales Filtrat. Bei etwa 100^ schmelzen sie in ihrem Krystall- wasser^ verlieren aber das letzte Atom erst beim Glühen. In der Glühhitze schmilzt das wasserfreie Salz, welches nach dem Wiederauflösen sich gegen Silbersalz wie vor- her verhält und frei von kohlensaurem Natron ist. Nach der Phosphorsäure-, Natron- und Wasserbestimmung ent- hält das Salz Sauerstoff Natron 28,12 7,45 3,2 Phosphorsäure.. 20,46 11,49 5 Wasser 51,17 45,48 19,8 99,65. Die Formel (3 NaO) P05 -f 20 aq verlangt: 27,04 NaO, 2 O, 64 P05, 52,32 HO, — 1 At. Wasser = 2,61 Proc. ist nach dem zuvor Erwähnten fester gebunden als die übrigen 19 Atome. Das bisher bekannte Drittel- Phosphat des Natrons enthält bekanntlich 24 At. Wasser. Es krystallisirt in sechsseitigen Prismen mit gerader End- fläche, ob es aber symmetrische, wie Graham sagt, oder reguläre sind, ist noch nicht entschieden; Rammeisberg hal: für die Kantenwinkel 1190 55' — 1210 30-^ oft nahe 1200 erhalten, und eine optische Prüfung muss entschei- den, ob die Prismen 2- oder ögliedrig sind. Nach Gra- ham schmilzt das Salz beim Glühen nicht, nach Ram- raelsberg's Versuchen sintert es stark zusammen. Nach Gerhardt hält es bei 1000 gleichfalls 1 At. Wasser zu- rück, d.h. 2,37 Proc, da aber Gerhardt 5,2 Proc. an- giebt, so würde dies, wenn die Zahl richtig ist, eher 2 At. (4,74 Proc.) entsprechen. Dieses Wasser soll vollständig beim Glühen entweichen, während nach Graham 's An- gabe im geglühten Salze noch 1 Proc. Wasser enthalten sein kann, dessen Entfernung ein Zerreiben und wieder- holtes Glühen erfordert. Die Zusammensetzung ist: Graham 3 At. Natron 24,48 24,50—24,81 1 „ Phosphorsäure 18,68 18,60 24 „ Wasser 56,84 56,03 lÖÖ Das haben beide Hydrate mit einander gemein, dass sie beim Urakrystallisiren an der Luft durch den Einfluss der Kohlensäure zum Theil zersetzt werden, wobei halb- phosphorsaures Natron anschiesst, die Mutterlauge aber 140 Verfahren^ Lithium etc. aus Lithionglimmer zu gewinnen. kohlensaures Natron enthält. Das erstere zeichnet sich durch die Leichtigkeit, mit welcher es verwittert, und die ihm eigene Krystallform aus. Das aus dem octaedrischen Drittel- Phosphat erhaltene hatte alle Eigenschaften und auch die Zusammensetzung des gewöhnlichen phosphor- sauren Natrons. Rammeisberg erwähnt, dass das kry- stallisirte Drittel-Phosphat und das aus ihm erhaltene Halb- Phosphat Spuren von Vanadin enthielten. Diesem Um- stände schreibt er es zu, dass das letztere nach dem Glü- hen einen gelblichen Silberniederschlag giebt, und auch die geglühte pyrophosphorsaure Magnesia öfter gelblich erscheint. (Berl. akad. Ber. — Chem. Centrbl. 1865. 12.) B. Ein Tereinfachtes YerfahreD^ das Lithium^ Rubidiiim^ Cäsium und Thallium aus dem Lithionglimmer zu gewinnen, theilt A. Schrötter mit. Der Lepidolith wird zu- erst geschmolzen, und zwar ohne allen Zusatz, worin eben das Wesentliche und Vortheilhafte dieser Me- thode liegt. Derselbe schmilzt bei der Rothglühhitze un- ter beträchtlichem Aufschäumen; man muss daher die Masse im Tiegel öfters umrühren. Ist eine Partie gehö- rig geschmolzen, so nimmt man sie mit einem eisernen Löffel aus dem Tiegel und kühlt sie in Wasser rasch ab. Es kann dann sogleich eine neue Menge des Minerals eingetragen werden, ohne dass es nothwendig ist, den Tiegel aus dem Feuer zu heben. Am besten würde sich zu dieser Operation im Grossen ein Flammofen eignen, von der Einrichtung, wie sie Kühl mann zum Schmel- zen des Wasserglases angegeben hat. Die so erhaltene milchweisse, zum Theil ganz durchsichtige glasartige Masse, deren Dichte 2,875 beträgt, wird nun fein ge- pulvert und dann geschlämmt. Sie giebt schon an das Schlämmwasser etwas von den darin enthaltenen Alkalien ab, aber nur wenig; man kann das Schlämmwasser bei den folgenden Operationen benutzen. Die geschlämmte breiige Masse wird nicht getrocknet, sondern derselben unmittelbar unter stetem Umrühren nach und nach die Hälfte der ganzen Menge von Salzsäure zugesetzt, die zur vollständigen Aufschliessung des Minerals nothwen- dig ist. War der Brei zu dickflüssig, so wird er nach einiger Zeit ganz fest, was vermieden werden muss ; man setzt daher vorher noch eine genügende Menge Verfahren^ Lithium etc. aus Lithionglimmer zu gewinnen. 141 Wasser zu. Nach 24 Stunden wird die Masse unter fortwährendem Umrühren bis nahe zum Kochen erhitzt und dann der noch übrige Theil der Salzsäure zugesetzt. Nachdem diese durch mehrere Stunden auf die Masse ge- wirkt hat^ ist der grössere Theil der Kieselerde abge- schieden und zwar wegen längerer Einwirkung der Säure mehr pulvrig als gelatinös. Um zu sehen, ob die Menge der angewandten HCl genüge, setzt man dem Filtrate von einer Probe der Masse einige Tropfen kohlensau- ren Natrons zu; bewirken schon diese einen bleibenden Niederschlag, so ist zu wenig HCl vorhanden, braucht man jedoch, um einen solchen zu erhalten, mehr davon, so wurde bereits die Säure im Ueberschuss zugesetzt. Für 1 Th. Lepidolith bedarf man ungefähr 2 Th. Salz- säure von 1,20 Dichte. Zu der noch heissen Masse wird nun Salpetersäure zugesetzt, um das Eisen vollstän- dig in Oxyd umzuwandeln; hierzu kann man sich auch des unterchlorigsauren Natrons bedienen. Die nach der Behandlung mit HCl ausgeschiedene Kieselsäure lost sich leicht in einer kochenden Lösung von kohlensaurem Natron, bis auf einen geringen Rückstand, der grössten- theils aus Quarz besteht, welcher dem Minerale beige- mengt war. Die lösliche Kieselerde bildet ein nicht werth- loses Nebenproduct bei diesem Processe. Die von der Kieselsäure abfiltrirte Flüssigkeit ist durch die vorhergegangene Operation so weit verdünnt, dass aus derselben durch Zusatz von kohlensaurem Natron nur Fe2 03, AP 03, CaO, MgO und MnO gefällt werden, während alles Lithion in Lösung bleibt. Hat man die Fällung bei kochender Flüssigkeit vorgenommen, so wird der grösste Theil der genannten Oxyde daraus entfernt und die Lösung enthält nur noch die Chloride des Lithium, Rubidium, Cäsium, Thallium, Kalium und Natrium, sehr wenig Kieselerde und eine geringe Menge von schwefelsauren Kalisalzen, deren SO 3 von dem an- gewandt rohen kohlensauren Natron herrührt. Zur Fäl- lung der Base Fe2 03, A12 03 etc. wendet man natürlich nicht viel mehr von NaO, C02 an, als eben hierzu erfor- derlich ist. Das alkalisch reagirende Filtrat wird in einem eiser- nen Gefässe eingedampft, wobei sich noch etwas MgO, CO 2 und MnO, CO 2 abscheiden, nach deren Entfernung man die Flüssigkeit mit HCl schwach sauer macht und dann von einer gesättigten Lösung von Kaliumplatin chlorid in Wasser etwas mehr hinzusetzt, als nach einer vor- 142 Verfahren^ Lithium etc. aus Lithionglimmer zu gewinnen. läufig gemachten Bestimmung nöthig ist, um alles Rubi- dium, Cäsium und Thallium in die entsprechenden Platin- verbindungen zu verwandeln. Die vorläufige Bestimmung der Menge der zuzusetzenden Kaliumplatinchloridlösung muss jedoch mit Pt CP geschehen, da die Abscheidung der letzten Portionen des Rubidiums durch Kaliumplatin- chlorid nur langsam und schwierig erfolgt. Je mehr näm- lich eine Flüssigkeit Kaliumchlorid enthält, desto weniger ist Kaliumplatinchlorid darin löslich, so dass eine ganz concentrirte Lösung von KOI nur Spuren der Platinver- bindung zu lösen vermag. Es lässt sich daher das KCl^ PtCP aus seiner Lösung in Wasser fast gänzlich fällen, wenn man eine genügende Menge von KCl zusetzt und die- selbe dann so weit abdampft, bis dieselbe herauszukry- stallisiren beginnt. Da nun der Gehalt der obigen Lösung an KCl in dem Masse wächst, als sich Rubidium etc. durch das zu- gesetzte KCl, Pt C12 ausgeschieden hat, so geschieht es, dass sich neben dem Rubidium Platin chlorid etc. zugleich auch KCl, Pt CP auszuscheiden beginnt, so dass die Flüssigkeit noch Rubidium enthält, während doch schon neben dem Rubidiumsalz auch Kaliumplatinchlorid heraus- fällt. Man muss daher die kalk gesättigte KCl, Pt Ci21ö- sung zu der vorher erhitzten Flüssigkeit mischen und sie dann bis zum Herauskrystallisiren der KCl eindampfen. Hierbei wird das sich mit ausscheidende KCl, PtCP nach und nach in Rubidiumplatinchlorid umgesetzt und man gelangt so zu einer möglichst vollständigen Abscheidung des Rubidium etc. Indessen muss man immer noch die Flüssigkeit auf Rubidium mittelst des Spectralapparats untersuchen und wenn sie davon noch enthält, eine neue Abdampfung unter Zusatz von etwas Kaliumplatinchlorid- iösung vornehmen. Obwohl die vollständige Abscheidung der genannten Metalle durch dieses Salz, welches hierzu zuerst von Lefevre vorgeschlagen wurde, mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist, so muss sie doch der frac- tionirten Fällung mit Platin chlorid weit vorgezogen werden, weil die Arbeit doch noch eine geringere ist und man mit einer weit kleineren Menge von Platin ausreicht. Das durch die vorhergehenden Operationen abgeschie- dene Gemenge von Rubidium-, Cäsium- und Thalliumpla- tinchlorid wird abgesondert und für sich weiter behandelt. Aus dem Filtrate erhält man das überschüssig zugesetzte Platin am besten durch Schwefelammonium wieder. Es ist dieses Verfahren der Anwendung des Zinks Verfahren, Lithium etc. aus Lithionglimmer zu gewinnen. 143 oder Traubenzuckers bei weitem vorzuziehen. Aus der vom Platinsulfid getrennten Flüssigkeit ist nun das Li- thion zu gewinnen. Dies geschieht, indem man dieselbe concentrirt und das Lithion mit kohlensaurem Natron als kohlensaures Salz fällt. Hat man hierbei vorher das NaCl und KCl durch Herauskrystallisiren grösstentheils entfernt und das Ammoniak durch Zusatz von Aetznatron vertrieben, so kann man die Mutterlauge, aus der das Li- thion gefällt wurde und die immer noch etwas Lithion neben überschüssiger NaO, CO^ enthält, bei der nächsten Operation wieder verwenden. Hinsichtlich der Bearbei- tung des Glimmers von Zinnwald gilt was vom Lepi- dolith angeführt wurde, da beide Mineralien im Ganzen genommen, dasselbe Verhalten zeigen. Der Glimmer schmilzt jedoch leichter, schäumt dabei weniger auf als der Lepidolith und giebt eine dunkelgrüne glasartige Masse, deren Dichte 2,27 beträgt. Da derselbe weit mehr Eisen enthält als der Lepidolith, so ist es vortheilhafter, die Oxydation desselben mit unters chlorigsaurem Natron als mit NO^ zu bewirken. Die weitere Behand- lung bleibt dieselbe. Nach Schrötter's Analysen enthält der Lepido- lith 3,19 Proc. Lithion (= 1,476 Proc. Lithium ent- sprechend 7,8 Proc. LiO,C02), 0,536 Proc. cäsiumhaltiges Rubidiumoxyd und 0,006 Pioc. Thallium. 100 Th. quarzfreier Lepidolith enthalten nach ihm 51,746 Th. Kie- selerde und erleiden beim Schmelzen 1,513 Proc. Glüh- verlust. Im quarzfreien Glimmer von Zinnwald fand Sehr Ott er 49,782 Proc. Kieselerde, 0,75 Proc. cä- siumhaltiges Rubidium, 0,814 Proc. Lithium und 0,0065 Procent Thallium. Das hieraus gewonnene Rubidium ist reicher an Cäsium als das aus Lepidolith gewonnene. ( Wiener Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Math.-naturw. Classe. L. Bd. IL Heft. IL Ahth. IS. 268—284.) H. Ludwig. Heber die Trenuuug von Rubidium und Cäsium in Form der Alaune hat Joseph Redtenbacher Versuche veröffentlicht. Die bisherige Trennungsmethode von K, Rb und Cs beruht auf der verschiedenen Löslichkeit der Platin dop- pelsalze. Diese von Bunsen, dem Entdecker dieser Metalle, zuerst gefundene Methode bietet die Schwierig- keit der Schwerlöslichkeit der genannten Platinsalze, 144 Trennung von Ruhidium und Cäsium. so dass, wenn man grössere Mengen von Material bear- beitet, man grosse Mengen von Flüssigkeit zu bewältigen hat und dass, selbst wenn man fractionirt arbeitet, die Anwendung von Platin den Vorgang kostspielig macht und die fabrikmässige Darstellung von vornherein hindert. Die Trennung als weinsaure Salze setzt die vor- herige Anwendung der Platinsalze voraus. Redtenbacher versuchte, ob nicht die verschiede- nen Alaune von K, Rb und Cs durch fractionirte Krystal- lisation sich trennen Hessen und diese Versuche gelangen. In der chemischen Fabrik des Herrn Dr. Würth stellt Dr. Schorm Lithionpräparate aus dem mährischen Lepidolith von Roczna in grossem Massstabe dar. Von ihnen erhielt Redtenbacher das Material zu seinen Versuchen. Bei Bearbeitung der Rückstände, aus welchen das LiCl ausgezogen war, um daraus mit Platinsalz das Cs und Rb zu gewinnen, fiel die Ausbeute, den bisherigen Erfahrungen entgegen, so geringe aus, dass auf einen Verlust dieser Metalle in den Operationen der Fabrik ge- schlossen werden musste, da auf einen ungeheueren Ueber- schuss von Kalium ganz unbeträchtliche Mengen von Ru- bidium und nur Spuren von Cäsium sich vorfanden. Der Lepidolith wird in der genannten Fabrik mit Schwefel- säure aufgeschlossen, die geglühte Masse mit Wasser ausgezogen, die wässerige Lösung zur Krystallisation ein- gedampft, um die meiste Thonerde als Alaun zu entfer- nen. Wenn man die Schwerlöslichkeit der Alaune im Verhältnisse der Zunahme des Aequivalents ebenfalls zu- nimmt, so mussten in den ersten Alaunkrystallisationen obiger Fabrik sich vorzüglich Rubidium und Cäsium fin- den. Die ersten Alaunproben, welche Redtenbacher aus der Fabrik erhielt, gaben schon ohne vorheriges Um- krystallisiren das deutlichste Spectrum von Rubidium und Cäsium. Es wurden hierauf 37 Pfd. Alaun in Arbeit genommen und daraus durch eine Reihe von Krystallisationen aus Wasser 1/4 Pfd. reiner Cäsiumalaun, 1/2 Pfd. reiner Rubidiuraalaun und 2 Pfd. eines vollkommen kalifreien Gemenges von Rubidium- und Cäsiumalaun erhalten, wel- ches erst später aufgearbeitet werden soll. In der Mut- terlauge fand sich als das leichtest lösliche Salz auch der Thalliumalaun mit starkem Eisenoxydgehalte. Bei dieser Veranlassung wurden einige Eigenschaften des Rubidium- und Cäsium alauns näher untersucht. Schon Bunsen beobachtete die Krystallgestalt derselben als Trennung von Rubidium und Cäsium. 145 tesseral. Dr. Tschermak untersuchte ausgesuchte Kry- stalle derselben, welche ihm Redtenbacher hierzu übergeben hatte. Die Krystalle des Rubidiumaiaunes sind re- guläre Octaeder, deren Kanten und Ecken durch die Flächen des Rhombendodekaeders und Hexaeders schwach abgestumpft erscheinen; nur selten sieht man die Flächen des Pentagonaldodekaeders. Der Cäsiumalaun zeigt ebenfalls tesserale Kry- stalle, die oft sehr flächenreich sind, dabei aber ebenfalls immer die Flächen des Octaeders aufweisen. Eine häu- fige Combination ist die des Octaeders mit dem Pentago- naldodekaeder, in welcher sich die beiden Formen oft das Gleichgewicht halten, so dass die bekannte mit 20 Dreiecken begrenzte Gestalt ergiebt. Sonst sieht man das Octaeder mit den Flächen des Hexaeders, Pentago- naldodekaeders und mit dem Ikosetetraeders. Eigenthümlich ist für den Cäsiumalaun das bestän- dige Auftreten der Flächen des Pentagonaldodekaeders, die bei dem Kalialaun nur ausnahmsweise vorkommen, wenn derselbe aus einer salzsauren Lösung krystallisirt. Das specifische Gewicht von Cäsiumalaun wurde = 2,003 gefunden, das des Rubidiumalauns = 1,874, wäh- rend Kopp das des Kalialauns = 1,724 fand. So wie das Aequivalent des Rb das mittlere von dem des K und Cs ist, so ist dasselbe Verhältniss in der Dichte ihrer 1^724 4- 2,003 ^ „ Alaune, denn — -1 — '- = 1,863. Beide Alaune sind in kochendheissem Wasser sehr leicht löslich, dafür aber in kaltem Wasser viel schwerer löslich als Kalialaun. 100 Th. Wasser lösen bei 160 C: 2,271 Th. Rubidiumalaun, oder 1 Th. Rubidiumalaun löst sich bei 16^ C. in 44 Th. Wasser und die Lösung hat ein spec. Gew. = 1,0125. 100 Th. Wasser bei 170 C. lösen 0,6188 Th. Cä- siumalaun, oder 1 Th, Cäsiumalaun löst sich bei 170C. in 160 Th. Wasser und die gesättigte Lösung hat bei 170 C. ein spec. Gew. = 1,0036. Poggiale fand für Ka- lialaun folgende Zahlen: 100 Th. Wasser bei 170 C. lösen 13,5 Th. Kali- alaun, oder 1 Th. Kalialaun bei 170 C. löst sich in 7,4 Theile Wasser. Die Löslichkeit dieser 3 Alaune bei 170 (J. verhält sich zu einander wie 13,5 (K) : 2,27 (Rb) : 0,6188 (Cs) Arch. d. Pharm. CLXXVII. Bds, 1. u. 2. Hft. 10 146 Trennung von Rubidium und Cäsium. oder in ganzen Zahlen ausgedrückt wie 22 (K) : 4 (Rb) : 1 (Cs) während die Löslichkeit der Platinsalze dieser Metalle sich nach Bunsen verhält K : Rb : Cs bei 170 C. 15 : 2 ; 1 „ 1000 C. 14 : 1^7 : i. Die Alaune bieten also den Vortheil, dass sie in heis- sem Wasser sehr leicht löslich, in kaltem Wasser aber ziemlich schwerlöslich und dass ihre Löslichkeitsdifferen- zen grösser sind, als die der Platinsalze. Man hat also geringere Mengen von Flüssigkeit zu bearbeiten und die Trennung gelingt leichter. Wenn bei Darstellung der jetzt so häufig gebrauch- ten Lithionsalze der vorher nach Schrötter geschmol- zene Lepidolith statt mit HCl mit SO^ aufgeschlossen wird, so können die Fabriken den Chemikern schon reine Rubidium- und Cäsium salze liefern, vorausgesetzt, dass .sie das Spectroskop dabei anwenden. Zur Reinigung des käuflichen Kalium- und Cäsium- haltigen Chlorrubidiums verwandelt man es mit Hülfe von Ammoniakalaun in die entsprechenden Alaune und trennt diese durch Umkrystallisiren. Man rechnet für die anzuwendende Menge Salz die äquivalente Menge von Ammoniakalaun, löst letzteren in so viel Wasser als er bei 170 C. zur Lösung braucht, setzt dann das Rubidium- und Cäsiumsalz zu, kocht auf bis zur Lösung des letzte- ren und lässt durch Erkalten krystallisiren. Die Kry- stallisation wird gestört, um kleine Krystalle zu erhalten. Diese werden abfiltrirt, mit kaltem Wasser gewaschen und noch einmal umkrystallisirt. So gelingt es oft mit dieser zweiten Krystallisation schon ein reines Salz zu erhalten. Es erklärt sich dies aus der Löslichkeit der Salze. Es lösen sich nämlich bei 170 C. in 10 Th. Wasser 0,619 Th. Cäsiumalaun CsO.S03+A1203,3SO-f24HO, 2,27 „ Rubidiumalaun RbO, S03-f A1203, 3S03 + 24 HO, 12,7 „ Ammoniakalaun H4NO,S03 + A1203,3S03 24 HO, (darin 1,74 Th. H4N0, S03) 13,5 „ Kalialaun KO, S03 -L APOS, 3 S03 4- 24HO, (darin 2,85 Th. KO, S03) 11,3 „ schwefelsaures Kali KO, S03, 33,3 „ Chlorkalium KCl, Zur Bestimmung des Kalkes als Äetzkalk. 147 37,7 Th. Chlorammonium H^NCl und 50^0 „ schwefelsaures Ammoniak H^NO, SO 3. {Wien. Sifzungshei\ d. k, Akad. d. WissenscJi. Math.-naturw, Classe. LLBd. IIL H. Jahrg. 1865. März. If. Ahth. S.247 — 251.) H. Ludwig, Zur Bestimmang des Kalkes als Aeükalk; von Franz Stolba in Prag. Der Verfasser bedient sich zu seinen Versuchen einer aus sechs gewöhnlichen einfachen Bunsen'schen Brennern construirten Gaslampe, in welcher die Brenner in einem Kreise von 112 Millim. Durchmesser stehen. Um die Hitze gehörig zusammen zu halten, wendet derselbe einen bereits vielfach empfohlenen Schornstein von Eisen oder Thon zum Zusammenhalten der Flammen an und setzt auf denselben den Platintiegel im Platintriangel. Quanti- täten von Kalk, welche 1 Grm. nicht übersteigen, erhitzt man 10 — 15 Minuten lang im vollen Gasstrome und kehrt dann mittelst eines Platindrähtchens, welches am Ende gebogen ist, den lose zusammenhängenden Kuchen der Art um, dass die Theile, welche früher unten lagen, nun oben auf kommen, glüht abermals 10 — 15 Minuten, lässt erkalten und wiegt. Auf diese Weise erhielt der Verf. bei der erwähnten Menge den Kalk stets vollkommen ätzend. Es zeigte sich bei wiederholtem Glühen das Ge- wicht als constant und Salzsäure entwickelte keine Spur von Kohlensäure. Mengen über l — 2 Grm. kohlensauren Kalkes wer- den auf angegebene Art nicht vollständig ätzend, weil die Schicht zu hoch ist. In diesem Falle hilft man sich, indem man den kohlensauren Kalk gleichförmig am Boden und an den Seiten des Platintiegels ver- theilt, so dass es sich bis auf einige Linien dem Rande des Tiegels nähert, was am besten mittelst eines runden glatten Glasstäbchens geschieht. Etwa am Glasstäbchen befindliche Theile des kohlensauren Kalkes werden mit einem Platindrahte entfernt oder an einem ^ 4 Quadrat- zoll grossen Streifen von schwedischem Filtrirpapier ab- gewischt, worauf man das Papier am Deckel verbrennt. Mengen über 2 Grm. ätzend zu brennen, hält der Verf. das Gasgebläse für nöthig. Die sich dabei aufdringende Frage, ob bei dieser Bestimmung die Anwendung des Gases nicht Fehlerquel- len verursacht, hält der Verf. für wohl zu beachten und 10* 148 Phosphorit aus Spanien. schreibt deshalb vor, sich durch besondere Versuche zu überzeugen, ob sich bei den angestellten Versuchen nicht etwa schwefligsaurer Kalk, oder durch Oxydation dessel- ben schwefelsaurer Kalk, oder durch Reduction desselben Schwefelcalcium bildet, wodurch eine derartige Bestim- mung statt genauer, wie die gewöhnliche, als kohlensau- rer Kalk, nur ungenauer werden würde. Bei Anwendung des Prager Leuchtgases und bei Dauer von 40 Minuten Glühung hat Verf. derartige Producte nie gefunden. Um mehrere Gramme völlig reinen Aetzkalk darzustellen, er- leichtert Herr Stolba die Ausbeutung der Kohlensäure, indem er den Tiegelinhalt 10 — 15 Minuten lang stark glöht, nach vollständigem Erkalten den Tiegel schief stellt und mittelst eines Glasstäbchens so viel Wasser in Tropfen einfallen lässt, dass der Tiegelinhalt gleichförmig befeuch- tet wird. Dabei entstand Kalkhydrat und die Masse er- hitzte sich bedeutend. Man bedeckt nun den Tiegel mit seinem Deckel und bringt ihn in eine gleiche Höhe mit der möglichst kleinen Flamme des Bunsen'schen Bren- ners und erwärmt nun den übergreifenden Theil des Deckels so, dass sich der Tiegel von oben nach unten erhitzt, das Austrocknen allmälig von Statten ging und jeder Verlust vermieden wurde. Der trockene Inhalt wurde dann heftig geglüht und auf diese Weise der ge- wünschte Zweck auch bei etwas niederer Temperatur er- reicht. Man thut dabei am besten, wenn man vor dem jedesmaligen Glühen den Tiegelinhalt in einer Achatreib- schale gleichförmig mengt, damit alle Theile mit der heis- sesten Stelle in Berührung kommen und dann so den ge- wünschten Zweck auch bei grossen Mengen möglichst vollständig erreichen. {Dingl. Journ. 1865. H, 5. S. 381.) Bkh. lieber den Phosphorit ans Spanien. Dieses Mineral ist nach Forde s folgendermassen zusammengesetzt : Fluorcalcium 8,01 Chlorcalcium 0,16 Kalk 41,03 Magnesia 0,12 Thonerde 1,75 Eisenoxyd 1,19 Phosphorsäure 44,12 Schwefelsäure Spur Darstellung des Magniums. 149 Kohleusäure 0,40 Unlösliches 1,41 Wasser 1,44 99,63. {PMlos. Mag. 1865. — Chem. Centrhl. 1865. 33.) B. lieber die Darstellung des Magniums; von Reynolds. Das Magnesium entwickelt bei der Verbrennung ein sehr weisses intensives Licht, welches eine starke che- mische Wirkung ausübt. Es ist daher zu photographi- schen Zwecken vorgeschlagen worden und wird ohne Zweifel auch noch andere Anwendung als Beleuchtungs- material finden. Es handelt sich nur um eine wohlfei- lere Darstellung des Metalls. Sonstadt hat ein Patent darauf genommen. 5 Th. des Doppelsalzes aus Chlor- magnesium und Chlorkalium werden in einem eisernen Tiegel mit 1 Th. Natrium erhitzt, wodurch das Metall reducirt wird und sich in kleinen Kugeln abscheidet. Die geschmolzene Masse wird mit Wasser behandelt, welches Chlorkalium und Chlornatrium auflöst und Magnesium zurücklässt. Dies ist im Wesentlichen die Bunsen'sche Methode. Das Eigenthümliche der Sonstadt'schen besteht in der auf die Reduction folgenden Destillation des Metalls in einer Atmosphäre von Wasser sto ff gas, wodurch eine Reinigung desselben bezweckt wird. Das Magnesium de- stillirt ungefähr bei derselben Temperatur wie Zink. Man kann das Magnesium auch aus dem obenerwähn- ten Doppelsalze durch den galvanischen Strom reduciren. Zu dem Ende bringt man dasselbe in der Kugel einer thönernen Pfeife zum Schmelzen, während man durch das Rohr der letztern vom negativen Pole einer Galvanischen Säule einen eisernen Draht in die Masse einführt und die Oberfläche der letztern vom positiven Pole her mit einem andern Drahte berührt, der sich in ein Stückchen Gas- coak endigt. Nach kurzer Zeit findet die Ausscheidung des Metalls statt. Soll das Magnesium zur Photographie benutzt werden, so muss es die Form eines Drahtes oder dünnen Blechs haben. Es hat damit seiner geringen Ductilität wegen grosse Schwierigkeiten. Am besten gelingt das Auszie- hen bei annähernder Rothglühhitze. Uebrigens hält man 150 Bildung von phosphor saurer Ammoniak-Magnesia. die Cautelen bei dieser Arbeit geheim. Aus dem Draht wird durch Abplattung zwischen Walzen Blech dargestellt, welches sich zur Verbrennung besser eignet als der Draht selber. {Pharmac. Journ. and Transact. IL Ser. Vol. VI. No. 9. ApHl 1. 1865. p. 543.) Wp. Löslichkeit von Magnesia in Alkalisalzen; nach R. Warrington. Die wohlbekannte Thatsache, dass Ammoniaksalze die Fällung von Magnesia verhindern, lässt sich auch, wenn auch in geringerem Grade, bei den Salzen der fixen Alkalien nachweisen. Eine Lösung, die neben Chlormagnesium auch Chlorkaliura oder Chlomatrium enthielt, wurde mit Kalilauge gefällt und im Filtrat auf gewöhnliche Weise die Mangnesia bestimmt. Es zeigte sich, dass in beiden Fällen die Anwesenheit dieser Salze die Magnesia vor vollständiger Fällung geschützt hatte. Nimmt man zum Fällen einen grossen Ueberschuss von Kalilauge, so kön- nen im Filtrate bloss Spuren aufgefunden werden, ganz wie auch Ammoniak in grossem Ueberschuss Magnesia- hydrat trotz Anwesenheit von Ammoniaksalzen nieder- schlägt. Versetzt man eine Auflösung von Magnesiasalz mit gerade so viel Salmiak und Ammoniak, dass beim Kochen kein Niederschlag entsteht, so wird das Gleichgewicht dieser Mischung alsbald bei Wasserzusatz zerstört, indem Magnesia niederfällt. Ammoniaksalze scheinen also im Verhältniss ihrer Concentration die Fällung zu verhindern. (Chem. Soc. Journ. 1865. — Chem. Centrhl. 1865. 25.) B. Bildung von phosphorsaurer Ammoniak -Magnesia; Nach E. Lesieur {Compt. rend. T. 59.) entsteht diese Verbindung durch zwei neue Reactionen, die von Inter- esse sind. 1 Aeq. phosphorsauren Ammoniak und 2 Aeq. Mag- nesia in der Kälte zusammengebracht, vereinigen sich direct zu dem Doppelsalz: H4N0, 2 HO, P05 + 2 MgO = H4N0, 2 MgO, PO^ -f- 2 HO. Auch kohlensaure Magnesia giebt diese Verbindung unter Entwickelung von Kohlensäure. Durch eine ähn- liche Reaction bindet die pyrophosphorsaure Magnesia Ammoniak, wenn man dieselbe mit freiem kohlensauren Prüfung eines Minerals auf freie Thonerde. 151 Ammoniak oder mit Schwefelammonium in der Kälte zu- sammenbringt: 2 MgO, P05 + H3N + HO = H4N0, 2 MgO, P05 u. s. w. Wenn man pyrophosphorsauren Kalk mit Magnesia sättigt, so dass die Flüssigkeit sehr schwach alkalisch ist, so entsteht ein Niederschlag, der ein Gemisch von phos- phorsauren Kalk mit pyrophosphorsaurer Magnesia ist und eine der Magnesia proportionale Menge Ammoniak absor- birt unter Bildung des Ammoniakdoppelsalzes. Diese sehr einfachen Reactionen können jedenfalls nutzbar zur Darstellung der phosphorsauren Ammoniak- Magnesia für die Zwecke der Agricultur dienen. (Joum. für p^akt Chem. Bd. 94. 2.) B. Die zwecknitässigste Art^ ein Mineral vorläufig auf den Clehalt an freier Thonerde für die Benutzung zur Alumimum -Gewinnung zu prüfen; nach Wedding. Den Boden eines Porcellantiegels von etwa ^/4 Zoll oberem Durchmesser und 1 Zoll Höhe bedeckt man mit einer schwachen Schicht Soda, schüttet darauf 1/2 Grm. der zu untersuchenden Substanz, welche fein gepulvert und mit 2 Grm. calcinirter Soda innig gemengt ist, stampft die Masse mit dem Pistill ein und giebt nun noch eine Decke von 2 Grm. reiner Soda, die gleichfalls einge- drückt wird. Man bedeckt nun den Tiegel und erhitzt ihn über einem guten einfachen Gasbrenner, steigert die Hitze allmälig, wendet dann 20 Minuten lang einen so hohen Temperaturgrad an, dass die Natronaluminat - Bil- dung vor sich geht, ohne dass ein Schmelzen eintritt. Der nöthige Hitzgrad ist leicht zu bestimmen, indem man die Flamme so regulirt, dass in einem gleichen Gefässe kohlensaures Kali-Natron in Fluss kommt. Man entleert nun den Inhalt des Tiegels in ein Becherglas, nachdem man den grössten Theil der Sodadecke vorher entfernt hat, was meistenstheils ohne Verlust an Mineral gesche- hen kann, digerirt die Masse in dem Becherglase mit destillirtem Wasser und filtrirt. Das Filtrat fängt man in einem kleinen Becherglase von bestimmtem Querschnitt auf, säuert dasselbe schwach mit Schwefelsäure und fällt die Thonerde mit Ammoniak. Hatte man 1/2 Grm. Bau- xit oder irgend ein Präparat, dessen feiner Thonerdege- halt bekannt ist, auf gleiche Weise so behandelt und die Thonerde in einem Becherglase von gleichem Querschnitt 152 Verhalfen einiger Metalle zu gewissen Chloriden. niedergeschlagen, so kann man die Volumina mit einan- der vergleichen und annähernd . den Gehalt an freier Thonerde in dem zu untersuchenden Mineral erkennen, und so erfahren, ob die Wägung der Thonerde lohnt oder nicht. ( Verhandl. des Ver. z. Bef'örd. des Gewerhfl. in Preuss, 1864. S. 198. — Dingl Journ. 1865. 4. Hft. S. 294.) Bkh. lieber das auffallende Verhalten einiger IHetalle zn ge'wissen Chloriden. Beim Zusammenreiben von Aluminium in dünnster Blattform und Quecksilberchlorid (sog. Sublimat) findet eben so wenig eine chemische Aufeinanderwirkung statt, wie beim Zusammenreiben des letzteren mit fein zertheil- tem Eisen- oder Zinkstaub. Setzt man aber einem sol- chen, aus circa 3 Th. Quecksilberchlorid und 1 Th. der genannten Metalle bestehenden Gemische unter Umrühren einige Tropfen Wasser hinzu, so erhitzt sich dasselbe nach Böttger's Angabe aufs heftigste und es entsteht in diesem Falle eine innige Verbindung mit dem einen oder dem anderen der genannten Metalle, d. h. ein Eisen-, Zink- oder Aluminium-Amalgam. Bringt man etwas me- tallisches Aluminium zu einer Auflösung von Platinchlo- rid, so findet schon bei gewöhnlicher mittlerer Tempera- tur eine Zersetzung dieses Chlorides statt, es entwickelt sich dabei tumultarisch Wasserstofigas, unter Bildung von Chloraluminium und Abscheidung sogenannten Platinschwar- zes. Behandelt man auf gleiche Weise eine Auflösung von Goldchlorid, so scheidet sich metallisches Gold in fein zertheiltem Zustande aus. Blattaluminium, so dünn ausgeschlagen, wie Blattgold, verbindet sich in Chlorgas eingesenkt, bei gewöhnlicher Temperatür nicht mit die- sem Gase unter Feuerscheinung, wohl aber sehr leicht unter gleichzeitiger Verbreitung eines höchst intensiven weissen Lichtes, wenn man eine dünne messingene Kla- viersaite an dem einen Ende mit etwas unechtem Blatt- golde umgiebt, dieses dann mit Blattaluminium umwickelt und sodann in ein mit Chlorgas gefülltes Glas mit weiter Mündung einsenkt. {Polyt. Centrhl. 1864. 17.) B. Darstellung einer für Farben geeigneten Thonerde. Die bis jetzt üblichen Methoden zur Darstellung einer reinen Thonerde, als geeignetes Material, um Far- Darstellung einer für Farben geeigneten Thonerde. 153 ben damit zu verdüunen und zu vermischen, führen manche Uebelstände mit sich, nach Dulio erhält man aber die Thonerde als höchst weiches zartes Pulver, das durchaus nicht gelatinös ist, sich gut aus der Flüssigkeit absetzt und von höchster Feinheit ist, wenn man folgendermassen verfährt : Man löst 1 Kilogrm. Alaun in 5 Quart Wasser, zu- gleich auch 5 Grm. Kupfervitriol und thut etwa 1/2 Pfd. Zinkblechschnitzel in die Flüssigkeit, die man 2 — 3 Tage massig warm stehen lässt, unter zeitweiliger Erneuerung des Wassers. Das Kupfer wird zuerst gefällt, und lagert sich dann sehr dicht auf das Zink, wodurch beide Metalle ein ziemlich starkes Volta'sches Element bilden. Es ent- wickelt sich Wasserstoff, schwefelsaures Zinkoxyd löst sich und nach und nach scheidet sich die reine Thonerde als höchst zartes Pulver aus. Man lässt aber genau die Einwirkung nur so lange dauern, bis durch Ammoniak im üeberschuss keine dauernde Fällung mehr erzeugt wird, da bei längerer Einwirkung sonst die Thonerde eisenhaltig und gelblich gefärbt ist. Die so gefällte Thon- erde lässt sich leicht auswaschen, weil sie kein Alkali enthält, welches so sehr der Thonerde anhängt, und sie hat den grossen Vortheil, dass sie sich beim Trocknen nicht so sehr zusammenzieht und reisst, sondern sie bleibt als feines Pulver, dass sich in allen Lösungsmitteln der Thonerde mit grösster Leichtigkeit löst. Durch leichtes Umrühren mit dem Glasstabe kann man die Thonerde mit der Flüssigkeit so abgiessen, dass nichts von dem Zink, dem Kupfer und dem im Zink enthaltenen Blei in die Thonerde übergeht, da die Metalle sehr fest auf ein- ander haften. Treibt man die Einwirkung bis über die Ausscheidung des Eisenoxyds hinaus, so bildet sich spä- ter basisch -schwefelsaures Zinkoxyd, das sich der Thon- erde beimischt, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass, wenn sich eine hinreichende Menge von Zinkoxyd nie- dergeschlagen hat, aus diesem Gemische von Thonerde und Zinkoxyd durch erhöhte Temperatur und Einwirkung eines reducirenden Körpers grüne Farben entstehen. Auf keine andere Weise kann ein schönes Präparat im höch- sten Zustande der Reinheit und Feinheit erhalten werden, als auf diesem Wege der Darstellung. {Deutsche illustr. Gew.-Ztg. 1865. 2.) B. 154 Calcütf ein neues Thonerdehydrophosphat. Cala'it^ ein neues Thonerdehydrophosphat, aus einem celtischen Grabe; von Damour. Die Mineralsubstanz wurde in einem celtischen Grabe bei Maneer - H'roek in Lockmariaquer während der Nach- grabunscen gefunden, welche die Societe Polymathique von Morbihan unter Leitung von Rene Galles anstellen liess. Es waren einförmige Schmuckgehänge und Hals- bandperlen von der Grösse einer Linse bis zu der eines Taubeneies. Die abgerundeten und an ihren Rändern polirten Perlen zeigten meistentheils zwei einander ge- genüberliegende ebene Flächen und in der Mitte eine mehr oder minder symmetrische Durchbohrung, welche un- gleich weit nach aussen sich erweitert, wie man es bei den ältesten bearbeiteten Steinen und noch heute bei einigen wilden Volksstämmen beobachtet hat. Die Farbe der Substanz ist apfelgrün, dem Smaragd- grün sich nähernd, einige Stücke sind durch weisse und bläuliche Partien wie marmorirt, andere durch braune oder schwarze Adern und Puncto gefleckt in Folge einer thonigen Beimengung. Das Mineral ist durchscheinend etwa wie Chrysopras; der Bruch ist dicht wie beim Wachse; es ritzt Kalk, wird leicht durch eine Stahlspitze geritzt; das Pulver ist weiss; Dichte = 2,50 — 2,52. In einer Glasröhre Unter Rothgluth erhitzt entlässt es viel Wasser, das auf Lackmus keine Reaction ausübt, es decrepitirt, verliert die Farbe, wird opak, chocoladen- braun und sehr leicht zerreiblich. Unschmelzbar; Borax und Phosphorsalz lösen das Mineral ohne bemerkliche Färbung, Kupferreaction tritt nicht ein, wenn dem Phos- phorsalze ein Zinnkügelchen zugesetzt wird. Salpeter- säure und Salzsäure hinterlassen ein unlösliches weisses Pulver; das vorher calcinirte Mineral wird von Salpe- tersäure fast ganz gelöst, es hinterbleibt ein geringer brauner Rückstand von Kieselerde und Eisenoxyd. In der salpetersauren Lösung giebt Cemitrat einen reich- lichen blassgelben phosphorsäurehaltigen Niederschlag. — Aetzkali wirkt selbst in der Kälte lösend darauf mit Hin- terlassung eines geringen graulichen Rückstandes. Bei der quantitativen Analyse wurde die Phosphor- säure nach der Methode von Aime Girard in der sal- petersauren Lösung durch Zinn bestimmt; aus der Phos- phorsäure freien sauren Flüssigkeit durch Schwefelammo- nium die Thonerde nebst etwas Schwefeleisen gefallt, durch Calciniren und Schmelzen mit Kali rein dargestellt; Calait, ein neues Thojierdehydrophosphat. 155 die zur Trockne verdampfte schwefelammoniakalische Flüs- sigkeit hinterliess etwas Kalk und Manganoxyd. Gefunden Sauerstoff Verbältniss Phosphorsäure 0,4258 0,2398 5 TLonerde 0,2957 0,13771 Eisenoxyd 0,0182 0,0055/ ^^^^^^ "^ Wasser 0,2362 2,2099 5 Kalk 0,0070 Manganoxyd Spur Kieselerderückstand . . . 0,0210 1,0039. Diese Zusammensetzung entspricht der Formel: A1203, P05 -f 5 HO, welche ergiebt: 1 Aeq. Phosphorsäure 887,5 = 0,4239 Grm. 1 „ Thonerde 644,0 = 0,3075 „ 5 „ Wasser 562,5 = 0,2686 „ 2094,0. 1,0000. Es fehlt etwas Wasser, welches jedoch beim Liegen an der Luft entwichen sein kann, wie es ja überhaupt schwer ist bei amorphen, fremde Stoffe enthaltenden ÄÜ- neralien analytische Resultate zu erhalten, welche der theoretischen Annahme durchaus entsprechen. Das Mineral enthält dieselben Bestandtheile nur in andern Verhältnissen wie der orientalische Türkis, wel- cher nach den Untersuchungen von Hermann und Ri- vot annähernd die Formel 2A12 03,P05 -f 5 KO hat: 1 Aeq. Phosphorsäure.. 887,5 = 0,3241 Grm. 2 „ Thonerde 1288,0 = 0,4704 ^ 5 „ Wasser 562,5 = 0,2055 „ 2738,0. 1,0000. Beide Mineralien unterscheiden sich durch die Ver- hältnisse ihrer constituirenden Bestandtheile und auch durch ihre physikalischen Eigenschaften. Der Türkis ist mehr opak als durchscheinend, seine eigentliche Farbe ist mehr oder weniger gesättigt himmelblau, Härte und Dichte sind grösser als die des neuen Minerals. Die Farbe des Türkises stammt von Kupferoxyd her, während die des Calaits nach Damour von dem Eisenoxyde her- rührt. Mehrere Mineralogen bezeichnen den Türkis als Calait, indem sie sich auf eine Stelle des Plinius bezie- hen, der über den Callais spricht. (S. Plin. Hist. nat. Üb. XXXVIL, cap. XXXIII.) Man muss Türkis und 156 Yttererde. Calait als besondere Species in der Classifi- cation sondern. Wie der Calait in die celti sehen Gräber von Mor- bihan gekommen ist, giebt vom Standpuncte der Archä- ologie eine interessante Frage, denn in ganz Frankreich existirt kein ähnliches Mineral. In Sachsen, Schlesien und im Ural giebt es analoge Mineralien: Peganit = 2 A1203, P05 4- 6 HO; Variscit undFischerit = 2 APO^, PO 5 -|- 8 HO, keines aber entspricht den Eigenschaften des Calaits. Die Fundorte, welche Plinius für den „Cal- lais" angiebt, sind die des Türkises, und es ist nicht un- wahrscheinlich, dass der grüne Calait und der Türkis in denselben Lagern vorkommen. In dem archäologischen Museum zu Vannes hat man in celtischen Gräbern ge- fundene bläuliche Steine, die gewissen Varietäten des ge- meinen Türkises entsprechen; sie enthalten wie der Tür- kis und der Calait Phosphorerde, Thonerde und Wasser. lieber zugleich mit dem Calait gefundene Aexte von polirten Steinen will Damour später Mittheilungen machen. {Annal. de Chim. et de Phys. Janv. 1865.) Dr. Reich. Ceber Yttererde. Nach genauen Untersuchungen von O. Popp existirt von den drei von Mosander aufgefundenen Oxyden, der Terbin-, Erbin- und Yttererde, nur die letztere als das Oxyd eines selbstständigen Metalls, indem die Ter- bin- und Erbinerde mit den Ceritoxyden (Cer- und Di- dymoxyd) identisch sind. * Die reine Yttererde (das Mosander'sche Yttrium- oxyd ist alkali- und kalkhaltig) ist frisch gefällt eine dem Thonerdehydrat täuschend ähnliche kleisterartige Masse, von rein weisser Farbe, und stellt geglüht ein schweres gelblichweisses Pulver dar. Sie ist eine starke Base, treibt aus Ammoniaksalzen beim Kochen Ammoniak aus und zeigt in ihren Verbindungsverhältnissen viel Analo- gien mit der Magnesia. Die Yttriasalze besitzen alle im krystallisirten wasserhaltigen Zustande eine ihnen eigen- thümliche lichtrosenrothe Farbe und zeigen das Charak- teristische, dass Lösungen derselben, zwischen das Prisma eines Spectroskops und eine stark leuchtende Gasflamme gebracht, fünf schwarze Linien hervorbringen, die von den ähnlichen Spectrallinien des Didyms verschieden sind, und von denen merkwürdigfer Weise die eine im tiefen Violett, die andere im äussersten Roth liegt und so das Yttererde. 157 Lichtspectrum fast begrenzen. Das Aequivalentgewicht der Yttria, von Berzelius auf 40 festgestellt, ist aus dem Verhältniss der Schwefelsäure zur Yttria berechnet nach vier sehr nahe übereinstimmenden Analysen = 42; die Aequivalentzahl des Yttriurametalls wäre demnach 34 Das Yttrium ist feucht ein eisenschwarzes, schim- merndes Pulver, welches jedoch schon während des Trock- nens in Folge von Oxydation heller an Farbe wird; ge- trocknet ist es schwarzgrau, ähnlich dem Ferrum hydro- genio reductum. Unter dem Polirstahl zeigt es eisen- schwarzen metallischen Strich. Trocken oxydirt es sich bei gewöhnlicher Temperatur nicht an der Luft. Wasser wirkt bei gewöhnlicher Temperatur nur äusserst langsam, beim Kochen schneller darauf ein und bildet Oxyd; doch ist die vollständige Ueberführung in Oxyd auf diese Weise sehr schwer, indem das gebildete Oxyd Metall- partikelchen einhüllt. Von verdünnten Säuren, selbst Es- sigsäure, wird es mit grösster Leichtigkeit unter Wasser- ßtoffentwickelung gelöst; concentrirte Schwefelsäure wirkt nur schwierig darauf ein. Von Kalilauge wird es bei gewöhnlicher Temperatur nicht afficirt; beim Kochen fin- det zwar eine Wasserzersetzung statt, dieselbe hört aber auf, sobald das Kochen nachlässt. Auf Platinblech erhitzt verbrennt es mit intensivem Glänze zu Oxyd; in die Gasflamme gestreut verbrennt es mit ausgezeichnetem Funkensprühen, indem jedes Metallpartikelchen einen leuch- tenden Stern bildet. In reinem Sauerstoffgas findet die Verbrennung in noch intensiverem Grade statt und ge- schieht mit ausgezeichnetem blendenden Glänze. Schwefel-Yttrium, YS, entsteht durch starkes Glühen der Yttria in vollkommen trockenem Schwefel- kohlenstoffdampf unter gleichzeitiger Mitwirkung von trock- nem Wasserstoffgas. Es besitzt eine gelbgrüne Farbe, ist in Wasser unlöslich und zersetzt sich theilweise da- mit in Hydrat und Schwefelwasserstoff. In Säuren löst es sich leicht unter starker Schwefelwasserstoffentwicke- lung. Yttriumchlorür, YCl -f 6 HO, durch Auflösen von Yttria in SalzsäUre erhalten, krystallisirt in wohlaus- gebildeten rhombischen Tafeln, die sehr leicht zerfliessen und sich leicht in Alkohol lösen. Es ist nicht flüchtig und verbindet sich als Chlorobase mit negativeren Chlo- riden zu Chlorosalzen. Mit Quecksilberchlorid giebt es Krystalle von der Formel YCl -f 2 Hg Gl -f 6 HO. Yttriumjodür krystallisirt gleichfalls. 158 Yttererde. Yttriumeisencyanür, 2 YCy, FeCy, wurde durch an- haltendes Kochen von Yttria mit Berlinerblau gewonnen. Die Krystalle verwittern nicht an der Luft. Kalium - Yttriumeisencyanür, (2 K Cy, Fe Cy) -|- (2 YCy, Fe Cy), ist der körnig -krystallinische Nieder- schlag, welcher in sehr verdünnten Lösungen der Yttri- umsalze durch Kaliumeisencyanür hervorgebracht wird. Schwefelsaure Yttria, 2 (YO, SO^) -f 5 HO, kann schwer krystallisirt erhalten werden, weil die Lös- lichkeit des Salzes mit Temperaturzunahme in wachsen- dem Verhältniss abnimmt. Jede kaltgesättigte Lösung des Sulfats wird schon bei 30 bis 40^ getrübt; bei 60 bis 80^ und besonders beim Sieden scheidet sich fast sämmtliches Salz als schweres Krystallpulver aus. Das durch langsames Verdampfen im Wasserbade und das durch Sieden der Lösung sich ausscheidende Salz sind gleich' zusammengesetzt mit 2^/2 Aeq. Krystallwasser. Es besitzt eine schwach röthliche Farbe. Selensaure Yttria, 2 (YO, Se03) -f 5 HO, ist eben so wie das Sulfat zusammengesetzt, löst sich aber bei allen Temperaturen leicht und scheidet beim Kochen kein unlösliches Salz aus. Salpetersaure Yttria, YO, NO^ -f- 3 HO, kry- stallisirt in gut ausgebildeten rhombischen Tafeln, w^elche zerfliesslich und leicht löslich in Alkohol sind. Kohlensaure Yttria bildet sich bei Fällung einer Yttriumsalzlösung mit kohlensaurem Natron als gelatinö- ser Niederschlag, der sich durch Digestion mit einem üeberschuss von kohlensaurem Natron in kleine, weisse, schön glänzende Krystallnadeln von der Zusammensetzung YO, CO2 -f 3 HO verwandelt. Phosphorsaure Yttria ist ein hydratischer^ nicht krystallinischer Niederschlag, der längere Zeit mit Was- ser gekocht in ein unlösliches basisches und ein lösliches saures Salz zerfällt. Ersteres entspricht der Formel 3 YO, P05 4- 5 HO. Ausserdem wurden noch die Verbindungen der Yttria mit der Chlorsäure, Essigsäure, Oxalsäure, Citronensäure, Weinsäure, Buttersäure und Bernsteinsäure dargestellt und untersucht. {Annalen der Chevi. und Pharm. CXXXl, 179 — 201.) G. Zersetzung sjproducte einiger Harze. 159 Zersetznngsproducte einiger Harze dnrch schmel- zendes Mali. H. Hlasiwetz und L. Barth hatten vor einiger Zeit Mittheilungen in dieser Richtung über das Guajac- harz und das Galbanum gemacht; neuerdings haben sie das dort befolgte Verfahren auch auf die Benzoe, das sog. Drachenblut und die Aloe ausgedehnt, von welchen sie nun berichten. Auch über das Gummi- gutt, die Myrrha und die Asa foetida stellen sie Resultate in Aussicht. (Aus dem Guramigutt wurde zu- weilen Phloroglycerin erhalten; Asa foetida und Myrrha geben Säuren, die derjenigen aus Guajac höchst wahr- scheinlich gleich sind. Vcml. Sitzungsber. der k. Akad. d. Wiss. zu Wien. BJ. 49. H. 5." IL Ahth. S. 335.) Die näch- sten Operationen waren bei allen Harzen gleich und ver- liefen stets unter denselben Erscheinungen; nur ist zu bemerken, dass man sie in etwas grösserem Massstabe anstellen muss, um die Producte in Mengen zu erhalten, die eine leichtere Reinigung und Trennung zulassen. Sie haben von jedem der Harze mindestens 2 Pfund ange- wendet und diese selbst zuvor durch Behandlung mit Lösungsmitteln angemessen gereinigt, dann ,in Partien von I4 Pfund mit der dreifachen Menge Aetzkali ver- schmolzen. Das feste Kalihydrat wurde in eine geräu- mige Silberschale gebracht, mit wenig Wasser zur Lö- sung erhitzt und dann das Harz hinzugegeben. Anfangs schwimmt die erweichte Harzmasse in zähen Klumpen oben auf und die Einwirkung beginnt erst, wenn das Kali als Hydrat schmilzt. Die Masse wird dann homo- gen, beginnt zu schäumen, stösst aromatisch riechende Dämpfe aus und unter starker Wasserstoffentwickelung wird das Harz oxydirt. Das Schmelzen wird unterbro- chen, wenn das starke Schäumen, während dessen die Masse mit einem Silberspatel gerührt wird, im Abneh- men ist. Allzu langes Schmelzen endigt sonst leicht mit einem Erglimmen und Verkohlen der Masse. Hierauf wurde sofort in Wasser gelöst (der Menge nach das Vier- fache des angewandten KO, HO an Wasser) und mit einem entschiedenen Ueberschuss von verdünnter Schwe- felsäure versetzt. Hierbei scheidet sich wieder etwas Harz ab (bei Colophonium fast die ganze Menge des Genommenen; die Benzoe gab bedeutendere Ausschei- dung als Drachenblut, dieses mehr als Gummigutt). 160 Zersetzung s'producte einiger Harze, Bei jedem der bis jetzt so behandelten Harze fan- den sich in der abgesättigten Flüssigkeit beträchtliche Mengen von Essigsäure und andern flüchtigen Fettsäuren, die man durch Destillation scheiden kann. Bei dem Drachenblute und der Aloe fand sich hauptsächlich nur Essigsäure, bei Guajac, Benzoe und Gummigutt scheint sich auch Buttersäure und Propionsäure zu bil- den. Neben dem charakteristischen Gerüche dieser Säu- ren empfindet man stets auch jenen widerwärtigen Faeces- artigen, den man beim Schmelzen von Proteinsubstan- zen mit Kali und nachherigem Absättigen mit Säure erhält. Die mit SO 3 abgesättigte, von Harz und allenfalls ausgeschiedenem KO, SO^ abtiltrirte Flüssigkeit wurde nun 3 Mal mit dem gleichen Volumen Aether ausgeschüt- telt, welcher alle hier in Betracht kommenden Zersetzungs- producte in sich aufnimmt, so dass die ausgeschüttelten Flüssigkeiten nach dem Eintrocknen ein Salz geben, das an Alkohol nur Spuren jener Stoffe aufnimmt, die schon in ätherische Lösung gegangen sind. Die ätherischen Lösungen wurden destillirt, der Rückstand der Destilla- tion mit etwas Wasser versetzt und daraus durch Erhitzen im Wasserbade die letzte Spur Aether verjagt. Beim Stehen dieser meist dicklich gewordenen Flüssigkeiten krystallisirt in der Regel die eine oder die andere der gebildeten Substanzen, die in einigen Fällen abgepresst und für sich weiter behandelt wurden. In jedem dieser Auszüge befand sich ferner eine Substanz, durch essig- saures Bleioxyd fällbar, die dadurch von andern nicht fällbaren getrennt werden konnte. Es wurde darum mit der angemessen verdünnten Flüssigkeit diese Fällung vorgenommen und der Niederschlag mit HS zersetzt. Das von der Bleifällung abgelaufene Filtrat, ebenfalls mit HS entbleit, wurde für sich behandelt. L Benzoe. Die verwendete Benzoe war durch zweimaliges Aus- kochen mit kohlensaurem Kali, Auflösen des Rückstandes in Weingeist, Abdestilliren und Fällen mit Wasser ge- reinigt. Auch wurde die Harzmasse in Alpha-, Beta- und Gammaharz zerlegt; allein jedes dieser drei Harze gab dieselben Resultate, so dass man sich später mit der ersteren Reinigung begnügte. Aus dem ätherischen Auszuge der Schmelze kry- Zersetzung sp'oducte einiger Harze, 161 stallisirte zunächst eine nicht unbeträchtliche Menge von Benzoesäure, daneben aber noch zwei andere Säuren. Da sich jedoch von allen diesen Säuren noch eben so viel in den Mutterlaugen findet, so verfährt man einfacher so, dass man den ganzen Rückstand in warmem Wasser auflöst, mit essigsaurem Bleioxyd ausfällt, den Nieder- schlag gut auswäscht und unter heissem Wasser mit HS zerlegt. Aus der filtrirten Flüssigkeit erhält man beim Eindampfen eine noch etwas gefärbte reichliche Krystal- lisation (a). Die vom ursprünglichen Bleiniederschlage abfiltrirte Flüssigkeit wurde gleichfalls mit HS behandelt und das Filtrat eingedampft. Aus ihm krystallisirt dann Benzoe- säure neben einem zweiten Körper, von dem man die erstere nach dem Trocknen und Zerreiben durch wieder- holtes Ausziehen mit Schwefelkohlenstoff trennt. Das Ungelöste nimmt man in Wasser auf und entfernt einen Rest des Körpers a durch eine abermalige Bleifälhmg. Aus der Flüssigkeit, die von diesem Bleiniederschlage abläuft, wie früher angegeben abgeschieden, reinigt man die Substanz, die eine Säure ist, dadurch, dass man sie mittelst frisch gefällten CuO, HO oder CdO, C02 in ein Kupfer- oder Cadmiumoxydsalz überführt. Beide Salze, besonders das erstere, krystallisiren schnell und leicht. Durch Zerlegen isolirt man daraus die Säure, die sofort in farblosen und wohlausgebildeten Krystallen anschiesst, welche durch einmaliges Um krystallisiren rein erhalten werden, Ihre Eigenschaften und Verhältnisse sind genau dieselben wie die der zuletzt vonSaytzeff und Fischer untersuchten Paraoxybenzoesäure. {Ann. der Chem. u. Pharm. Bd. 127. S. 130 u. 137.) Die Krystalle der aus Benzoeharz wie angegeben gewonnenen Paraoxybenzoesäure gehören dem mono- klinoedrischen System an und bilden häufig kurze Pris- men, beschlossen von der Basis und combinirt mit dem klinodiagenalen Pinakoid. Sie lösen sich wenig in kal- tem Wasser, leicht in heissem, sehr leicht in Alkohol und Aether. Ihre Reaction ist stark sauer, zersetzt koh- lensaure Salze mit Leichtigkeit, ist zum Theil wenigstens destilliibar, verliert beim Erhitzen ihr Krystallwasser bei 1000 C. vollständig und wird matt. Sie schmilzt bei 210^0. und erstarrt dann krystallinisch. Sie giebt mit Metall- salzen keine Fällungen, reducirt in alkalischen Lösungen Kupferoxyd nicht und giebt mit Fe^Cl^ eine schwach gelbliche, bräunliche Färbung. Die lufttrockne Säure = Arch. d. Pharm. CLXXVII. Bds. 1. u. 2. Hft. 1 1 162 Zersetzung sproducte einiger Harze. 2H0, C14H606, die bei 100» C. getrocknete = Ci^H 60 6, wobei die erstere 11 Proc. Wasser verliert. Das Barytsalz = BaO, C^HSOS + HO bildet flache glänzende Nadeln. Das Kalk salz = CaO, Ci^H^OS feine, weiche, stern- förmig verwachsene Nadeln, sehr löslich in Wasser. Das Zinksalz krystallisirt leicht und schön in brei- ten Blättern. Das Cadmiumsalz bildet schöne monoklinoedrische Krystalle, isomorph mit Gyps = CdO, Qi^HSOS-f 6H0. Das Bleisalz = PbO, C14H505 + 2 HO, ist eines der charakteristischen Salze der Paraoxybenzoesäure. Aus der durch Absättigen einer kochenden Lösung der Säure mit PbO, C02 erhaltenen Flüssigkeit fällt sofort nach dem Auskühlen dieses Salz in sehr schönen, irisirenden, benzoesäureähnlichen Blättchen heraus, die abfiltrirt und an der Luft getrocknet vom Papier sich als eine silber- glänzende Haut abheben lassen. Bei 120^ C. verliert er 7 Proc. = 2 At. Wasser. Das Kupfersalz = CuO,Ci4H505-f- 6 HO, bildet hübsche kleine Nadeln von lichtbläulich grüner Farbe; es zersetzt sich beim Kochen mit Wasser unter Bildung von basischem Salz. Das Silber salz = AgO,Ci4H505 + 4 HO, fällt schnell in glänzenden Blättchen heraus, wenn man die Lösung der Säure mit feuchtem Silberoxyd sättigt und filtrirt. Es schmilzt leicht beim Erhitzen und hinterlässt weiterhin mattes Silber. Nach einem Vergleiche der von Hlasiwetz und Barth aus Benzoe erhaltenen Paraoxybenzoesäure mit der im Laboratorium zu Marburg dargestellten durch Kolbe liegt wirklich Identität vor und ist der Unter- schied im Krystallform- und Krystallwassergehalte des Cadmiumsalzes, welches Saytzeff und F i s ch e r ana- lysirte (Rhomboeder und 4 At, HO) daraus zu erklären, dass das eine Salz aus kalter, das andere aus heisser Lösung krystallisirt. Ebenso mit dem Silbersalze, in welchem Saytzeff und Fischer 5 HO fanden. Bei der trocknen Destillation zerlegt sich die Para- oxybenzoesäure (nach Hlasiwetz und Barth) zum Theil in Phenylsäure und Kohlensäure. Versetzt man eine nicht zu verdünnte kalte Lösung der Paraoxybenzoesäure mit gesättigtem Bromwasser, so entsteht sofort ein in Zersetzungsproducte einiger Harze. 163 Wasser unlöslicher flockiger weisser Niederschlag, der in wässerigem Weingeist sich löst und daraus in haar- formigen weissen Nadeln krystallisirt. Dieses Product ist dreifach gebromte Phenylsäure = Ci2H3Br302 und entsteht nach der Gleichung C14H606 -L ßBr = Ci2Hi3Br302 + C204 -f 3 HBr. Die oben mit («) bezeichnete rohe Krystallisation gab an C2S* etwas Benzoesäure ab; mit siedendem Was- ser behandelt löste sich der grösste Theil des Restes imd nur ein kleiner Theil {h) blieb ungelöst. Aus der wässerigen Lösung wurden Krystalle einer Säure erhal- ten, welche beinahe alle Eigenschaften der aus Guajac dargestellten Protocatechusäure hatten, aber bei der Ana- lyse Zahlen gaben, die zur Formel C^SHi2 0i4 _j_ 4 HO führten, d. i. eine Verbindung von Protocatechusäure C14JJ6 08 mit Paraoxybenzoesäure Ci^H^O^ (analog der Kolbe'schen Zimmtsäure-Benzoesäure). Die mit (&) bezeichnete Substanz wurde nur in klei- nen Mengen erhalten ; sie ist sehr schwer löslich, kann aber aus wässerigem Weingeist in Krystallen erhalten werden. Sie giebt mit Fe2C13 eine schöne intensiv rothe Färbung und ähnelt überhaupt jener Verbindung, welche Hlasiwetz und von Gilm als Zersetzungsproduct des Berberins erhielten und welche mit der Opiansäure homo- log zu sein scheint. Dieser Körper lässt sich auch, lei- der nur in eben so kleinen Mengen, bei der Zersetzung des Drachenbluts und Gummigutts erhalten. Neben diesen drei Producten liefert das Benzoeharz bei der Einwirkung des schmelzenden Aetzkalis auch etwas Brenzcatechin, CJ2H604. Es bleibt in den Mutterlaugen der Paraoxybenzoesäure und wird denselben durch Schütteln mit Aether entzogen. Aus 1 Pfd. Benzoeharz wurden 3 Grm. Brenzcatechin, 10 — 12 Grm. Benzoesäure, 6 bis 8 Grm. Paraoxybenzoesäure und etwa 28 Grm. der Säure C28H12 014 erhalten, während mindestens die Hälfte des Harzes beim Absättigen der Kalischmelze mit SO^ sich wieder ausschied. n. D r a ch e n b 1 u t. Es wurde Drachenblut in Stücken und solches in Stangen untersucht und das Rohmaterial durch Auf- lösen in Weingeist, Abdestilliren der Tinctur und Aus- fällen des Destillationsrückstandes mit Wasser gereinigt. Die verschiedenen Sorten gaben bei der Behandlung mit 11* 164 Zersetzungsproducte einiger Harze, schmelzendem Aetzkali quantitativ verschiedene Resul- tate: in einem Falle war das Hauptproduct Paraoxj- benzoesäure, in einem andern Falle Phloroglycerin und fast gar nichts von jener Säure. 1 Civilpfund gerei- nigtes Drachenblutharz gab gegen 40 Grm. rohes Phlo- roglycerin, .daneben etwa 20 Grm. Benzoesäure, ausser- dem kleine Mengen von Oxalsäure und in jenem Falle, wo die Menge der Paraoxybenzoesäure die des Phloro- glycerins überwog, auch nicht unbeträchtliche Mengen der combinirten Säure C^SH 12014, nebst Spuren des Kör- pers mit der rothen Eisenreaction, die beide auch aus Benzoe erhalten w^orden waren. Endlich gab jene Harz- sorte, welche viel Phloroglycerin lieferte, noch eine ge- ringe Menge eines neuen Körpers (c), während die Säure Q28H12014 nur sparsam vorhanden war. Zur Scheidung wurde die Löslichkeit der Benzoesäure in C^S^, die Fäll- barkeit der Säure C28H 12014 durch Bleizucker, die Lös- lichkeit des Phloroglycerins in Aether, der mit der alka- lisch gemachten Flüssigkeit geschüttelt wurde, und die Löslichkeit der Paraoxybenzoesäure in Aether, beim Schüt- teln der organischen Flüssigkeit mit demselben, benutzt. Der Körper c findet sich in den Mutterlaugen von Phloroglycerin, giebt krümliche, efflorescirende Krystall- vegetationen, die aus mikroskopisch feinen Nadeln beste- hen, schmeckt schwach bitter, ist sehr Ipslich schon in kaltem Wasser, reagirt neutral, ist nicht fällbar durch Metallsalze und giebt mit Fe2 Cl^ eine schön blaue, nicht sehr intensive und bald missfarbig werdende Färbung. Reducirt in alkalischer Lösung Cu202 zu Cu20 und beim Erwärmen eine Lösung von Silbernitrat. Nach dem Schmelzen erstarrt er krystallinisch und scheint zum Theil wenigstens sublimirbar. Seine Formel =r Ci^HK^O^ (iso- mer mit Everninsäure und Veratrumsäure). Mit Kali- hydrat geschmolzen, wurde der Körper c in eine Säure zerlegt, deren Bleisalz mit Fe2C13 eine röthliche Farben- reaction gab und in eine leicht krystallisirbare, süss und bitter zugleich schmeckende Substanz, deren Lösung durch Fe2C13 gebläut wurde. IIL Aloe. Die von H. Hlasiwetz benutzte Drogue war So- cotora-Aloe, die sich in heissem Wasser vollständig löste. Der ätherische Auszug der durch Absättigen mit SO 3 und Filtriren der Kalischmelze erhaltenen Flüssig- keit gab eine bedeutende Krystallisation von Paraoxy- Zersetzung sproducte einiger Harze. 165 benzoesäure C'^H^Oß, 1 Pfd. Aloe 34 Grm. derselben. Nach dem Verdünnen mit Wasser und Versetzen mit Bleizuckerlösung fällt oxalsaures Bleioxyd nieder und die davon abliltrirte, mit HS entbleite Flüssigkeit enthält Orcin. Man gewinnt dasselbe, indem man die zum Syrup eingedampfte Flüssigkeit entweder direct destillirt, oder erst mit Soda sättigt, dann mit Aether ausschüttelt, welcher das Orcin aufnimmt. 1 Pfd. Aloe lieferte 10 bis 11 Grm. Orcin, welchem keine der Eigenschaften fehlte, die man vom Orcin kennt. Sie krystallirte als C*'*H80'* -}- 2 HO und zeigte bei 100^ C. getrocknet die Formel CHHeO"*. Es wurde daraus die Bromverbindung dar- gestellt. Auch die von de Luynes beschriebene Ver- wandlung des Orcins durch NO ^ dämpfe in einen sich mit rother Farbe lösenden Körper, so wie die Verbin- dungsfähigkeit mit schwefelsaurem Chinin zu schönen Krystallen wurde bestätigt. Es wäre möglich , dass die Paraoxybenzoesäure C14H6 06 und das Orcin C»4HS04 Zersetzungsproducte von Kosmann's Aloeresinsäure C30H16O14 sind, denn ' C30H16O14-f 2 rrr:C14H606 4- Cl^HSO^ + CSO* + 2 HO. Bei dieser Untersuchung betheiligte sich Herr J. Malin. Hlasiwetz giebt folgende tabellarische Zusammen- stellung der bis jetzt gekannten Bestandtheile und Zer- setzungsproducte einiger Harze. Guajacharz enthält: Guajacharz- säure C40H26O4 D r a ch e n b 1 u t enthält : In Aether lös- liches Harz, nach Johnston = C40H20Oi (?) Benz oe enthält Alpha-, Beta- u. Gam- maharz Benzoesäure := C14H60-1 Benzoezimmt- säure giebt trocken destillirt: Pyroguajacin = C38H2206 Kreosol CieHiOQ'i Guajacol Ci^HSO^ Guajacen CiOH^OS Metastvrol C16H8 Toluol'CHHS Benzoesäure = Benzoesäure =: CHH604 Phenylsäure = C12H602 uurch schmelzendes KO,HO o X y d i r t : Protocatechusäure C^'^H^OS den Körper C18H10O6 (vgl. Ann. d. Ch. u. Pharm. 130, 353) Paraoxybenzoesäure Protocatechusäure C2eHi20l4 einen Fe2C13 röthenden Körper = Ci8H80io (?) Benzoesäure Ci'^HßO'i Paraoxybenzoesäure Cl-^H^Oß Protocatechusäure C^^HöO^ Phloroglvcin C12H606 Benzoesäure C'-^HöO^ Paraoxybenzoesäure C^'^HöO^ Protocatechusäure C14H608 die Säure C2SH120'4 Oxyphensäure C>2H60-i den Körper C'^HSOio (?) 166 Paracumar säure. Galbanum enthält: . das Harz C40H26O6 (?) Galbanumöl = C20H16 Gummi giebt trocken destillirt den Körper C40H30O2 (Ann. der Chem. u. Pharm. 119, 263) Umbelliferon = C12H404 Aloesol C16H1206 Aloe enthält: Alo'in = C34H18014 Aloeresinsäure — C30H16O14 {Wien. Sitzungsher. der k. k. Akad. der Wiss. Math.-naturw. Cl. 51. Bd. l.u.2.Heft. Jahrg. 1865. Jan. u. Febr. II.Ahth. S. 160 — 181.) H. Ludioig. mit schmelzendem Kali hydrat oxydirt: Kesorcin C12H604 Orcin C14H804 Paraoxybenzoesäure Cl^H^O^. lieber die Paracumarsäure machte H. Hlasi wetz Mittheilungen. Derselbe hat in einer früheren Untersuchung gefunden, dass die Aloe mit Kalihydrat geschmolzen, Paraoxybenzoesäure und Orcin liefere. In Gemeinschaft mit J. Mal in suchte derselbe nun die Verbindungen auf, aus denen diese Zer- setzungsproducte hervorgegangen sein müssen. Sie fan- den, dass die Paraoxybenzoesäure einer bis dahin noch nicht gekannten Säure, die wegen ihrer Isomerie mit Cumar- säure von ihnen Paracumarsäure genannt wird, ihre Entstehung verdankt. Man gewinnt letztere dadurch, dass man die Aloe in dem Zweifachen ihres Gewichtes heissen Wassers löst, dann auf das Pfund Aloe 5 Loth Schwefelsäurehydrat (das man zuvor mit Wasser ver- dünnt hat) zusetzt und das Gemisch in einer Porcellan- schale 1 Stunde lang im Sieden erhält. Beim Ausküh- len scheidet sich dann eine beträchtliche Menge eines pechartigen Harzes ab; die davon abgegossene, durch Stehen geklärte oder durch vorher benetzte Filter filtrirte Flüssigkeit schüttelt man 2 Mal mit Aether aus, destil- lirt den Aether ab und überlässt den Rückstand von der Destillation der Krystallisation. Das noch mit einem gel- ben Harze stark verunreinigte Rohproduct reinigt man durch oft wiederholtes Umkrystallisiren aus schwachem Weingeist. Zuletzt löst man in siedendem Wasser und entfärbt mit Thierkohle. Etwas reichlicher wird die Ausbeute, wenn man die siedende Lösung der Aloe vor der Behandlung mit SO^ mit Bleizucker von dem grössten Theile des Harzes be- Faracumar säure. 167 freit, das in ihr enthalten ist. Hierdurch fällt eine be- deutende Menge des Harzes als weiche, pechartige, schwarze Masse heraus, eine andere scheidet sich beim Auskühlen ab. Die ganze, klare, ziemlich helle, davon abgegossene Flüssigkeit wird mit SO^ entbleit, filtrirt, dann mit einem weiteren Zusatz von SO 3 in dem Verhältniss wie früher gekocht, die erhaltene Flüssigkeit mit Aether ausgeschüt- telt u. s. w. 5 Pfd. Aloe gaben 24 Grm. rohe Paracumarsäure. Diese scheint in der Aloe noch nicht präformirt enthal- ten zu sein, da nicht mit SO'^ behandelte Aloelösungen an Aether nichts als eine kleine Menge eines gelben Harzes abgeben. Vielleicht ist es ein Glykosid, wel- ches unter dem'Einfluss der Schwefelsäure gespalten wird. Die Paracumarsäure ist farblos und krjstallisirt in hübschen, glänzenden, spröden Nadeln, am schnellsten aus einer wässerigen, etwas langsamer, aber schöner aus verdünnter weingeistiger Lösung. Meistens sind die zu- erst anschiessenden Krystalle sich^örmig gekrümmt und garbenartig verwachsen. Kaltes Wasser löst davon sehr wenig, siedendes löst sie völlig, am leichtesten ist sie in warmem Alkohol und Aether löslich. Sie reagirt stark sauer, ist aber fast geschmacklos. Sie schmilzt bei 179 — 180^0. Ihre alko- holische Lösung giebt mit Fe^CP eine dunkelgoldbraune Färbung. Sie reducirt auch beim Erwärmen weder Sil- berlösung, noch alkalische Kupferoxydlösung und giebt mit Metallsalzen keine Fällungen. Die lufttrockne Säure verlor bei 130<) C. nur 1 bis 1,5 Proc. Wasser. Die Analysen der getrockneten Säure führten zu der Formel: C^^H^O^. Ihr Ammoniaksalz = H^NO, C*8H7 05 krystallisirt in sehr schönen, breiten, farblosen Tafeln des monoklinoedrischen Systems. Das Cadmiumsalz = CdO, C18H705 + 3H0 bil- det sternförmig gruppirte Nadeln. Das Kupfer salz = CuO, C18H705 -f- 6H0, bildet grünlich-blaue Nadeln, die sich sofort ausscheiden, wenn eine Lösung des Ammoniaksalzes mit Kupfervitriollösung vermischt wird. Das Silbersalz =: x\gO,Ci8H705 -f 2H0, fällt als weisser voluminöser Niederschlag beim Zusatz von AgO, NO^ zu einer Lösung des H^Nsalzes. Mit rauchender Salpetersäure gekocht, liefert die Paracumarsäure Pikrinsäure und mit Kalihydrat ge- schmolzen, Paraoxybenzoesäure = C^^H^O^, 2H0. 168 Hoff mann' sehe Reaction auf Ty rosin. Die Paracumarsäure steht demnach zur Paraoxybenzoe- säure in demselben Verhältnisse, wie die Cumarsäure zur Salicylsäure. Früher schon als Hlasiwetz hatte Rochleder aus der Aloe eine krystallisirte Säure gewonnen, die nach einer Probe, die der Erstere von Letzterem erhielt, alle Eigenschaften der Paracumarsäure, auch ihre Zusammen- setzung hatte, allein durch einen Gehalt an Krystall- wasser sich von der durch Hlasiwetz dargestellten Säure unterscheidet; ihre Formel ist nämlich: CiSHöO^ -\- 2 HO. Sie giebt mit NO^ oxydirt Pikrinsäure und mit Kalihydrat geschmolzen Paraoxybenzo^äure. Rochleder erhielt diese wasserhaltige Paracumar- säure wie folgt: Aloe wird mit */25 vom Gewicht Natron- hydrat und Wasser gekocht, bis nach kurzer Zeit das Schäumen aufhört, die Flüssigkeit nach dem Erkalten mit S03 angesäuert und mit Aether geschüttelt. Nach dem Abdestilliren des goldgelb gefärbten Aethers bleibt eine krystallinische gelbe Masse zurück; sie wird mit Wasser ausgekocht und die Abkochung durch ein be- netztes Filter filtrirt. Die aus dem Filtrat erhaltenen Krystalle entfärbt man durch Thierkohle. Die Ausbeute ist jedoch geringer, als nach dem Verfahren von Hlasi- wetz. ( Wien. Sitzungsher. der k. k. Akad. der Wiss. Math.- naturw. Classe. 62. Bd. I. Heft. Jahrg. 1865. Juni. II. Äbth. S. 79 — 84.) H. Ludwig, , lieber die Hoffmann'sche Reaction auf Tyrosin. Nach einer Angabe von R. Hoffmann giebt Tyro- sin, mit einer möglichst neutralen Lösung von salpeter- saurem Quecksilberoxyd gekocht, einen rothen flockigen Niederschlag. L. Meyer fand dagegen, dass Tyrosin mit einer aus reiner Salpetersäure und überschüssigem Quecksilberoxyd bereiteten Lösung jenes Salzes einen gelblichweissen, voluminösen Niederschlag hervorbringt, der auch durch andauerndes Kochen seine Farbe nicht verändert. Erst auf Zusatz einer ganz ausserordentlich geringen Menge rother rauchender Salpetersäure, oder einer verdünnten, mit Salpetersäure schwach angesäuer- ten Lösung von salpetrigsaurem Kali wird dieser Nieder- schlag sofort dunkelkirschroth. Demnach scheint die Ge- genwart einer kleinen Quantität salpetriger Säure eine nothwendige Bedingung für das Entstehen des rothen Niederschlags zu sein. Ein üeberschuss von Säure muss Bleichen der Fasern etc. vegetahüischen Ursprungs. 169 vermieden werden, weil der Niederschlag sich sehr leicht in geringen Mengen rauchender Salpetersäure löst. {Ann. der Chem. und Pharm. CXXXII. 156 — 157.) G. Verfahren znni Bleiehen der Fasern, Gespinnste und Gewebe vegetabilisehen Ursprungs. Auf dieses neue Verfahren haben Fabrikant Ed. Karchner in Saarbrücken, Kaufmann O. Jung in Mainz und Fabrikdirigent Ed. Tegeler von Otterberg am 4. November 1861 ein löjähriges Patent erhalten. Obgleich die Rasenbleiche mittelst des Sonnenlichts vollständig durch das Bleichen durch Chlor oder unter- chlorige Säure ersetzt werden kann, so ist letzteres doch ohne alle Rücksicht zu verwerfen, indem dasselbe secun- däre Wirkungen ausübt, welche häufig, sogar in den mei- sten Fällen, das Zerstören der zu bleichenden Stoffe zur Folge haben. Die zerstörende Reaction des Chlors und der unter- chlorigen Säure auf die Fasern der zu bleichenden Stoffe vegetabilischen Ursprungs durch eine chemische Gegen- wirkung aufzuheben, war die Aufgabe, welche gelöst wer- den musste, um durch diese Sauerstoff erzeugenden Re- agentien in der Bleichindustrie, die ähnliche, aber inter- mittirend und langsam sich äussernde Wirkung der che- mischen Sonnenstrahlen zu ersetzen. Es ist den oben Genannten gelungen, mit Hülfe der nachstehenden, von ihnen zuerst beobachteten Thatsachen, diese Aufgabe zu lösen, nämlich: 1) Dass der Farbstoff der Pflanzenfaser der Baum- wolle, des Hanfes und des Flachses und anderer spinn- baren Fasern vegetabilischen Ursprungs durch Einwir- kung der Wasserstoffverbindungen des Schwe- fels eine Molecularveränderung erleidet, ähnlich derjeni- gen des Indigos und mehrerer anderer Farbstoffe, wenn sie der Einwirkung der gleichen Reagentien ausgesetzt werden. 2) Dass der durch die Verbindungen von Schwefel und Wasserstoff modificirte Farbstoff der Pflanzenfaser dem Chlor keinen zu seiner ursprünglichen Molecular- constitution gehörenden Wasserstoff liefert, um Salzsäure zu bilden und dieser daher auf die mit dem Farbstoff verbundene Faser keinen zerstörenden Einfluss ausüben kann. 170 Bleichen der Fasern etc. vegetahilischen Ursprungs. Nachdem dieses fest stand, hatten die Genannten nur noch ein praktisches Verfahren zu suchen, um die Wir- kungen der Verbindungen des Schwefels und Wasser- stoflfs auf die Pflanzenfasern zu benutzen. Folgende 3 Methoden fanden dieselben dem Zwecke entsprechend. 1) Nachdem die löslichen Bestandtheile der zu blei- chenden Stoflfe auf die allgemein übliche Weise entfernt sind, kocht man diese Stoffe mehrere Stunden lang in einer Lauge von löslichen zwei oder mehrfach Schwefel- alkalien oder alkalischen Erden und setzt dieser Lauge nach und nach bis zur vollständigen Zersetzung entweder schwache Säuren oder unterchlorigsaure Alkalien, oder dergl. alkalische Erden oder Chlorcalcium oder Chlor- magnesium zu, welche alle durch ihre Reaction auf die löslichen Schwefelverbindungen Schwefelwasserstoff frei machen und auf diese Weise den Farbstoff der zu blei- chenden Pflanzenfasern hydrogeniren. 2) Man lässt Schwefelwasserstoff im entstehenden Zu- stande auf die zu bleichende Faser wirken, ohne die Tem- peratur des Bades zu erhöhen. Man taucht die Stoffe in eine Lösung von Schwefelalkalien und dergl. alkalischen Erden und zersetzt die Schwefelverbindungen auf einmal oder nach und nach durch verdünnte Säuren. 3) Will man sich des zweifach Schwefelwasserstoffs bedienen, um den Farbstoff der Faser zu hydrogeniren, so löst man 2 fach oder besser mehrfach Schwefelcalcium in mittelst Salzsäure angesäuertem Wasser und trägt Sorge, dass die Flüssigkeit stets sauer reagirt. Es entwickelt sich 2 fach Schwefelwasserstoff. — In das so bereitete Bad wird der zu bleichende Stoff einge- taucht und die Flüssigkeit umgerührt. Der Farbstoff der Pflanzenfaser zersetzt die Schwefel- und Wasserstoffver- bindung und verbindet sich mit dem Wasserstoff. Die nach einer dieser 3 Methoden vorbereiteten Pflanzenfasern können ohne nachtheilige Folgen der W^irkung der oxy- direnden oder chlorirenden Mittel ausgesetzt werden. Die zu bleichenden Stoffe müssen aber, nachdem sie einige Zeit der Wirkung der oxydirenden und chlorirenden Mit- tel ausgesetzt worden sind, stets von Neuem hydrogenirt, und dann wieder oxydirt werden, bis sie vollständig ge- bleicht sind. {Bayer. Kunst- u. Gewerhehl. 1865.) B. Baumioolle in leinenen Geweben nachzuweisen. 171 lieber ein neues, höchst einfaches Verfahren, eine Beimischung von Baumwolle in weissen leinenen Geweben nachzuweisen. Nach Böttger hat sich die Menge von Vorschrif- ten, Leinwand auf eine Beimischung von Baumwolle zu prüfen, in ihren Endergebnissen ungenügend erwiesen. Das nun zunächst von ihm ermittelte Verfahren ist von Jedermann leicht und in wenig Minuten auszuführen und giebt zu keiner Täuschung irgend einer Art Veran- lassung. Zu dem Behufe der Prüfung schneide man von der zu prüfenden Leinwand einen circa 3 — 4 Zoll lan- gen und II/2 Zoll breiten Streifen ab, fasere ihn auf sei- nen 3 Seitenkanten (d. h. auf der Ketten- und Einschlag- seite) bis auf 4 Linien aus, tauche ihn hierauf zur Hälfte, seiner Länge nach, in eine alkoholische Lösung von Ani- linroth (Fuchsin) bestehend aus 10 Gran krystallini- schem Fuchsin und 4 Loth Alkohol, ziehe ihn sofort wie- der aus dieser Farbflotte heraus, überschütte ihn sodann so lange mit Brunnenwasser, bis dieses ungefärbt davon abläuft, und lege ihn schliesslich in diesem noch feuchtem Zustande 1 bis höchstens 3 Minuten in ein mit gewöhn- lichem Salmiakgeist angefülltes Porcellanschälchen. An den abgezupften Stellen des Streifens sieht man nun augenblicklich den Farbstoff allmälig von den Baum- wollenfäden verschwinden, während die Lei- nenfäden gefärbt bleiben. Die einzelnen Baumwol- lenfäden erscheinen mithin in kurzer Zeit weiss, in wel- cher Anzahl und wo sich dieselben auch in dem Streifen vorfinden mögen, die Leinenfäden dagegen schön rosen- roth. {Polyt NotizU. 1865. 1.) B. Pergamentppier lässt sich nach C. Brandegger höchst dauerhaft verleimen, wenn man es vorher auf der betreffenden Seite zuerst mit Alkohol erweicht und dann noch feucht auf das mit starkem Leim überstrichene Material auflegt und gehörig verstreicht. Soll das Papier mit sich selbst ver- bunden werden, so behandelt man beide sich berührende Flächen auf diese Weisse. {Polyt. Journ. Bd. 175.) B. 172 Kupfergehalt alter Papiere. Heber den Kupfergehalt alter Papiere. Dr. Kerner in Innsbruck fand im vergilbten Papier alter Bücher dendritenartige Gebilde von Schwefel- kupfer. Die Bücher, in denen diese Erscheinung sich zeigte^ befinden sich auf der Innsbrucker Bibliothek, stam- men aus der Zeit von 1545 — 1677, sind in Schweins- leder gebunden und mit Messingsch Hessen versehen, die wohl den Ausgangspunct der Kupferbildung bildeten. Prof. A. Jäger theilt diese Ansicht Kerner's nicht. Wer sich mit Schriften oder Druckwerken alter Zeit und vorzüglich des 16. und 17. Jahrhunderts mehr beschäftigt hat, wird das Vorkommen von Spuren metal- lischer, zumal dem Kupfer angehöriger Theilchen im Pa- pier der genannten Zeit als etwas Gewöhnliches kennen. Es war dies die Zeit des grössten Kleiderluxus, was die vielen auf den Reichstagen, wie in den Landtagen der einzelnen Provinzen erlassenen Gesetze gegen den Luxus, die sogenannten „Kleiderordnungen" bezeu- gen, durch welche den unteren Ständen gewisse Kleider- stoffe verboten und ihrer Prachtliebe eine Schranke ge- setzt wurde. Es war in den damaligen Zeiten etwas Ge- wöhnliches, dass nicht nur Bürger und Gewerbsleute, son- dern auch die Bauern gold- und silberdurchwirkte Linnenstoffe trugen. In einer dieser Kleiderordnun- gen aus der letzten Zeit Kaiser Ferdinand's I., also vor 1564, wurde für die bömischen Bauern Folgendes be- stimmt: „Die Bauern sollen nicht golddurchwirkte Zeuge, keine holländische Leinwand und Spitzen an ihren Hemden, wie auch keine mit Gold bordirte Brust- flecke tragen." Diese gold- und silberdurchwirkten Stofie hatten nun aber das Schicksal aller anderen Kleiderstoffe, sie wurden mit der Zeit abgenutzt, wanderten in die Hände der Hadern Sammler und in die Papiermühlen. Niemand gab sich die Mühe, die etwa noch darin vorhan- denen Silber- und Goldfäden auszulesen, um so weniger, als dieselben damals wie heutzutage in der Regel nur versilberte oder vergoldete Kupferdrähte waren. Da- her nun aber auch die so häufig im Papier und zwar in der Masse des Papiers der genannten Zeit vorkommende Erscheinung von Kupferspuren. Zum Beweise des Vor- stehenden übersandte Prof. Jäger an den Secretair der Akad. d. Wissenschaften in Wien mehrere aus Papieren, welche der Zeit von 1548 — 1760 angehören, herausge- schnittene Zettelchen; sie wiesen alle das Vorhandensein Spontane Zersetzung der Schiessbaumwolle. 173 von Kupfer und zwar in der Papiermasse nach, theil- weise noch in der Form des ehemaligen Kupferdrahts, Sie sind solchen Papieren entnommen, welche niemals eingebunden waren oder einen farbigen Schnitt hatten, 80 dass der Vermuthung, es habe äusserer Einfluss auf die Kupferbildung stattgefunden, nicht Raum gegeben wer- den kann. ( Wien. Sitzungsher. d. k. k. Akad. d. Wissensch. Math.-naturw. Cl. LI. Bd. 3. H. Jahrg. 1865. März. II. Ahth. S. 256—257.) Die Kerner'schen Schwefelkupfer-Flecken in vergilb- tem Papier erscheinen als ausserordentliche zierliche Den- driten und befinden sich jedesmal ziemlich nahe dem Rande der vergilbten Papierblätter. Sie durchdringen die ganze Masse des Papierblatts und sind daher an bei- den Seiten sichtbar, jedoch auf der einen Seite deutlicher. (A.a.O. LLBd. 3. H. I. Ahth. S. 192 — 195.) Herr Eduard Kögeler, Bibliothekar der k.k. Uni- versität zu Innsbruck, legt Nachdruck auf den Schnitt der Bücher von grüner (kupferhaltiger) Farbe, wel- cher etwa das Kupfer liefern konnte, da die Dendriten- gruppe dem Rande nahe liegen. Hermann v. Mayer in Frankfurt beobachtete das Vorkommen von Dendriten auf Papier schon vor mehre- ren Jahren (1858) und zwar nicht auf dem Papier sehr alter, mit Metallbeschlägen gebundener Bücher, sondern auf dem Ries entnommenen Bogen guten Schreibpapiers das kaum ein Jahr alt war. Sie waren denen ähnlich, die wir auf Versteinerungen antreffen, wo sie als (trüge- risches) Zeichen der Fornilität gelten. {A. a. 0. LI. Bd. 4u.5H. Jahrg. 1865. April u. Mai. L Ahth. S. 485—490.) H. Ludwig. lieber die spontaue Zersetzung der Schiessbanmwolle; von S. de L u c a. Die Schiessbaumwolle wird in vor dem Zutritte des Lichtes geschützten Behältern nicht gegen Zersetzung ge- schützt, wenn Luft hinzutreten kann, doch wird die spon- tane Zersetzung durch zutretendes Licht sehr befördert. Die spontane Zersetzung derselben zeigt vier deut- lich unterscheidbare Stadien: 1) sie zieht sich zusam- men, ohne Form und Textur zu verändern, nimmt aber ein zehnfach kleineres Volumen als vor der Zersetzung ein ; 2) einige Tage später beginnt sie zu erweichen und verwandelt sich in eine klebrige, gummiartige, an 174 Spontane Zersetzung der Schiessbaumwolle. die Textur der Schiessbaumwolle in keiner Weise mehr erinnernde Masse und nach Vollendung dieser Verwand- lung erscheint ihr Volumen noch um die Hälfte kleiner, als am Ende des ersten Stadiums; das dritte Stadium beginnt nach einer von der Temperatur der umgebenden Atmosphäre abhängigen, mehr oder weniger langen Zeit und zwar mit Diletations- und Expansionserscheinungen, und zwar so weit, dass das erste Volumen, d. h. das vor der ersten Veränderung bestandene, wieder erreicht wird. Sie zeigt das gummiartige Ansehen noch, ist aber porös und voll Höhlungen, wie ein Schwamm; 4) während dieser drei Stadien entwickeln sich salpetrigsaure Dämpfe, welche im dritten Stadium reichlicher werden. Diese Gasentwickelung nimmt allmälig im merklichen Grade ab, die Substanz verliert, obgleich sehr langsam, ihr gummiartiges Ansehen und ihre gelbliche Farbe und wird so zerbrechlich, dass man sie zwischen den Fingern zu Pulver reiben kann; überdies wird sie weiss wie Zucker. Die zum Verlaufe dieser vier Stadien erforderliche Zeit hängt von dem Zustande der Atmosphäre ab, doch sind dazu wenigstens fünf Monate erforderlich. Die im Laufe dieser Veränderungen entbundenen gas- förmigen Substanzen enthalten stickstoflfhaltige Verbin- dungen mit Spuren von Ameisen- und Essigsäure und als letzter Rückstand bleibt eine amorphe, poröse, im Aeussern dem Zucker ähnliche, stark sauer reagirende, in Wasser fast vollständig lösliche Masse zurück, welche viel Glykose, ferner gummiartige Substanzen, Oxal- säure, eine geringe Menge Ameisensäure und eine nach dem Verf. neue Säure enthält, die derselbe später unter- suchen will. Die entstandene Glykose hat den Geschmack und selbst das Arom des Honigs, sie reducirt das wein- saure Kupferoxydkali sehr leicht und gährt in Berührung mit Bierhefe unter Bildung von Kohlensäure und Alko- hol. 100 Grm. Schiessbaumwolle gaben etwa 14 Grm. Glykose; bei einem andern Versuche etwas weniger. Im directen Einfluss der Sonnenstrahlen erfolgt die Zersetzung der Schiessbaumwolle stets binnen kürzerer oder längerer Zeit; manchmal begann die Veränderung schon am ersten Tage des Versuches, zuweilen auch erst nach mehrtägiger Einwirkung des Sonnenlichtes. Das Thermometer zeigte bei diesen Versuchen etwa 30<^ und stieg selten höher. Künstliche Wärme wirkt energischer als das Sonnenlicht, immer aber bei einer höheren Tem- Spontane Veränderungen der Schiessbaiimwolle. 175 peratur, als die durch directe Sonnenstrahlen erzeugte. Von einer Portion Schiessbaumwolle, die in zwei gleiche Theile getheilt und die eine den directen Sonnenstrahlen, die andere im Trockenschranke einer Temperatur von 30^ — 350 C. ausgesetzt, wurde die erste zuerst zersetzt, während 36 stündige Einwirkung der künstlichen Wärme ohne Wirkung war. Es ist demnach dem Sonnenlichte eine besondere Wirkung eigenthümlich, wodurch die Zer- setzung der Schiessbaumwolle hervorgerufen wird. Zu- sammengedrückte Schiessbaumwolle wird leichter zersetzt. In langhalsigen Kolben, mit Schiessbaumwolle gefüllt und mittelst eines Glasstabes comprimirt, hielt sich, nachdem die Luft ausgepumpt und die Kolben zugeschmolzen wor- den, die Schiessbaumwolle vollkommen und zeigte keine Spur von Zersetzung, wogegen dasselbe Präparat in Kol- ben mit eingeschliffenen Glas- oder Korkstopfen verwahrt, oder nur mit Papier verbunden, sich sämmtlich nach einigen Monaten (im Jahre 1862) zersetzt hatte. Es dürfte demnach von Werth sein, im grösseren Massstabe Ver- suche anzustellen, die Schiessbaumwolle im luftleeren Räume zu conserviren. Das Ergebniss der Versuche im Kurzen ist: Schiess- baumwolle, welche sich im Vacuum, ohne Veränderung zu erleiden, aufbewahren lässt, zieht sich zusammen bei freiwilliger Zersetzung, unter Beibehaltung ihrer Form und Textur, darauf condensirt sie sich noch stärker und verwandelt sich in eine homogene Masse von gummiarti- gem Ansehen; hernach verwandelt sie sich unter Auf- blähen in eine feste, weisse, wie Zucker aussehende Sub- stanz von stark saurer Reaction, welche unter andern Bestandtheilen eine bedeutende Menge Gl jkose und auch eine neue Säure enthält. {Compt. rend. — Dingl. Jotirn.) Bkb. lieber spontane Veränderungen der Schiessbaiimwolle. Schiessbaumwolle wurde von Ch. Blondeau in weit- halsigen Flaschen mit einem am Stopfen befestigten Stück Lackmuspapier eingeschlossen, einige dieser Flaschen in einen dunklen Schrank, andere in das diffuse Tageslicht gebracht, noch andere dem directen Sonnenlichte ausge- setzt. Die im Dunkeln stehende Schiessbaumwolle begann sich erst nach 2 Monaten zu verändern, indem sich erst dann das Lackmuspapier röthete. Nach 3 Monaten war der Kork deutlich aufgefressen, das Innere der Flaschen 176 Spontane Veränderungen der Schiesshaumwolle, roch nach salpetriger Säure. Die bisher erhaltene fase- rige Structur begann nach 4 Monaten sich zu verändern, die Wolle drückte sich mehr zusammen und nahm schliess- lich die Form eines Pilzes an, der auf seiner Oberfläche mit einer gummiartigen Substanz bedeckt war. Der Kork war unterdessen völlig gelb geworden und zerfiel bereits in einzelne Stücke. Nach Erneuerung desselben hörte im sechsten Monat die Entwickelung der sauren Dämpfe etwas auf, die frei werdenden Gase blieben in der Slasse eingeschlossen, die sich mehr und mehr auf- blähte und ein schwammartiges Ansehen annahm. Nach einem Jahre schien die Zersetzung beendigt zu sein. Zur Bereitung der Schiessbaumwolle war ein Gemisch von 1 Th. Salpetersäure und 2 Th. Schwefelsäure ver- wendet worden. Vorher war die gereinigte Baumwolle mit Aether und Alkohol gewaschen worden. Zuerst verlor diese Schiessbaumwolle Salpetersäure durch die Zersetzung und wurde zu Stickstoffbaumwolle, wie aus Folgendem hervorgeht. Nach viermonatlichem Verbleiben in der Flasche war die Schiessbaumwolle noch eben so faserig wie im Anfang, aber sehr stark sauer. Wäscht man sie nun mit destillirtem Wasser ab, so ist in der Flüssigkeit keine Spur einer organischen Säure zu finden. Die rückständige Wolle explodirt nicht mehr, sie zerfliesst wie Salpetersäurebaumwolle und löst sie wie diese in Essigsäure und in einem Gemisch von Alkohol und Aether. Die Zersetzung schreitet aber weiter fort. Nach 6 Monaten entsteht eine gummiartige zusammen- hängende in Wasser nur th eilweise lösliche Flüssigkeit. Das Ungelöste ist Xyloidin, das gelöste Zuckersäure. Die Salpetersäurebaumwolle hat sich also durch Was- seraufnahrae in Xyloidin und dann in Zuckersäure verwandelt, wobei sich Stickoxyd bildet, welches, in der Masse eingeschlossen, ihr das schwammige Ansehen ver- leiht. Abermals etwas später findet sich Glykose und Oxalsäure darin, die durch absoluten Alkohol von ein- ander zu trennen sind. Aus 30 Grm, Schiessbaumwolle wurden 3,5 Grm. vollkommen krystallisirten Zuckers er- halten. Die Reihenfolge obiger Veränderungen ist die- selbe wie wir sie bei der Wirkung der Salpetersäure auf Cellulose gefunden haben, nur mit dem Unterschiede, dass im ersteren Fall Glykose auftritt. Dies hat seinen Grund wahrscheinlich darin, dass 2 Aeq. Salpetersäure Einwirkung von Ammoniak etc. auf Schiessbaumwolle. 177 des Xyloidins durch 2 Aeq. Wasser ersetzt werden, wie folgende Gleichung zeigt: Ci2HioQio^2N05 + 8H0 = C12H10O10, 2H0 + 2N05 4- 6 HO. Im diffusen Tageslichte gehen die Umwandlungen ebenfalls, aber mit grösserer Geschwindigkeit vor sich^ nach 4 Monaten ist die Zersetzung vollkommen vor sich gegangen. Im directen Sonnenlichte gehen ganz andere Veränderungen mit der Schiessbaumwolle vor. Die Masse wird dunkelgelb, wird vollständig in Wasser löslich und mit Kali in der Wärme behandelt, giebt die Lösung Am- moniak aus. Es verwandelt sich in diesem Falle ein Theil der Salpetersäure in Ammoniak, welches sich mit der noch unzersetzten Schiessbaumwolle zu einer neuen Substanz verbindet, die sich auch noch bei einer Temperatur von 100^ bildet, und auf die Blonde au bei Beschreibung der Wirkung der Wärme auf Schiessbaum- wolle weiter sich aussprechen wird. {Compt. rend. T. 60. — Joum. f. jyrakt. Chemie. Bd. 94. 5.) B. Einwirkung von Ammoniak und Schwefelwasserstoff auf Schiessbaumwolle. Schiessbaumwolle von der Zusammensetzung C^^JJIO 0^ö(N05)3 absorbirt Ammoniakgas und bildet damit eine constante, an der Luft unveränderliche Verbindung von der Zusammensetzung Ci2HJOOio (N04)3 (H2N)3. Diese ist als ein Triamid zu betrachten und ihre Entstehung erklärt sich durch die Formel Ci2 Rio Qio (N05)3 + 3H3N = C12H10O10 (N04)3 (H2N)3 + 3 HO. Blon- deau giebt ihm den Namen Nitrocellulose-Triamid. Hieraus wurde durch Behandlung mit Kalilauge das Ni- trocellulose-Kalium-Triamid, C*2Hi0Oi0(NO4)3, K3,H3|N3, und aus diesem mittelst eines löslichen Bleisalzes Nitro- cellulose - Kalium - Blei - Triamid, C12H10 QiO (N04)3, K3, PbsJNS dargestellt. Mit Ammoniak gesättigte Schiessbaumwolle kann noch Schwefelwasserstoff aufnehmen und giebt damit eine neue Verbindung C12HA0OA0, (N03)3H6N3S3 Nitrocellulose- Triamid - Sulphür, deren Entstehung durch die Gleichung Ci2HiooiO(N04)3(H2N)3 -f- 3HS = Ci2Hi'>Oio (N03)3 (H2N)3S3 -f 3H0 dargestellt wird. {Compt. rend. 1864. — Chem.Cenirll. 1865. 3.) B. Arch.d. Pharm. CLXXVII. Bds. 1. n. 2. Hft. 12 178 Conservirung des Holzes durch Kupfer- u, Eisenvitriol. Conservirung des Holzes dureh Kupfer- und EisenTitriol. Payen hat durch General Morin Holz von einem sehr gut conservirten Rade erhalten, das in einer portu- giesischen Kupfermine zum Schöpfen der Grubenwässer benutzt wurde und dessen Construction auf ein Alter von mehr als 1400 Jahren zurückweist. (Compt. rend. T. 58.) Späne dieses Holzes waren braun gefärbt und ver- loren bei 1000 0,1426 Wasser, was der hygroskopischen Feuchtigkeit von normalem Holz entspricht. Sie gaben 8,83 Proc. Asche, die 2,581 Eisenoxyd und 0,33 Kupfer- oxyd enthielt. Diese letztere Zahl entspricht 1,0368 kry- stallinischem Kupfervitriol; da nun die scheinbare Dichte des getrockneten Holzes = 0,406 war, so enthielt dem- nach ein Cubikmeter 406.1,0368 — 4,109 Kilo Kupfer- vitriol, d. i. fast genau die Menge 5 — 6 Kilo, wie sie sich als nützlich während 15 Jahren bei Imprägnation von Eisenbahnschwellen, Telegraphenstangen herausgestellt hat. Die in dem getrockneten Holze ferner enthaltenen 2,581 Eisenoxyd machen für 1 Cubikmeter 12,701 Kilo dieses Oxyds, welches offenbar mit zu. dieser auffallenden Conservirung beigetragen hat. Die äusserste Schicht gab nach dem Trocknen und Verbrennen 21,7 Proc. einer rothbraunen Asche, die 10,4 Eisenoxyd und 0,6 Kupferoxyd enthielt. Die ausserordentlich lange Conservirung ist gewiss auch dem Umstände mit zuzuschreiben, dass das Holz fortwährend der Einwirkung dieser Salze oder der Feuch- tigkeit ausgesetzt war; jedenfalls würde es beim Liegen an der Luft nicht so lange conservirt geblieben sein. Payen erinnert dabei an ähnliche Beobachtungen in anderen Bergwerken. So schreibt schon Pallas 1719, dass man das Holz in den Erzgruben dadurch conser- virt, dass man es mit Eisenvitriol tränkt und dann durch Eintauchen in Kalkwasser den Vitriol zersetzt. Das Holz- werk in den Salzbergwerken zu Hallein bei Salzburg zeigt gleichfalls eine solche ausserordentliche Dauerhaf- tigkeit, es mag wohl schon vor Anfang unserer christ- lichen Zeitrechnung in den dortigen Gängen eingesetzt worden sein. (JoiLrn. für prakt. Chemie. Bd. 95. 2 u. 3.) B. Mittel^ um Holzstoff im Druckpapier zu erkennen. 179 Einfaches 9littel^ um Holzstoff im Druckpapier zu erkennen; von S. Schapringer, Leicht, einfach und sicher ist zu diesem Zweck die Probe mit schwefelsaurem Anilin und zwar zeigt sich die Reaction nicht nur bei Fichtenholz, sondern auch bei Weissbuche, Pappel, Linde, Weissbirke, Erle und Ahorn, welche sämmtlich zu Versuchen verwandt wurden. Selbst der holzige Theil des Hanf- und Flachsstengels und im geringen Masse das Roggenstroh und die Kokos- faser werden dadurch gelb gefärbt, nicht aber die reine, wenn auch ungebleichte Hanf-, Flachs- und Baumwollfaser. Der gelbfärbende Stoflf wird weder durch Wasser, noch durch heisse verdünnte Säu- ren, ätzende und kohlensaure Alkalien entfernt und ist hierzu eine energische oder eine sehr lange dauernde Einwirkung von oxydirenden Agentien erforderlich, bei welcher auch die Pflanzenfaser selbst angegriffen und zerstört wird. Nur bei Papieren, welche aus sogenanntem Werg fabricirt sind, kann ein Irrthum statt finden, doch werden hieraus gefertigte Sachen, wie Stricke, Bindfaden, selten zu Druckpapier verarbeitet. Zur Probe sind an Geräthschaften erforderlich ein Spirituslämpchen und einige Proberöhren; an Reagentien käufliches Anilin (sog. Anilinöl) und verdünnte Schwefel- säure, 1 Säure auf 5 Wasser. Man giebt zwei Tropfen Anilin in die Epouvrette, hierauf einige Tropfen ver- dünnte Schwefelsäure, giesst etwas Wasser hinzu und er- wärmt die Flüssigkeit auf der Lampe. In die harte Lö- sung lässt man ein Schnitzel des zu untersuchenden Papieres fallen, und dasselbe wird bei Gegenwart von Holzstoff mehr oder weniger intensiv citronengelb gefärbt erscheinen. Durch eine Loupe kann man sehr gut sehen, wie die gelben Holzparthien mehr oder weniger zerstreut in der weissen oder nur sehr wenig gefärbten Grundmasse von Baumwolle und anderen Fasern vertheilt sind. ( Wochenschr. des niederösterr. Gewerhever. 1865. No. 15. — Dingl. Journ. Bd. 167. Hft. 2. S. 166.) Bkh. 12 o * 180 IV. liiteratur und Kritik. C an statt 's Jahresbericht über die Fortschritte in der Pharmacie und verwandten Wissenschaften in allen Ländern im Jahre 1864. Redigirt von Prof. Dr. Scherer, Prof. Dr. Virchow und Dr. Eisenmann. Verfasst von Dr. Eisenmann in Würzburg, Dr. Eulenburg in Berlin, Prof. Dr. Fick in Zürich, Prof. Dr. Husemann in Göttingen, Prof. Dr. Lös eb- ner in Prag, Prof. Dr. Seh er er in Würzburg und Prof. Dr. Wiggers in Göttingen. Neue Folge. 14. Jahrgang. IL Abtheilung. Würzburg, Druck und Verlag der Stahel'schen Buch- und Kunsthand- lung. Das Werk enthält: I. Bericht über die Leistungen in der physiologischen Physik, von Adolf Fick in Zürich. 1. Allgemeine Physik. 2. Mechanik. 3. Optik. 4. Wärme- lehre. 5. Elektricitätslehre. IL Bericht über die Leistungen in der physiologischen Chemie (unter Mitwirkung des Dr. Medicus) von Prof. Dr. Scher er in Würzburg. Allgemeine Literatur. Oxydation, Gährung, Verwesung, Luft. Nahrungsmittel und die darin vorkommenden chemischen Stoffe. Ueber Verdauung und die dabei betheiligten Flüssigkeiten. Be- standtheile der Gewebe und Organe. Ueber Harn. Friedländer hat die bekannte Frage über den Zuckergehalt des normalen Harns einer neuen Prüfung unter- worfen. Der Umstand, dass die Böttger'sche Probe, auch bei posi- tivem Resultate der übrigen Methoden zum Zuckernachweise, stets negativ ausfiel, im Zusammenhalt mit der Thatsache, dass auch andere Stoffe als Zucker dieselben Proben liefern und im Harne anwesend sind, Hessen Friedländer zweifeln, ob die reducirende Substanz im Harn wirklich Zucker oder ein anderer Körper sei. Auch die Gährungsprobe verwirft Friedländer als ungenügend. Ebenso bezweifelt er die von Tuchen angegebene Reindarstellung des Harnzuckers mittelst Alkohol und Kali, gestützt auf Umstände in Tuchen 's eigenen Versuchen. Friedländer bestand deshalb nicht auf Reindarstellung des Zuckers oder fraglichen Stoffes, sondern suchte ihn gegenüber den schon bekannten Harnbestandtheilen und dem Zucker durch be- bestimmte Reactionen zu charakterisiren. Um Zucker nachzuwei- Literatur, 181 sen, müssen alle bekannten Proben (Trommer, Böttger, Heller) zu- sammentreffen. Aber selbst dieses ist stricte noch nicht beweisend für wirklichen Zucker, während das Ausbleiben einer einzigen be- weist, dasB die Substanz kein Zucker ist. Friedländer untersuchte die normalen und abnormen Harn- bestandtheile auf ihr Verhalten gegen die Trommer'sche (T. Pr.), Heller'sche (H. Pr.), Böttgersche (B. Pr.) und Fehlingsche (F. Pr.) Probe. Als normale Harnbestandtheile wurden angenommen : Harn- stoff, Harnsäure, Hippursäure, Kreatinin, Xanthin, Hypoxanthin, Fette (durch Aether erhalten), Pigment mit Schleim (durch Dia- lyse erhalten), Destillate des Harns. Ferner wurden in Betracht gezogen: Leucin, Tyrosin, Kreatin, Guanin, Milchsäure, Benzoe- säure. Bernsteinsäure, Glycerin, Aldehyd. Von diesen besassen Lösungsvermögen für Kupferoxydhydrat: Harnsäure, Kreatin, Kreatinin, Milchsäure, Glycerin. Von diesen reduciren Oxyd zu Oxydul alle; nur Milchsäure schied ein Gemenge von Oxydoxydul aus und Kreatin und Kreatinin hielten Cu^O in Lösung. Bräunung durch Erhitzen mit Natronlauge bewirkte Aldehyd, das Wismuthoxyd roducirte keiner von allen diesen Stoffen. Xanthin und Hypoxanthin waren negativ gegen alle Proben. Friedländer weist nach, dass vor allen Methoden zur Dar- stellung von Zucker aus Harn keine geeignet sei, Spuren desselben anzugeben: weder die Ausfällung mit Kali und Alhohol, noch die mit Bleiacetat und Ammoniak geben genaue Fällungsresultate, und er schliesst weiter: Da nie die Böttger'sche Probe eintrat, so ist der Stoff kein Zucker, denn reiner Zucker giebt stets die Böttger- sche Probe. Aus einer Bemerkung Huppert's über die Titrirung der Harn- säure mit Jod, wonach ein Jod bindender Körper im Harn enthal- ten und möglicher Weise identisch sei mit dem das Kupferoxyd reducirenden, aufmerksam gemacht, versuchte Friedländer das Jod als Differentialreagens zu benutzen und er fand: Dass Zucker von alkoholischer Jodlösung nicht verändert werde, wohl aber durch eine Lösung von Jod in Jodkalium; in letzterem Falle wird er in eine Substanz verwandelt, die noch grösseres Reactionsvermögen für Cu besitzt als reiner Zucker, dagegen Wismuthoxyd nicht schwärzt, und geht endlich in einen Stoff über, der keine Reductionseigenschaften mehr besitzt. Milchzucker wird durch Jodkalium -Jodlösung nicht zersetzt, wohl aber Krümelzucker. Statt Jod angewandtes Chlor gab als Resultat: weder Krümel- noch Milchzucker werden in kalter, neu- traler oder saurer Lösung zerstört. Wendet man alle diese Sätze auf den Körper im Harne an, so ergiebt sich, dass er sicher kein Zucker ist, wenn er durch Chlor zerstörbar, aber unzerstörbar ist durch Jodkalium-Jodlösung. In den entgegengesetzten Fällen kann die Substanz Zucker sein. Auf seine Versuche gestützt, behauptet nun Friedländer, dass im normalen Harne Zucker nicht vorhanden ist. Um den Zucker aus dem Harne zu isoliren, benutzte Fried- länder das Verhalten zu Chlor, welches den Zucker nicht zer- stört, wohl aber die übrigen organischen Bestandtheile. Es wurden mit Chlor behandelt: 14 Mal normaler Harn von 6 gesunden Personen und 17 Mal Harn von 16 verschiedenen Kran- ken. Der Harn verhielt sich dabei so: er wird fast entfärbt, setzt einen amorphen weissgelben Niederschlag ab (bei einigen Harnen 182 Literatur, ein stinkendes flüchtiges schweres Oel, welches sich in KaO, Co2 löst und nicht reducirt). Der Niederschlag reducirt nicht. Die reducirende Substanz zeigte sich in 14 normalen Harnen 7 Mal, unter 17 kranken 11 Mal. Schwärzung des Magist. Bismuthi trat in keinem Falle ein. Unter 18 Harnen (darunter 7 normale) war die reducirende Substanz zu finden; sie schwärzte aber nicht BiO^, sie war durch Jodkalium-Jodlösung nicht zerstörbar, war aber kein Zucker. Friedländer hat die Jodbehandlung des gechlorten Harns, die so entscheidend für die Frage ist, nur in drei Fällen durch- geführt, aber hier stets das Resultat erhalten, dass die Substanz kein Zucker sein könne. Ebenso lässt sich mit Sicherheit annehmen, dass die reduci- rende Substanz in allen Fällen dieselbe ist, da bei Eintrefi'en der übrigen Zuckerproben die Böttger'sche stets negativ ausfällt, und dass sie von Jod nicht verändert wird, da die Reduction vor und nach der Jodirung stets gleich stark ist. Friedländer hat schliesslich auch noch gefunden, dass die reducirende Substanz oder das Gemenge solcher Substanzen kry- stalloider Natur ist und dem Harn durch Schütteln mit Chloroform nicht entzogen wird. Zur genauen Bestimmung des Harnstoffs soll nach den Versuchen von Rautenberg (die nach dessen Tode von Henneberg mitgetheilt worden) folgendes Verfahren einzuschla- gen sein: Von der harnstofi^haltigen Flüssigkeit werden zwei Pro- ben ä 15 C.C. Übergossen. Die eine davon säuert man mit 1 Tro- pfen Salpetersäure schwach an und fügt dann so lange von der Normal - Quecksilberlösung (30 C.C. = 15 C.C. 2proc. HarnstoflP- lösung) hinzu, bis sich eine bleibende Trübung einstellt. Die An- zahl der hierbei verbrauchten Quecksilberlösung bildet die Correc- tion für Kochsalz. Die zweite Probe dient zum Ausfällen des Harnstoffs. Man lässt die Quecksilberlösung ohne vorhergehende Ansäuerung der Probe allmälig zufliessen und bewirkt die Neutralisation der beim Entstehen des Harnstoff-Quecksilberoxyds frei werdenden Salpeter- säure durch successiven Zusatz kleiner Mengen von kohlensaurem Kalk. Zur Prüfung, ob aller Harnstoff ausgefällt ist, bringt man mit dem Glasstabe einen starken Probetropfen auf eine sorgfältig gereinigte, auf der unteren Seite dicht mit Asphaltfirniss über- zogene Glasplatte und bedeckt denselben mit 1 Tropfen in Wasser aufgerührten kohlensauren Natrons, wobei das Erscheinen der ersten deutlichen Spuren einer gelben Färbung die Beendigung der Reac- tion anzeigt. Durch die Anwendung des doppelt-kohlensauren Na- trons anstatt des seither gebräuchlichen einfach - kohlensauren Na- trons ist man nach Henneberg im Stande, den Harn bis auf 0,1 bis 0,2 C.C. Quecksilberlösung (= 1 — 2 Milligrm. Harnstoff) mit Sicherheit auszutitriren. Zur Ammoniakbestimmung im Harn sind bekanntlich von Neu- bauer, Schlösing, Boussingault und in neuester Zeit von Mohr Vorschläge gemacht worden. Es war insbesondere das A^er- fahren von Mohr, welches Rautenberg einer speciellen Prüfung unterzog, da dasselbe, wenn fehlerfrei, vermöge seiner Einfachheit und raschen Ausführbarkeit viele Vortheile dargeboten hätte. Das Princip der Mohr'schen Methode ist aber das, dass Ammo- niaksalze, indem sie durch Aetzkali zersetzt werden, so viel Aetz- kali neutralisiren, als sie selbst Säure an dieselbe abgeben, dass Literatur. 183 aber HarnstoflF bei seiner Zersetzung durch Aetzkali beim Kochen kein neutrales Kalisalz, sondern alkalisch reagirendes kohlensaures Kali bildet. Wenn daher die Alkalität des mit Normal- Kalihydrat versetzten Harnes nach dem Kochen bis zum Austreiben alles Am- moniaks gemessen wird, so ist die geminderte Alkalität gleich dem entwichenen Ammoniak der Ammoniaksalze. Rautenberg fand nun, dass bei Befolgung dieses Verfahrens mit Rinderharn nach Mohr's Vorschrift und mit verschiedenen Modificationen im Ver- gleich zu den Methoden von Schlösing, Neubauer und von Boussiugault constant ein Ammoniak - Ueberschuss und zwar meistens ein ziemlich beträchtlicher erhalten wird. Rautenberg glaubt, dass dieser Ueberschuss dadurch entstehe, dass gewisse neutrale ExtractivstofFe durch die Einwirkung des Alkalis in Stoffe von saurer Natur übergeführt werden, wodurch dem zugesetzten Alkali theilweise seine Alkalität genommen wird. Der Aramoniak- gehalt des Rinderharns selbst bewegte sich nach den vorgenom- menen Bestimmungen zwischen bis 0,009 Proc, was auf 24 Stun- den nur 2,1 Grm. N ausmacht. III. Bericht über die Leistungen in der pathologischen Chemie, von Prof. Dr. Seh er er in Würzburg. Grote hat, im Besitze eines Cystin-Steines, denselben verwen- det, um eine neue Elementaranalyse dieses seltenen Stoff'es anzu- stellen, indem die von Gmelin zuerst angenommene Formel C^H^NS^O^ nicht ganz mit der Thaulow' sehen Analyse überein- stimmt. Die Elementaranalyse dieses Cystin-Steines ergab folgende Verhältnisse : Kohlenstoff 30,07 Wasserstoff 5,83 Schwefel 26,60. Diese Zahlen stimmen mit der Gmelin'schen Formel ganz gut über- ein, während die Thaulow'sche Formel nur 5,00 Wasserstoff vor- aussetzen würde, wie Thaulow in der That auch nur 5,10 Proc. Wasserstoff gefunden haben will. IV. Bericht über die Leistungen im Gebiete der Balneo- logie, von Prof. Dr. Lö sehn er in Prag. I. Allgemeiner Theil. Aus Löschner's Bericht über die kurörtlichen Verhältnisse Böhmens geht hervor, dass der früher benutzte, zuletzt verschol- lene Sprudelsäuerling Carlsbads wieder aufgedeckt wurde", gefasst und nach Aussen geleitet: er giebt in 1 Minute 6 Seidel Wasser, das hell, klar und perlend ist, angenehm laugenhaft prickelnd schmeckt, eine Temperatur von 21öR. hat und nach Göttl in 1 Pfde. = 7680 Gran folgende Bestandtheile enthält: Schwefelsaures Kali 0,5631 Gran „ Natron 6,6225 „ Chlornatrium 2,8908 „ Kohlens. Natron 3,7095 „ „ Kalk 1,1773 „ „ Magnesia 0,1409 „ „ Eisenoxydul 0,0064 „ 184 ^ Literatur, > Thonerde 0,0018 Gran Kieselerde 0,1536 „ Organische StoflFe 0,0783 „ Summe . . . 15,3442 Gran Kohlensäure 10,202 „ oder freie u. halbgebundene Kohlensäure 8,693 „ Diese Quelle wird vorzüglich als Unterstützungsmittel der Kur in Carlsbad bei chronischen Reizzuständen der Schleimhaut des Respirations- und Digestions - Apparates , dann bei einer grossen Anzahl von Neurosen, so wie bei Hyperästhasie der kurbrauchen- den Individuen von wesentlichem Vortheil sein und nähert sich in dieser Beziehung den Quellen von Ems, übertrifft dagegen, was die stetige Temperatur von 210R. anlangt, die Quellen von Gleichen- berg. Lös ebner reihet hieran die Analyse der noch wenig bekann- ten Hochberger Quelle, die einen neuen Beleg dafür liefert, dass sämmtliche Carlsbader Quellen einem und demselben Heerde ent- springen; sie hat bei -|-300 R. Temperatur ein spec. Gewicht von 1,00491; ihre übrigen physikalischen Eigenschaften sind die der andern Carlsbader Thermen. Nach Göttl sind in 1 Pfunde = 7680 Gran folgende Bestandtheile enthalten: Schwefelsaures Kali 9,523 Gran „ Natron . . . 14,269 „ Kohlensaures Natron 8,931 „ Chlornatrium 8.163 „ Kohlens. Kalk 2,547 „ „ Magnesia 0,352 „ „ Eisenoxydul 0,002 „ Thonerde 0,254 „ Kieselerde 0,552 „ Summe . . . 44,593 Gran Kohlensäure 18,296 „ Abdampfrückstand 44,079 „ IL Specieller Theil. 1. Alkalische, alkalisch-salinische und alkalisch- salinisch -muriatische Quellen. Die Constantinsquelle zu Gleichenberg entspringt einer Tra- chytspalte am Fusse des Sulzkegels mit einer Temperatur von 16,40 C. und einem spec. Gewichte =: 1,00572. Ihr Wasser perlt lebhaft und besitzt den angenehm salzigen Geschmack eines star- ken Natronsäuerlings. Nach Gottlieb sind in 1 Civilpfunde = 7680 Gran enthalten: Einfach-kohlens. Kali 0,4302 Gran „ Natron 19,0911 „ „ Lithion 0,0377 „ Schwefelsaures Natron 0,6106 „ Phosphorsaures Natron 0,0130 „ Chlornatrium 14,2161 „ Einfach-kohlens. Baryt 0,0010 ,, „ Kalk 2,7211 „' „ Bittererde . . . 3,6414 „ „ Eisenoxydul.. 0,0263 „ „ Manganoxydul 0,0048 „ ♦ Literatur. ^ 185 Neutral phosphors. Thonerde . . . 0,0060 Gran Kieselsäure 0,4870 „ Summe der fixen Bestandtheile 41,4862 Gran Die zur Bildung der doppelt- kohlensauren Salze nöthige Kohlensäure beträgt 11,2850 „ Die freie absorbirte Kohlensäure 17,4050 „ Summe aller wägbaren Bestandtheile 70,1762 Gran. Die Klausner-Quelle (Klausner Stahlwasser) entspringt bei Glei- chenberg in der sog. Klause, einem engen, waldigen Thale, 24Ö Fuss über der von Gleichenburg nach Feldbach führenden Strasse. Gottlieb fand bei einer Luftwärme von 22^ C. die Temperatur des in ein grösseres Glasgefäss gefüllten Wassers auf 10,5^ C.; die- ses perlt nur schwach, ist ungemein klar und zeigt einen eigen- thümlichen, eisenhaft schrumpfenden, aber nicht unangenehmen Geschmack von kohlensaurem Eisenoxydul und Kieselsäure. In 1 Civilpfunde sind enthalten : Schwefelsaures Kali 0,0533 Gran „ Natron 0,0844 „ Phosphorsaures Natron 0,0113 „ Einfach-kohlens. Natron 0,1124 „ Chlornatrium 0,0014 „ Einfach-kohlens. Eisenoxydul. . 0,0797 „ „ Kalk 0,1811 „ „ Bittererde.... 0,0454 „ Phosphorsaure Thonerde 0,0075 „ Kieselsäure 0,5474 „ Summe der festen Bestandtheile 1,1239 Gran Zur Bildung der Bicarbonate nöthige Kohlensäure 0,3797 „ Freie absorbirte Kohlensäure 14,0923 „ Summe aller wägbaren Bestandtheile 15,5959 Gran. Die festen Bestandtheile der Klausner-Quelle enthalten in 100 Theilen 8,21 Th. kohlensaures Eisenoxydul und die bedeutende Menge von 52,98 Th. Kieselsäure. Das Wasser der neuen Felsen-Quelle in Ems quillt, wie Speng- ler berichtet, aus einer Bergspalte von etwa 8 Fuss über dem Boden hervor und rinnt perlend klar in den Felsen herunter, sam- melt sich in einem kleinen gemauerten Bassin und läuft aus die- sem frei in einen Abzugscanal ab. Nach Mohr war im Jahre 1861 die Temperatur == 32,4» R., jetzt ist sie 310 _ 320 r. „nd in 7680 Gran finden sich an Bestandtheilen : Kohlensaures Natron 10,1875 Gran Kali 0,1827 „ Kochsalz 7,5125 „ Glaubersalz 0,5521 „ Kohlcns. Kalk 1,1673 „ „ Magnesia 0,7265 „ „ Eisenoxydul 0,0389 „ Thonerde 0,0960 „ Kieselsäure 0,4531 „ Summe . . . 20,9166 Gran Freie Kohlensäure 2,7541 „ Halbgebundene Kohlensäure 9,5528 „ Zusammen... 33,2235 Gran. 186 Literatur. In Betracht der Verhältnisse der neuen Quelle kam Ludwig zu dem Schlüsse: dass die Emser Thermalquellen ihre Warme nicht aus den Erdtiefen empfangen, sondern dass das von oben eindringende Wasser in einem bituminösen Schieferlager der De- conformation erhitzt wird. Die in früheren Zeiten vielfach besuchte, aber seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts am Rheine überschwemmte und erst vor einigen Jahren wieder aufgefundene Rhenser Mineralquelle ent- springt mit dumpfem Getöse armdick in einem aus Grauwacken und Thonschiefer bestehenden, durch das Rheinstrombett streichen- den Felsenriffe; bei mitterem Wasserstande ungefähr 15 Fuss tief unter dem Spiegel des Rheins; ihre Temperatur ist = 8,40 R. und in 10,000 Theilen oder 20 Pfd. Wasser fand Mohr an festen Be- standtheilen : Kohlensaures Natron 7,102 Gran Chlornatrium 12,657 „ Schwefelsaures Natron 9,585 „ Kohlensauren Kalk 3,400 „ Kohlensaure Bittererde .... 2,646 „ Eisenoxyd 0,023 „ Kieselerde 0,160 „ Kali eine Spur — Summe . . . 35,573 Gran. Mit Kohlensäure ist das Wasser vollkommen gesättigt; nach seiner Zusammensetzung gehört das Wasser zu den besten alkali- schen Quellen des Rheinlandes. 2. Bitterivässer. Die Quellen von d' Allancourt sind Quellen mit vorherrschen- dem Gehalte von schwefelsaurer Magnesia, während jene von Miers als Glaubersalzquellen sich darstellen. 3. Alkalisch -salinisch erdige Quellen. Alkalisch -salinische und alka- lisch - erdige Eisenwässer. Lö sehn er theilt die Analyse der Franzensbader Loimanns- Quelle von Röchle der und jene der Cartellieri-Quelle von Göttl mit. Die erstere enthält in 1 Pfunde = 7680 Gran : Schwefelsaures Natron... 16,46669 Gran Chlornatrium 6,12019 „ Saures kohlens. Natron . . . 5,22639 „ Kohlens. Kalk 1,42848 „ „ Bittererde 0,68667 „ „ Eisenoxydul 0,41119 „ Kieselerde 0,42509 „ Summe der festen Bestandtheile .. . 30,76470 Gran. Ausserdem sind darin enthalten: phosphorsaure Thonerde, Li- thion und organische Substanz in geringen Theilen. Die Cartelliere-Quelle enthält in 1 Pfunde = 7680 Gran: Schwefelsaures Kali 0,8743 Gran „ Natron.... 10,9094 „ Chlornatrium 4,4590 „ Kohlens. Natron 2,8508 „ „ Kalk 0,4155 „ Literatur. 187 Kohlens. Magnesia 0,2219 Grau „ Eisenoxydul 0,1766 „ Thonerde 0,1306 „ Kieselerde 0,3080 „ Organische Substanz 0,0768 „ Summe der festen Bestandtheile 20,4229 Gran Kohlensäure 17,3353 „ Imnau, schön und günstig in einem Wiesenthaie der Eyach ira ehemaligen Fürstenthum Hohenzollern-Sigmaringen gelegen, be- sitzt 6 Quellen, welche ihrem Gehalt und ihrer Heilkraft nach au Spaa, Schwalbach und Pyrmont anreihen; ferner eine Molken- anstalt, Kiefernadel- und Harzdampfbäder. Neben den früheren Analysen der Quellen von Siegwart (1831) und jener der Fürsten- quelle von Gmelin veröffentlicht Egler auch die neueste chemi- sche Untersuchung der Fürsten- und Kaspars-Quelle von Strecker (1864); es enthält: die Fürstenquelle die Kasparsquelle Bei 150 C. ein spec. Gewicht = 1,0026 1,0023 TaOOÖ ieUn^n 10,OOOThnlpfJ Theile =6780 Wasser =7680 Gran Gran Zweifach-kohlens. Kalk 14,730 11,313 14,546 11,171 „ Magnesia 4,137 3,177 2,221 1,705 Eisenoxydul.. 0,052 0,040 0,525 0,403 „ Manganoxydul 0,100 0,077 0,322 0,247 Schwefels. Kalk — — 0,173 0,133 „ Magnesia — — 0,215 0,165 „ Kali 0,888 0,682 0,144 1,110 ^ Natron — — 0,385 0,296 Chlormagnesium 0,484 0,372 — — Chlornatrium 0,829 0,636 0,202 0,155 Chlorkalium 0,550 0,422 — — Kieselsäure 0,073 0,056 0,116 0,089 Organische Substanz 1,450 1,114 0,715 0,549 Freie Kohlensäure 22,878 17,571 19,460 14,945 Summe... 46,171 35,460 39,024 29,968 Die Kasparsquelle, wohl die älteste und nach dieser neuesten Analyse auch die wichtigste der Imnauer Quellen, ausgezeichnet durch ihren Gehalt au Kohlensäure und reich an kohlensaurem Eisenoxydul, übertrifft an kohlensaurem Mangauoxydul, welches in allen vorzüglichen Stahlwässern nie fehlt, sowohl die Rippoldsauer als auch die Schwalbacher Quellen und zeigt einen Vorzug vor andern Stahlsäuerlingen durch ihren geringen Gehalt an schwefel- saurem Kalk. 4. Alkaliscli-mu7natische Wässe7\ Soolquellen. Jodquellen und die See. Nauheim besitzt gegenwärtig 5 Soolquellen, welche zum Theil zu Bädern, zum Theil zu Trinkkuren verwendet werden. Ueber die physiologischen Wirkungen der Nauheimer Trinkquellen spricht sich Beneke nach seinen schon früher augestellten Untersuchun- gen in Betreff einer sehr grossen Steigerung des Harnstoffgehalts des Harnes beim Genüsse des Wassers sehr günstig aus. 188 Literatur. 5. Schwefelquellen. Die Landecker vier Quellen enthalten nach der neuen Ana- lyse von Meyer reichlich Schwefelwasserstoff und zwar fand der- selbe in 16 Unzen aus der Georgen- Marien- Wiesen- Marian- nen- Quelle an Cubikzollen: Freien Schwefelwasserstoff 0,020 0,033 0,036 0,023 Gesammten Schwefelwasserstoff 0,042 0,056 0,056 0,062. An neuen Bestandtheilen der Thermen von Land eck hat Meyer noch Spuren von Jodnatrium gefunden. G ränge fand bei der Analyse des Mineralwassers von Gr^oulx in 1,000 Grm. = 1 Liter : Hydrothionsaures Gas 0,00157 Stickstoff Spuren Salzigen Rückstand von 100« 2,610 Schwach rothen Rückstand 2,380 In alkoholisirtem Wasser lösliche Salze 2,050 1 Unlösliche Salze 0,360 \ 2,619 Organische Materie 0,209 J Lösliche Salze : Kalksulfür. 0,050 j Sodiumchlorür 1,541 1 Magnesiumchlorür 0,195 1 Schwefelsaures Natron 0,150 ) 2,059 Kieselerde 0,010( Thonerde 0,049] Natrium-Bromur und Jodür.. . 0,064 < Unlösliche Salze: Kohlensauren Kalk 0,155 ] Kohlensaure Bittererde 0,059 [ 0,370 Schwefelsauren Kalk 0,156 j Die Quelle giebt in 1 Minute 1,200 Liter Wasser von einer Temperatur = 36,5« C. V. Bericht über die Leistungen in der therapeutischen Physik, von Dr. Eisenmann. VI. Bericht über die Leistungen in der Heilgymnastik, von Prof. Dr. Eulenburg zu Berlin. Dr. L. F. Bley. Dr. Helwig's Werk: „Das Mikroskop in der Toxikologie". Die Theilnehmer der General-Versammlung des deutschen Apo- theker-Vereins zu Wiesbaden, 1864, werden sich gern des inter- essanten Vortrages erinnern, womit Dr. A. Helwig aus Main?: die- selbe erfreute. Das damals angekündigte Werk, „Das Mikroskop in der Toxi- kologie", ist nun vollständig erschienen und entspricht gewiss den Erwartungen Aller, welche in jener Versammlung dem Vortrage mit Spannung folgten und die bereits dargestellten und vorgelegten photographischen Abbildungen mikroskopischer Präparate anschauen konnten. Da das Verhalten der Alkaloide gegen chemische Eea- gentien mich längere Zeit beschäftigt und mir grosses Interesse Literatur. 189 eingeflösst hatte, so habe ich denn gleich beim Erscheinen der er- sten Lieferung dieselbe studirt und fühle mich nun nach Vollen- dung des Werkes veranlasst, die so höchst werthvolle Arbeit zu empfehlen. Das Buch unter dem Titel, „Das Mikroskop in der Toxikologie" ist von dem Verfasser noch näher bezeichnet: Bei- träge zur mikroskopischen und mikrochemischen Diagnostik der wichtigsten Metall- und Pflanzengifte, für Gerichtsärzte, gerichtliche Chemiker und Pharmaceuten, mit einem Atlas photographischer mikroskopischer Präparate. Der Verfasser hat von seinem Stand- puucte, als praktischer Gerichtsarzt, nur diejenigen Pflanzen- und Metallgifte bearbeitet, welche für den Gerichtsarzt und gericht- lichen Chemiker von praktischer Bedeutung .sind; als solche hat er aufgenommen: Acid. arsenicos.^ Hydrarg. bichloiat. corros., Tart. stib., Plumh. acet., Stajin. kydrochlor., Ärgent. nitr., Cuprum sulfur.^ Motyhium, Stryclininum, Brucinum, Veratrinum, Atropiniim, Aconi- tinum, Sola7ii}ium, Digitalinum, Coniinum^ Nicotinum. Verfasser hat nur das geschildert, was er selbst gesehen und bei Wiederholung der Versuche unter denselben Voraussetzungen immer wieder ge- sehen hat. Seine Schilderungen umfassen also mikrochemische und mikroskopische Erscheinungen resp. Bilder, welche sich durch Ein- wirkung chemischer Reagentien, durch Krystallisation oder Subli- mation der Körper zeigen. Die Hinzuziehung des Mikroskopes bei Ermittelung eines Giftes ist um so wichtiger, als gerade, wie auch der Verfasser sagt: die Kleinheit der Gabe wesentlich mit zu dem Begriffe „Gift" beiträgt. Das Mikroskop hat der Verfasser dadurch noch zu einer schärferen Waffe gemacht, dass er die Alkaloide zu sublimiren mit Glück versucht und die Sublimate photographirt hat; dadurch ist die Zahl der mit einem Atome eines Giftes möglichen Versuche vermehrt worden. Wer in der Lage gewesen ist bei einem Minimum, dem Richter Ja oder Nein sagen zu müssen, weiss zu schätzen, wenn die Zahl der möglichen Versuche um eine ver- mehrt wird. Das Werk aus zwei Lieferungen bestehend, enthält auf 150 Seiten, gross Octav, den Text, dem 64 Abbildungen, Pho- tographien, mikroskopischer Präparate beigefügt sind. Nur Minima sind erforderKch und dürfen nur angewendet werden, um die Reac- tionen und Krystalle aus Auflösungen oder durch Sublimation zu erhalten, das ist gerade der grosse Nutzen den diese Arbeit der gerichtlichen Chemie bietet. Um mit Nutzen das Buch bei einer gerichtlichen Arbeit anwenden zu können, muss man sich aber mit den Operationen durch vorheriges Probiren selbst vertraut machen. Sehr charakteristisch sind die metallischen Niederschläge aus ihren Auflösungen durch Zink: so ist es nach Angabe des Verfassers noch leicht aus einem Tropfen einer Lösung von Ärgent. nitric. 1 : 20000, einen Silberbaum darzustellen, der ein charakteristisch mikroskopisches Bild zeigt. Wenn auch die Untersuchung schon auf die Gifte ausgedehnt ist, welche praktische Bedeutung haben d. h. insofern das Mikro- skop dabei helfen kann, so wird in der Folge doch der Kreis er- weitert werden; hierbei möchte ich an das Narcotin erinnern. H. Rose, unser uuvergesslicher Meister, hat in einer seiner letzten Arbeiten, Vierteljahrsschrift für gerichtliche und öffentliche Medicin von Wilhelm Hörn, Januar 1865, uns gelehrt, dass bei einer Opium - Vergiftung leichter Narcotin nachzuweisen sei als Morphin; aus einer Abkochung von Mohnköpfen erhielt er ein krystallinisches Netzwerk von Narcotin, aber kein Morphin. Bei Opium -Vergiftun- gen hält er es daher für zweckmässig, aus der Gegenwart von Nar- 190 Bibliographischer Anzeiger. cotin und der Meconsäure die ferneren Schlüsse zu ziehen. Im Soriimer vorigen Jahres hatte ich eine gerichtlich chemische Unter- suchung, wo eine Mutter angeschuldigt war ihr Kind durch eine Abkochung von Mohnköpfen getödtet zu haben und somit Veran- lassung Rose 's Arbeit zu benutzen, dies führt mich auf den hier eingeschlagenen Seitenweg. Der Verfasser macht unter „Corrigenda^ darauf aufmerksam, dass in mehreren Exemplaren auf Taf. VIII. die beiden Bilder Strychn. acet. falsch aufgeklebt seien, was durch Betrachtung mit einer Loupe sich leicht ergäbe. Wenn auch nicht von Bedeutung möchte ich hier anreihen, dass auf Tafel II. die Bezeichnung nicht Hydrarg. bichloric.^ sondern H. hischlorat. heissen muss. Wovon man gern spricht, sagt man leicht zu viel, ich schliesse deshalb mit dem Wunsche, dass es von Vielen gelesen werden möge. Dr. Schlienkamp. Bibliographischer Anzeiger fnr Pharniacenteii, 1866. No. % \nnalen der Landwirthschaft in den k. preuss. Staaten. 47. u. 48. Bd. Berlin, Wigandt u. Hempel. 5 .^. — der Chemie u. Pharmacie v. Wöhler, J. v. Liebig u. H. Kopp. 4. Suppl.-Bd. 2. Heft. gr. 8. Leipzig, Winter. 2/3 ^. Archiv für Naturgeschichte v. W. F. Erichson. 32. Jahrg. 1866. 2 Bde. in 3 Hftn. gr. 8. Berlin, Nicolai's Verl. 8 4. Apotheker-Zeitung für Mitteldeutschland. Correspondenzbl. für Apotheker, Droguisten u. Chemiker v. Dr. Hoppe. V4Jährl. 1/2 »$• Bibliotheca historico-naturalis, physico - chemica et mathematica, V. E. V. Zuchold. Jahrg. 1865. 1. Heft. Juli— Decbr. 9 nar. Blum, J. Reinh., die Mineralien in den Krystallformen geordnet. Ein Leitfaden zum Bestimmen ders. vernrHttelst ihrer krystallogr. Eigenschaften, gr. 8. 32 S. Leipzig, C. F. Winter. 1/3 4- Bruhns, Prof. Dr. C., Resultate aus den meteorolog. Beobachtun- gen, angestellt an mehreren Orten des Königr. Sachsen in den Jahren 1828—1863 an der 22. k. sächs. Station. Mit den monatl. Zusammenstellungen im statist. Bureau des Minist, des Innern. 1. Jahrg. gr. 4. Leipzig, Günther. 2V3 >$. C rüg er, Dr. F. E. J., Grundzüge der Physik in Rücksicht auf Chemie. 10. Aufl. Mit 170 in den Text gedr. Holzschn. gr. 8. 146 S. Erfurt, Körner's Verl. 16 nqr. Encyklopädie, allgem., der Physik, von G. Karsten. 17. Lief. Lex. -8. Leipzig, Voss. 22/3 ^. Flora von Deutschland, v. Prof. Dr. F. L. v. Schlechtendal. 20. Bd. 9. u. 10. Lief. Mit 20 col. Taf. 8. 40 S. Jena, Mauke, ä 1/3 4- Fresenius, Geh. Hofr. Prof. Dr. R., Anleitung zur qualitat. ehem. Analyse. 12. Aufl. gr. 8. 452 S. mit 1 Taf. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. 2V2 ■4- — Analyse der Trinkquelle zu Driburg, der Herster Mineralquelle, so wie des zu Bädern benutzten Satzer Badeschlammes, gr. 8. 44 S, Wiesbaden, Kreidel. 8 wgr. Bibliographischer Anzeiger. 191 Fuchs, Jos., Catalog der Hölzer-Sammlung des allgem. Österreich. Apoth.-Ver. Lex.-8. 61 S. Wien, Tendier & Comp. 8 w^r. Hai Her, Prof. Ernst, die pflanzlichen Parasiten des menschlichen Körpers. Mit 4 Kpftaf. (wovon 3 col. in gr. 8. u. gr. 4. (116 S.) Leipzig, Engelmann. 1^6 Tzgr. Handv er kauf -Taxe für Apotheker. 4. Aufl. gr. 8. (128 S.) Berlin, Gärtner. V2 *$• Hager, Dr. Herm., das Mikroskop u. seine Anwendung. Leitfaden bei mikroskop. Untersuchungen für Beamte der Sanitätspolizei. 2. Aufl. Berlin, Springers Verl. 2'^ ^. Graham-Otto's ausfiihrl. Lehrbuch der Chemie. 2. Bd. Anorgan, Chemie v. Prof. Dr. Otto. 4. Aufl. 1. Abth. 7. u. 8. Lief. gr. 8. Brauuschweig, Yieweg u. Sohn, a Lief. V2 *$• Heschel, Prof. Dr. Eich., über Trichinen, Trichinenkrankheit u. die Schutzmassregelu. Mit 1 lith. Taf. gr. 8. Leuschner A Lu- bowsky. 6 n^r. Kirchhoff, G., Untersuchungen über das Sonnenspectrum u. das Spectrum der ehem. Elemente. 1. Th. Berlin, Dümmler's Verl. col. 11/3 4- Krause, Prof. Dr. W., die sogenannten Geheimmittel, gr. 8. (17 S.) Göttingen. Ve »^• Kenngott, Prof. Dr. A., die Minerale der Schweiz nach ihren Eigenschaften und Fundorten. Mit 87 eingedr. Holzschn. 8. (460 S.) Leipzig, Engelmann. 1^/4 ^. Küchenmeister, Med.-Rath Dr. Fr., mikroskopische Fleischschau. 2. Heft. gr. 8. (S. 49 —148.) Dresden, Burdach. 1/2 '^• Leitfaden der unorgan. Chemie. 1. u. 2. Th. 4. Münster, Thei- sing. 23 n(^T. Lawes, J. B. u. Dr. J. H. Gilbert, Bericht über die Versuche mit dem Anbau von Weizen 20 auf einander folgende Jahre hindurch auf demselben Lande. A. d. Engl. v. J. v. Holtzen- dorfi". gr. 8. 116 S. mit 1 col. Taf. Leipzig, G. Wigand. 2/3 ^. Liebig, Just, v., Suppe für Säuglinge. Mit Nachträgen in Bezie- hung auf ihre Bereitung und Anwendung. 2. Aufl. 8. (35 S.) Braunschweig, Vieweg & Sohn. Ve *f- Liste der in der deutschen Flora enth. Gefässpflanzen, zunächst nach Koch's Syyiopsis ßorae gei^i. et helvet. zusammengestellt. 12. (161 S.) München, Grubert. 16 wgr. Memoires de l'academie imperiale des sciences de St. Petersbourg. Vn. Ser. ^ Tom. IX. No. 3 — 7 et Tom. X. No. 1. Imp.-4. Leipzig, Voss. 7 ^^ 9 n^r. Müller, Dr. Job., Auflösungen und Aufgaben der Grundrisse der Physik u. Meteorologie. 2. Aufl. gr. 8. Braunschweig, Vie- weg u. Sohn. V2 *$• — Grundriss der Physik u. Meteorologie. 9. Aufl. mit 574 in den Text gedr. Holzschn. u. 1 color. Spectraltafel. gr. 8. (645 S.) Ebendas. 2 *^. Nachtmann, Jos., der Blutegelsumpf im Zimmer. (4 S.) Wien, Gerold & Sohn. IV2 ^??'*- Neubert, Dr. W., Betrachtungen der Pflanzen u. ihrer einzelnen Theile. Mit 10 lith. Taf. 8. (58 S.) Stuttgart, G. Weise. 1/3 4- Personal, das Medicinal- u. veterinärärztliche, u. die dafür be- stehenden Lehr- und Bildungsanstalten im Königr. Sachsen am 1. Jan. 1866. gr. 8. (122 S.) Dresden, Kuntze. 12 nf. 192 Bibliographischer Anzeiger. Reichenbach, Hofr. Prof. Dr. H. G. L., Deutschlands Flora mit Abbild. No. 265-268. gr. 4. Leipzig, Abel, s/g^; col. ä II/2 ,$. dasselbe. Wohlf. Ausgabe: halbcol. 1. Ser. Heft 197 —200. Lex.-8. Ebd. ä 16 w^r. — — Icones florae germanicae et helveticae simul terrarum ad- jacentium ergo mediae Europae. Tom. XXL Decas 16 — 19. gr. 4. Ebd. ä s/g ^; col. ä II/2 «^. Röchle der, Dr. Frdr., Notizen über die Bestandtheile der Wur- zelrinde des Apfelbaumes. (3 S.) Wien, Gerold & Sohn. II/2 nijr. Schulze, Prof. Dr. Frz., Lehrbuch der Chemie für Landwirthe. gr. 8. Leipzig, Baumgärtner. 2 •$. Wilden-Medicin, die, der Jetztzeit im Allgemeinen und Kory- phäus Friedr. Lampe, Hannov. Director einer Heilanstalt in Goslar insbesondere, gr. 8. (140 S.) Berlin, Huber. 2/^ ;p. Wunderlich, G., Anleitung zur Kenntniss, Prüfung und Werth- bestimmung der im Handel vorkommenden wichtigsten Dünge- mittel u. ihre Anwendung in der Landwirthschaft. 8. (155 S. mit 1 Taf.) Leipzig, Wilfferrode. 2/3 ^. Zeitung für wissenschaftl. Zoologie, von C. F. v. Siebold u. A. Kölliker. 16. Bd. 1. u. 2. Heft. gr. 8. (251 S.) Leipzig, En- gelmann. 45/6 ;^. E. Hofbuchdmckerei der Ckbr. JSnecke zu Hannover. ARCHIV DERJHMIMACIE. CLXXVn. Bandes dritles Heft. !• Physik, Chemie, PflsQiizeuiiliysio- logie und iirahLtiselie Piiariuacie. Beitrag zur Darstellung der Magnesia sulfurica depur. aus Magnesit; von Dr. R. Mirus, Hof- Apotheker in Jena. Die Bereitung des Bittersalzes als Nebenproduct bei der Darstellung künstlicher Mineralwässer ist jetzt so allgremein und das Verfahren dabei so einfach, dass es fast überflüssig erscheinen könnte, darauf zurückzukom- men; dennoch sei es mir verstattet, die folgenden Be- merkungen über diesen Gegenstand mitzutheilen. Zunächst hat man zweckmässig darauf zu sehen, dass bei der Entwicklung der CO^ Magnesit und Schwe- felsäure in einem solchen Verhältniss angewendet wer- den, dass sich stets etwas Magnesit im Ueberschuss be- findet. Bei der Verarbeitung des gesammelten rohen Bitter- salzes verdünnt man dann so weit als nöthig mit Wasser und erhitzt zur völligen Austreibung der CO^ und Sät- tigung der Lauge bis nahe zum Kochen unter jeweili- gem Umrühren in einem geräumigen kupfernen Kessel. Ein kleiner Ueberschuss von Magnesit muss auch nach- dem noch verbleiben und darf die Lauge nicht sauer reagiren. Man prüft nun eine abfiltrirte Probe auf einen Gehalt an Metallen, von denen Eisen, Blei und Spuren von Mangan vorhanden sein können. Ist Eisen — wenn auch wie gewöhnlich im Frankensteiner Magnesit — nur in Arch.d. Pharm. CLXXVH.Bds. 3.Hft, 13 194 B' MiruSj sehr kleiner Menge vorhanden, so genügt es zur Fällung desselben, der Bittersalzlösung etwas Kalkhydrat zuzu- setzen und unter Umrühren zu digeriren, bis alles Eisen- oxyd gefällt ist. Hat sich auch ein Gehalt der Salzlösung an Bleioxyd gefunden, der bei einiger Aufmerk- samkeit glücklicher Weise ganz vermieden wer- den kann, so setzt man zweckmässig unter Umrühren und Digeriren bis zur völligen Ausscheidung des Schwe- felbleies in kleinen Mengen einfach Schwefelcalcium zu (durch Glühen von Gyps mit Kohlenpulver zu er- halten). Die Lauge bringt man hierauf in Fässer, die mit mehren seitlichen Oeflfnungen zum Ablassen der Flüssig- keit versehen sind, und verdünnt sie nun noch so weit, dass ein starkes Auskrystallisiren des Bittersalzes an den Wänden der Fässer nicht mehr statt finden kann, jedoch eine möglichst gesättigte Lösung erzielt wird. Man findet das richtige Verhältniss der Verdünnung bald heraus. Vortheilhaft ist es daher, nur in nicht zu kühlen Localen und überhaupt nur in der wärmeren Jahreszeit die Bittersalzbereitung vorzunehmen, wenn man nicht ein passendes künstlich erwärmtes Local besitzt. Nach mehr- tägiger Ruhe zieht man die in den Fässern befindliche obere, ganz klar gewordene Lauge ab, seihet durch Lein- wand und siedet dieselbe darauf in dem kupfernen Kes- sel ein. Das Filtriren muss gänzlich ausgeschlossen bleiben. Eine so gesättigte Lauge enthält bei einem spec. Gew. von 1,26 bis 1,27 und einer Temperatur von -j- 17,5^0. ca. 11 Proc. wasserfreie schwefelsaure Mag- nesia und ca. 22 Proc. kryst. Bittersalz = MgO, S03 -\- 7 HO (Gerlach). Es empfiehlt sich kaum, falls die richtige Verdünnung statt gefunden und nicht eine starke Krystallrinde sich an den Wänden der Fässer abgeschie- den hat, den Rückstand in den Fässern nochmals mit heissem Wasser anzurühren und auszulaugen und wie vorher zu verfahren. Z2ir Darstellung der Magnes. sidfur. dep. aus Magnesit. 195 Der Satz besteht aus etwas überschüssigem Magne- sit, Gyps, Aetzkalk, CaO, C02, ziemlich viel Sand und Thon und ist, wenn man Schwefelcalciura zusetzen musste, von den Schwefelmetallen grau oder schwarz gefärbt. Man siedet jetzt die gesammelten Laugen ein, wozu sich wegen des etwas hohen Siedepunctes — anfanglich -{- lOlO C. — namentlich Steinkohlen- und Coaksfeuerung eignet und ersetzt das Verdampfte durch Nachgiessen neuer Portionen. Sobald der Siedepunct endlich auf -f- 104^ C. gestiegen ist, auch das Kochen längere Zeit noch fortgesetzt wurde und einige herausgenommene Tropfen sofort zu einer festen Salzmasse, die keine Mutterlauge nach dem Erkalten zeigt, erstarren, lässt man das Feuer abgehen und schöpft in einen ziemlich geräumigen, mehr flachen als hohen Holzbottich aus. Man rührt, so lange die Lauge noch sehr heiss ist, im Tage hin und wieder einmal um, später, wenn die Ausscheidung des Bittersalzes beginnt, häufiger. Ist die Temperatur der überstehenden Lauge endlich der umgebenden Lufttemperatur gleich geworden, so ist die Hauptmenge des Bittersalzes ausgeschieden, weshalb man die Lauge von dem feinen Krystallbr^si desselben ab- schöpft, um die Entstehung grösserer Krystalle zu verhüten. Diese sehr gesättigte Mutterlauge kann man noch einmal einsieden, wobei es nicht zweckmässig ist, sie erst länger der Ruhe zu überlassen, die dann wieder resultirende Mutterlauge giebt man am besten weg, da das Bittersalz daraus nicht mehr genügend weiss ausfällt. Den Krystallisationskübel stellt man zweckmässig durch Unterlagen hinten höher als vorn und schiebt nun den Krystallbrei auf die höher stehende Fläche des Bo- dens, damit der Rest an Mutterlauge noch ablaufen kann, was, so weit dies irgend zu erreichen ist, geschehen muss; — man hat dann nicht mehr nöthig, die Salzmasse erst noch zum Abtropfen in Zuckerhutformen zu geben, sondern kann sie alsbald auf Hürden in einen eigenen Trockenraum oder in Ermangelung dessen auf einen 13* 196 i?. MiruSj zur Darstellung der Magnes. sulfur. dep. etc. Hausboden zum Trocknen stellen. Wenn man die Schicht nicht zu dick macht und zuweilen die Salzmasse wendet, geht im Sommer auch hier das Trocknen sehr rasch vor sich. Das Hauptaugenmerk hat man von Anbeginn der Arbeit darauf zu richten, dass aller Staub und Schmutz von den Laugen undjauch von den Hürden abgehalten werde ; deshalb ist die Aufstellung des Kübels in einem staubfreien Locale unerlässlich, ebenso ist derselbe in d.er Zwischenzeit stets mit einem Deckel bedeckt zu halten, auch muss das Salz beim Trocknen auf Böden immer bedeckt gehalten werden. Das Struve'sche Bittersalz verdankt vor allem dieser Sorgfalt und der Anwendung besonderer Trockenräume seine blendend weisse Farbe. Es ist zur Erzielung gleichförmiger Krystalle nicht zu umgehen, dass man das trockne Salz durch ein passendes Sieb schlägt, die zu groben Krystalle etwas contundirt, nochmals nachtrocknet und mit dem übrigen Bittersalz mengt. Schliesslich sei noch bemerkt, dass ein Bleigehalt des Salzes bei obigem Verfahren nicht aus dem bleier- nen Kohlensäure -Entwickelungsgefässe hergeleitet wer- den darf; das Blei gelangt nur als schwefelsaures Blei- oxyd, wie es scheint, aus der rohen Schwefelsäure mechanisch in das Entwickelungsgefäss, wenn man die letzte, oft trübe Portion SO^ aus den länger in Ruhe gewesenen Ballons, die wohl immer bleihaltig ist, zur Beschickung verwendet, statt diese Säure f ü r s i ch zu sammeln, und erst nach dem nochmaligen Absetzen- lassen in einer durchsichtigen Flasche zu verwenden. Jena, April 1866. Verbindungen aus dem Oxalsäureäther. 197 Deber die Constitution einiger ans dem Oxalsäure- äther entstehenden Verbindungen; von Ä. G e u t h e r *). Frankland**) hat vor einiger Zeit durch die Ein- wirkung von Zinkäthyl auf Oxalsäureäther und nachheri- gen Zusatz von Wasser die Aetherverbindung einer Säure erhalten, welche die Zusammensetzung der Leucinsäure besitzt. Er hat dieselbe auch Leucinsäure genannt, ohne jedoch die Identität beider Säuren nachgewiesen zu haben. Er hat dann weiter in Gemeinschaft mit Duppa gefun- den ***), dass die nämliche Verbindung entsteht, wenn man an Stelle des Zinkäthyls bei der Reaction ein Ge- menge von Jodäthyl und amalgamirtem Zink anwendet, also so zu sagen das Zinkäthyl erst bei der Reaction entstehen lässt. Bei Anwendung von Jodmethyl und Oxalsäureäther erhielten sie den Aether einer von der vorigen um 2 CH^ abweichenden Säure, die sie „Dimeth- oxalsäure" nannten. Wandten sie dagegen ein Gemisch von oxalsaurem Methyläther und Jodäthyl an, so ent- stand der Methyläthei*'* der zuerst erhaltenen Säure f ), während dagegen bei der Anwendung von oxalsaurem Aethyläther und einem Gemisch von Jodäthyl und Jod- methyl die Aethylätherart einer Säure entstand, welche nur CH2 weniger, als die sogen. Leucinsäure, und CH2 mehr, als die Dimethoxalsäure enthielt: die „Aethometh- oxalsäure" nämlich. Dieselben beiden Chemiker haben nun in neuester Zeit die Einwirkung des Phosphorchlorürs auf die Aether dieser drei Säuren untersucht ff) und dabei die Aether *) Als Abdruck aus der Jen. Zeitschrift, II. 4. (1865) vom Hrn. Verfasser gütigst mitgetheilt. D. Red. **) Annal. der Chem. u. Pharm. Bd. 126. p. 109. ***) Ebeud. Bd. 133. p. 80. t) Ebend. Bd. 135. p. 25. tt) Ebend. Bd. 136. p. 1. 198 A. Geuthe^'j von drei neuen Säuren- erhalten, welche durch Austritt von je 2 Mgt. Wasser aus jenen entstehen und demnach die Zusammensetzung der „Aethylcro tonsäure", der „Me- thylacrjlsäure" und der „Methylcro tonsäure" besitzen« Sie halten dafür, dass diese Säuren wirklich das sind, was die von ihnen für sie gewählten Namen ausdrücken. Bei dieser Gelegenheit haben sie auch ein Synonym für die von ihnen früher nur Leucinsäure benannte Säure eingeführt: „Diäthoxalsäure". Die genannten Chemiker sind der Ansicht, dass die Diäthoxalsäure (Leucinsäure), die Aethometh Oxalsäure und die Dimethoxalsäure substituirte Oxalsäuren sind, in der Art, dass für 1 Mgt. Sauerstoff (O = 16) zwei Alkoholradicale eingetreten seien. Sie betrachten diese Säuren als „Säuren der Milchsäurereihe" und geben ihnen folgende Formeln *) : Oxal- Milch- Diäthoxal- Aethometh- Dimethoxal- säure säure säure Oxalsäure säure C2 O OH 10 In CH3 C2J0H_ 10 C2 (C2H5 C2H5 OH i^H [^H 1o lOH C2J rc2H5 CH3 OH o lOH (CH3 CH3 C2a>o «^ üeber Concremente im Schweinefleisch; mitgetheilt von C. Be2:emann in Hannover. Von dem Director der hiesigen Thierarzneischule, Herrn Professor Ger lach, wurde ich veranlasst, die Un- tersuchung von Concrementen vorzunehmen, welche sich in reichlicher Menge in einem Stücke Schweinefleisch be- fanden. Sie waren von verschiedener Grösse und Gestalt. Die grösseren erreichten den Durchmesser eines Steck- nadelkopfes und darüber, waren rundlich, länglich oder unregelmässig ; die kleineren waren sandkorngross. Alle bestanden in einer weissen, leicht zerreiblichen Masse, umgeben von einer häutigen Umhüllung. Da das Mikro- skop zur Erkennung dieser Körper keine Auskunft gab, so wurde folgender Weg eingeschlagen. Die Körper wurden mit Vorsicht aus dem Fleische losgetrennt, was allerdings nicht verhindern konnte, dass etwas von den Fleischfasern hängen blieb. Im Verhält- niss zu der anscheinend zu den Concrementen gehörigen 206 C. Begemann, äussern Umhüllung war es jedoch nur wenig. Sie wur- den mit Aether ausgezogen und der klare Auszug in einem Uhrglase der Verdunstung überlassen. Es blieb ein Rück- stand, der sich als ein Gemenge von Margarin und Elain auswies, und zwar mit vorherrschender Menge von Elain. Die von dem Aether ungelöst gebliebenen Körperchen ^hatten ihr Ansehn wenig verändert. Man erkannte die weissen Körnchen deutlich in der Umhüllung. Durch Behandeln mit verdünnter Salzsäure wurden sie aufgelöst. Die filtrirte salzsaure Lösung wurde, mit Ammoniak über- sättigt, kaum verändert, auf Zusatz von Oxalsäure zu der ammoniakalischen Lösung entstand ein Niederschlag. Mo- lybdänsaures Ammoniak mit Salpetersäure versetzt, brachte in der sauren Lösung anfangs keine Veränderung hervor. Die Flüssigkeit färbte sich jedoch nach einiger Zeit und nach einigen Tagen entstanden gelbe Flocken. Während der Einwirkung der Salzsäure konnte eine Entwicklung von Kohlensäure in der mit den Häuten durchsetzten geringen Menge Materials nicht wahrgenom- men werden, jedoch wurde unter dem Mikroskop bei einer andern Probe eine Gasentwickelung deutlich beobachtet. Die nach der Einwirkung der verdünnten Salzsäure zurückbleibenden Häute waren gequollen, enthielten aber keine weissen Puncte mehr und zeigten unter dem Mi- kroskope die Structur von Muskelfasern. Die Concremente sind demnach Ablagerungen von kohlensaurem Kalk mit geringen Mengen von phosphor- saurera Kalk. In welcher Beziehung die Muskelfasern zu den Concrementen stehen, lasse ich dahin gestellt, zumal das Fleisch längere Zeit in Spiritus gelegen hatte. Das Fett wird wohl kaum als ein Bestandtheil der Concremente angesehen werden können, ist vielmehr wahrscheinlich in den Muskelfasern enthalten, da andere getrocknete Mus- kelfasern bei gleicher Behandlung mit Aether ebenfalls Fett liefern. In Rücksicht auf das Interesse, welches die Apothe- ker vieler Orten für die mikroskopische Fleischschau über Concremente im Schweineßeisch. 207 habcD, scheint eine Mittheilung dieser Beobaclitung nicht unzweckmässig. Es kommen nämlich ähnliche Ablage- rungen nicht so selten vor. Insbesondere wurden, als die Gefährlichkeit der Trichinen erst bekannt wurde, Fleisch- ßtücke, meistentheils von geräucherten Schinken, aber auch rohe, zur Begutachtung an Herrn Prof. Ger lach geschickt. Die Absender waren meistens der Meinung, es wären Trichinenkapseln, welche Ansicht durch die schlech- ten Abbildungen, welche damals von den Trichinen, namentlich von den eingekapselten, gegeben wurden, bestärkt werden konnte. Seit der Zeit ist das Beobach- tungsmaterial grösser geworden. Es liegt auf der Hand, dass die Schriftsteller über die Trichinenlehre diesen Körpern ihre Aufmerksamkeit schenken mussten, wobei sich ergeben, dass die Bestandtheile solcher Ablagerun- gen, also auch ihre Entstehungsweise verschieden sind. Die Bestandtheile lassen sich nachweisen, über die Ent- stehungsursache können die Meinungen verschieden sein. Kühne (Mittheilungen des landivirthschaftlicheri In- stituts der Universität Halle, 1865, Seite 66) beschreibt Concremente, welche mit den von mir untersuchten die grösste Aehnlichkeit haben. Als Hauptbestandtheil wird phosphorsaurer Kalk angeführt. Kühne bemerkt hierzu: „Jedenfalls haben zur Entstehung derselben Trichinen nicht Veranlassung gegeben. So zahlreiche Versuche ich auch darüber anstellte, in keinem Falle habe ich die ge- ringste Andeutung gefunden von dem Vorhandensein eines Trichinenleibes oder eines andern Parasiten. Zur Unter- scheidung von den verkalkten Trichinen dient die erheb- lichere Grösse dieser Concremente, denn die weit dickere von einer Trichinenkapsel deutlich unterschiedene Binde- gewebshülle derselben und der Umstand, dass nach der Behandlung mit Salzsäure keinerlei Andeutung eines Tri- chinenleibes wahrzunehmen ist." — Leuckart {Untersuchungen über Trichina spiralis. 1866. Seite 113) hält diese aus derselben Quelle, nämlich von einem Schweine aus Hettstedt stammenden Concre- 208 C. Begemann, mente für Finnenbälge; indem er sich dabei auf ähnliche Gebilde bezieht, wie sie ihm bei seinen zahlreichen hel- minthologischen Untersuchungen vorgekommen sind. Nach Leuckart sind es nicht bloss die Finnen, welche ab- sterben und zur Bildung von eingekapselten Concremen- ten Veranlassung geben. Auch die Trichinen haben un- ter gewissen, einstweilen noch unbekannten Verhältnissen dasselbe Schicksal. Auf Seite 115 der Untersuchungen etc. wird ein Fall mitgetheilt. Die beigegebenen Abbildun- gen lassen die Formen leicht erkennen, und ihre Abstam- mung von Trichinen scheint darnach unzweifelhaft. Diese Formen kommen bei Schweinen gewiss höchst selten vor, welches schon in der kurzen Lebensdauer des Schlacht- viehs seinen Grund hat. Leuckart selbst führt nur die- ses eine Beispiel an. Ein anderes Concrement, welches zur Verwechselung mit Trichinen Veranlassung geben könnte, hält Leuckart wahrscheinlicher Weise erst entstanden durch die chemi- schen Vorgänge des Käucherungsprocesses. Es sind die- ses weisse Flecken, die sich von der rothen Unterlage deutlich absetzen, oft aber an den strahlig ausgezackten Rändern nur wenig begrenzt erscheinen. Sie werden von einer bröckeligen Substanz gebildet, die sich bei der Behandlung mit den Präparirnadeln in längern oder kür- zern Fasern von verschiedener Dicke auflöst. Unter dem Mikroskop zeigen sich dichte Massen vielfach verfilzter Spinnste, die Leuckart für Stearin- und Margarinkrystalle hält. In einer Anmerkung wird angeführt, man könne dabei auch an Tyrosin denken. Die neueste Beobachtung ähnlicher Körper ist von Virchow. {Dessen Archiv, Band 35 j Heft 2, Seite 359.) Diese haben der Beschreibung nach im Aeussern die grösste Aehnlichkeit mit den von mir untersuchten, unter- scheiden sich aber durch die Bestandtheile. Sie enthal- ten keinen Kalk, hingegen glaubt Virchow in den- selben einen Gehalt an Guanin annehmen zu dürfen, zu welchem Schlüsse er durch Analoga und durch eine aller- über Concremente im Schweinefleisch. 209 dings etwas zweifelhafte Reaction geführt wird. In den oben bezeichneten Concreraenten konnte nach der von Vir- chow angegebenen Methode kein Guanin erkannt werden. Fasst man die Beobachtungen, welche über das Auf- treten im Aeussern ähnlicher, bei der mikroskopischen Fleischschau störender Körper gemacht worden sind, zu- sammen, so lassen sich ungefähr folgende Eintheilungen machen: 1. Kalkablagerungen, welche entweder aus phosphor- saurem oder aus kohlensaurem Kalk oder aus beiden zu- gleich bestehen. Hierher gehören die von Leuckart als untergegangene Trichinen erkannten Formen, welche die eigenthümliche Kapselgestalt der Trichinen mehr oder w^eniger deutlich erkennen lassen. Ferner diejenigen Ablagerungen, welche von Leuckart als verkalkte Fin- nenbälge, von Kühne als pathologische Neubildungen an- gesehen werden, zu denen auch die von mir untersuchten zu rechnen sind. Gerlach wird seine Ansichten hier- über in einer unter der Presse befindlichen Schrift „über die Trichinen" erörtern. 2. Ablagerungen von Margarin und Stearin (vielleicht Ty rosin), welche nach Leuckart erst durch denProcess des Pöckelns und Räucherns entstehen sollen *). 3. Die von Virchow beschriebenen Ablagerungen, worin derselbe Guanin vermuthet. üntersnchnng mehrer Opiumsorten, ausgeführt im Laboratorium des Hrn. Prof. Stein in Dresden von Arthur Petermann. Die in so bedeutender Anzahl vorliegenden Analy- sen von Opium zeigen in Bezug auf den Morphingehalt *) Aehnliche Ablagerungen zeigte mir Hr. Apoth. Simon aus Dermbach bei Gelegenheit der Apothekerversammlung in Eisenach 1865 au einem Stück Rindfleisch, das ausserdem eine auffallend rothe Färbung besass und als der beginnenden Fäulniss verdächtig ver- worfen worden war. H. Ludwig. Arch.d.Pharm. CLXXVII.Bds. S.Hft. 14 210 A, Petermanrif je nach der Zeit der Ernte, der Art und dem Bezugs- platze des Opiums so wesentliche Verschiedenheiten, dass sich ein Land, in welchem die Medicinalbehörde einen bestimmten Morphingehalt nicht vorschreibt, einem an- dern gegenüber, wo dies der Fall ist, in einem Nach- theile befinden muss. Es werden demselben natürlich nur die geringwerthigen Sorten zugeführt. Dieser Umstand veranlasste Herrn Regierungsrath W.Stein, mich mit der Untersuchung mehrer im Laufe des Jahres 1865 aus sächsischen Apotheken entnomme- nen Opiumsorten zu beauftragen. Es galt nun zunächst, aus der grossen Anzahl der vorgeschlagenen Methoden zur Bestimmung des Morphins- die auszusuchen, welche meinem Dafürhalten nach am sichersten und schnellsten zum Ziele führt. Nach den verschiedenen Erschöpfungsmitteln zerfallen die zahlrei- chen Vorschläge in drei Abtheilungen, denn man kann extrahiren : 1) mit Wasser (Methode von Mohr, Wittstein etc.)* 2) mit Alkohol (Methode von Guillermond, Til- loy etc.); 3) mit verdünnten Säuren (MetTiode von Duflos,. Winckler, Wittstock, Lange, Merck etc.). Da nach de Vry nicht jedes Opium durch Wasser zu erschöpfen ist — was übrigens bei No. 1. der unter- suchten Sorten, welche nach dreimaliger Behandlung mit dem Fünffachen ihres Gewichtes Wasser in gelinder Wärme, an Salzsäure noch Morphin abgab, Bestätigung fand — so ist diese Methode nicht zur quantitativen Bestimmung des Morphins geeignet, obgleich sie sich im Uebrigen empfiehlt, da bei der Extraction mit Wasser am wenigsten Narcotin mit in Lösung geht. Die Methode von Guillermond, das Opium mit Wein- geist zu zerreiben, durchzuseihen, zu pressen etc., lässt sich sehr schwierig bei frischem, noch sehr klebrigen Opium aus- führen. Vor dem Digeriren der Opiumschnitte dagegen mit Alkohol scheint mir entschieden das mit verdünnten Untersuchung mehrer Opiumsorten. 211 Säuren den Vorzug zu haben, weil dieselben weniger Harz, Farbstoff etc. lösen, als der Alkohol. Ich erwärmte z. B. 5 Grm. Opiumschnitte mit dem Achtfachen Wasser und dem Doppelten gewöhnlicher Salzsäure während 4 Stunden bei 40^ bis 50^ C, wiederholte dies mit dem ungelösten Opium marke zwei Mal und fand, dass das zweite Filtrat nur noch schwach gelb- bis rothbraun ge- förbt, während das dritte fast farblos war. Bei der drei- maligen Behandlung einer gleichen Menge Opiums mit dem Achtfachen 80proc. Alkohols unter übrigens glei- chen Umständen war aber selbst das dritte Filtrat noch intensiv gefärbt. Eine weitere Bestätigung ergab sich aus dem Umstände, dass der in salzsaurem Wasser unlös- liche Rückstand einmal 5,7, ein zweites Mal 4,3 Proc. mehr betrug, als der in Alkohol unlösliche. Grosse Schwierigkeiten verursacht bekanntlich das Fällen des Morphins, das Trennen vom Narcotin und seine Reinigung. Da nach Pelletier Aether durchaus nicht alles Narcotin dem Morphin entzieht, so schied ich das erstere nach Wittstock mittelst Kochsalz ab. Wäscht man den hierdurch entstehenden schwammigen Nieder- schlag, der viel Farbstoff zurückhält, mit gesättigter Koch- salzlösung aus, so hat man nicht zu befürchten, dass das Narcotin auch Morphin zurückhalte. Setzt man zu dem salzsaures Morphin enthaltenden Filtrat Ammoniak in geringem Ueberschuss und lässt wenigstens 24 Stunden stehen, so kann man alles Morphin als graubraunen Nie- derschlag abfiltriren. Als bestes Mittel zur Reinigung des erhaltenen Mor- phins erwies sich — nach Versuchen mit absolutem Alko- hol, Aether, Bleiessig und Einleiten von Schwefelwasser- stoff — wie schon früher angegeben worden ist, wieder- holtes Auflösen des bei lOO^ getrockneten Niederschlages in verdünnter Essigsäure und Ausfällen mit Ammoniak. Nach diesen allgemeinen Vorbemerkungen ist über den Gang meiner Arbeit Folgendes zu erwähnen: In einer möglichst feinzertheilten Probe wurde bei 14* 212 A. Petermann, 1000 C. der Wassergehalt bestimmt. Die Genauigkeit der Wasserbestimmung ist wesentlich von dem Grade der Zertheilung des Opiums abhängig, da dasselbe leicht zusammenbackt und so den Austritt des Wassers verhin- dert. Ebenso hat es Schwierigkeiten, beim Einäschern des Opiums die Asche weiss zu erhalten; die qualitative Analyse dieser Asche zeigte immer deutlich: KO, NaO, MgO, CaO, Fe, C02, S03, PO^ und Si02. Was die Bestimmung des Morphingehaltes anbelangt, so verwendete ich zu derselben immer 8 — 10 Grm. Opium- schnitte und behandelte sie nach Wittstock drei Mal hinter einander mit dem Achtfachen Wasser und dem Zweifachen Salzsäure während 5 Stunden bei etwa 500C. Nach der dritten Extraction wurde das Opiummark auf einem gewogenen Filter gesammelt, bei 100^ getrocknet und gewogen. Dem Filtrate wurde das Doppelte der angewendeten Opiummenge Kochsalz zugegeben und 24 Stunden stehen gelassen. Ich trennte dann die Mutter- lauge von dem schwarzbraunen schmierigen Schlamm, wusch denselben mit gesättigter Kochsalzlösung nach, fällte mit Ammoniak in der schon angegebenen Weise und filtrirte ab. Den erhaltenen Niederschlag trocknete ich im Trichter bei 1000 und löste ihn in mit Essigsäure schwach angesäuertem Wasser, fällte wieder durch Am- moniak und löste dann nach dem Trocknen nochmals. Dies wurde so oft wiederholt, bis das Morphin nur noch blassgelb bis schwach grau gefärbt war, dann getrock- net und gewogen. Eine vollständige Reinigung bis zur Weisse ist mir nie gelungen und versuchte ich daher das Morphin durch Titrirung zu bestimmen. Zu diesem Zwecke löste ich den aus einer neuen Probe durch Am- moniak erhaltenen ungereinigten Niederschlag in einem abgemessenen Volumen titrirter Schwefelsäure und titrirte die nicht an Morphin gebundene SO^-Menge durch Natron- lauge zurück. Den Sättigungspunct beobachtete ich mit- telst Curcuma- und Lackmuspapiers und an dem durch das Wiederausfällen des Morphins Trübewerden der Flüs- Untersuchung mehrer Opiumsorten. 213 sigkeit. Dieses allerdings das umständliche Reinigen um- gehende Verfahren ist sehr von der Genauigkeit des Ti- trirens abhängig, da ein kleiner Fehler wegen des hohen Atomgewichts des Morphins (C^^Hi^NOß = 285) sehr ins Gewicht fällt. Durch das Titriren wurde immer ein grösserer Morphingehalt gefunden, als durch directe Wä- gung, was wohl seinen Grund in den beim Reinigen ent- stehenden Verlusten hat. Die Resultate der Analyse sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt: Opiumsorte ; Wasser- verlust bei 1000 Proc. Die wasserfreie Substanz enthielt in lOOTheilen: In ver- Asche Proc. dünnter Salzsäure unlösl. Rückstand Proc. Morphium titrirt Proc. 1. Französisclies Opium; cultivirt von Aubergier im Dep. Puy de Dome; dunkelbraune, glänzen- de, körnige Masse mit starkem Geruch 2. Patna Opium; harte, ti-ockne, dunkelbraune Masse von schwachem Geruch 3. Gueve Opium ; braun- gelbe, sehr klebrige 5lasse, von schwachem Geruch 4. Gueve Opium, wie Nro. 3. 5. Smyrnaer Opium ; frischer Schnitt gelb- braun mit dunkleren Adern, wenig klebrig, Geruch stark 6. Smyrnaer Opium, sehr trocken, Geruch schwach 7. Smyrnaer Opium, wie Nro. 5 8. Aegyptisches Opium ; dunkelbraune, fast schwarze, sehr harte, stellenweise poröse, fast geruchlose Masse . . 11,6 3,8 7,8 4,6 12,3 4,1 10,8 3,9 13,8 4,0 5,6 4,5 9,4 3,9 4,7 4,8 24,9 27,8 23,2 22,8 25,5 26,4 24,8 28,7 11,1 3,2 4,6 4,1 7,8 4,9 7,1 3,4 11,9 3,8 5,1 4,9 8,3 5,6 7,5 3,» 214 A. Busse j Ueber das Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen; von Dr. Arthur Busse, Assistenten am chemisch - pharinaceutischen Institut zu Jena. Die schwankenden Angaben in den verschiedenen chemischen Lehrbüchern über das Dextrin und sein Vor- kommen in den Pflanzen, gegenüber der Mulder'schen Behauptung: „der in den Pflanzen allgemein verbreitete gummiähnliche Stoß" ist Dextrin!" haben mich veranlasst, auf Anregung meines hochverehrten Lehrers, des Herrn Professor Dr. H. Ludwig, sorgfältige Untersuchungen anzufeteilen über diesen Körper und sein zur Zeit noch problematisches Vorkommen in den Pflanzen. Ich habe bei meinen Untersuchungen vor Allem be- absichtigt, mir Klarheit zu verschafi'en über meine Zwei- fel in Bezug auf die Mulder'sche Behauptung, die seiner« seits durchaus nicht durch genügende Versuche unter- stützt wird, durch Versuche von Mitscher lieh hingegen, der das Dextrin in den Getreidekörnern nicht gefunden hat, so wie neuerdings durch Versuche von Sachs, der das Dextrin in frischen pflanzlichen Gewebsstücken durch- aus nicht hat auffinden können, entschieden in Frage zu stellen ist, und indem ich mir erlaube, die Resultate mei- ner Untersuchungen hiermit zu veröffentlichen, behalte ich mir vor, fernere Untersuchungen über diesen Gegen- stand anzustellen. In seiner physiologischen Chemie behauptet Mulder Folgendes : „Das Dextrin findet sich in fast allen Pflanzensäften vor und ist in denselben das Mittelglied zwischen Stärke und Cellulose. Aus dem Dextrin entsteht das Gummi in den Pflanzen, eine Substanz, welche sich in den Inter- cellulargängen bisweilen zu ansehnlichen Massen anhäuft, oder sich an der einen Seite der Rinde zu grossen Men- gen ansammelt, wo sie durch kleine Oeffnungen austritt Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen. 215 und so das Gummi arabicum, das Pflaumengummi etc., bildet. Man kann kaum für das Pflanzenreich einen wich- tigeren Bestandtheil nennen, als das Dextrin! Es ist für die Pflanze ungefähr, was das Protein für die Thiere, ein Körper, aus welchem die wichtigsten Bestandtheile für den Organismus entwickelt werden. Die Umwand- lung der Cellulose und des Amylura in Dextrin wird durch einen der Diastase ähnlichen Fermentkörper, der in den Pflanzen in gehöriger Menge vorhanden ist, ver- anlasst; diese Umwandlung ist sonach als ein chemischer Process zu betrachten. In Folge dessen kann auch die Cellulose der Pflanzenzellen, ohne dass die Zellen zerstört werden, durch diesen Stoff", wenn er in geringer Menge dem Pflanzensafte, der die Zellen durchzieht, beigemischt ist, in Dextrin umgewandelt werden. Das Dextrin muss dazu dienen, die Cellulose der Pflanzenzellen zu bilden, kein anderer Stoß" kann dieses sein^ es muss ein auflös- licher Stoff" sein, der eben die Poren der Zellen durch- dringt und neuen Zellstoff zuführt, es kann dies nur Dex- trin sein; in jungen Zellen vielleicht auch Zucker. Eiweiss und Dextringehalt der Pflanzen bedingen die Löslichkeit gewisser unlöslicher Salze im Pflanzenorganismus, indem sie mit phosphorsaurem Kalk etc. lösliche Verbindungen eingehen und als solche im Pflanzensafte durch den Orga- nismus getrieben werden." — So weit Mulder. Da das Dextrin bisher bei keiner Pflanze im leben- den Pflanzenkörper durch directe Versuche nachgewiesen ist, so sind alle diese Mulder'schen physiologischen Anga- ben über das Dextrin für blosse Vermuthungen zu hal- ten. {Liebig j Poggendoff u. Wöhlers Handwörterhucli der Chemie.) Die einzigen Angaben über das Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen sind die von Fürstenberg und Albini. Ersterer will es im Weizen und Roggen ge- funden haben, letzterer in den echten Kastanien bis zu 22,8 — 23,3 Proc. Beide Angaben sind unzuverlässig. Das Gummi, welches Fürstenberg aus Weizen- und 216 -4. BussBj Roggenkleie abgeschieden, ist kein Dextrin, es dreht zwar die Polarisationsebene nach rechts, reducirt jedoch nicht die Trommer'sche Probe und über das Dextrin, welches Albini aus den echten Kastanien erhalten, fehlen in seiner Abhandlung ( Wien. Akadem. Ber. 13, 502) alle nähern Angaben über seine Eigenschaften. — In Bezug auf die Eigenschaften des Dextrins exi- stiren in den verschiedenen Lehrbüchern ebenfalls wider- sprechende Angaben und sind die Reaction des Dextrins auf Jod, sein Drehungsvermögen, so wie namentlich sein Vermögen, die Trommer'sche Probe zu reduciren, die Hauptfactoren dieser Differenzen. Das Dextrin von Biot ist ein anderes als das der übrigen Autoren und die Dextrine des Handels sind durch- aus keine reine Körper, sondern Gemenge der verschie- denen Uebergangsproducte der Umwandlung der Stärke in Dextrin und Zucker, welch letzterer Umstand wohl die Hauptursache dieser widersprechenden Angaben ist. Die nicht geringe Schwierigkeit, das Dextrin frei von Traubenzucker darzustellen, hat Veranlassung gegeben, seine Eigenschaft, die Trommer'sche Probe zu reduciren, neuerdings in Frage zu stellen und ist diese Eigenschaft von mehreren Chemikern bestritten worden. Bis jetzt ist es jedoch noch Keinem gelungen, ein Dextrin darzu- stellen, welches diese Eigenschaft nicht besässe. In sei- ner organischen Chemie von 1863 sagt Limpricht: „Das Dextrin bildet mit kalischer Kupferoxydlösung in der Kälte eine blaue Flüssigkeit, aus welcher sich bei 85<> Cu^O abscheiden soll; wahrscheinlich wird diese Reduc- tion von beigemengtem Zucker bewirkt." Diesen Aus- spruch modificirt er in einer Abhandlung über das Vor- kommen von Dextrin im Pferdefleisch (Annalen der Chemie von Wo hl er. Liebig und Kopp von 1865) dahin, dass er hier sagt: „Eine Lösung von Dextrin mit Kupfer- oxydkali scheidet selbst bei mehrtägigem Stehen im Trockenkasten des Dampfapparats nur Spuren vonCu^Oab.* Im Octoberhefte der Annal. de Chimie et de Physique Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen. 217 sagt Musculus in einer Abhandlung über das Dextrin: „Das Dextrin reducirt nicht die weinsaure Kupferoxyd- lösung", bemerkt jedoch am Ende derselben Abhand- lung, „das Verfahren zur Bereitung von Dextrin, welches ich angewandt habe und welches das von Payen ist, giebt das beste Resultat, und doch erhält man nie einen chemisch reinen Körper, er bleibt immer etwas zucker- haltig und reducirt die blaue Flüssigkeit." Bechamp hat die Umwandlungsproducte des Stärke- mehls durch Alkalien und Säuren genau untersucht und weil ich bei der Darstellung von reinem Dextrin im We- sentlichen dieselben Phasen der Umwandlung beobachtet habe^ will ich hier noch die Beobachtungen ßechamp's vorausschicken. In den Annal. de Chirnie et de Physiquey Decemh^e 1856 ^ p. 458 — 502 theilt Bechamp Folgen- des mit: Das Amylum in Form von Kleister verflüssigt sich rasch unter dem Einflüsse der verdünnten Schwefel- säure oder der Diastase und der Wärme; das Pro- duct dieser Verflüssigung ist Dextrin genannt worden. Nach dieser Verflüssigung ist jedoch das Amylum noch unlöslich in reinem Wasser, erst nach einer gewissen Dauer der Einwirkung wird dasselbe in im Wasser lös- liche Producte verwandelt. Indem Bechamp den Vor- gang genauer studirte, ist es ihm gelungen: a) den Punct zu ermitteln, bei welchem das Amylum zwar völlig desorganisirt, aber noch unlöslich in Wasser ist {la fecule desagregee, formlose Stärke). h) seinen unmerklichen Uebergang in einen besondern Zustand, identisch mit demjenigen, welchen es besitzt, sobald man es aus dem Xyloidin (salpetersaurem Amylum minus Wasser) durch Eisenchlorür abge- schieden hat, nämlich in lösliches, in Wasser völlig lösliches Amylum {fecule sohihle). In diesem Zustande wird dasselbe noch von Jod ge- bläut und durch Barytwasser gefällt, gleich dem Klei- 218 A. Busse, ster. Es ist solches gleich dem Dextrin vonBiot mit dem Drehungsvermögen 211<^ rechts, aber nicht das Dextrin der übrigen Schriftsteller, welches letztere durch Jod n i ch t gebläut, durch Barytwasser nicht gefällt wird und ein geringeres Drehungs vermögen für das polarisirte Licht besitzt, als die fecule soluhle'^ c) den unmerklichen Uebergang des löslichen Amy- lum in einen neuen Molecularzustand, in das Dex- trin der Schriftsteller (Biot ausgenommen); d) die Umwandlung des Dextrins in eine klebende, nicht gährungsfähige, vom Dextrin durch ein gerin- geres Drehungsvermögen verschiedene Substanz, das Amylin und schliesslich e) in Zucker. — Das Stärkemehl kann also desorganisirt werden und unlöslich bleiben (Stärkesubstanz, fecule desagregee)] es lässt sich in eine wirklich lösliche Moditication überführen (lösliche Stärke, lösliches Amylum, /ecwZe soluble)\ es kann -weiter modificirt werden in wenigstens zwei gummiartige, der Weingährung unfähige Kör- per (Dextrin und Amylin); endlich kann es in Zucker (Krümelzucker) übergeführt werden. Die Elementaranalyse konnte keinen Aufschluss über die Natur der genannten Körper geben, da mit Ausnahme des schliesslich gebildeten Zuckers alle übrigen Producte dieselbe procentische Zusammensetzung besitzen. Aber diese Producte unterscheiden sich durch ihr Verhalten gegen Jodlösung, Barytwasser, Weingeist und besonders durch die verschiedene Energie, mit welcher ihre Lösungen die Polarisationsebene des Lichtes ablenken; diese Energie wird um so ge- ringer, je weiter die Umwandlung fortgeschritten ist. Das desorganisirte Amylum scheint sich in Wasser zu lösen, in Wirklichkeit löst es sich aber nicht, sondern nimmt bloss Wasser auf und wird durchsichtig; es ist unfähig, Kleister zu bilden, bläut sich durch Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen. 219 Jodlösung und zeigt in der scheinbaren wässerigen Lösung ein Rotationsverniögen (a)j = -f- 210^ bis 213^ rechts. Das lösliche Amylum ist eine eigenthümliche Pflanzensubstanz, welche alle Eigenschaften des Stärke- mehls besitzt, mit Ausnahme der Unlöslichkeit und der Form und vom Dextrin sich durch viele Eigenschaften unterscheidet. Das lösliche Amylum {la fecule soluhle) löst sich in frischgefälltem Zustande (durch Alkohol gefällt) in kal- tem Wasser und im getrockneten Zustande in heissem Wasser. Die Auflösung kann zum Gefrieren gebracht werden, ohne dass sich etwas Unlösliches abscheidet. Ein filtrirter Stärkekleister enthält höchstens 0,338 Proc. or- ganische Substanz gelöst, richtiger nur suspendirt; bei der Concentration trübt sich die Flüssigkeit durch Abschei- dung von Kleisterflocken. Es ist nicht möglich sie zu concentriren. Die Lösung der fecule soluhle lässt sich ohne Trübung zur Syrupsconsistenz abdampfen und mit dem Gehalte an fester Substanz steigt das Rotationsver- mögen der Lösungen. Die scheinbare Lösung des normalen Amylum färbt sich rein blau durch Jodtinc- tur; sie wird reichlich gefällt durch Kalkwasser_, Baryt- wasser und Gerbsäure. Genau so verhält sich die wirk- liche Auflösung des löslichen Amylum. Die Zusammen- setzung des löslichen Amylum ist dieselbe, wie die des normalen, nämlich == C12H10O10 -)- 2 HO im luftleeren Räume getrocknet. Vom Dextrin der Autoren unter- scheidet sich das lösliche Amylum aufs bestimmteste. Das Dextrin, in seiner wässerigen Lösung, wird weder durch Kalkwasser, noch durch Barytwasser, noch durch Gerb- säure gefällt, Jod färbt das Dextrin durchaus nicht blau. Das Dextrin ist nur in sehr starkem Weingeist unlöslich, Weingeist von einer gewissen Stärke löst grosse Mengen desselben. Die Löslichkeit des Dextrins in Weingeist von gewisser Stärke ist weit grösser, als die des löslichen Amylum. Das Dextrin fällt durch Wein- geist als eine klebrige und syrupartige Masse, 220 A, Busse, das lösliche Amylum in weissen Flocken. Das beste Trennungsmittel, um beide von einander aus Lösungen zu scheiden, ist Barytwasser; dasselbe fällt nur das gelöste Amylum, das Dextrin bleibt gelöst. Am meisten unterscheidet sich das lösliche Amylum durch sein starkes und unveränderliches Kotationsvermögen vom Dextrin, Das Rotationsvermögen des löslichen Amylum ist = -|- 211^ rechts. Das Rotationsvermögen des Dextrins ist weit geringer. Nur das von Biot gefundene ist = 212<> rechts-, allein Biot 's Dextrin wird durch Jod gebläut und es ist nach Bechamp identisch mit seinem lös- lichen Amylum. Das Amylin. Das dem Stärkezucker beigemengte Umwandlungsproduct des Stärkemehls und Dextrins hat Bechamp isolirt und Amylin genannt. Das Rotations- verraögen dieses Körpers ist == 125^ rechts. Es ist nicht fähig, die Weingährung zu erleiden. Das echte Dex- trin zeigt nach Gerhardt das Rotations vermögen 180^ rechts; auch Bechamp fand für dasselbe annähernd diese Zahl. Dextrin und Amylin beginnen schon bei 1100 C. sich zu bräunen und zwar Amylin leichter als Dextrin; auch in Bezug auf die Fähigkeit, Feuchtigkeit anzuziehen, verhalten sich beide gleich. Um für meine Untersuchungen einen bestimmten An- halt zu haben, habe ich mir das Dextrin der Autoren, nach welchem ich in den Pflanzen gesucht habe, künst- lich aus selbst bereiteter Kartoffel- und Weizen- stärke, wie folgt, dargestellt: Die Kartoffel- und Weizenstärke, sorgfältig ausge- waschen und völlig frei von Pflanzenfaserstoff, wurde mit verdünnter Schwefelsäure so lange gekocht, bis die Flüs- sigkeit völlig klar und dünnflüssig geworden war und mit Jodlösung keine Reaction mehr gab. Die sauren' Flüssigkeiten wurden dann mitBaO,C02 bis zur Neutra- lisation versetzt, absetzen gelassen, vom schwefelsauren Baryt abfiltrirt, die Filtrate zur Syrupsdicke verdunstet und mit starkem Weingeist gefällt. Die erhaltenen Nie- Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen. 221 derschläge wurden in Wasser gelöst und abermals mit star- kem Weingeist gefällt und diese Operation sechsmal wiederholt, um auch die geringste Spur anhängender Gly- kose zu entfernen. Die so erhaltenen Dextrine sahen schön weiss aus, besassen eine grosse Klebkraft, gaben mit Jod keine Reaction, eben so wenig mit Bleiessig einen Niederschlag und reducirten beide (sowohl die aus Kartof- felstärke, als auch die aus Weizenstärke) beim Erwärmen bis fast zum Sieden langsam das Cu2 02 zu Cu^O. Be- nutzt wurde hierbei die Trommer'sche Probe; nicht angewandt wurde die von Fehling. Die Fehling'sche -Probeflüssigkeit, eine Lösung von Kupferoxyd in Kali vermittelst zugesetzter Weinsäure, reducirt schon für sich allein nach längerm Aufbewahren beim Aufkochen das gelöste Cu202 zuCu20. Ich habe mich daher bei allen meinen Untersuchungen der Trommer'schen Probe be- dient, d. h. ich habe zur wässerigen Dextrinlösung einige Tropfen Kupfervitriollösung gesetzt und hierzu überschüs- sige Kalilauge und die entstandene blaue Lösung gekocht. 1) Das Dextrin aus Kartoffelstärke, bei llO'^ getrocknet, zeigte ein Rotationsvermögen von (a) j = 1630,36 rechts und (a) r = 126» rechts. Hiernach be- rechnet sich das Rotationsvermögen zu: 30^23 . 126 = 164,3, im Mittel = 1630,75 rechts für (a) j. Zur Berechnung des Molecular - Rotationsvermögens diente die Formel: , ^ v worin a die direct beobachtete Drehung, v das Volumen der Dextrinlösung in Cubiccentimetern, 1 die Länge des mit dieser Lösung gefüllten Rohres in Decimetern und p das Gewicht des gelösten Dextrins in Grammen oder Theilen derselben bedeutet. — Es wurde ermittelt: p = 1,880 Grm. bei 1100 getrocknetes Dextrin aus Kartoffeln, a = 23,3 im gelben Lichte, ä = 18,0 im rothen Lichte, V = 26,33 e.G., 222 A. Busse, 1 = 2 (200 Millim.); V 26 33 (a) j == a -.j = 23,3 . \ ' = 1630,36 rechts. ^ ^«^ l.p 2 . 1,88 V 26 33 2) Das Dextrin aus Weizenstärke, bei 110^ getrock- net, zeigte ein Rotations vermögen von: V 26,33 =r 170,971 oder abgerundet = 1710 rechts. Mit Weingeist ausgekocht und das darin Ungelöste abermals auf sein Drehungsvermögen geprüft, gab für den gelben Strahl: / ^• V .. 26,33 == 161,991 oder abgerundet = 1620 rechts; für den rothen Strahl: (a) r = 52 . ' = 1330,71 rechts. Daraus (a)j = SO/^g . 133,71 = 1740,4 rechts. Lassen wir die beiden höchsten Drehungs vermögen gelten, so ist für Weizendextrin (a)j = 171 bis 1740,4 rechts bei 130 bis 150 C. Nehmen wir die niedrigste Zahl, so ist (a)j = 1620 rechts, bei 130 bis 150 C. also nicht weit verschieden vom Drehungsvermögen des Dextrins aus Kartoffelstärke. — Das Dextrin habe ich nun zu verschiedenen Zei- ten in verschiedenen Pflanzen und Pflanzenthei- len aufgesucht und habe vor Allem solche Pflanzen zur Untersuchung gezogen, welche sich durch einen reich- lichen Gehalt an Stärkemehl auszeichnen. Am mei- sten habe ich hierbei die Getreidearten berücksichtigt, da einmal ihre Untersuchung am nächsten liegt^ dann aber auch die Resultate der Untersuchung Mitscher- Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen. 223 lieh's und Fürstenberg's in Bezug auf den Dextrin- gehalt des Roggens und Weizens sich gegenüberstehen. Dann habe ich noch in den Kartoffeln darnach gesucht, ferner in den Galläpfeln und im Boletus cervinus, in welch letzterem Pilze der Apotheker Biltz vor langen Jahren Inulin gefunden haben will. Alle folgenden Angaben über das Polarisationsvermögen gelten für das gewöhnliche Licht, da im Allgemeinen die Beobachtungen bei diesem Lichte zu geschehen pflegen und ich mich überzeugt habe, dass die Uebergangsfarbe aus Violett und Roth bei der Circularpolarisation des gewöhn- lichen Lichtes sich bei weitem schärfer feststellen lässt als das Eintreten völliger Dunkelheit auf dem Gesichts- felde beim homogenen rothen Lichte. Leider habe ich diese Beobachtungen nur bei weni- gen erhaltenen Gummi resp. Dextrinen anstellen können ; in den meisten Fällen habe ich sie unterlassen müssen, da hier einmal die erhaltene Quantität nur eine sehr ge- ringe war, dann aber auch es mir nicht gelingen wollte, dieselben von anhängendem Farbstoff so zu reinigen, wie es zur Anstellung dieser Beobachtungen nöthig gewesen wäre. In vielen Fällen blieb der erhaltene gummi- artige Körper beim Entfärben mit Kohle gröss- tentheils in derselben hängen. /. Untersuchung von Getreidearten. 1. Den 30. Mai 1865. 1500 Grm. junge Weizenpflanzen, die noch keine Aehren hatten, wurden zerquetscht, mit der dreifachen Menge destiliirten Wassers unter Zusatz von etwas Wein- geist auf zwei Mal ausgezogen, die vereinigten Auszüge aufgekocht und filtrirt. Das erhaltene Coagulum enthielt Chlorophyll und Eiweiss, es entwickelte mit NaO, HO ge- kocht auf Zusatz einer Säure Schwefelwasserstoff. Das Filtrat reducirte beim Aufkochen leicht die Trommer'sche Probe. Dasselbe wurde mit Bleizucker gefällt, filtrirt, das Fil- trat mit überschüssigem B 1 e i e s s i g gefällt, abermals filtrirt 224 A. Busse, und dann mit Ammoniak versetzt. Der Bleiessignieder- schlag sah schön gelb aus, ebenso das nach dem Zersetzen desselben mit Schwefelwasserstoff erhaltene Filtrat. Das Filtrat, zur Syrupsconsistenz verdunstet und mit Weingeist geschüttelt, schied einen gummiartigen Körper ab, der die Trommer'sche Probe nicht reducirte, mithin kein Dextrin war. Der Bleiessigammoniak- Niederschlag wurde unter Wasser mit Schwefelwasserstoff zersetzt und das Filtrat zur Syrupsconsistenz verdampft; es schied sich nach dem Zusatz von Weingeist eine ziemliche Quantität braunen Gummis ab, welches in Wasser gelöst und mit Kohle behandelt, fast vollständig von derselben absorbirt wurde. Die von der Kohle abfiltrirte Flüssigkeit hinterliess höchst wenig Rückstand; derselbe reducirte nicht die Trommer'sche Probe. Es war also ebenfalls kein Dextrin. 2. Den 21. Juni 1865. 4250 Grm. grüne Weizenpflanzen, zerstossen und zerquetscht, wurden auf zwei Mal mit destillirtem Wasser, dem etwas Weingeist zugesetzt war, ausgezogen. Die vereinigten Auszüge wurden bis zum Kochen erhitzt und vom geronnenen Ei weiss und Chlorophyll abfiltrirt. Das Fitrat wurde mit Bleizucker gefällt, der Nieder- schlag abfiltrirt, das Filtrat mit Bleiess'ig niedergeschlagen, abermals filtrirt und dann mit Bleiessig nebst Ammoniak gefällt. Das letzte Filtrat wurde mit Schwefelwasserstoff behandelt, vom Schwefelblei abfiltrirt und zur Syrupsdicke verdampft. Dieser Syrup reducirte die Trommer'sche Probe, er wurde mit Weingeist vermischt, wo sich jedoch nur eine sehr geringe Menge eines guramiartigen Körpers abschied. Die erhaltenen Niederschläge wurden wie folgt unter- sucht: a) Der Bleiessigammoniak-Niederschlag. Er wurde unter Wasser mit Schwefelwasserstoff zersetzt, die Flüssigkeit filtrirt und das Filtrat zur Syrupsconsistenz ver- dampft. Dieser Rückstand reducirte die Trommer'sche Probe. Er wurde mit Weingeist gefällt, das ausgeschiedene Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen. 225 braungelbe Gummi zu wiederholten Malen mit Wein- geist ausgekocht, dessen wässerige Lösung mit Kohle digerirt und hierdurch fast entfärbt. Diese Gummilösung besass ein Drehungsvermögen nach rechts von -[" 2^^,25 und reducirte die Trommer'sche Probe beim Erwärmen. Das Molecular- Rotationsvermögen des darin enthaltenen Gummis ist also : (a)j = 1790,5 rechts, denn a = 20,25 rechts, im gelben Lichte, p == 0,165 Grm., 1 = 200 Millim., V = 26,33 CG. Also (a) i - a -^ - 2 25 -1^^ - 2 25 ^^'^^ Also (a) j _ a j p ^ 2,20 2 ^^^^. _ 2,25 . -^--^-^-- = 2,25 . 79,8 = 1790,55 rechts. Das Gummi war also wirklich Dextrin! Allein die ganze Quantität, welche erhalten wurde, be- trug etwa^ 2 Grm., mithin nur 1/2 Promille Dextrin in den jungen Weizenpflanzen. h) Der Bleiessig-Niederschlag unter Wasser mit Schwefelwasserstoff zersetzt und zur Syrupsconsistenz ver- dampft, hinterliess nur eine sehr geringe Quantität eines braunen Syrups. c) Der Bleizucker-Niederschlag wurde mit ver- dünnter Schwefelsäure zersetzt, filtrirt, das braune Filtrat mit kohlensaurem Baryt digerirt und filtrirt. Eine Probe vom Filtrate reducirte schnell beim Erwärmen die Trommer'sche Probe. Das Filtrat wurde zum Syrup verdunstet und dann mit Weingeist gefällt. Es schied sich ein gummi- artiger Körper ab, der abfiltrirt und mehre Male mit Weingeist ausgewaschen wurde. Die weingeistige Lösung wurde zum Syrup verdampft, derselbe reagirte stark sauer und reducirte rasch die Trommer'sche Probe. Der gummiartige, durch Weingeist ausgeschiedene Kör- per löste sich nur theilweise in Wasser. Der Rückstand enthielt Baryt an organische Substanz gebunden. Derselbe wurde mit verdünnter Schwefelsäure zersetzt, filtrirt und Arch. d. Pharm. CLXXVII. Bds. 3. Hft. 15 226 A. Busse, das Filtrat zur Trockne verdampft; es blieb nur sehr wenig zurück. Der in Wasser lösliche Theil reducirte die Trommer'sche Probe nicht, er wurde verdampft und reducirte nach dem Eindampfen die Trommer'sche Probe. Der in Wasser gelöste Theil des gummiartigen Rück- standes wurde verdampft, eine Probe desselben reducirte nach dem Verdampfen die Trommer'sche Probe. Er wurde wieder mit Wasser aufgenommen, mit etwas Wein- geist versetzt, mit Kohle entfärbt und auf sein Drehungs- vermögen untersucht. Er drehte links und reagirte sauer, es war also wohl Zucker, gepaart mit organischer Säure als eine in starkem Weingeist unlösliche Verbiii- dung vorhanden. 3. Den 4. Juli 1865. 500 Grm. zerstossene frische Körner von dies- jährigem Weizen wurden mit sehr wässerigem, 40pro- centigem Weingeist auf zwei Mal ausgezogen, die ver- einigten Flüssigkeiten filtrirt und vom Filtrate der Wein- geist abdestillirt. Das Eiweiss wurde abfiltrirt, das Fil- trat zum Syrup verdunstet, absetzen gelassen, vom Ab- sätze vorsichtig abgegossen und mit absolutem Wein- geist vermischt. Es schied sich ein weisses Gummi ab, dessen Menge sieben Gramme betrug. Dasselbe wurde zu wiederholten Malen mit Weingeist gehörig aus- gewaschen, die ziemlich concentrirte Lösung filtrirt und auf ihr Drehungs vermögen geprüft. Sie drehte nach links, ihr Molecular - Rotations vermögen war (a) j = — 36^,9 und eine Probe der Lösung reducirte beim Er- hitzen ziemlich schnell die Trommersche Probe. ("^j = -^' ^°"° a = — 6,5 Ablenkung, g = 0,0857 Grm. Gummi in 1 Grm. der Lösung, = 1,0261 spec. Gew. bei 150 0. * X = 2,0 (Länge des Rohres in Decimetern), Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen. 227 ^^^^ eoX 0,0857 . 1,0261 . 2 = — 360,9. Gummi arabicum zeigt nach Bechamp ein Mo- lecular- Rotations vermögen von — 36^. 25 Grm. der Lösung, welche 2,144 Grm. Gummi enthiel- ten, wurden zur Trockne verdampft ; eine Probe davon mit CaO,HO erhitzt, entwickelte Ammoniak, eine andere Probe in Wasser gelöst gab mit Gerbsäure einen milchigen Nieder- schlag, mit Chlorwasser und Essigsäure gab sie keine Fäl- lung, eben so wenig mit Blutlaugensalz ; das öummi enthielt also eine eiweissartige Substanz beigemengt. Die übrige Gummilösung war nach 24 stündigem Stehen in Gährung übergegangen. Beide Lösungen, die nichtgegohrene und die gegohrene, wurden getrennt zur Trockne verdampft und das erhaltene Gummi beider mit Weingeist mehrere Male ausgekocht. Beide ausgekochte Gummiarten redu- cirten die Trommer'sche Probe nicht mehr, enthielten aber immer noch stickstoffhaltige Substanz. Mit Säuren gekocht, reducirten beide die Trommer'sche Probe. Sie wurden beide in wenig Wasser gelöst, längere Zeit mit etwas Natronlauge gekocht und dann mit Wein- geist gefällt. Der Niederschlag abfiltrirt, vom Filtrate der Weingeist abdestillirt und der Rückstand mit verdünn- ter Schwefelsäure neutralisirt, erhitzte sich stark, ent- wickelte reichlich Schwefelwasserstoff und gab einen Nie- derschlag, der sich im Ueberschuss der Säure löste. Es war also das zuerst erhaltene Gummi eine Verbindung eines gummiartigen Körpers mit einem Eiweisskörper. (Pflanzencase'in?). Das mit Natron gekochte und mit Weingeist niedergeschlagene Gummi wurde nun wieder- holt mit Weingeist ausgewaschen, es war jedoch das Pflanzencasein so fest mit dem Gummi verbunden, dass es selbst durch wiederholtes Kochen mit Natron und Nie- derschlagen mit Weingeist nicht davon getrennt werden konnte. Dieses gereinigte aber immer noch stickstoff- 15* 228 A. Bussey haltige Gummi reducirte für sich nicht die Trommer'sche Probe, wohl aber nach dem Kochen mit verdünnter Chlor- wasserstoffsäure. Mit Gerbsäure und Blutlaugensalz gab es weder vor, noch nach dem Kochen mit Säuren einen Niederschlag. Der eiweissartige Körper, der sich beim Abdestilliren des Weingeistes abgeschieden hatte, war zum grössten Theile Pflanzencasein. Er löste sich fast ganz in Ammoniak, die Lösung gab mit Essigsäure einen Nieder- schlag, der sich im Ueberschuss löste, in welcher Lösung Gerbsäure wieder einen Niederschlag hervorbrachte. Der Absatz, ^er sich ausschied beim Eindampfen der wässe- rigen Lösung des Weizenauszuges, von welcher der Wein- geist abdestillirt war, war Pflanzenleira. Er löste sich in Jieissem Wasser und die Lösung gab mit Gerbsäure einen dicken Niederschlag. — In diesen Weizenkörnern konnte mithin kein Dextrin nachgewiesen werden. 4. Den 3. August 1865. 530 Grm. frische ausgehülste Weizenkörner wurden zerstossen und mehrmals mit wässerigem, 40procentigem Weingeist ausgezogen^ von den vereinig- ten Auszügen nach dem Filtriren der Weingeist ab- destillirt, das coagulirte Eiweiss abfiltrirt und das erhal- tene Filtrat zum Syrup verdampft. Der erhaltene Syrup wurde mit starkem Weingeist versetzt; es fiel ein gelb- weisser Niederschlag heraus, der mehrmals in Wasser gelöst und mit Weingeist gefällt wurde. Dieser so ge- reinigte Niederschlag war ebenfalls stickstoffhaltig. Er reducirte für sich nicht die Trommer'sche Probe, wohl aber nach dem Kochen mit Säuren. Er hinterliess beim Glü- hen einen geringen Rückstand. Er wurde in Wasser ge- löst und mit verdünnter Salzsäure einige Secunden mace- rirt, dann mit Weingeist niedergeschlagen; er war jetzt blendend weiss. Der saure Weingeist wurde schnell ab- filtrirt und der Niederschlag gehörig ausgewaschen. Er verhielt sich jetzt indifferent gegen die Trommer- Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen. 229 sehe Probe, wie vorher,, hinterliess verbrannt keinen Rückstand und war nach wie vor stickstoffhaltig. Also auch hier kein Dextrin. 5. Den 18. Mai 1865. Fein zerstossene^Ro ggenkörner, 250 Grra., wur- den kalt mit dem zehnfachen Gewichte destillirten Was- sers, dem 1 Th. Weingeist zugemischt war, zwei Mal nach einander ausgezogen. Die vereinigten Auszüge wurden mit ammoniakalischem Bleiessig gefallt, der Niederschlag ge- hörig ausgewaschen, in Wasser suspendirt, mit Schwefel- wasserstoff zersetzt, vom Schwefelblei abfiltrirt und die klare Lösung im Dampfbade zur Syrupsconsistenz ver- dunstet; der braune Syrup wurde mit Weingeist gefällt, der Niederschlag abfiltrirt und ausgewaschen. Der Nieder- schlag war braun und wurde an der Luft sehr schnell dunkler; er reducirte auch nach längerem Kochen die Trommer'sche Probe nicht. Er verbrannte ohne Rück- stand auf Kohle und gab mit Jod keine Reaction. Es war also kein Dextrin! 6. Den 22. Juli 1865. 400 Grm. Roggenkörner, aus frisch geschnitte- nen Aehren, wurden wiederholt mit wässerigem, 40 pro- centigem Weingeist ausgezogen, von den vereinten Aus- zügen der Weingeist abdestillirt und das ausgeschiedene Eiweiss abfiltrirt. Das Filtrat wurde zum Syrup verdampft, der abgeschiedene Pflanzenleim absetzen gelassen und dann der klare Syrup mit starkem Weingeist gefällt. Der erhal- tene gummiartige Körper wurde in Wasser gelöst, mit wenig sehr verdünnter Salzsäure etwa 20 Secunden lang kalt stehen gelassen, dann abermals mit starkem Wein- geist gefällt und der schwach saure Weingeist schnell abfiltrirt. Der gehörig abgewaschene, sehr weisse Nie- derschlag wurde getrocknet und wog 0,805 Grm. Der- selbe enthielt Stickstoff. Für sich reducirte er, selbst nach längerem Kochen, die Trommer'sche Probe nicht, 230 A, Busse, schnell aber nach dem Koche^ mit verdünnter Salzsäure. Die Lösung reagirte neutral, gab mit Pikrinsäure kei- nen Niederschlag, ebensowenig gaben concentrirte Essig- säure, Gerbsäure, Blutlaugensalz, Bleizucker und Bleiessig Niederschläge. 0,4 Grm. dieses stickstoffhaltigen Körpers wurden auf ihren Stickstoffgehalt durch Glühen mit Natronkalk U.S.W, geprüft. Es wurden erhalten 0,012 Grm. H^NCl, PtCR H4NCl + PtC12 : N 223,0 : 14 = 0,012 : x = 0,00075 0,4 : 0,00075 — 100 : x = 0,1875 Proc. Stickstoff. Der erhaltene stickstofihaltige Körper enthielt also 0,1875 Theile Stickstoff in 100 Theilen, war also ein stickstoffhaltiger Pflanzenschleim, aber kein Dextrin. 7. Den 18. Mai 1865. Zerstossene Gerstenkörner wurden mit dem fünffachen Gewicht destillirten Wassers und dem halben Gewicht Weingeist auf zwei Mal ausgezogen. (100 Grm. Gerste, 500 Grm. destillirtes Wasser und 50 Grm. Wein- geist.) Eine Probe von den vereinigten filtrirten Aus- zügen reducirte schnell die Trommer'sche Probe. Die Flüssigkeit wurde mit ßleizucker gefällt, der Niederschlag abfiltrirt, das Filtrat mit Bleiessig gefällt, vom Niederschlage abfiltrirt und das erhaltene Filtrat mit Bleiessig und Ammoniak gefällt. Der zuletzt erhaltene Niederschlag wurde in Wasser suspendirt und mit Schwefelwasserstoff zersetzt, ebenso der mit Bleiessig erhaltene Niederschlag und vom Schwefelblei abfiltrirt. Das durch Zersetzen des Bleiessigniederschlages mit Schwefelwasserstoff erhal- tene Filtrat lieferte beim Eindampfen einen geringen Rückstand, der die Trommer'sche Probe nicht reducirte und -sich fast vollständig in Weingeist löste. Der Bleiessig-Ammoniak-Niederschlag, unter Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen. 231 Wasser mit Schwefelwasserstoflf zersetzt, lieferte beim Eindampfen einen Rückstand, der in Wasser gelöst, mit Weingeist versetzt, sich grösstentheils ausschied. Das weingeistige Filtrat verdunstet, lieferte einen Rück- stand, der schnell die Trommer'sche Probe reducirte ; das in Weingeist unlösliche Gummi jedoch reducirte die Probe nicht und gab mit Jod keine Reaction. Er war also kein Dextrin. 8. Den 18. Mai 1865. 50 Grm. zerstossene Haferkörner wurden mit 250 Grm. destillirten Wasser und 50 Grm. Weingeist zwei Mal nach einander ausgezogen. Eine Probe von diesen Aus- zügen reducirte auch nach längerem Kochen nicht die Trom- mer'sche Probe. Die vereinigten Auszüge wurden absetzen gelassen und filtrirt. Das Filtrat mit Bleiessig gefällt, fil- trirt, das Filtrat mit Ammoniak versetzt, der entstandene Niederschlag gehörig ausgewaschen, in Wasser suspen- dirt und mit Schwefelwasserstoff zersetzt. Die vom Schwe- felblei abfiltrirte Flüssigkeit, bei gelinder Wärme ein- gedampft, hinterliess einen geringen Rückstand. Dieser Rückstand wurde mit starkem Weingeist ausgezogen, um einen etwaigen Gehalt von Zucker zu beseitigen. Der in Weingeist unlösliche gummiartige Rückstand war gelb- braun gefärbt, gab mit Jodlösung keine Reaction und reducirte erst beim Aufkochen die Trommer'sche Probe. Es war also wahrscheinlich Dextrin! Die erhal- tene Quantität war nur sehr gering. — Es findet sich also das Dextrin nur in sehr be- schränktem Masse und nicht überall in den Getreide- arten. In den Weizen- und Roggenkörnern, sowohl in vorjährigen als in frischen, findet es sich nicht. In jun- gen Weizenpflanzen dagegen findet es sich, jedoch nur in sehr geringer Menge; ebenso im Hafer, wo sein Vorkommen jedoch noch durch Versuche in grösserem Massstabe sichergestellt werden muss. In der Gerste fehlt das Dextrin. 232 A. Bussej IL Untersuchung von Kartoffeln und ihren Tidehen, 9. Den 18. Mai 1865. 30 Grm. sorgfältig ausgeschnittene Kartofieltriebe wur- den mit 150 Grm. destillirten Wasser und 30 Grm. Wein- geist ausgezogen. Vom filtrirten Auszuge reducirte eine Probe beim Aufkochen die Trommer'sche Probe. Der Auszug wurde mit Bleizucker niedergeschlagen, der Nie- derschlag abfiltrirt, das Filtrat mit Bleiessig niedergeschla- gen, abermals abfiltrirt und das Filtrat mit Ammoniak gefällt. Der letzte Niederschlag, in Wasser suspendirt, wurde mit Schwefelwasserstoff zersetzt, vom Schwefelblei abfiltrirt und das Filtrat zur Syrupsdicke verdunstet. Es blieb ein geringer Rückstand, welcher mit starkem Wein- geist versetzt einen Körper abschied, der auch nach län- gerem Kochen die Trommer'sche Probe nicht reducirte. Der in Weingeist gelöst gebliebene Theil des Rückstandes schmeckte süss und reducirte schnell beim Kochen die Trommer'sche Probe. Es war also kein Dextrin vorhanden! 10. Den 18. Mai 1865. 560Grm. weisse zerriebene Kartoffeln, von denen die obigen, zur Untersuchung gezogenen Triebe sorgfältig herausgeschnitten waren, wurden mit einem Gemisch aus 1000 Grm. destillirten Wasser und 300 Grm. Weingeist auf zwei Mal ausgezogen. Eine Probe von den filtrirten Auszügen reducirte beim Aufkochen die Trommer'sche Probe. Die Flüssigkeit wurde mit Bleizucker gefällt, filtrirt, das Fil- trat mit Bleiessig niedergeschlagen, abermals filtrirt und das Filtrat mit Ammoniak gefällt, der letzte Niederschlag mit Schwefelwasserstoff zersetzt, das Filtrat zur Syrups- dicke verdampft und mit starkem Weingeist gefällt. So- wohl der in Weingeist gelöst gebliebene Theil, als auch das ausgefällte Gummi reducirten beide die Trommer- sche Probe; letzterer Theil gab mit Jod keine Reaction. Es war also etwas Dextrin vorhanden! Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen. 233 11. Den 26, Mai 1865. 650 Grm. Kartoffeln wurden auf dieselbe Weise wie oben behandelt; es reducirte eine Probe des Auszuges schnell die Trommer'sche Probe. Die durch Bleizucker, Bleiessig und Ammoniak erhaltenen Niederschläge wurden mit Schwefelwasserstoff zersetzt und verhielten sich die er- haltenen drei Filtrate folgendermassen: Das Filtrat vom Bleiessigniederschlag verdunstet, hinterliess nur wenig Rückstand, der die Trommer'sche Probe reducirte. Das vom Bleiessig-Ammoniakniederschlag erhaltene Filtrat, zur Syrupsconsistenz verdunstet und mit Weingeist gefällt, schied ein Gummi aus, welches, gehörig mit Weingeist ausgewaschen, die Trommer'sche Probe reducirte und mit Jod keine Reaction gab, also Dextrin war. Im Weingeist war viel Zucker gelöst, die Lösung reducirte schnell die Trommer'sche Probe. 12. Den 3. August 1865. 500 Grm. frischer Kartoffeln wurden zerrieben, mit wässerigem 40 procentigen Weingeist wiederholt aus- gezogen, von den vereinigten Filtraten der Weingeist abdestillirt, das coagulirte Eiweiss vom Rückstande ab- filtrirt, das Filtrat bis zum Syrup verdampft und der Syrup mit starkem Weingeist versetzt. Es schied sich ein brauner Niederschlag ab, der mehrmals in Wasser gelöst und mit Weingeist gefällt, sich zuletzt folgender- massen verhielt: Mit Kalkhydrat entwickelte er Ammoniak. Er re- ducirte weder vor noch nach dem Kochen mit Säuren die Trommer'sche Probe und hinterliess beim Verbren- nen einen geringen Rückstand. Er wurde nochmals in Wasser gelöst, einige Secunden mit HCl macerirt, dann mit Weingeist niedergeschlagen und vom Niederschlage der saure Weingeist schnell abfiltrirt. Er hinterliess nun beim Verbrennen keinen Rückstand mehr, war aber nach wie vor stickstoffhaltig, mithin kein Dextrin. Es findet sich also das Dextrin nicht in den neuen 234 A. Busse, Kartoffeln, eben so wenig in aus vorjährigen Kar- toffeln vorgesprossten jungen Trieben, wohl aber findet es sich in vorjährigen Kartofi'eln, jedoch nur in sehr geringer Menge. Die Abwesenheit des Dextrins in jungen Kartoflfel- trieben, sein Vorkommen dagegen in jungen Weizen- pflanzen möchten wohl zu dem Schlüsse berechtigen, dass das Stärkemehl bei seiner Metamorphose im Pflanzen- organismus nicht überall zuvor in Dextrin übergeht, son- dern vielleicht direct in Pflanzenschleim umgewan- delt wird. Da jedoch reichlich Zucker in den Pflanzen- säften vorkommt, der aus .Amylum stammt, so ist es nicht aufi'allend, wenn vorübergehend kleine Mengen von Dextrin in Pflanzensäften vorkommen. III. Untersuchung des Boletus cervinus. 13. Den 20. Juni 1865. 100 Grm. zerstossenes Periderm von Boletus cervinus wurden auf zwei Mal mit der doppelten Menge destillir- ten kalten Wassers ausgezogen, der Rückstand mit der doppelten Menge kochenden Wassers, dann mit Spiritus ausgezogen. a) Der kalte wässerige Auszug wurde mit Bleizucker gefällt, das Filtrat mit überschüssigem Bleiessig, das Filtrat mit Ammoniak. Die vom dritten Niederschlage abfiltrirte ammoniakalische Flüssigkeit wurde verdampft, das über- schüssige Blei daraus entfernt, filtrirt und das Filtrat zum Syrup verdampft. Der syrupige Rückstand wurde mit Wein- geist ausgekocht und filtrirt; es schied sich beim Erkalten ein Salz ab, welches sich als schwefelsaures Kali ergab. Das weingeistige Filtrat wurde vorsichtig ver- dampft und zur Krystallisation hingestellt, es schieden sich daraus Kry stalle von Mannit ab. Dieselben reducirten die Trommersche Probe nicht, auch nicht beim Kochen mit Säuren, färbten sich weder mit Kali, noch mit concentrir- ter S03 und entwickelten beim Erhitzen Caramelgeruch. DerBleizuckerniederschlag wurde mit Wasser über- Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen. 235 gössen, mit Schwefelwasserstoff zersetzt und filtrirt, das Fil- trat durch Verdampfen concentrirt und mit Kalkwasser neu- tralisirt. Der sich bildende Niederschlag wurde abfiltrirt und mit Essigsäure Übergossen ; er löste sich vollständig (keine Oxalsäure). Die Lösung wurde abermals mit Kalkwasser versetzt, der Niederschlag abfiltrirt und mit Schwefelsäure vorsichtig zersetzt, der überschüssige schwefelsaure Kalk mit Weingeist ausgefällt, das Filtrat concentrirt und mit salpetersaurem Kali auf Weinsäure geprüft. Es erfolgte keine Abscheidung von Weinstein. Die vom Nieder- schlage bei der Neutralisation mit Kalkwasser abfiltrirte Flüssigkeit wurde erhitzt, es entstand keine Trübung (keine Citronensäure). Die Menge der organischen Säuren war zu gering, um über ihre Natur ins Klare zu kommen. Der Bleiessig-Niederschlag wurde mit Schwefel- wasserstoff zersetzt und das Filtrat zur Syrupsconsistenz ver- dunstet; es blieb nur sehr wenig zurück, welcher Rückstand jedoch, mit Weingeist geschüttelt, ein Gummi ausschied. Der Bleiessig- Ammoniak-Niederschlag wurde unter Wasser mit Schwefelwasserstoff zersetzt, zur Syrups- dicke verdampft und mit Weingeist vermischt; es schied sich ein weisser gummiartiger Körper in sehr geringer Menge ab. b) Der heisse wässerige Auszug. Er wurde verdunstet, der syrupartige Rückstand mit wenig Was- ser angerührt und absetzen gelassen. Es schied sich ein weisses Pulver ab (schon von Biltz bemerkt und von ihm für Inulin erklärt). Es löste sich in heis- sem Wasser und schied sich beim Erkalten wieder aus, mit etwas Salzsäure gekocht, wurde es in Zucker ver- wandelt, welcher schnell die Trommer'sche Probe reducirte. Die nähere Untersuchung dieser Körper behalte ich mir vor. c) Der weingeistige Auszug. Verdampft, hin- terlress er nur wenig eines braunen, in Wasser unlöslichen Harzes, welches sich auch in Aether loste. Dasselbe gab mit Schwefelsäure und Salpetersäure keine Reaction, es wurde durch concentrirte Schwefelsäure verkohlt. Beim 236 A. Bussey Vorkommen von Dextrin in den Pflanzen, Verbrennen gab es einen eigenthümlichen Geruch unter Verbreitung neutral reagirender Dämpfe. Die spirituöse Lösung war geschmacklos. IV. Untersuchung der Galläpfel. 14. Den 3. August 1865. 4 Unzen zerstossene gewöhnliche Galläpfel, mehrmals mit 40 procentigem wässerigen Weingeist ausgezogen, von den vereinten Auszügen der Weingeist abdestillirt und verdunstet^ hinterliessen einen graubraunen, nicht stickstoffhaltigen Rückstand, der mit starkem Wein- geist ausgezogen, weder für sich, noch nach dem Kochen mit Säuren die Trommer'sche Probe reducirte und beim Glühen auf Platinblech einen kleinen Rückstand hinter- liess. Die Galläpfel enthalten also kein Dextrin, so wie überhaupt kein Gummi. Der durch starken Wein- geist fällbare Körper schien gerbsäureartiger Natur zu sein. Mit Jodlösung gab er eine vorübergehend schön violettrothe Färbung. — Es ist also das Dextrin in den untersuchten Pflanzen und Pflanzentheilen durchaus nicht allgemein verbreitet und kommt da, wo es auftritt, stets nur in sehr geringer Menge vor. Es ist ihm daher nicht die physiologische Bedeutung zuzutheilen, welche Mulder demselben vin- dicirt; die Hauptrolle wird vielmehr dem in lebenskräf- tigen Pflanzenzellen überall auftretenden Zucker anheim- fallen. Jena, den 1. März 1866. 237 II. Matiir^escliiclite und Pharina- ko^iio8ie. MittheiluQgen aus dem zweiten Laboratorium der Versuchsstation Jena, zu Zwätzen. l eher den Einfluss verschiedener Nahrungsmittel auf den Ammoniak- und Salpetersäuregehalt der Pflanzen; von Dr. A. Hos aus*). Nachdem ich auf Veranlassung des Herrn Professor Reich ardt durch eine grosse Anzahl von Bestimmun- gen versucht hatte, nachzuweisen, dass nicht nur das Ammoniak, sondern auch die Salpetersäure allgemein in den Pflanzen verbreitet ist und zwar beide in bedeu- tend grösserer Quantität, als man gewöhnlich anzunehmen pflegt, {Zeitschrift für deutsche Landicirthe. 1864. Hft. XI. und 1865. Hft. IV. j auch in diesem Archiv) schien es nicht ohne Interesse, Versuche darüber anzustellen, wie wohl Ammoniak- und salpetersaure Salze als Düngemittel auf den Gehalt der Pflanzen an beiden Verbindungen einwir- ken würden. Zu Versuchspflanzen wurden Zwiebeln, Allium Cepa, und Erbsen, Pisuin sativum, gewählt. Zur Wahl der ersteren veranlasste mich das eigenthüm- liche Verhalten, dass sie schon früher in Betreff der Sal- petersäure gezeigt hatten und welches hier kurz noch- mals erwähnt werden mag. *) Als Separatabdruck aus der Zeitschrift f. deutsche Landw. von Hrn. Verf. gütigst mitgetheilt. D. Red. 238 A. HosäuSj Einfluss verschiedener Nahrungsmittel Im Verlauf der schon oben angegebenen ersten Arbeit untersuchte ich auch mehrere Liliaceen und Irideen und fand sie sämmtlich frei von Salpetersäure. Es war dies im Spätherbste. Im darauf folgenden Sommer {vergl. Zeit- schrift d. Landw. 1865. Hft. IV.) wurden nochmals Pflan- zen derselben Gattungen und von demselben Standort un- tersucht und in allen Salpetersäure und zwar keineswegs in unbedeutender Menge gefunden. Eben so verhielten sich auch die Zwiebeln. Es waren noch dieselben vor- handen, von denen zu den Versuchen im Herbst genommen worden waren und die damals keine Salpetersäure zeigten, während sie im Frühjahre bedeutende Mengen davon ent- hielten. Im darauf folgenden Herbst wurden nun sämmtliche Untersuchungen wiederholt mit denselben Zwiebeln und den- selben Pflanzen und genau wieder die Resultate vom vorigen Herbst erhalten, d. h. Salpetersäure war nicht vorhanden. Im Frühjahr enthielten also die untersuchten Liliaceen und Irideen Salpetersäure, im Herbst nicht und es drängt sich die Frage auf, ob die Zwiebeln überhaupt Salpeter- säure aufzunehmen vermögen, oder ob die im Frühjahr anwesende nur als Umwandlungsproduct zu betrachten sei. Nach dieser Vorbemerkung gelange ich zu den Ver- suchen, die folgendermassen ausgeführt werden sollten: 1. Sollten Zwiebeln in einer Lösung gezogen werden, die nur Ammoniaksalze enthielt ; 2. in einer Lösung, die nur salpetersaure Salze ent- hielt, und 3. in einer Lösung, in der sowohl Ammoniak-, als auch salpetersaure Salze vorhanden waren. Bei den Bestimmungen des Ammoniaks und der Sal- petersäure, in den mit solchen Lösungen gezogenen Pflan- zen müssten sich dann Anhaltepuncte zur Beantwortung der betreffenden Fragen bieten. Ueber das Nähere der zur Bestimmung der beiden Substanzen benutzten Methode verweise ich auf die oben genannte Arbeit {Hft. XL der Zeitschrift f. d. Landw, 1864) und erwähne hier nur, dass diese Methode nochmals auf auf den Ammoniak- ii. Salpetersäure g ehalt der Pflanzen. 239 ihre Zulässigkeit Schritt für Schritt geprüft und nochmals einige neue Versuche angestellt wurden, um den Nicht- einfluss des Kalis auf die Zersetzung der eiweissartigen Stoffe und das Auftreten von dadurch entstehenden Am- moniak deutlicher darzuthun. Ferner, dass anstatt der früher zu der Destillation benutzten freien Flamme das Wasserbad angewendet wurde, wodurch eine Erleichte- rung der Arbeit insofern eintritt, als dem leichten Ueber- steigen der Flüssigkeit vorgebeugt werden kann. Nochmalige Prüfung der Methode. 1. Wurde das zur Verwendung ausersehene Aetzkali mit dem ebenfalls zu verwendenden Spiritus allein der Destillation unterworfen. Das in Normalschwefelsäure auf- gefangene Destillat zeigte kein Ammoniak. 2. Wurde dieselbe Operation wiederholt unter Bei- fügung solchen Zinks und Eisens, von welchen zur Ueber- führung der Salpetersäure in Ammoniak genommen wer- den sollte. Das Destillat zeigte kein Ammoniak und keine Salpetersäure, und war demnach sowohl das Eisen und Zink, als auch das Kali nicht nur frei von Ammoniak, sondern auch von Salpetersäure. Bekanntlich sind so- wohl im Kali, als auch im Eisenroste Spuren von Am- moniak gefunden worden. 3. Wurden nun nochmals, um die Einwirkung von Kali bei längerem Kochen auf Alkaloide und Ei weiss zu con- troliren, nachstehende Versuche unternommen, bei wel- chen zu bemerken, dass die Ausführung mit Ausnahme der Anwendung des Wasserbades, dieselbe wie früher geblieben. a. Verhalten der Alkaloide. 0,5 Grm. Cinchonin, mit alkoholischer Kalilauge bei vorgeschlagener Normalschwefelsäure gekocht, gab keine Spur Ammoniak. Nach Zugabe des WasserstoiÖfentwicke- lungsgemisches, halbstündigem Stehenlassen und aber- maliger Destillation fand sich keine Spur von Salpeter- 240 A, HosäuSf Einfliiss verschiedener Nahrungsmittel säure. Durch einen Controlversuch fand das obige Re- sultat Bestätigung. Es ist dies zugleich ein nochmaliger Beweis, dass die angewendeten Agentien vollständig rein waren. h. Verhalten des Eiiveisses in den Zuckerrüben. Nachstehende Versuche sind im December 1864 aus- geführt worden. Die Rüben entstammten natürlich der letztvergangenen Ernte. Ein Exemplar lieferte das Mate- rial zu allen Bestimmungen. Es enthielten: 1) 4 Grm. Rüben in dünne Scheibchen geschnitten: 1,5 C.C. Ammoniak und 1,0 C.C. Salpetersäure = H3N N05 0,079 und 0,168 Proc. 2) 4 Grm. Rübenbrei, durch Zerreiben eines Theils der Rübe, auf einem gewöhnlichen Reibeisen erhalten : 1,5 C.C. Ammoniak und 1,0 C.C. Salpetersäure = H3N N05 0,079 und 0,168 Proc. Beide Bestimmungen ergaben hiernach durchaus gleiche Resultate, und hat die vollständigere Zerkleinerung der Substanzen keinen Einfluss ausübt. 3) 4 Grm. desselben Eübenbreies, der oben zur An- wendung gekommen, waren sofort nach dem Zerreiben mit wässerigem Alkohol übergössen worden und blieben mehrere Tage einer Maceration unterworfen. Hiernach wurde das Gemenge einige Augenblicke siedend erhalten und Sorge getragen, dass kein Ammoniak entweichen konnte. Es war dies durch Vorschlagen von Normal- schwefelsäure, die dann gleich bei der eigentlichen Be- stimmung zu benutzen, leicht zu erreichen. Für den Fall, dass sich durch die Behandlung des Rübenbreies mit wäs- serigem Alkohol etwas Eiweiss gelöst, so musste dieses beim Kochen natürlich wieder ausgeschieden werden, und das Filtrat ist wohl als frei von Eiweiss zu betrachten. Das so vom Eiweiss befreite Filtrat gab: auf den Ammoniak- u. Salpetersäuregehalt der Pflanzen. 241 1,5 C.C. Ammoniak und 1,0 C.C. Salpetersäure = fl3N N05 0,079 und 0,168 Proc. Trotz dem Entfernen des Eiweisses hatte sich also der Gehalt von Ammoniak und Salpetersäure durch- aus nicht verringert, sondern ergab sich als eben so hoch, wie bei der früheren Bestimmung. Zur Bestätigung dieses Resultates wurde nun auch der nach dem Ausziehen des Rübenbreies mit verdünn- tem Spiritus gebliebene Rückstand: Ei weiss, Stärke, Cel- lulose etc. enthaltend, derselben Behandlung wie das Fil- trat ausgesetzt, und keine Spur von Ammoniak oder Salpetersäure erhalten. 4) 4 Grm. der ganzen Rübe wurden mit Wasser 4 Tage in Berührung gelassen, dann filtrirt, das Filtrat durch Kochen vom Eiweiss befreit und der Destil- lation unterworfen. Es enthielt: 1,5 C.C. Ammoniak und 0,5 C.C. Salpetersäure = H3N N05 0,079 und 0,084 Proc. Aus der ganzen Rübe hatte sich alles Ammoniak ausziehen lassen, nicht aber alle Salpetersäure. Das ent- fernte Eiweiss hatte auch hier keine Verminderung des Ammoniakgehaltes zur Folge. Sämmtliche Versuche ergeben demnach einen gleichen Gehalt an Ammoniak und auch mit Ausnahme des letzten von Salpetersäure. Gleichgültig war es, ob die betreffende Pflanzensubstanz ganz oder zerrieben, im unveränderten Zustande, oder nur der alkoholische, bezügliche wässerige Auszug zur Untersuchung benutzt wurde, und endlich, ob das in der zu verarbeitenden Substanz enthaltene Eiweiss vor dem Behandeln mit Kali ausgeschieden wurde oder nicht. Rechnet man die hier erhaltenen Beweise zu den in den früheren Arbeiten angegebenen, so dürfte es wohl als bewiesen betrachtet werden, dass die geringe Menge von Arch.d, Pharm. CLXX VII. Bds. S.Hft. 16 242 A. HosäuSy Einfluss verschiedener Nahrungsmittel Eiweiss, die in der zu jedem Versuch verwendeten Sub- stanz enthalten sein kann, keinen Einfluss auf die Rich- tigkeit der erhaltenen Resultate auszuüben vermag. A. Ausführung der Versuche mit Zwiebeln in wässeriger Lösung. Wie schon oben erwähnt, sollten die Pflanzen gezo- gen werden in Lösungen, die theils nur Ammoniaksalze, theils nur salpetersaure Salze und theils ein Gemisch von beiden Salzen enthielten. Die Versuche selbst wurden nach der bekannten Art und Weise ausgeführt, also die Zwiebeln so lange mit destillirtem Wasser in Berührung gelassen, bis sie reich- liche Wurzeln gebildet und nachdem dies geschehen, auf durchlöcherte Pappdeckel in der Art gesetzt, dass sich die Wurzeln in den Flüssigkeiten befanden. Zu der Lösung, die nur Ammoniaksalze enthielt, wurde ausserdem genommen: KO, S03 = 10,0 Grm. H4NC1 = 18,39 „ MgO,S03= 14,15 „ CaO, C02 r= 11,49 „ zu der nur salpetersaure Salze enthaltenden Lösung: KO, N05 =z 10,00 Grm. MgO, S03 =r 12,20 „ CaO, N05 = 16,25 , Die Concentration der Lösungen betrug 2 Grm. die- ser Gemische pro Mille. Die Lösung für die vereinten Nährstoff'e enthielt gleiche Theile von beiden. Sämmt- liche Lösungen bekamen einen Zusatz von phosphorsau- rem Eisenoxyd. In den Gläsern selbst wurden die Lö- sungen öfters erneuert. Von den zu den Versuchen verwendeten Zwiebeln wurden erst mehre im unveränderten Zustande unter- sucht und die Menge des vorhandenen Ammoniaks und der Salpetersäure bestimmt. Drei Exemplare derselben enthielten im Juli: auf den Ammoniak- u. Salpetersäure gehalt der Pflanzen. 243 I. in 4 Grm. = 1,5 C. C. Ammoniak und 1,0 C.C. Sal- petersäure = 0,079 Proc. H3N und 0,168 Proc. NO^. IL in 4 Grm. = 1,0 C.C. Ammoniak und 0,5 C.C. Sal- petersäure — 0,053 Proc. H3N und 0,084 Proc. NO 5. III. in 4 Grm. = 1,0 C.C. Ammoniak und 0,5 C.C. Sal- petersäure = 0,053 Proc. H3N und 0,084 Proc. NO^. Von den drei hier untersuchten Zwiebeln zeigen zwei einen voll-ständig gleichen Gehalt und können die Zahlen immerhin als Anhaltepuncte bei Beurtheilung derjenigen Mengen von Ammoniak und Salpetersäure, die in den zu den Versuchen selbst genommenen Zwiebeln vorhanden gewesen, dienen, da diese selbst natürlich nicht bestimmt werden können. Am 1. Juli wurden nun gesund und kräftig ausse- hende Zwiebeln in, auf gewöhnliche Art gereinigten und mit destillirtem Wasser befeuchteten Quarzsand gesetzt. Nach drei Tagen hatten sie sich bereits so weit entwickelt, dass sie in die Gläser gebracht werden konnten. In die- sen entwickelten sie sich anfangs gleich gut und kräftig. Später indess blieben diejenigen, die nur in Ammoniak- salze enthaltende Lösung gesetzt worden waren, den an- dern gegenüber, in ihrem Wachsthum zurück und gingen mehrere derselben ganz ein, während diejenigen in sal- petersaure Salze enthaltender Lösung eben so kräftig ge- diehen, wie die in einer Lösung von beiden Salzen sich befindenden. Mitte August, also nach circa sechswöchentlichem Wachsthum, mussten die Versuche unterbrochen werden und enthielten: 1. Zwiebeln aus salpetersaure Salze enthaltender Lösung : in 2 Grm. Wurzeln = Ammoniak und 1,5 C.C. Sal- petersäure == H3N und 0,506 Proc. NO^. in 4 Grm. Zwiebel = Ammoniak und 0,5 C.C. Sal- petersäure = H3N und 0,084 Proc. N05. in 4 Grm. Schlotten = 0,5 C.C. Ammoniak und Sal- petersäure — 0,026 Proc. H3N und Proc. N05. 16* 244 A. Hosäus, Einfluss verschiedener Nahrungsmittel Die ganze untersuchte Pflanze überhaupt wog 19,70 Gramm und bestand aus 2,10 Grra. Wurzeln, 9,70 „ Schlotten, 7,9 „ Knollen. 19,70. Mit Ausnahme der Schlotten ist demnach kein Ammoniak in der Pflanze vorhanden und die geringe Menge, die diese enthalten, kann sehr wohl aus der Luft aufgenom- men worden sein. Aber auch die Salpetersäure ist in der Zwiebel selbst nicht vermehrt worden. Die Blätter enthalten gar keine und nur die Wurzeln zeigen davon eine erhebliche Quantität. Es versteht sich von selbst, dass diese vor der Untersuchung von der anhängenden Lösung sorgfältig gereinigt werden. 2. Zwiebel aus nur Ammoniaksalze enthaltender Lö- sung : in 1,0 Grm. Wurzel = 1,5 CG. Ammoniak und 0,5 G.G. Salpetersäure = 0,318 Proc. H^N und 0,337 Proc. NO^. in 4 Grm. Zwiebel = 1,0 Q.O. Ammoniak und 0,5 G.G. Salpetersäure — 0,053 Proc. H3N und 0,084 Proc. NQS. in 4 Grm. Schlotten = 2,0 G.G. Ammoniak und G.G. Salpetersäure = 0,106 Proc. H3N und Proc. NG^. Das Gesammtgewicht der untersuchten Pflanze betrug = 26,2 Grm. und sie bestand aus: 1,0 Grm. Wurzeln, 12,6 „ Zwiebel, 12,6 „ Schlotten. Mit Ausnahme der Blätter, die schon bei dem vori- gen Versuch keine Salpetersäure enthielten, zeigen hier- bei alle übrigen Theile keineswegs unbedeutende Mengen derselben. Es muss dieses um so mehr aufi"allen, da der Pflanze nur Ammoniaksalze geboten worden waren und muss da von einer etwaigen Anwesenheit eines salpeter- sauren Salzes nicht die Rede sein kann, dies Auftreten der Salpetersäure auf Rechnung des Ammoniaks gebracht werden. auf den Ammoniak- u. Salpetersäiiregehalt der Pflanzen. 245 3. Zwiebel aus salpetersaure und Ammoniak -Salze enthaltender Lösung: in 2,0 Grm. Wurzel = 1,5 C.C. Ammoniak und CG. Salpetersäure = 0,159 Proc. H3N und Proc. N05. in 4,0 Grm. Zwiebel = 1,0 C.C. Ammoniak und 0,5 C.C. Salpetersäure = 0,053 Proc. H3N und 0,084 Proc. NO^. in 4,0 Grm. Schlotten = 2,0 C.C. Ammoniak und C.C. Salpetersäure = 0,106 Proc. H3N und Proc. NO^. Das Gewicht der untersuchten Pflanze betrug 25,0 Gramm und sie bestand aus: 2,0 Grm. Wurzeln, 11,0 „ Zwiebel, ^ 12,0 „ Schlotten. Vergleichen wir nun die sämmtlichen hier erhaltenen Zahlen mit dem ursprünglichen Gehalt der zu den Ver- suchen verwendeten Zwiebeln, d. h. mit der Menge des Ammoniaks und der Salpetersäure die in Zwiebeln der- selben Art, Abstammung und Alter, wie die zu Versuchs- zwiebeln benutzten, enthalten waren, so ergiebt sich, dass die vorhandene Salpetersäure durch Hinzubringen von salpetersauren Salzen nicht erhöht worden ist und kann man wohl annehmen, dass die Zwiebeln nicht im Stande sind, Salpetersäure aufzunehmen. Auffallend und jeden- falls für diese Ansicht sprechend, ist die grosse Quantität von Salpetersäure in den Wurzeln, und zwar sowohl in den Wurzeln und Zwiebeln, die mit salpetersauren Salzen, als auch bei denjenigen, die nur mit Ammoniaksalzen in Berührung gewesen, während in beiden Zwiebeln selbst äusserst wenig davon vorhanden. Die Wurzeln der ersten enthalten z. B. 0,506 Proc. N05, die Zwiebel 0,084 Proc; die Wurzeln der zweiten 0,337 Proc. NO^, die Zwiebel 0,084 Proc. Beide Zwie- beln zeigen also nur dieselbe Menge, die sie schon vor ihrer Anwendung enthielten (wenigstens wahrscheinlich enthielten), trotzdem die Wurzeln einen bedeutend hö- hern Gehalt angaben. Eben so wenig als salpetersaure Salze im Stande 246 A. HosäuSj Einfluss verschiedener Nahrungsmittel wareii; die Menge der Salpetersäure in der Zwiebel zu erhöhen, eben so wenig vermochten Ammoniaksalze die Menge des Ammoniaks zu vergrössern. Die mit letzten Salzen in Berührung gewesene Zwiebel enthielt 0,053 Proc, die Blätter 0,106 Proc. H^N. Früher untersuchte, im Gartenboden gewachsene, enthielten in den Zwiebeln 0,106 Procent, in den Blättern 0,079 Proc. H^N. Die zu den Versuchen verwendeten 0,053 Proc. Der Ammoniakgehalt ist also durchaus nicht erhöht worden. Die Blätter sämmtlicher Zwiebeln enthalten Ammoniak und keine Salpetersäure. Auch diejenigen von den Zwie- beln, die nur mit Salzen der letzteren Säure in Berührung gewesen. Die Wurzeln enthalten alle mehr von den be- treffenden Substanzen, als die übrigen Theile. Dass auch die Wurzeln der Zwiebeln Salpetersäure enthalten, welche nur mit Ammoniaksalzen in Berührung ge- wesen, beweist, dass Ammoniak wirklich in Salpeter- säure umgewandelt worden ist. Es ist ferner schon erwähnt worden, dass die Zwie- beln, von denen einige zu den Versuchen in Anwendung gekommen waren, im Juni zur Zeit ihrer Verwendung Salpetersäure enthielten. Im vorhergehenden Herbst hat- ten dieselben durchaus keine Salpetersäure gezeigt. Die damals nicht verbrauchten waren ruhig an einem voll- ständig trockenen Orte liegen geblieben und hatten sich bei ihrer abermaligen Verwendung zu den Vegetations- versuchen äusserlich durchaus nicht verändert, enthielten aber trotzdem Salpetersäure, wie schon oben angegeben. Im October wurden nun abermals von denselben Zwiebeln, die ebenfalls keine Veränderung erkennen Hessen, einige untersucht und sie ergaben: I. in 4 Grm. — 1,0 C. C. Ammoniak und OC.C. Sal- petersäure = 0,053 Proc. H3N und Proc. NO 5. IL in 4 Grm. = 1,5 CG. Ammoniak und OC.C. Sal- petersäure = 0,079 Proc. H3N und Proc. NO^. III. in 4 Grm. == 1,5 C.C. Ammoniak und OC.C. Sal- petersäure = 0,079 Proc. H^N und Proc. NO 5. auf den Ammoniak- u. Sulpetersäuregelialt der Pflanzen. 247 Sämmtliche hier untersuchte Zwiebeln enthalten keine Salpetersäure und hatte sich also die im Sommer vorhan- dene wiederum zersetzt. Wenn nun die weiter oben angeführten Resultate zu dem Schluss berechtigten, dass die im Sommer in den Zwiebeln anwesende Salpetersäure durch Oxydation des Ammoniaks entstanden ist, so dürfte die Thatsache, dass die Zwiebeln auch Salpetersäure erzeugen, wenn ihnen die Bedingungen zum Wachsthura entzogen sind und sie äusserlich keine Lebenserscheinung zeigen, ebenfalls zu Gunsten der obigen Annahme sprechen. Nach den zuletzt angeführten Resultaten muss aber auch der Zwiebel das Vermögen zugeschrieben werden, die gebildete Salpetersäure wiederum in andere Stoffe überzuführen, denn im Herbst ist keine mehr vorhanden und kann dies ebenfalls geschehen, wenn der Zwiebel die Bedingungen zum Wachsthura entzogen werden. Dieses Zersetzungsproduct kann sehr wohl Ammoniak sein, da die Pflanzen überhaupt reducirende Eigenschaften besitzen, ob es aber in der That der Fall, wird sich äusserst schwer beweisen lassen. W^ohl aber ward es dadurch, dass die im October untersuchten Zwiebeln mehr Ammoniak enthalten, als die im Juni . und dass dieses Plus vollständig gedeckt wird, wenn man die im Juni anwesende Salpetersäure in Am- moniak umrechnet; z. B. enthielt eine Zwiebel im Juni 0,053 Proc. H3N und 0,084 Proc. NO 5. 0,084 N05 ent- spricht 0,026 H3N. Im October enthielt eine Zwiebel 0,079 Proc. H^N und keine NO^, also gerade 0,026 Proc. H^N mehr, so viel als aus der fehlenden NO^ entstanden sein musste. Bei drei untersuchten Zwiebeln trifft dies zweimal genau. B. Äusfährang der Versuche mit Erbsen, Pisum sativom, in Boden mit absorbirbaren Nährstoffen. Im Anschluss an die vorhergehenden Versuche und aus denselben schon angeführten Gründen unternahm ich 248 A. Hosäus^ Einfliiss verschiedener Nahrungsmittel im Verlauf dieses Sommers die angeführte Arbeit, um weiteren Aufschluss über die betreffende Frage zu erhal- ten. Da hierbei die Art und Weise, die Pflanzen zu er- ziehen, ziemlich gleichgültig, so wurde nach dem Vor- gang von Zoll er und Nägeli {Annalen der Chemie und Pharmacie. 121. S. 330) Torferde, (Holztorf) als Medium zur Vegetation benutzt, die jedenfalls die Versuche selbst, im Vergleich zu solchen mit wässerigen Lösungen, wesent- lich erleichtert. Bei der Ausführung der Versuche benutzte ich die landwirthschaftliche Praxis, dem Torf so viel Nährstoffe beizumengen, wie man zu einer starken Felddüngung an- wenden würde. Die zu den Versuchen mit Zwiebeln benutzten Salz- gemische kamen vollständig unverändert zur Verwendung. Der Durchmesser jedes Kastens betrug 1 Quadratfuss und enthielt ca. 18 Pfd. Torf. Der Kasten Nro. I. erhielt 6,0 Grm. der salpetersau- ren Salze; entsprechend derselben Menge von Salpeter- säure, die bei einer starken Düngung mit Chilisalpeter einem Felde gegeben werden würde. Der Kasten Nro. IL erhielt 10,0 Grm. der nur Ammo- niaksalze enthaltenden Mischung; entsprechend der Menge von Ammoniak, die bei Düngeversuchen . mit Salmiak Feldern gegeben werden. Der Kasten Nro. III. bekam von jeder Mischung die Hälfte der obigen Menge. Die Salze selbst wurden ausgestreut, mit den oberen Torfschichten gemengt und genügend mit Wasser begos- sen. Der zu den Versuchen benutzte Torf enthielt 0,268 Procent H3N und 0,337 Proc. N05. Am 8. Mai wurden nun Erbsen in diesen Torf gesäet. In jeden Kasten 12 Stück; das Gewicht von je 12 Erb- sen betrug 1,80 Grm. Am 15. Mai erschienen die ersten Blättchen und zwar gleichzeitig in allen Kästen. In den darauf folgenden ersten Wochen Hess sich ein Unterschied in der Entwickelung der Pflanzen nicht bemerken. In auf den Ammoniak- u. Salpetersäuregehalt der Pflanzen. 249 der dritten Woche nach der Aussaat schien es, als wür- den diejenigen im Kasten IL, der nur Ammoniaksalze enthielt, etwas zurückbleiben. Später trat dies deutlicher hervor. Dagegen entwickelten sich die Pflanzen in dem Kasten I., der nur salpetersaure Salze enthielt, kräftiger, als in den beiden anderen. Im Vergleich zu anderen, im Gartenboden wachsenden Erbsen, erschien die Vegetation in allen drei Kästen als eine kümmerliche. Am 8. Juni, also nach einer vierwöchentlichen Vegetationszeit, wurde aus jedem Kasten ein Exemplar mit den Wurzeln aus- gehoben und zur Untersuchung benutzt. Die aus jedem Kasten gewählten Pflanzen erschienen als die kräftigsten und am meisten entwickelten. Die aus I. genommene Pflanze war am vollkommen- sten. Die Blätter waren sämmtlich dunkelgrün und ge- sund. Wickelranken zahlreich und völlig normal. Wur- zeln und Wurzelfasern reichlich vorhanden. Die ganze Pflanze, incl. der Wurzel, wog 4,40 Grm. Die aus dem Kasten II. entnommene Pflanze war weniger kräftig, als die erste. Die unteren Blätter waren gelb. Wickelranken zahlreich. Hauptwurzeln kräftig, aber aufi'allend wenig Wurzelfasern vorhanden. Ihr Ge- sammtge wicht betrug 2,000 Grm. Die Pflanze aus III. war wieder kräftiger. Wickelranken zahlreich; sämmt- liche Wurzeln vorhanden; ihr Gesammtgewicht betrug = 3,75 Grm. Die Wurzeln der betreffenden Exemplare wurden durch Abspülen von den daran haftenden Theilen befreit, sorglich mit Papier getrocknet und die ganze unverletzte Pflanze rasch gewogen. Die Pflanzen selbst wurden sofort nach der Gewichts- bestimmung in passenden Gefassen mit Spiritus übergös- sen^ und zur Destillation aus denselben Gefassen, bei Seite gestellt. Die Bestimmungen ergaben bei einer Pflanze aus dem Kasten: 250 A. Hosäus, Einf.uss verschiedener Nahrungsmittel Ammo- Salpeter- niak säure Nro. L = 2,5 C.C. H3N u. 2,0C.C.NO5 = 0,096 u. 0,245 Prc. , 11.^2,5 . , , 1,0 „ „ ==0,212 „0,270 „ ,111. = 3,5 , „ „ 1,5 „ „ r= 0,158 „0,216 „ Das auffallendste und sofort in die Augen fallende Ergebniss dieser Bestimmungen ist jedenfalls der hohe Salpetersäuregehalt der Pflanze II., die nur mit Ammo- niaksalzen gedüngt worden war und der höher ist, als bei den beiden übrigen, denen salpetersaure Salze gege- ben wurden. Ganz dieselbe Erscheinung trat schon frü- her bei den Zwiebeln auf. Zu gleicher Zeit mit den obigen Versuchen wurden hier noch andere Arbeiten, ebenfalls mit Erbsen, aber aus anderen Gründen unternommen. Es sollte die Frage beantwortet werden, wie verhalten sich phosphorsäurehal- tige Düngemittel zur Cultur der Erbsen. (Die Resultate dieser Untersuchung werden in einem der nächsten Hefte erscheinen.) Zu diesem Zweck wurden Erbsen in mit Torf gefüll- ten Kästen gezogen. Es sind hierzu vier grössere Kästen benutzt worden, die 1,35 Meter lang, und 1,08 Meter breit waren. Der eine enthielt eine starke Düngung von Guano, der zweite von Knochenmehl und der dritte von Superphosphat. Der vierte Kasten blieb ohne Düngung. Da eine Bestimmung des Ammoniaks und der Salpetersäure in diesen Pflanzen die vorigen Versuche uns vervollstän- digen konnte, so wurden sie zu gleicher Zeit und in der- selben Weise, wie die vorigen ausgeführt, am 6. Juni aus jedem Kasten ein Exemplar mit den Wurzeln genom- men und als ganze Pflanze der Untersuchung unterworfen. Obgleich diese Pflanzen nur wenige Tage älter waren, so zeigten sie doch eine ungleich normalere und kräftigere Entwickelung aller ihrer Theile, als die vorigen, sogar diejenigen, die ohne Düngung geblieben, übertrafen die- selben bei weitem an Kraft und Grösse. Der Kürze halber bezeichne ich den Guano enthaltenden Kasten-Äiit Nro. IV., den Knochenmehl enthaltenden mit Nro. V.J^ auf den Ammoniak- u. Salpetersäuregehalt der Pflanzen. 251 den Superphosphat enthaltenden mit Nro. VI. und den ohne Düngung mit Nro. VII. Die aus IV. genommene Pflanze wog = 9,40 Grm. n „ V. „ „ , ==16,80 „ VI — 7 40 n r, VII. „ „ „ = 7,60 „ Aus jedem Kasten war ein möglichst kräftig und üp- pig entwickeltes Exemplar genommen worden, und ent- hielten die Pflanzen aus: Ammo- Salpeter- niak säure No.IV. = 7,5C.C.H3Nu.3,0C.C.NO5=r0,135u.0,172Prc. „ V. = 7,5 „ „ „ 3,0 „ „ = 0,075 „ 0,096 „ „ VI.r=2,5 „ „ „ 1,0 „ , = 0,057 „ 0,073 „ ,VIL = 4,0„ . „ 1,0 „ , =0,089 „0,073 „ Die Menge des Ammoniaks und der Salpetersäure ist demnach in der Erbsenpflanze durch den Guano, als ein Stickstoff enthaltendes Material, wesentlich erhöht worden. Diese Erhöhung hatte aber durchaus keine kräf- tige Entwicklung der Pflanzen zur Folge, da sich jetzt schon und noch mehr in der weiteren Ausbildung die mit Phosphaten gedüngten Erbsen durch ein kräftigeres und viel üppigeres Gedeihen den anderen gegenüber aus- zeichneten. Vergleicht man ferner die hier erhaltenen Zahlen mit denjenigen der Pflanzen aus den Kasten L, II. und III., so findet sich, dass die angewendeten Salzmischungen die Aufnahme einer bei weitem grösseren Quantität von Am- moniak und Salpetersäure durch die Pflanzen veranlassten, wie die zuletzt genannten Düngemittel. Es ergiebt sich aber auch, dass die Pflanzen um so dürftiger und schwächer werden, je mehr sie davon enthalten und dass diejenigen, welche den geringsten Gehalt zeigen, die am kräftigsten und üppigsten vegetirenden sind. Im Verlauf der weiteren Entwickelung der Pflanzen blieben diejenigen in den Kasten I., II. und III. im Ver- gleich zu den übrigen auffallend zurück. 252 A. HosäuSj Einfluss verscMedener Nahrungsmittel Dieses Zurückbleiben war so auffallend, dass ich ein gänzliches Eingehen befürchtete, und am 15. Juni in jeden Kasten noch etwas Superphosphat brachte. Eine augenscheinliche Besserung der Vegetation trat indess hierauf nicht ein, wohl aber begannen die Pflanzen zu blühen und Schoten anzusetzen. Am dürftigsten erschie- nen die Pflanzen in II. Die meisten von ihnen gingen vollständig ein, und nur zwei erzeugten ausgebildete, kei- mungsfähige Samen. Diejenigen in III. waren kaum besser. Die meisten gingen ebenfalls ein und es blieben nur 4 Pflanzen übrig, von denen 3 keimungsfähige Samen hervorbrachten. In I. dagegen erschienen die Pflanzen weit kräftiger, aber lange nicht so kräftig, wie diejenigen in dem Torf, der gar keine Düngung erhalten. Sieben von ihnen lieferten normal ausgebildete Samen. Am 27. Juli wurde zur Ernte geschritten, und ergab No. I. 17,80 Grm. lufttrockene Schoten. Diese bestanden aus 10 Grm. Plülsen und 7,80 Grm. Samen. No. IL 7,30 Grm. lufttrockene Schoten, bestehend aus 4,50 Grm. Hülsen und 2,80 Grm. Früchten. No. III. 6,90 Grm. Schoten. Sie bestanden aus 4,40 Grm. Hülsen und 2,5 Grm. Früchten. Auf Hundert berechnet enthal- ten demnach die Schoten von den Pflanzen aus: No. I. No. II. No. III. 56,17 Hülsen, 61,65 Hülsen, 63,7 Hülsen, 43,83 Samen, 38,35 Samen, 36,3 Samen. Die salpetersauren Salze haben also immer noch den günstigen Erfolg gehabt und zwar nicht nur in Beziehung auf den Ertrag an Schoten, sondern auch auf das Ver- hältniss zwischen Samen und Hülsen. Die ungünstigen Erfolge, die durch die Ammoniaksalze erzielt^ sind durch die salpetersauren Salze durchaus nicht verbessert worden, im Gegentheil haben die vereinigten Salze einen noch geringeren Nutzen gebracht. Sämmtliche geerntete Sa- men wurden sofort zur Untersuchung verwendet ufldr^a- ren enthalten in denjenigen aus dem Kasten: auf den Ammoniak- u, Salpetersäweg ehalt der Pflanzen. 253 Amino- Salpeter- niak säure No. I. == 3,0 C.C. H3N u. 6,5 C.C. NO^ = 0,068 u. 0,468 Prc. „ IL = 2,5 „ „ „ 2,5 , „ =0,177 „0,526 „ „ III. = 2,5 , „ „ 2,5 „ „ =0,190 „ 0,613 „ Dieselbe Erscheinung, die bei den jungen Erbsen- pflanzen und Zwiebeln bemerkt wurde, tritt auch bei dem Samen wieder auf, nämlich die bedeutende Menge von Salpetersäure in den nur mit Ammoniaksalzen in Berüh- rung gewesenen Pflanzen. Sie ist auch hier grösser, als bei den Pflanzen, die salpetersaure Salze als Düngemittel erhalten hatten. Ueber die weitere Entwicklung der Erbsen in den Kästen, welche Guano, Knochenmehl und Superphosphat erhalten hatten, sei hier nur bemerkt, dass sich die mit Knochenmehl und Superphosphat gedüngten vortheilhaft auszeichneten, die anderen überflügelten und einen höhe- ren Ernteertrag lieferten. Von den völlig reifen lufttrocke- nen Erbsen wurden zu jeder Untersuchung 4 Grm. ver- wendet und enthielten diese, aus dem Kasten: Ammo- Salpeter- niak säure No. IV. = 1,5 C.C. H3N u. 3,0C.C.NO5^ 0,063 u. 0,405 Prc. „ V. = 2,5 „ „ „ 2,5 „ „ =0,106 „ 0,405 „ „ VI. = 1,5 , „ « 1;5 „ „ = 0,063 „ 0,202 „ „ VIL = 2,06 „ „ „ , „ = 0,085 „ „ Vergleichen wir diese Zahlen mit denjenigen der Erb- sen aus den Kasten I., II. und III., so ergiebt sich durch- schnittlich eine geringere Menge von Ammoniak und Sal- petersäure, wie bei denjenigen Erbsen, die mit Ammo- niak- und salpetersauren Salzen in Berührung gewesen. Am aufi'allendsten bei der Salpetersäure. Sämmtliche Erbsen aus den drei ersten Kästen enthalten mehr davon. Am meisten stimmt noch der Gehalt der Erbsen aus dem Kasten I., der nur salpetersaure Salze enthielt, mit dem letzteren überein, und zwar mit denen, die mit Guano gedüngt worden waren. Es ist schon erwähnt worden, dass die Pflanzen einen 254 A. Hosäus, Einfluss verschiedener Nahrungsmittel etc. um so geringeren Ernteertrag geliefert hatten, je mehr sie von beiden oft genannten Stickstoffverbindungen ent- hielten. Die nur mit Phosphaten gedüngten Erbsen lie- ferten nicht nur den höchsten Ernteertrag, sondern zeig- ten auch das üppigste Wachsthura. Es muss allerdings hierbei berücksichtigt werden, dass die Torferde selbst namhafte Mengen von Ammoniak und Salpetersäure ent- hielt. Fassen wir nun die Resultate der gesammten Unter- suchungen kurz zusammen, so ergiebt sich zunächst ein abweichendes Verhältniss zwischen Zwiebeln und Erbsen. Bei den ersteren konnte der Gehalt an Ammoniak und an Salpetersäure durch betreffende Salzgemische nicht er- höht werden. Die Salpetersäure, die sie im Sommer zei- gen, ist durch Oxydation des Ammoniaks entstanden und es ist wahrscheinlich, dass sie im Herbst durch Reduction wie- der in Ammoniak umgewandelt wird. Dass sie keine Salpe- tersäure aufzunehmen vermögen, zeigen die Zahlen deutlich. Während die Wurzeln, auch von den Zwiebeln, die nur in Ammoniaksalz enthaltender Lösung gewachsen waren, 0,5 und 0,3 Proc. NO^ enthalten, ergaben die Zwiebeln nur 0,084 Proc, dieselbe Menge, die ursprünglich in ihnen enthalten war. Die Erbsen dagegen sind im Stande, sowohl Am- moniak, als auch Salpetersäure im Verlauf ihrer Entwicke- lung aufzunehmen und zwar mehr, als zu ihrem Gedei- hen nöthig. Bei allen Versuchen ergiebt sich, dass, je grösser die Menge des vorhandenen Ammoniaks und der Salpetersäure ist, um so schlechter das Wachsthum der Pflanzen erscheint und um so geringer der Ernteertrag an vollständig ausgebildeten keimungsfähigen Samen ist. Diejenigen, welche in mit salpetersauren Salzen ge- düngten Torf gewachsen waren, hatten einen dreimal grös- seren Ernteertrag geliefert, als die, in mit Ammoniaksal- zen behandeltem Boden. Die Düngung mit den vereinig- ten Salzen hatte keinen grösseren Ertrag zur Folge, als diejenige mit nur Ammoniaksalzen. Gedeihen der Chinabäume in Ostindien, 255 Die mit salpetersauren Salzen gedüngten Erbsen und Zwiebeln enthielten Ammoniak, die mit Ammoniaksalzen behandelten Salpetersäure und zwar mehr, als die Vorigen. Es ist dies wohl ein Beweis, dass das Ammoniak in Sal- petersäure übergeführt worden ist und dürfte nicht un- wesentlich für die Knop'sche Ansicht sprechen. üeber das Gedeihen der Chinabäume in Ostindien. Vor etwa sechs Jahren machte die englische Regie- rung den dankenswerthen Versuch, eine Species des Cin- chonä-Baumes, der die Chinarinde und das Chinin liefert, von Bolivia nach Indien zu verpflanzen. Wir er- fahren nun aus dem „Friend oflndia** vom 18. December V. J., dass kürzlich ein Bericht über das Gedeihen dieser Pflanzungen in Ceylon veröffentlicht wurde, welcher den Versuch als vollkommen gelungen hinstellt. Die Pflanze hat sich gut acclimatisirt und soll an Gehalt die guten südamerikanischen Sorten noch übertreffen. Man kann Streifen der Rinde von dem lebenden Baume ablösen, ohne seinem Wachsthum zu schaden, wenn man in der richtigen Weise verfährt. Es wird erwartet, dass die rothe indische Rinde einen eben so hohen Preis erreichen wird, wie die Calisaya-Rinde von Bolivia, nämlich 4 Schil- ling das Pfund. Nach einer Schätzung ist die Zahl der Pflanzen in Ceylon 550,000 und in den Nilgherri-Bergen, auf der Westküste von Madras, beträgt sie 776,000. Da sich jetzt auch die Privatspeculation mit dem Anlegen solcher Pflanzungen beschäftigt, so hofft man auf eine reiche Ausbeute für die Zukunft und hat nicht mehr nöthig, mit Besorgniss der allmäligen Ausrottung der werthvollen Pflanze in Südamerika entgegen zu sehen. {Bl f. Hdl u. Geiü. 1S66.) B. 256 III. Moiiatssberieht. Sal Ammoniacum boraciticnm (Boracitsalmiak). Diese angebliche chemische Verbindung ist von Be- cker in Mühlhausen bei Steinbeschwerden und Nieren- koliken sehr empfohlen worden, auch bei Blasenkatarrh (s. Memorahüien, Lief. 12. 1864). Er hält dieses Salz für ein Aequivalent des Präparats, welches van Helmont aus dem Ludus (Spielstein) bereitete. Da Becker so vor- zügliche Heilerfolge damit erzielte, so dürfte der Boracit- salmiak Beachtung finden und bald zu einem pharmaceu- tischen Gegenstande werden. Nach Beck er 's Forschung ist der Ludus des Paracelsus nichts anderes als Boracit gewesen und er findet die Beschreibung, welche Hel- mont von der Zubereitung des Ludus giebt, bestätigt, wenn man borsaure Magnesia mit Chlorammonium be- handelt. Becker sagt: Da in dem Geheimmittel der Boracit das Wesentliche, aber das geheime Auflösungs- mittel (Alkahest) nicht bekannt ist, so unternahm Grä- ger Versuche, um auf andere Weise die Auflösung zu bewirken. Er stellte dann künstlich borsaure Magnesia dar. Wenn man Auflösungen von Borax und schwefel- saurer Magnesia zusammen zum Kochen erhitzt, so schlägt sich ein weisses Pulver nieder, welches wasserhaltige bor- saure Magnesia ist, und aus 33,18 Magnesia, 18,67 Bor- säure und 48,15 Wasser besteht. Dieses Salz löst sich in 50 Th. kalten Wassers auf. Wird diese Lösung ge- kocht, so trübt sie sich und es fällt borsaure Magnesia nieder. Leichter erfolgt die Auflösung bei einem Zusatz von Salmiak, wobei sich fortwährend Ammoniak ent- wickelt. Beim Verdunsten krystallisirt daraus allmälig ein Salz in unbestimmter Form. Wird dieses Salz in kaltem Wasser gelöst, so trübt sich die Flüssigkeit im ersten Augenblick, aber dann erfolgt auch sofort die Lö- sung. Beim Erhitzen fällt daraus keine borsaure Mag- nesia nieder. Das Salz hat folgende Zusammensetzung: Trennung des Cers von Lanthan und Didym. 2bl 32,89 Borsäure 40,11 Chlor (wohl Chlorwasserstoflf? H.) 14,29 Ammoniak 2,61 Talkerde 10,10 Wasser 100,00. Nach Hager würde sich die Darstellung des Becker- schen Sal Ammoniacum horaciticum auf die Mischung von circa 50 Th. Salmiak, 60 Th. krystallisirte Borsäure und 10 Th. krystallisirte Chlorraagnesium, Auflösung der Mi- schung und Eindampfen derselben zur Trockne reduciren lassen. Die Wirkung des Mittels beruht in der Borsäure, welche keine Veränderung im menschlichen Körper auf den Secretionswegen erleidet und daher zersetzend auf harnsaure und phosphorsaure Salze wirken kann. Die Borsäure hat bis jetzt eine hierher zielende Anwendung nicht gefunden, dagegen ist der Borax in früherer Zeit vonWetzler und Wurzer als ein kräftiges, Harnsteine auflösendes Mittel empfohlen worden, was man später ver- gessen zu haben scheint. {Fharmac. Centralh. 10. 18So.) Trennnng des Cers tou Lanthan und Didym. O. Popp giebt hierzu folgendes Verfahren an Man versetzt die neutrale Lösung der drei Ceritoxyde mit essigsaurem Natron und leitet bis zum Ueberschuss Chlor hinein. Dann erhitzt man die Flüssigkeit, die nun eine gelbe Farbe angenommen hat, zum Kochen und er- hält sie einige Zeit darin, wodurch alles Cer, frei von Lanthan und Didym, als hellgelber Niederschlag ausge- schieden wird. Dieser wird noch siedendheiss auf einem Wasserbadtrichter schnell abtiltrirt und mit kochendem Wasser ausgewaschen. Das Filtrat darf nur eine reine Didymfarbe zeigen und muss beim Erhitzen keine Trü- bung geben, in welchem Falle noch Cer zurückgeblieben sein würde. — Dies Verfahren kann auch dahin abgeän- dert werden, dass man die neutrale Lösung der Cerit- oxyde mit einer genügenden Menge essigsauren Natrons und einem Ueberschuss von uuterchlorigsaurem Natron vermischt und einige Zeit kocht. Der erhaltene hellgelbe Niederschlag ist sehr hydra- tisch und trocknet unter starkem Schwinden auf dem Fil- ter zu einer bräunlich -gelben, durchscheinenden Masse Arch. d. Pharm. CLXXVII. Bds. 3. Hft. 1 7 258 Mineralische Schätze des britischen Bergbaues. ein, welche zerrieben ein hellgelbes Pulver giebt. Ihrer chemischen Natur nach dürfte die Verbindung als ein Cerhyperoxyd, CeO^^ zu betrachten sein. Sie wird von concentrirter Salzsäure unter starker Chlorentwicke- lung mit tief safrangelber Farbe, von concentrirter Sal- peter- und Schwefelsäure mit rothgelber Farbe gelöst. Verdünnte Säuren scheinen in der Kälte nicht darauf zu wirken. Erhitzt verglimmt es zu einem tief braun ge- färbten Oxyd. Ceroxydul = CeO, wurde erhalten durch Erwärmen des Hyperoxyds mit Oxalsäure und Schwefelsäure, Fällen des gebildeten Ceroxydulsulfats mit Oxalsäure, Glühen des Oxalats und Erhitzen des Oxyduls im Wasserstoflfstrora. Es stellte so ein rein weisses Pulver dar, welches an der Luft eine röthliche Farbe annahm. Ceroxyd = Ce^O^, wurde gewonnen durch Lösen des Hyperoxyds in erwärmter concentrirter Salpetersäure und Fällen der Lösung mit Ammoniak. Das entstandene Oxydhydrat besitzt in der Flüssigkeit suspendirt eine hellfleischrothe, nach dem Absetzen eine schmutzig vio- lettrothe Farbe. Geglüht und zerrieben giebt es ein braun- rothes Pulver. Das Oxyd ist dadurch ausgezeichnet, dass es von den stärksten Säuren nicht angegriffen wird, nur durch längeres Digeriren mit concentrirter Schwefelsäure wird es allmälig in dunkel ockergelbes wasserfreies Oxyd übergeführt und löst sich dann bei vorsichtigem Zusatz von Wasser vollständig mit goldgelber Farbe. {AnnaL d. Chem. u. Pharm. CXXXL 359—862.) G. Statistische llebersicht der mineralischen Schtätze des britischen Bergbaues. Ein Archivar des Londoner geologischen Museums, Hr. Robert Hunt, ist mit einer Aufgabe betraut, welche «owohl vom mineralogischen als vom industriellen Gesichts- puncte aus Beachtung verdient. Es ist die jährliche Aus- arbeitung einer statistischen üebersicht der mine- ralischen Schätze, welche der britische Bergbau aus dem Innern der Erde an die Oberfläche fördert. Bei weitem den ersten Rang nimmt in dieser Zusammenstel- lung, die jetzt bis zum Ende des Jahres 1864 durchge- führt ist, wie von jeher die Kohlenproduction ein, welche einen Werth von 23,197,968 Lstrl., fast zwei Drit- tel des Gesammtergebnisses der britischen Bergwerks- Mineralische Schätze des britischen Bergbaues. 259 Industrie jenes Jahres (39^979,837 Lstrl. ) repräsentirt. Während vor zehn Jahren nur 2397 Kohlenminen ira Betriebe waren, zählte man deren im Jahre 1864 schon 3268; ihre Ausbeute belief sich auf 92,787,873 Ton- nen, ein Resultat, zu dem der District Durham und Korthuraberland 23' 4, Schottland 12 1/2, der District Lan- cashire und der District Staffordshire -Worcestershire je 11*2j Südwales und Monmouthshire nahezu 11 und York- shire 8^^ Millionen Tonnen beisteuerten. Der Export nach ausländischen Häfen betrug 8,800,420 Tonnen, ' um 525,208 Tonnen mehr als im Jahre 1863. Den Kohlen folgt an nächster Stelle Eisen; die 10,064,890 Tonnen Erz, welche aus britischen Schachten gefördert wurden, verwandelten die 612 Hochöfen in 4,767,951 Tonnen Roh- eisen, wovon auf England 2,620,472, auf Wales 988,729, auf Schottland 1,158,750 Tonnen kamen. 469,951 Ton- nen des gewonnen Roheisens gingen ausser Land ; der grosse Rest fand seinen Weg in 127 Eisenhütten, um dort in 6267 Puddelöfen und 718 Walzwerken weitere Meta- morphosen durchzumachen. Die Kup f erproduction concentrirt sich in die 192 Minen des südwestlichen Eng- lands, während die übrigen Theile des Vereinigten König- reichs deren nur 30 aufzuweisen haben; sie belief sich auf 214,604 Tonnen Erz, die 13,302 Tonnen des reinen Metalls lieferten, vermag aber den Bedarf des Landes n^'cht zu decken. Man ersieht aus der Einfuhr 67,283 Tonnen Kupfererz, 26,018 Tonnen Kupferkönig, 10,015 Tonnen Saukupfer und 14,924 Tonnen Kupferbarren. Aus den Bleibergwerken wurden 94,433 Tonnen Erz, meist Bleiglanz, zu Tage gefördert, welche 91,283 Tonnen des reinen Metalls und dazu 641,088 Unzen Silber ergaben. Von Eisenkies, dem Avegen seines Seh wefelg ehalt s von den Schwefelsäure- und Sodafabriken gesuch- ten Erze, betrug die Production 94,458 Tonnen. Obwohl seit zwei Jahrtausenden von Menschenhand ausgebeutet, scheint der Reichthum der Minen von Cornwall und De- vonshire, des einzigen Zinndistricts der britischen Inseln, nichts weniger als zur Neige gehen zu wollen. Das vorige Jahr hatte ein besseres Ergebniss als irgend eins seiner Vorgänger; es wurden 15,211 Tonnen Zinnerz aus der grossen Tiefe der Minen gehoben und daraus 10,108 Tonnen reines Zinn gewonnen. Der Marktertrag blieb jedoch um 38,000 Lstrl. hinter dem des Jahres 1863 (nämlich 964,000 Lstrl.) zurück, da die Preise dieses J\Ietalls bedeutend gesunken waren; für die Jahre 1859 17* 260 VorJiomerischer Fall von zwei Meteoreisenmassen. und 1864 beträgt der Preisunterschied 14 Lstrl. pr. Tonne. Die 15,047 Tonnen Zinkerz, meist Zinksulfid, welche im Jahre 1864 gewonnen wurden, gaben 4040 Tonnen Zink. Wir übergehen die einzelne Aufzählung der ge- ringen Quantitäten Braunstein, Wolfram, Arsenik, Baryt, und erwähnen nur noch das edelste der Metalle, welches von fünf Walisischen Minen in Merionethsire ge- liefert wird; 2887 Unzen Gold, im Werthe von 9,991 Lstrl., wurden aus 2336 Tonnen goldhaltigen Quarzes ge- schieden. Der Gesammtwerth der aus den Erzen gewon- nenen reinen Metalle aller Art summirt sich auf 15,281,869 Lstrl.; fügen wir hinzu 1,500,000 Lstrl. als den Werth der ausser den Kohlen producirten erdigen Minera- lien und 23,197,968 Lstrl. für die Kohlenausbeute, so erhalten wir die oben genannte Summe von 39,979,837 Lstrl., als die Vertreterin der im Jahre 1864 an die Ober- fläche geförderten mineralischen Schätze des Vereinigten Königreiches. {Magd. Ztg. 1865.) B. Ein vorhonicrischer Fall Ton zwei Meteoreisenmasseii bei Troja. Darüber äussert sich W. Haidinger: Was wir als Ergebniss der Aufmerksamkeit W. H. Miller 's für classische Studien und für die Interessen der Meteoriten- forschung in denselben ansetzen dürfen, ist, glaube ich. Fol- gendes: 1) Ein Fall von zwei Meteoreisenmassen war zur Zeit Homer 's — nach den mancherlei Ansichten zwischen 1105 und 850 vor unserer Zeitrechnung — allgemein be- kannt. Er war wohl auch damals schon uralt, weil ihn der Dichter zu einem poetischen Bilde aus fabelhafter Zeit, lange vor dem trojanischen Kriege, dessen Schluös durch die Eroberung und Zerstörung der Stadt Troja man in die Jahre 1184 oder 1127 vor unserer Zeitrechnung setzt, mit einigem Grunde benutzen konnte. Auch Heyne führt diese Stelle auf uralte Mythen zurück. 2) Diese Meteoreisenmassen wurden bis in die erste Zeit des zweiten Jahrtausends unserer Zeitrechnung ge- zeigt und von vielen ihr Ursprung aus einem Falle aus der Luft angenommen. 3) Die zwei homerischen, von Miller wieder der Aufmerksamkeit gewürdigten Verse sind gewiss so alt, als die übrigen begleitenden Theile der Ilias durch den inneren Zusammenhang mit dem Ganzen. Meteoriten von Taltal in Chile, 261 4) Der Umstand, dass die Verse nicht für echt ge- halten wurden, beruhte auf dem Zweifel an dem Unge- wöhnlichen und Wunderbaren von Meteoritenfällen, der sich bis in die neuesten Zeiten erhielt, bis endlich die Literatur der Chroniken, der einzelnen Quellen, Bäche und Flüsse derselben, sich in das Meer der Weltliteratur ergossen hatte und in dieser endlich die Wahrheit Siege- rin blieb. Es ist gewiss nicht überflüssig, die betrefifende Stelle der Ilias herzusetzen. Here hatte, mit Aphroditens Gür- tel geschmückt, den Zeus auf dem Ida eingeschläfert, die Danaer waren im Vortheil; die Troer flohen. Nun er- wacht Zeus: ^Denkst du nicht, wie du hoch herschwebtest und an die Füss' ich Zween Ambosse gehängt und ein Band um die Hände ge- schürzet 20. Golden und unzerbrechlich? Aus Aetherglanz und Gewölk her Schwebtest du: ringsum traurten die Ewigen durch den Olympos. Doch nicht wagte zu lösen ein Nahender: wen ich erhaschte, Schleudert ich mächtig gefasst von der Schwell' ab, dass er hin- unter Fuhr' zu der Erd' ohmächtig; auch so verliess mir den Geist nicht 25. Endlos tobender Schmerz um den göttergleichen Herakles, Den mit dem Bore^s du, des Orkans Göttinnen erregend, Sendetest durch Einöden des Meers, arglistigen Herzens, Und ihn endlich in Kos volkblühende Insel verschlugest: Doch ihn führt' ich von dannen zurück und bracht' ihn in Argos 30. Rosse nährendes Land nach mancherlei Kämpfen des Elends. Dann dir erst löst' ich die Füsse, die Klumpen aber nach Troja Warf ich hinab, noch spätem Geschlechtern die That zu ver- künden. Dessen erinner' ich dich, dass hinfort du entsagest dem Truge." u. s. w. Kaum darf man annehmen, dass Homer ein solches Bild, das Schweben in Aether und Wolken, erdacht hätte, wäre ihm nicht der Fall der beiden Eisenmassen (der „Ambosse von oben", vom Himmel herabgefallen) bekannt gewesen, an welche er seine Darstellung anschliessen konnte, wie denn die Angaben von Gegenständen, die vom Him- mel fielen, sich vielfach in den ältesten Mythen finden. ( Wien. Sitzungsber. d. k. k. Akad. d. Wiss. Math.-naturio. Cl. L. Bd. S.u. 4. Heft. II. Ahtli. S. 288 — 295.) H. Ludwig. Meteoriten von Taltal in Chile. Nacii J. Domeyko finden sich ausser den bekann- ten Meteoreisenmassen aus der Wüste Atacama in der 262 Meteoriten von Taltal in Chile. Nähe von Imilac mehr als einen Grad südh'ch von diesem Orte noch grosse Mengen von Meteorsteinen. Sie kom- men am reichlichsten 10 Meilen südwestlich von den Sil- berminen de la Isla, nahe bei den Kupferminen von Tal- tal vor und sind dort ohne Ordnung und bestimmte Rich- tung auf dem Boden der Hochebene verbreitet. Die gröss- ten liegen nicht tief in der Erde und man könnte leicht 20 Ctr. davon sammeln. Im unzerbrochenen Zustande haben sie eine unregelmässige Form. Ihre Oberfläche ist ungleich, rauh ; im Innern sind sie nie porös oder hohl, wie die Meteoriten von Imilac, sie sind auch nicht mit der gewöhnlichen schwarzen Kruste der Meteoriten be- deckt. Die Dichte der unveränderten Meteorsteine ist, 5,64 bei 14^ C., ein durch Oxydation und Hydratbildung verändertes Stück hatte nur 4,10 spec. Gew. Die unveränderten Meteoriten enthalten drei ver- schiedene Gemengtheile. 1) Eine hämmerbare metallische Substanz, die aus 88,6 Eisen und 16,4 Nickel^ Spuren von Kalk (kaum 0,2 Proc.) und zweifelhaften Spuren von Phosphor besteht. (Bunsen fand in den Meteoriten von Imilac: 88,01 Fe, 10,25 Ni, 0,70 Co, geringe Mengen von Mg, Na, Ca, P; Field fand: 87,80 Fe, 11,88 Ni, 0,30 P. Diese Substanz bildet unregelmässige Körper von sehr verschiedener Grösse, die in der ganzen Masse des Meteoriten vertheilt sind. 2) Eine kieselhaltige glasige Substanz, die lebhaft glänzende Blätter oder unregelmässige dünne kleine Anhäufungen bildet, Sie ist in Säuren löslich und ent- hält ausser sehr wenig Kalk und Thonerde, Kieselsäure, Eisenoxydul und Magnesia in den Verhältnissen wie sie im Peridot vorkommen, ist aber reicher an Eisen als der Olivin der Meteoriten von Imilac, in welchen sich nach Schmidt FeO:MgO = 1:2 verhält. 3) Eine aschgraue Masse von steinartigem Ansehen und körnigem Bruch, der stellenweise schwachen Harzglanz zeigt. Aus dem Pulver derselben zieht der Magnet bis 18 Proc. eines Metallpulvers aus, das aus oxydulirtem und metallischem (vielleicht kohlehaltigem) Eisen besteht. Ausserdem enthält das Pulver aber noch eine Verbindung von Eisen und Schwe- fel, die nicht magnetisch ist und nach der Analyse a^^s__ Einfach-Schwefeleisen besteht. Die Zusammensetzung der ganzen Steinmasse, welche sich keiner bekannten Formel anschliesst, ist folgende: Schorlamit vom Kaiserstuhl. 263 Kieselsäure 43,22 Thonerde 8,60 Eisenoxydul 26,52 Magnesia 6,60 Kalk 4,27 Natron 0,40 Schwefel 4,34^ ^. Eisen 7,50/ ^^'^^ 100,45. Die sämmtlichen chemischen Eigenschaften des Me- teoriten und sein verhältnissmassig hohes specifisches Ge- wicht zeigen nur mit einem der bisher bekannten Meteo- riten AehnKchkeit; es ist dies der 1843 zu Bishops- ville in Süd-Carolina gefundene Chladnit, der eben- falls nickelhaltiges Eisen, Peridot und Schepar- dit mit einem Thonerde-Silicat vereinigt enthält. Der Chladnit enthält ausserdem magnetischen Pyrit, der Meteorit von Taltal enthält dagegen Schwefeleisen neben einer andern magnetischen Eisenverbindung. {Compt. rend. 68. — Journ. f. prakt. Chemie. Bd. 95. 1.) B. Schorlamit vom Kaiserstuhl. A. Claus hat ein in der Nähe von Oberschaff hausen am Kaiserstuhl im Phonolith vorkommendes Mineral der Analyse unterworfen und dasselbe als identisch mit dem Schlorlamit, der bisher nur im Ozarkgebirge in Arkan- ses gefunden ist, erkannt. Hiermit ist auch in Deutsch- land für den Schorlamit ein Fundort nachgewiesen. Die Analyse führte zu folgendem Resultate: Kieselsäure 29,55 Titansäure 21,18 Eisenoxydul 18,08 Kalk 25,13 Magnesia 1,22 Kali und Natron. . . 4,22 99 38. {Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXIX. 213—215.) G. Beobachtungen über die Oxydationsstufen des Eisens und deren Verbindung mitKiesels.äure in den sauren Silicaten. Diese wurden angestellt am sogenannten jüngeren Porphyr des Mühlberges bei Schmärtz unweit Halle a. d. 264 Oxydationsstufen des Eisens und deren Verbindung etc. Saale, von H. Laspeyres. Nach demselben enthält die dunkelgraugrüne Grundmasse dieses Porphyrs: 3,057 Proc. Eisenoxydul neben geringen Spuren von Eisenoxyd. Die- ses Oxydul muss, da es nicht frei im Gesteine sein kann, an Kieselsäure gebunden sein. Bei den Wassergehaltbestira- mungen durch den Glühverlust in offenen Gefässen, welche man mit solchen Silicaten anstellte, die das Eisen als Oxydul enthalten, glaubte man bisher, dass nur eine geringe Menge Oxydul sich oxydire, so dass durch die Sauerstoffaufnahme die Richtigkeit der Glühverlustbestimmung nicht beeinträch- tigt werde. Indess überzeugte sich Laspeyres durch zwei Parallelversuche, in welchem einmal das Wasser durch den Verlust, das andere Mal durch Aufsaugen in einem Calciurarohre bestimmt wurde, dass auf diese Weise be- trächtliche Fehler entstehen können. Der Glühverlust von 1,865 bei 100^ getrocknetem Gesteinpulver betrug im Mittel 0,011 Grm. Dagegen ergab dieselbe Menge 1,865 Grm. bei der directeu Wasserbestimmung eine Ge wichtszunahme des Calciumrohres um 0,0195 Grm. Zieht man beide Bestimmungen von einander ab, so erhält man 0,0085 offenbar als Gewicht des während des Glühver- suchs aufgenommenen Sauerstoffs. Diese Annahme wurde durch das Aussehen des Gesteins bestätigt, das bei der qualitativen Analyse keine Spur von Oxydul, sondern nur Oxyd entdecken liess. Dieses Eisenoxyd ist nicht mehr an Kieselsäure gebunden, sondern durch das oxydirende Glü- hen von dieser frei geworden. Glüht man nämlich das rothe Gesteinpulver zwischen Chlorcalciumröhren in einem Strome trocknen Wasserstoffs, so wird das Pulver nicht nur wieder graugrün, sondern viel dunkler als das ursprüngliche Pulver; in dem zweiten Calciumrohre wird Wasser aufgenommen und das Glühproduct entwickelt mit Salzsäure Wasserstoff. Durch dasReductionsschmelzen ist daher das Eisenoxyd nicht bloss zu Oxydul, sondern zu Metall reducirt worden, was nur bei freiem Oxyd, nicht bei kieselsaurem stattfinden kann. Indess liess sich bei dem einen Versuche, den Las- peyres anstellte, eine vollständige Reduction alles Eisen- oxyds nicht nachweisen. Gesetzl jedoch, wiederholte Ver- suche hätten dargethan, dass durch Glühen im Wasser- stoffstrome unter gewissen Bedingungen alles Oxyd zu Metall reducirt werden könnte, so Hesse sich in Verbin-^ düng mit der Thatsache, dass kieselsaures Eisenoxydul beim Glühen im Sauerstoffstrome vollständig in Kieselsäure und Eisenoxyd zerlegt wird, ein Verfahren begründen, selbst in einem durch Salzsäure unaufschliessbaren Sili- Bestimmung des Eisenoxyduls in Silicaten. 265 catgesteine die Oxydationsstufen des Eisens genau zu be- stimmen. Man hätte einfach nur in einem Versuche die Menge des beim Glühen aufgenommenen Sauerstoffs zu bestimmen, und sodann durch einen zweiten Glühversuch im Wasserstrome aus dem gebildeten Wasser die Ge- sammtmenge des Eisens zu berechnen, um die für obige Fragen nothwendiffen Daten festzustellen. Diese Methode auszuarbeiten, überlässt wegen Mangels an Zeit Laspey- res den Versuchen Anderer. [Journ.f.'prakt.Chem. 1865. Bd. 94.) B. lieber die genaue Bestimiuung des Eisenoxyduls in Silicaten. Mitscher lieh hat die zur Bestimmung des Eisen- oxyduls mittelst übermangansauren Kalis bei Silicaten ge- bräuchliche Methode dahin modificirt, dass er die durch Erhitzen mit Salzsäure nicht hinreichend zersetzbaren Älineralien direct mit bis zu einem gewissen Grade ver- dünnter Schwefelsäure in einer zugeschmolzenen Glas- röhre bei 2200 bis 240^ erhitzt und dadurch aufschliesst, während man sonst die Mineralien mit Borax schmolz und dann die Schmelze in Salzsäure löste. Bei Anwen- dung dieser Modification hat Mit seh er lieh in vielen Fällen einen höheren Eisenoxydulgehalt gefunden als an- dere Analytiker. Um zu unterscheiden, ob in der Me- thode die Ursache dieser Abweichungen zu suchen sei, hat Th. Scherer nach der von ihm selbst früher benutz- ten Aufschiessungsniethode Eisenoxydulbestimmungen vor- genommen, welche auch Mit scher lieh benutzt hat; er überzeugte sich jedoch bald, dass, obwohl die Mineralien von gleicher Fundstätte waren, doch hierbei Umstände in Frage kommen, welche jeden genauen Vergleich verhin- dern. Diese sinc^: Schwankungen der relativen Gewichts- mengen des Eisenoxyduls und der damit isomorphen Basen; verschiedene Zustände der Frische in den betreffen- den Exemplaren; verschiedener Genauigkeitsgrad der bei- den Methoden; mehr oder weniger rationelle und sorg- fältige Art, auf welche die Methoden ausgeführt und ge- handhabt werden. Es musste demnach zur Entscheidung der Frage ein anderer Weg eingeschlagen werden, bei welchem alle unbekannten Grössen zufalliger Mitwirkung eliminirt waren. Zu diesem Zwecke wurde von einem Krystalle des schwarzen Glimmers aus der Breviger Ge- gend, welcher sich besonders dazu eignet, 23 Grm. auf 266 Verbrennung des Eisens in comprimirtem Sauerstoff gas, verschiedene Weise aufgeschlossen. Die Aufschliessungen geschahen: 1) durch Salzsäure, 2) durch verdünnte Schwe- felsäure, 3) durch Zusammenschmelzen mit Borax in einer Kohlensäureatmosphäre und Auflösen der geschmolzenen Masse in Salzsäure, 4) durch solches Zusammenschmelzen, aber Auflösen der geschmolzenen Masse in verdünnter Schwefelsäure und endHch 5) durch Salzsäure bei absicht- licher Vernachlässigung einiger Vorsichtsmassregeln, na- mentlich des vollkommenen Luftabschlusses während aller Operationen. Die auf diese verschiedenen Arten erhal- tenen und in gleichem Verdünnungszustande befindlichen Lösungen (1I/2 Unze Säure und 9 1/2 Unze Wasser) wur- den dann bei gleicher Temperatur (regulirt durch ein fliessendes Brunnenwasser), kurz überhaupt in jeder Be- ziehung auf möglichst gleiche Weise mit übermangansau- rem Kali titrirt, dessen Titer mit Salzsäure sowohl als mit Schwefelsäure von der angegebenen Verdünnung über- einstimmend gefunden war. Unter solchen Umständen ergaben die Versuche, bei denen Seh er er von seinem Assistenten unterstützt wurde, folgende Resultate: Aufschliessungsmethode. Gefundenes Eisenoxydul 1) Durch Salzsäure, erster Versuch 22,34 Proc. „ „ zweiter Versuch 22,77 „ 2) Durch Schwefelsäure 22,66 „ 3) Durch Borax u. Salzsäure, erster Versuch. . 21,62 „ „ » » « zweiter Versuch 22,46 „ 4) Durch Borax und Schwefelsäure 22,52 „ 5) Durch Salzsäure mit absichtlicher Vernach- lässigung einiger Vorsichtsmassregeln.. 15,23 „ Hieraus ergiebt sich, dass die Aufschliessungsmethode mittelst Borax von keinem specifischen Fehler behaftet ist. {Poggend. Annal. Bd. 124. — Chem. Centrhl. 1865. 19.) ' B. Yerbrennniig des Eisens in comprimirtem Sauerstoffgas. E. Frankland berichtet über folgenden Vorfall, der sich bei Benutzung eines Natterer'schen Apparates zur Compression von Sauerstoffgas ereignete. \^ Sauerstoffgas, aus reinem chlorsaurem Kali entwickelt, wurde in einem Gasometer aufgefangen und aus diesem mittelst eines biegsamen Saugerohrs in einen starken schmiedeeisernen Recipienten gepumpt. Als Sauerstoff bis zu etwa 25 Atmosphären Druck eingepumpt war, Empfindlichste Reaction auf Eisenoxydsalze. 267 erfolgte eine starke Explosion, worauf sich ein Sprühregen von glänzenden Funken zeigte. Der das Ventil enthal- tende Kopf der Pumpe war inwendig schwach angebrannt, das diesen Kopf mit dem Recipienten verbindende Stahl- rohr war sehr heiss und offenbar in einem Zustande leb- hafter Verbrennung gewesen, da es inwendig mit einer Schichte geschmolzenen Oxyds überzogen war; die in- nere Wandung des Recipienten war mit geschmolzenen Kügelchen von Eisenoxydoxvdul überzogen. Die Explosion war ohne Zweifel dadurch entstanden, dass vor dem Beginne des Einpumpens in den Pumpen- stiefel reines Oel eingegossen war, welches bei dem höch- sten Stande des Kolbens den sogenannten schädlichen Raum des Stiefels ausfüllen sollte. Dieses Oel hatte sich durch die bei der starken Compression entstehende Wärme ent- zündet und die Entzündung dem Eisen mitgetheilt. Frank- land schlägt deshalb vor, nichtbrennbare Schmiermittel anzuwenden und empfiehlt als solches eine concentrirte Lösung weicher Seife in destillirtem Wasser. {Ämial. d. Giern, u. Pharm. CXXX. 359 — 363.) G, Empfindlichste Reaction auf Eisenoxydsalze, Die kleinsten Spuren von Eisenoxydsalzen, die mit- telst Rhodankalium auf gewöhnliche Weise nicht mehr genau angezeigt werden, können nach J. Natanson aus- gezeichnet schön und deutlich nachgewiesen werden, wenn man nach Zusatz von Rhodankalium auf die, Eisenoxyd- salze enthaltende, kaum oder gar nicht gefärbte Flüssig- keit etwas Aether giesst und schwach schüttelt. Der Aether löst die ganze Menge des gebildeten Eisenrhodanids auf und färbt sich dabei sehr schön rosenroth. {Annal. der Chem. u. Pharm. CXXX. 246.) G. Stahl zu ätzen. Weintraub in Offenbach ätzt mit Borsäure Eisen und Stahl, indem er auf der glattpolirten Oberfläche die gewünschten Zeichnungen mit einer starken Lösung von Borsäure macht und das Metall erhitzt, wodurch die Einwirkung der Borsäure stattfindet. Je nach der Höhe der Temperatur kann die Aetzung stärker oder schwächer bewirkt werden. {Deutsche Illustr. Gewheztg. 1865. No. 17. — Polyt. Centrhl. 1865. Lief. 12. S. 812.) Bkh. 268 Producte heim Losen des Roheisens in Salzsäure. lieber die beim Lösen des Roheisens in Salzsäure entstehenden Producte» Dass das Eisen den Kohlenstoff in chemisch gebun- denem und in mechanisch eingemengtem Zustande ent- halte^ ist längst bekannt. Ueber die Beschaffenheit des Kohlenwasserstoffs aber, der sich beim Auflösen des Eisens in verdünnten Säuren bildet, war man bisher noch im Unklaren. H. Hahn hat zur Lösung dieser Frage fol- gende Versuche veröffentlicht: Eine Partie Gas, welche durch Lösen von Eisen in ver- dünnter Salzsäure entwickelt war, wurde zur Entfernung des HS und H^P mit Kalilauge und Kupferoxydsalzlösung gewaschen und in Brom geleitet. Die erhaltene Flüssig- keit, durch Behandlung mit NaO, HO und CaCl gereinigt^ ward der fractionirten Destillation unterworfen. Es stellte sich bei Beobachtung der Siedepuncte heraus, dass das Gasgemenge Kohlenwasserstoffe von der Zusammensetzung C"H° enthalten musste und zwar wurden Aethylen = C^H* Propvlen = C^HG But/len = C8H8 Amylen ^ QiORio und Caproylen = C12H12 als vorhanden nachgewiesen. Ausser diesen gasförmigen und flüssigen, leichtflüchtigen Kohlenwasserstoffen entsteht noch ein flüssiger Kohlen- wasserstoff, der sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit in den Vorlagen, durch welche die Gase zur Absorption des HS und H^P geleitet werden, als fettartiger üeberzug ab- scheidet. Man erhält denselben in grösserer Menge jedoch nur beim Auflösen bedeutender Quantitäten Eisen. Im rei- nen Zustande ist er farblos, leichter als Wasser, dünnflüssig, bei — 20^ etwas dicker, doch noch nicht erstarrend, wird an der Luft bald gelb, kann jedoch durch Schütteln mit Schwefelsäure sofort wieder farblos erhalten werden. Der Geruch ist, besonders bei einigen Mengen und in der Wärme, höchst intensiv und unangenehm, an ätherische Pflanzenöle erinnernd, und ist er es zum Theil, der dem Wasserstoffe den so penetranten, betäubenden Geruch er- theilt; wenigstens ist der des ebenfalls nur in gering^ Menge auftretenden HS und H^P verschwindend dagegen/^"^ - Bei der Untersuchung ergab er sich als ein Gemenge verschiedener Glieder der folgenden Reihe, dem selbst Producte heim Lösen des Roheisens in Salzsäure. 269 noch solche mit einem höheren Atomcomplex beigemischt waren. Oenanthylen =: Ci^Ri^ Caprylen = C16H16 Nonylen = C18H18(?) Paramylen r= C20H20 (?) Ceten = C32H32. Diese Kohlenwasserstoffe sind aber keinesweges die einzigen kohlenstofifhaltigen Producte, welche beim Lösen des Eisens auftreten. Das in den Vorlagen abgesetzte Oel verhält sich nämlich nicht wie die reinen Kohlen- wasserstoffe C^H". Es bräunt sich an der Luft und wird durch concentrirte Schwefelsäure wieder entfärbt; beim Destilliren bräunt sich der Retorteninhalt ebenfalls; der bei 3000 destillirende Theil ist dunkelgelb. Mit Chlor- und Bromwasser vermischt bildet es eine braune harzige Masse, löslich in Aether, wenig löslich in absolutem Al- kohol; das mit Brom erhaltene Product riecht nach Campher; Jodwasser färbt das Oel roth und scheidet braune Flocken ab; durch Natronlauge lässt sich das Oel wieder ausziehen; rauchende Salpetersäure wirkt ener- gisch darauf ein und färbt sich beim Erhitzen damit rothbraun. Der Verfasser glaubt hierin die den ätheri- schen Oelen C20HI6 zukommenden Eigenschaften zu er- kennen. Wird der getrocknete Rückstand vom. Lösen des Eisens in Säuren mit absolutem Alkohol oder Aether be- handelt, so giebt er an diese eine stark gelbfärbende Masse ab, die beim Verdampfen als braunes Extract zurückbleibt, aus ihrer alkoholischen Lösung durch Was- ser ausgefällt wird, sich in concentrirter SO 3 mit dunkel- brauner Farbe löst und in ätzenden Alkalien theilweise löslich ist. Wahrscheinlich ist dies ein durch Oxydation der ätherischen Oele entstandenes Harz; es ist die von Schaffhäutl als organische Ammoniakverbindung be- trachtete Substanz. Legt man hinter die Kalilösung und saure Kupfer- chloridlösung eine Flasche mit absolutem Alkohol, so trübt sich derselbe beim Vermischen mit Wasser, riecht nach Schwefelverbindungen und fällt Sublimatlösung weiss. Eine neutrale Kupferchloridlösung, statt des Alkohols vor- gelegt, wurde hellgrün gefärbt, eine Sublimatlösung weiss, in dem Niederschlag waren 1,51 Proc. S, 13,08 Hg, 3,22 C und 0,80 H enthalten. {Ännalen der Chem. und Pharm. CXXIX. 57 — 71.) G. 270 Die Zerstörung der Hölzer an der Atmosphäre, Heber die ZerstöruDg der Hölzer an der Atmosphäre hat Julius Wiesner Beobachtungen und Versuche angestellt und die zum Abschluss gebrachten Theile sei- ner Untersuchungen, betreffend drei wahrhaft typische Arten der Zerstörung reifer Hölzer, die er mit den Namen „Grauwerden", „Bräunung" und „stau- bige Verwesung (staubige Vermoderung)" der Hölzer belegte, veröffentlicht. /. Das Grauwerden {die Vergrauung) des Holzes. Es giebt eine grosse Menge von Hölzern, die von Laub- und Nadelbäumen herrühren, welche an trockenen Orten im Längsschnitte der Atmosphäre ausgesetzt, in Folge oftmaligen "Wechsels von oberflächlicher Befeuchtung durch die atmosphärischen Niederschläge und Austrocknung eine graue Oberfläche annehmen. Diese licht- bis dunkel- graue Schicht des Holzes besteht aus Zellen, welche durch die atmosphärischen Niederschläge ausgelaugt und ihrer In- filtrationsproducte ganz oder zum grossen Theile beraubt wurden, so zwar, dass die zurückbleibenden Membranen bloss aus chemisch- reiner oder nahebei chemisch - reiner CeUulose bestehen. Durch die Volumsänderungen, welche die Zellen beim Feuchtwerden und bei der darauf folgenden Austrocknung erleiden, wird ein grosser Theil der Intercellularsubstanz mechanisch aus dem Holze entfernt, wobei dessen Zellen ganz oder zum Theil isolirt werden. Die vollständig isolirten Zellen fallen vom Holze, welches in Folge der Blosslegung von Zellen eine haarige, manchmal wollige Oberfläche angenommen hat, ab. Die Membranen der unvollständig isolirten Zellen wittern schichtweise — vornehmlich von innen nach aussen — ab, gleichzeitig werden die Reste der Zellenwände von bestimmten Puncten aus zerklüftet. Durch diese Klüfte (Tüpfelrisse) kommen die in der Atmosphäre allenthalben vorhandenen Sporen niederer vegetabilischer Organismen (Pilze, Flechten) ins Innere der Zellen. Die auf diese Weise demolirten Zellen des Holzes trennen sich nun nach und nach von dem Holzkörper los, entweder indem sie als solche herausfallen (beinahe alle Markstrahlen- zellen, aber nur eine geringe Zahl von Holzzellen) oder indem sie zusammenbrechen. Dieses letztere geschieht gewöhnlich durch allzu starke oder ungleichmässige Ab- tragung der Zellwand, nicht selten auch unter Mitwirkung von Pilzmycelien, welche mit zunehmender Entwickelun^^^— die Zellreste zersprengen. An vielen Holzzellen vergrau- Die Zerstörung der Hölzer an der Atmosphäre. 271 ter Hölzer kann man bemerken, dass die an den Mem- branen sich anklammernden Pilze in Spiralgängen sich gleichsam in die Wand der Zelle zur Hälfte eingraben und nach ihrem Abfallen die Spuren ihrer Wege zurück- lassen. (H.Schacht, in seiner im S.Bande der Pringsheim- schen Jahrbücher erschienenen Abhandlung: über die Veränderung durch Pilze in abgestorbenen Pflanzenzellen belegt diese Spuren mit dem sehr passenden Namen „Pilzbahnen"). Bei allzu reichlicher Entwickelung von Pilzen dringen die Sporen und Mycelien derselben auch in noch unvergraute Zellen ein und rufen dann eine Zer- störungsart des sich hierbei schwärzenden Holzes her- vor, welche mit der hier beschriebenen Art der Verwe- sung nichts gemein hat. Die Holzzellen sind mithin sowohl an Laub- als Nadelhölzern diejenigen Elementar- organe, welche der Atmosphäre bei der Vergrauung am längsten Trotz bieten. Wiesner untersuchte voll- ständig isolirte Holzzellen und Markstrahlzellen, erstere von einem vergrauten Weiden-, letztere von einem ver- grauten Ahornholze [Acer campestre) herrührend, in wel- chen noch ganz unverletzte Stärkekörner vorhanden waren. II. Die staubige Vermoderung des Holzes. Der Hergang bei dieser Verwesung ist folgender: Die an der Atmosphäre liegenden Holzbalken bekommen beim Austrocknen in Folge unregelmässiger Zusammen- ziehung Längsrisse, die oft ziemlich tief in die Holz- masse eingreifen. In den auf diese Weise entstandenen, nahebei horizontal verlaufenden Spalten sammelt sich das Regen Wasser an und bleibt hier in stunden-, oft tage- langer Berührung mit dem Holzkörper, der nun entwe- der bloss unter dem Einflüsse des Wassers^ oder was wahrscheinlicher ist, unter dem des Wassers, der Kohlen- säure und des Ammoniaks jene chemische und physika- lische Umgestaltung erfährt, in Folge deren das Holz beim Druck zwischen den Fingern zu Staub zerfallt. Bis jetzt beobachtete Wies n er dieselbe bloss an Nadel- hölzern und zwar bei Weisstanne (Abies pectinata), Fichte {Ahies excelsior), Kiefer {Pinus sylvestris) und Schwarzföhre {Pinus austriaca). Das staubigvermoderte Holz hat eine graugelbe, ocher- gelbe, hellbraune bis schwarzbraune Farbe; das Pulver der schwarzbraun gewordenen Hölzer ist stets braun. 272 Die Zerst'örung der Hölzer an der Atmosphäre. Alle mikroskopischen Untersuchungen von staubig- vermoderten Hölzern ergaben, dass die histologischen Verhältnisse der Elementarorgane bei diesem Vermoderungsacte keineerheblichen Aenderun- gen erfahren hatten; die Membranen der Zellen zeig- ten keine Aenderung ihrer Structur und auch die Inter- cellularsubstanz hatte sich vollständig erhalten. Eines war in histologischer Beziehung unverkennbar, nämlich dass die Frühlingslagen des Holzes in der Regel viel schneller diesem Vermoderungsprocesse unterliegen, als die Spätlagen (Sommer- und Herbstlagen) desselben, so zwar, dass oft dünne Späne von Sommer- und Herbst- holz in einer staubigen, bloss aus zerfallendem Frühlings- holze entstandenen Masse zu liegen kommen. Wiesner überzeugte sich, dass diese Zerstörungsart des Holzes weder durch vegetabilische noch durch animalische Or- ganismen bedingt ist, ja dass nicht einmal, wie dies beim Vergrauen sehr häufig der Fall ist, solche Organismen als gewöhnliche Begleiter dieser Zerstörungsart auftraten. Die Veränderungen, die das Holz bei der stau- bigen Vermo derung erleidet, sind rein physika- lischer und chemischer Natur. Die Hygroskopi- cität eines staubig vermoderten Holzes ist grösser, als die jenes unveränderten Holzes, von dem ersteres abstammt (z. B. lufttrockenes Fichtenholz, unverändert verliert 10,503 Proc. Wasser, lufttrockenes staubigvermodertes Fich- tenholz desselben Balkens 12,124 Proc. Wasser bei llOOC.). Der Aschengehalt eines staubig vermoderten Hol- zes ist relativ grösser, als der des unveränder- ten Holzes (unverändertes Fichtenholz 0,269 Proc. Asche, in den ersten Stadien der staubigen Vernioderung begriffe- nen 0,554 Proc, vollständig vermoderten 2^568 Proc. Asche). Die Dichte staubig vermoderter Hölzer ist um ein Bedeutendes geringer als die des unverän- derten Holzes (z.B. wie 0,295 bis 0,302 : 0,457). Die chemischen Veränderungen, welche bei der staubigen Vermoderung auftreten, bestehen darin, dass die Zellmembranen sich nach und nach in Huminkörper umsetzen. Ulminsäure, Gein- säure sind darin nachweisbar, aber weder Quellsäure noch Quellsatzsäure. Die staubige Verwesung lässt sich durch Ausfüllung der an den Holzbalken entstehenden nach oben offenen Spalten mit einem schmelzenden Harze (Terpenthinhfh:z,_^ Pech) oder einem ähnlichen Körper hintanhalten. Surrogate für Ehenliolz und Elfenbein. 273 111. Die Bräunung der Hölzer. Sie findet an Nadelhölzern (Föhren, Fichten, Tannen) statt. Das Holz wird oberflächlich rothbraun bis tief braun. Diese Bräunung ist eine Zerstörungsart solcher Hölzer, welche sich in einer vorwiegend feuchten Atmosphäre befinden, oder überhaupt reichlich befeuchtet werden. Sie kommt sowohl in waldreichen Gebirgsgegenden, als auch in aussredehnten Auen der Niederungen vor. Die chemischen Umwandlungen bei der Bräunung bestehen in einer Umsetzung der Cellulose der Zellmembranen in Huminkörper, wodurch die Wände der Holzzelleu bei Betrachtung unter dem Mikroskop eine gelbe bis licht- braune Farbe erhalten. Die Umsetzung der Zellmembra- nen in Huminkörper schreitet vornehmlich von aussen nach innen vor. An Wasser geben solche Hölzer Quell- säure ab, an alkalische Flüssigkeit ülminsäure und Geinsäure; die darin unlöslichen Holzzellen geben mit concentrirter Schwefelsäure und Jod, mit Chlorzinkjod- lösung und Kupferoxydammoniak die bekannten ZellstofF- reactionen. Die histologischen Veränderungen anlangend ist zu bemerken, dass aus den oberflächlichen Zellschich- ten die Intercellularsubstanz verschwunden ist. Die primären Membranen der Zellen werden zuerst zer- stört und von hieraus schreitet die mechanische Zerstö- rung gegen die tertiäre Membran vor. Die Holzzellen fallen nicht nur der Dicke, sondern auch der Länge nach zertrümmert vom Holzkörper ab. Bräunung und Vergrauung der Hölzer sind Zerstörungsarten, welche ihrem Wesen nach einzig und allein durch die atmosphärischen Wässer und Gase be- dingt werden. Aber wie bei der Vergrauung so auch bei der Bräunung helfen die hinzukommenden Pilz- sporen von innen her nach, das durch die Atmosphä- rilien von aussen angegriff'ene Holz zu zertrümmern. ( Wien. Sitzungsher. der k. k. Akad. der Wissensch. Mathem.- naturic. Classe. Bd. XLIX. H. 1. Äbtli. IL S. 61—94.) H. Ludwig. Surrogate für Ebenliolz und Eifeubcin stellt man nach C. Chislain auf folgende Weise das. Zuvörderst wird aus Meeralgen durch dreistündiges Behandeln mit verdünnter Schwefelsäure, Eintrocknen und Zermahlen ein feines Pulver dargestellt. Von diesem Arch. d. Pharm. CLXXVII. Bds. 3. Hft. 1 8 274 Chemische Verschiedenheit der Stärkekörner. Algenpulver werden 70 Th., 15 Th. in Wasser gelöster Leim und 15 Th. Theer zusammengemischt und erhitzt. Man erhält so eine plastische Masse, die sich leicht for- men lässt, die sehr hart wird und eine gute Politur an- nimmt, was sie zum Ersatz des Ebenholzes geeignet macht. Um daraus künstliches Elfenbein darzustellen, erhitzt man es in Kalkwasser, lässt es dann längere Zeit in Berührung mit verdünnter Schwefelsäure und bleicht es endlich mit Chlor oder Chlorkalk, bis es vollständig weiss geworden ist. Man kann die Masse auch auf galvanischem Wege mit Metallen überziehen, doch ist hier erst, da sie schlecht leitet, ein Ueberzug von Graphit nöthig. {Neivt. Lorid. Journ. — Joiirn. de Chim. med.) B. lieber die chemische Yerschiedenheit der Stärkekörner» C. W. Nägeli, welcher vorzugsweise die Verschie- denheit der Kartoflfel- und Getreidestärke bespricht, kommt durch zahlreiche Versuche zu folgenden Resultaten: 1) Hinsichtlich des Gehaltes an Imbitionsflüssigkeit scheinen die Weizenkörner schon im unveränderten Zu- stande aus einer etwas weicheren Masse zu bestehen, als die Kartoffelstärkekörner, wie das ziemlich sicher aus dem verhältnissmässig geringeren Randschatten der erste- ren hervorgeht. Salzsäure zieht in gleicher Zeit mehr Substanz aus dem Weizenstärkemehl, als aus dem Kar- toffelstärkemehl. 2) Aus der eben festgestellten Thatsache, so wie aus den Beobachtungen, dass das Weizenstärkemehl nach gleicher Einwirkung der Salzsäure eine grössere Verwandt- schaft zu Jod hat als Kartoffelstärkekörner, folgt ferner, dass die Weizenstärke mehr Granulöse und weniger Cel- lulose enthält, als die Kartoffelstärke. 3) Die grössere Weichheit der Substanz und der grössere Reichthum an Granulöse erklären aber nicht alle Differenzen, welche das Weizenstärkemehl gegenüber dem Kartoffelstärkemehl auszeichnen. Namentlich bleiben die beiden Thatsachen unerklärt, einerseits die mehr vio- lette Färbung, welche die unveränderte Weizenstärke mit Jod und Wasser annimmt, und andererseits das leich- tere Aufquellen des unveränderten Kartoffelstärkemehls in Säure und Alkalien, und das langsamere Aufquellen desselben in Kupferoxydammoniak. Zur Lösung dieser Frage ist nur zweierlei mögliöhu_ Entweder haben die Granulöse und Cellulose in der Kar- Beitrag zur Geschichte des Brodes. 275 tofifel- und Weizenstärke die nämlichen Eigenscliaften; dann muss die raoleculare Anordnung der zwei Verbin- dungen in den beiden Stärkemehlarten verschieden sein; oder es weichen Granulöse und Cellulose selber durch ungleiche chemische Eigenschaft von einander ab. Die letztere Annahme bezeichnet Nägeli als unwahr- scheinlich. Es ist bis jetzt vorausgesetzt worden, dass die Granulöse und Cellulose zwei verschiedene chemische Verbindungen seien. Dies ist nun zwar nicht bewiesen und es wäre möglich, dass sie, so weit es sich um die Stärkekörner handelt, nur die extremen Glieder einer durch physikalische Einflüsse bedingten ununterbrochenen Formenreihe der nämlichen chemischen Verbindung dar- stellten. Nägeli hält sich an die erste Annahme, obschon er glaubt, dass die Vorgänge auch auf dem zweiten Wege Erklärung finden können, weil sie sich mehr an die gang- bare Vorstellung anschliesst. {Sitz. Ber. d. Akad. d. Wiss. zu München. — Chem. Centrhl. 1865. 31.) B. Ein Beitrag zur Geschichte des Brodes; von Carl Gustav Meyer. „Gieb uns heute unser tägliches Brod"! ist der Ruf aller Völker der Christenheit im Gebete des Herrn, ein Beweis, dass das Brod als das erste und anerkannt beste Nahrungsmittel von Allen und Jedem begehrt wird, ob- wohl wilde, im eigentlichen Naturzustande sich befind- liche Völker ohne Brod und ohne irgend ein Nahrungs- mittel, das aus Mehl bereitet wird und dieses vertritt, bis heute noch leben und auch unsere Vorfahren bis in jene Tage gelebt, wo die Gesittung die endlose Bahn auf- wärts betreten, die Menschen den rohen Naturzustand verlassen und das unstäte, heimatlose Leben mit festen Wohnsitzen vertauscht haben, in welchem Zeitpuncte auch der Bodenbau angefangen hat und die Erziehung geniess- bar er Früchte ein Gegenstand der menschlichen Forschun- gen zur Befriedigung der Bedürfnisse geworden ist. Da erst lernte man den Werth der Getreidearten kennen, deren Körner eine gesunde und nahrhafte Speise und zu- gleich den alle bis dahin bekannten Nahrungsmittel über- wiegenden Vortheil boten, dass diese sehr lange ohne Gefahr des Verderbens aufbewahrt werden können. Im asiatischen Centrallande, in dieser nach den älte- sten Ueberlieferungen eigentlichen Völkerwiege, dort müs- 18* 276 Beitrag zur Geschichte des Brodes. sen wir auch die Heimath des Getreides suchen^ und wie von hier aus alle Cultur ausgegangen ist, so wanderte auch von da der Bau der Brodfrüchte durch die Welt. Roh mag man anfangs die Körner genossen, dann diese zunächst zwischen Steinen zermalmt und so mit Was- ser gemischt oder gekocht sich ihrer als Nahrung bedient haben, welche suppenähnliche Speise später zum Brei eingedickt und weiter zum Teig geworden sein mag, der entweder an der Sonne gedörrt oder am Feuer geröstet, wohl auch auf heissen Steinen gebacken wurde — eine Verfahrungsart, deren sich die Aegypter noch zu Moses Zeiten bedienten. Wie hoch man schon im grauesten Alterthum die Wohlthat des Getreidebaues und der Brodbereitung achtete, geht aus den Mythen der ältesten Völker hervor, da über- all und bei allen nur Götter als die ersten Erfinder und Verbreiter des Brodes genannt werden, und der Cultus der Isis und Ceres, des Triptolemus und Evander gehörte zu der frühesten Götterverehrung. Die Ureinwohner Italiens kannten noch kein „im Ofen gebackenes Brod", sie assen eine Art Weizengrütze in Suppen- oder Breiform — Alica — ; erst zu Numa's Zei- ten zerquetschte man die Körner zwischen Steinen und röstete sie dann, welche Erfindung später auf das Zer- malmen der Getreidekörner in Mörsern und Handmühlen und auf die Bereitung eines ungesäuerten Brodes daraus führte, eine Erfindung, die ihrer Zeit ein so hochwich- tiges Ereigniss war, dass Numa ihr zu Ehren eine jähr- liche Festfeier anordnete. Das erste gesäuerte, im Ofen gebackene Brod — Killastis — aus Gerste finden wir nach den ältesten Nach- richten der Juden in Aegypten; von da aus verpflanzte sich dieser Gebrauch nach Griechenland und wurde ins- besondere von den Athenern weiter ausgebildet, bei wel- chen wir schon Weizenbrod — Apxo? — und Gerstebrod — Ma^a — in runder Form finden, welches aber gewöhn- lich nur für einen Tag gebacken und }(otvi; genannt wurde, doch kommt auch grösser gebackenes Brod unter der Benennung Apxo? xpiy^oivixo? vor, so wie ein kuchenähn- liches Gebäck, AXcpixa, und ein Brodkuchen, ApToXa^ava benannt, dein Gel, Wein, Milch und Pfefl*er beigemischt und welches Gebäck in Athen unter der Bezeichnung^ „ Alexandrinisches Brod" bekannt war. Wohl kannten die Griechen schon den Backofen, Iirvo?, bedienten sich aber zur Brodbereitung lieber der eiser- Beitrag zur Geschichte des Brodes. 277 nen Geschirre — xXiuavoi, ypi,3avoi — , daher zwei Gattun- gen Gebäcke: KXißavixtc apxoc und E-ooirr^C apTo? unter- schieden wurden. Bei den dem Bachus als Erfinder des Brodbackens zu Ehren gefeierten Dionysien wurden grosse Schaubrode in Procession herumgetragen. Von Griechenland aus kam im Jahre 170 vor unsrer Zeitrechnung die Kenntniss des Brodbackens nach Italien und zur Zeit des Kaisers Augustus zählte man in Rom schon mehr als 300 Öffentliche Backhäuser. Das hier erzeugte Brod wurde panis genannt, da man den Pan als ersten Erfinder des Brodbackens annahm. (?) Nach den mancherlei Zuthaten und der Verschieden- heit des Mehls zerfiel das Brod in mehre Gattungen: man hatte weisses Brod, panis siJlgineus, schwarzes Brod für Arme und Sklaven, panis plehejns, im Ofen gebacke- nes, panis furnacenSy oder in Pfannen, panis artopticiuSj mittelst schneller Hitze erzeugtes, pianis spensticus, locke- res und sehr leichtes, pa7iis aquaticus, und endlich eine ganz eigne Brodgattung, panis ostrearius, welche man ge- wöhnlich nach Tische zu Austern ass; auch kannte man schon den Zwieback, das Schiffsbrod, pjanis naidicits. Von den Römern lernten die Kunst des Brodbackens am ersten die Gallier, die dessen Bereitung nach Erfin- dung: des Bieres durch Zuthat der Hefe im hohen Grade verbesserten. Das von den Galliern aus der Weizenart „Far" gebackene Brod war leicht und wohlschmeckend. Erst im Beginn des Mittelalters kam bei den Germani- schen Völkern das Brod zum allgemeinen Gebrauch, wäh- rend sie bis dahin einen Brei oder die zu einer zähen teigartigen Masse gär gesottene Mischung von Mehl mit "Wasser oder Milch — Klösse — genossen. Bis zum 16. Jahrhundert kannte in Schweden das gemeine Volk kein anderes Brod als die aus Wasser und Mehl gekneteten, lediglich gedarrten Kuchen. Die ver- schiedenen europäischen Nationen geniessen auch heute noch nicht einerlei Brod: der Franzose isst vorzugsweise Weizen brod — fain blanc — in den Provinzen halbweis- ses — pain his hlanc^ weniger Roggenbrod — pain bis — .; der Engländer isst ausschliesslich Weizenbrod, während in den übrigen Ländern durchgehends nur Roggenbrod — mit Ausnahme von Südeuropa, wo Weizen- oder Mais- brod gebräuchlich ist — gegessen wird. Die Brodbereitung ist dermalen fast überall eine und dieselbe. Ein gesundes gutes Brod erfordert natürlich gutes Mehl, dessen Farbe gelblich- weiss, dessen Geruch 278 Beitrag zur Geschichte des Brodes. rein und dessen Geschmack süsslich sein muss. Je trocke- ner das Mehl, desto besser taugt es zur Brodbereitung. Ordnungsgemässe Gährung und gehöriges Ausbacken des Teiges sind weitere Erfordernisse. Nur gesundes, d. h. gut ausgereiftes und trockenes Getreide kann ein gesundes, gutes Brodmehl liefern. Un- günstige Witterungsverhältnisse während der Ernte üben nachtheiligen Einfluss auf den Mehlgehalt, da sie die Entstehung einer abnormen Körnervegetation in den Aehren und übermächtiges Aufkoramen der Gesundheit widriger Grasarten zwischen dem Getreide verursachen. Insbesondere ist in dieser Beziehung auf das sog. „Mutterkorn" — Seeale cornutum — zu achten, durch dessen Genuss Eingenommenheit des Kopfes, Schwindel, Abspannung der Nerven, Convulsionen und, wenn es häufig genossen wird, die fürchterlichsten Zufälle, ja sogar der Tod in Folge der daraus entstehenden Kriebelkrankheit — Raphania — Ergotismus — Morbus cerealis — her- beigeführt werden kann. Ist dem Getreide im erhöhten Masse „Lolch" — Taumellolch — Lolium temulentum — beigemischt, so wird das daraus bereitete Brod schwärzer und von wi- derlich bitterem Geschmack. Folgen des Genusses sind: Gedankenschwäche^ Trübung des Sehvermögens, Muskel- abspannung, Zittern der Glieder, Schlafsucht und Er- brechen. Mehl an dumpfigen Orten aufbewahrt, wird leicht milbig und geht in Gährung und Fäulniss über; das dar- aus bereitete Brod ist der Gesundheit eben so nachthei- lig, als wenn der Teig nicht ausgegohren hat, das Brod nicht gehörig ausgebacken oder der dazu verwendete Sauerteig verdorben ist. Aber auch absichtlich kann das Mehl, beziehungs- weise das Brod, vom Bäcker verdorben, d. i. verfälscht werden, wenn dieser demselben bei theuern Kornpreisen ein schweres Gewicht durch Beimischung von Kalk, Kno- chenmehl, Holzasche oder andern dergleichen schädlichen Ingredienzen geben, mitunter auch ein feuchtes Mehl durch Beimischung von mancherlei Salzen verbessern will, wobei er sich gewöhnlich des Alauns bedient. Magen- und Verdauungsbeschwerden, Leberverstopfungen, Hämor- rhoiden u. dergl. sind die gewöhnlichen Folgen des wie- derholten Genusses solchen Brodes. Manchmal, wiewohl glücklicher Weise seltener, wird das Mehl auch mit Bleiweiss versetzt, durch dessen Brod von ausgeioachsenem Roggen. 279 Beimischung das Brod weisser und schwerer wird. In England und Frankreich, wo durchaus Weizenbrod ge- nossen wird, setzt man dem feuchten Mehle in schlechten Erntejahren Wismuthoxyd oder wohl gar Kupferoxyd zu, wodurch zwar das Brod gut aufgeht und leicht aus- gebacken erscheint, dessen Genuss aber äusserst schäd- lich ist. Zuweilen werden auch bei uns, um das Aufgehen und Ausbacken des aus schlechtem Mehl erzeugten Bro- des zu erzwingen, Kohlensäure entwickelnde Stoflfe, wie eine Kaliauflösung — Pottaschelauge — oder ein Ab- guss von Taubenmist angewendet, Beimischungen, die nicht nur äusserst ekelhaft, sondern auch im hohen Grade gesundheitswidrig sind. Um aus längerer Zeit aufgeschüttetem Getreide den Kornwurm zu vertreiben, wird eine Benetzung des Hau- fens mit einem Gemisch von Wasser und Salzsäure empfohlen; wird das derart benetzte Korn vermählen und verbacken, so kann dessen Genuss in Folge der einge- saugten arsenikhaltigen Mineralsäure lebensgefähr- lich werden. In Zeiten^ wo Misswachs^ Theuerung oder andere miss- liche Verhältnisse dahin einwirken, dass das Getreide, beziehungsweise das Brod, nicht für die täglichen Bedürf- nisse ausreicht, hat man den Mangel desselben durch Surrogate zu ersetzen versucht, zu welchen man Bohnen, Erbsen, Mais, Haidekorn, Kartoffeln, ja selbst Quecken und andere Wurzeln, Baumrinde u. a. m. vorgeschlagen und versucht hat, doch ersetzen alle diese Stoffe weder Koggen noch Weizen behufs Darstellung des Brodes. {lUust. Landicirthscli. Ztg. 1865. — Bl. f. lldl. u. Geiv. 1865. 26.) B. Brod von ausgeivacliscnein Roggen. Ausgewachsenes Getreide lässt sich bekanntlich nicht verbacken. Der Teig geht nicht, er fliesst vielmehr aus- einander und das Brod stellt eine dichte, schmierige, klebrige Masse dar. Lehmann (Chemiker der Ober- lausitzer landwirthschaftlichen Versuchsstation) hat, wie er in der Section für Naturwissenschaften und Technik (auf der Versammlung der deutschen Land- und Forst- wirthe zu Braunschweig) mittheilte, nach vielfachen in dieser Beziehung mit ausgewachsenem Roggen angestell- ten Versuchen gefunden, dass, wenn man auf 2 Pfund 280 Nachweisung des Mutterkorns im Boggenmehle. Brod 1 Loth Kochsalz giebt und dieses im Einteigwasser dem Brode zusetzt, die Verflüssigung des Klebers voll- ständig vermieden und in Folge dessen ein woblaufgegan- genes, gesundes und wohlschmeckendes Brod gewonnen werde. Lehmann wies Brod vor, welches von ihm aus ausgewachsenem Getreide und nach seiner Methode ge- backen war. Es Hess nichts zu wünschen übrig, weder in Beziehung auf den Geschmack, noch in Beziehung auf sein Aussehen ; es war hoch aufgegangen, die Krume war schön, hell und locker. Das Brod unterschied sich in nichts von aus dem besten Roggenmehl dargestellten. Zu gleicher Zeit zeigte er Brod, welches aus demselben ausgewachsenen Roggen gebacken, aber nicht in der mit- getheilten Weise behandelt war. Es stellte eine ausein- andergeflossene, schlüpfrige, schwarze, seifige, gänzlich ungeniessbare Masse dar. Diese Erfindung ist von unberechenbarem Werthe. Der naturforschenden Gesellschaft Isis zu Dresden wurde Bericht erstattet über Versuche, welche von der betreffenden Militärbehörde zu Dresden mit dem Lehmann'schen Backverfahren ange- stellt wurden. Zu je 3 Pfund in der Dresdener Garni- sonsmühle aus ausgewachsenem Roggen genommenem Mehl wurden bei der Teigbereitung 2 Loth in Wasser gelös- tes Kochsalz gemischt. Es wurde in Folge dessen ein wohlausgebackenes, gesundes, wohlschmeckendes Brod ge- wonnen, während dasselbe Mehl, wenn es in der ange- gebenen Weise nicht behandelt wurde, ein schwarzes, schliffiges, ungeniessbares Brod lieferte. Auch die Ver- suche, welche mit der Aufbewahrung des nach Leh- mann's Verfahren dargestellten Brodes gemacht wurden, fielen sehr günstig aus; denn dieses Brod, welches drei Wochen hindurch in einem dumpfigen Räume gelegen hatte, war frei von Schimmel und völlig geniessbar. {Magd. Presse. 1865. 157.) B. Heber die Nachweisuiig des Mutterkorns im Roggen- mehle. Das nachstehende Verfahren von Jacoby, welches auch eine annähernde quantitative Bestimmung gestattet, gründet sich auf die bekannte P]igenschaft eines im Mut- terkorn enthaltenen Farbstoffes, sich in verdünnter Schwe- felsäure mit rosenrother Farbe aufzulösen. Um aber die Bildung eines Teiges zu verhüten, ist es von Nutzen, als Verdünnungsmittel statt Wasser, Weingeist anzuwen- Nachweisung des Mutterkorns im Roggenmehle, 281 den. Reines, gepulvertes Mutterkorn, mit der zehnfachen Menge Weingeist übergössen, färbt denselben fast gar nicht; fügt man aber auf 10 Th. Weingeist 1 Th. ver- dünnte Schwefelsäure hinzu, so färbt sich die Flüssigkeit schon in der Kälte intensiv roth, dass sie selbst noch bei starker Verdünnung deutlich rosenroth erscheint. Reines, gepulvertes Roggenmehl färbt den schwefel- säurehaltigen Weingeist entweder gar nicht oder nur schwach gelblich. Hat man nun eine Mehlsorte auf Mutterkorn zu prü- fen, so verfährt man folgendermassen: Man stellt sich aus ausgelesenen Roggenkörnern ein reines Mehl her, bereitet mit diesem Mischungen^ die 1/4, 1/2, 1, IV2? 2 Procent Mutterkorn enthalten und beginnt die Unter- suchung damit, dass man reines Mehl, die bereiteten Mischungen und das zu prüfende Mehl, von jeder Sorte eine gleiche Quantität, z. B. 10 Gr., zwei Mal mit 30 Gr. starkem Weingeist kochend auszieht, heiss colirt, die so von Fett, Harz etc. befreiten Mehlproben in gleich weite Probecylinder bringt, in jeden Cylinder etwa 10 Gr. rei- nen Weingeist giesst, tüchtig durchschüttelt und absetzen lässt, um sich zu überzeugen, ob der überstehende Wein- geist vollkommen farblos ist, d. h. ob die Mehlproben ordentlich ausgekocht sind. Ist dies der Fall, so lässt man in jedes Glas 10 — 20 Tropfen verdünnte Schwefel- säure fallen, schüttelt tüchtig durch und lässt absetzen. Man wird nun bemerken, dass die Flüssigkeit über dem reinen Mehle fast farblos oder gelblich, durchaus nicht röthlich erscheint, während sie in den absichtlich ver- unreinigten Proben eine deutliche rosenrothe Färbung besitzt, deren Intensität mit der Menge des beigemeng- ten Mutterkorns zunimmt. Wenn man nun die Farbe der Flüssigkeit, welche über dem zu prüfenden Mehle steht, mit den Färbungen der Flüssigkeiten, welche über den Mehlproben von bekanntem Mutterkorngehalt stehen, vergleicht, so kann man leicht eine Beimengung von Mutterkorn und ungefähr die Menge derselben bestim- men. Da alle Proben gleich behandelt wurden und man nur die Färbungen ganz klarer Flüssigkeiten zu beurthei- len hat, so ist dies eine leichte und sichere Arbeit, wo zwei Beobachter stets übereinstimmen. Angestellte Versuche, den Farbstoff durch andere Lösungsmittel direct-aus dem Mehle auszuziehen, haben alle ein negatives Resultat gehabt. {Pharm. Zeitschr. für jRussland. No. 3.) ß. 282 Pectinkörper in den Geivehen der Runkelrübe. Heber Aga aga^ eiue neue Gelatine« Diese Gelatine kommt schon als Handelsartikel in Bremen vor und H. Davidis theilt Folgendes dar- über mit: Äga aga wird aus einer japanesischen Moosart be- reitet und ist als ganz poröse, federleichte, 1 Fuss lange, stark 1 Zoll breite und dicke Stangen von weisslich - gel- ber Färbung zu dem Preise von 5 Sgr. zu haben. Auf ein Stürzen der Gelee gerechnet, gehört zu einer der- artigen Stange ^j^ Mass Flüssiges. Mit einer Scheere klein geschnitten, wird sie in einer Tasse mit Wein reichlich bedeckt; mit Wasser ist das Aga aga unauf- lösbar und zur rascheren vollständigen Auflösung auf eine heisse Platte gestellt, wo während 1/4 — 1/2 Stunde der Zweck erreicht ist. Die Gelee ist ganz rein schmeckend, sehr zart und ziemlich klar. Zu einer Weingelee nehme man eine Stange Aga aga, wie oben bemerkt ist, aufgelöst und eine Flasche oder 3^4 Mass guten Weisswein^ 22 Loth feinen Zucker, Saft von zwei saftreichen Citronen, auch von einer Ci- trone, die feine gelbe Schale, welche man zuvor eine Weile in Wein hat ausziehen lassen. Dies Alles wird in einem weiss glasirten oder Bunzlauer Töpfchen, fest zugedeckt, rasch zum Kochen gebracht, durch ein Mull- tuch in eine mit Mandelöl bestrichene Form gegossen und erkalten gelassen. Wünscht man der Gelee eine schön rothe Farbe zu geben, so darf man sie nur mit etwas Cochenille färben. {Daheim. 1865. 21.) B. Heber das Auftreten von Pectinkörpern in den Geweben der Runkelrübe hat Julius Wiesner mikroskopische und chemische Untersuchungen angestellt; seine Beobachtungen schlies- sen sich vorerst an die Resultate von K ab seh und Vogl an, indem er wie diese gefunden, dass die Inter- cellular Substanz der Sitz der Pectinstoffe sei und ebenso wie Vogl nachgewiesen hat, dass die Pectinkör- per vornehmlich ümsetzungsproducte der Mutter- zellhäute sind. Es ergiebt sich aus seinen Unter- suchungen ferner das allgemeine Resultat, dass auch Cain- bial-, Gefäss- und Holzzellen, ebenso Perider- mialzellen als Träger von Pectinstoffen auftreten kön- Pectinkörper in den Gewehen der Runkelrühe. 283 neH; in welchen Zellkategorien man bis jetzt Glieder der Pectinreihe noch nicht beobachtet hatte. In Bezug auf die Runkelrübe lassen sich die Wies- ner'schen Beobachtungen in folgende Sätze zusammen- fassen : 1. Sämmtliche Zellmembranen der Runkelrübe befin- den sich, wenigstens anfänglich, in einer Pectinmeta- morphose. 2. Die Membranen der der Mittel- und Innenrinde angehörigen Zellen bleiben auf der Stufe der Pectin- metaniorphose stehen. 3. Die Membranen der Holz- und Gefässzellen, die anfänglich in einer Pectinmetamorphose begriffen sind, verholzen später. 4. Die Membranen der Peridermzellen gehen eine combinirte Metamorphose, eine Pectinkorkmetamor- phose ein. Der Umstand, dass von allen Bestandtheilen der Zelle im kochenden Wasser bloss die Intercellularsub- stanz aufquillt und zu Gallerte wird, und dass diese durch verdünnte Mineralsäure, ebenso durch organische Säuren in Lösung übergeht, macht es gewiss, dass in den Regionen des Parenchyms nur die Intercellular- substanz der Sitz der Pectose sein kann. Das vorzüglichste Verfahren der Saftgewinnung aus den Rüben für die Zuckerfabrikation ist entschieden die von Herrn Julius Robert vor Kurzem erfundene, in jüngster Zeit privilegirte osmotische Macer ation, durch welche in der Zuckerfabrik zu. Gr. Seelowitz be- reits ausgezeichnete Resultate erzielt worden sind. Diese Methode besteht darin, dass dünne, blättchenförmige Rü- benschnitte mit reinem Wasser erschöpft werden, welches im Contacte mit den Schnittlingen eine Temperatur von 400 R. annimmt. Wiesner erhielt von Herrn Julius Robert und dessen Compagnon, Herrn Baron Ecker, mehrere Partien der bei der osmotischen Maceration im Rückstande verbleibenden Rübenschnittlinge. Dieselben bestehen fast durchweg aus unverletzten Zellen, die noch im innigsten Verbände stehen; bloss die diese Schnitt- linge begrenzende Schicht enthält zerrissene Zellen. In den Zellen der rückständigen Rübenschnittlinge kann man durch mikrochemische Reagentien den Zucker nicht mehr nachweisen. Die EiweisskÖrper liegen in diesen Zellen noch au jenen Orten, wo sie sich in der rohen Rübe befinden, die Intercellularsubstanz ist noch ganz aufge- 284 Mannaregen hei Karput in Kleinasien, quollen, überhaupt unverändert geblieben, ja selbst der durch Kalilauge eine gelbe Farbe annehmende Gerbstoff ist noch in den Zellen vorhanden ; erst beim Kochen der- selben mit Wasser quillt die Intercellularsubstanz auf und gleichzeitig kann man beobachten, dass die bis da- hin unverletzt gebliebene Hautschicht des Plasmas sich zusammenzieht und die Reste der Eiweisskörper in sich einschliesst. Die Vortheile der osmotischen Maceration bestehen mithin darin, dass die Herausführung der Zuckeriösung bei einer Temperatur erfolgt, bei welcher die Intercellu- larsubstanz noch nicht quillt, welcher Umstand eine dop- pelte Bedeutung gewinnt : der Austritt der Zuckerlösung wird nicht erschwert und die Bildung löslicher, die Rüben- säfte verunreinigender Pectinkörper wird unmöglich ge- macht, {Sitzungsber. der k. Akad. d. Wiss. zu Wien. Math.- naturio. Classe. L. Bd. 3. u. 4. Heft. 11. Ahth. S. 442-^453.) H. Ludicig. Ein Mannaregen bei Karput in Kleinasien im März 1864. lieber denselben berichtet W. Haidinger, welcher vom k. k. Internuntius in Constantinopel, Freiherrn von Prokesch -Osten, eine Partie von etwa 1 Pfund Wie- ner Gewicht dieser Manna zugeschickt erhielt, die in der Gegend nordwestlich von Diarbekir in Kleinasien im März 1864 gefallen war. Die Türken nennen diese Manna Kudret hogdhasi^ das W^undergetreide, und erzählen mehre solcher Fälle. Die Leute mahlen es wie anderes Getreide und finden es nährend und wohlschmeckend. Aus einem Berichte des Statthalters von Karput an den Gross-Vezir vom 12. Zilhidsche 1280 (17. Mai 1864) verdient über die näheren Umstände dieses Vorfalles das Folgende notirt zu werden: Dieses Getreide ist vor an- derthalb Monaten während eines Regengusses bei dem Orte Schehid Duzi, Östlich von Harput (Charput, Karput) zur Erde gefallen und einige Leute haben von 3 bis 5 Oka davon eingesammelt. Später ist derlei Frucht auch in der Nähe von Malatia niedergegangen. Die Menge dieses Getreides ist wohl an sich unbedeutend, aber man hat von Alters her die Beobachtung gemacht, dass in Jahren der Dürre, wie wir deren hier hatten, auf einen Fruchtsegen in dem kommenden Jahre schliessen Mannaregen hei Kavput in Kleinasien. 285 lasse, wenn ein derartiger Frucbtregen niedergeht. Die Einwohner sind daher in dankbarer Stimmung, die Ge- treidewucherer andererseits, durch frühere Erfahrungen gCAvitzigt, kommen mit ihren Getreidevorräthen hervor und so hat dieser Vorfall die Getreidepreise bedeutend sinken gemacht (den Kilo Weizen von 120 Piaster auf 80 herunter). Wir haben auch, Gott sei Dank, bereits wiederholten ausgiebigen Regen gehabt und an den mei- sten Saaten lassen sich die Wirkungen des Getreide- segens beobachten. Geruhen Eure Hoheit etc." In dem 15. Bande II. Abtheilung der Verhandlungen (Nova Acta) der k. Leop. Carol. Akademie der Natur- forscher, Breslau und Bonn 1831, S. 351, findet sich über die Flechte, welche die Körner der Himmelsmanna bil- det, eine Abhandlung Eduardi Eversmanni, D. Pro- fessoris Casaniensis, A. C. N. C. S., in Lichenem esculentum Pallasii et sjjecies consimiles adversaria. Cum tabula la- 2)idi incisa et vivis coloribus jpicta {Äcad. trad. die VIII. Mart. A. 1826); mit einem Nachtrage von Dr. Fr. L. Nees von Esenbeck. Haidinger selbst theilte ein ähnliches Ereigniss (einen Mannaregen) nach dem Be- richte von Siegfried Reissak in den „Berichten über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien" mit. Auch die vom Freiherrn von Prokesch -Osten übersandte Manna von Karput besteht aus rundlichen, mehr oder weniger Maulbeeren-, Erdbeeren- oder Him- beerentheilen ähnlichen Körnern einer Flechte, der Par- melia (Lecanora) esculenta Pallas, von blassgelblich-grauer Oberfläche, die grössten bis ^j^ Zoll lang, ^/2 Zoll breit und dick (18 Millim. gegen 13 Millim.), doch die Mehr- zahl kleiner. Sie schneiden sich mit einem scharfen Messer ganz leicht durch und erscheinen im Innern meh- lig und vollkommen weiss, höchstens mit einem gelb- lichen Stiche. Die Körner stimmen im Allgemeinen gut mit der von Eversmann gegebenen Beschreibung, doch will Haidinger das ihm zur Verfügung stehende Mate- rial möglichst in der Art vertheilen, dass es weiterer wissenschaftlichen Forschungen dargebracht wird. Eversmann gab sich vergeblich Mühe, Stücke zu finden, welche an andere Körper angewachsen gewesen wären. Die Manna von Karput zeigte in dieser Bezie- hung einige Abweichung. Zwar konnte Haidinger viele Körner derselben zerschneiden^ ohne einen festen Kern als Unterlage anzutreffen. Aber bei einer vorläufigen Schau 286 Mannaregen hei Karput in Kleinasien. über zwei Drittel der erhaltenen Menge (ein Drittel hatte er bereits weggeschickt), traf er einige und zwanzig Stücke, nämlich der grösseren, die sich durch eine mehr eckige, kantige Form von den mehr rundlichen auszeich- neten, welche einen wahren Stein im Innern hatten, einen solchen auch wohl nur unvollständig überkleideten, an einer Seite wohl gänzlich freiliessen. Einer derselben^ welchen Haidinger entzwei schlug, bestand aus ganz frischem Granit, 1/4 Zoll (6 Millimeter) in jeder Rich- tung; die Rinde aus etwa 1 Millim. gri)ssen und nur halb so dicken an einander schliessenden Körnchen bedeckt, die Quarz- und Orthoklas -Individuen sind ganz ansehn- lich, 3 — 4 Millim. dick. Der Granit ist aber kein Ge- schiebe, sondern ein eckiges Bruchstück, nach allen Rich- tungen mit scharfen, nicht abgerundeten Kanten. Ein anderes Stück dieser Art hatte zur Masse feinkörnigen Kalkstein, heftig in Säuren brausend, ein anderes wie- der feinkörnigen Quarz -Sandstein, andere mögen noch den verschiedensten Gebirgsarten angehören. So viel ist augenscheinlich, diese Mannaflechte stimmt mit andern Flechten, wie sie Steine überkleiden, ebenfalls überein.- Dagegen ist diese Thatsache auf einer andern Seite wie- der auffallender. Bei der leichten Flechte ist man gern bereit zuzugeben, dass sie durch einen Sturm, vielleicht erst durch einen cyclonenartigen Wirbel erhoben und sodann weit weggeführt werde; nebst den ganz leichten Stücken muss aber nun bei dem Falle von Karput auch das schwerere vom Sturme mit fortgerissen worden sein. Mehre der übersendeten Steinchen wogen im Durch- schnitte über 1/2 Grm. (I/30 Loth). Es ist dann natürlich, zu fragen, woher diese Massen der Flechte gekommen sind. Pallas, Eversmann fanden sie reichlich in den kirghisischen Steppen, namentlich den Montihus mugosa- ricis (Muchadschar der Karten) bis zum Embafluss. Von dort bis Diarbekir ist eine Entfernung von etwa 280 geograph. Meilen. In dieser Voraussetzung müsste der Strich des Sturmes von N. O. gegen S.W. gerichtet ge- wesen sein. Fiel die Manna bei Karput mit Ostwind, so wäre eine mögliche ursprüngliche Fundstätte die grosse turkomanische Wüste im Süden des Khanats Khiwa, öst- lich vom südlichen Theile des Caspisees, und dann be- trüge die Entfernung etwa gegen 240 geogr. Meilen. Ein „zerstörender Orkan" {devastating hurricane) ist nach Rouse's anemometrischer Tabelle auf 100 engl. Meilen die Stunde geschätzt, also in runder Summe etwa 20 Mannaregen hei Karput in Kleinasien. 287 deutsche. Er müsste, nachdem er einmal die Manna- flechten erfasst, doch etwa 12 bis 14 Stunden in gleicher Strömung fortgedauert haben, was allerdings wohl inner- . halb der Grenzen liegt, welche man für eine solche doch immer ungewöhnliche Erscheinung voraussetzen könnte. Die Angabe des Ortes der Fälle von 1324, 1828, 1841, 1846 und 1864 liegen nahe in einer westöstlichen Linie Wan, Karput, Malati a, Jenischehir. Persien wird nach Parrot von Reissek nur im Allgemeinen angeführt; Aderbidschan, Tabiis läge allerdings auf derselben Linie. Merkwürdig ist das von Kees von Esenbeck an- geführte Ergebniss der chemischen Analyse der von Par- rot mitgetheilten persischen Parmelia esculenta durch Friederaann Göbel [Schiveiqgers Joiirn. für Chemie ii. Phys. 1830. Bd. 3. K 4. S. 393). Nicht Stärkemehl ist der weisse Körper, wie man auf den ersten Blick ver- rauthen möchte, wenn man von Vermählen und Brod- backen hört, sondern je 65,91 Proc. oxalsaurer Kalk und das Nährende würde vornehmlich auf den 23 Proc. Gal- lerte beruhen. Die übrigen Bestandtheile waren nach Fr. Göbel: 1,73 Proc. in Aether lösliches, grünlich -gelbes, Chloro- phyll enthaltendes Weichharz, von kratzendem Geschmack, 1,75 Proc. in Alkohol lösliches, geruch- und geschmack- loses Weichharz, 1 Proc. einer in Alkohol und Wasser löslichen, bitterlich schmeckenden Substanz, 2,5 Proc. Inulin, 3,25 Proc. Flechtensäure (und 0,84 Proc. Verlust). Höchst anziehend, gerade wegen dieses überraschend hohen Gehalts an oxalsaurem Kalk, kam Haidinger als ein im Augenblicke doppelt dankenswerthes Geschenk durch Prof. L. Radlkofer in München für Herrn Dr. Georg Holzner die Inaugural- Abhandlung des Letzte- ren zu, in welcher derselbe in umfassender Weise die Krystalle in den Pflanzenzellen darlegt und den Nach- weis liefert, dass sie sämmtlich oxalsaurer Kalk sind, aber theils dem quadratischen (pyramidalen), theils dem klinorhombischen (augitischen) Systeme angehören. Sie werden namentlich in den Rindengebilden verfolgt. Herr Dr. Holzner erwähnt keiner Untersuchungen an Flech- ten; Hai dinge r wird ihm eine Probe der Parmelia des neuen Falles von Karput mittheilen. Dr. Th. Kotschy theilt mit, dass er durch den Ge- neral Jussuf vor zwei Jahren eine Flechte, ähnlich der asiatischen, erhielt, welche Chlorangium Jussuffii oder Parmelia esculenta ß Jussuffii genannt wird. 288 Verhindungen des Mannits mit alkalischen Erden, In Peter von Tchihatcheffs Asie mineure 3. Bo- tanique IL S. 662 finden sich folgende Angaben für Par- melia esculenta Endl.-^ von Fundstätten: ,^Agro Byzan- tino"'^ nach Rigler's: „die Türkei und ihre Bewohner", Lycaonia planitiebus excelsis aridisque nach Tchihat- s che ff 's eigenen Beobachtungen und „Sahara Algeriens" nach E. Cosson in dem Bull, de la Soc. bot. IV. 473. Eine Angabe über die Häufigkeit des Vorkommens ist nicht beigefügt, doch würde allerdings aus den dürren Hochebenen Karamaniens die Entfernung bis Malatia und Karput 60 — 80 Meilen, und zwar mit WSW- Winden, eine wenigstens nähere Quelle zu der Erscheinung be- zeichnen, als der Bezug aus dem viel entfernteren Osten oder Nordost. lieber die algierische Manna theilte Hofrath L. Reichenbach von Dresden in einem Schreiben an H. A.Senoner einige Notizen mit. Er hatte Proben der- selben von dem damals in Algier stationirten General- Stabsarzt der französischen Armee in Afrika Dr. Guyon erhalten, welcher über die Orte des Vorkommens schon 1852 Nachricht gab. Die Beni M'zab hatten die Flechte mit Sand bereits 1835 nach Algier gebracht. Zehn Jahre später wurde sie durch eine unter dem Befehle des Her- zogs von Aumale nach dem El Berda und dem Teli in der öden Gegend zwischen dem Djehel Dira und Djebel Amour marschirenden Armee- Colonne in grosser Menge angetroffen. In der Wildniss sind die Pferde, Kameele, Gazellen und andere Thiere lüstern nach dieser Flechte, auch der Mensch lässt sie sich gefallen; doch fielen die Versuche, wirkliches Brod daraus zu erzeugen, sogar mit Zusatz von Mehl, nicht hinlänglich günstig aus, um die grossen Hoffnungen zu erfüllen, welche man erst auf sie gesetzt hatte. ( Wien. Sitzungsher. der k. k. Akad. der Wiss. Math.-naturw.Cl. ÖO. Bd. 2. Heft. II.Abth. S. 170 — 177.) H. Ludwig. Terbinduttgen des Slaiiiiits mit den alkalischen Erden. G, Hirzel hat die von Ubaldini bereits analysir- ten Verbindungen des Mannits mit den alkalischen Erden nochmals dargestellt und hat für dieselben andere For- meln berechnet. Nach seiner Untersuchmig sind diese Verbindungen folgendermassen zusammengesetzt: Resorcin. 289 Mannitbaryt = BaO, C12H14012 Mannitkalk --=: 3 CaO, 2 CA2H14012 Mannitstrontian = SrO, 2 C12H14012. {Annal. der Chem. u. Pharm. CXXXI. 50 — 54.) G. lieber das Resorcin. H. Hlasiwetz und L. Barth erhielten durch Ein- wirkung des schmelzenden Kalihydrats auf Galbanumharz eine krystallinische Substanz, die fast alle Eigenschaften des Orcins zeigt und ihrer Zusammensetzung nach als das nächste Homolosre desselben betrachtet werden muss. Da diese Substanz auch aus dem Harze des Gummi re- sina Ammoniacum erhalten werden kann, so nennen sie die Entdecker „Resorcin". Neben demselben bildet sich auch Oxalsäure und Buttersäure. Zur Darstellung des Resorcins wird Galbanumharz, von dem man durch Weingeist die gummösen Gemeng- theile abgetrennt hat, mit 2 1/2 bis 3 Th. Kalihydrat so lange geschmolzen, bis die Masse homogen ist. Die Zer- setzung verläuft unter Entwickelung aromatischer Dämpfe und starkem Schäumen, Man bringt sofort nach dem Schmelzen Wasser hinzu, versetzt mit verdünnter Schwe- felsäure bis zur sauren Reaction, filtrirt nach dem Erkal- ten, schüttelt die Flüssigkeit 2 bis 3 Mal mit Aether aus, destillirt die ätherische Lösung, dampft den Rückstand noch etwas im Wasserbade ein, bringt ihn alsdann in eine Retorte und destillirt über freiem Feuer. Anfangs geht eine kleine Menge einer wässerigen, nach flüchtigen Fettsäuren riechenden Flüssigkeit über, weiterhin wird das Destillat öliger und dickliger. Man fängt es in Scha- len auf und wechselt oft die Vorlage. Das ölige Pro- duct erstarrt dann sehr schnell zu schönen strahligen Krystallen, die nur von wenig Mutterlauge durchzogen sind. Die anhängenden flüchtigen Fettsäuren lassen si^ entfernen, wenn man das durch Destillation erhaltene Rohproduct in wenig warmem Wasser löst, mit Baryt- wasser bis zur alkalischen Reaction versetzt und die Flüssigkeit wieder mit Aether ausschüttelt. Nach dem Entfernen des Aethers hinterbleibt ein syrupdicker Rück- stand, der sehr bald krystallisirt und durch wiederholtes Umdestilliren leicht gereinigt werden kann. Man kann die Barytbehandlung umgehen, wenn man öfters um- destillirt und nur jene Partien auffängt, die zwischen Arch.d.Pharm. CLXXVII.Bds.S.Hft. . 19 290 Eesorcin, 2690 und 279^ übergehen. 2710 ist nämlicb der Siede- punct des reinen Resorcins. Vom Lothe Galbanumharz erbält man etwa 1 Grm. farbloser Substanz. Sie krystallisirt wasserfrei und besitzt die Formel: C^^H^O*, während diejenige des Orcins = C14H804, der Siedepunct des letzteren = 29000., also 190 C. höher als der des Resorcins. Das Resorcin krystallisirt erst bei grosser Concentra- tion seiner Lösungen in Formen des rhombischen Systems, in Tafeln oder kurzen dicken Säulen. Reagirt neutral^ schmeckt intensiv unangenehm und etwas kratzend süss. Sehr lös- lich in Wasser, Alkohol und Aether, löslich in C2S^ und Chloroform. Die wässerige Lösung giebt mit Fe^CP eine dunkelviolette, ins Schwärzliche gehende Färbung, die auf Zusatz von H^N unter Abscheidung von Fe2 03 ver- schwindet. Chlorkalklösung giebt eine violette, wenig beständige Färbung. Ammoniak färbt die Lösung an der Luft rosenroth, später dunkler, zuletzt bräunlich. Ueberlässt man die ammoniakalische Resorcinlösung in gelinder Wärme der Verdunstung, so trocknet sie zu einer dunkelblauen Masse ein, die sich mit blauer Farbe wieder in Wasser löst und auf Säurezusatz roth wird. Salpetersaures Silberoxyd wird beim Kochen und auf H^N Zusatz reducirt. Aus einer alkalischen Kupferoxyd- lösung scheidet es beim Erhitzen Cu2 aus. Das reine Resorcin ist völlig farblos, färbt sich aber beim Auf- bewahren oder beim Liegen an der Luft schwach röth- lich. Es schmilzt bei 990 C., fangt bald darauf an zu verdampfen und verbrennt mit leuchtender Flamme. Beim Destilliren hinterlässt es keinen Rückstand. Mit Brom giebt das Resorcin ein krystallinisches Substitutionsproduct = Ci2H3Br3 04. Zw eng er und Sommer haben als Zersetzungs- product mehrer Harze (auch des Galbanums) einen dem Chinon isomeren Körper, das Umbelliferon = CA2H40'* erhalten, mit welchem das Resorcin vielleicht im näch- sten Zusammenhange steht. Auch zum Phloroglycin = C12H6 06 Hesse sich eine Beziehung vermuthen, wofür der süsse Geschmack, ähnliche Reactionen und die Fä- higkeit auch dieses Körpers, 3 Aeq. Brom aufzunehmen, sprechen. ( Wien. Sitzungsber. der k, Akad. der Wissensch. Math.-naturw.CL 49. Bd. 2. Hfl. IL Ähth. S. 203—207.) H. Ludmg. Verbindungen und Umwandlungen des Phloroglycins. 291 Yerbindungen und Umwandlnngsproducte des Pliloroglycins. H. Hlasiwetz zeigte, dass bei Einwirkung von Jodwasserstoflfsäure von 1,5 spec. Gew. im verschlossenen Räume bei 140^ C. auf Phloroglycin dieses letztere Was- ser verliert und in einen Körper = C24HioOio übergeht, der sich zum Phloroglycin 0^2 H^O^ verhält wie der Aether zum Alkohol. Dieses Phloroglycinproduct krystallisirt mit Wasser (welches bei 1200C, entweicht) als C24Hi0Oi0 -f 4 HO und seine Bildung erhellt aus der Gleichung 2 (C12H606) = 2HO4-C12H10O10. Es bildet mikroskopische, in viel kochendem Alkohol lösliche, in Aether unlösliche, fast geschmacklose Schüppchen von neutraler Reaction. Selbst in siedendem Wasser schwer löslich. Auch bei Einwir- kung von HCl auf Phloroglycin entsteht dieser Körper. Bei Behandlung des Phloroglycins mit HJ und Phos- phor verkohlt ein Theil desselben und der Rest hatte ebenfalls dieses wasserärmere Product gebildet. Phloroglycin = C12H5 05, HO; neuer Körper dar- aus = (C12H505,C12H505). Vermischt man eine nicht zu verdünnte Lösung von Phloroglycin mit einer solchen von schwefelsaurem Chinin, die man mit SO^ sauer gemacht hat, so bilden sich in der Flüssigkeit schnell schöne, 2 — 3 Millim. lange, concen- trisch gruppirte Nadeln, die mit kaltem Wasser gewaschen und aus siedendem leicht umkrystallisirt werden können. (Die angewandten Mengen waren 5 Grm. schwefelsaures Chinin mit wenig verdünnter SO^ in 20 C.C. Wasser gelöst und 2 Grm. Phloroglycin in 10 C.C. Wasser gelöst.) Diese leichte Verbindbarkeit des Phloroglycins mit Chininsulfat ist charakteristisch; es theilt diese Eigen- schaft mit dem Orcin und dem Resorcin. Für das kry- stallisirte schwefelsaure Chinin -Phloroglycin ist die For- mel gefunden worden = C40H24N2O4,S2O6-)-Ci2H6O6, 6H0; die 6 Aeq. HO gehen bei 1200 C. hinweg. {Sitzungsher, der k. k. Akad. der Wiss. zu Wien. Math.-naturw. Cl. 52. Bd. l.Hep. ILAlth. S. 84—86.) H. Ludwig. 292 Metamorphosen der Oxalsäure. Schwefelsaures Chinin -Orcin, welches unter gleichen Verhältnissen wie die eben beschriebene Phloroglycinverbindung entsteht und eben- falls krystallisirt werden kann, besitzt nach Malin die Formel C40H24N2O4, S206 + C14H804 -|- 4 HO. Die 4 Aeq. HO entweichen bei 120^ C. ( Wien. Sitzungsher, d. k. k. Akad. d. Wissensch. Math.- naturw. Cl. 52. Bd. 1. H. IL Ahth. S. 85—86.) H. Ludwig. Ueber einige Metamorphosen der Oxalsäure; von C hur eh. Nascirender Wasserstoff kann die Oxalsäure C4H208 in Gljoxylsäure C^H^O^ verwandeln: C4H2 08 + H2 = C4H4 08. Man lässt Zink und Schwefelsäure auf oxalsaures Zinkoxyd einwirken, indem in einen Kolben eine ziem- liche Menge des Salzes mit Zinkstücken gebracht, Was- ser darüber gegossen, verdünnte Schwefelsäure tropfen- weise dazu gegeben, Kalkmilch in geringem Ueberschuss hinzugefügt, mit vielem Wasser verdünnt und etwas erwärmt wird. Nach dem Filtriren schafft man den über- schüssigen Kalk durch Kohlensäure fort, erhitzt von Neuem und filtrirt. Beim Erkalten fällt in feinen Nadeln gly- oxylsaurer Kalk nieder, der in etwa 160 Th. kalten Wassers löslich ist und die Formel CaO, C4H05 -|- 2H0 hat. Die in diesem Kalksalze enthaltene Säure ist mit der Gly- oxylsäure von Debus identisch. Eine grössere Ausbeute erhält man, wenn nicht in angegebener Weise der Kalk angewendet, sondern aus der concentrirten und ange- säuerten Lösung der Zinksalze durch Aether die Gly- oxylsäure direct ausgezogen wird. Die syrupartige äthe- rische Lösung wird mit kohlensaurem Kalk behandelt und die so erhaltenen Kalksalze werden nach der Me- thode von Debus zersetzt. Fügt man zu der Lösung eines glyoxylsauren Salzes Kalkwasser, so fällt ein weisses Pulver nieder, welches sich beim Kochen in oxalsaures und glycolsaures Salz zerlegt: 2 (C4H2 06 4- 2 HO) = C4H2 08 + C4H406. (Glykolsäure.) Schulze wandelte die Oxalsäure in Glykolsäure um und beschreibt unter dem Namen Oxonsäure eines der Producte von der Einwirkung des Zinks und der Schwe- felsäure auf Oxalsäure. Wahrscheinlich hat sich bei dem Metamorphosen der Oxalsäure. 293 Kochen der Zinksalze mit überschüssiger Kalkmilch zu- erst Glyoxylsäure gebildet, die dann sich zersetzte. Die- sen Versuch stellt man an, indem man in einer Retorte eine ziemliche Menge Zink und verdünnte Schwefelsäure bringt, erhitzt und Oxalsäure in kleinen Mengen hinzu- fügt. Es erfolgt eine lebhafte Wasserstoffentwickelung mehre Stunden lang, während zur Neutralisirung der Säure fortwährend mit einem Ueberschusse von Zink gekocht wird. Den gemengten Salzen wird Kalk im Ueberschusse zugefügt, mit Kohlensäure gesättigt, gekocht und filtrirt. Die concentrirte Flüssigkeit giebt eine reich- liche Krystallisation von glykolsaurem Kalk CaO, C^H^O^ -f- HO. Die Mutterlauge enthält jedoch noch ein ande- res Kalksalz, welches sich durch seine leichte Löslichkeit im Wasser von dem Oxalsäuren, glyoxylsauren und gly- kolsauren Kalk unterscheidet. Wenn man der syrup- artigen warmen Lösung Schwefelsäure im genau äqui- valenten Verhältnisse zufügt, so erhält man nach Fort- schaffung des schwefelsauren Kalkes eine Menge stern- förmiger Krystalle, welche eine neue Säure enthalten, in Wasser löslich sind und unter 100^ C. schmelzen. Die Säure hat die Formel C^H^O*, ihr in kaltem Wasser leicht lösliches, verwirrt krystallisirtes Kalksalz ist = CaO, C^H^O^ -[- aq. Diese Säure wäre der Essigsäure isomer und die Reihe der Metamorphosen der Oxal- säure ist demnach: Oxalsäure C^HSO^ giebt mit Verlust von 02 Glyoxylsäure C^H^O^; diese giebt mit Aufnahme von H2 Glykolsäure C^H^O^ und diese giebt mit Verlust von 02 die neue Säure C^H^O"* (isomer der Essigsäure). Bernsteinsäure, einer lange dauernden Einwir- kung von H in stat. nascendi ausgesetzt, giebt eine Säure mit allen Eigenschaften der Butylmilch säure von Wurtz. Die Operation wird in einer Retorte ausgeführt, das Gemenge der Zinksalze abgedampft, mit Schwefel- säure behandelt, mitAether geschüttelt. Die ätherische Lösung hinterlässt beim Eindampfen einen syrupartigen Rückstand von Butylmilchsäure. {Annal. de Chim. et de Phys.) Dr. Reich. 294 IV. liiteratur iind Ki*itik. Pflanzenkunde, für Schüler und zum Selbstunterrichte, von A. Berthelt und Ernst Besser. Mit vielen Holzschnitt -Abbildungen. 2te verbesserte und ver- mehrte Auflage. Leipzig, im Verlage von Julius Klinkhardt. 1866. Das vorliegende Buch der Pflanzenkunde ist nach dem Vor- worte für die verscliiedenen Schülerclassen bestimmt und zerfällt in drei Abtheilungen, welche von der populären Darstellungsweise nach und nach in die mehr wissenschaftliche, doch nicht zu doc- trinäre übergehen und zuletzt den Lernenden auch mit dem Bau und dem Leben der Pflanze bekannt macht. In der ersten Abtheilung beschreiben die Verfasser in verständ- licher Weise, mit Einblick in die terminologische Kunstsprache, ohne systematische Folge eine Anzahl gewöhnlicher, meist einhei- mischer Pflanzen, welche für die Schüler mit belehrenden Anmer- kungen und Vergleichen derselben Organe mit denjenigen anderer Pflanzen versehen sind. Es folgen z. B. unter andern nach einan- der: Tulipa Gesneriana, Primula elatior, Prunus Cerasus, Glechoma hederacea etc. Am Ende dieser ersten Abtheilung findet sich noch ein Rückblick auf die Organe der beschriebenen Pflanzen und die Auseinandersetzung des Systems von Linne vorgeführt. Die zweite Abtheilung, welche für eine höhere Classe von Schülern bestimmt ist, enthält nun mehrere Pflanzenfamilien, eben- falls ohne systematischen Zusammenhang, ihrem Zwecke entspre- chend und ausreichend beschrieben. Hier sind aber nicht allein einheimische, sondern auch manche aussereuropäische Pflanzen- familien abgehandelt, vorzugsweise, diejenigen, welche in Hinsicht ihres Nutzens oder Schadens bemerkenswerth sind oder ein sonsti- ges Interesse haben; auch werden hier bemerkenswerthe Repräsen- tanten des Gewächsreiches, wie Rafflesia Arnoldi R. Br. aus Su- matra, Victoria regia Lindl. aus Südamerika und manche auslän- dische Zierpflanzen in den betreff'enden'^ Familien beschrieben und erwähnt. Die willkürliche Zusammenstellung beginnt mit den Thyme- leen. Daphne Mezereum L., Seidelbast, wird als ein schädlicher Strauch beschrieben, an dem besonders Rinde und rothe Beeren ein scharfes ätherisches Oel enthalten, Wurzel und Rinde officinell sind. Ebenso folgen die Familien der Piperaceen, Aristo- lochieen, Myristiceen mit Myristica moschata Thunb., Lauri- neen mit Laurus nobilis Z/., L. Cinnamomea L., L. Camphora L. mit ihren Producten besprochen. Bei den Amentaceen wird Alnus glutinosaGaertn. ausführlich beschrieben; bei den Urtica en wird unter Cannabis sativa L. des Haschisch der Orientalen ge- dacht und bei den Artocarpeen finden sich: Artocarpus incisa L. Literatur. 295 fil.^ der Brodfruchtbaum, Galactodendron utile Humb., Kuhbaum, Antiaris toxicaria LecJien, Upasgiftbaum etc. Die übrigen in dem Buche beschriebenen Familien sind auf dieselbe Weise behandelt und mit einigen bezeichneten Repräsentanten versehen, und am Ende dieser Abtheilung folgt eine Uebersicht des natürlichen Sy- stems von Prof. Dr. L. Reichenbach. Die dritte Abtheilung des Buches, für die höheren Schulclassen bestimmt, handelt über die Anatomie der Gewächse oder den in- nern Bau der Pflanze, um diesen durch Zergliederung in seine einfachen Organe dem Zweck entsprechend kennen zu lernen, so wie über die Pflanzenphysiologie, welche das Leben der Pflanze und die dabei vorkommenden Vorgänge und Erscheinungen zu erklären sucht. Die Verf. besprechen zuerst die Pflanzenzelle, ihre Form, Grösse und Hauptbestaudtheile durch alle Stufen des Ge- wächsreiches und bringen diese Elementarorgane mit in den Text eingedruckten Holzschnitten zur Anschauung; z.B. die Zellenhaut, den Inhalt der Zelle, die Gefässe, die Gefässbündel, das Intercellu- larsystem, Milchsaftgefässe etc. Dann besprechen sie den Stamm der Dicotyledonen, den Stamm der Monocotyledonen und die Achsenorgane der beblätterten Cryp- togamen, die Wurzel- und die Blattorgane ausreichend. In ähn- licher Weise ist das Leben der Pflanze, ihre Ernährung, ihre Nah- rungsmittel, welche sie nur in flüssiger Form vermittelst der En- dosmose erhalten und durch Spaltöfi'nungen die atmosphärische Luft aufnehmen etc. Dann folgt ein Capitel über die Vermehrung und die Fort- pflanzung der Cryptogamen, die Bewegungserscheinungen u. s. w. Am Ende dieser Abtheilung besprechen die Verf. noch die Art, die Gattung, die Familie und die Eintheilungen der Pflanzen in die sogenannten natürlichen Systeme von Jussieu, De Can- dolle, Reichenbach und schliessen nun mit einer ausreichen- den Literatur und einem vollständigen Register. Nach dem Verf. ist diese Pflanzenkunde als Schulbuch vor- zugsweise dazu bestimmt, den Schüler vom ersten Schulunterrichte, ohne ihn vorher mit der botanischen Kunstsprache (Terminologie) zu behelligen, nach und nach in die verschiedenen Zweige der Gewächskunde einzuführen, denselben diese in populärer Weise naturwissenschaftlich belehrend zu erklären und mehre der wich- tigeren Pflanzenorgane durch beigedruckte (zwar nicht sehr arti- stische) Holzschnitt-Abbildungen erkenntlich zu machen. Obschon nun dieses Buch manchen wissbegierigen Schüler und Dilettanten anziehen wird,*so scheint uns doch die Art und Weise der Darstellung, ohne systematischen Zusammenhang, nicht ganz geeignet, dem Lernenden einen bestimmten Anhaltepunct für seine Studien abgeben zu können. Es wäre nach unserer Ansicht über- sichtlicher und zweckmässiger gewesen, wenn die beschriebenen und aufgeführten Pflanzen und Familien nach dem künstlichen oder einem natürlichen Systeme vorgetragen worden wären. Die Pflanzenkunde enthält aber so viel Belehrendes, dass man das Buch mit Recht Anfängern empfehlen kann. Als Schulbuch ist die sonstige Ausstattung desselben vollständig entsprechend. Dr. M. J. Löhr. 296 Literatur. Grundriss der pharmaceutischen Waarenkunde zum Ge- brauch für Aerzte, Apotheker und Droguisten von Dr. phil. Carl Wach. I. Theil: Pharmakognosie des Pflanzen- und Thierreiches. Leipzig, Verlag von Arthur Felix. 1865. XXVIII u. 583 S. kl. 8. Herrn Dr. Wach's Taschenbuch der Pharmakognosie, wie wir es nennen möchten, wird mit Recht vom Herrn Sauitätsrath Dr. Lessing in einem Vorworte warm empfohlen. Ein dem Werk- chen vorgeheftetes Inhaltsverzeichniss giebt eine Uebersicht des verarbeiteten Materials, dessen Aneinanderreihung nur zu billigen ist. Von den niedern Gebilden der officinellen Algen ausgehend, sehen wir im H. Abschnitt die Droguen von Monocotylen und Di- cotylen angefangen und im X. Abschnitt endigen. Der XI. Ab- schnitt handelt sodann von den officinellen Sporen, Samen und Sameutheilen, der XH. von den Drüsen und Haaren, der XHI. von den Pflanzenauswüchsen. Im XIV. Abschnitte finden die Pflanzen- stofi'e ihre Berücksichtigung. Die Farbstofi'e sind im XV., die Gummi- und Schleimharze im XVI., die Harze und Balsame im XVII. Abschnitt berücksichtigt. Der XVIII. Abschnitt enthält die ätherischen, der XIX. die fetten Oele. Die II. Abtheilung lehrt uns das Wichtigste der Pharmakognosie des Thierreiches. Ein Verzeichniss der Abkürzungen der Autorennamen ist dem Inhalts- verzeichnisse angeheftet. Die Charakteristik der einzelnen Dro- guen ist meist lobenswerth kurz und präcis gehalten. Wulstige Beschreibungen verwirrender Natur finden wir nirgends in dem Werkchen. In der Angabe der Linne'schen Ordnungen und Clas- sen für die Abstammpflanzen ist der Herr Verfasser nicht sehr consequent gewesen. Dieser Fehler lässt sich in einer folgenden Auflage, die hoffentlich nicht ausbleiben wird, verbessern. Das deutsche und lateinische Namenregister bedarf ebenfalls noch einer Durchsicht. RMzoma irid. florent. ist z.B. wohl nur S. 92 beschrie- ben, fehlt aber im Register. Einzelne neuere Droguen sind ver- gessen, z. B. Cortex Quillaya, Radix Podophylli peltata etc. Wir . können Herrn Dr. Wach's Buch den jungen Pharmaceuten und Medicinern zum Studium bestens empfehlen. Der Druck ist durch Hervorhebung des Wichtigsten in der Beschreibung der Droguen recht lobenswerth. Dresden, den 28. Februar 1866. Carl Bley. Hofbuchdruckerei der Grebr. Jänecke zu HannoTer. DER PHARMACIE. Eine Zeitschrift des allgemeinen deutschen Apotheker-Vereins. Herausgegeben von li« Bley und HE. liUdivig. XTI. JTalirgaiig« HANNOVER. Ini Verlage der Halm'schen Hofbuchliandlung, 18 66. DER PHARMACIE. Zweite Reihe. CXXVIII. Band. Der ganzen Folge CLXXVIII. Band. Unter I\Iitmrkung der Herren Cohn, Delafontaine, Fraas, GerlacJi, Göppert, Grosschopff, Hirsch- berg^ Ä, Husemann, Th. Husemann, Kohlmann, Kraut, Kreuzhage^ Landerer, Löhr, Marm4, Bammelsherg, Reichardt, Rieckher, Wittstein heraus gegeben von li. Bley und !!• liiid^vig;. H« Rose'selieis Tereiiisjalu*« HANNOVER. Im Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlung. 18 6 6. luhaltsanzeige. Ersteis und ziveites Heft. I. Physik, Chemie; Pflanzenphysiologie und praktische Pharmacie. Seite üeber die Eintheilung des Model bei den Aräometern mit gleicbgradiger Scala; von Dr. G. Tb. Gerlacb in Kalk bei Deutz 1 Ueber die Verbindungen von pbosphorsaurem Natron mit Fluor- natrium; von C. Rammeisberg 6 Ueber die niederen Oxyde des Molybdäns; von Demselben... 9 üeber die Bestimmung der von festen Körpern absorbirten Gasarten; von Prof. Dr. E. Reich ar dt in Jena 21 Chemische Untersuchung von Schafexcrementen bei gleicher Nahrung der Thiere und verschiedenem Nähreffect; von Demselben 45 Zur Resorption des Phosphors. Vorläufige Mittheilung von Dr. Th. Husemann und Dr. W. Marme, Docenten zu Göt- tingen 49 Ueber arsensaures Eisenoxyduloxyd; von G. C. Wittstein... 54 Ueber die Bestimmung des Santonins in den Santonintablet- ten ; von Dr. R i e ck h e r 59 Resina Jalappae und seine Verfälschung mit dem Harze aus der Stengligen Jalappe; vom Apotheker Kohlmann in Reudnitz 67 II. Naturgeschichte und Pharmakognosie. Ueber die Giftwiesen in Westaustralien und Nordamerika; von Heinr. Fraas 71 Scblesische Gesellschaft für vaterländische Cultur 91 Ueber ein grossartiges geologisches Phänomen auf der Insel Santorin; von Dr. X. Landerer 97 Pharmakologische Notizen ; von Demselben 100 Notizen über Volksheilmittel im Oriente; von Demselben 101 Eine Naturmerkwürdigkeit , 103 ■\1 Inhaltsanzeige, Seite III. Monatsbericht. Silicium- Eisen S. 105. — Verbindungen des Eisens mit Chlor und Bereitungsmethoden einer Eisenchloridlösung von con- stanter Stärke 106. — Reaetion von Ferridcyankalium auf Eisenoxydsalze 107. — Vorkommen von Kobalt und Nickel in den Fahlerzen 107. — Nickel- und Kobalthyperoxyd 108. — Gegenwart von Nickel im Blei und seine Concentration beim Fattison'schen Processe 109. — Nickelvitriol 109. — Abscheidung des Mangans 110. — Oxyde des Mangans 110. — Zusammensetzung der Manganerze, specifisches Ge- wicht derselben und der Manganoxyde überhaupt 112. — Existenz eines Manganhyperchlorids 116. — Fluorchrom- saures Kali 117. — Aus Zink gegossene Kunstarbeiten schön schwarz zu färben 118. — Reducirende Kraft des Zinks bei Gegenwart eines freien Alkalis 118. — Berei- tung des zur Anfertigung von Zahn-Cement bestimmten Zinkoxydes 119. — Vereinfachtes Verfahren, das Indium aus der Freiberger Zinkblende zu gewinnen 119. — Ver- dichtung des Bleirauches der Bleihütten 121. — Spectrum des Thalliums 122. — Verhalten des Thalliums zum Sauer- stoff 122. — Thallium 123.'— Giftigkeit des Thalliums 126. — Neue Bereitungs weise von Zinnsulfid als gelbe Maler- farbe 127. — Vorkommen des Inosits 128. — Mesoxalsäure 128. — Umwandlung der Monocarbonsäuren in höhere Di- carbonsäuren 131. — Neue Bildung von Malon- und Bern- steinsäure 132. — Säuren, welche man aus Cyanüren der oxygenirten zwei- und dreiatomigen Alkoholradicale erhal- ten kann 133. — Monosulfoäpfelsäure und Monosulfosali- cylsäure 135. — Bibrommaleinsäure, Metabrommaleinsäüre und Parabrommaleinsäure 135. — Glykoweinsäure 136. — Umwandlung inactiver Weinsäure in Traubensäure 137. — Tartramid und Tartraminsäure 137. — Carballylsäure 138. Bereitung des pyrophosphorsauren Eisenoxyd - citrouensau- ren Ammoniaks 138. — Citronensaures Wismuthoxyd-Am- moniak 140. — Synthese def Aceconitsäure aus der Essig- säure 141. — Muconsäure 144, — Derivate der Brenz- schleimsäure 144. — Gerbmehl 145. — Bestimmung der gerbstoffhaltigen Bestandtheile 146. — Gerbstoff von Aes- culus Hippocastanum 148. — Arbutin in Pyrola umbellata 150. — Giftstoff der Coriaria myrtifolia 150. — Gelbe Farbstoffe aus Parmelia parietina und Cetraria vulpina (Norwegen) oder Evernia vulpina (Alpen) 152. ^- Eveniiin 154. — Spontane Entfärbung der Lackmustinctur 155. — Chrysinsäure 155. — Gewinnung von Morin und Morin- Inhaltsanzeige, vii Seite gerbsäure (= Maclurin) 156. — Quercitrin 160. — Cate- chn, Catechiu und Kino 160. — Farbstoff des Orleans 162. — Soga-Zoga oder Couarinde als Farbmaterial 163. — Ka- mala 163. — Kother Farbstoff des Sapanholzes 165. — Xylochlorinsäure 166. — Anwendung der Dialyse zur Auf- findung der Alkaloide und Bitterstoffe 167. — Nareein 168. — Physiologische Wirkungen des Narceins 169. — Mikroskopische Beobachtungen über die Chinaalkaloide 171. — Beitrag zur qualitativen Analyse des schwefelsauren Chinins 171. — Chinolin 173. — Aconitingehalt des nord- amerikanischen und europäischen Aconitum Napellus 174. — Coniingehalt der Blätter und Samen von Conium ma- culatum 175. — Bromverbindungen des Nicotins 175. — Jamaicin identisch mit Berberin 176. — Ein flüchtiges Alkaloid der Arnica existirt nicht 177. — Characea con- traria A. Br. 177. IV. Literatur und Kritik 178 -IS Drittes Heft. I. Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und praktische Pharmacie. Ueber die Zusammensetzung der molybdänsauren Salze der Alkalien; von Marc Delafontaine. Mit Zusätzen von C. R a m m e 1 s b e r g 193 Die specifischen Gewichte einiger Vitriollösungen; von Dr. G. Th. Gerlach in Kalk bei Deutz 202 Beiträge zur Darstellung pharmaceutisch-chemischer Präparate; von C. Gross chopff in Rostock 206 Ueber den Boronatroncalcit und seine Analyse; von K. Kraut 215 Gerichtlich-chemischer Nachweis einer Vergiftung mit Cantha- riden; von August Husemann 220 Untersuchung einiger renommirter Münchener Biere 223 Ueber Volksheilmittel im Orient; von Dr. X. Landerer 224 Ueber kupferhaltige Confitüren; von Demselben 226 II. Naturgeschichte und Pharmakognosie. Mittheilungen über die Einwirkung des Gypses auf die Vege- tation der Kleepflanze; nach Versuchen des Dr. Kreuz- h a g e in Braunschweig 227 Mittheilung über den botanischen Garten in Breslau im Jahre 1865; von Professor Dr. Göppert 237 VIII Inhaltsanzeige, Seite ni. Monatsbericht. Neue Quelle für Wismuth und Tellur S. 243. — Constitution des Kupferwismutherzes 243. — Natürliche antimonige Säure von Borneo 244. — Einwirkung von concentrirter Schwe- felsäure auf Arsen- und Antimonwasserstoff 244. — Drit- tel-arsenigsaures Bleioxyd 245. — Kupfer mit Antimon zu überziehen 245. — Anwendung des Cuprum nitricum 245. — Kupferchlorür 246. — Lösung einiger Metalloxyde in schmelzenden kaustischen Alkalien 247. — Bereitung von Quecksilberchlorid 248. — Umwandlung von Calomel in Sublimat 250. — Quecksilbersulfid löslich in Schwefel- ammonium 251. — Schwefelquecksilber und einige Sulfo- salze 251. — Auffindung neuer Erzgänge bei Annaberg, Königr. Sachsen 253. — Verfahren, gelb oder schwarz angelaufene Silbermünzen und Medaillen, wie auch Silber- geräthschaften augenblicklich wieder zu reinigen 253. — Neue Silbertitrirmethode 254. — Neue Methode der Extrac- tion des Goldes aus seinen Erzen 255. — Löslichkeit des Goldes in Säuren 256. — Goldsalz 257. — Prüfung des käuflichen Goldsalzes und Goldchlorids auf seine Reinheit 258. — Darstellung von Goldpulver zum Vergolden von Glas und Porcellan 258. — Hochätzen von Zink und Ver- golden der hechgeätzten Stellen 259. — Zersetzungspro- ducte des Berberins 260. — Cytisin und Laburnin, zwei neue Pflanzenbasen in Cytisus Laburnum 262. — Conessin oder Wrightin 264. — Chemische Untersuchungen über die Keimung 264. — Ozon 274. — Athmen die Blätter der Pflanzen Kohlenoxyd aus? 274. — Studien über die Func- tionen der Blätter 275. IV. Literatur und Kritik 277 Bibliographischer Anzeiger 285 Register über Bd. 125, 126, 127 und 128 der zwei- ten Reihe des Archivs 289 >-t%9 ABCHIV DEJUPHAßMACIE. CLXXVIIf. Bandes erstes und zweites Heft. I. Physik, Chemie, Pflaiizeiiiiliyisio- logie und pralitiselie Pharuiaeie. lieber die Eintheilung des Model bei den Aräo- metern mit gleichgradiger Scala; von Dr. G. Th. Ger lach in Kalk bei Deutz. Der Model eines Aräometers ist derjenige ganze Aräometertheil, welcher beim Schwimmen im Wasser sich unter dem Wasserspiegel befindet. Bei Gelegenheit eines gegenseitigen Vergleiches der allgemeinen Aräometerscalen (Monatsheft des Kölner Ge- w^erbevereins, Jahrgang 1865, Augustheft, S. 65) wurden folgende Formeln gefunden, nach welchen sich die Grade der gleichgradigen Aräometerscalen auf das entsprechende specifische Gewicht reduciren lassen. In diesen Formeln ist s = specifisches Gewicht, n = der Anzahl der betreffen- den Aräometergrade. Das Zeichen -[■ i^^ Nenner des Bruches kommt bei den Flüssigkeiten in Anwendung, welche specifisch leich- ter sind als Wasser 5 hingegen das Zeichen — bei den Flüssigkeiten, welche specifisch schwerer sind als Wasser. Formel für das hundertgradige Aräometer: 100 100 ±n ^ ^' Formel für das Aräometer nach Beck und Ben- teley : 100 100 ± 0,5882. n Arch. d. Pharm. CLXXVHI. Bds. 1. u. 2. Hft. 2 G. Th. Gerlach, Formel für das Aräometer nach Beaume bei Flüs- sigkeiten leichter als Wasser: ; — = s bei 100 R. 100+ [0,6855. (n- 10)] 100 — — : =: s bei 120 R. 100+ [0,6834. (n- 10)] -—7 ; —TT = s bei 140 R. 100 + [0,6813. (n- 10)] Formel für das Aräometer nach Beaum^ bei Flüs- sigkeiten schwerer als Wasser: 100 = s bei 100 R. 100- (0,6855 ^n) 100 = s bei 120 R. 100- (0,6834. ») 100 r = s bei 140 R. 100- (0,6813. n) Formel für das holländische Aräometer: 100 ^ . 100 dl (0,69444-») = ^ ^^' ^^' ^' Formel für das Aräometer nach Cartier bei Flüs- sigkeiten leichter als Wasser für Grade unter 220 Cartier: 100 108,226 — [0;73I 2 -(22-11)] für Grade über 220 Cartier: 100 = s bei 100 R. = s bei 100 R. 108;226 + [0;7312.(n-22)] In allen diesen Formeln entspricht der Zähler 100 dem absoluten Gewicht der Flüssigkeit und der Nenner dem bezüglichen Volumen der beim Schwimmen des Aräometers verdrängten Flüssigkeit. Diese Formeln lassen sich in eine andere, dem gegen- seitigen Vergleich mehr zugängliche Form überführen, wenn man in Rechnung zieht, in wie viel Grade der Eintheilung des Model hei Aräometern. 3 ganze Model des Instruments bei den verschiedenen Sca- len getheilt wurde. Es ist aus der Formel für das Aräometer nach Beck ersichtlich, dass jeder Grad nach Beck gleich ist 0,5gg2 Grad nach Gay-Lussac's Volumeterscala. 100 Grade der Volumeterscala oder mit andern Worten der Model des Instruments wird also gleich sein 170,qq Grade nach Beck, denn: ^»5882 : 1 = 100 : 170. Werden in einem Bruche so viel absolute Gewichts- einheiten zum Zähler genommen, als der Aräometer- Mo- del Grade besitzt, so werden die Volumina der verdräng- ten Flüssigkeiten in directe Beziehung zu den Aräometer- graden gebracht. Das specifische Gewicht findet man dann beispiels- weise für das Aräometer nach Beck nach der Formel: 170 170 db n ^ ^ und umgekehrt berechnen sich die Grade aus einem ge- gebenen specifischen Gewichte nach der Formel: 170 (1 — s) = n bei Flüssigkeiten leichter als Wasser, 170 (s— 1) = n bei Flüssigkeiten schwerer als Wasser. Berechnet man in derselben Weise die Gradigkeit der Model für die übrigen Aräometerscalen, so findet man für das Aräometer nach Beaume die Gradigkeit: 145,88 bei 100 R., 146,33 bei 120 R., 146,78 l^ei 140 R. Hieraus leiten sich folgende Formeln ab für Flüssig- keiten schwerer als Wasser: :s bei lOOR. = n 145,88 — n 146.33 ,.^^,^ 146,33 (s-1) — — = s bei 120R. = n 146,33 — n s G. Th. Gerlachj 146,78 . ....^ 146,78 (s — 1) = s bei 140 R. = = n 146,78 — n s und weil bei den Graden für specifisch leichtere Flüssig- keiten als Wasser der Grad 10 Beaum6 bei dem spe- cifischen Gewicht 1 liegt, so erhält man für die leichte- ren Flüssigkeiten die Formeln: 145,88 u • .nno 145,88 — (135,88. S) ; =sbeilOOK. =n 135,88 + n s ^^^'33 V. . .OOP -146,33 -(136,33.8) = sbeil20R. =n 136,33 + n s 146,78 u-..ni? 146,78- (136,78- s) = s bei 140K. = n 136,78 + n Für das holländische Aräometer findet man die Gra- digkeit des Models 144,ooi ; mithin ergeben sich die For- meln : für specifisch leichtere Flüssigkeiten als Wasser: 144 144 (1 — s) 144 + n ^ ' ^ "" "" für specifisch schwerere Flüssigkeiten als Wasser: 144 144 (s — 1) — — = s = n 144 — n s Für das Instrument nach Cartier sind verschiedene Formeln nöthig, je nach der Construction des Instruments. Da 160 Beaume = 150 Cartier, so wird der Model des Aräometers vom specifischen Gewicht 1 bei 100 R. ab, in 136,762 Grade getheilt sein, denn 16 : 15 = 145,88 • 136,763. Ich habe schon bei einer früheren Gelegenheit nach- gewiesen, dass über die ganze Construction dieses Instru- ments die grösste Unsicherheit herrscht, welche das Aräo- meter nach Cartier geradezu unbrauchbar macht. Dieses sonderbare Instrument erfreut sich leider immer noch in einigen Ländern nach hergebrachtem Schlendrian der gedankenlosen Anwendung seiner Bewunderer und es spielt im Spiritushandel vielleicht gerade wegen sei- ner Unsicherheit eine beliebte Rolle. Einiheilung des Model hei Aräometern. 5 Es leuchtet ein, dass diejenige Aräometerscala die vollkommenste ist, welche sich durch Einfachheit aus- zeichnet und, auf rationelle Basis gestützt, am übersicht- lichsten den Zusammenhang mit den specifischen Gewich- ten erkennen lässt. Die von Gay-Lussac in Vorschlag gebrachte lOOgradige Eintheilung des Aräometermodels entspricht dieser Anforderung vollständig. Für specifisch leichtere Flüssigkeiten als Wasser gel- ten die Formeln : 100 100 (1 — s) n 100 -f n s für specifisch schwerere Flüssigkeiten: 100 100 (s — 1) =z B =: n. 100 — Laut eines so eben erschienenen Ministerial-Erlasses der Königlich preussischen Regierung wird ein Aräo- meter in Vorschlag gebracht^ dessen Grade sich nach der Formel 400 400 dz n "^ ^ in das specifische Gewicht überführen lassen. Der Model des Aräometers wurde also in 400 Theile getheilt. Dass mit der Eintheilung des Models in 400 Grade, statt in 100 oder 1000. Grade, keine Vervollkommnung des Gay- Lussac'schen Instruments herbeigeführt wurde, liegt auf der Hand; es bietet aber trotzdem dieses Berliner Aräo- meter so unendliche Vortheile gegen die seither gebräuch- lichen empirischen Scalen, dass die allgemeine Benutzung dieses Instrumentes nur erwünscht sein kann. Der Handel und die Technik bedürfen neben der Scala für specifische Gewichte noch eine in gleiche Grade getheilte Scala, weil bei allen Mischungen die Concen- trationsgrade der Lösungen den Aräoraetergraden nahezu proportional sind. Die Concentrationsgrade würden den Aräometergraden vollständig proportional sein, wenn nicht beim Mischen aller Flüssigkeiten eine grössere oder ge- 6 C. Rammelsherg, ringere Volumenveränderung statt fände. Das Verhält- niss der specifischen Gewichte ist in dieser Beziehung weit w^eniger übersichtlich und bedarf jedesmal einer mehr oder minder complicirten kleinen Rechnung. Die- ses Bedürfniss nach einem Aräometer mit gleichgradiger Scala kann allein die Thatsache erklären, dass das Beaume'sche Instrument bei allen seinen unverkennbaren Mängeln sich so lange erhalten hat und eine so fabel- hafte Verbreitung finden konnte. üeber die Verbindungen von phosphorsaurem Natron mit Fiuornatrium ; von C. Rammelsber g *). Vor mehren Jahren sah ich bei einem Besuche der Sodafabrik in Schöningen die Krystalle des kohlensauren Natrons, welche aus braungefärbten Mutterlaugen ange- schossen waren, mit kleinen rothen und gelben Krystal- len bedeckt. Spätere Proben, die ich Hrn. Dr. A.Rose, Director jener Fabrik, verdanke, Hessen erkennen, dass die gefärbten Krystalle Aggregate von kleinen Octaedern sind, welche an der Luft zu einem gelblichen Pulver verwittern, aber alle Versuche, sie durch Lösungsmittel von der grossen Masse der übrigen Salze zu trennen, schlugen fehl, weil sie aus der Auflösung nicht wieder erhalten werden konnten. Gleichzeitig fand aber mein damaliger Assistent, Hr. Schöne, dem ich die Unter- suchung übertragen hatte, in jenen Krjstallen einen Ge- halt an Vanadinsäure, und ich überzeugte mich, dass in dem Gemenge viel phosphorsaures Natron enthal- ten sei. Später erhielt ich aus der Auflösung des Gan- zen farblose und weisse Octaeder dieses Phosphats, deren *) Von Hrn. Verfasser als Separatabdruck eingesandt. D. R. Verbindungen von phosphors. Natron mit Fluornatrium, 7 Form und optisches Verhalten sie als regulär erkennen Hessen. Die für ein Natronphosphat neue Form bewog mich, das Salz näher zu untersuchen. Die Krystalle verwit- tern nicht; sie schmelzen bei etwa 100^ in ihrem Kry- stallwasser, verlieren das Wasser vollständig aber erst beim Glühen. Das entwässerte Salz schmilzt in der Glühhitze. Die Auflösung reagirt alkalfsch, sie wird von Silber- salzen gelb gefällt und das Filtrat ist neutral. Ebenso verhält sich das geglühte Salz. Es ist demnach drei- basisches Phosphat. Durch die Form und die Schmelzbarkeit in der Glühhitze unterscheidet es sich von dem von Graham beschriebenen 3NaO, P05-[-24aq. Dieses Salz bildet dünne sechsseitige Prismen, die hexagonal oder rhom- bisch sind, und sintert nur, wie ich mich überzeugt habe, in starker Hitze zusammen. Aber die Zersetzbarkeit durch Kohlensäure haben beide gemein. Aus der Auflösung der Krystalle beider schiesst an der Luft stets leicht verwitterndes gewöhn- liches Phosphat 2 NaO, PO 5 4- 25 aq an. Die Krystalle enthalten 0,1 — 0,5 Proc. Chlornatrium. Sie gaben (als Mittel von sechs Versuchen) 20,36 Proc. Phosphorsäure und 28,12 Natron (Mittel von drei Bestim- mungen). Bis 150^ verloren sie 48,71, beim Glühen noch 2,46 Proc. Wasser. Ihre Zusammensetzung: Phosphorsäure 20,36 = 11,47 5 Natron 28,12 7,26 3,16 Wasser 51,70 45,48 19,8 99,65 würde auf 3 NaO, PO^ -|- 20 aq hindeuten (berechnet: 20,63 Phosphorsäure, 27,04 Natron, 52,32 Wasser). Immer fand ich sehr kleine Mengen Vanadinsäure in diesem Phosphat, habe sie jedoch nicht näher bestimmt. 8 C. Eammelsherg, Diese Resultate habe ich schon vor längerer Zeit bekannt gemacht*). Später erschien eine Arbeit von Dr. Baum- garten**) über die vanadinhaltigen Salze des angegebe- nen Vorkommens. Auch ihm gelang es nicht, die rothen Krystalle vollkommen zu isoliren; er fand darin Phos- phor-, Vanadin-, Arsen- und Kieselsäure, Fluor, Natron, Thonerde und Eisen. Er stellte das zuvor beschriebene Natronphosphat aus dem Salzgemenge gleichfalls dar und hat das Verdienst, darin einen Gehalt von 1,94 — 2,49 Procent Fluor nachgewiesen zu haben. Hierdurch aufmerksam gemacht, habe ich das Salz gleichfalls in dieser Richtung untersucht und 2,89 Proc. Fluor gefunden, was den Natronüberschuss der Analysen •und die Schmelzbarkeit des Salzes erklärt. Baumgarten hat zugleich 0,5 Proc. Arseniksäure und etwa 1 Proc. Vanadinsäure in seinem Salze gefun- den, welche, wie ich früher gezeigt habe, isomorphe Salze mit denen der Phosphorsäure bilden. Bekanntlich hat Briegleb ein Salz = NaFl -}- 3NaO, PO^ -|- 24 aq ebenfalls in regulären Octaedern erhalten. Baumgarten stellte aus gewöhnlichem phos- phorsauren Natron, Natronhydrat und Fluornatrium regu- läre Octaeder dar, welche die Zusammensetzung des Sal- zes aus den Sodalaugen besassen und 2,49 Proc. Fluor enthielten. In diesen Salzen ist 1 At. Fluornatrium ge- gen 2 At. 3NaO, P05 enthalten. Fluornatrium krystallisirt regulär; es hat also die- selbe Form wie NaFl -f (3NaO, P05 -[- 24 aq) Briegleb und NaFl + 2 (3 NaO, PQS -f 19 aq) f) Bauragarten, wobei die Differenz des Wassergehalts auffällt. *) Monatsber. der k. Akad. der Wiss. zu Berlin, 1864, S. 680. **) Ueber das Vorkommen des Vanadins in dem Aetznatron des Handels etc. Inaugural-Dissertation. Göttingen 1865. f) 20 aq in meinen Versuchen. iibei^ die niederen Oxyde des Molybdäns. 9 Baumgarten hat sich auch viel Mühe gegeben, die Zusammensetzung der rothen vanadinhaltigen Octaeder zu ermitteln. Ausser den Bestandtheilen des Natron- Fluorphosphats fand er darin 3,65 Proc. Kieselsäure, 0,73 Schwefel und 0,33 Eisenoxydul, den Gehalt an Vanadin- säure aber = 1,92 Proc. Es ist noch nicht möglich, über die wahre Natur dieses mit den erwähnten isomor- phen Salzes, welches NaO, Si02 zu enthalten scheint, ein sicheres Urtheil abzugeben. Ueber die niederen Oxyde des Molybdäns; von Demselben. Berzelius hat*) bekanntlich die von Bucholz an- genommene Mehrzahl von Molybdänoxyden auf drei redu- cirt : Molybdänoxydul, Molybdänoxyd und Molybdänsäure. In der Molybdänsäure fand er, nach einem Versuche, wobei molybdänsaures Ammoniak durch salpetersaures Bleioxyd zersetzt wurde und nach Correction der damals benutzten Atomgewichte für Stickstoff und Blei, 47,68 Th. Molybdän verbunden mit 24 Th. Sauerstoff. Durch die späteren Versuche von Svanberg und Struve einer- seits, von Berlin andererseits, ist die Zahl 46 an die Stelle von 47,68 getreten. Molybdänoxyd, durch Erhitzen von molybdänsau- rem Natron mit Chlorammonium bereitet, gab Berze- lius beim Behandeln mit Salpetersäure 112,55 Proc. Mo- lybdänsäure. Wenn diese nun auf 46 Molybdän 24 Sauer- stoff enthält, so sind in 112,55 Th. 73,98 Th. Molybdän gegen 38,57 Sauerstoff enthalten, in dem Oxyd aber ist dieselbe Menge Metall mit 26,02 Sauerstoff verbunden. Da 2/3 von 38,57 = 25,71 ist, so verhalten sich die *) K. Vet. Acad. Handl. 1825. — Annal. der Chemie u. Pharm. . Bd. 6. S. 381, 369. 10 ' C. Rammeisher g^ Sauerstoffmengen in der Säure und im Oxyd = 3:2 = IV2 : 1. Nach den neueren Versuchen von Uhrlaub*) ist aber Molybdänoxyd, welches auf die angeführte Art oder durch Erhitzen von molybdänsaurem Ammoniak darge- stellt wird; Stickstoff- und wasserstoffhaltig, d. h. es ent- hält etwas Molybdännitretamid. Dass dieser Umstand jedoch nur einen geringen Einfluss auf die Zusammen- setzung des Oxyds hat, ergiebt sich aus den Versuchen von Svanberg und Struve**) und H. Rosef), wo- nach 100 Th. Molybdänsäure (= 34,28 Sauerstoff) bei gelindem Erhitzen in Wasserstoff, bis das Gewicht con- stant war, 11,65 Proc. und 11,72 Proc. Sauerstoff ver- loren, d. h. ein Drittel der Gesammtmenge. Dasselbe Resultat habe ich erhalten. 2,97 Grm. Mo- lybdänsäure verloren in Wasserstoff 0,353 = 11,88 Proc. (berechnet 11,43 Proc). Die niedrigste Oxydationsstufe, das Molybdän- oxydul, welche nach Berzelius durch Reduction der Molybdänsäure durch Chlorwasserstoffsäure und Zink oder durch Behandlung von Molybdänchlorid (dem Oxyd ent- sprechend) mit Kaliumamalgam entsteht, ist von Berze- lius nicht analysirt worden; er bemerkt, die Analysen hätten kein befriedigendes Resultat gegeben. Der Molybdänsäure und dem Moiybdänoxyd entspre- chen zwei Schwefelverbindungen, in denen die Schwefel- mengen mithin ebenfalls = 3:2 sind. Diese Multipeln hatten Berzelius veranlasst, in der Molybdänsäure, deren Sättigungscapacität nach ihm zu- gleich 1/3 ihres Sauerstoffs ist, 3 At. des letzteren anzu- nehmen und indem er in dem Oxydul 1 At. voraussetzte, die Oxydreihe des Molybdäns als *) Annal. der Chem. u. Pharm. Bd. 101. S. 624. **) Journ. für prakt. Chem. Bd. 44. S. 257. t) Annal. der Chem. u. Pharm. Bd. 75. S. 319. über die niederen Oxyde des Molybdäns. 11 Oxydul = MoO Oxyd = Mo 02 Säure = MoO^ festzustellen. Schon im Jahre 1847 fand v. Kobell*), dass beim Kochen von natürlichem raolybdänsauren Bleioxyd (Gelb- bleierz) mit Chlorwasserstoffsäure und Kupfer eine braun- rothe Auflösung entsteht von einem Molybdänoxyde, wel- ches halb so viel Sauerstoff als die Säure enthält, also Mo2 03, welches eben sowohl eine eigene Oxydationsstufe, als eine Verbindung von Oxydul und Oxyd, MoO-j- Mo02, sein konnte. Svanberg und Struve haben in ihrer Arbeit ausgeführt, dass 100 Th. Molybdänsäure, während 9 Stunden in Wasserstoff der stärksten Hitze einer Lampe mit doppeltem Luftzuge ausgesetzt, 17,3 Proc. Sauerstoff verloren hatten, d.h. die Hälfte; sie be- trachten aber den grauen, metallisch glänzenden Rück- stand als MoO, Mo02 oder vielmehr als 3 MoO + Mo03, wobei es auffallend erscheint, dass sie daran den Schluss reihen: die Molybdänsäure lasse sich hiernach in Glas- gefässen durch Wasserstoff nur bis zu dem niedrigsten Oxyde, nicht zu Metall reduciren, da ja doch jenes nach Berzelius das Oxydul MoO und der Verlust der Mo- lybdänsäure = 2^2 ihres Sauerstoffs hätte sein müssen. Als Blomstrand **) versuchte, nach Berzelius' Angabe das dem Oxydul entsprechende Chlorür Mo Gl darzustellen, fand er, dass dieser Körper das Sesquichlo- rid Mo2C13 ist und dass dieselbe Verbindung oder die entsprechende Oxydationsstufe bei der Reduction der Mo- lybdänsäure durch Chlorwasserstoffsäure und Zink ent- steht, so dass die Angaben Berzelius' über das Oxy- dul und dessen Salze auf dieses Sesquioxyd zu beziehen und die Molybdänoxyde *) Jouru, für prakt. Chemie, Bd. 41. S. 158. **) Ebendas. Bd. 71. S. 453. 12 C. Rammeisberg, Sesquioxyd = Mo2 03 Bioxyd = Mo 02 Säure = Mo 03 mit dem Sauerstoffverhältniss = 1 V2 : 2 : 3 = 3 : 4 : 6 sind. Das durch Ammoniak gefällte Hydrat des Sesqui- oxyds ist = Mo2 03-j-3aq. Die Eigenschaften der Salze vom Sesquioxyd (Oxy- dul Berzelius) und vom Bioxyd (Oxyd) sind sehr ähn- liche; unter den Verbindungen mit Sauerstoffsäuren giebt es kaum krystallisirbare; ihre Auflösungen oxydiren sich an der Luft mehr oder minder leicht zu Molybdänsäure. Ich habe die im Vorstehenden zusammengestellten Angaben über das Sesquioxyd des Molybdäns durch einige Versuche geprüft und zugleich das Verhalten des metal- lischen Molybdäns zu der Auflösung von Molybdänsäure in Chlorwasserstoffsäure näher untersucht. Die vollständige Keduction der Molybdänsäure in Wasserstoffgas erfordert keine Weissglühhitze ; sie erfolgt in einem Platinrohr über einer Gaslampe bei Quantitäten von einigen Grammen in 2 bis 3 Stunden. 2,97 Grm. Molybdänsäure verloren 1,019=34,31 Procent (berechnet 34,28 Proc). Kann man bei analytischen Arbeiten einen derarti- gen Apparat mit einem Platinschiffchen benutzen, so möchte die vollständige Keduction der von H. Rose em- pfohlenen partiellen zu Bioxyd noch vorzuziehen sein, weil letztere das genaue Einhalten einer bestimmten nie- deren Temperatur und öfteres Wägen erfordert. Auch hat mir bei eigenen Versuchen dieser Art geschienen, dass der Inhalt des Gefässes, selbst wenn das Gewicht sehr nahe das richtige war, kein homogener, sondern unterhalb grau, oben braun aussah, also vielleicht unten schon weiter reducirt war, oben noch etwas Molybdän- säure enthielt. iihei' die niedereii Oxyde des Molybdäns. 13 /. Eeduction der Molybdänsäure durch Zink. Statt reiner Molybdänsäure wurde ein krystallisirtes Ammoniaksalz angewandt, welches 82,36 Proc. Molybdän- säure enthielt. 2,194 Grm. in Wasser gelöst, mit ChlorwasserstofF- säure und Zink digerirt, gaben eine dunkelbraune Flüs- sigkeit, aus welcher sich zuletzt der grösste Theil des Oxyds in Flocken niederschlug. Nachdem durch einen Zusatz von Säure dies sowohl^ als das überschüssige Zink aufgelöst worden, verdünnte man die braune Flüssigkeit bis zu einem bestimmten Volum und benutzte abgemes- sene Mengen zur volumetrischen Bestimmung mittelst übermangansauren Kalis. Hierbei geht die Farbe der Flüssigkeit in Grün über, bevor sie verschwindet, und ein geringer Ueberschuss des Mangansalzes die vollstän- dige Oxydation des entstandenen niederen Molybdänoxyds zu Molybdänsäure nachweist. Es wurden 169 C.C. einer Chamäleonlösung verbraucht, welche dem auf Eisen ge- stellten Titre zufolge 0,3044 Sauerstoff entsprachen. Da nun 2,194 Ammoniumsalz = 1,807 Molybdän- säure waren und diese = 0,6196 Sauerstoflf sind, die Hälfte desselben = 0,3098 sehr nahe der gefundenen Menge entspricht, so beweist der Versuch, dass die Mo- lybdänsäure durch Chlorwasserstoffsäure und Zink zu Molybdänsesquioxy d reducirt wird, nicht aber zu Oxydul, wie Berzelius angenommen hatte. Für 100 Theile Molybdänsäure = gefunden Molybdän . . . 65,72 Sauerstoff... 34,28 1/2 = 17,14 16,85 lÖÖ IL Reduction der Molybdänsäure durch Kupfer. Berzelius hat, wohl ohne analytische Versuche zu machen, die Bildung von Molybdänbioxyd (Mo 02) hier- bei angenommen. A. Gelbbleierz, v. Kobell fand in zwei Ver- 14 C. Rammeisberg j suchen, dass aus 100 Th. beim Kochen mit Chlorwasser- stoffsäure von einer gewogenen Menge Kupfer so viel aufgelöst wird, dass der der Molybdänsäure entzogene Sauerstoff 6,39 und 6,54 Proc. betrug. Da 100 Th. mo- lybdänsaures Bleioxyd 38,55 Molybdänsäure = 13,22 Sauerstoff enthalten, dessen Hälfte := 6,61 ist, so bewei- sen die Versuche die Reduction zu Mo203 sehr genau. Ich fand bei Anwendung von 2,151 Gelbbleierz 1,072 Kupfer aufgelöst, entsprechend 0,135136 Sauers^toff = 6,28 Procent. B. Molybdänsaures Ammoniak. Das hierzu benutzte Salz enthielt 82,36 Proc. Molybdänsäure. a) 1,731 = 1,693 Kupfer = 0,2136 Sauerstoff h) 1,265 = 1,44 „ = 0,1817 a = 1,4256 Molybdänsäure b = 1,0449 " „ Hiernach haben 100 Th. Molybdänsäure an Sauerstoff verloren: a) 14,98 Proc. h) 17,39 „ Die berechnete Menge ist 17,14 Proc. C. Molybdän säure. a) 0,98 erhitzte pulverige Säure, mit Chlorwasser- stoffsäure und sodann mit Kupfer gekocht, ergaben 1,347 aufgelöstes Kupfer = 0,17 Sauerstoff. b) 0,45 sublimirte Säure = 0,461 Kupfer = 0,08 Sauerstoff. Oder 100 Th. Säure haben an Sauerstoff verloren: a = 17,35 Proc. b = 17,77 Proc. Die Molybdänsäure wird mithin an und für sich so- wohl, als auch in Verbindung mit Basen durch Chlor- wasserstoffsäure und Kupfer oder Zink der Hälfte ihres Sauerstoffs beraubt und in Sesquioxyd verwandelt. III. Reduction der Molyhdänsäure durch Molybdän. Erhitzt man eine Auflösung von Molybdänsäure oder von molybdänsaurem Ammoniak in Chlorwasserstoffsäure über die niederen Oxyde des Molybdäns. 15 mit metallischem Molybdän, wie es durch Reduction in Wasserstoff erhalten wird, so entsteht eine dunkelbraun- rothe Auflosung, welche der des Sesquioxyds vollkommen gleicht. Dem Eintreten der braunen Farbe geht die einer schön blauen voran, von der Bildung von raolyb- dänsaurem Molybdänoxyd herrührend. Berzelius hat auch hier die Bildung von Molyb- dänbioxyd (Mo02) angenommen, da er jedoch keine ana- lytische Belege dafür mitgetheilt hat, so schien es erfor- derlich, den Vorgang näher zu prüfen. a) Eine grössere Menge Molybdänsäure wurde auf die angeführte Art in einem verschlossenen Kolben mehre Tage in der Wärme behandelt; zuletzt wurde das Ganze einige Zeit im Kochen erhalten, verdünnt, von dem un- aufgelösten Metall klar ab- und in eine Messflasche ge- gossen. 100 C.C. der Auflösung, mit Salpetersäure abge- dampft, gaben 2,1925 Molybdänsäure. 100 C.C. wurden stark verdünnt imd mit überman- gansaurem Kali volumetrisch behandelt, wobei die Flüs- sigkeit vorübergehend grün wurde. Im Mittel von drei Versuchen wurde so viel verbraucht, dass dadurch 0,1073 Sauerstoff angezeigt wurden, welche zu Verwandlung des Oxyds in Säure erforderlich waren; mithin mussten in dem ersteren enthalten sein: Molybdän 1,4695 = 46 Sauerstoff 0,6157 19,2 Diese Zahlen entsprechen dem Verhältniss Mo50i2 = .3 Mo 02 4- 2Mo03 = Mo2 03 -f- 3 Mo 03. b) 6,174 Grm. molybdänsaures Ammoniak = 5,0997 Molybdänsäure wurden mit einer gewogenen Menge Me- tall in ähnlicher Art behandelt; das unaufgelöste und in Wasserstoff stark geglühte Metall wurde gewogen, wobei sich ergab, dass 1,111 sich aufgelöst hatten. Die braune Auflösung verbrauchte im Mittel eine Menge überman- gansauren Kalis = 0,5954 Sauerstoff. 16 C. Mammelsbergj Da 5,0997 Molybdänsäure = 3,3513 Molybdän und 1,7484 Sauerstofif sind, so enthielt die Oxydauflösung At. Molybdän 4,4623 = 46 4 Sauerstoff.... 1,7484 18,2 9 Die Quantitäten des Metalls in der Säure und die aufgelöste verhalten sich = 3,3513 : 1,111 = 46 : 15,3 = 3:1. Ferner verlangen 4,4623 Molybdän 2,328 Sauerstoff, um Molybdänsäure zu bilden. Es sind aber 2,328 minus 1,748 = 0,58 Sauerstoff (gefunden 0,595), d. h. 1/4 des Ganzen. Hieraus würde folgen, dass 3 At. Molybdänsäure 1 At. Molybdän aufgenommen und die Verbindung Mo409 = 3Mo02+ Mo03 - = Mo2 03 4- 2 Mo 03 gebildet haben. c) 1,865 molybdänsaures Ammoniak == 1,536 Molyb- dänsäure nehmen in gleicher Art 0,421 Metall auf. Da 1,536 = 1,009 Molybdän + 0,527 Sauerstoff sind^ so ent- hielt die Verbindung: At. Molybdän.. . . 1,43 = 46 1 Sauerstoff... . 0,527 16,9 2,1. Die beiden Mengen Molybdän verhalten sich = 1 : 0,4 = 5 : 2, so dass 5 At. Säure 2 At. Metall aufgenommen und sich in Mo7 0i5 = 6M0 02 -j- Mo 03 = 2Mo203 4- 3Mo03 verwandelt hätten. Die braune Auflösung ei-forderte eine Quantität über- mangansauren Kalis = 0,204 Sauerstoff, was mit der Differenz 0,746 Sauerstoff für 1,43 Mo — 0,527 0,219 ziemlich übereinstimmt. üher die niederen Oxyde des Molybdäns. 17 Eine schon früher aus Molybdänsäure, Chlorwasser- stoffsäure und metallischem Molybdän bereitete braune Oxydauflösung, worin dieses Oxyd die Zusammensetzung Mo^O^ zu haben schien, wurde von Neuem mit Molyb- dän anhaltend digerirt und gekocht. 200 C. C. gaben beim Abdampfen und Behandeln des Rückstandes mit Salpetersäure 0,75136 Molybdänsäure. Eine gleiche Menge bedurfte im Mittel so viel über- mangansauren Kalis, dass dies = 0,0841 Sauerstoff war. Das Osr)'d der braunen Auflösung bestand hiernach aus: Molybdän... 0,4937 = 46 Sauerstoff". . . 0,1735 16 d.h. es war genau Bioxyd, MoO^. Wenn nun die drei früheren Versuche etwas mehr Sauerstoff gegeben haben, so rührte dies von einer nicht ganz vollständigen Reduction her. Die Resultate der angeführten Versuche beweisen, dass die Wirkung des Molybdäns auf die Molybdänsäure eine andere ist, als die des Zinks oder Kupfers, und dass es nicht Sesquioxyd, sondern Bioxyd bildet, wie schon Berzelius behauptet hat. Die beiden letzten Versuche ergeben in 100 Th. des Oxyds : c) 73,07 Metall d) 74,0 (berechnet 74,2). Gegen die Annahme, das Bioxyd sei eine Verbin- dung von Mo2 03 -[- Mo03, spricht, dass jene braunen Auflösungen von Ammoniak gefällt werden; der Nieder- schlag, welcher wie Eisenoxydhydrat aussieht, ist das Hydrat des Bioxyds und im Filtrat ist ein wenig Molyb- dänsäure enthalten. Ich habe versucht, diesen Niederschlag zu analysiren, was indessen mit Genauigkeit nicht ausführbar ist, da er an der Luft sich höher oxydirt und blau wird, deshalb gaben die Versuche, deren Details ich hier übergehe, Resultate zwischen MoO^ und Mo205. Dass dieser Nie- Arch. d. Pharm. CLXX VIII. Bds. 1. u. 2. Hft. 2 18 C. Rammeisher Qj derschlag aber das in der braunen Auflösung enthaltene Oxyd wirklich darstellt, davon habe ich mich überzeugt^ indem ich die in ihm enthaltene Menge Molybdän mit derjenigen verglich, die in dem Filtrat als Molybdänsäure sich findet. Letztere war in einem Versuche i/jj, in einem anderen ^/jy der im Ammoniakniederschlage enthaltenen. Es bedarf kaum der Bemerkung, dass die braune Auflösung des Molybdänoxyds an der Luft allmälig hel- ler wird, indem sich letzteres zu Molybdänsäure oxydirt» Hierbei entsteht die blaue intermediäre Verbindung nicht. Es ist mir nicht geglückt, durch Auflösen des Hydrats von Molybdänoxyd in zweifach - oxalsaurem Kali ein kry- stallisirtes Doppelsalz zu erhalten. IV. Blaues Molyhdänoxyd. Es ist bekannt, dass sich bei der Reduction der Auf- lösungen von Molybdänsäure durch das Metall selbst oder durch Zink etc. zuerst eine intensiv blaue Flüssigkeit bildet, in welcher ein molybdänsaures Molybdänoxyd ent- halten ist. Berzelius fand diesen Körper, den er aus molybdän saurem Ammoniak und Molybdänchlorid dar- stellte und mit Salmiaklösung auswusch, = Mo^O^'* =r Mo 02 -[- 4 Mo 03 zusammengesetzt. Ich habe die blaue Verbindung durch Vermischen der im Vorigen untersuchten braunen Auflösung von Mo 02 mit einer solchen von Molybdänsäure in Chlor- wasserstoffsäure dargestellt. Der Niederschlag wurde mit einem Gemisch von Alkohol und Salmiaklösung ausge- waschen und über Schwefelsäure getrocknet. a) 1,752 verloren beim Erhitzen unter Luftabschluss 0,322 Wasser (mit Spuren von Ammoniak und Salmiak). Der braune Rückstands 1,43 lieferte 1,514 Molybdänsäure. h) 2,154 verloren 0,402 und der Rückstand = 1,752 gab 1,8196 Molybdänsäure. Hiernach besteht dieser Rückstand aus: a h Molybdän 69,6 68,25 SauerstoflP . . . . . 30,4 31,75 100 100. über die niederen Oxyde des Molyhdäns. 19 Dies ist die Verbindung Mo2 05: 2 At. Molybdän =: 92 = 69,7 5 „ SaiierstoflF = 40 = 30,3 132 100. Die wasserbaltige Verbindung besteht aber aus: a b Molybdän.... 56,81 55,51 SauerstoflP. . . . 24,81 25,93 Wasser .... . . 18,38 18,66 100 100 und ist folglich Mo205-f 3aq. berechnet 2 At. Molybdän = 92 == 57,86 5 „ Sauerstoff = 40 = 25,16 3 „ Wasser == 27 = 16,98 159 100. Da man nicht im Stande ist, einen solchen Körper vollkommen rein darzustellen, so wird das Resultat der Analyse der Rechnung nicht genau entsprechen. Die blauen Molybdänverbindungen werden durch starke Basen in Molybdänsäure und Molybdänbioxyd zer- setzt. Es ist daher weniger angemessen, die hier be- schriebene Verbindung (Mo 02 -f Mo03)-f- 3aq als (Mo2 03-j- 4 Mo 03) 4- 10 aq anzusehen, wiewohl bei diesem etwas grösseren Wasser- gehalt 56,79 Molybdän, 24,69 Sauerstoff und 18,52 Wasser vorhanden sein müssten, was den Analysen näher kommt. Bei langem Stehen des Gemisches aus Molybdänchlo- rid und molybdänsaurem Ammoniak bemerkt man unter dem blauen Niederschlage einen Absatz von braunen Krystallen, welche sich durch AVaschen mit Alkohol absondern und bei ihrer Kleinheit nur erkennen lassen, dass sie schiefwinklige Hexaeder sind. Sie sind mit brau- ner Farbe durchsichtig, lösen sich leicht in Wasser auf, die gelbliche Auflösung erscheint aber trübe, wahrscheinlich durch Absatz von Molybdänbioxyd, welches sich in brau- nen Flocken absetzt. Silbersalze geben einen gelben, in Salpetersäure leichtlöslichen Niederschlag. Bei Luftaus- 2* 20 C. Eammelsberg, über die niederen Oxyde des Molybdäns. schluss erhitzt; entwickeln die Krystalle Wasser und Ammo- niak und hinterlassen einen dunkelblauen Rückstand, der sich beim Rösten in reine Molybdänsäure verwandelt. a) 1,291 hinterliessen 1,022 und diese gaben 1,0425 Molybdänsäure. Hieraus folgt zunächst, dass diese blaue Verbindung aus 3 At. Molybdän und 8 At. Sauerstoff besteht, Mo3 08: berechnet gefunden 3 Mo = 138 = 68,31 67,02 8 = 64 = 31,69 202 100. Sie ist = Mo 02 -[-2 Mo 03 und steht zwischen der von Berzelius untersuchten und der von mir zuvor beschriebenen. b) 0,417 gaben mit Platinchlorid einen Niederschlag, der beim Glühen 0,078 Platin hinterliess^ was 0,02048 Ammoniumoxyd entspricht. Der braune krystallisirte Körper enthält also: Molybdän 53,83 Sauerstoff 25,33 Ammoniumoxyd 4,91 Wasser 15,93 100. Er lässt sich als ein Doppelsalz von molybdänsau- rem Molybdänoxyd und zweifach-molybdänsaurem Ammo- niumoxyd betrachten: [2 (Mo 02 . Mo 03) -f (AmO . 2 Mo03)] + 9 aq. 6 At. Molybdän = 276 = 54,01 16 „ Sauerstoff = ;28 = 25,05 1 „ Ammoniumoxyd =: 26 = 5,09 9 „ Wasser — 81 — 15,85 511 100. Es mag hier daran erinnert werden, dass Blora- strand zwei Acichloride beschrieben hat, welche den von mir gefundenen blauen Verbindungen entsprechen. E. Beicliardty von festen Körpern ahsorbirte Gasarten. 21 MittheiluDgen von der landwirthschaftlichen Ver- snchsstation an der Universität Jena""). lieber die Bestimmung der von festen Körpern ab- sorbirten Gasarten; von Professor Dr. E. Reichardt in Jena. Schon längst war es eine fühlbare Lücke bei der Be- trachtung des Verhaltens des Bodens zu der Pflanze, oder, bei dem weitesten Gesichtspuncte, in dem Verhalten fester Körper zu den umgebenden Gasarten, hier auch nirgends die Spur einer vergewissernden Andeutung zu finden. Die fast einzigen und anerkannten Untersuchungen von de Saussure betreffen umgekehrt das Verhalten eines bestimmten Körpers, z. B. der Kohle, zu verschie- denen Gasarten, oder schliessen sich im Allgemeinen den längst beliebten Untersuchungen über das Absorptions- vermögen einer Substanz für Gasarten an. Dass diese Untersuchungen nichts zu thun haben mit dem Gesichts- puncte, von welchem ich mir hier erlaubte. Versuche anstellen zu lassen, wird wohl Jedem einleuchten, welcher mit Aufmerksamkeit und Einsicht die mühevollen Expe- rimente verfolgt, wie sie mit unermüdlichem Fleisse Herr Blumtritt ausgeführt hat und augenblicklich noch ver- mehrt. Während die Methode, feste Substanzen in ihrem Absorptionsvermögen von Gasen zu untersuchen, längst erkannt und sehr leicht festzustellen war, indem sie mit ähnlichen Versuchen bei Flüssigkeiten übereinstimmten, so war der hier zu befolgende Weg ohne brauchbaren Vorgang. Regnault untersuchte die von Wasser absor- birten Gasarten und bestimmte dieselben in einer gewis- sen Menge durch Kochen oder durch Austreiben der Gase *) Von Hm. Verf. im Separatabdruck eingesandt. D. R. 22 E. Reichardtj durch die Siedehitze. Die ersten Versuche wurden dem folgend hier ebenso angestellt, allein sehr bald die Un- brauchbarkeit eingesehen. Wie Blumtritt im Eingange seiner Arbeit angegeben, entweicht 1) schon bei dem Einbringen der festen Stoffe in Wasser Gas, welches der Bestimmung entgeht ; 2) werden leichtere Stoffe, wie Thon, Kreide u. s. w., mit übergerissen ; 3) tritt zu häufig eine Zertrümmerung der Gefässe ein, welche zum Mindesten das Resultat unbrauchbar macht und 4) wurde endlich durch die mitgetheilten Versuche erwiesen, dass selbst gekochtes oder ganz frisch destillirtes Wasser sehr ver- schiedene Mengen von Gasen enthalten, je nach den äus- seren Verhältnissen, welche wenigstens nicht so leicht erkennbar sind, um der Berechnung dienen zu können. Bei einem Versuche, der Constitution des Apparates da- durch mehr Beweglichkeit zu geben, dass zwischen den Röhren Kautschuk eingeschaltet wurde, ergab sich sogar das schliesslich nicht besonders auffällige Resultat, dass bei den etwas höheren Druckverhältnissen dieses Material sehr gut den Durchgang von Luft gestattete und so diese Anwendung unmöglich machte. Mögen diese Andeutun- gen genügen, um hinzuweisen, dass nicht nur wenige Versuche nöthig waren, um den einfachen Apparat zu begründen, welcher in vorstehender Arbeit sich angegeben findet. Die Erhitzung im Paraffinbade eignet sich nicht nur durch die leichte und angenehme Handhabung, wie auch durch die so erreichte höhere Temperatur, fast um die Hälfte höher, als die sonst gebräuchliche Temperatur des siedenden Wassers. So zahlreich übrigens diese ersten Versuche sind, welche hier der Oeffentlichkeit übergeben wurden, so sind dieselben jedoch immerhin als die ersten noch man- nigfach mangelhaften zu bezeichnen und mögen spätere Analysen auch genauere Resultate ergeben, so genügt es vor der Hand, die Bahn gebrochen zu haben, um auf diese so wichtigen Verhältnisse aufmerksam zu machen und den Weg der Untersuchung angedeutet zu haben. von festen Körpern absorbirte Gasarten. 23 Mögen diese Versuche eine eigentliche Physik des Bodens begründen helfen! Dennoch möchte ich die schon ge- wonnenen Resultate nicht unterschätzen, wovon die fol- gende, genauere Besprechung zeugen wird, worin jedoch der besseren Einsicht wegen nur die schliesslich gewon- nenen Zahlen Erwähnung finden. Wie gewöhnlich allmälig Verbesserungen und Ver- Tollkommnungen in der Methode erkannt werden, so wurde auch hier erst später die gleichzeitige, annähernde Volumbestimmung des festen Körpers mit angegeben, d. h. die zur Analyse dienende Glasröhre wurde bis zu o oder 10 Cubikcentim. Inhalt mit Substanz möglichst dicht durch wiederholtes Aufklopfen gefüllt, worauf sich dann die betreffenden Angaben beziehen. Kohlen. Es ist bekannt, dass die Kohlen ein sehr starkes Absorptionsvermögen für Gase besitzen und basirt diese Kenntniss auf den anerkannten Untersuchungen von de Saussure. B er z elius theilt dieselben folgend mit *): „de Saussure stellte seine Versuche mit Buchs- baurakohle an, die er nach starkem Glühen unter Queck- silber ablöschte. Sie absorbirte, bei -f- 120 R. und 26,895" Barometerstand, von nachfolgenden Gasen so viel mal ihr eigenes Volum, als die beigesetzten Zahlen anzeigen; nämlich: Ammoniakgas...... 90 Chlorwasserstoffsäure.. 85 schwefligsaures Gas ... 65 Schwefelwasserstoffgas 55 Sickoxydulgas 40 Kohlensäuregas... 35 Kohlenwasserstoff, C^H* 35 Kohlenoxydgas 9,42 Sauerstoffgas 9,25 Stickgas 7,5 Wasserstoffgas 1,75 Stickoxydgas 38 „Nach 24 Stunden hört alle Absorption auf, aus- genommen beim Sauerstoffgas, welches unaufhörlich, je- doch im abnehmenden Verhältniss eingesogen wird und dabei kohlensaures Gas bildet, welches die Kohle an sich behält. Dessenungeachtet geht die Absorption des Sauer- Lehrbuch der Chemie. 1833. Bd. I. S. 281. 24 E. Reichardtj stofFgases in einem ganzen Jahre nicht weiter, als bis ungefähr zum 14fachen Volumen der Kohle." „Ist die Kohle von Feuchtigkeit durchdrungen, so vermindert sich ihr Vermögen, Gase einzusaugen, um ein Bedeutendes, so dass sie nunmehr nicht halb so viel mehr aufnehmen kann; und giesst man Wasser auf eine mit Gas gesättigte Kohle, so lässt sie einen Theil davon wieder fahren. Vom kohlensauren Gase lässt die Kohle 17 Volumina fahren und behält nur 18 zurück; vom Sauerstoff giebt sie 8^/4, vom Stickgase 6^/2, vom Was- serstoffgase 1^10 Volumina wieder von sich, das Uebrige bleibt in der feuchten Kohle zurück." Diese deshalb wörtlich gegebenen Notizen umfassen so ziemlich unsere heutigen Kenntnisse dieses Verhaltens. Es leuchtet wohl ein, dass ein derartiges Verhältniss einer Kohle zu einem bestimmten Gase nicht auf die Umstände bei gleichzeitiger Gegenwart mehrerer über- tragen werden kann, nicht auf die Einwirkung des Ge- misches der Atmosphäre mit den schwankenden Feuch- tigkeitsgraden. Die Absorptionszahlen der hier besonders wichtigen Gase sind in der obigen Zusammenstellung mit gesperrt gedruckten Namen hervorgehoben. Die Prüfungen des Herrn Blumtritt gingen von der zufällig vorhandenen Glühkohle des Laboratoriums, meistens Fichtenkohle, aus und zu bestimmten, selbst bereiteten Kohlensorten über, unmittelbar anschliessend auch zur Thierkohle. 100 Grm. der Substanz ergaben an CG. Gas: I. Gewöhnliche Holzkohle 111,40 Dieselbe angefeuchtet und un- vollständig getrocknet... 196,58 Kohle von Populus 'pyramidalis 485,06 „ „ Fraxinus excelsior. . 375,38 „ „ Alnus glutiosa 259,37 Thierkohle, fein gepulvert. . . . 99,90 „ mit Salzsäure behandelt 220^62 n. ni. 217,02 106,09 117,66 442,03 473,77 519,54 424,08 378,11 214,74 72,38 81,03 151,59 161,83 47,0 49,3 177,7 213,2 180,8 151,4 150,2 80,1 76,0 91,0 85,5 92,5 von festen Kövpern ahsorhirte Gasarten. 25 oder 100 Volumina Kohle gaben an Volumen Gas: Gewöhnliche Holzkohle ? ? ? Dieselbe befeuchtet und unvoll- ständig getrocknet 80,6 Kohle von Populus pyramidalis ? „ „ Fraxinus excelsior.. 144,9 „ „ Alnus glutinosa. ... 99,6 Thierkohle, fein gepulvert.... 107,0 „ mit Salzsäure behandelt 128,8 Da diese Versuche darauf hinausgingen, die gewöhn- lichen Absorptionsverhältnisse zu erforschen, so konnten natürlich nur luftfeuchte Kohlen Anwendung finden, dies erklärt demnach, auch gemäss den Untersuchungen de Saussure's, die weit geringeren Gasmengen. Alle diese Resultate sind, besonders auf Volumina bezogen^ sehr be- deutend niedriger, als de Saussure bei den einzelnen Gasarten erhielt. Die Erwärmung geschah stets im Pa- raffinbade, bis zu 1400 Q. steigend und wirkte diese Tem- peratur während dem eigentlichen Austreiben der Gase ununterbrochen auf die Substanz ein. Trotzdem wurden nicht allein hier bei der Kohle, sondern auch bei anderen Substanzen, bei äusserlich ganz gleichem Material, sehr ungleiche Mengen von Gas erzielt, z. B. bei den ersten Versuchen mit Thierkohle, oder auch bei der gewöhn- lichen Holzkohle. Erklärungen über solche Verschieden- heiten sind am Ende leicht zu geben, aber schwer zu be- weisen, ob dieselben auch wirklich, z. B. in der zufällig verschiedenen Porosität u. s. w. begründet wären. Die Gase wurden auf folgende Theile untersucht und bestanden in 100 Voluratheilen aus: Gewöhnliche Holzkohle Kj i ^• Dieselbe mehr feucht | IL flll. I I. Kohle von Populus pyramidalis . | II, (lll. Stick- stoff Sauer- stoff Kohlen- säure oxyd 100 100 85,60 2,12 9,15 — 3,1J 83,46 83,54 16,54 — 16,46 26 E. Reichardt, Stick- Sauer- Kohlen- stoff Stoff säure oxyd i I. 76,27 14,63 9,10 — Kohle von Fraxinus excelsior ... | II. — 15,04 — — an. 75,96 14,94 9,10 j I. — 5,42 — Kohle von Alnus gultinosa II. — — — (III. 88,27 5,42 6,31 ( I. — — — Thierkohle II. 55,74 44,26 Im. 52,64 47,36 - ( I. - — — Mit Salzsäure behandelt II. 93,58 6,42 — (III. 93,61 6,37 Auch auf den Gehalt an Ammoniak und Salpeter- säure vyurde Rücksicht genommen, jedoch nur ein Mal und zwar bei der frisch dargestellten Kohle von Populus pyramidalis Oy04z2 Froc. Aminonisih gefunden, Salpeter- säure, wie auch denkbar, nie. Wie aus den in der vorhergehenden Abhandlung von Bluratritt speciell gegebenen Untersuchungen leicht er- sehen werden kann, wurde die An- oder Abwesenheit des Sauerstoffs nie durch ein Experiment für erwiesen genommen, sondern sowohl die Verpuffung, wie die Ab- sorption durch Pyrogallussäure fanden stets sich contro- lirende Verwendung. bedeutet demgemäss in der ge- gebenen und den folgenden Zusammenstellungen das Re- sultat eines Experimentes ohne Erfolg; wo dagegen ein Strich gegeben ist, wurde die Prüfung auf die rubrificirte Substanz nicht vorgenommen, z. B. bei Bestimmung der Kohlensäure und des Kohlenoxydes ist in demselben Ver- suche nicht gleichzeitig der Sauerstoff ermittelt worden u. s. w. Die stets hervortretenden Mengen des Stickstoffs sind wohl zuerst auffällig, aber nicht mehr, wenn man alle diese vielfältigen Versuche durchgesehen hat, da fast überall ein bedeutendes Uebermass, weit grösser, als in der atmosphärischen Mischung nachgewiesen wird. Bei der gewöhnlichen Holzkohle wurde sogar nur Stickstoff gefunden, spätere Wiederholungen ergaben noch Kohlen- von festen Körpern ahsorhirte Gasarten. 27 säure, allein die Gase bei der Kohle von Alnus glutinosa oder der mit Salzsäure behandelten Thierkohle enthielten erstere 88,3 Vol. Proc. Stickstoff, letztere sogar 93,6 Proc., demnach sehr annähernde Resultate. Ist die Menge des Sauerstoffs zu gering, gegenüber den anderen Gasarten, so entscheidet die Verpuffung mit Wasserstoffgas natürlich nicht mehr^ sondern diese gerin- gen Quantitäten werden nur durch Absorption mit Pyro- gallussäure ermittelt, weshalb der eine Versuch vielleicht keinen, der zweite eine kleine Menge von Sauerstoff er- weist. Höchst interressant ist aber jedenfalls die fast gänz- liche Abwesenheit von Sauerstoff bei den Kohlen über- haupt, nur bei der frischgeglühten Kohle von Fraxinus excelsior findet sich eine bedeutende Menge, ein wenig auch bei der befeuchteten, gewöhnlichen Holzkohle. Zwei Mal, nämlich bei der befeuchteten Kohle und bei der Kohle von Alnus glutinosa wurde Kohlenoxydgas gefun- den, bei den anderen Kohlen dagegen nicht. Eben so beachtenswerth sind die bedeutenden Veränderungen, welche die Thierkohle in den absorbirten Gasarten er- leidet, sobald ihr durch Säure der grösste Theil der Aschen- bestandtheile entzogen ist, besonders in Hinsicht auf die Kohlensäure. Selbst innerhalb der verschiedenen Arten der frisch dargestellten Holzkohlen sind sehr erhebliche Verschie- denheiten erwiesen. Die Kohlen von Populus pyramidalis und Alnus glutinosa enthalten keinen Sauerstoff, die- jenigen von Fraxinus excelsior auffallend viel, jedoch ist zu bedenken, dass schliesslich eine sehr kurze, oder ver- schieden lange Berührung mit der Atmosphäre ganz an- dere Resultate ergeben kann. Eben so verschieden zeigen sich die Mengen der Kohlensäure. Das Vorkommen und die Erzeugung derselben stehen im innigen Zusam- menhange mit den schönen, neuen Untersuchungen von F. Varren trapp über die Oxydation der möglichst 28 E. Eeichardt, reinen Steinkohlen oder Braunkohlen *). Derselbe beweist, dass sich bei allen Temperaturen über 0^ — 180^ aus den genannten Kohlen Kohlensäure bei Einwirkung der Luft erzeugt, je mehr, je höher die Wärmegrade. Varren- trapp beweist ferner die gleiche Bildung der Kohlensäure bei Sägespänen, auch bei Gartenerde. Eine Wärme von 12^ genügte, um bei Gartenerde durch Ueberleiten von nicht trockener Luft Kohlensäure in Menge zu erzeugen, dagegen sank diese Bildung bei 0^ auch fast auf Null zurück. Auf die Anwesenheit von Kohlenoxydgas scheint Var- rentrapp nicht geprüft zu haben. Endlich wurde ein Kohlencylinder nach frischem Glühen unter Sauerstoff gebracht, derselbe wog 0,830 Grra. und absorbirte 1,5 C. C. Gas in 24 Stunden. Genau die- selbe Menge Sauerstoff wurde bei der sofort folgenden Untersuchung wieder gefunden, so dass ein so rascher Uebergang in chemische Verbindung, wie nicht denkbar, auch nicht nachweisbar war. Vergleicht man jedoch diese so mannigfachen Resul- tate der von den Kohlen aufgenommenen Gase mit den Bestimmungen von de Saussure über das Verhalten möglichst gas freier Kohlen und zwar der Buchsbaum- kohle zu bestimmten Gasen, so treten sehr gewichtige Aenderungen hervor. Die grösste Menge gewährt hier immer der Stickstoff, von welchem nach de Saussure die gasfreie Kohle verhältnissmässig sehr wenig aufnimmt, mehr wird Sauerstoff absorbirt, unsere Resultate ergeben grossentheils gar keinen. Ferner absorbirt die Kohle viel Kohlensäure, bis zu dem 35 fachen Volumen, hier sind sehr schwankende Mengen gefunden worden, jedoch nicht zu vergleichen mit diesen unverhältnissmässig grossen Quantitäten. Am meisten absorbirt die Kohle Ammoniak- gas und unter den gewöhnlichen Verhältnissen enthält sie fast nichts oder nur Spuren davon. *) Dingler's polyteschn. Joum. 1865. Bd. 175. S. 156 und Bd. 178. S. 379. von festen Körpern absorbirte Gasarten. 29 Dem Verhalten der Kohlen reihet sich am besten die Untersuchung über den Torf an: Torf. Zu den Versuchen diente ein Holztorf aus hiesiger Gegend, dessen Zusammensetzung und sonstigen Verhältnisse schon bekannt sind *). Derselbe enthielt bei früheren Untersuchungen im lufttrockenen Zustande 0,335 Proc. Ammoniak und 0,421 „ Salpetersäure. 100 Grm. desselben ergaben an CG. Gas: L II. III. 221,11 140,04 126,59 Die bedeutenden Differenzen müssen sich einstweilen aus dem leicht sehr verschiedenen Mischungsverhältniss der Theile erklären. 100 Vol. des Gases bestanden aus: Stickstoff Sauerstoff Kohlensäure Kohlenoxyd I. 44,84 4,60 50,56 — II. — — — IIL 48,63 51,37 Uebereinstimmend wenig Sauerstoff, dagegen sehr viel Kohlensäure und verhältnissmässig, dem Sauerstoff gegenüber^ auch sehr viel Stickstoff. Gartenerde. Es wurde hierzu eine nahe liegende kalkreiche und an organischen Substanzen verhältniss- mässig arme , Gartenerde genommen. Dieselbe enthielt frisch 16 Proc. Wasser und 0,206 Proc. Ammoniak, keine Salpetersäure. Gleichzeitig wurde die gleiche Erde an der Luft getrocknet noch ein Mal untersucht und ergab dann weder Ammoniak, noch Salpetersäure. 100 Grm. der Gartenerde ergaben an C. C. Gas : I. II. III. frisch, feucht 19,93 9,22 11,96 lufttrocken 47,81 34,05 32,97 oder 100 Vol. der lufttrockenen Gartenerde ergaben an Volumen Gas: *) Vergleiche Ztschr. f. d. Landw. 1864. S. 215. 30 E. Reichardtj I. IL ni. 67,8 50,2 42,8 Interessant ist die bedeutende Steigerung der Gas- mengen durch den Uebergang der feuchten Erde in den lufttrockenen Zustand und giebt dies einen recht erwünsch- ten Einblick in das nicht sichtbare Spiel der Gase ge- genüber den Erdbestandtheilen, auf den gewaltigen Ein- fluss der wechselnden Befeuchtung und Trocknung des Bodens. 100 Vol. der Gase bestanden aus: Stick- Sauer- Kohlen- stoff Stoff säure oxyd I. — — — frische, feuchte Erde { IL — 2,85 24,06 — [I. 64,34 — — 8,75 I. — — — [I. 64,35 2,39 33,26 — l. 65,05 1,69 — Die Sauerstoffmenge ist auch hier gering, die feuchte, allerdings aus dumpfen Boden stammende Erde enthält Kohlenoxyd, die trocken um so mehr Kohlensäure. Sollte dieses Kohlenoxyd, w^elches wiederholt erwiesen wurde, nicht schädlich für die Pflanzen wirken? Eisenoxyd. Es war natürlich, die Untersuchun- gen auf einzelne Oxyde auszudehnen und unter diesen steht das Eisenoxyd voran, wegen seiner vielfachen Ver- wendung und dem allgemeinen Vorkommen, namentlich als Bodenbestandtheil. Die ersten Versuche geschahen mit Eisenoxydhydrat, wie es die chemische Fabrik von Trommsdorff in Erfurt liefert, es enthielt so geringe Mengen von Oxydul, dass Kaliumeisencyanid nur eine blaue Färbung hervorrief. Um den directen Gegensatz zu untersuchen, wurde dann Eisenoxyd durch Glühen von Eisenvitriol bis zur voll- ständigen Entfernung der Schwefelsäure dargestellt, "so- dann durch Fällung von Eisenchlorid mit Aetzammoniak von festen Körijern absorhirte Gasarten. 31 dargestelltes Hydrat untersucht, sowohl lufttrocken, als mit heissem Wasser gewaschen, als schwach geglüht. 100 Grm. Substanz gaben an C. C. Gas : 1. 278,56 \ käufliches Eisenoxydhydrat von IL 224,64 ^ ; ;^ IlL 251,571 Trommsdorff. IV. 34,49 frisch nach der Darstellung"! durch Glühen V. 50,49) , ... T- • Won Eisenvitriol VI. 32,98» °"<=^ '^°SereiT> Liegen J ^^^^gestellt. VII. 375,54, frisch dargestellt durch Fällen von Eisen- chlorid durch Ammoniak, frei von Oxydul und Ammoniak. VIII. 250,82, dasselbe, ausgewaschen mit heissem Was- ser. ^ ,^\r.\ dasselbe, schwach ffeglüht. X. 42,69( ^ ^ ^ Dieselben Versuche ergeben nach Volumen: 100 Vol. Substanz ergaben Vol. Gas : I. II. III. IV. V. VI. VIL 302,8 250,7 271,7 47,0 65,7 44,6 308,6 VIII. IX. X. 350,9 52,2 58,8. Die Gase bestanden in 100 Volumtheilen aus: Stick- Saner- Kohlen- stoif Stoff säure I. - - I ir. 32,64 1,48 65,93 käufliches Hydrat. HI. 35,30 64,70) IV. 87,67 9,78 2,55, frisch 1 durch Glühen V. — 17,04 — I nach längerem > von Vitriol VI. 78.06 — 4,901 Liegen ) dargestellt. VII. 26,29 3,85 69,86, frisch gefällt VIII. 18,90 0,91 80,19, warm gewaschen IX. 64,38 12.64 22,98 schwach X. 65,32 10,54 24,14 geglüht Die Einblicke sind jedenfalls höchst interessant und führen unmittelbar zu einigen wichtigsten Schlussfolgerun- gen. Für mich erhält die stets so bedeutende Menge der Kohlensäure dadurch eine Bestätigung, als es mir bei den zahlreichen Untersuchungen von Eisenoxydhydrat als pharmaceutisches Präparat stets vorgekommen ist, dass Eisenoxydhydrat. 82 E. Reichardtf die mit Salzsäure übergossene Substanz Gasblasen ent- wickelte, ähnlich dem Aufbrausen der Kohlensäure. Während das Hydrat des Eisenoxydes die zwei- bis dreifache Menge an Gas ergiebt, eine für diese Verhält- nisse jedenfalls auffällige Quantität, zeigt durch Glühen dargestelltes Oxyd oder nur schwach geglühtes Oxyd- hydrat kaum den sechsten bis zehnten Theil an Gas und die Zusammensetzung dieses ist äusserst verschieden. Das Gas vom Eisenoxydhydrat enthält eine Menge, bis über 50 Proc, von Kohlensäure und fast keinen oder keinen Sauerstoff, das geglühte Eisenoxyd sehr wenig Kohlensäure, weit mehr Sauerstoff und sehr viel Stickstoff, fast annähernd der Mischung der Luft. Das schwach geglühte Hydrat steht mitten inne. Bedenkt man dabei die verschiedene Dichte der Substanzen, so gewinnt die Hydratisirung des Eisenoxydes im Boden eine grosse Wichtigkeit für die Aufnahme der Gase überhaupt und insbesondere der den Pflanzen so nothwendigen Kohlen- säure, welche hier in dem locker gebundensten Zustande jeder Einwirkung leicht weichen wird, um den weiteren Zwecken der Ernährung zu dienen. Zur besseren Einsicht in dieses Verhalten wurden einige Absorptionsversuche mit dem hier verwendeten Material angestellt und als Resultat erhalten: 100 Grm. frisch gefälltes, reines Eisenoxydhydrat von bekanntem (Nr. VH.) Kohlensäuregehalt absorbirten bin- nen 24 Stunden noch 79,36 0. C.' Kohlensäure in einer Kohlensäure - Atmosphäre. 100 Grm. desselben, aber schwach geglühten und dadurch von Kohlensäure möglichst befreitem Material absorbirten in gleicher Zeit und unter gleichen Verhält- nissen 147,06 0.0. und 100 Grm. heiss ausgewaschenen Eisenoxydhydrats absorbirten ebenso noch 92,59 0.0. Kohlensäure. Auch dadurch wird demnach das besonders starke Absorptionsvermögen für Kohlensäure und Eisenoxyd- hydrat erwiesen. von festen Körpern ahsorbirte Gasarten. 33 Während das wasserfreie Eisenoxyd genü- gend Sauerstoff absorbirt, um denselben zu Oxy- dationsprocessen in der Ackererde zu bieten, nimmt das später entstehende Hydrat die Koh- lensäure auf, um so eine gesteigerte Fruchtbar- keit zu ermöglichen; eine Tliatsache, welche mit den gewöhnlichen Beobachtungen völlig kn Einklänge steht. Die Prüfungen auf Ammoniak und Salpetersäure ergaben bei diesen möglichst reinen Materialien stets negative Resultate. Thonerde. Unmittelbar an das Eisenoxyd mussten sich nunmehr Untersuchungen über Thonerde anschliessen. Dieselbe wurde durch Fällung von Ammoniakalaun mit Ammoniak dargestellt und nach völligem Auswaschen getrocknet, wobei freilich, auch bei Verwendung höherer Temperatur, ein Zusammenballen und Festwerden der Substanz nicht zu umgehen war. 100 Grm. Thonerde, nur durch Trocknen an der Luft bei gewöhnlicher Stubentemperatur vom überschüssi- gen Wasser befreit, ergaben 69,02 CG. Gas, bei 100<) C. getrocknet, ergab dieselbe Menge nur 10,83 G.G. Gas, oder 100 Vol. Thonerde ergaben an Vol. lufttrocken 82,0 bei 1000 G. getrocknet.. 13,6. Die Gase bestanden dem Volumen nach aus: Stickstoff Sauerstoff Kohlensäure lufttrocken 40,60 59,40 bei 1000 G. getrocknet 83,09 16,91 Die Verhältnisse sind dem Eisenoxyde entsprechend, und noch schärfer hervortretend, was in der Eigenthümlichkeit der Thonerde, so leicht zusammen zu ballen, begründet sein mag. Als zufällig gegebenes Material wurden ferner auch Braunstein und Bleioxyd (käufliches) auf absorbirte Gase geprüft. Arch. d. Pharm. CLXXVIII. Bds. 1. u. 2. Hft. 3 34 E. Eeichardtj Braunstein. 100 Grra. gepulverter Braunstein gaben an C.C. Gas: I. 9,67; IL 11,52. Bleioxyd. 100 Grm. Bleioxyd ergaben 7,38 C.C. Gas. Auf 100 Vol. Substanz bezogen giebt dies Vol. Gas : Braunstein I. 25,1 IL 28,7 Bleioxyd 24,4. Die Zusammensetzung der Gase war in 100 Vol. Stickstoff Sauerstoff Kohlensäure Braunstein.. L 59,77" 9,56 30,67 IL 59,94 10,45 29,61 Bleioxyd.... 90,17 9,83 Der Kohlensäuregehalt bei dem Braunstein, wie der Stickstoff bei dem Bleioxyd und der Mangel an Kohlen- säure hier sind bemerkenswerth. Thon. Mit gewöhnlichem und auch durch Salzsäure gereinigtem Thon waren eine Reihe von Versuchen zuerst unter Wasser als Sperrflüssigkeit angestellt worden und folgten dann nur einige weitere mit hiesigem Thon, wel- cher gewöhnlich bis zu 25 Proc. und mehr kohlensauren Kalk enthält. Es war Thon, wie derselbe zur Ziegel- fabrikation hier verbraucht wird. Die Versuche erstreck- ten sich zunächst weniger auf das genaue Verhältniss des Thones zu den absorbirten Gasen, als auf einen Einblick in die Resultate, weitere jetzt im Gange befindliche Ana- lysen bestätigen jedoch die hier mitgetheilten Angaben vollständig. Die Prüfung auf Ammoniak ergab 0^133 Proc; Salpetersäure wurde nicht gefunden. Derselbe den Versuchen dienende Thon wurde erst überhaupt auf den Gasgehalt geprüft, sodann etwas an- gefeuchtet und so untersucht und dann durch längerem Liegen und öfteres Umrühren wieder lufttrocken analysirt. 100 Grm. Thon gaben an C.C. Gas: von festen Körpern absorhirte Gasarten. 35 angefeuchtet wieder lufttrocken I. II. I. IL I. II. 42,01 23,78 27,81 29,44 25,79 25,18 oder 100 Vol. Thon gaben Vol. Gas: angefeuchtet wieder lufttrocken I. IL L IL 34,07 36,1 40,6 37,5 Die Gase bestanden in 100 Volumtheilen aus: Stickstoff Sauerstoff Kohlensäure Gewöhnlicher Thon I. — 21,94 IL 63,61 14,45 derselbe feucht... . I. 59,79 6,14 34,07 IL 59,28 6,65 wieder trocken.... I. 69,96 4,92 25,12 IL 70,38 4,50 Diese Resultate schliessen sich denjenigen bei der reinen Thonerde auf das Beste an: 1. Der längere Zeit trocken gelegene Thon, wel- cher jedenfalls am wenigsten Wassergehalt besass, ent- hielt den meisten Sauerstoff gleich der bei 100<> getrock- neten Thonerde und die wenigste Kohlensäure. 2. Durch die Befeuchtung wird mit einem Mal die Menge des Sauerstoffs bedeutend vermindert, die Kohlen- säure vermehrt. 3. Durch das neue Trocknen wird vor Allem die Aufnahme von Stickstoff begünstigt und erreicht, über- steigt sogar die Zahl bei dem lange Zeit trocken gelege- nen Thone. Die fast immer auftretende, stärkere Aufnahme von Stickstoff, ein neues und sehr beachtenswerthes Factum, zeigt sich auch hier und ganz natürlich liegen die wich- tigsten Folgerungen über den Einfluss auf Bildung von Salpetersäure etc. sehr nahe, bedürfen aber noch mancher und sehr exacter Versuche, um zu einer bindenden Ge- wissheit zu führen. Immerhin beweist dieser stark her- vortretende Wechsel der Zusammensetzung der Gase bei ein und derselben Substanz unter veränderten Verhält- 3* 36 E. Eeichardt, nissen das Spiel der Elemente und chemischen Verbin- dungen, welche sowohl Pflanzennahrung bilden, wie bieten können und schliesslich sicher von massgebendem Ein- flüsse auf die chemischen Processe in der Ackererde sein müssen. Saal schlämm. Proben der bedeutenden Schlamm- ablagerung im Frühjahr 1865 im Saalthale wurden schon früher der eingehenden chemischen Untersuchung unter- worfen und finden sich die bezüglichen Angaben in der Zeitschr. f. d. Landw. 1865, S. 370. Derselbe Schlamm im lufttrockenen und fein zerriebenen Zustande wurde hier der Prüfung auf Gasgehalt unterworfen. 100 Grm. trockener Saalschlamm entwickelten beim Erhitzen an CG. Gas: oder 100 Vol. gaben lufttrockenes Gemisch I. 56,30 67,3 IL 33,04 37,6 III. 32,24 39,3 angefeuchtet I. 16,35 19,3 IL 18,08 19,5 IIL 37,93 48,5 wieder an der Luft I. 29,53 31,9 getrocknet IL 23,51 28,2 Die Untersuchung der Gase wurde hier auch auf Kohlenoxyd ausgedehnt, weil leicht zersetzbare organische Substanzen vorhanden waren. 100 Vol. Gas bestanden aus: Saalschlamm lufttrocken ... I. Stick- stoff Sauer- stoff Kohlen- säure Kohlen oxyd IL 18,61 IIL 67,69 13,70 angefeuchtet . . I. IL 68,21 30,56 1,23 IIL 66,47 2,97 wieder trocken L — 7,44 IL 67,40 9,09 16,07 Besonders bei dem Kohlenoxydgas sind die Verhält- von festen Körpern ahsorhirte Gasarten. 37 nisse anders, als bei der Gartenerde gefunden wurde, jedoch auch bei der Kohlensäure, dennoch lässt sich ein Zusammenhang unter den Analysen der verschiedenen Zustände dieses Schlammes leicht erkennen. Der lange Zeit im verschlossenen Gefässe aufbewahrte Schlamm enthält keinen Sauerstoff, aber reichlich Kohlen- oxyd und der wieder getrocknete hat Sauerstoff aufge- nommen und jedenfalls mehr Kohlenoxydgas wieder er- zeugt, als der feuchte Schlamm erweist, welcher dagegen viel mehr Kohlensäure ergiebt. Mit Ausnahme des dritten Versuches bei dem be- feuchteten Saalschlamme, welcher jedoch wieder getrock- netes Material betroffen haben könnte, zeigt sich wiederum ein weit geringerer Gasgehalt bei der feuchten Substanz und gewiss sind die geänderten Verhältnisse der Bestand- theile der Gase völlig genügend, den gewaltigen Einfluss der wechselnden Feuchtigkeitsmengen auch hier zu er- weisen, ungleich stärker traten sie allerdings bei Eisen- oxyd und der Thonerde hervor. Kohlensaurer Kalk. Die Versuche mit Kreide waren eigentlich die zuerst angestellten und folgen jetzt erst wegen der so zu gebenden geeigneteren Zusammen- stellung. Als Material dienten sog. Schlämmkreide des Handels und dann aus Chlorcalcium durch kohlensaures Ammoniak gefällter kohlensaurer Kalk. I. 100 Grm. Schlämmkreide gaben an C. C. Gas : oder 100 Vol. Kreide ergaben Vol. I. II. I. II. 47,11 39,85 51,2 53,6 Das Gas bestand nur aus Stickstoff, bei beiden Versuchen gleichlautend erwiesen. Die Prüfung auf Sal- petersäure ergab keine, dagegen wurden 0,425 Proc. Ammoniak vorgefunden. Bei dem einen Versuche ist die Abwesenheit des Sauerstoffs durch Pyrogallussäure, bei dem anderen durch Wasserstoff erwiesen worden, jedoch bestätigen dieses Resultat bei demselben Material auch frühere Versuche 38 E, Reichardt, unter Wasser, wo bei vier verschiedenen Proben durch die Explosion mit Wasserstoff keine Volumverminderung erhalten werden konnte. Die völlige Abwesenheit von Sauerstoff und Kohlen- säure sind sehr bemerkenswerth, sie erhalten jedoch in- soweit eine Erläuterung, als im Allgemeinen bei den meisten dieser Versuche eine weit grössere Menge von Stickstoff gefunden wurde, gegenüber dem Sauerstoff. IL 100 Grm. lufttrockener gefällter kohlensaurer Kalk ergaben C.C. Gas: I. 67,30 IL 62,89 Die Gase bestanden in 100 Volumtheilen aus: Stickstoff. 81,61 80,09 Sauerstoff 18,39 20,00 Kohlensäure ... Der gefällte kohlensaure Kalk ergab demnach weit mehr Gas^ als die Schlämmkreide und dasselbe nahe übereinstimmend mit dem Gemenge der Atmosphäre; auffallend ist wiederum die gänzliche Abwesenheit der Kohlensäure. Spätere, erst im laufenden Semester wiederholte Ver- suche zeigen theilweise andere Resultate und mögen der Wichtigkeit halber hier noch nachträglich Erwähnung finden. Dieselben erstreckten sich sowohl auf kohlen- sauren Kalk, wie kohlensauren Baryt, kohlensauren Stron- tian und kohlensaure Magnesia, von welchen letzteren die käuflichen, künstlichen Präparate allein Anwendung fanden, demnach bei der Talkerde die käufliche, 5^^ koh- lensaure Verbindung. Baryt^ Strontian, Kalk und Talkerde. 100 Gramm der b. treffenden kohlensauren Salze ergaben an C.C. Gas: Geschlämmte Kohlens. desgl. desgl. desgl. Kreide Kalk Baryt Strontian Magnesia L 38,31 51,53 10,37 34,12 700,00 IL 38,21 30,17 74,07 758,42 IIL 47,49 9,76 IV. 31,91 von festen Körpern ahsorhirte Gasarten. 39 Am auffallendsten ist die Menge des Gases bei der so specifisch leichten kohlensauren Talkerde und dadurch wohl erklärlich, am wenigsten Gas giebt der specifisch schwerste kohlensaure Baryt. Die Menge der Kohlen- säure ist, wie die folgenden Analysen ergeben werden, bei der Talkerde keineswegs überraschend gross,* obgleich das bekannte Verhalten der leichten Zersetzbarkeit des Präparates sicher schon etwas Kohlensäure aus der che- mischen Verbindung befreit hatte. 100 Vol. Substanz ergaben an Volumtheilen Gas: Geschlämmte Kreide Kohlens. Kalk desgl. Baryt desgl. Strontian desgl. Magnesia I. 49,0 52,0 19,4 39,0 114,8 II. 48,0 56,0 78,0 135,0 III. 55,0 17,0 IV. 39,0 Bei der Betrachtung der annähernden Volumverhält- nisse haben sich natürlich die hohen Zahlen für Magnesia bedeutend ermässigt, sind jedoch immerhin noch die grössten. Die Gase bestanden in 100 Volumtheilen aus: Stickstoff Sauerstoff Kohlensä Schlämmkreide. . . L 75,01 14,58 10,41 11. 75,01 15,38 9,61 III. 72,30 13,42 14,28 IV. 75,60 18,60 5,8 Kohlens. Kalk. ... — 77,37 15,09 7,54 Kohlens. Baryt ... I. 87,50 12,50 II. 86,45 13,55 III. 85,72 14,28 Kohlens. Strontian I. 86,85 13,15 II. 83,34 13,63 3,03 Kohlens. Magnesia I. 56,80 8,62 34,58 IL 71,02 4,83 24,15 Diese neueren Versuche ergeben einen besseren Ein- klang zwischen der Schlämmkreide und dem gefällten kohlensauren Kalke, sie gewähren sämmtlich eine ver- 40 K Reichardtj hältnissmässig bedeutende Menge Sauerstoff, um so be- achtenswerther, als dieses allgemeine Oxydationsmittel bis jetzt fast immer in sehr zurückstehender Menge vor- gefunden wurde. Die Mengen der Kohlensäure schwan- ken jedoch sehr auffallend. Die Gase bei kohlensaurem Baryt und Strontian stimmen sehr gut zu einander und namentlich gewährt der Strontian auch den Uebergang zu Kalk, da einmal etwas Kohlensäure nachgewiesen wurde. Bei der kohlensauren Talkerde ist bei der gros- sen Menge Gas es auffällig, dass nicht mehr — 1/3 — an Kohlensäure darin enthalten ist. Unleugbar geht aus diesen, stets gegenseitig sich controlirenden Versuchen wiederum hervor, dass ein und dieselbe Substanz unter geänderten Umständen andere Gasmengen und Gase erweist. Eine sehr wichtige Auf- gabe bei später folgenden Versuchen muss es sein, diese Aenderungen oder die sie bedingenden Einflüsse festzu- stellen, auf welche hier bei diesen ersten Versuchen keine genauere Rücksicht genommen werden konnte, da die Masse des Materials, welches des Einblickes wegen unter- sucht werden musste, zu gross war. Gyps. Fein zerriebener Fasergyps ergab auf 100 Gramm Substanz an C. C. Gas : I. 14,49 IL 24,71 III. 12,57 Die Gase bestanden in 100 Volumtheilen aus: Stickstoff Sauerstoff Kohlensäure I. 81,47 18,53 — IL 81,38 18,62 IIL 80,00 20,00 Trotz der verschiedenen Quantitäten Gas bei den drei angestellten Versuchen ist die Zusammensetzung so gleichartig, wie sie bei derartigen Untersuchungen nur erwartet werden kann. Die Prüfung auf Ammoniak ergab 0,244 Proc; Salpetersäure war nicht vorhanden. de Saussure fand bei den Absorptionsversuchen für Gyps überhaupt äusserst niedrige Zahlen. 1 VoL V071 festen Kürpern dbsorhirte Gasarten. 41 Gyps absorbirte : Ammoniak = 0, Kohlensäure = 0,53, Stickstoff = 0,58. Diese Versuche bestätigen insofern die Resultate de Saussure 's, als eigentlich nur atmo- sphärische Luft nachgewiesen wurde. Eine allgemeine Uebersicht der Resultate wird einen geeigneten Einblick in diese Versuche mit so verschie- denem Material gestatten, und zwar sind dabei nur die Mittelzahlen, aus den mehrfachen Resultaten entnommen, gegeben, da diese einen augenblicklichen Vergleich be- deutend erleichtern. Substauz: Gewöhnliche Holzkohle angefeuchtet u. wieder getrocknet Kohle von Populus pyramidalis „ „ Fraxinus excelsior. . . „ „ Alnus glutinosa Thierkohle Dieselbe, mit Salzsäure gereinigt Torf. Gartenerde, feucht „ lufttrocken Eisenoxydhydrat, käuflich frischgefällt, lufttrocken Dasselbe, heiss ausgewaschen... „ schwach geglüht Eiseuoxyd, durch Glühen dar- gestellt Thonerde, lufttrocken bei 1000 C. getrocknet Braunstein Bleioxyd Thon Derselbe, lange Zeit an der Luft gelegen Derselbe, wenig befeuchtet Saalschlamm, lufttrocken Wenig befeuchtet Wieder lufttrocken Schlämmkreide '^^/gs Dieselbe 1865 Kohlensaurer Kalk, gefällt ^^^65 Kohlensaurer Baryt Kohlensaurer Strontian.. .^ Kohlensaure Magnesia Gyps, fein zerrieben 100 Grm. 100 Vol. 100 Vol. der Gase enthielten: gaben gaben Stick- Sauer- Koh- Koh- C.C.Gas Vol. Gas stoff stoff len- säure len- oxyd 164,21 — 100 140,11 59,0 85,60 2,12 9,15 3,13 466,95 195,4 83,60 16,50 437,00 159,0 76,03 14,87 9,10 287,07 109,9 88,27 5,42 6,31 84,43 91,3 51,19 45,81 178,01 102,3 93,66 6,34 162,58 — 44,44 4,60 50,96 13,70 19,9 64,34 2,85 24,06 8,75 38,28 53,6 64,70 2,04 33,26 251,59 275,0 33,26 1,43 65,31 375,54 308,6 26,29 3,85 69,86 250,82 350,9 18,90 0,91 80,19 39,88 55,5 64,85 11,59 23,56 39,4 52,4 82,87 13,41 3,72 69,02 82,0 40,60 59,40 — 10,83 13,6 83,09 16,91 — 10.59 26,9 59,86 10,00 30,14 — 7,38 24,4 90,17 9,83 — 32,89 — 64,72 20,83 14,45 — 25,58 39,05 70,17 4,71 25,12 — 28,62 35,08 59,59 6,39 34,02 — 40,53 48,07 67.69 18,61 13,70 24,12- 29,2 67,34 30,56 2,10 26,52 30,05 67,40 9,09 16,07 7,44 43,48 52.4 100 — 38,98 48,0 74,49 15,49 10,02 — 65,09 — 80,81 19,19 — 51,53 52,0 77,37 15,09 7,54 — 16,77 30,8 86,56 13,44 — 54,09 58.5 83,58 13,39 3,03 — 729,21 124,9 63,92 6,72 29,36 — 17,26 — 80,95 19,05 — 42 E. Reichardtj Bei der übersichtlichen Betrachtung dieser Resultate mag noch einmal wiederholt werden, dass die betreffen- den Substanzen möglichst fest eingeklopft in dem Appa- rate erhitzt wurden, um so die mit Luft erfüllten Zwi- schenräume möglichst zu vermindern, völlig ist es natür- lich unmöglich. Die so oft erwiesene Abwesenheit von Sauerstoff mag ein Beweis sein, dass dieser Ausschluss genügend erreicht wurde. Eine Nothwendigkeit war es deshalb, dass, wo es irgend anging, die Substanzen sehr fein zerrieben angewendet wurden. Die Volumbestim- mungen der Substanzen geschahen durch Markirung an der Röhre, in welcher dieselben zur Erhitzung gelangten. Wie immer bei den ersten Versuchen, lassen sich auch hier manche und gewichtige Einwendungen gegen das Verfahren anstellen, jedoch ist die Methode so genau, wie sie eben bei der Untersuchung trockner Substanzen bis jetzt geboten werden kann; Verbesserungen und Ver- vollkommnungen können nur erwünscht sein. Trotzdem ergeben sich unleugbar eine Reihe von wichtigsten That- sachen aus denselben, welche die hier vorliegende Be- sprechung schliessen sollen: 1. Die Gase, welche durch Erhitzen trock- ner Substanzen ausgetrieben werden, repräsen- tiren nur äusserst selten (Gyps) die Mischungs- verhältnisse der atmosphärischen Luft. 2. Der Stickstoff wird fast durchgängig in grösserer Quantität aufgenommen, als der Sauerstoff, scheint demnach durch die absor- birenden Substanzen leichter verdichtet und so in den einer chemischen Verbindung jeden- falls geeigneteren Zustand überführt zu werden. 3. Der Sauerstoff dagegen fehlt in diesen Gasen sehr häufig oder findet sich nur i^ Spu- ren vor. Sei es, dass derselbe in kürzester Zeit in chemische Verbindung trete, was übrigens bei vielen der hier un- tersuchten Substanzen, z. B. dem Eisenoxyd, der Thon- von festen Körpern absorhirte Gasarten. 43 €rde etc.y nicht der Fall sein kann, oder wird er unter den gewöhnlichen Verhältnissen in weit geringerer Menge von den festen Stoffen aufgenommen und zurückgehalten. 4. Von wesentlichstem Einfluss für den Wechsel der Gasarten, die Grösse der Absorp- tion und die Verschiedenheit der zu absorbi- renden Gase ist die Befeuchtung der lufttrock- nen Substanzen und das wieder folgende Trock- nen derselben. Unbedingt verdanken wir dieser naturgemässen Ver- änderung der Erdoberfläche, insbesondere der Vegetation führenden lockeren Erdkruste, wichtigsten Einfluss auf die Verwitterung der Gesteine, die Bildung und Zurück- führung von Pflanzennahrung etc. 5. Die Kohlensäure kann als allgemeiner Bestandtheil der von festen Substanzen auf- genommenen Gase betrachtet werden, selten fehlt dieselbe, sehr oft findet sie sich in sehr grosser, auffälliger Menge, namentlich gegen- über der Mischung der Atmosphäre. Dieses Absorptionsvermögen der festen Stoffe deutet den Weg an, wie die gewaltigen Mengen dieser unent- behrlichen Pflanzennahrung aus der Luft zur lockeren Erde gelangen. 6. Einzelne, für die Mischung der Ackererde höchst wichtige Gemengtheile besitzen das Ver- mögen, Kohlensäure in ganz ungewöhnlicher Quantität aufnehmen und in lockerster (me- chanischer?) Verbindung zurückzuhalten. Es sind dies Eisenoxyd und Thonerde, dem fol- gend der Thon. Das Bindungs-_, Absorptions- vermögen ist im hydratischen Zustande am stärksten und kann durch Uebergang in den dichten Oxydzustand ganz oder fast ganz auf- gehoben werden.. Eisenoxydreiche Ackererden sind demgemäss frucht- bar, auch durch diese verstärkte Aufnahmefähigkeit für 44 E. Reicliardt, Kohlensäure; ingleichen muss diese werthvoUe Eigen- schaft bei der Wirkung des Thones für die Vegetation mit in Rechnung gebracht werden. Der kohlensaure Kalk besitzt das gleiche Vermögen nicht oder in weit schwächerem Grade, dagegen enthalten die hier absor- birten Gase mehr Stickstoflf, in andern Fällen auch Sauer- stoff in sonst nicht gewöhnlicher Menge. 7. Die Kohle und das Eisenoxydhydrat er- gaben die grösste Menge absorbirter Gase, bei ersterer vorwaltend Stickstoff, bei letzterem dagegen Kohlensäure. Die organischen Stoffe, wie im Torf, in der Garteu- erde, dem Saalschlamm, erweisen gleichfalls stets eine entsprechende grössere Quantität an Kohlensäure. 8. Von Ammoniak, dem gleichzeitigen Be- standtheil der Luft, findet sich äusserst wenig vor, gegenüber dem bekannten so bedeutenden Absorp- tionsvermögen einzelner Stoffe für dasselbe, z. B. der Kohle; allerdings ist dasselbe in der Atmosphäre nicht im freien Zustande vorhanden. Salpetersäure wurde nur äusserst selten nach- gewiesen und ist dann sicher in der Form von Salzen zugegen. 9. Verglichen mit den früher angestellten Versuchen de Saussure's über das Absorptions- vermögen einzelner Substanzen gegen be- stimmte Gasarten ist die Menge der durch Er- wärmung aus festen Substanzen auszutreiben- den Gase gering und harmonirt mit den dort erhaltenen Resultaten gar nicht. Es genügt wohl, hierbei auf den Mangel an Ammo- niak und das Verhalten des Stickstoffs, wie der Kohlen- säure, hinzuzeigen. * chemische Untersuchung von Schaf excrementen. 45 Chemische Intersuehung von Sehafexcrementen bei gleicher Nahrung der Thiere und verschiedenem Nähreffect 5 von Demselben. Das Material war von Hrn. Dr. Huschke in Lehe- sten bei Zwätzen eingesendet worden mit folgenden No- tizen : »Die betreffenden Schafe werden gemästet, wogen circa 100 Pfd. und bekamen das Stück täglich an Futter: ^/4 Pfd. Oelkuchen (I/4 im Saufen, ^j^ als Mehl auf Hackfrüchte gestreut). 1/4 Pfd. Bohnenschrot. 10 Pfd. Hackfrüchte (V2 Kartoffeln, 1/2 Rüben) und Heu so viel sie fressen wollen. No. I. sind Excremente von jüngeren Hammeln, No. H. von Merzern, welche ebenfalls zur Mast aufgestellt waren. Im Ganzen frassen die Thiere ziemlich begierig, mästeten sich aber nicht so gut bei No. H. als No. I. Das Futter für beide Abtheilungen ist in Quantität und Qualität ganz gleich, wenigstens Kraftfutter und Hack- früchte. Kann die chemische Analyse vielleicht in den Ex- crementen von No. H. mehr unverdaute Nahrungsmittel nachweisen? " Die eigentlichen Untersuchungen wurden in Folge dessen von Hrn. Stud. oec. H. Wedel ausgeführt. Die mikroskopische Prüfung zeigte allerdings bei No. I. weit weniger an kennbaren Theilen der früheren Nahrung, die chemische Untersuchung wurde auf den Gehalt an Stickstoff und die Analysen der Aschen ge- richtet. Es wurden gefunden: 46 E. Reichardt, I. II. Wasser, bei lOOO C. entweichend . . . 9,70 14,00 Asche 16,65 18,30 Verbrennliche Substanz 73,65 67,70 100,00 100,00 Stickstoff. 4,36 9,92 Prc. oder abgesehen von dem relativen Wassergehalt bestan- den 100 Theile der bei 100 o C. getrockneten Excre- raente aus: junge alte Schafe Asche 18,4 21,3 verbrennlicher Substanz... 81,6 78,7 100,0 100,0 und enthielten Stickstoff. 4,8 11,5 Proc. Die Zahlen für Stickstoff genügen eigentlich schon vollständig, um den Unterschied auch bezüglich der Nah- rungswirkung auszudrücken; die Excremente der alten Schafe enthalten 2,5 Mal so viel Stickstoff, als diejenigen der jungen, deren Verdauung im Stande war, grössere Mengen zu assimiliren und in Körpersubstanz zu ver- wandeln. Die Aschenanalysen ergaben in 100 Theilen der Aschen : I. II. junge alte Schafe Chlor 3,33 0,15 Schwefelsäure 3,01 6,03 Phosphorsäure 15,66 13,50 Kieselsäure 5,10 2,80 Eisenoxyd 3,80 3,60 Thonerde 3,60 4,18 Manganoxydoxydul 0,40 0,80 Kalk 9,52 3,36 Talkerde 5,32 5,78 Kali 1,92 5,04 Natron 1,31 3,23 Unlösl. Rückstand . . 47,40 48,80 chemische Untersuchung von Schaf excrementen. 47 Auf Salze berechnet ergiebt dies: I. II. junge alte Schafe Chlornatriura 3,34 — Chlorkalium 2,74 0,31 Kohlensaures Kali — 5,27 Kohlensaures Natron .... — 5,45 Kohlensauren Kalk 0,37 — Talkerde 5,32 1,82 Phosphorsaures Eisenoxyd 7,17 6,75 Phosphorsaure Thonerde 8,60 10,00 Phosphorsauren Kalk . . . 13,94 — Phosphorsaure Tarkerde — 8,59 Manganoxjdoxydul 0,40 0,80 Schwefelsauren Kalk . . Schwefelsaures Kali . . Kieselsäure Unlöslicher Rückstand. 4,29 8,16 1,05 2,68 5,10 2,80 47,40 48,80 99,72 101,43. Die Berechnung der Salze ergiebt zunächst nur die Richtigkeit der Analysen selbst, einen besseren Einblick gewähren jedoch die einzelnen Bestandtheile, da die An- nahme der Salze doch auf verschiedenen Willkürlichkei- sen beruht. J. R. Rogers*) fand in, bei 100^ getrock- neten Schafexcreraenten 13,49 Proc. Asche und die Zu- sammensetzung dieser folgend : Rogers Reichardt I. IL Kali 8,32 1,92 5,04 Natron 3,35 **) 1,31 3,23 Kalk 18,15 9,52 3,36 Talkerde 5,45 5,32 5,78 Eisenoxyd 2,11 3,80 3,60 Thonerde ? 3,60 4,18 *) Annal. der Chem. u. Pharm. LXV. 85; Reichardt, Acker- bauchemie, S. 364. **) Ist erhöht durch das Natron von NaCI. 48 E. Reichardtf Rogers Reichardt I. IL Manganoxydoxydul Spur 0,40 0,80 Chlor 0,08 3,33 0,15 Schwefelsäure 2,69 3,01 6,03 Phosphorsäure . 9,40 15,66 13,50 Kieselsäure ? 5,10 2,80 Kohlensäure *) Spur 0,16 3,93 Unlösl. Rückstand 50,11 47,40**) 48,80 99,66 100,53 101,20 Asche der bei 100^ getrock- neten Excremente. . . 13,49 18,40 21,28. Selbst bei dieser angeblich ganz gleichen Mischung des Futters, wie bei den von mir mitgetheilten Unter- suchungen I. und II. so weit wie möglich gegeben wor- den war, ist natürlich eine eben so gleichartige Zusam- mensetzung der Excremente, namentlich der Aschen- bestandtheile derselben, nicht zu erwarten. Immerhin liegen einige zu deutliche Beweise der Verschiedenheit vor, als dass sie übersehen werden dürften: Der Gehalt an Phosphorsäure, gegenüber der Analyse von Rogers, ist bei I. und IL bedeutender und beweist die stickstoffreichere Nahrung bei beiden über- haupt. Auf Thonerde, wie lösliche Kieselsäure scheint Rogers nicht Rücksicht genommen zu haben, beide sind unbedingt vorhanden gewesen; erstere befindet sich dem- nach mit in dem Eisenoxyde, letztere wahrscheinlich in dem unlöslichen Rückstande. Die Kieselsäure ist in der Asche von No. I. — junge Schafe — fast in doppelter Menge enthalten; ent- weder waren die älteren Thiere nicht im Stande, diese in dem Organismus nur wenig zu brauchende Substanz * abzuscheiden und den festen Excrementen zu überlassen, *) Durch Berechnung. **) Die Differenz mit oben beruht auf der Berechnung der Chlo- ride. chemische Untersuchung von Schafexcrementen. 49 was weniger glaublich sein dürfte, oder dieselben hatten überhaupt weniger Kieselsäure haltende Pflanzen — Heu — gefressen. Damit dürfte auch der höhere Gehalt an Kalk bei No. I. zusammenhängen und die bedeutend grössere Menge in der Analyse von Rogers. Am interessantesten ist aber jedenfalls das Verhält- niss des Chlors und der Chloride. Die jungen Schafe zeigen in den festen Excremen- ten einen ansehnlichen Chlorgehalt — Chlornatrium und Chlorkalium — , die älteren halben diese Beförderungs- mittel der Verdauung für ihre Ernährung verbraucht. Kali wie Natron sind von den jungen Schafen mehr verbraucht worden^ bei den älteren weniger auf- genommen und die Analyse von Rogers würde nach mehren solchen Uebereinstimmungen beweisen^ dass die Excremente von alten oder schwerer verdauenden Thie- ren entnommen waren. Es liegt nahe, von dem Mangel an Chlor in den festen Excrementen auf eine grössere Gabe von Salz zu schhessen, wie ja thatsächlich ältere Thiere mehr davon zur Verdauung verwenden, und jedenfalls erweist auch die chemische Untersuchung den sehr verschiedenen Nähr- effect bei gleicher Kost und verschiedenem Alter der Thiere. Eine jetzt nicht mehr mögliche Untersuchung der flüssigen Excremente derselben Thiere würde schliess- lich den vollständigen Einblick gewährt haben. Znr Resorption des Phosphors. Vorläufige Mittheilung von Dr. Th. Husemann und Dr. W. Manne, Docenten zu Göttiiigeu *), Ueber die Wirkung des Phosphors bestehen gegen- wärtig, nachdem die von Schuchardt vertretene Ansicht, *) Im Separatabdruck, eingesandt. D. R. Arch.d. Pharm. CLXX VIII. Bds. l.u.2.Hft. 4 50 Husemann und Marme, der Phosphor verbinde sich mit Wasserstoff und wirke als Phosphorwasserstoff für beseitigt angesehen werden muss, hauptsächlich zwei Ansichten. Die eine, welche auf Orfila zurückzuführen ist, hält die Oxydationsstufen des Phosphors für das die Phosphorvergiftung Bedingende; die Angaben der einzelnen Anhänger dieser Theorie di- vergiren darin, dass die Einen die niedrigeren, Andere die höchste Oxydationsstufe als vorzugsweise oder einzig wirksam bezeichnen. Die zweite, welche von der Mehr- zahl der neueren Pharmakologen und Toxikologen gebil- ligt wird, führt die Phosphorvergiftung auf den Phosphor als solchen zurück. Als Hauptgrund läge der letzteren Theorie sind zu- fällige Beobachtungen anzusehen, aus welchen der Schluss gezogen wurde, dass der Phosphor als solcher — wenig- stens- th eilweise — resorbirt werde. Von diesen sind die wichtigsten diejenigen, welche das Vorkommen von Phos- phor in der Leber bei Phosphorismus acutus darthun. Chevallier fils und Henri fils beobachteten zuerst das Leuchten des Phosphors in der Leber; später fand ihn Levin in gleicher Weise bei einem mit 3 Gran Phos- phor vergifteten Hunde am 5. Tage nach der Intoxication ; neuerdings constatirte Tun gel mit Mit seh er lieh 's Apparate den Phosphor als solchen in der Leber einer nach 9 Stunden an Vergiftung durch Zündhölzchen Ver- storbenen. Gegen diese Angaben ist von Anhängern der Oxy- dationstheorie der Einwand erhoben worden, dass der in der Leber nachgewiesene Phosphor durch aus dem Magen- inhalte stammende Verunreinigung bei der Section dort- hin gekommen und nicht als resorbirt^ir Phosphor anzu- sehen sei. (Munk undLeyden, die acute Phosphorver- giftung etc. p. 19 und 86. Berlin 1855.) Munk und Ley- den erhielten auch in vier Fällen negative Resultate, zwei Mal bei Untersuchung von Lunge und Leber von Hunden, welche einige Stunden nach Injection von Phos- phoröl in die Jugulans zu Grunde gegangen waren, das Resorption des Phosphors. 51 dritte Mal bei derjenigen der Leber eines Hundes, der zuerst 2C.C. und zwei Tage später noch 3C. C. Phos- phoröl subcutan erhielt und 2 Tage nach der letzten Application todt gefunden wurde, endlich das vierte Mal bei Untersuchung von Blut und Leber eines Hundes der drei Mal Phosphorpaste (zwei Mal ca. 1 Drachme, die dritte Dosis ist nicht angegeben) per os applicirt erhielt und 14 Tage nach der ersten, 8 Stunden nach der letzten Application starb. Bei dieser Sachlage schien es geboten, die Frage, ob der Phosphor als solcher resorbirt werde oder nicht durch eine grössere Reihe von Versuchen, welche frei von Fehlerquellen, zur Lösung zu bringen. Die von uns gemeinschaftlich unternommenen Experimente — deren Resultate wir hier mittheilen, indem wir die Veröffent- lichung der Details so wie anderer Versuchsreihen uns vorbehalten bis wir noch über andere Verhältnisse der Phosphorvergiftung zu definitiven Ergebnissen gelangt sind — bestanden darin, dass wir einerseits ausschliess- lich die Lebern, andererseits ausschliesslich das Herz und Herzblut von Thieren, welche wir mit Oleum phosphora- fiim, mittelst eines Katheters in den Magen injicirt, bei Hunden und Katzen unter gleichzeitiger Anwendung der Oesophagus-Ligatur vergiftet hatten, aus der Bauchhöhle beziehungsweise Brusthöhle, ohne den Tractus intestinalis in irgend welcher Weise zu verletzen, herausnahmen, sofort un- ter angesäuertem Wasser zerkleinerten und der Destillation im Mitscherlich'schen Apparate unterzogen. Stets wurde auf das Genaueste für grösste Reinheit der benutzten Utensilien gesorgt. Zur Exenteration dienten jedesmal frische, sorg- fältig gereinigte Instumente; zu Mitscherlich's Apparaten jedesmal neue Glasröhren, neue Korke, frische Destillir- kolben. Die Destillation geschah in einem absolut dunk- len Arbeitsraume, wie er uns im hiesigen physiologischen Institute zur Benutzung gütigt überlassen war. Die erhaltenen Resultate unserer Untersuchung so- 52 Husemann und Marine^ weit wir dieselben für jetzt veröffentlichen wollen, fassen wir folgendermassen zusammen: 1. Der Phosphor wird — wenigstens zum Theil — als solcher resorbirt. Bringt man toxische Dosen von Thosphor in Gel gelöst in den Magen ein, so kann man vermittelst des Mitscherlich'schen Verfahrens den Phosphor als solcheja in der Leber constant nachweisen, wenn die Thiere 2 — 3 Stunden nach der Vergiftung getödtet werden oder wenn dieselben in Folge der Intoxication rasch zu Grunde gehen. 2. Der Nachweis in der Leber ist sowohl bei Her- bivoren (Kanhichen) wie auch bei Carnivoren (Katzen und Hunden) möglich. 3. Die Dosis, deren es bedarf, um positive Resul- tate in Hinsicht des Nachweises des Phosphors in der Leber zu erhalten, ist eine sehr geringe. Wir haben das Leuchten im Mitscherlich'schen Apparate nach der Darreichung von 1 C. C. concentrirten Phosphoröls bei 5 Stunden nach der Vergiftung getödteten Kaninchen, so wie verschiedentlich nach 2 C. C. bei in Folge der In- toxication nach 4 Stunden gestorbenen Kaninchen in exquisirter Weise beobachtet. Die Gaben, bei welchen wir den Phosphor als solchen in der Leber nachwiesen, entsprechen 0,500 — 0,020 Grra. 4. Der Nachweis des Phosphors in der Leber gelingt auch dann, wenrr die Exenteration erst mehrere (12 — 20) Stunden nach dem Tode geschieht. 5. In einzelnen Fällen, jedoch nicht constant, zeigt sich beim Zerschneiden der Leber unter SO^- haltigem Wasser ein exquisiter Phosphorgeruch. 6. Auch im Herzen und dessen Inhalt ist Phosphor als solcher vorhanden. Mittelst des Mit- scherlich'schen Verfahrens haben wir ihn wiederholt bei Thieren, welche nach Darreichung grösserer Mengen Phos- phoröl gestorben sind, exquisit nachgewiesen. 7. Der Nachweis des Phosphors im Herzen und des- sen Inhalt ist bei Herbi- und Carnivoren möglich. Resorption des Phosphors. 55 8. Derselbe gelingt auch dann, wenn die Section des Thieres erst 20 Stunden nach dem Tode statt findet. 9. Für den gerichtlich - chemischen Nachweis der Phosphorvergiftang kann bei acut verlaufener Intoxication die Anwendung des Mitscherlich'schen Verfahrens auf Leber und Herz brauchbare Resultate liefern. 10. Da das Leuchten des Phosphors im Mitscher- lich'schen Apparate in sehr verschiedener Weise statt findet und an den verschiedensten Stellen des Rohres bisweilen sogar in der Vorlage beginnen kann, so ist grosse Aufmerksamkeit erforderlich und um ein Ueber- sehen des Phänomens zu verhüten, ist die Benutzung des Apparates in der von seinem Urheber ursprünglich an- gegebenen Form am vortheilhaftesten, ist die Anstellung des Versuchs in absolut dunklem Räume, ferner eine ganz allmälige Erwärmung des Destillationskolbens und eine hinreichend lange Fortsetzung der Destillation von beson- derer Bedeutung. In Hinsicht der bisher aufgestellten Theorien der Phosphorvergiftung ergeben unsere Versuche die Unhalt- barkeit derjenigen, welche eine im Magen bis zur höch- -^--^^ Stufe gediehene Oxydation des Phosphors fordert und aus der dort gebildeten Oxydationsstufe die entfern- ten Wirkungen des Phosphorismus acutus ableitet. Dass der Phosphor als solcher diese bewirkt, geht aus der von uns nachgewiesenen Resorption desselben nicht hervor, da seiner Oxydation im Blute kein Hinderniss im Wege steht. Ueberhaupt ist die Phosphorvergiftung wohl ein viel complicirterer Vorgang, als dass er in einseitigen Theorien, ob der Phosphor als solcher oder durch seine Oxydationsstufen wirke, eine ausreichende Erklärung fin- det. Bewiesen aber ist durch unsere angegebenen Ver- suche, dass der Phosphor theilweise als solcher in das Blut übergeht, und hier selbst bei dem Tode der Thiere und mehrere Stunden nach demselben nicht vollständig oxydirt ist. 54 Wittstein, lieber arsensanres Eisenoxyduloxyd; von G. C. Witlstein*). Zu den Präparaten, welche in neuerer Zeit Eingang in die Medicin gefunden haben, gehört auch das arsen- saure Eisenoxyduloxyd, gewöhnlich kurzweg Ferrum arse- nicicum genannt. Es fehlt aber noch in den meisten Pharmakopoen, selbst in den neuesten, der Pharmacopoea Germaniae. Die bayerische Pharmakopoe lässt es durch Fällen von Eisenvitriol mit dem Producte der Verpuffung von gleichen Theilen arseniger Säure und Salpeter dar- stellen; dieses Fällungsmittel kann aber keinen Anspruch auf Reinheit machen und muss ein variabeles Präparat liefern, über dessen Constitution überdiess nichts Näheres bekannt ist. Ich stellte mir daher die doppelte Aufgabe^ eine zweckmässige Darstellungsmethode des arsensauren Eisen- oxyduloxyds und seine chemische Zusammensetzung zu ermitteln. Als Leitstern dienten mir hier die mannig- fachen Erfahrungen, welche ich bereits vor 20 Jahren an den phosphorsauren Eisen verbindungen gemacht hatte**), und ich gelangte dabei zu dem, übrigens keineswegs un- erwarteten Resultate, dass die Arseniate des Eisens die vollständigste Analogie mit den Phosphaten dieses Metalls besitzen. Das nächste Bedürfniss zur Erreichung meiner Zwecke war ein reines und constantes Fällungsmittel des Eisen- vitriols ; die Wahl eines solchen bot keine Schwierigkeiten dar, denn nichts lag wohl näher als das dem gewöhn- lichen Phosphate 2 NaO -|- HO -|- PO 5 entsprechende arsen saure Natron 2 NaO -f- HO + AsO^, welches uns durch die Untersuchungen von Clark, Gmelin und Mit seh er lieh so genau bekannt geworden ist. Zu *) Von Hrn. Dr. Wittstein als Separatabdruck eingesandt. D. R. **) Repertor. f. d. Pharmacie. LXXXIX. 145 und XCI. 32. arsensaures Eisenoxyduloxyd, 55 seiner Bereitung löste ich reine Arsensäure in einer Por- cellanschale in der fünflfachen Menge Wasser auf, erhitzte die Solution zum Kochen und setzte portionenweise so lange reines kohlensaures Natron hinzu, bis kein Auf- brausen mehr entstand. Der Sättigungspunct lässt sich nicht mit Lackmuspapier ermitteln, denn, da die beab- sichtigte Verbindung entschieden alkalisch reagirt, so «nthält die Flüssigkeit nach dem Aufhören der sauren Reaction noch nicht genug Basis, treibt daher auf weitern Zusatz von Soda noch Kohlensäure aus und zwar so lange, bis das Verhältniss der Säure zur Basis nach Aequivalenten wie 1 zu 2 geworden ist. Dieser Sätti- gungspunct kann aber nur in der Hitze erreicht werden, l^ach erfolgter Sättigung wurde die Salzlauge zur Trockne verdunstet. Das Salz ist zwar krystallisirbar, aber wegen seiner leichten Löslichkeit nur schwierig; erwägt man dann noch, dass es verschiedene Mengen Krystallwasser bindet, nämlich, wenn die Lösung concentrirter und wär- mer ist, 14, wenn sie verdünnter und kälter ist, 24 Aeq., so muss vom praktischen Standpuncte aus, das Eindampfen der Salzlauge zur Trockne dem Krystallisiren unbedingt vorgezogen werden. Wie bei dem phosphorsauren Eisenoxyduloxyd, be- darf man zur Präcipitation des Arseniats auf 4 Aeq. Eisen- vitriol (der selbstverständlich noch nicht höher oxydirt sein darf) 2 Aeq. arsensaures Natron, und die gegen- seitige Einwirkung erfolgt dann nach folgender Gleichung: 4 Aeq. FeO + S03 + 7 HO und 2 Aeq. 2 NaO -f HO -f As 05 == lAeq_3FeO-fAs05 -[- 8 HO, Niederschlag, 4 Aeq. NaO + S03, 1 Aeq. FeO, 1 Aeq. AsO^ und 22 Aeq. HO. Lösung. Derageraäss wurden 3 Gewth. krystallisirter Eisen- vitriol in 60 Gewth. kalten Wassers, andererseits 2 Gewth. 56 Wittsteirij eingetrocknetes arsensaures Natron in 40 Gewth. kalten Wassers gelöst, letztere Lösung zu der ersteren unter beständigem Umrühren gesetzt, der entstandene Nieder- schlag nach erfolgtem Ablagern auf ein Filter gebrach t^ mit kaltem Wasser so lange ausgewaschen, bis dasselbe auf Zusatz von Baryumchlorid keine Trübung mehr erlitt^ dann das Filter auf einer mehrfachen Lage von Druck- papier ausgebreitet, an der freien Luft ohne künstliche Wärme getrocknet, hierauf fein gerieben und in ein Glas verschlossen. Der Niederschlag sieht, wie das analoge Phosphat, im Anfange weiss aus; während aber dieses bei seiner theilweisen höheren Oxydation an der Luft eine blaue Farbe annimmt, geht die Farbe des arsensauren Eisen- oxyduls unter denselben Umständen in dunkles Oliven- grün über. Ein anderer Unterschied dieser beiden Prä- parate ist der, dass das Phosphat beim Trocknen seine lockere Beschaffenheit behält und sich leicht vom Papiere abtrennen lässt, das Arseniat dagegen beim Trocknen zu festen Stücken zusammenschrumpft, an denen das Papier so stark haftet, dass es nur theilweise davon zu befreien ist. Will man daher am Arseniat nichts verlieren und auch keine Papierfasern darin haben, so thut man am besten, es noch feucht vom Filter auf eine Glasplatte oder einen flachen Porcellanteller zu streichen und dann vollends austrocknen zu lassen. Die getrockneten Stücke des Präparats besitzen eine tief grasgrüne Farbe, und geben durch Zerreiben ein dunkel olivengrünes Pulver. Bei 100^ nimmt es unter Verlust des grösseren Theils Wasser eine graugrünliche Farbe an; in der Glühhitze entweicht der Rest des Was- sers und der Rückstand sieht nun graubräunlich aus. Arsensäure geht dabei nicht fort. In Wasser löst es sich nicht; Salzsäure löst es leicht mit goldgelber Farbe auf, diese Lösung wird durch Kaliumeisencyanid dunkelblau gefällt und durch Kaliumsch^efelcyanid blutroth gefärbt. Zur Analyse wurde die Verbindung verwendet, nach- arsensaures Eisenoxyduloxyd. 57 dem sie fein gepulvert einige Tage unter der Luftpumpe neben Chlorcalcium gelegen hatte. I. 10 Gran davon löste man in Salzsäure, setzte der Lösung einige Blättchen chlorsaures Kali hinzu und er- hitzte, um alles Eisen in Oxyd überzuführen, fügte dann Kalilauge im Ueberschuss hinzu, verdampfte zur Trockne, glühte die Masse schwach und behandelte sie mit Wasser. Das dabei ungelöst gebliebene Eisenoxyd wog nach dem Glühen 3,872 Gran. Die kalinische Flüssigkeit lieferte durch üebersätti- gen mit Salzsäure, Zusatz von schwefelsaurer Magnesia nebst Salmiak, dann Ammoniak, und weitere Behandlung der gefällten arsensauren Ammoniak-Magnesia, 5,120 Gran 2 Mg O -f- As05, worin 3,799 Gran Arsensäure. II. In den Eisenoxyduloxyd -Phosphaten hatte ich das neben dem Oxydule vorhandene Oxyd stets durch Einleiten von Schwefelwasserstoflf in die salzsaure Lösung und Berechnung aus dem Geweichte des dadurch ausge- schiedenen Schwefels quantitativ bestimmt. Da sich dieser Weg bei dem Arseniate nicht benutzen Hess (weil dabei auch die Arsensäure mit in den Process gezogen wurde), so bediente ich mich hier des Kupferchlorürs nach dem vor Kurzem von Gl. Winkler im Journ. für prakt. Chem. Bd. XCV. S. 417 ausführlich beschriebenen Verfahren. Meine Kupferchlorürlösung war von der Beschaffenheit, dass 9,6 C.C. derselben 1,6 Gran Eisen aus dem Zustande des Oxyds in den des Oxyduls zurückführten, mithin 2,2857 Gran Eisenoxyd anzeigten. 10 Gran meines Arse- niats in Salzsäure kalt gelöst, mit Wasser verdünnt und mit ein paar Tropfen Schwefelcyankaliumlösung versetzt, verlangten bis zu dem Puncto, wo die durch letzteres Reagens hervorgebrachte Röthung wieder verschwand, 8,1 C. C. Kupferchlorürlösung, welche daher 1,9285 Gr. Eisenoxyd entsprechen. Diese von den in I. erhaltenen 3,872 Gr. Eisenoxyd abgezogen, bleiben 1,9435 Gr., welche 1,7491 Gr. Eisenoxydul entsprechen. Den Verlust von 10 Gran als Wasser angesetzt, er- 58 Wittsteirif arsensaures Eisenoxyduloxyd, giebt sich folgende procentische Zusammensetzung des Präparates: Gefunden Eisenoxydul 17,491 Eisenoxyd.. 19,285 Arsensäure.. 37,990 Aequivalente 6 3 4 Berechnet 17,938 19,931 38,214 Wasser 25,234 32 23,917 100,000 100,000 und glaube ich, ungeachtet der Differenzen in den gefun- denen und berechneten Zahlen für dasselbe die Formel 2 (3 Fe O + As 05 -f- 8 HO), 3 Fe203 -f 2 AsOS -f 16 HO aufstellen zu dürfen. Eine andere Frage ist freilich, ob das Verhältniss von 2 Aeq. Oxydulsalz und 1 Aeq. Oxydsalz immer das- selbe bleibt oder, wie bei dem Phosphate, Schwankungen unterliegt, und muss die Beantwortung derselben weiteren Forschungen vorbehalten bleiben. Sehen wir uns unter den in der Natur vorkommen- den Arseniaten des Eisens um, so finden wir, dass unser Präparat dem Würfelerz am nächsten steht, welchem Berzelius die Formel 3FeO + A805, 3Fe203 -f- 2As05 -f 18 HO gegeben hat. — Die von dem Präparate getrennte Salzlauge trübt sich, wie beim Phosphate, und setzt einen gelblich weis- sen flockigen Niederschlag von arsensaurem Eisenoxyd ab, der nach dem Trocknen die Formel Fe^O^ -j- AsO^ -\- 8 HO hat und beim Glühen, untßr Verlust des Was- sers und eines Theils der Säure, eine braune Verbindung = 3Fe203 -f 2P05 zurücklässt. HiecJcher, Bestimmung des Santonins in Santonintdbletten. 59 Ueber die Bestimmnng des Santonins in den Santonintabletten ; von Dr. R i e ck h e r *). Das von H. Trommsdorff zuerst in den ungeöff- neten Blüthenköpfchen von Artemisia contra aufgefundene krystallisirbare Princip, das einen Theil der Wirksam- keit des Wurmsamens repräsentirt und mit dem Namen Santonin bezeichnet wurde^ gehört keineswegs zu der Classe von organischen Verbindungen, zu welchen es nach der Endsilbe seines Namens gehören sollte (Chinin, Strychnin); es ist stickstofffrei und nicht im Stande, ge- genüber den Säuren die Rolle einer Base zu spielen und wirkliche Salze zu bilden. Ebensowenig zeigt es Aehn- lichkeit mit Salicin, das unter bestimmten Umständen sich in Zucker und Saligenin spalten lässt. Es verhält sich weit mehr als eine wirkliche Säure und die rich- tigste Bezeichnung dafür wäre Santonsäure. Ueber den Zusammenhang mit dem ätherischen WurmsamenÖl, oder ob wirklich ein solcher besteht, sind wir ebenfalls nicht vollständig aufgeklärt, obwohl nach einer älteren Arbeit von Völker eine gewisse Beziehung zu existiren scheint in der Art, dass das letztgenannte der Alkohol oder das Aldehyd der Santonsäure sein könnte, WurmsamenÖl und Santonsäure sich zu einander verhielten wie Alkohol oder Aldehyd zu Essigsäure. Unsere Literatur ist in Betreff des Santonins gleichfalls etwas mager; Duflos in sei- nem chemischen Apothekerbuch erwähnt desselben gar nicht; in seiner Anleitung zur Prüfung chemischer Arz- neimittel gedenkt er so wenig wie das Handwörterbuch der Löslichkeit in Chloroform, so dass es fast scheinen will, als ob man eine stiefmütterliche Behandlung einem Stoffe angedeihen lassen wolle, der in grosser Menge producirt und ebenso auch consumirt wird. Das eigen- *) Separatabdruck aus dem neuen Jahrbuche für Pharmacie. 60 Eieckher, tKümliche Verhalten des Santonins, seine Unlöslichkeit in Säuren und seine Löslichkeit in Alkalien mag zum grossen Theil Schuld sein, dass man einem Artikel bis- her wenig Gehör schenkte, der es aber um so mehr ver- dient, als hier einem absichtlichen oder zufälligen Betrüge Thür und Fenster geöffnet sind, nämlich die Prüfung der Santonintabletten. Obwohl die neueren Pharmakopoen sämmtlich hierzu Vorschriften geben, jede derselben einen Gehalt von 1/2 Gran Santonin vorschreibt, so sind es im Allgemeinen weniger Apotheker, als vielmehr Conditoren^ die mit der Verfertigung sich abgeben. Der Preis der- selben, durch Concurrenz nach und nach herabgedrückt^ gestattet einen geringeren Nutzen, und so scheint es fast auf der Hand zu liegen, dass entweder die Menge des Santonins vermindert, oder die des Zuckers vermehrt wird, um noch in lohnender Weise zu arbeiten. In einer der letzten Privatversammlungen von Collegen in Bietig- heira ward nicht allein des geringen Nutzens bei der Bereitung, sondern auch einer groben Nichtberücksichti- gung des Santoningehalts gedacht, welche Umstände mich bewogen, die Bestimmung des Santonins quantitativ zu. versuchen. College P. in Murrthal, der längere Zeit die Anfer- tigung von Santonintabletten unter seiner Aufsicht durch einen Conditor besorgen liess, erwähnt bei der Empfeh- lung seines Präparats die Chloroformprobe, ohne jedoch das Nähere darüber zu bemerken. Da die Anwendung anderer Lösungsmittel umständlicher, auch die Resultate (bei Anwendung von Alkalien) ungenauer sich zeigten^ 80 wurde das Chloroform als Lösungsmittel angewandt. Zwei Fragen waren indessen vor Allem zu beant- worten: 1) löst Chloroform in der That nur Santonin und nicht auch Zucker? und 2) welche Menge des Lö- sungsmittels muss angewandt werden, um alles Santonin in Lösung zu bekommen? Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, dass nur reines Chloroform angewandt wer- den darf, das keine Spur einer sauren Reaction zeigt Bestimmung des Santonins in Santonintahleiten. 61 und auf einem Uhrglase verdunstet, keinen Rückstand hinterlässt. Zur BeantwortuDg der ersten Frage wurden zwei Santonintabletten in einem erwärmten PorcellanmÖrser zerrieben und das Pulver einer massigen Wärme aus- gesetzt, um alle hygroskopische Feuchtigkeit zu entfer- nen. Es scheint mir dies um so nöthiger, als die Con- ditoren zur Erzielung eines steiferen Eiweissschaumes einen kleinen Zusatz von Essigsäure machen. Wird die- ses scharf ausgetrocknete Pulver mit Chloroform digerirt, abfiltrirt und das Filtrat im Wasserbade abdestillirt, so bleibt das Santonin zurück als weisse krystallinische Kruste, welche, mit Wasser übergössen, einige Stunden in Be- rührung damit blieb. Das Filtrat mit Kupfervitriollösung und Aetznatron versetzt, gab sogleich einen hellblauen, voluminösen Niederschlag, der beim Erhitzen sich schwärzte. Die Gegenwart von Zucker ist demnach nicht nachzuwei- sen und darf also mit Bestimmtheit angenommen werden, dass aus dem von Feuchtigkeit befreiten Pulver Chloro- form nur Santonin auflöst. Die Beantwortung der zweiten Frage hat ebenfalls keine Schwierigkeit, da das Santonin in Chloroform leicht löslich ist; vielmehr hängt das Meiste vom Apparate ab, der die Gewinnung des Chloroforms gestattet ohne einen zu grossen Verlust. Mit 1 Unze Chloroform lässt sich in einem entsprechenden Deplacirungs- Apparate der Gehalt von 1 — 2 Tabletten an Santonin vollständig ausziehen in der Weise, dass die letzten Tropfen des ablaufenden Chlo- roforms auf einem Uhrglase verdunstet, keinen Rückstand hinterlassen, also das früher Abgelaufene den ganzen Santoningehalt enthält. Sollte indessen die Methode prak- tisch werden, so müsste dieselbe möglichst genau sein neben geringstem Verlust an Lösungsmittel. Ich habe die gleichen Quantitäten Material mit 1^/2 — 3 Unzen Chloroform behandelt und niemals betrug der Verlust mehr als 9 — 11 Proc; letzterer steckt zu ^^4 in der aus- gezogenen Masse und kann bis zur angegebenen Grösse 62 Rieckherj wie ich weiter unten mittheilen werde, wieder gewonnen werden, so dass der wirkliche Verlust an Chloroform kaum in Betracht kommt. Die Bestimmung des Santonins ist eine directe und erfordert deshalb die grösste Genauigkeit und eine sehr feine Waage. Ich bediente mich eines 2" hohen^ etwas bauchigen und 1" weiten Glases, das etwa 4 Unzen Was- ser fasst, auf dasselbe passt ein Kork, der mittelst einer einfachen Bohrung eine an einem Ende ausgezogene Glas- röhre durchschieben lässt. In dieselbe wird, nachdem sie vollständig ausgetrocknet ist, ein kleiner Bausch von Baumwolle ziemlich fest" eingeschoben, hierauf das Pul- ver geschüttelt, Porcellanmörser und Glanzpapier mit Baumwolle aus- und abgerieben und so auf das fest auf- liegende Pulver ein Baumwollenpfropf gesetzt, der auch das Innere der Röhre reinigt. Der Kolben wurde zuvor wohl gereinigt und im Wasserbade bei 100^ ausgetrock- net und gewogen. Nachdem mittelst des Korkes die Röhre aufgesetzt ist und der Apparat mit Hülfe eines Stativs hinlängliche Festigkeit erhalten hat, wird das Chloroform aufgegossen und die obere Mündung der Röhre mit einem Kork leicht verschlossen. Anfangs bediente ich mich einer Röhre, welche etwa 12 C. C. fasste und 1' lang war; das Pulver mit der Baumwolle nahm etwa ^/3 der Röhre ein und das Chloroform musste nach und nach aufgegossen werden. Später nahm ich eine weitere, doppelt so lange Röhre, welche 60 C. C. fasste, goss alles Chloroform auf einmal auf und erreichte meinen Zweck in etwas kürzerer Zeit. Die Flüssigkeits- säule war jetzt 10 — 15 mal höher als die Pulverschicht und lief leicht und ziemlich vollständig ab. Die Proce- dur der Deplacirung findet schneller oder langsamer statt, je nachdem das Pulver mehr oder weniger fest einge- stampft ist, und giebt hier die eigene Praxis den besten Anhaltspunct. Nachdem alle Flüssigkeit abgelaufen, giesst man 10 bis 12 Tropfen Chloroform auf, nimmt das Glas mit dem Bestimmung des Santonins in Santonintahletten. 63 abgelaufenen Chloroform weg, fängt die nun herabrin- nenden Tropfen in einem reinen Uhrglase auf und lässt in gelinder Wärme verdunsten; bleibt kein Rückstand, so war die Masse vollständig von Santonin befreit. Das Glas, die Chloroformlösung enthaltend, wird mit einem durchbohrten massiven Kautschukstopfen und einer einmal gebogenen Glasröhre versehen und mit einem kleinen Liebig'schen Kühlapparate aus Glas verbunden ein lang- und enghalsiges Kochfläschchen und im Wasserbade das Chloroform abdestillirt. Nachdem das Gefäss leer gewor- den, kommt dasselbe in den durch kochendes Wasser erhitzten kupfernen Trockenschrank, wird vollständig aus- getrocknet und dann gewogen. Bei den nachfolgenden Versuchen wurde, das würtemb. Medicinalpfund von 12 Unzen = 357,6337 Grm. gesetzt, 1 Gran = 0,06209 Grm. angenommen. I. 2 Stück Santonintahletten aus einer Stuttgarter Apotheke entnommen, wogen zusammen 68 Gran und gaben 0,047 Grm. Santonin = 0,7569 Gran. II. 2 Stück, die aus einer andern Stuttgarter Apo- theke entnommen, wogen 65 Gran und gaben 0,054 Grm. Santonin = 0,8374 Gran. III. 1 Stück dito aus einer dritten Stuttgarter Apo- theke entnommen, wog 45 Gran und gab 0,042 Grm. San- tonin = 0,6764 GraU; IV. 2 Stück dito aus derselben Officin wogen 63 Gran und gaben 0,055 Grm. Santonin == 0,8858 Gran. V. 3 Stück aus einer hessischen Apotheke aus Darm- stadt bezogen, wogen 87 Gran und gaben 0,063 Grm. Santonin = 1,0146 Gran. VI. 4 Stück aus meiner jetzigen Quelle bezogen, wogen 95 Gran und gaben 0,112 Grm. Santonin = 1,8038 Gran. VII. 1 Stück aus meiner früheren Quelle bezogen, wog 38 Gran und gab 0,926 Grm. Santonin == 0,4187 Gran. Berechnet man die erhaltenen Resultate auf 1 Stück 45 „ » » 0,67^ n 31^2 » » » 0,4429 n 29 „ » » 0,3382 n 233/4 « » » 0,4509 n 38 « n » 0,4187 n 64 Riechherj (unter Annahme, dass dieselben gleich schwer gewogen haben) und stellt das Gewicht und den Gehalt an San- tonin neben einander, so erhalten wir: Von I. wiegt 1 Stück 34 Gran u. enthält 0,3784 Gran Santonin „ IL „ „ 321/2 „ „ „ 0,4187 „ « m. « « IV. „ « V. „ « VI. „ .VII. „ Vergleicht man den Gehalt der Tabletten an Santo- nin unter einander und nimmt das ProductllL, das die doppelte Schwere eines gewöhnlichen hat, aus, so sehen wir, dass keines wirklich 1/2 Gran enthält, am nächsten daran stehen VI. und IV., passiren mögen II. und VII., entschieden zu wenig enthalten I. und V. Diese Betrachtung ergiebt sich aber nicht ganz als richtig; sie basirt auf dem Gehalt an Santonin und lässt das Gewicht des einzelnen Stückes ausser Acht, welches zwischen 23 3/^ und 38 Gran schwankt, wenn wir das Product III. als aussergewöhnlich ausschliessen. Die Ver- wendung von 2 und 3 Stück Tabletten, ohne das Gewicht jeder einzelnen vorher bestimmt zu haben, ist dadurch zu erklären, dass dieselben durch den Transport gelitten hatten und theilweise zerbröckelt waren. Dass es un- richtig ist, aus VI., welches 4 Tabletten im Gewicht von 95 Gran, einfach das Mittel = 233^'^ Gran zu nehmen, kann wie folgt nachgewiesen werden. VI. 4 Stück aus meiner jetzigen Quelle bezogen, wogen 95 Gran und zwar: 1. wog 31 Gran, enthält 0,03654 Grm. = 0,5884 Gran Santonin 2. „ 24 „ „ 0,02829 „ =0,4556 „ 3. „ 20 „ „ 0,0238 „ ==0,3833 „ 4. , 20 „ „ 0,0239 „ ^0,3833 „ 95 Gran 0,112 Grm. 1,8106 Gran Santonin Während nach der oberen Zusammenstellung Ver- Bestimmung des Santonins in Santonintabletten. 6ö such VI. das beste Resultat gab, zeigt die untere, dass 1. mehr als 1/2 Gran, 2. ^/jq weniger als 1/2 Gran ent- hält, 3. und 4. dagegen nur etwa 2^3 von ^^ Grran. Es lassen sich die Resultate noch unter einander vergleichen a) nach dem Verhältniss des Santonins zur Masse und b) nach dem Gehalt des Santonins, den vor- geschriebenen Gran = 100 gesetzt. a) Das Verhältniss des Santonins zur Masse ist: bei VI. ' mQ 1 : ; 52,66 , III. » ^ ; 66,53 „ IV. n ■"- ' ; 71,12 „ 11. n -'- ' ; 77,62 . V. » ■'• • : 85,74 . I. « •'- • 89,84 „ VII. » ■•• • ; 90,75. b) Der Gehalt des Santonins: 1/2 Gran — 100 ge- setzt (der Versuch III. hierbei ausgeschlossen), so ent- hält : V. 67,64 Proc. I. 65,69 n VII. 83,74 n IL 83,73 n IV. 88,58 w VI. 90,19 » Während nach der Zusammenstellung von a) mit der Zunahme der Masse die Menge des Santonins ab- nimmt, jedoch nicht ganz consequent, giebt die von b) ein Resultat, das dem bereits oben gegebenen nahe kommt; nehmen wir als grösste Abweichung von '/2 Gran ein Manco von 20 Proc. an, so wären VII., IL, IV. und VI. noch zu dulden^ V. und I. dagegen auszuschliessen, was wir schon oben angegeben. So lange das Gewicht der Santonintabletten so grosse Schwankungen zeigt, wird es mit dem anbefohlenen ^/o Gran seine Schwierigkeiten haben. Dagegen kann ich diesen Gegenstand nicht verlassen, ohne der Aeusserung meines ehrenwerthen Collegen Jessen in Flauen zu er- Arch. d. Pharm. CLXXVIII. Bds. 1. u. 2. Hft. 5 66 Bieckherf wähnen und dieselbe der allgemeinen Prüfung zu unter- stellen. Bei der Generalversammlung des süddeutschen Vereins in Wiesbaden theilte er mir mit, dass er vom Conditor aus Zucker und Eiweiss sich die Tabletten von der gewöhnlichen Grösse verfertigen lasse, dieselben^ wenn vollständig trocken, auf ein durchlöchertes Blech mit der Spitze nach unten setze und jetzt mit Hülfe einer klei- nen Pipette eine Auflösung von Santonin in Chloroform in Form weniger Tropfen aufgebe. Durch Stehenlassen an einem massig warmen Orte verdunstet rasch das Chlo- roform und das Santonin ist in der gewünschten Menge in jeder Tablette, gleichgültig wie gross deren Gewicht auch sein mag. Die Cbloroformlösung bereitet derselbe sich so, dass durch Versuch bestimmt wird, wie viele Tropfen nach dem Verdunsten genau '/2 Gran Santonin hinterlassen. Ich werde im Interesse der Sache diesen Gegenstand verfolgen und mir erlauben, darüber noch- mals zu berichten. Schliesslich noch Weniges über die Gewinnung des Chloroforms, dessen leichte Verflüchtigung bekannt ist. Bei den Destillationen, welche ich in den letzten 14 Ta- gen vorgenommen, habe ich genau die angewandte Menge^ so wie den Verlust notirt, und zwar: 1. bei 1 Unze 6V2 Drachmen betrug der Verlust 70 Gran = 8,040/^ 2. „ 2 Unzen „ „ „ 140 Gran = 14,58% 3. „ 2 , « , "« 90 Gran = 9,370/^ 4. „ 2 „ 2mal destillirt „ „ „ 170 Gran = 14,58 0;^ 5. , 2 „ , , » 110 Gran = 11,46 0/0 6. „ 21/9 „ 2mal destillirt » » » 180 Gran = 15 «/o 7. „ 3 „ 7 J/g Drachmen » » » 240 Gran = 12,83 0/^ Bestimmung des Santomns in Santonintahletten. 67 8. bei 3 Unzen betrug der Verlust 180 Gran 11,110/^ 9. „ 3 „ „ 120 Gran = 8,33 0/,,. Dabei ist in Eechnung zu bringen^ dass unter Ver- lust auch diejenige Menge Chloroform begriffen ist, welche in der Glasröhre und in der Baumwolle zurückgehalten wird, ferner bei grösserer Menge Substanz auch mehr in der Masse zurückbleiben muss. Um das in der ausge- zogenen Masse enthaltene Chloroform zu gewinnen, giesst man etwa 1/2 Unze Wasser auf und verdrängt das Chlo- roform; den grössten Theil der wässerigen Flüssigkeit zieht man ab, setzt, um das Schäumen zu verhindern, Chlorcalcium oder ein von Krystallwasser befreites Salz (Magnesia sulfur. dilaps. oder Natr. sulfur. dilaps.) in genügender Menge zu und destillirt im Wasserbade das Chloroform ab. Auf diesem Wege können von dem Ver- lust noch 75 Proc. wieder gewonnen werden, so dass der eigentliche Verlust sich jetzt noch auf ein Minimum re- ducirt. Schliesslich möchte ich auch andere Collegen ver- anlassen, den Vorschlag von Jessen zu prüfen und ihre Resultate zu veröffentlichen. Marbach, den 10. März 1866. Resina Jalappae und seine Verfälschung mit dem Harze aus der stengligen Jalappe; vom Apotheker Kohlmann in Reudnitz. Eine der im pharraaceutischen Verkehr vorkommen- den unschuldigsten Verfälschungen ist, vom medicinischen Standpuncte aus betrachtet, wohl die oben angedeutete^ da nach den Untersuchungen von Bernatzik beide Harze von gleicher Wirksamkeit sein sollen; wenn man 5* 68 Kohlmann, aber in Erwägung zieht; dass das Loth Resina Jalappae e stipit. in den Preislisten der Droguisten mit etwa 5 Ngr., das reine Wurzelharz aber mit 24 Ngr. notirt ist, so kann dem Apotheker eine möglicher Weise statt gefun- dene Mischung beider Harze nicht gleichgültig sein. Bernatzik giebt in seinen sehr umfangreichen Un- ters^üchungen über Rad. Jalappae ein Methode der Nach- weisung des Stengelharzes im Wurzelharze, welche auf den verschiedenen Löslichkeitsverhältnissen der Grund- bestandtheile beider Harze in Chloroform beruht; allein diese Methode hat den Uebelstand, dass sie erstens län- geren Zeitaufwand, so wie mehrfache sehr subtile Wä- gungen und einen nicht unbeträchtlichen Chloroformver- brauch erfordert, schliesslixih aber kaum ein quantitatives, sondern mehr nur ein qualitatives Resultat ergiebt. Indem ich mich nun bemühte, eine andere Methode aufzufinden, welche obige Uebelstände vermeidet, glaubte ich keine bessere wählen zu können, als diejenige, welche sich auf das specifische Gewicht gründet. Bekanntlich ist das Jalappenwurzelharz sehr schwer, das Stengelharz aber bedeutend leichter, es lag also ganz nahe, dieses Moment zur quantitativen Bestimmung beider Harze zu benutzen. Um das specifische Gewicht des Jalappenharzes zu finden, zerbricht man dasselbe in kleine Stückchen von der Grösse eines Stecknadelkopfes oder darüber, bringt eine gerade Anzahl derselben in ein gewöhnliches Mix- turglas, übergiesst mit Glycerin und setzt nun nach und nach so viel Wasser zu, bis nach dem Schütteln und Ruhigstehenlassen die eine Hälfte der Stückchen nach oben, die andere Hälfte nach unten zu drängt; das so erhaltene, von den Harzstückchen befreite, verdünnte Glycerin bringt man nun in das 1000 Granglas, bestimmt hierdurch das spec. Gewicht und hat somit auch das des Jalappenharzes. Ich fand auf diese Weise das spec. Ge- wicht von selbstbereitetem Wurzelharz zu 1,146, das von Verfälschung der Resina Jalajypae. 69 selbstbereitetem Stengelharz zu 1,047, während ein mir zur Untersuchung übergebenes Jalappenharz ein spec. Gewicht von nur 1,136 zeigte. Hält man diese Zahlen, deren Eichtigkeit durch mehrfache Versuche festgestellt wurde, fest, so ist es sehr leicht, den Procentgehalt des Stengelharzes im Wurzel- harze zu bestimmen. Bezeichnen wir das spec. Gewicht des Wurzelharzes mit a, das spec. Gewicht des Stengel- harzes mit b und ferner die verschiedenen Mengen bei- der Harze in einer Mischung derselben entsprechend mit X und y, das spec. Gewicht der Mischung aber mit c, so verhält sich x : y = (c — b) : (a — c), denn X X a + y X b j • X c — b ' •' = c d. 1. X 4- y y a — c. Nun ist im vorliegenden Falle a := 1146 *), b ~ 1047, es verhält sich somit in dem zu untersuchenden frag- lichen Gemisch das Wurzelharz zum Stengelharz wie das spec. Gewicht des Gemisches weniger 1047 zu 1146 weniger dem spec. Gewicht des Geraisches; dies auf das von mir untersuchte Jalappenharz von 1,136 spec. Gew. angewandt, hat man: Wurzelharz zu Stengelharz oder x zu y = (1136 — 1047) : (1146 — 1136), d. i. = 89 : 10. Die untersuchte Probe bestand also aus 89 Theilen Wur- zel- und 10 Th. Stengelharz, d. h. circa 10 Proc. Zu- satz. Als praktisches Resultat ergiebt sich aber hieraus, dass, wenn man das erstere mit 24 Ngr., das letztere mit 5 Ngr. berechnet, jene Sorte nur einen Werth von 22 Ngr. hatte. Die Ausführung der Bestimmung ist sehr einfach : man wendet zur Ermittelung des specifischen Gewichtes *) Der leichteren Rechnung wegen sind die specifischen Ge- wichte nicht als gemischte Brüche, sondern als ganze Zahlen aufgeführt. K. 70 Kohlmann, Verfälschung der Resina Jala-pjpae. weder zu kleine Harzstückchen an, noch eine zu grosse Anzahl, um die Uebersicht über dieselben, da sie zu- weilen mit einander adhäriren, was man durch tüchtiges Umschütteln beseitigt^ zu erleichtern. Wem kein 1000 Granglas zu Gebote steht, hat eine grössere Menge Flüs- sigkeit anzuwenden, um sie mit dem Aräometer wiegen zu können, wenn man nicht vorzieht, ein beliebiges Glasstöpselgefäss zu tariren und auszuwiegen. Das ge- fundene specifische Gewicht in ganzer Zahl weniger 1047 giebt dann die Menge des Wurzelharzes an, während 1146 weniger jenes specifische Gewicht das Stengelharz repräsentirt^ natürlich vorausgesetzt, dass man sich von der Abwesenheit etwaiger anderer Verunreinigungen über- zeugt hat. 71 II. Waturg^escliielite und Pliarnia- kog;ii08ie. Ueber die Giftwiesen in Westaustralien und Nordamerika; von Heinr. Fraas*). Schon A. V. Humboldt macht in seinem ersten Bande „Ansichten der Natur" p. 51 darauf aufmerksam, dass nackte, nur spärlich bewachsene Steinebenen in der Waldebene des Orinoko von den Einwohnern für Krank- heiten erregend gehalten werden; — weshalb auch ganze Missionsdörfer daselbst verlassen wurden — und wirft die Frage auf: „Sollten die Steinplatten (laxas) bloss durch grössere Wärmestrahlung, oder auch chemisch auf den Luftkreis wirken?" Das Interesse für diese That- sache wird sich steigern, wenn man den, noch mehr über einen ähnlichen Gegenstand in das Einzelne eingehenden Artikel des Herrn Hofgärtners Bischof liest. Von ihm steht nämlich in der Wochenschrift „das Ausland" Nr. 6, 1864, p. 143 unter dem Titel: „Die Giftwiese im Mac Almoresthal in Georgia" Folgendes geschrieben: „Eine eigenthümliche Erscheinung im nordwestlichen Theil von Georgia, Süd- und Nord - Karolina, so wie auch in Ten- nessee, kommt in den Gebirgsgegenden vor. Man nennt sie Milch Sick (kranke Milch), die ihre Entstehung gif- tigen Futterplätzen verdankt." Herr Bischof besuchte eine derartige Wiese und fährt folgendermassen in der Beschreibung fort: „In dem tief gelegenen Thale zwischen den beiden Bergen „Lookout" ^) Durch Professor Dr. Wittstein eingesandt. D. R. 72 H, Fraas, und „Peagon" liegt eine derartige Wiese sorgfältig um- zäunt, um das Vieh abzuhalten. Ihre Vegetation war so grün und üppig wie die der benachbarten Wiesen. Nach- dem ich mich vorher versichert hatte, dass das Betreten dieses Platzes für Menschen keine Gefahr bringt, so war mein erster Gedanke, es müssen diese Nachtheile von giftigen Pflanzen herrühren, die an anderen Stellen, wo diese Krankheit nicht herrsche, noch unbekannt sind. Ich durchsuchte nun diesen Platz nach allen Richtungen, ohne eine mir auffallende Pflanze zu entdecken, die ich nicht auch ausserhalb der Umzäunung wieder gefunden hätte. Damit will ich zwar die Möglichkeit nicht absprechen, ob mir, bei einer so dick bewachsenen Wiese von sol- cher Ausdehnung eine kleine Giftpflanze nicht dennoch entgangen ist, da ich mit einiger Beklommenheit vor der Ansteckung dieser Krankheit den Platz durchsuchte; was aber meine Ansicht über giftige Pflanzen am ersten zum Schwanken brachte, war der Umstand, dass diese Stellen nur so lange jene nachtheiligen Folgen für das Vieh be- halten, als der Thau auf den Gräsern haftet, und dann vermeidet auch das Vieh durch den eigenthümlichen widerlichen Geruch der Giftpflanzen instinktmässig solche Stellen." „Die Gebirgsformation, welche diese Gegend umgiebt, besteht aus schwarzem Schiefer, Kalk und Sandstein. Da mir natürlich keine Gelegenheit geboten war, die tödtlichen Wirkungen dieser Weide selbst zu beobachten, die in dortiger Gegend so allgemein bekannt sind, so kann ich nur erzählen, was mir aus glaubwürdiger Quelle zukam." „So lange Thau auf dieser Wiese liegt, sterben alle grasfressenden Thiere vom Genüsse der darauf befind- lichen Pflanzen, und zwar je stärker der Thau, desto schneller und heftiger die Wirkung. Ist die Wiese ab- getrocknet, so schadet das Gras nicht mehr, was auch durch Erfahrungen insofern festgestellt wurde, als die Leute unter Mittagszeit das Vieh ohne Furcht auf die Gifhciesen in Westmistralien und Nordamerika. 73 Weide lassen; nur gegen den Abend wird zeitig ein- getrieben." „Besonders Pferde und Kühe gingen schon viele auf diese Art zu Grunde^ und wie viele Opfer mögen gefallen sein, bis man die Gefahr auf so enge Grenzen zu beschrän- ken vermochte. Hat das Vieh nur wenig bethaute Pflan- zen gefressen, so wird die Krankheit eine langsame, und unglücklicher Weise dann erst spät erkannt, wenn die Milch und Butter des Thieres, besonders letztere, tödtlich auf den Menschen gewirkt haben. Sind auch solche verein- zelte Fälle bekannt, wo davon ergriffene Menschen gerettet wurden^ so war ihre Heilung doch nur sehr unvollkommen, und sie siechten für ihre Lebenszeit. Auch das Fleisch von solchen erkrankten Thieren tödtet die Menschen und Raubthiere, und — ein Umstand, der dabei wohl zu be- achten ist — selbst im gekochten Zustande behält es die giftige Eigenschaft bei. Die Erscheinungen nach dem Genüsse sind folgende: Mattigkeit in den Gliedern, Traurig- keit und Ekel vor allen Speisen, heftiger Durst, hervor- tretende entzündete Augen, denen ein übelriechender Ge- ruch entströmt, entzündeter Magen und Brechreiz, tro- ckene Haut bei fast unverändertem Puls, dann der Tod." „Fragt man nun bei den Leuten nach ihrer Meinung über die Ursache dieser höchst auffallenden Erscheinung, die leider bis zur Zeit noch nicht wissenschaftlich auf- geklärt ist, so sind ihre Ansichten sehr getheilt; manche glauben, es sei Malaria, die aber unmöglich so enge Grän- zen halten würde, dass das Vieh längs der Umzäunung auch ohne Schaden des Morgens und Abends auf die Weide geht, i\Ialaria auch noch überdies in der Ebene und an sumpfigen Stellen von allen südlichen Staaten vor- kommt, ohne solche Wirkungen zu erzeugen. Andere schreiben es giftigen Ausdünstungen aus der Erde zu, und vermuthen Blei, Antimon oder Arsenik in grossen Quantitäten im Untergrund. Blei kommt allerdings in der Nähe sehr viel vor, und dass die Ausdünstung der Erde hierbei eine grosse Rolle spielt, beweisen wohl die schädlichen Niederschläge in dem Thau am besten." 74 H. Fr aas j Herr Bischof giebt weiter an, dass diese Gegend sehr reich an heilkräftigen Mineralquellen sei, die Eisen, Schwefel, Salze, worunter auch die der Magnesia u. s. w. mit sich führten, so wie auch dass die Vegetation eine sehr mannigfaltige und üppige sei. Den hier aufgezählten Thatsachen zufolge wird eine Erklärung dieser giftigen Wirkung der Wiesen in Mac Almoresthal nur schwer zu geben sein. Auch sind diese Erscheinungen, welche Herr Bisch off grösstentheils ja selbst erst von anderen in Erfahrung brachte, 30 merk- würdiger Art, dass man berechtigt ist, über die Richtig- keit einigen Zweifel zu äussern; jedenfalls müsste man, insofern die Ursache sicher gefunden werden soll; an Ort und Stelle die genauesten Beobachtungen erst anstellen. Nach dem Mitgetheilten kann nicht angenommen wer- den, dass anorganische aus der Erde sublimirende Stoflfe die giftige Wirkung hervorbringen, da das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein von Thau durchaus nicht modi- ficirend den Effect des Giftes beeinflussen würde; aller- dings giftige Gase, wie Schwefelwasserstoff, die vom Was- ser (Thau) gelöst werden, ausgenommen. Näher liegt die Möglichkeit, dass giftige Pflanzen oder wenigstens niedere Pflanzenorganismen^ wie mikro- skopische Pilze, die Ursache des Todes der darauf weiden- den Thiere sein können. Wenigstens sucht man auf die- selbe Weise ganz analoge Fälle^ die bei uns vorkommen und in welchen auch Rinder und Schafe gewisse Weide- strecken nicht besuchen dürfen, ohne dass sie erkranken oder sterben, zu erklären. So befinden sich in Ungarn Felder, deren Abweiden nach Gewittern die Blutstaupe bei den Schafen erzeugt, eben so in Sachsen {siehe Kör- hers „Magazin der gesammten Thierheilkunde J848")^ und im Gebirge kommen Almen vor, deren Raum so begrenzt ist, wie der der Giftwiesen in Mac Almoresthal und welche wegen des „Geräusches", einer Krankheit des Rindes, von der dieses auf solchen Almen weidende Thier befallen wird, gemieden werden. Giftwiesen in Westaustralien und Nordamerika. 75 Die directe Ursache derartiger Erscheinungen, welche zuweilen auch ein local epidemisches Auftreten der Krank- heit hervorruft und für die man keine vollkommen be- friedigende Erklärung geben kann, pflegt man mit den allgemeinen Ausdrücken, wie: „Malaria, Contagium und Miasma '^ zu bezeichnen. {„Dr. Wald^ das Vorkommen und die Entstehung des Milzbrandes'^ .) Die Wisaenschaft giebt sich natürlich mit einer sol- chen Erklärung nicht zufrieden, und Viele suchten daher auch die Ursache dieser so local auftretenden Krankheiten, dieses Contagiums näher zu erforschen. So wurde be- hauptet, der Entstehung von Pilzen, — wie oben schon angedeutet worden ist — oder von niederen Thierorgcanis- men, deren Entwickelung durch gewisse Verhältnisse des Ortes, wie Wärme, Feuchtigkeit u. s. w. besonders her- vorgerufen wird, sei es zuzuschreiben, wenn die Thiere von derartigen Krankheiten befallen werden. Hier sucht auch Körb er die Frage zur Entscheidung zu bringen, ob nämlich in den kümmerlich wachsenden Pflanzen (oder den Pilzen darauf), die auf den „Milzbranddistricten" wachsen und als Futter dienen, die Ursache der Krank- heit liege (Gabert, Gilber, Niemau, Ger lach. Haubner und andere Thierärzte zunächst), oder ob in einem nicht greifbaren Stoffe, ähnlich den krankmachen- den Stoffen in der Cholera, Malaria, Gelbfieber (vielleicht auch dem Typhus)? — Andere glauben wieder, in den in Fäulniss begriffe- nen organischen Stoffen das Uebel gefunden zu haben, indem die faulenden d. h. in einer Molecularbewegung sich befindenden Stoffe von der Luft fortgerissen mit dem gesunden, thierischen Organismus in Berührung kommen, diesen mit in ihre Bewegung der Molecüle hineinziehen und so den Tod hervorrufen. In welcher Weise niedere Pflanzenorganismen Ursache von Krankheiten und dem Tode bei verschiedenen Thie- ren sein können, finden wir in mehreren Beispielen in einem Artikel von Professor Frank in den „thierärztlichen 76 H. Fr aas y Mittheilungen, 1865, Heft XI." Hier wird angeführt (p. 80), wie der Milzbrand mit niederen organischen Ge- bilden, welche die Ursache der Krankheit sein sollen, in Zusammenhang gebracht wurde, ferner, wie gastrische Lei- den, der Dampf, die Lungenseuche dem schimmeligen Futter zugeschrieben werden, und ein Fall in England wird erwähnt, bei welchem Pferde in Folge des Genusses von schimmeligem Hafer krepirten. So wie auf Pferde und Hohlhörner, so wirken Pilze auch z. B. auf Insekten, den Tod hervorrufend, oder zu- weilen auch nur beschleunigend ; denn einigen Zweifel erlauben wir uns dagegen auszusprechen, wenn Prof. Frank behauptet, dass z. B. bei der Seuche der Seiden- raupen „das Wesen der Krankheit" und die Ursache nur in dem Pilze — Botrytis Bassiana — besteht und dass dieser Pilz nicht das secundäre Uebel ist. Wenigstens stimmt diese Behauptung mit der Ansicht des Herrn V. Liebig nicht überein, welcher in einem Artikel: „Ueber die Natur der Pflanzenkrankheiten", in der „Zeit- schrift des landwirthsch. Vereins in Bayern, 1864, IL" sagt: „die Seidenraupenkrankheit beruht wesentlich dar- auf, dass die Maulbeerblätter diejenigen Bestandtheile, welche zur Ernährung des Thieres nothwendig sind, nicht mehr in der richtigen Menge und Beschaffenheit enthalten," und weiter unten „die Seidenraupe wird nicht krank und liefert Seide, wo der Boden seinen vollen Gehalt an Pflan- zennährstoffen noch besitzt". Demniich könnte der Pilz in der Seidenraupe nur eine Folge einer schon vorhan- denen Krankheit sein, die hervorgerufen wurde durch eine nicht vollkommene Ernährung^ des Thieres. Der Betrachtung über den Einfluss von Pilzen auf den Gesundheitszustand der Thiere, geht eigentlich die der Wirkung auf höher organisirte Pflanzen voraus, und da sich diesem ein in neuerer Zeit sehr interessanter Streit: „über die Ursachen von Pflanzenkrankheiten", anschliesst, so erlaube ich mir ein wenig hier vom eigent- lichen Thema abzugehen. So wie Prof. Frank in seinem Gifhüiesen in Westaustralien und NordarneHka. 77 Artikel der thierärztlichen Mittheilungen: ^niedere pflanz- liche und thierische Organismen in ihrem Verhältniss zum Thierkörper", in mehreren Beispielen die Pilze als die Ursache von Krankheiten darstellt; so finden wir auch mehrfach die Ansicht vertreten, dass bei vielen Pflanzen- krankheiten z. B. Kartoffel- und Traubenkrankheit nur ein Pilz die alleinige und directe Ursache des Todes die- ser Pflanzen ist. Besonders ist es Prof. de Bary (seine Ansichten über die Kartoffelkrankheit sind abgedruckt im „landwirthsch. Intelligenz- Blatt" vom 10. März 1866), der das Verhalten des Pilzes Botrytis infestans genau untersuchte und denselben als die Ursache der Krankheit bei den Kartoffeln angiebt; er sagt: „Das Befremdende, welches der geschilderte ursächliche Zusammenhang der Krankheit für den Laien auf den ersten Blick haben mag, verschwindet völlig, wenn man sich auf dem Gebiete der Pflanzenpathologie weiter umsieht. Eine sehr grosse Menge von Pflanzen, cultivirte wie wild wachsende, werden von Schmarotzerpilzen der verschiedensten Art bewohnt, und diese erzeugen die Krankheit, indem sie sich auf der gesunden Pflanze ansiedeln und von ihren Bestandtheilen ernähren. Die Kartoöelkrankheit ist nur ein specieller Fall unter hundert ähnlichen," und w^eiter unten steht: „allein eine Reihe von Thatsachen macht es höchst wahr- scheinlich, dass der in Rede stehende Pilz von jeher in dem Vaterlande der Kartoffel auf dieser vorgekommen und mit den Knollen in die kartoffelbauenden Länder aller Welttheile eingeschleppt worden ist". Aber dieser Ansicht steht auch hier die des Herrn V. Lieb ig entgegen, der, wie oben schon angegeben, nicht bloss die Ursache der Raupenseuche in einer unzu- reichenden Ernährung von Morus alba und somit der Seidenraupe findet, sondern auch die Krankheit von Kar- toffeln und Trauben dem nicht vollen Gehalte an Pflan- zennährstoffen im Boden zuschreibt, dem sie seit Jahr- hunderten ohne Wiederersatz entzogen wurden. In dem oben schon angeführten Blatte: „Zeitschrift des land- 78 H. Fr aas, wirthsch. Vereins in Bayern, 1864, IL" finden wir (p. 60) auf das Resultat eines Versuchs gestützt von H. v. Lie- big den Satz: „Es folgt aus diesen Versuchen unwider- sprechlich, dass die Bedingungen, welche die normale Entwickelung der Pflanzen beförderten, die nämlichen sind, welche die Krankheit verhüten, und dass demnach^ da die gleichen äusseren Schädlichkeiten auf die Pflan- zen der drei Felder einwirkten, die nächste Ursache der verderblichen Krankheit in dem Boden gesucht werden rauss." Das Erscheinen des Pilzes bei der Pflanzenkrank- heit wird hier nur als ein secundäreB Uebel betrachtet. Der hier erwähnte Versuch wurde später wiederholt, ergab aber ein ganz verschiedenes Resultat, als in genannter Zeitschrift beschrieben ist, siehe: „land wirthsch. Wochen- blatt die Schranne Nr. 11, 1866." Obgleich auch hier die Kartoffeln ganz unter denselben Verhältnissen wuchsen wie im ersten Versuche, so erkrankte doch keine. Aus den oben erwähnten Thatsachen der Wirkung nieder organisirter Pflanzen auf Thiere, lässt sich mit Recht auf die Möglichkeit schliessen (wie oben schon kurz erwähnt wurde), dass die Erkrankung und der Tod, der erfolgt, wenn Thiere wie Rinder, Schafe u. s. w. an gewissen Orten weiden, durch die Entstehung solcher Pilze, wozu die Beschaflfenheit des Ortes besonders bei- tragen mag, hervorgerufen werden kann. In Fäulniss sich befindende Stofi'e, so wie höher organisirte giftige Pflanzenarten können ebenfalls verderbend wirken und zum epidemischen Auftreten einer Krankheit wird die Bodenbeschafifenheit und der jeweilige Stand des Grund- wassers wohl als Ursache gelten können. In den „thier- ärztlichen Mittheilungen," 1865, Heft XL, p. 31, ist über letzteres mehr zu finden; und Heft X., 1865 steht p. 47: „Dieser Erreger des Anthrax wird auf einen nicht durch- lassenden Untergrund, aber meist durchlassenden Ober- boden zurückgeführt und dabei sei der Stand des Grund- wassers als immer wechselnd erkannt worden. Derartige Orte, die von weidenden Tbieren ohne Giftwiesen in Westaustralien und Nordamerika. 79 Lebensgefahr nicht besucht werden können, und die sowohl bei uns wie in Amerika vorkommen, finden sich auch in Westaustralien und glaubt man dort allgemein, dass die vergiftende Wirkung hervorgebracht wird durch eine strauchartige Pflanze aus der Familie der Leguminosen — Gastrolohium hilohum (Hooker). Diese Pflanze wächst nämlich an bestimmten Orten der Weideplätze in grosser Menge und soll den Tod, be- sonders bei Schafen nach sich ziehen, wenn sie davon fressen. Herr Dr. Ferd. Müller, der sich in Australien — Melbourne — befindet^ schickte mehrere Exemplare ge- nannter Pflanze an Herrn Prof. Dr. Wittstein mit einem Brief folgenden Inhaltes: -„Es wird Ihnen bekannt sein, dass weite Striche Westaustraliens als Weideland für Schafe, Rinder und Pferde unbenutzbar sind wegen des massenweisen Auftretens dieser schädlichen Pflanze und verwandter Arten, so wie auch gewisser Gompholo- 6mm -Arten; nun wäre es doch interessant zu wissen, in welchem Stofi'e die tödtende Wirkung ruht. In Hooker's Journal werden .Sie manche Mittheilung von Drummond über die Symptome^ welche durch den Genuss des Ga- strolohium herbeigeführt werden, mitgetheilt finden." Leider konnte ich diesen Artikel von Drummond nicht bekommen, da Hooker's Journal in der kgl. Staats- bibliothek nicht vollständig vorhanden war. Prof. Witt- stein hatte nun nicht bloss die Freundlichkeit, mir diese Gastrolobium-Species zur chemischen Analyse, deren Gang und Resultat weiter unten beschrieben ist, zu übergeben, sondern stand mir auch während meiner Arbeit mit seinem Rathe zur Seite. Es ist selbstverständlich, dass ich bei meiner che- mischen Untersuchung die Hoffnung hatte, das Räthsel zu lösen, nicht bloss wodurch diese Weideplätze in West- australien unbenutzbar werden, sondern auch worin die Möglichkeit einer giftigen Wirkung dieser Giftwiesen Amerikas zu suchen ist. Allein mit Bedauern muss ich 80 H. Fraas, gleich von vorn herein erklären; dass die Resultate meiner Analyse dieser Gastrolobium-Art nichts zur Aufklärung der Sache beitragen, ich im Gegentheil der Ansicht von Drummond und der aller Schafzucht treibenden Land- wirthe Westaustraliens mit dem Bemerken entgegentre- ten muss: „Das Gastrolobium hilohum ist — nach der chemischen Analyse zu urtheilen — nicht im Entfernte- sten giftig". Auch erzeugte ein Versuch, indem das luft- trockene Kraut einem Schafe direct zu fressen gegeben wurde, nicht die geringste Wirkung auf das Tliier. Vielleicht, dass eine andere Art von Gastrolobium oder Gompholobium vergiftend wirkt? — Aber bei der vorliegenden Species müssen die Beobachtungen nicht genau genug angestellt worden sein, denn sonst hätte sie Drummond nicht in der Weise beschuldigen können. Der Physiolog Isidore Pierre verlas in der Sitzung der Pariser Akademie vom 24. October eine Abhandlung über den Milzbrand bei Schafen und Rindern {sang de rate des animaux d'espece ovine et bovine), in der er be- hauptet: „dass man in der Ernährung die erste Veran- lassung des Hebels zu suchen habe, dass in einer Ver- änderung der Fütterungsweise das beste Mittel zu seiner Bekämpfung bestehe" und schreibt dem grossen Gehalte von plastischen Substanzen im Futter, besonders der Le- guminosen, die daran sehr reich sind, die Entstehung des Milzbrandes zu; siehe: „Preuss. Annal. der Landwirthsch." und „Thierärztliche Mittheil. HeftX., ö5, p. 54" und was besonders für Westaustralien gelten könnte, wäre in dem Satze: „In den Leguminosen, wie sie als Futter ver- braucht werden, bilden die Blattorgane einen ansehnlichen Theil des Gesammtgewichts der Pflanzen; die Pflanzen erreichen aber in der trockenen Ebene der Beauce durch- gängig nur eine geringe Höhe, wodurch das Verhältniss der Laubmenge zu dem Gewicht der ganzen Pflanze noch bedeutend erhöht wird. Die Thiere, welche hier weiden, verzehren demnach eine verhältnissmässig grosse Menge Blattorgane und damit Theile, welche besonders reich an Giftwiesen in Westaustralien und Nordamerika. 81 Mineralstoffen, an Eisenoxyd und vor Allem an Stick- stoffverbindungen sind." Allein abgesehen davon, dass diese Meinung von Pierre im Gegensatze steht mit den Ansichten des Dr. H. Wald^ der in seinem Buche: „über das Vorkommen und die Entstehung des Milzbrandes" zu dem Schlüsse kommt, dass der Milzbrand stets auftritt, wo der Boden ein Moorboden und Ueberschwemmungen benachbarter Flüsse ausgesetzt ist; und ferner abgesehen davon, dass nach der Analyse die Menge der plastischen Bostandtheile in dieser Leguminose — Gastrolohium bi- lohum — nicht gross ist, was schon aus dem geringen Gehalte von Phosphorsäure (3,083 Proc. der Blattasche) erhellt, da angenommen werden kann nach den Unter- suchungen des Dr. Mayer, dass die Phosphorsäure zu den stickstoffhaltigen Bestandtheilen einer Pflanze immer in einem geraden Verhältniss steht, siehe: „Ueber das Verhältniss der Phosphorsäure zu dem Stickstoff in einigen Samen von Dr. Mayer". — Ich sage abgesehen von all' dem, so ist ja noch nicht constatirt, ob die Krankheit, welcher Rind und Schaf in Westaustralien unterliegt, der Milzbrand ist. — Sehr wünschenswerth wäre es allerdings, in einem genauen Untersuchen und Feststellen der That- sachen nicht nachzulassen, um den ganzen so interessan- ten Vorgang genügend erklären zu können, und wir wären Herrn Dr. Müller sehr dankbar, wenn er uns weiter behülflich wäre den Gegenstand zu studiren. Gastrolohium bilohum gehört zu der Familie der Le- guminosen und in die 17. Linn. Classe. — In Westaustralien vorkommend, bildet sie daselbst einen Strauch, der einige entfernte Aehnlichkeit mit der bei uns vorkommenden Ononis spinosa hat. An den holzigen Stengeltheilen be- finden sich lederartige Blätter von verkehrt- herzförmiger Gestalt, die unregelmässig auf der Pflanze vertheilt sind. Die Frucht, von der zu wenig vorhanden war, um sie besonders zu untersuchen, bildet eine sehr kurze, rund- liche Hülse. Die zur Untersuchung bestimmten Blätter waren ohne besonderen Geschmack und Geruch, und Arch. d. Pharm. CLXXVIII. Bds. 1. u. 2. Hft. a 82 H. FraaSy zeigten überhaupt die Eigenschaften, welche die meisten Leguminosen besitzen. Bekanntlich enthält die Pflanzen- familie überhaupt meist giftlose Species. Der allgemeine Gang der Analyse bestand darin,, dass zuerst 70 Grm. der lufttrockenen, zerkleinerten Blät- ter nach einander mit Aether, Alkohol, Wasser und Salz- säure behandelt; dann ein anderer grösserer Theil, 1^2 Pfund, zur Destillation mit Wasser verwendet und der Rückstand und das Destillat analysirt wurden. Eine dritte Portion endlich diente zur Ermittelung der mine- ralischen Bestandtheile. Chemische Untersachung. A. Aeiherischer Auszug. 70 Grm. gröblich gepulverte, lufttrockene Blätter^ die, einem damit im Kleinen angestellten Versuche zu- folge, bei 110^ C. getrocknet 8,4 Grm. Wasser verloren und demnach 61,60 Grm. wasserfreies Kraut repräsentir- ten, wurden mit Aether 10 Tage in der Temperatur eines geheizten Zimmers digerirt. Hierauf brachte man das Ganze in einen Verdrängungs- apparat und wusch mit neuen Mengen Aether so lange aus, bis dieser nicht mehr gefärbt ablief. Das erste Fil- trat war von gesättigt smaragdgrüner Farbe j nebst den Waschflüssigkeiten verdunstet, hinterliess es ein dunkel- grünes aromatisch riechendes Extract, welches mit Wasser einige Zeit in massiger Wärme behandelt wurde. Dabei schied sich eine schwarzgrüne salbenartige Masse aus, und darüber befand sich eine klare weingelbe Flüssigkeit^ die man durch ein Filter trennte. I. Der filtrirte, wässerige Auszug hatte einen schwach bitteren, kratzenden Geschmack, schwach aro- matischen Geruch, reagirte massig sauer, nahm beim län- geren Stehen ein opalisirendes Ansehen an und verhielt sich gegen einige Reagentien wie folgt: Ammoniak färbte die Flüssigkeit hochgoldgelb und Giftwiesen in Westaustralien und Nordamerika. 83 erzeugte nicht nur keinen Niederschlag, sondern brachte die Opalescenz wieder zum Verschwinden. Baryurachlorid gab nach einiger Zeit eine Trü- bung, die durch Salzsäure nicht wieder verschwand. Eisen chlorid erzeugte eine Trübung von dunkel- grüner Farbe. Neutrales essigsaures Bleioxyd bildete einen Niederschlag von graugelber Farbe. Gerbsäure Hess eine kaum merkliche Trübung allmälig entstehen. Kalilauge verhielt sich wie Ammoniak. Kalkwasser desgleichen. Oxalsaures Ammoniak brachte erst nach einiger Zeit eine Trübung hervor. Salpetersaures Silbe roxyd bewirkte nach län- gerer Zeit eine Trübung. Einen Theil der Flüssigkeit I. verdunstete man bis zu einem kleinen Volumen und stellte sie in die Kälte, um zu ersehen, ob sich vielleicht irgend etwas Krystalli- nisches ausscheiden würde, was jedoch nicht der Fall war, sondern es sammelte sich nur am Boden der Schale ein wenig Harz. a) Nachdem der abgedampfte Theil der übrigen Flüssigkeit wieder hinzugesetzt worden war, fällte man sie mit neutralem essigsauren Bleioxyde vollständig, sam- melte den graugelben Niederschlag auf einem Filter, wusch ihn aus und übergoss ihn mit verdünnter Essig- säure. Er löst sich darin bis auf einen unbedeutenden Rückstand von schwefelsaurem und phosphorsaurera Blei- oxyde, das entfernt wurde. Nachdem aus der essigsauren Lösung durch Sättigen mit Ammoniak der Niederschlag wieder hergestellt und gut ausgesüsst worden war, rührte man ihn mit reinem Wasser an und zersetzte ihn durch Einleiten von Schwefelwasserstoffgas. Der dabei entstandene schwarze Niederschlag gab, gut ausgewaschen und getrocknet, an Alkohol nicht Lös- liches ab, bestand mithin bloss aus Schwefelblei. 6* 84 H. Fr aas j Die vom Schwefelblei geschiedene und durch Erwär- men vom überschüssigen SchwefelwasserstoflP befreite Flüs- sigkeit war gelblich, reagirte massig sauer, schmeckte kaum merklich adstringirend, gab mit Eisenchlorid eine tief grüne Färbung nebst schwacher Trübung und hin- terliess beim Verdunsten einen bräunlichen amorphen firnissartigen Rückstand von deutlich zusammenziehendem Geschmacke. b) Die von dem in a) durch überschüssiges, neutrales Bleiacetat erhaltenen Niederschlage abfiltrirte, jetzt nur noch sehr wenig gefärbte Flüssigkeit Hess beim vorsich- tigen Sättigen mit Ammoniak abermals einen Niederschlag falleti, diesmal von gelblich - weisser Farbe, welcher nach dem Auswaschen, wie oben^ mit Schwefelwasserstoflfu. s.w. behandelt, wiederum nur eisengrünenden Gerbstoff als Säure enthielt. c) Die von dem in b) erhaltenen Niederschlage ge- trennte, nunmehr wasserhelle Flüssigheit wurde mit koh- lensaurem Ammoniak von dem noch darin enthaltenen Bleie befreit, filtrirt und das Filtrat eingedampft, wobei sich ein äusserst aromatischer Geruch entwickelte. Der nun syrupartige Rückstand schmeckte sehr bitter; mit alkalischer weinsteinsaurer Kupferoxydlösung gab der- selbe keine Reaction auf Zucker. II. Der in Wasser unlösliche Theil des äthe- rischen Ext racts, eine schwarzgrüne salbenartige Masse, besass einen kratzenden Geschmack. Heisser absoluter Alkohol löste dieselbe vollständig mit tiefgrüner Farbe und beim Erkalten der Solution schied sich eine wachs- artige Substanz von grünlich -weisser Farbe aus, die aber wegen anhängenden fetten Oeles zähe blieb. B. Alkoholischer Auszug. Das mit Aether erschöpfte Blätterpulver wurde erst durch gelindes Trocknen von dem noch anhängenden Aether befreit, dann mit Alkohol von 95 Vol. Proc. in Gifhoiesen in Westaustralien und Nordamerika. 85 mehrtägige Digestion gestellt, und hierauf zur Filtra- tion geschritten. Die dadurch erhaltene Tinctur von braungelber Farbe befreite man zunächst von dem meisten Alkohol, setzte dann zu der rückständigen Flüssigkeit Wasser, erwärmte bis zur Verjagung jeder Spur Alkohol, Hess erkalten und filtrirte. I. Der wässerige Auszug des alkoholischen Extra cts. Er war von saurer Reaction und bitterem Geschmack. Ammoniak bewirkte eine braune Färbung, ohne jedoch einen Niederschlag zu erzeugen. Chlorbaryum gab keine Reaction. Eisen chlorid Hess einen starken grünlichen Nieder- schlag entstehen. Essigsaures Bleioxyd bildete einen starken, hell- gelben Niederschlag, der sich vollständig in Essigsäure löste, mithin keine Schwefelsäure oder Phosphorsäure enthielt. Gerbsäure gab eine starke Trübung. Kalilauge bildete eine Trübung mit dunkelgelber Färbung. Kalkwasser Hess einen geringen Niederschlag ent- stehen. Oxalsaures Ammoniak: starke Trübung. Salpetersaures Silberoxyd gab einen starken, weissen, in Salpetersäure nicht löslichen Niederschlag. Ein Theil des wässerigen Auszuges weit eingedampft, hinterliess einen Syrup, aus welchem auch bei längerem Stehen in der Kälte nichts herauskrystallisirte. Einen andern Theil versetzte man mit essigsaurem Bleioxyd im Ueberschuss, brachte den entstandenen hell- gelben Niederschlag auf das Filter und wusch aus. a) Der durch essigsaures Bleioxyd entstandene hell- gelbe Niederschlag wurde, nachdem er auf dem Filter ausgewaschen worden war, in Wasser suspendirt und Schwefelwasserstoff eingeleitet. Den dadurch entstände- 86 H. Fr aas, neu Niederschlag von Schwefelblei filtrirte man ab und nahm mit dem Filtrat, welches braungelb gefärbt, von schwach saurer Reaction war und einen etwas bitteren, zusammenziehenden Geschmack hatte, einige Reactio- nen vor. Ammoniak färbte die Flüssigkeit noch dunkler braun, ohne einen Niederschlag zu erzeugen. Kalkwasser gab einen gelben Niederschlag. Eisen chlorid Hess die Reaction auf eisengrünen- den Gerbstoff eintreten. Der grössere Theil der Flüssig- keit gab beim Verdunsten einen bräunlichen, amorphen Rückstand, der im Wesentlichen nur aus mehr oder we- niger zersetzter eisengrünender Gerbsäure bestand. b) Das Filtrat von diesem hellgelben Niederschlage wurde mit Ammoniak neutralisirt, dadurch abermals ein gelber Niederschlag erhalten, dieser gewaschen, in Was- ser suspendirt, Schwefelwasserstoff eingeleitet und das entstandene Schwefelblei abfiltrirt. Die davon geschie- dene Flüssigkeit, ursprünglich hellgelb, färbte sich beim Verdampfen braun, reagirte sauer und schmeckte bitter. Ammoniak färbte dieselbe nur dunkelbraun, ohne einen Niederschlag zu erzeugen. Kalkwasser verhielt sich wie Ammoniak. Eisen chlorid zeigte wieder eisengrünenden Gerb- stoff an. c) Das Filtrat vom Ammoniak -Niederschlage wurde mit kohlensaurem Ammoniak versetzt, um das überschüs- sige Bleioxyd auszufällen. Das fast farblose Filtrat von dem hierdurch entstandenen Niederschlage wurde beim Eindampfen braun und schmeckte schwach sauer und bitter. Ammoniak liess keine Veränderung darin entstehen. Kalkwasser ebenfalls nicht und Eisen chlorid desgleichen. Durch Phosphor-Molybdänsäure entstand nur eine leichte Trübung, die auf Zusatz von wenig Kali stärker wurde. Giftwiesen in Westaustralien und NordameHka. 87 Der übrige Theil der Flüssigkeit wurde mit Blei- oxyd angerührt, langsam getrocknet, dann mit Alkohol ausgezogen, filtrirt und das Filtrat eingedampft; es hin- terblieb wieder nur ein bitteres Extract. Dieses letztere löste man neuerdings in Wasser und versetzte die Lö- sung mit phosphormolybdänsaurem Natron, welches auf 1 Tb. Phosphorsäure 30 Th. Molybdänsäure enthielt. Es erfolgte nur ein geringer gelblicher Niederschlag und aus der davon abfiltrirten Flüssigkeit setzte sich in der Kühe ein krystallinischer Körper ab. Der eben erwähnte Niederschlag wurde noch feucht mit kohlensaurem Kalk angerieben, eingetrocknet, der Rückstand mit Alkohol extrahirt und der Auszug ver- dunstet. Es blieb dabei jedoch kaum eine Spur zurück. Die Flüssigkeit, welche von dem durch phosphormolyb- dänsaurem Natron erhaltenen Niederschlage abfiltrirt war und aus welcher sich von selbst ein krystallinischer Kör- per abgesetzt hatte, lieferte nach weiterem Zusatz des Rea- gens noch mehr davon. Aber ein wie oben damit ange- stellter Versuch (Behandeln mit kohlensaurem Kalk, Ein- trocknen, Extrahiren mit Alkohol) lieferte ebenfalls nichts, was auf ein Alkaloid hätte hindeuten können, und über- haupt ging in den Alkohol kaum eine Spur einer extrac- tiven Materie über. IL Der im Wasser unlösliche Theil des alko- holischen Extracts war eine tief braune, harzige, ge- ruch- und geschmacklose Masse. In Ammoniak, so wie in fixen Alkalien löste sie sich vollständig und Säuren schlugen sie aus dieser Lö- sung wieder nieder. Terpenthinöl, Benzol, Schwefelkohlenstoff und Chlo- roform wirkten nicht merklich lösend darauf ein. C. Wässeriger Auszug. Das mit Aether und Alkohol behandelte Blätterpul- ver behandelte man drei Tage mit kaltem Wasser. Die- ses nahm dadurch eine sehr schleimige, fadenziehende, 88 H. Fraas, einem Eibischdecocte ähnliche Beschaffenheit an. Eine abfiltrirte Probe — das Filtriren erfolgte sehr langsam — trübte sich beim Erhitzen zum Kochen schwach von aus- geschiedenem Albumin. Nun brachte man den übrigen kalten Ansatz zum Kochen, erhielt ihn einige Zeit darin, colirte dann, presste aus und bekam dadurch eine süsslich riechende und fade schmeckende Flüssigkeit von neutraler Reaction. Jodlösung brachte darin keine Veränderung her- vor; Amylum war folglich nicht zugegen. Auf ein Drittel ihres Volums eingeengt, besass sie die Consistenz einer starken Gummilösung. Alkalien brachten darin keine Trübung, sondern nur eine etwas dunklere Färbung hervor. Eisen chlorid erzeugte eine schwache grünliche Fär- bung und zugleich einen starken flockig -gelatinösen Nie- derschlag von bräunlich-gelber Farbe. Kieselsaures Kali dagegen brachte keine Verän- derung hervor. Essigsaures Bleioxyd gab eine schwache Trü- bung, aber zugleich entstand auch eine starke Verdickung der Flüssigkeit. Alkohol erzeugte eine sehr starke Fällung, welche mit Alkohol gewaschen, alle Eigenschaften des Gummis besass. D. Salzsaurer Auszug. Um auch noch eine Prüfung auf Oxalsäure anzu- stellen, wurde — da diese Säure meist an Kalk gebun- den vorkommt und daher in die mit Aether, Alkohol und Wasser bereiteten Auszüge nicht übergeht — das so weit behandelte Blätterpulver auch der Digestion mit verdünn- ter Salzsäure unterworfen. Die filtrirte saure Flüssigkeit gab mit Ammoniak einen geringen, feinen, grauweissen Niederschlag, der nach dem Sammeln und Waschen mit einer Lösung von kohlen- saurem Natron gekocht, dann wieder auf ein Filter ge- Gifttviesen in Westaiistralien und Nordamerika. 89 bracht und ausgewaschen wurde. Er löste sich leicht in Essigsäure unter Brausen, war mithin jetzt kohlensaurer Kalk. Das alkalische Filtrat wurde nach dem Ansäuern mit Essigsäure auf Zusatz von Kalkwasser stark getrübt, enthielt somit Oxalsäure. E. Neue Behandlung. Etwa II/2 Pfd. der gröblich gepulverten Blätter wur- den einer Dampfdestillation unterworfen und dabei die ersten 1^/2 Pfund wässerige Flüssigkeit besonders auf- gefangen. Dieses Destillat war klar, enthielt kein ausgeschie- denes ätherisches Oel und roch schwach wie ein Thee- aufguss. Aether damit geschüttelt und der freiwilligen Verdunstung überlassen, hinterliess einen höchst gerin- gen, dem gelben Wachs ähnlich riechenden Rückstand. Der Inhalt der Destillirblase wurde colirt, die Masse gepresst, wieder mit Wasser angerührt, gepresst, die Flüs- sigkeiten vereinigt, mit basisch essigsaurem Bleioxyd voll- ständig ausgefällt, der Niederschlag gesammelt, gewaschen und alles nunmehr wasserklare Filtrat zur Entfernung des überschüssig zugesetzten Bleies mit verdünnter Schwe- felsäure versetzt. Nachdem auch das dadurch präcipitirte Bleisulfat beseitigt war, engte man zunächst die grosse Menge Flüs- sigkeit ziemlich weit ein, theils um sie zu concentriren und theils um die Essigsäure möglichst vollständig dar- aus zu vertreiben. Der jetzt nur noch etwa 5 Unzen betragende Rest wurde mit Soda bis zur schwach sauren Reaction abge- stumpft, dann Proben davon mit phosphormolybdänsau- rem Natron, Kaliumbijodid und Quecksilberjodid - Jod- kalium versetzt, jedoch ohne allen Erfolg. Die grösste Menge dieser Flüssigkeit versetzte man mit gewaschener Bierhefe, um den darin befindlichen Zucker zu zerstören, filtrirte nach erfolgter Gährung die 90 H. FraaSj Hefe wieder ab, verdampfte das Filtrat, nachdem ihm durch Zusatz von sehr verdünnter Natronlauge alle saure Reaction genommen worden war, vorsichtig zur Trockne, zerrieb die ziemlich luftbeständige Masse, schüttelte sie mit Aether, filtrirte und Hess an der Luft verdunsten. Es hinterblieb ein hellgelbes, etwa 1 Drachme betragen- des Extract von aromatischem Geruch und stark bitte- rem Geschmack. Dasselbe äusserte, einem Hunde von mittlerer Grösse eingegeben, nicht die geringste nach- theilige Wirkung. Vorstehende Analyse hat also in den Blättern des Gastrolohium hilobum folgende organische Substanzen nach- gewiesen : Albumin, Bitterstoff, Chlorophyll, Fettes Oel, Eisengrünenden Gerbstoff, Gummi^ Harz, Oxalsäure, Wachs und Zucker; in toxikologischer Beziehung sämmtlich harmloser Natur, selbst die Oxalsäure nicht ausgenommen, in Erwägung, dass sie nur in sehr geringer Menge und in der relativ unschädlichsten Verbindung (als Kalksalz) zugegen ist. F. Quantitative Bestimmung der AscJienbestandtheile. 1000 Gran lufttrockne Blätter, etwas zerkleinert, wur- den bei 1100 C. getrocknet, wobei sie 120 Gran Wasser verloren, was 12,0 Proc. ausmacht. Die 880 Gran bei 1100 C. getrockneten Blätter gaben nach dem Verbren- nen 27,712 Gran Asche, wonach das lufttrockne Kraut 2,787 Proc. und das bei 1000 C. getrocknete 3,149 Proc. Aschenbestandtheile enthält. Die Bestimmung der einzelnen Bestandtheile der Giftwiesen in Westaustralien und Nordamerika. 91 Asche wurde nach „Dr. Wittstein's Anleitung zur Ana- lyse der Asche'' vorgenommen. Zusammensetzung der Asche in 100: (Na. . .10,104 Chlornatriura 25,522^, ' (Cl.... 15,458 Kali und Natron . . 14,036 Kalk 26,255 Magnesia 6,792 Thonerde 1,145 Eisenoxyd 1,408 Schwefelsäure 4,309 Phosphorsäure 3,033 Kieselsäure 5,814 Kohlensäure 12,334 100,698. Merkwürdig ist der hohe Gehalt an Chlornatrium, der sich aus der Analyse ergeben hat, und könnte diese Thatsache darauf hinweisen, dass die Pflanze entweder an einem Orte wächst, welcher früher vom Meere ein- genommen wurde, oder am Ufer des Meeres selbst ihr Gedeihen findet. Bekannt ist, dass am Meere wachsende Pflanzen immer einen überwiegenden Gehalt an Koch- salz haben. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Gultur. BotaniscJie Section. Sitzung vom -7. Decemher. 1. Herr Generallieut. Exe. v. Jacobi gab einen Be- richt über seine im verflossenen Herbst nach der Lom- bardei, einem Theil der Schweiz, Belgien und England unternommene Reise, w^obei derselbe die wich- tigsten Gärten am Corner -See und am Lago Maggiore, die botanischen Gärten zu Karlsruhe, Kew und Loewen, die Sammlungen des Barons Kerkhove d'Ousselghem und der Handelsgärtner Amb. Verschaffelt und de 92 Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur. Smelt zu Gent, so wie des Sir William Saunders zu Reygate bei London ausführlicher charakterisirte und ins- besondere die in diesen Gärten von ihm beobachteten Agaven, mit deren monographischer Bearbeitung derselbe nunmehr beschäftigt ist, hervorhob. 2. Herr Geh. Medicinalrath Göppert hielt folgenden Vortrag über einen eigenthümlichen Bernsteinfund bei Namslau in Schlesien: Bernstein wird in Schlesien, wie schon oft erwähnt, seit Jahrhunderten häufig, aber meistens nur vereinzelt, gefunden. An 120 Fundorte habe ich notirt, 5 gehören dem Areal von Breslau selbst an, mehr als ein Drittheil den auf dem rechten Oderufer gelegenen Kreisen von Namslau, Oels und Trebnitz. Pfundschwere Stücke sind nicht selten ; das grösste^ ein 6pfündiges Stück mit einem tiefen, einen Wurzelabdruck zeigenden Einschnitt, kam vor 12 Jahren in der Oder bei Rosenthal, unfern Breslau, vor, ein anderes von 21 Loth in der Stadtziegelei bei Schweidnitz, von i/o Pfd. Gewicht 2 Fuss tief in lehmi- gem Boden bei Sprottau u. m. a. Vor einigen Wochen enthielten unsere Tageblätter eine Notiz über Vorkommen von Bernstein bei Namslau. Da es von grossem Interesse ist, die Lagerungsverhält- nisse desselben genau zu kennen, ob sie der Geschiebe- oder der tieferen blauen Letten- oder Braunkohlenforma- tion angehören, so bat ich einen sachkundigen Freund und CoUegen, Herrn Kreis -Physikus Dr. L arisch in Namslau, um nähere Auskunft und erstaunte nicht wenig, darüber Folgendes zu vernehmen: „Die Fundstätte liege etwa 300 Schritte westlich von Hennersdorf, zwei Meilen nordöstlich von Namslau, Hen- nersdorf selbst auf einer massigen Erhebung, die von Schadegur bis Wellendorf in der Richtung von Norden nach Süden ein Plateau bilde, welches Östlich vielfach von Waldungen mit einzelnen kleinen Höhenzügen be- grenzt werde. Der Oberboden sei durchweg sandig, der Unterboden lehmig mit vielen Rollsteinen. An einer Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur. 93 kleinen Lehne, die sich nach Westen zu einer Wasser- furche herabsenk C; habe ein Arbeiter, Namens Kühnel aus Polkowitz, beim Steinesuchen zunächst Heidengrä- ber von 4 — 8 Fuss Durchmesser entdeckt, 5 — 15 Fuss von einander entfernt, 1 Fuss tief in sandigem Boden. Die Asche, Knochen und einzelne bronzene Geräthschaf- ten enthaltenden Urnen hätten unter einer 5 Fuss hohen Rollsteinschicht gelegen, eine in den kleineren Gräben, zwei in den grösseren. Von den kleinen seien 10, von den grösseren 3 vorhanden. In einem solchen grösseren Grabe, zwischen den beiden, 3 Fuss von einander ent- fernten Urnen, von mauerartig gesetzten Steinen gedeckt — also hingelegt — habe man Bernstein in der un- gefähren Menge von mindestens 8 Motzen gefunden. Den bei weitem grössten Theil desselben habe der Bernstein- w^iarenfabrikant Herr Winterfeld in Breslau gekauft. Bernstein sei übrigens schon oft, zuweilen in Stücken von hohem Werth, in der Umgegend von Namslau, wie bei Nimmersdorf, Rankau u. s. w. vorgekommen, aber stets im Sande, unter welchem übrigens, namentlich an genannten Orten, auch bläulicher Letten und Mergel lagere. " Herr Winter feld, in weiten Kreisen als Bernstein- waarenfabrikant bekannt, hatte in der That von daher nicht weniger als 120 Pfd. gekauft. Der grösste Theil bestand aus kleineren Stücken^ nur ein Paar 8- bis 10- löthige befanden sich darunter und alle waren, wohl in Folge der oberflächlichen Lage, mit einer oft tief bis ins Innere gehenden Verwitterungskruste bedeckt, oder zeig- ten den Charakter des Erdbernsteins, der sich eben durch diese Kruste von dem mit glatter Oberfläche versehenen frischen Seebernstein unterscheidet. An den umfang- reicheren bemerkte man die Eindrücke von Wurzeln, Steinen; die zahlreichen plattenförmigen stammen aus dem Innern der Bäume, die meisten von ihrer Rinde, insbeson- dere die concentrisch schaligen, welche den zu verschie- denen Zeiten erfolgten Ausfluss des Harzes bezeugen. 94 Schlesische GesellscJiaft für vaterländische Cultur. Spuren von Bearbeitung Hessen sich an keinem einzigen Stücke wahrnehmen. Eine Quantität Rollsteine, Gneis, Syenit, Granit mit prächtigem, rothen Feldspath, also nordische Geschiebe, sah ich auch noch unter dem Bernstein als Zeugen der oberflächlichen Lage. Die ganze Quantität des vorhan- den gewesenen Bernsteins vermag man mit Genauigkeit nicht mehr zu ermitteln. Notorisch war schon viel ver- schleppt worden, ehe Herr Winter feld seine Ankäufe machte, und bei dem Herausnehmen selbst war man auch überhaupt nur mit geringer Sorgfalt zu Werke gegangen^ da Herr Dr. Larisch, der auf mein Ersuchen sich aber- mals an Ort und Stelle begab, beim Oeffnen der inzwischen zugeschütteten Grabstätte noch 1^/2 Massel Bernstein zu sammeln Gelegenheit hatte. Diese jedenfalls höchst bedeutende Quantität und die ganze Beschaflfenheit der Fundstätte spricht nun, wie sich von selbst versteht, nicht für eine ursprüng- liche oder natürliche, sondern nur für eine künst- liche oder eine absichtlich veranlasste Ablagerung^ deren Ursprung zu erforschen nicht mehr in das Gebiet der Paläontologie, sondern in das der Urgeschichte gehört,, der wir es hiermit zur weiteren Beachtung übergeben. Sie möge ermitteln, ob man damit eine Huldigung des Verstorbenen bezweckte, wiewohl man hierzu, so viel ich wenigstens weiss, nur Kunstproducte aus Bernstein, nicht Rohbernstein verwendete, oder feststellen, ob wir nicht vielleicht das in Vergessenheit gerathene Lager eines Händlers der Vorzeit vor uns sehen. Jedenfalls spricht dieser ungewöhnliche, vielleicht bisher noch nirgends ge- raachte Fund für die ungemeine Ausdehnung des damali- gen Verkehrs mit diesem interessanten Fossil, und viel- leicht auch für die Wahrscheinlichkeit eines Landweges oder Karavanenzuges, der sich einst von der Donau aus durch das Waagthal oder Oberungarn nach Mannert's, Kruse 's d. A. Angaben durch diese Gegenden bis zur Weichsel und Ostsee bewegte. Dass die Römer sehr viel Schlesisclie Gesellschaft für vaterländische Cultur. 95 Bernstein auf dem Landwege bezogen, geht unter An- derem auch aus Plinius hervor, der sich überhaupt auch über den Ursprung des Bernsteins eben so verständig wie über viele andere naturhistorische Gegenstände ausspricht. Plinius erzählt von einem von Nero nach der Bern- steinküste geschickten römischen Ritter, der eine sehr be- deutende Menge Bernstein mitgebracht habe. Die Reise sei von der Donau und Pannonien ausgegangen, wo schon lange Handel und Zwischenhandel mit Bernstein getrie- ben worden sei. Ob das angeblich häufige Vorkommen von Münzen von Nero in Preussen mit jenen Reisen in Verbindung stehe, wie Einige meinen, lasse ich, wie bil- lig, dahin gestellt sein. Uebrigens schenkte das ganze Alterthum dem Bernstein das regste Interesse. Thaies von Milet kennt ihn und mehrere seiner merkwürdigen Eigenschaften, desgleichen Plato, Herodot, Aristoteles, Theophrast, Dioscorides, Diodor von Sicillen, Taci- tus, Virgil, Ovid; Martial feierte ihn durch Epigramme u. s. w. Somit schiene dem Bernsteinhandel ein fast zweitau- sendjähriges Alter vor Christi Geburt gesichert. Könnte man nun nicht hieraus^ da unsere sämmtlichen schlesischen bis jetzt bekannten Heidengräber vorzugsweise nur Bronze- waaren enthalten, und unser Bernsteinfund doch jedenfalls mit ihnen in innigster Beziehung steht, nicht auch einen Schluss auf die Zeit der freilich überhaupt zu begrenzen- den Bronze -Periode ziehen, welche dann in jenen Zeit- raum fallen und nicht so alt sein dürfte, als man gewöhn- lich annimmt? Das überall erwachte Interesse für Un- tersuchungen dieser Art wird auch wohl hier einst zu sicheren Resultaten führen, welche wir auch von unseren historischen Vereinen erwarten dürfen, die sich bereits eifrig mit dem schlesischen Heidenthum beschäftigen. Schliesslich nachträglich noch ein Paar hierher ge- hörende Notizen: a) In unserem Alterthumsmuseum sah ich ein mit Urnen in einem heidnischen Grabe gefundenes und mit 96 Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur. ähnlichem blaugrauen graphitartigen üeberzug versehenes, ziemlich getreues Conterfei unserer Landschildkröte, viel- leicht die älteste plastische Darstellung eines deutschen naturhistorischen Gegenstandes. b) In einem Urnenbruchstück, welches Herr Theo- dor Oelsner, der bekannte Herausgeber der „Schlesi- schen Provinzial-Blätter", schon vor Jahren fand, erkennt man deutlich den Abdruck einer kleineren Blattfieder des Johannisfarn {Aspidium Filix mas), der ganz unbestreit- bar als das älteste Bild einer Pflanze Deutschlands an- zusehen ist. Dass er mit der Form der Gegenwart ganz übereinstimmt, geht daraus hervor, dass wenigstens diese Pflanze in einer so langen Zeit keine Veränderungen er- litten hat, woran man wohl in unserer Zeit erinnern darf, in welcher so Vielen, bestimmt von dem Glänze der Transmutationslehre, der Begriff der Art und ihrer Dauer bereits ganz verloren gegangen ist. c) Unser verehrtes Mitglied, der Geheime Regierungs- rath Baron von Wechmar beschrieb und bildete in un- seren Verhandlungen vom Jahre 1854 den Inhalt einer von ihm bei Zedlitz, eine Meile von Steinau an der Oder, ausgegrabenen Urne ab, nämlich Werkzeuge, fertige und halbfertige Arbeiten eines Bronze-Arbeiters, so wie zwei Stückchen rothfarbigen, eigenthümlich geformten und durch- bohrten, wahrscheinlich zum Anhängen bestimmten Bern- steins. Insbesondere wegen des letzteren, die mit unse- ren Mittheilungen in einiger Beziehung stehen, fühle ich mich auch berechtigt, auf jene damals nicht benutzte Ab- handlung zurückzukommen, der es gegenwärtig gewiss nicht an der ihr gebührenden Würdigung fehlen wird. Die Bernsteinstücke oder Proben lassen zwar die Facet- ten noch erkennen, sind aber dennoch schon auf ihrer Oberfläche stark verwittert. d) Nachdem das Vorstehende bereits gesetzt war, finde ich noch in einer im Jahre 1748 erschienenen merk- würdigen Abhandlung „über den Bernsteinhandel in Preussen vor der Kreuzherrn Ankunft" einen Landererj geologisches Phänomen auf der Insel Santorin. 07 Brief des berühmten italienischen Botanikers Paul Boc- cone, vom Jahre 1667 ohne weitere Nachweisung citirt, in welchem er uralte Begräbnisse in Steinsärgen um Ancona, einer alten sicilianischen Colonie beschreibt. In einer solchen habe man in der Gegend des Halses und der Brust der verweseten Leichen angereihete Corallen von Bernstein gefunden, so gross als ein Ei^ und in solcher Menge, dass man damit wohl hätte einen Scheffel anfüllen können. Ich werde mich bemühen, das Original dieser literarischen Angabe aufzusuchen. 3. Das Stiftungsfest der entomologischen Section in Verbindung mit dem der botanischen Section ward auf den 28. December festgesetzt und ist an die- sem Tage unter zahlreichen poetischen, humoristischen und musikalischen Beiträgen in gewohnter Heiterkeit gefeiert worden. 4. Schliesslich gab der unterzeichnete Secretär einen Bericht über die statistischen Verhältnisse der botanischen Section während seiner nunmehr 10 jäh- rigen Leitung, worauf derselbe für die Etatsperiode 1866 bis 1867 wiedergewählt wurde. F. Cohn. lieber ein grossartiges geologisches Phänomen auf der Insel Santorin; von Dr. X. Lander er. Herodot, Pausanias und Strabo sagen, dass diese Insel sich durch einen Nachkommen vom Steine des Kadmus (= Theras) nach Kalliste, d. i. der schönsten der Inseln im griechischen Archipelagus, begeben habe, und nach dem Namen desselben wurde sie Thera genannt. In neuerer Zeit erhielt sie den Namen Santorin, nach der heiligen Irene (Santa Irene), welche daselbst den Märty- rertod starb und auch die Schutzpatronin der Insel ist. Arch. d. Pharm. CLXXVIII. Bds. 1. u. 2. Hft. 7 98 Lander er, In Folge grossartiger vulkanischer Ereignisse riss sich ein Theil der Insel los und versank, emporgehobene Hü- gel und ganze Inseln tauchten auf, die man Neo und Paläo Kaimene nennt. Alle vulkanischen Producte fin- den sich auf dieser Insel; säulenförmig gespaltene und abgerissene Basaltmassen tauchten aus dem Meere empor und die ganze Insel ist mit Lava, mit Bimssteingeröllen und Puzzolanerde bedeckt. Strabo versichert, dass man das Meer zwischen Thera und Therasia, einer kleinen Insel, habe sieden sehen, Flammen seien aus dem Meere emporgestiegen und endlich sei eine Insel zum Vorschein gekommen, die 1500 Schritte im Umfange hatte, gleich als hätte man sie mittelst einer Maschine aus dem Was- ser gehoben. Die Entstehung der kleinen verbrannten Insel (Kai- mene bedeutet verbrannte Insel) fällt in das Jahr 1707.. Ich will sie hier in Kürze den Freunden der Geologie mittheilen. In der Mitte März verkündete eine furchtbare Er- schütterung den Bewohnern von Thera ein grosses Ereig- niss. In den Morgenstunden des folgenden Tages sah man in der Nähe der Insel etwas Schwarzes auftauchen, das die Einwohner für die Trümmer eines gescheiterten Schiffes hielten. Sie hatten sich in der Absicht genähert,, um sicfh der Beute zu bemächtigen, als sie von einem panischen Schrecken ergriffen wurden^ indem ihnen aus der Tiefe des Meeres ganze Wolken von schwarzen Stei- nen und Bimssteinen, die mit Conchilien bedeckt waren^ entgegen kamen. Die aus dem Meere aufgetauchte Insel begann sich zu bewegen, kleine Hügel tauchten aus der Tiefe empor und Wolken des schwärzesten Rauches, welche in der Dunkelheit der Nacht gleich Feuersäulen erschienen, erhoben sich zum Himmel. Ein tiefdunkel- gelber Schein bedeckte das ganze Meer, die Atmosphäre umher war so erhitzt und mit vulkanischer Asche so sehr geschwängert, dass in einer Nacht alle Trauben vertrockneten. Den ganzen Monat August vernahm man geologisches Phänomen auf der Insel Santorin. 99 ein fürchterliches Toben des Meeres, Berge wurden von ihrer Stelle gerückt, entstanden und verschwanden, nur die kleine Insel Kaimene blieb, leuchtend von weitem wie ein glühender Ofen. Gegen den September endlich stieg unter fürchterlichem Getöse und Krachen eine Feuer- sUule zu den Wolken auf, ungeheure Steinmassen wur- den in die Luft geschleudert, die Insel nahm nach und nach an Umfang zu und gab sich durch ein sternförmi- ges Leuchten zu erkennen. Dies ist in Kürze die Ent- stehung dieser Inseln. Ueber das in den Tagen des 20., 21. und 22. Januar beobachtete Ereigniss theile ich aus officiellen Nachrich- ten von den Ministerien Folgendes mit. In den Tagen des Januar erfolgten leichte Erdbebenstösse und mit einem Male bemerkte man das Auftauchen einer kleinen Insel, die sich in einer Zeit von 3 bis 4 Tagen von Tag zu Tage vergrösserte und nun die Höhe von 20 bis 30 Meter und einen Umfang von 18 bis 20 Meilen ange- nommen hat. Die gegenüber liegende Insel Neo Kaimene soll sich um einige Fuss in das Meer gesenkt haben. Durch das Dunkel der Nacht bemerkte man ein phos- phorisches Leuchten und aus den Spalten, die sich auf Neo Kaimene bildeten, sollen kleine Feuersäulen empor- gestiegen sein. Die neu aufgetauchte Insel vergrössert sich von Tage zu Tage und nach den neuesten Mittheilungen soll sie schon eine Höhe von 30 Meter haben. Die ganze Oberfläche ist mit Schlamm bedeckt; die Wärme der aufgetriebenen Steinmassen soll 68^ R. betragen und alle in die Nähe dieser Insel gekommenen Fische sieht man todt auf dem Meere umherschwimmen. Ein starker Ge- ruch nach Schwefel lässt sich überall wahrnehmen und das Meerwasser ist durch das auf dem Meeresgrunde sich findende Eisenoxyd, welches von einer dort befind- lichen Chalybotherme herrührt, ganz roth gefärbt. Nach den neuesten officiellen Mittheilungen der Re- gierung hat die neu aufgetauchte Insel eine Länge von 7* 100 Landerer, pharmakologische Notizen. 140 Ellen und das dieselbe umgebende Meerwasser hat eine Hitze von 60^ — 70<^ R. Die Bewohner von Santo- rin nennen sie nach dem Namen des Königs Georg „üeorgios- Insel". Von der Regierung wurde eine Com- mission aus Sachverständigen abgesandt, um diese Er- scheinungen genau zu beschreiben und mitzutheilen. Pharmakologische Notizen; von Demsel ben. Eine im Oriente sehr häufig epidemisch, besonders bei Kindern, auftretende Krankheit ist die Diarrhoea in- fantum. Dieselbe ist auch von Erbrechen begleitet und Tausende dieser jungen Geschöpfe werden von dieser Cholera infantum dahingerafft. Diese Krankheit findet sich mehr unter den Kindern der ärmeren Volksclassen, welche in solchen Fällen nur zu Hausmitteln ihre Zuflucht nehmen. Unter den Heilmitteln, die jedoch einen sehr guten Erfolg haben und in hohem Grade Berücksichti- gung verdienen, dürfte das Mastixwasser, den Kindern als Getränk gegeben, Erwähnung verdienen. Zu gleicher Zeit wird den in Folge der erschöpfenden Diarrhöen in die grösste Schwäche verfallenen Kindern das sogenannte Tseritsi in Form von nährenden Suppen gegeben, worauf die Diarrhöen in kurzer Zeit aufhören. Zugleich wer- den den Kindern Cataplasmen von Brod, in gutem ro- them Wein gekocht, auf den Unterleib gelegt. Man nennt sie Krassopsoma, von Krassi, Wein, und Psomi, Brod. Unter dem Namen Tsiritsi ist die geröstete Wur- zel von Äsphodelus ramosus zu verstehen. Diese in Grie- chenland in ungeheurer Menge vorkommende Pflanze hat eine Menge von Knollen, die von den Leuten ausgegra- ben werden, um sich diese Tsiritsi zu bereiten, was durch Röstung bewerkstelligt wird, wodurch sich Dextringummi bildet. Dieses Tsiritsi unterscheidet sich nicht im Ge- Landerer, Notizen über Volksheilmittel im Oriente. 101 rinffsten von dem besten Dextrin in Betreff seiner kle- benden Eigenschaft und wird von Buchbindern, Schuh- machern etc. zu allen Zwecken verwendet, wozu sonst Leim genommen wird. Es ist sehr zu bedauern, dass diese Wurzel, die sich in ungeheurer Menge findet, kei- nen Ausfuhrartikel bildet, denn sie könnte auch zur Gewinnung von Amylum benutzt werden. Die ganz jun- gen Sprossen dieser Pflanze werden von den armen Leu- ten mit Wasser gekocht und mit Oel und Citronensaft als Salat gegessen. Dieselben haben in der That Aehn- lichkeit mit den Spargeln. Im Alterthume hatte die Pflanze eine hohe Bedeu- tung; sie w^ar nach Homer eine Zierpflanze auf den Wiesen der Unterwelt und nach Hesiodus die Speise der Todten daselbst. Sie ist eine Todtenblume und findet sich auf den Kirchhöfen, weil sie am leichtesten gedeiht und überall bei der Hand ist. Eine weingeistige Tinc- tur der Wurzel besitzt sehr stark purgirende Eigen- schaften und wird in einigen Theilen des Landes als Heilmittel gegen Splenitis chronica gebraucht. Zwei Per- sonen in Athen, die an Ascitis litten und diese Tinctur gebrauchten, w^urden vollkommen geheilt. Notizen über Volksheilmittel im Oriente; von Demselben. Die Digitalis 'purpiirea ist eine der seltensten Pflanzen in Griechenland und war auch den Alten unbekannt. Unter den Namen Digitellum, Digitellus des Plinius, ver- stand man die Sedum - Species, Sediim ochroleucon) auch S. acrCy welche die Alten und Dioscorides, da diese Pflan- zen lange Zeit leben, Akizoon oder auch Amaranthon nannten, d. i. immerlebende oder nicht vertrocknende Pflanzen. Da diese schönen Pflanzen im Jahre öfters blühen, so nannte sie Hippokrates TrithaleSj ErithaleSj 102 LandereVf Notizen über Volksheilmittel im Oriente. Chrysothales , Isoctes, quod ter florent. Diese Sedura- Arten werden heutzutage zu Cataplasmen verwendet zum Aufzeitigen von Geschwüren und um Suppurationen zu unterhalten. Die Digitalis 'purimrea findet sich nicht, statt der- selben jedoch Digitalis ferruginea und laevigata. Diese finden sich auf den Hochgebirgen von Arkadien, auf dem Thymprest und auf dem Malevo und wird von dem Volke für ein sicheres Heilmittel gegen die Wasserscheu {Lyssa) gehalten, so dass in allen Fällen, wo ein Mensch von einem der Wuth verdächtigen Thiere gebissen wird, die Leute zu dieser Pflanze ihre Zuflucht nehmen, und zwar werden den Gebissenen theils Absude derselben gegeben, grösstentheils jedoch wird die Bisswunde mit der frischen Pflanze eingerieben. Besonders ist dieselbe jedoch im Gebrauch gegen den in Griechenland sehr häufig auftretenden Keuchhusten, den die Leute, ^a die von ihm befallenen Kinder oft ein schwarzes Aussehen bekommen, Korakohicha, Rabenhusten, nennen. Die An- wendung geschieht aber sehr unvorsichtig, indem die Blätter zwischen den Fingern zerrieben und in grossen Dosen in Form von Latwergen, Mantsun genannt, mit Honig den Kindern dargereicht werden. Die Wirkung soll ausgezeichnet sein und in einigen Tagen alle Symp- tome sich mildern und die Patienten sich geheilt fühlen. Dass die Digitalis purpwea, in grossen Dosen gegeben, dieselbe Wirkung habe, daran ist wohl nicht zu zweifeln. — Eine in Griechenland nicht seltene Pflanze ist Verbascum sinuatum. Dieselbe erreicht eine Höhe von 3 — 5 Fuss. Die Blumen werden im Oriente nicht ge- sammelt, indem man deren schweisstreibende Eigenschaf- ten nicht kennt, während doch Hunderte von Pfunden leicht gesammelt werden und sogar einen Ausfuhrartikel bilden könnten. Die Orientalen sind Freunde der Flo7\ Tiliae, die man Philyra nennt und welche die ganze Welt kennt; diese Blumen werden in jedem Krankheits- falle als Thee angewandt. Das Verbascum sinuatum hat Eine Naturmerkwürdigkeit. 103 eine sehr starke rübenförmige Wurzel. Dieselbe wird im ganzen Oriente zur Bereitung von Cataplasmen verwen- det, welchen grosse Heilkräfte bei hartnäckigen Geschwü- ren und als Eiterung beforderndes Mittel zugeschrieben werden. Auch Absude der Wurzeln werden den Patien- ten innerlich gegeben. Bei Schusswunden, wo die Blei- kugeln oder Schrotkörner in den Organen zurückgeblie- ben, sind die Cataplasmata e radic. Verb, simiati nach Meinung der Orientalen das ausgezeichnetste Mittel. — Der Dachs, Meles Taxusj von den Griechen As- holus genannt, ist ein in Griechenland nicht gar selten vorkommendes Thier. Derselbe fügt den Weingärten vielen Schaden zu und wird deshalb verfolgt und erlegt. Das Fett desselben wird für ein specifisches Heilmittel gegen Tuberculose und gegen die im ganzen Oriente so gefürchtete Phtysis, Ochtyka genannt, gehalten und des- halb sehr theuer verkauft. Eine Naturmerkwürdigkeit. Noch einen ganz anderen Vogel als den riesigen Dodo oder den Dinornis will man in Neuseeland aufgefunden haben. Aus fossilen Ueberresten, die in den Kalkstein- lagern der Provinz Nelson ausgegraben worden sind, con- struirt man ein beschwingtes üngethüm, dessen Hohe auf 25 Fuss geschätzt wird. W^as vorliegt, ist der Schä- del, der 3' 4" lang und 1' 10" breit ist, die Augenhöhle misst 4^/2" in der Länge und 2^/2" in der Breite; ferner der Thorax ohne Halsgerippe, der sehr entwickelt, aber flach geformt ist; die stark markirten Flügel sind gross und liegen fest am Körper an, die Federn gross und dicht geschichtet. Der berühmte englische Physiologe Owen aber bestreitet die Hypothese; war auch Neuseeland die Heimath gewaltiger Vögel, so hat doch der Kopf des Dinornis, der dreimal so gross war als der Strauss, nicht mehr als 8" in der Länge. Owen schliesst aus den zu 104 Eine Naturmerkwürdigkeit. Gebote stehenden Angaben, dass die Ueberreste vielmehr einem Reptil von dem Geschlechte der Saurier angehört haben, und dem „Kalksteinlager", in welchem sie zur Versteinerung gelangten, vindicirt er daher das Alter der Liasformation. Knochen eines Plesiosaurus waren in der- selben Provinz im Jahre 1861 entdeckt worden; die jetzt zur Erscheinung gekommenen sind anderer Art. Nur um einen Rückenwirbel oder eine der Federn (wenn sie exi- stiren) des vermeintlichen Vogelungeheuers bittet der ge- lehrte Naturforscher, um dafür mit umgehender Post den Namen des Geschöpfes einzusenden. — Da eben von der Ornithologie der Südsee die Rede ist, so sei hier ange- fügt, dass die englische Firma Gibbs, Bright u. Co. eine grosse Quantität von Vogelüberresten, die in ihrer Eigen- schaft als solche jedoch unanfechtbar sind und zugleich einem praktischen Nutzen dienen, von der erst vor kur- zem im Stillen Weltmeere entdeckten Insel Maiden nach England eingeführt hat, nämlich zwei Schiffsladungen Guano. Derselbe soll reich an Phosphaten sein und dem Peruanischen Guano an Qualität nicht nachstehen.. {Bl.f. Hdl.u.Geiü. 1866.) B. 105 III. Moiiatsbericlit. Siliciam - Eisen, Verbindungen des Siliciums mit Eisen hat H.Hahn in folgenden Weisen erhalten : 1) 60 Grra. Kieselfluornatrium^ 20 Grm. Natrium, 22 Grm. Gussstahl und 60 Grm, Zink mit Kochsalz wur- den in einem schwach glühenden Tiegel l^/j Stunde lang im Gebläseofen erhitzt. Der entstandene Regulus^ der eine grosse Aehnlichkeit mit dem von Wo hl er erhalte- nen Siliciummangan hat, ist äusserst hart und spröde, auf dem Bruche weiss, mit ausgeprägtem krystallinisch- blätterigen Gefüge, ohne ausgeschiedenes Silicium, nicht unbedeutend magnetisch und von 7,018 spec. Gew. bei 17Ö, Zur Analyse wurde er im Chlorstrome geglüht, das verflüchtigte Fe2C13 und SiC12 in Wasser aufgenommen, der Rückstand im Sauerstoffstrom verbrannt, mit Natron- lauge behandelt und nochmals verbrannt. Es wurden 10,093 Proc. Si und 0,884 Proc. C gefunden. 2) Eisenchlorür-Chlornatrium (erhalten durch Schmel- zen von 40 Grm. reducirtem Eisen, 150 Grm. Salmiak, 80 Grra. Chlornatrium bis zur Verjagung des überschüs- sigen Salmiaks), 5 Grra. Siliciura, 25 Grm. Natrium, mit Flussspath 2^/2 Stunde in stärkster Hitze geschmolzen, gaben einen etwa 25 Grm. schweren Regulus mit einge- wachsenen Kryställchen, homogenem, weissen spiegeln- den Bruch, sehr spröde, mit schwächerem Magnetismus als No. 1, von 6,611 spec. Gew. bei 23^^ leicht löslich auch in verdünnter Flusssäure, ziemlich schwer löslich mit Hinterlassung graphitähnlicher Krystalle und unter Ent- wicklung von Siliciumwasserstoffgas, in Salzsäure. Seine Zusammensetzung entspricht der Formel Fe2Si. Beim Auflösen in Flusssäure blieben 1,732 Proc. kleine, glatte, grnue, metall- seidenglänzende Krystalle zurück, die Fe und Si in einem der Formel FeSi2 entsprechenden Ver- hältniss enthielten. 3) Eisenchlorür-Chlornatrium (wie oben aus 40 Grm. Fe erhalten), 60 Grm. Kieselfluomatrium und 45 Grm. 106 Verbindungen des Eisens mit Chlor etc. Natrium zwei Stunden bis zur Nickelschmelzhitze erhitzt^ gab mehre in die Schlacke eingesprengte Metallklum- pen von hellbrauner bis grauer Farbe, die so spröde waren, dass sie durch leichte Hammerschläge zerspran- gen, schwach magnetisch, auf dem Bruche homogen und völlig unkrystallinisch, von 6,239 spec. Gew., nur als fein- stes Pulver in heisser Salzsäure löslich, wobei sich Sili- ciumwasserstoff haltendes Gas entwickelte. Die Analyse ergab für diese Verbindung die Zusammensetzung Si^Fe^^, wahrscheinlich ist jedoch das Verhältniss zwischen Fe und Si ein zufälliges und es besteht die Masse aus einem Ge- menge von FeSi und Fe^Si. {Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXIX. 71—77.) G. lieber die Verbindungen des Eisens mit Cblor und die Bereitungsmethoden einer Eisenchloridlösung von constanter Stärke« In einer Abhandlung über obigen Gegenstand macht Attfield auf folgende Puncte aufmerksam: 1. Dass die einzige Methode, ein constantes Product zu erhalten, darin besteht, trockenes Chlorgas im Uebermass mit er- hitztem Eisen zusammenzubringen. Bei der ersten Ein- wirkung des Gases bildet sich Chlorür, das weniger flüch- tig ist als das Chlorid, aus dem Chlorür entsteht später das Chlorid. 2. Dass Eisenchlorür sich mit Wasser- dämpfen in merklicher Weise verflüchtigt. 3. Dass eine Eisenchloridlösung, dargestellt durch Einleiten von Chlor in eine Eisenchlorürlösung, stets ein Uebermass von Chlor enthält, das sich ohne theilweise Zersetzung der Verbin- dung nicht austreiben lässt. 4. Dass eine Eisenchlorid- lösung, dargestellt aus salzsäurehaltigem Eisenchlorür mit Salpetersäure leicht salpetersaures Eisenoxyd enthält. 5. Dass eine aus wasserfreiem Eisenchlorid dargestellte wäs- serige Lösung sich unverändert erhält, dagegen eine mit Weingeist versetzte alsbald einen Bodensatz bildet, oder wenn dies nicht der Fall, doch eine theilweise Reduction erleidet. 6. Dass man den Absatz in der weingeistigen Lösung durch Zusatz von einigen Tropfen Salzsäure wohl verhindern kann, nicht aber die Reduction des Chlorids zu Chlorür. {Pharmac. Journ. and Transact. Vol. VI. No. VIII. Febr. 1. 1865. p. 396 ff.) Wp. Vorkommen von Kobalt und Nickel in den Fahlerzen. 107 Die Reactiou von Ferridcyankalium auf Eisen- oxydsalze wird verschiedentlich angegeben. Bald soll eine •dunkelbraune bis rothbraune, bald eine grüne Flüssigkeit entstehen. Nach R. Warring ton entsteht die dunkel- braune Mischung, wenn das Ferridcyankalium im Ueber- schusse ist, ist hingegen das Eisenoxydsalz im Ueber- schuss, so entsteht eine smaragdgrüne Flüssigkeit mit schwach blauem Scheine. Setzt man nun langsam mehr Ferridcyankalium hinzu, so geht die Farbe allmälig aus Grün in Dunkelbraun über. {Chem. Centrhl. 1865.) B. Heber das Vorkommen von Kobalt und Nickel in den Fahlerzen. In den Fahlerzen, welche als Gemenge von Sulfobasen mit Sultbsäuren zu betrachten sind, hat man bis jetzt als Sulfobasen : Schwefelquecksilber, Schwefeleisen und Schwe- felblei; als Sulfosäuren: Schwefelantimon und Schwefel- arsen beobachtet. Hilger hat in 2 Fahlerzen auch Ko- balt, Nickel und Wismuth gefunden: a. Fahlerz von Kaulsdorf in Bayern (Thüringer Wald) spec. Gew. 4,8; b. Fahlerz aus dem würtembergischen Schwarzwald, spec. Gew. 4,9: Berechnete Schwefelmenge A B A B S = 28,34 26,40 — — As = 10,19 6,98 6,50 — Bi = 1,83 4,55 0,42 3,66 Sb = 15,05 14,72 6,00 1,05 Cu := 32.04 33,83 8,08 8,53 Pb = 0,43 — 0,07 0,20 Ag = 0,22 1,37 0,03 4,46 Fe = 4,85 6,40 2,77 5,86 Zn = 3,84 — 1,89 — Co = 2,95 4,21 1,58 2,25 iM = Spuren Spuren — — 99,74 98,46 27,34 26,02. Aus diesen Analysen ergiebt sich das Verhältniss der Schwefelmengen der Sulfosäuren zu denen der Sulfobasen wie A. B. 12,92: 14,42 11,38: 14,64 oder 3 : 3,4 3 : 3,86 Um das Verhältniss der Menge der Sulfobasen zu den Sulfosäuren zu erfahren, wurden die Sulfosäuren zunächst 108 Nickel- und Kohalthyperoxyd. auf Dreifacli - Schwefelantimon, die Sulfobasen auf Halb- schwefelkupfer reducirt, woraus Folgendes resultirte: A B Menge der Auf SbS3 Menge der Auf SbS3 Scbwefelmetalle reducirt Schwefelmetalle reducirt AsS3 16,69 23,35 SbS3 AsS3 11,44 15,63 SbS3 BiS3 2,25 1,48 SbS3 BiS3 5,60 3,68 SbS3 SbS3 21,05 21,05 SbS3 Auf Cu2S reducirt SbS3 20,59 20,59 SbS3 Auf Cu2S reducirt Cu2S 40,12 40,12 Cu2S 42,36 42,36 PbS 0,50 0,33 AgS 1,57 1,01 AgS 0,25 0,16 FeS 10,06 18,17 FeS 7,62 5,73 13,76 9,38 CoS 6,46 Cu2 11,16 ZnS S 72,70 CoS 4,53 7,82 Cu' 2S 71,57 mithin 39,90 72,70 mitbin 45,88 2105* 71,57 2105* — 1:: • 993,2** ' 993,2** 3,86. 1 : 3,3. Hiernach wären die Formeln der beiden Fahlerze: A := 4 (Cu^S, AgS, FeS, CoS, PbS, ZnS) + (AsS3,SbS3,BiS3) B = 4 (FeS,Cu2S, AgS, CoS, Spur NiS) + (A8S3,BiS3,SbS3). {Poggend. Annal. Bd. 124. 1865.) B. Heber Nickel- und Hobalthyperoxyd. Wird nach O. Popp eine Nickelsalzlösung mit essig- saurem und darauf mit unterchlorigsaurem Natron ver- mischt und dann zum Kochen erhitzt, sv) scheidet sich ein tiefblaues, fast schwarz erscheinendes Hyperoxyd aus. Die Reactioii ist so empfindlich, dass sie an Schärfe die analoge Manganreaction fast übertrifft und dass jede Spur Nickel auf diese Weise erkannt und gefällt wird. Versetzt man eine Kobaltsalzlösung mit essigsaurem Natron, so geht die reine Kobaltfarbe in ein intensives Rosenroth über, welches auf Zusatz von Chlornatronflüs- sigkeit sofort in ein helles Gelbbraun verwandelt wird. Diese Flüssigkeit färbt sich jedoch schon in der Kälte sehr schnell dunkel, fast schwarz, wird aber beim Er- * Atomgewicht von SbS3. ** Atomgewicht von Cu^S. Gegemoart von Nickel im Blei. — Nickelvitriol. 109 hitzen nicht gefällt. Eine Fällung und zwar eine voll- ständige Fällung von grünbraunem Hyperoxyd tritt erst dann ein, wenn man noch kohlensaures Alkali zusetzt und dann zum Kochen erhitzt. Bemerkenswerth ist es, dass, wenn eine nickel- und kobalthaltige Lösung angewendet wird, ohne Zusatz von Natroncarbonat, selbst beim Erhitzen das Nickel ebenfalls in Lösung bleibt. {Annal. d. Chem. ii. Pharm. CXXXl. 363 — 364.) G. lieber die Gegen^vart von Nickel im Blei und seine Concentration beim Pattinson'schen Processe, Aufmerksam gemacht durch die blaue Färbung eines Bleiglases suchte Wm. Baker die Ursache davon in der Gegenwart von Kobalt. Er konnte jedoch in dem dazu verwandten eben so wie in mehreren anderen Proben Blei bloss Nickel entdecken, 0,0023—0,0057. Unterwirft man derartiges Blei dem Pattinson'schen Processe, so fin- det eine Concentration des Nickels in dem flüssigen Theile statt und zwar bis zu 0,0047 und 0,0073. [Chein. Soc. Journ. — Chem. Centrhl. 1S6Ö. 32.) ß. Nickelvitriol. R. Fulda berichtet über ein Vorkommen von natür- lichem Nickelvitriol zu Riecheisdorf in Hessen, wo er entschieden durch seeundäre Bildung entstanden ist und in den drei Abänderungen als muschelige, faserig - dünnstängelige und haarförmige Varietät auftritt. Frisch ist das ]\lineral durchscheinend, von deutlichem Glasglanz, der bei faserigen und haarförmigen Partieen in Seiden- glanz übergeht, von rein smaragdgrüner Farbe, die na- mentlich bei der muscheligen Varietät in dickeren Stücken ausserordentlich charakteristisch ist. Li dünnen Schich- ten ist die Färbung weniger intensiv und ganz feine Nädelchen erscheinen daher fast farblos. Im Sonnenlichte oder bei einer Temperatur von .30 bis 40*^ C. verwittert das Mineral sehr rasch, indem es sich mit einer bläulich- weissen Schicht überzieht und dann erdig und undurch- sichtig erscheint. Das Strichpulver ist weisslich mit einem schwachen Stich ins Grüne, der Geschmack zu- sammenziehend, das spec. Gew. = 2,004. Die Härte scheint etwa bei 2,2 zu liegen. Die Zusammensetzung des Minerals lässt sich, wenn 110 Ahscheidung des Mangans. — Oxyde des Mangans. man von einem geringen Arsensäuregehalt absieht, aus- drücken durch die Formel NiO;, SO^, HO -\- 6 aq, und entspricht vollständig dem künstlich darstellbaren 7 fach- gewässerten Nickelvitriole. {Annal. der Chem. u. Pharm. CXXXl. 218—221.) G. Abscheidung des Mangans. Nach C. Rübe wird bei Gegenwart von grösseren Mengen von Mangan die zu neutralisirende schwach salz- saure Lösung, welche nebenher noch Eisenoxyd, Thon- erde u. s. w. enthält, zum Kochen erhitzt und mit frisch bereitetem, auf nassem Wege dargestellten Quecksilber- oxyd versetzt. Das Sieden wird 1 — 1^/2 Stunden unter- halten, es verwandelt sich dabei das Manganoxydul in Manganhyperoxyd, welches zugleich mit dem Eisenoxyd und der Thonerde ausfällt, während Kalk und Magnesia in Lösung bleiben. Man setzt so viel Quecksilberoxyd zu, bis selbst nach längerem Stehen der entstandene, mehr oder weniger dunkel gefärbte Niederschlag noch immer die Farbe des Quecksilberoxyds erkennen lässt. Man iiltrirt durch ein gewogenes Filter, säuert das (von einem basischen Quecksilbersalz) trübe Filtrat mit Salzsäure an; entfernt hierauf das Quecksilber durch Schwefelwasser- stoff, bestimmt Eisenoxyd, Manganoxydul und Thonerde durch Ausfällen mit kohlensaurem Natron und trennt diese drei Körper schliesslich durch Zusammenschmelzen mit Soda u. s. w. auf bekannte Weise. Eine nach dieser Methode ausgeführte Analyse eines Braunspathes von Frei- berg ergab: 3 6,00 FeO,C02 68,61 MnO, C02 3,36 MgO, C02 11,22 CaO, 002 0,45 Si02 und unlöslichen Rückstand. {Journ. f. prakt. Chem. Bd. 94. 1865.) B. Heber die Oxyde des Mangans. Die vor mehreren Jahren von Schneider gemachte Beobachtung, dass ein Oxyd des Mangans, wenn es in Sauerstoffgas geglüht wird, nicht in Manganoxyduloxyd, sondern in Manganoxyd übergehe, veranlasste W. Ditt- mar, die Ursache dieser unerwarteten Erscheinung auf- zusuchen. Oxyde des Mangans. 111 Augenscheinlich bot sich nur folgende Alternative dar: entweder unterscheidet sich der künstlich dargestellte Sauerstoff von dem der Luft in gewissen Beziehun- gen, oder die entstehende Oxydationsstufe des Mangans hängt von der Tension des Sauerstoffs sowohl wie von der Temperatur ab. Dittmar hat seine Experimente in dieser Richtung angestellt, da ihm diese letztere Annahme die natürlichste schien. Zuvor aber machte er drei Ver- suche, in welchen er bei dunkler Rothgluth über rei- nes Manganhyperoxyd in dem einen Fall Stickstoff, im anderen Luft, im dritten Sauerstoff leitete und dieselbe Operation noch einmal wiederholte. In allen diesen Fäl- len entsprach die schliesslich durch Reduction des Glüh- products gew^onnene Oxydationsstufe des Mangans reinem Manganoxydul. Dies führte natürlich Dittmar zunächst auf den Glauben, dass Schneider bei derselben Tempe- ratur, wie er, seine Versuche angestellt habe, und dass also bloss die Temperatur es sei, von welcher die Oxy- dationsstufe des Mangans abhängt. Inzwischen überzeugte er sich doch nachher, dass selbst in den höheren Temperaturen der hellen Rothgluth, bei welchen im Luftstrom entschieden stets Mn^O* ent- steht, im Sauerstoffstrome das Manganoxyd Mn2 03 be- ständig bleibt und dies bestätigte sich auch durch alle späteren Experimente, in denen die strengste Hitze eines Hofmann'schen Gasofens in Anwendung kam. Demnach war nur noch die Aufklärung in der Differenz der Ten- sionen zu suchen. Es wurden sowohl Sauerstoff und Stickstoff allein, als auch deren Gemisch, in Gestalt von Luft (worin be- kanntlich Sauerstoff 1/5 Atmosphäre Tension hat), ferner Gemische aus Luft mit Zusatz von ^/oq, Vis ^^"^ Vs ^^^• Sauerstoff unter zeitigem Barometerdruck und unter ver- mindertem Druck über hellrotliglühendes Manganhyper- oxyd geleitet und das gewogene Product der Erhitzung im Wasserstoffstrom reducirt und gewogen. Hierbei stell- ten sich folgende Ergebnisse heraus: 1) Die auf 1 Aeq. Mangan aufgenommenen Mengen Sauerstoff betrugen entweder das 1^2 fache oder das 1^3- fache, es existirt also keine intermediäre Oxydationsstufe. 2) In allen Fällen, wo Mn^O"* entstand, betrug die bezügliche Tension des Sauerstoffs und 0,21 Atmo- sphäre. 3) In den Versuchen, in welchen Mn2 03 resultirte, — U2 Zusammensetzung der Manganerze etc. betrug die Tension des Sauerstoffs zwischen 0,26 und 1 Atmosphäre. Um die Grenze des Drucks zu ermitteln, unterhalb welcher in den hohen Temperaturen des Hofmann'schen Gasofens über Schmelzhitze des Aluminiums, unter der des Silbers, das Mn^O* entsteht, und oberhalb welcher Mn^O^ sich bildet, wurden verschiedene Experimente mit Luft im Gemenge mit Sauerstoff unter genau geregeltem Druck angestellt. Das Resultat derselben war: 1) Bisweilen entstand reines Manganoxyd, bisweilen reines Manganoxyduloxyd, bisweilen beide neben einan- der, jedoch so, dass das eine von ihnen bedeutend vor- waltete. 2) Manganoxyd allein oder wenigstens in überwie- gender Menge entstand, wenn der bezügliche Druck des Sauerstoflfs zwischen 6,90 und 7,38 Zoll Quecksilberhöhe betrug. 3) Manganoxyduloxyd allein oder in vorwaltender Menge bildete sich bei einem Druck des Sauerstoffs zwi- schen 6,87 und 7,07 Zoll Quecksilberhöhe, 4) In gewissen Mischungen aus Stickstoff und Sauer- stoff, in denen bei einer bestimmten Temperatur und Ten- sion Manganoxyd beständig ist, entsteht sogleich Mangan- oxyduloxyd, sobald die Tension des Sauerstoffs bei sonst gleich bleibenden übrigen Bedingungen sich ein wenig vermindert. {Journ. Chem. (2.) II. — Journ.f. prakt. Chem. Bd. 94. 6.) B. lieber die ZusainiDensetziiiig der Manganerze^ das spe- ^ cifische Gewicht derselben und der Vlanganoxyde überhaupt. Die Nichtisomorphie des Braunits und des Ilaus- mannits mit den übrigen Sesquioxyden und mit der Spi- nellgruppe führt man gewöhnlich auf eine Heteromorphie dieser Körper zurück. Andrerseits hat man den Grund in einer Verschiedenheit der Constitution zu finden gesucht, in der Annahme, jene Oxyde des Mangans seien Verbin- dungen von Manganoxydul und Hyperoxyd, eine Vorstellung, die in der Zersetzung durch Salpetersäure eine Stütze zu haben scheint. Dieser Ansicht ist auch G. Rose, welcher dadurch das Vorkommen sowohl anderer Monoxyde, wie z. B. des Baryts, als auch der Kieselsäure in diesen Manganerzen erklärt, welche als isomorphe Ver- treter von MnO und MnO^ in deren Mischung eingehen. Zusammensetzung der Manganerze etc. 113 Die Richtigkeit dieser Hypothese lässt sich durch die Analyse prüfen, obwohl dies bisher nicht geschehen ist. Alle jene Manganerze bestehen gleichsam aus Mangan- oxydul und einer gewissen Menge SauerstofT, dessen Ver- hältniss zu dem im Oxydul selbst enthaltenen die Oxy- dationsstufe des Mangans ergiebt. Im reinen Mangan- oxyde ist es = 1 : 2, im Oxydoxydul = 1 : 3^ im Hyper- oxyde = 1:1. Wenn nun aber Braunit und Hausmannit = MnO, Mn02 und 2MnO -}" MnO^ sind, so ist klar, dass durch das Eintreten isomorpher Bestandtheile RO oder RO^ auf der einen oder anderen Seite jene einfachen Sauerver- hältnisse alterirt werden, was die Analyse anzeigen muss. Von den genannten Voraussetzungen ausgehend, hat Rammeisberg denBraunit und Hausmannit, zugleich aber auch den Manganit und Pyrolusit von Neuem untersucht und dabei den Sauerstoff durch Bunsen's volumetrische Jodprobe bestimmt, daneben auch die älteren Analysen in Betracht gezogen. Braunit. — In dem Braunit aus der Gegend von Ilmenau fand Turner nur 2,25 Proc. Baryt und 0,95 Wasser. Der Sauerstoff des Manganoxyduls und der Rest sind fast genau = 2:1, während, der Hypothese gemäss, die Zahl 2 nicht erreicht werden dürfte. Dieses Resultat weicht aber von dem Turner's dadurch gänzlich ab, dass darnach der thüringsche Braunit 'nahe 8 Proc. Kie- selsäure enthält, dagegen nur sehr kleine Mengen Baryt und Kalk. Der Sauerstoff des Manganoxyduls und der Rest stehen in dem Verhältnisse von 100 : 44 = 2 : 0,87 = 2,3 : 1. Der übrige Sauerstoff beträgt also weniger als die Hälfte des im Oxydul enthaltenen. Hieraus folgt zunächst, dass die Kieselsäure nicht als solche beigemengt ist, und ferner scheint die Analyse eine Bestätigung dafür zu sein, dass der Braunit MO -f- (Mn02, Si02) ist. Für diese Ansicht kann sich Ram- melsberg dennoch nicht erklären und wdll eine andere, den theoretischen Vorstellungen über die chemische Con- stitution mehr entsprechende, in Vorschlag bringen. Braunit und Hausmannit zerfallen allerdings durch starke Salpetersäure in Oxydul und Hyperoxyd. Dies konnte aber natürlich keinen Beweis dafür abgeben, dass beide daraus bestehen. Ebenso verhalten sich das künstliche Manganoxyd und Oxydoxydul^ und zwar jenes, so wie es aus seinen Salzen, z. B. dem Sulfat, durch Zer- setzung mittelst Wassers erhalten wird; als Basis von Arp.li fl Pfinvm flT.TYVTTT «q2 ist eine undeutlich krystallinische, an der Luft zerfliessliche, stark saure Substanz. Ihre Salze sind nicht krystallisirbar. Durch Oxydation mit Salpetersäure geht sie, indem sie auf 1 At. Schwefel 3 At. Sauerstoff" aufnimmt, in eine sog. organische Schwefelsäure, in Bernsteinschwefelsäure, über. H3 )S'^ ^3 03. Die Monosulfosalic vlsäure entsteht analog der Monosulfomilchsäure durch vorsichtiges Eintragen des Productes der Einwirkung von Phosphorpentachlorid auf Salicylsäure in eine wässerige Lösung von überschüssigem Schwefelkalium. Diese giebt aber bei Behandlung mit Salpetersäure keine organische Schwefelsäure, sondern Trinitrophenvlsäure und Schwefelsäure. {Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXIX. 6—15.) G. Bibrommaleinsäiiro, ^letabromiualcmsiuire und Parabromiii 23' *1150 64 37' 28 1090 10' p : a — 147 48 147 55 b — 122 12 122 6 122 — 1230 p3 : p3ana 156 17 156 2 b— 23 43 p3 : a — 168 8 b — 101 51 102 4 990 ' 0' P — 159 39 159 39 159 50 : *150 26 150 24 : b P — 104 47 104 *119 48 38 104 48 n : n — 133 4 133 3 133 18 n : b — 113 28 113 32 113 45 P — 137 20 137 137 10 — 115 23 115 37 115 59 M arignac führt noch einige andere Flächen an. *) Neueste Forschungen in der kryst. Chemie, S. 96, **) Poggend. Annalen. Bd. 110. S. 101. 198 M. Delafontaine und C. Rämmelsherg, Das Axenverhältniss ist: a : b : c = 0,6297 : 1 : 0,2936 o = 880 48'. Die Flächen p und p3 sind vertical gestreift, ein p^ ist oft herrschend und macht die Krystalle tafelartig; b, die Spaltungsfläche, hat Perlmutter- oder Seidenglanz. In der Endigung herrscht o, während n oft nur schmale Abstumpfungen der Kanten o/p3 bildet oder fehlt; beide Augitpaare sind glatt und glänzend. Die Messungen in der Horizontalzone lassen starke Polyedrie erkennen. Das Salz wurde früher für zweifach -molybdänsaures Ammoniak gehalten. Svanberg und Struve leiteten aus ihren Analysen die Formel 2 H^NO, 5 MoO^ -j- 3 aq ab. Die bisherigen Bestimmungen sind: Mo03 H4N0 aq Svbg. Str 81,55 6,53 Berlin 81,58 Delifs 80,81 Ti^ . o. o. ^ N 7,36 Marignac 81,31 j^ ^ ^^ TT T? \^2,57 ^'^''^ 182,93 Rg 82,36*) Delafont 81,35 Mittel von 8 Best.) 5,94 Die Formel 3H4NO, 7Mo03 -f- 4aq, welche durch die Isomorphie des Kalisalzes verbürgt erscheint, fordert: 7 Mo03 = 490 = 81,13 3 H4N0 =: 78 = 12,91 4 aq = 36 = 5,96 604 100. h) Mit 12 At. Wasser: 3H4NO, 7Mo03+ 12 aq. ") Ohne Rücksicht auf den Trockenzustand des Salzes bestimmt. Zusammensetzung der molyhdänsauren Salze d. Alkalien. 199 Dieses Salz ist neu; Delafontaine und Marignac so wenig wie Svanberg und Struve erwähnen seiner. Ich erhielt es aus den Mutterlaugen des vorigen bei frei" willigem Verdunsten stets in kleinen, aber immer durch- sichtigen, glänzenden Krystallen, welche dem zwei- und eingliederigen System angehören. Es bildet gewöhnlich rechtwinklig vierseitige Pris- men aus den Hexaidflächen a und b, deren Kanten durch das rhombische Prisma p schief abgestumpft werden. In der Endigung finden sich zwei auf a aufgesetzte schiefe Endflächen; aus der Diagonalzone der einen, c, ein Flä- chenpaar q, während die Kanten zwischen der andern, r' . . — — und einem hinteren p durch die Flächen o' abge- stumpft werden^ welche zugleich mit jenen und dem einen q in eine Zone fallen, während die stumpfe Kante a q durch eine Fläche o abgestumpft wird, die mit a, q, o' r' und andererseits mit -;t— , p eine Zone bildet. ji Wir dürfen also o und o' als das Hauptoctaeder, p als das erste, q als das zweite zugehörige Paar desselben ansehen. o = a:b:c p = a:b:ooc a = a:oob:c>oc o'=a':b:c q=b:c ivoo a b = b:cx)a:3oc = 2a':c:cx)b c = c:3oa::x;b. r Berechnet Beobachtet 0:0 = 1410 6 o': 0' = 130 22 (seitl. Endk.) 0:0' == 78 24 77» 40' (Seitk.) 0:0' = 114 11 p : p an a = 129 b = 51 50 15 p : a = 154 30 155 8 b = 115 30 115 29 c = 97 3 200 M. Delafontaine und C. Bammelshergy a Berechnet Beobachtet : q an c — 108 52 109 40 b = 71 8 71 12 : c — 144 26 145 b *125 34 a — 103 25 103 16 : c — 106 35 196 50 r' ■ 2 *115 50 r' • 2 *137 35 : a — 146 10 145 37 b — 109 27 : c — 131 39 P — 145 24 q — 137 15 137 12 : a — 135 26 135 28 b — 114 49 c — 114 10 ' P — 148 47 q = 121 9 120 a:b :c = = = 0,49775 = 730 25'. :1: 0,7461 Also: Der Habitus ist ein zweifacher. Entweder prisma- tiscb nach der Horizontalebene, oben und unten ausge- bildet, meist aber nur ein p_, ein und ein o' sichtbar; oder nach der Axe b verlängert, d. h. prismatisch nach r' den Flächen der Verticalzone a, c, — — , wobei die Par£,l- lele von c öfter fehlt und an dem aufgewachsenen Ende nur b und ein q zu sehen sind. Die Flächen geben zum Theil unsichere Bilder, daher die Messungen nicht immer richtig sind. Das Salz ist minder schwerlöslich als das vorige; seine Lösung giebt aber beim Anschiessen durch Abkühlung fast nur Krystalle von letzterem. 0,982 hinterliessen 0,7 Mo- Zusammensetzung der molyhdänsauren Salze d. Alkalien. 201 lybdänsäure. — 1,77, mit Natronlauge destillirt, gaben 1,865 Ammoniumplatinchlorid = 0,2169 Ammoniumoxyd. Hiernach enthalten 100 Theile: Berechnet Molybdänsäure 71,28 7 Mo03 = 490 = 72,48 Ammoniumoxyd 12,25 3 H4N0 = 78 = 11,54 Wasser 12 aq = 108 = 15,98 676 iÖO. Molyhdänsaures Natron - Ammoniak 3 (NaO, H4N0), 7 Mo 03 -f 5 HO. Delafontaine erhielt aus einer Auflösung von Mo- lybdänsäure in kohlensaurem Natron, die zugleich molyb- dänsaures Ammoniak enthielt, durch Zusatz von Salpeter- säure sehr kleine gestreifte Prismen von 53^, mit einer geraden oder fast geraden Endfläche, welche aus heissem Wasser sich umkrystallisiren Hessen. Sie verloren beim Erhitzen 16,8 — 16,95 Proc. Wasser und Ammoniak; mit kohlensaurem Natron geschmolzen, trieben sie so viel Kohlensäure aus, dass davon auf 79,62 bis 79,76 Säure und 3,43 bis 3,45 Natron zu schliessen war. (Salz A.) Bei einer wiederholten Bereitung wurde ein ähn- liches Salz erhalten, an dem die betreffenden Winkel jedoch = 570 und 920 waren. Sie gaben 18,08 — 18,87 Wasser und Ammoniak, 76,91 — 77,65 Säure, 4,14 — 4,26 Natron. (Salz B.) Die Berechnung der Säure und des Natrons grün- det sich aber bloss auf die Annahme, diese Salze seien 3 RO, 7Mo03. Ist dies richtig, so ist das Salz A = 3 (7/9 H4N0, 2/9 NaO), 7 Mo03 -)- 5 HO. Berechnet 7 Mo 03 = 490 = 79,50 7/3 H4N0 = 60,67 = 9,81 2/3 NaO = 20,67 = 3,37 5 aq =45 = 7,29 616,34 100. 202 G. Th. Gerlachf Die Analysen des Salzes B gestatten keinen siche- ren Schluss. Es ist Hrn. Delafontaine nicht gelungen, kiesel- molybdänsaure Salze zu erhalten, dagegen hat er sich mit den Fluoxymolybdaten eingehend beschäftigt und theilt vorläufig mit, dass das Kalisalz KMo 1^2 -\- ^^. mit dem entsprechenden Wolframiat isomorph, und dass das Zinksalz ZnMo ^ p2 -f- 6 aq dem Fluostannat, Tita- nat und Zirkoniat des Zinks und Nickels isomorph sei, ein neuer Beweis der Isomorphie von Sauerstoff- und Fluorverbindungen. Die specifischen Gewichte einiger VitrioIIösnügen ; von Dr. G. Th. Gerlach in Kalk bei Deutz. Im Anschluss an eine Reihe von Bestimmungen der specifischen Gewichte von Salzlösungen theile ich hier die specifischen Gewichte einiger Lösungen von schwefelsau- ren Metallsalzen mit, und zwar der Lösungen von Eisen- vitriol, Manganvitriol, Zinkvitriol und Kupfervitriol. Ohne vor der Hand in nähere theoretische Betrach- tungen einzugehen, will ich nur bemerken, dass die spe- cifischen Gewichte dieser Metallsalzlösungen sich in ihrem gegenseitigen Verhalten genau den ermittelten Gesetz- mässigkeiten unterordnen, welche für die spec. Gewichte der Alkali- und Erdsalze aufgefunden wurden. Um in dieser Beziehung einen Vergleich zu ermög- lichen, wurden in der beifolgenden Tabelle die Beob- achtungswerthe in ähnlicher Weise aufgeführt, als dies für eine grössere Reihe von Salzlösungen schon an ande- rem Orte geschah (vergl. die specifischen Gewichte der specißscJie Gewichte einiger VitriolVösungen. 203 gebräuchlichsten Salzlösungen bei verschiedenen Concen- trationsgraden, von Dr. Th. Ger lach, Freiberg 1859). Für praktische Zwecke sind die spec. Gewichte der Eisenvitriol- und Kupfervitriol -Lösungen nach dem Pro- centgehalte geordnet, in besonderen Tabellen ausgewor- fen worden. In nachstehender Tabelle enthält: Colonne A. den Namen des gelösten Salzes, die For- meln und die Mischungsgewichte. Colonne B. giebt das absolute Gewicht des gelösten krjstallisirten Salzes in 100 Gewichtstheilen der Lö- sung an. Colonne C. giebt das absolute Gewicht des gelösten wasserfreien Salzes in 100 Gewichtstheilen der Lö- sung an. B X Mischungsgewicht des wasserfreien Salzes Mischungsgewicht des krjstallisirten Salzes. Colonne D. giebt die Gewichtstheile des wasser- freiem Salzes an, welche in 100 Gewth. Wasser gelöst . j C X 100 sind. — r^j— , 100 — C Colonne E. enthält die relative Anzahl der Aequi- valente des wasserfreien Salzes, welche in 100 Gewichts- theilen Wasser gelöst sind; D X 100 Mischungsgewicht des wasserfreien Salzes. Colonne F. enthält das beobachtete spec. Gewicht der Lösungen bei 15^ C. Colonne G. enthält das specifische Volumen der Lö- sung, wenn das Volumen eines gleich grossen Gewichtes Wasser = 100 gesetzt wird, also mit andern Worten die Grade nach Gay-Lussac's Volumeterscala. 204 G. Th. Gerlachy A. B. C. D. E. F. G. FeO,S03 FeO, FeO, Aequi- Spec. Gew. Volu- Ei senvitri ol. + 7aq S03 S03 valente "^ bei 150 C. meter- grade FeO,S03+7aq Mischungs- gewicht 139 0,0 0,0 0,0 1,0000 100 5 2,734 2,811 3,698 1,0267 97,4 10 5,468 5,784 7,611 1,0537 94,9 15 8,201 8,934 11,755 1,0823 92,4 FeO,S03 20 10,935 12,277 16,155 1,1124 89,9 Mischungs- 25 13,669 15,834 20,834 1,1430 87,5 gewicht 76 30 15,403 19,622 25,818 1,1738 85,2 35 19,137 23,672 31,147 1,2063 82,9 40 21,870 27,995 36,836 1,2391 80,7 Mutterlauge 1,24 A. B. C. D. E. F. G. Manga n- MnO, MnO, MnO, Aequi- Spec. Gew. Volu- vitriol. S03 + 4aq S03 S03 vaiente bei 151C. meter- grade MnO,S03-f-7aq 0,0 0,0 0,0 1,0000 100 7 J jL Mischungs- gewicht 111,57 5 3,387 3,506 4,639 1,0320 96,9 10 6,773 7,265 9,614 1,0650 93,9 15 10,160 11,309 14,965 1,1001 90,9 MnO,S03 20 13,546 15,668 20,734 1,1363 88,0 75,57 25 16,933 20,384 26,975 1,1751 85,1 30 20,319 24,920 32,976 1,2150 82,3 35 23,706 31,072 41,117 1,2579 79,5 40 27,093 37,162 49,175 1,3038 76,7 45 30,479 43,842 58,015 1,3495 74,1 50 33,866 51,208 67,763 1,3986 71,5 55 37,253 59,371 78,564 1,4514 68,9 Mutterlauge 1,45 A. B. C. D. E. F. G. ZnO, ZnO, ZnO, Aequi- Spec. Gew. Volu- Zinkvitriol, S03 + 7aq S03 S03 valente bei 150 C. meter- grade ZnO,S03-f-7aq 5 0,0 2,805 0,0 2,886 •0,0 3,584 1,0000 1,0288 100 97,2 Mischungs- 10 5,611 5.944 7,382 1,0593 94,4 gewicht 148,53 15 8,416 9,189 11,411 1,0905 91,7 rw /^ C(i^o 20 11,221 12,639 15,696 1,1236 89,0 ZnO, S03 25 14,027 16.316 20,260 1,1574 86,4 Mischungs- 30 16,832 20,238 25,132 1,1933 83,8 gewicht 80,53 35 19,637 24,435 30,344 1,2315 81,2 40 22,443 28,938 35,934 1,2709 78,7 45 25,248 33,776 41,845 1,3100 76,3 50 28,054 38,994 48,421 1,3532 73.9 55 30,859 44,632 55,423 1,3986 71,5 60 33,664 50,748 63,018 1,4451 69,2 Mutterlauge 1,44 specißsche Gewichte einiger VitrioUösungen. 205 A. B. C. D. E. F. G. CuO, CuO, CuO, Aequi- Spec. Gew. Volu- Kupfervitriol. S03 -1-5 aq S03 S03 valente bei 150 C meter- grade CuO,S03 + 5aq 0,0 0,0 0,0 1,0000 100 Mischungs- 5 3,195 3,300 4,142 1,0335 96,76 gewicht 124,68 10 6,391 6,827 8,568 1,0688 93,56 CuO,S03 15 9,586 10,603 13,306 1,1060 90,42 Mischungs- gewicht 79,68 20 12,782 14,655 18,393 1,1443 87,39 25 Mutter 15,977 19,015 23,864 1,1848 1,185 84,40 lauge Eine ganz schwach angesäuerte Lösung von Eisen- vitriol, welche in der Siedhitze gesättigt war und unter Bildung einer Salzhaut wasserfreies Salz fallen Hess, erreichte beim Sieden noch nicht die Temperatur von 1020 C., das specifische Gewicht dieser heissen Lösung war 1,36. Eine kochend gesättigte Lösung von Manganvitriol hat das spec. Gewicht 1,40; bei weiterem Eindampfen scheidet sich wasserfreies Salz aus. Die kochende Lö- sung bildet eine Salzhaut, welche beim Erkalten wieder verschwindet. Manganvitriol hat also ebenso wie Glau- bersalz ein Löslichkeitsmaximum unter dem Siedepuncte. Eine kochend gesättigte Lösung von Zinkvitriol hat das spec. Gewicht 1,55 und der Siedepunct ist 103,5® C. Eine kochend gesättigte Lösung von Kupfervitriol zeigt das spec. Gewicht 1,55 und der Siedepunct ist 103« C. Diese specifischen Gewichte der heissen Lösungen wurden mit einem Scalen-Aräometer ermittelt. Specifische Gewichte der Lösungen von krystallisirtem Eisenvitriol (FeO, S03-[- 7 aq) bei 150 C. 'rocent- Spec. Procent- Spec. Procent- Spec. Procent- Spec. gehalt Gewicht gehalt Gewicht gehalt Gewicht gehalt Gewicht 1,000 10 1,054 20 1,112 30 1,174 1 1,005 11 1,059 21 1,118 31 1,180 2 1,011 12 1,065 22 1,125 32 1,187 3 1,016 13 1,071 23 1,131 33 1,193 4 1,021 14 1,077 24 1,137 34 1,200 5 1,027 15 1,082 25 1,143 35 1,206 6 1,032 16 1,088 26 1,149 36 1,213 7 1,037 17 1,094 27 1,155 37 1,219 8 1,043 18 1,100 28 1,161 38 1,226 9 1,048 19 1,106 29 1,168 39 40 1,232 1,239 206 C. Grosschopff, Specifische Gewichte der Lösungen von krystallisirtem Kupfervitriol (CuO, SO^-f 7 aq) bei 150 C. Procent- Spec. Procent- Spec. Procent- Spec. Procent- Spec. gehalt Gewicht gehalt Gewicht gehalt Gewicht gehalt Gewicht 1,000 7 1,048 14 1,099 21 1,152 1 1,007 8 1,055 15 1,106 22 1,160 2 1,013 9 1,062 16 1,114 23 1,169 3 1,020 10 1,069 17 1,121 24 1,177 4 1,027 11 1,076 18 1,129 25 1,185 5 1,033 12 1,084 19 1,137 6 1,040 13 1,091 20 1,144 Beiträge znr Darstellung pharmaceutisch-chemischer Präparate ; von C. Grosschopff in Rostock. 1. Darstellung des Coffeins. Von allen Darstellungsmethoden des Coffeins halte ich folgende für die einfachste und beim Arbeiten im Kleinen wie im Grossen praktischste und lukrativste. Der Thee (100 Pfd.), am vortheilhaftesten verwendet man schwarzen, wird zweimal mit dem hinreichenden Quantum Wasser ausgekocht, was am besten in einem Holzbottiche mit direct eingeleitetem Dampfe geschieht, abgeseiht^ zum dritten Male mit Wasser ausgezogen und im Fasse selbst, was zweckmässig nach Art des Mohr'schen Extractionsfasses eingerichtet ist, ausgepresst, die Extract- lösungen werden noch heiss so weit eingedampft, dass circa 70 Pfd. übrig bleiben. Verarbeitet man grössere Quantitäten portionenweise nach einander, so verwendet man den dritten Auszug anstatt Wasser bei der zweiten Portion, so dass man nur am Schlüsse der Arbeit drei Colaturen zu versieden hat, man spart dadurch natürlich bedeutend an Zeit und Brenn- material. Darstellung des Coffeins. 207 Das Eindampfen kann auf freiem Feuer in kupfer- nen Pfannen vorgenommen werden. Der concentrirten Extractlösung fügt man nun 5 Pfd. mit Wasser zum zarten Schlamme angeriebene Bleiglätte hinzu und lässt unter öfterem Umrühren einen Tag lang stehen. Am andern Morgen hebt man vom Bodensatze ab, schöpft diesen in ein besonderes Gefäss, welches gross genug ist^ sämmtlichen zu erwartenden Absatz aufnehmen zu können um zuletzt das Ganze noch einmal mit Thee- auszug zu verdünnen und nach dem Klären abzuziehen, und dampft mittelst gespannten Dampfes zur Syrupscon- sistenz ein. Dem so erhaltenen Extracte fügt man eine inzwischen angefertigte unfiltrirte Lösung von 8 Pfd. guter roher Pottasche hinzu, rührt anhaltend durch und versetzt nach dem völligen Erkalten die so entstandene breiige Masse mit 80 Pfd. Alkohol von 90^ Tr.; nach anhaltendem, kräf- tigen Durchrühren lässt man absetzen, was in circa 3 Stun- den vollständig geschieht, so dass die grünlich -braune spirituöse Lösung leicht völlig klar vom dicken Boden- satze abgegossen werden kann, diesen zieht man noch ein zweites Mal mit 40 Pfd. Alkohol aus, mischt die Coffemlösungen und hebt den Absatz einstweilen in einem verschliessbaren Gefässe auf, um aus der ganzen Masse am Schlüsse der Arbeit durch Destillation den noch darin befindlichen Alkohol wieder zu gewinnen. Von den CofFeinlÖsungen destillirt man den Alkohol ab, nimmt den Rückstand mit circa 3 — 15 Pfd. siedendem Wasser auf und stellt zum Krystallisiren bei Seite. Nach circa 12 Stunden, in welcher Zeit das Ganze gewöhnlich zu einer Krystallmasse erstarrt ist, sucht man durch Neigen des Gefässes die dicke braune Mutterlauge so weit wie möglich von den Krystallen zu trennen. Um dies mit Erfolg bewerkstelligen zu können, kommt es darauf an, beim Aufnehmen aus der Blase die gerade nöthige Wassermenge zu treffen, dass die Krystalle nicht zu spärlich anschiessen oder auch zu feinfilzig sich bil- 208 C. Grosschopfff den, in welchem Falle durch Neigen die Schwere des Flüssigen die Capillarattraction der haarförmigen, verfilz- ten Krystallmassen nicht zu überwinden vermag und in beträchtlicher Menge zurückgehalten wird, welchem üebel- stande indessen, da die Krystalle doch noch mehrfach wieder gelöst werden, es also nicht darauf ankommt, ihre Gestalt zu erhalten durch Ausdrücken in einem Tuche abgeholfen werden kann. Das so erhaltene, noch gelb gefärbte Coflfei'n reinigt man durch Öfteres Umkrystallisiren aus Wasser, bis es ziemlich weiss geworden, alle Laugen dampft man zum Syrup ein und zieht diesen am besten in einer Blechflasche unter öfterem kräftigen Schütteln im Dampfe mit Benzin, welches das Coffein leicht aus der wässerigen Lösung aufnimmt, ohne sich selbst zu färben, aus. Ein zweiter Auszug wird das nächste Mal statt reinen Benzins ver- wandt. Sämmtliche benzinige Coffe'inlösungen werden mit einem gleichen Quantum Wasser in die Blase gegeben und mit- telst direct eingeführten Dampfes das Benzin abdestillirt, die nunmehr wässerige Lösung wird so lange gekocht, bis auch die letzte Spur von Geruch nach Benzin ver- flogen ist, alsdann mit dem durch Umkrystallisiren aus Wasser gereinigten Coffein vereinigt, unter Zusatz von hinreichend guter Knochenkohle noch einige Male auf- gekocht und mit so viel frisch gefälltem, gallertförmigen Thonerdehydrat unter starkem Durchrühren versetzt, dass sich das Trübemachende aus der durchaus klaren Lö- sung schnell und vollständig zu Boden setzt, nunmehr klärt man durch einen befeuchteten Leinewand - Spitzbeutel, was sehr rasch von Statten geht, wäscht mit siedendem Wasser vollständig aus und lässt in Ruhe krystallisiren. Der Zusatz von Thonerdehydrat erleichtert nicht nur das Klären, sondern ermöglicht es überhaupt erst, weil ohne diesen die concentrirte Lauge durch Filtriren in erwärmten Trichtern nicht klar zu erhalten wäre, da die feinen Kohletheilchen die Filter schnell vollkommen ver- Darstellung des Coffeins. 209 stopfen und ein Warmhalten auf längere Dauer auch seine Unannehmlich