^*:-;4V-^-s^ ■.j^i,:«^«^.- :•?- *vi -» »••< ARCHIV DER PHARMAZIE herausgegeben vom unter Redaktion von E. Schmidt und H. ßeckurts. Band 242. NEW \ eota: QARJ BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1904. ARCHIV DER PHARMAZIE I ! herausgegeben Deutscliezi Apotheker -Ye rein unter Redaktion von E. Schmidt und H. Becknrts. Band 242. Heft 1. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1904. Ausgegeben den 31. Januar 1904. INHALT. Seite J. Gadamer und T. Amenomiya, Ueber die optischen Funktionen dev asymmetrischen Kohlenstoffatome im Ekgonin 1 P. Farnp, Ueber die Zusammensetzung des fetten Üeles von Aspidium spinulosum 17 H. Plellsner, Untersuchung über die relative innere Reibung von Speise- fetten und fetten Oelen 2^ E. Holdermann, Ueber Hydrargyrum oxycyanatum 3S F. M. Litterscheid, Ueber einige Verbindungen des Kupfercyanürcyanids mit Pyridin, Methylamin, Dimethylamin und Trimethylamin ... 31 J. Katz, Der Coffeingehalt des als Getränk benutzten Kaffeeaufgusses 4S J. Gadamer, Ueber rechtsdrehendes sec. Butylamin W. ürban, Ueber alkylierte d-Batyl-Thiohamstoffe und -Harnstoffe . . 51 Eingegangene Beiträge. N. Waliaschko, Ueber das Rutin der Gartenraute. H. Thoms und A. Blitz, Ueber Derivate des Safrols und seine Beziehungen |izu dem Eugenol und Asaron. H. Thoms, Ueber das Verhalten^der Phenoläther bei der Zinkstaubdestillation. R. Beckstroem, Ueber einige Derivate des Asarons. A. Tschirch und L. Rentter, Ueber den Mastix, fg Dieselben, Ueber einige in carthaginiensischen Sarkophagen gefundene Harze. Dieselben, Ueber das Caricari-Elemi. jTKatz, Ueber die quantitative Bestimmung des Phosphors im Phosphoröl und ähnlichen Präparaten. J. Weirich und G. Ortlieb, Quantitativer Nachweis einer organischen Phosphor- verbindung in Traubenkernen und Naturweinen. H. Thoms und B. Molle, Ueber die Zusammensetzung des ätherischen Lorbeerblätteröles. Dieselben, Ueber die Reduktion des Cineols. E. Rapp, Ueber volumetrische und gravimetrische Platinbestimmungen. (Geschlossen den 29. I. 1904.) Apotheker-Zeitnng mit Repertorinm der Pharmazie. Organ des Deutschen Apotheker -Vereins. Erscheint wöchentlich zweimal, Mittwochs und Sonnabends. Sie wird den Mitgliedern des Deutschen Apotheker- Vereins kostentrei zugestellt. Sie kann außerdem durch die Postanstalten des In- und Auslandes, sowie durch die Buchhandlungen bezogen werden. Der Abonnementspreis bei dem Bezage durch die Post innerhalb des Deutschen Postgebietes beträgt 6 M (ausschließlich Bestellgeld) für das Kalenderjahr. Die Bestellung kann jedoch auch zum 1. April, 1. Juli und 1. Oktober für den Rest des Jahres erfolgen. In direkten Streif bandsendungen: Für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungam vierteljährlich 3 M, monatlich IM; für alle anderen Länder vierteljährlich 4M; die einzelne Nummer 25 Pf, bei Kreuzbandzusendung 30 Pf. J. Gadamer u. T. Aiuenomiya: Ekgonin. Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Breslau. 1. Ueter die optischen Funktionen der asymmetrischen Kohlenstoffatome im Ekgonin. Von J. Gradamer und T. Amenomiya. 2. Mitteilung. In einer ersten Abhandlung'), welche sich mit den Funktionen der asymmetrischen Kohlenstoffatome im Tropin und Ekgonin be- schäftigt hat, hat der eine von uns festgestellt, daß in dem Ekgonin von den vier asymmetrischen Kohlenstoffatomen, die in dem nach- stehenden Formelbild mit den Zahlen (1)— (4) bezeichnet sind, (1) links- drehend, (2) rechtsdrehend sein muß, während die Bestimmung der (2) CHa-CH— CH COOK (3) ^ßViX^'^ CHo— CH — CHo \^'' ^ ^'^ NCHg CHOH (4) ^eV/ (1) optischen Funktionen der Systeme (3) und (4) weiteren Untersuchungen vorbehalten wurde. Jedoch wurde damals bereits darauf hingewiesen, daß sich mit Hilfe des Anhydroekgonins wahrscheinlich auch die Wirkung dieser Systeme würde ermitteln lassen. Diese Hoffnung hat sich erfüllt und das Endergebnis unserer Untersuchungen ist, daß im 1-Ekgonin beide Systeme (3) und (4) linksdrehend sein müssen, während im d-Ekgonin, dasWillstätter^) jetzt richtiger als d-tl*-Ekgonin bezeichnet, (3) zwar unverändert linksdrehend, (4) hingegen rechts- drehend sein muß, während von dem einen von uns früher angenommen wurde, daß letzteres beim d-Ekgonin racemisch wäre. Die Unter- suchungen haben ferner die Richtigkeit der Formel I gegenüber der auch diskutierten Formel II für das Anhydroekgonin ergeben. (2) (3) (2) CHa— CH — GHCOOH CHg-CH — CCOOH NCHs CH n. NCHa CH CHa— CH — CH CHg-CH— ^CHg (1) (1) Anhydroekgonin. 1) Dieses Archiv 239, 663—672 (1901). 2) Annalen 326, 47 (1902). Arch. d. Pharm. CCXX-SXII. Bde. 1. Heft. 2 J. Gadamer u. T. Amenomiya: Ekgonin. Zu diesen Anschauungen sind wir, gestützt auf Experimente, auf Grund nachstehender Erwägungen gekommen. Alfred Einhorn und Alhert Marquar dt*) haben gefunden, daß aus l-Ekgonin und d-'}-Ekgonin durch 4 stündiges Erhitzen mit chlorwasserstoflfgesättigtem Eisessig auf 140° dasselbe Anhydroekgonin gewonnen wird. Die Identität ist erwiesen für das Golddoppelsalz durch Bestimmung des Schmelzpunktes und teilweise durch krystallo- graphische Messungen. Eine Angabe über das Verhalten gegen den polarisierten Lichtstrahl haben die genannten Forscher jedoch nicht gemacht, so daß in dieser Hinsicht immer noch Verschiedenheiten ob- walten konnten. Wir haben daher zunächst festgestellt, daß in der Tat auch im optischen Verhalten der Anhydroekgonine aus 1- und d-'|-Ekgonin ein Unterschied nicht besteht. Was hat das für die Kenntnis der optischen Funktionen der asymmetrischen Kohlenstoflf- atome für eine Bedeutung? Daß die Systeme (1) und (2) bei der angegebenen Behandlung eine Umwandlung erfahren haben sollten, ist mehr als unwahrscheinlich. Diese beiden Systeme sind an zwei Ring- systemen beteiligt, und es ist daher eher eine vollständige Zersprengung beider Ringe zu erwarten, als eine Umlagerung zu optischer Inaktivität. Anders liegen die Verhältnisse beim (3.) und (4.) Systeme. Für diese ist es von Wichtigkeit, ob das Anhydroekgonin die Formel I oder 11 besitzt. Bei Annahme der Formel II ist ohne weiteres ersichtlich, daß aus 1- und d-')-Ekgonin dasselbe Anhydroekgonin entstehen muß, da ja in beiden Fällen beide Systeme (3) und (4) die Asymmetrie verlieren. Es wird dabei gleichgültig sein, wie diese Systeme ur- sprünglich den polarisierten Lichtstrahl beeinflußt haben. Die Formel I muß jedoch als die richtige anerkannt werden, und zwar aus folgenden Gründen : 1. Durch die Aufspaltung des Jodmethylats des Anhydroekgonin- esters mit Silberoxyd und darauffolgendes Kochen mit Kalilauge wird eine Säure vom Schmp. 32° erhalten, die von Einhorn und Tahara') als Methylendihydrobenzoesäure angesprochen wurde, von R. Willstätter') aber als eine Cycloheptatrienkarbonsäure erkannt worden ist. Bei Annahme der Formel I für Anhydroekgonin kommt für diese Säure die Formel III, bei Annahme der Formel II die Formel IV in Frage. CH = CH— CHCOOH CH = CH— C-COOH m. CH IV. CH CH = CH— CH Cfl = CH— CHa -) Her. 23, 471 (1890). 2) Ber. 26, 324 (1893). 8) Ber. 31, 2498 (1898) und 31, 2659 (1898). J. Gadamer a. T. Amenomiya: Ekgonin. 3 Die gewonnene Cycloheptatriensäure geht aber bei der Behandlung mit alkoholischem Kali successive in ein bei bh^ schmelzendes und ein flüssiges Isomeres über. Bei genannter Behandlung wandert jedoch die Doppelbindung stets nach derKarboxylgruppe; das ist aber ohne weiteres nur bei der Formel III, nicht bei der Formel IV verstiindlich. Dem- gemäß faßt Willstätter die Säure als eine o-Cycloheptatriensäure auf. 2. Auch das optische Verhalten führt Willstätter (1. c.) für die Formel I ins Gefecht. Da Formel I drei asymmetrische Kohlenstoflf- atome, Formel II deren nur zwei besitzt, von denen, wie der eine von uns gezeigt hat, System (1) linksdrehend, System (2) rechtsdrehend ist, so ist das hohe spezifische Drehungs vermögen des Anhydroekgonins nur durch die Formel I erklärlich. Von besonderem Werte für diese Auflfassung ist eine Arbeit, die vor kurzem von Hans Rupe*) und seinen Schülern unter dem Titel: „Ueber den Einfluß der Kohlenstoff- doppelbindung auf das Drehungsvermögen optisch aktiver Substanzen", veröffentlicht worden ist. Nach diesen Untersuchungen übt die doppelte Bindung nur in derjenigen Stellung, in der sie dem asymmetrischen Kohlenstoffatom am nächsten steht, also in der a-ß-Stellung einen das Rotationsvermögen verstärkenden Einfluß aus; die ß-j-Stellung ist ohne Einfluß, während 7-0-Stellung bereits eine Verminderung des Drehungs- vermögens bewirkt. Diese Ergebnisse sind als ein spezieller Fall des Satzes von Tschugaeff: „Je näher ein inaktiver Substituent einem aktiven Komplexe sich befindet, desto bedeutender ist seine optische Wirkung etc.", aufzufassen. Wenden wir diese Sätze auf das Anhydroekgonin an, so würde für ein Anhydroekgonin der Formel II Rechtsdrehung oder doch höchstens schwache Linksdrehung zu erwarten sein, da in Formel II die Doppelbindung zum d-Kohlenstoffatom (2) in a-ß-Stellung, zum I-Kohlenstoffatom (1) in ß-f-Stellung steht. Das Karboxyl würde nach dem Tschugaeff 'sehen Satze ebenfalls das d- Kohlenstoffatom in seiner optischen Funktion in höherem G-rade verstärken als das 1- Kohlen- stoffatom. Bei Annahme der Formel I hingegen steht die Doppel- bindung zum System (1) und (3) in o-ß-Stellung, zu (2) in ß-7-Stellung. Daraus ist auf eine Verstärkung des Systems (1), aber auch des dritten (3) zu schließen. Da nun aber das spezifische Drehungs- vermögen des Anhydroekgonins in Form seines Chlorhydrates — 61,5" beträgt, werden wir weiter daraus entnehmen können, daß auch das System (3) linksdrehend sein wird. Gestützt wird diese Folgerung durch das optische Verhalten des Hydroekgonidins, welches durch Addition von zwei Wasserstoffatomen an die Doppelbindung aus dem Anhydroekgonin gewonnen wird. 1) Annalen 327, 157 (1903). 4 J. Gadamer u. T. Amenomiya: Ekgonin, Nach Willstätter*) soll das Hydroekgonidin inaktiv sein und nach seiner neuesten Veröffentlichung^) soll diese Inaktivität von Wert für die Beurteilung der optischen Funktionen des (3) und (4) Systems sein. Das Gegenteil wäre aher der Fall, wäre das Hydroekgonidin wirklich inaktiv, da dann auch das für die Aktivität des Systems (1) und (2) Angeführte zum Teil hinfällig sein würde. Es wäre nämlich Inaktivität beim Hydroekgonidin nur dann möglich, wenn die Karboxyl- gruppe von dem dem System (2) benachbarten Kohlenstoffatome zur Hälfte an das dem System (1) benachbarte Kohlenstoffatom wanderte und außerdem System (3) inaktiv oder racemisch wäre, oder aber, wenn es an das zwischen diesen beiden liegende Kohlenstoffatom sich anlagerte. Im ersteren Falle läge ein racemisches System von der Formel V, im letzteren ein inaktives von der Formel VI vor, also: r- (2) (3) (2) CHa— CH — CHCOOH (i) CHo-CH — CHg II I ' I I ^^CHa CHa + NCHs CHg CHa-C CHo-CH — GH., I NCHg CHCOOH i ! I CHa — CH— CHg CHa— CH — CHa CHg— CH — CHCOOH (1^ (1) (1) (3) V. VI. Unsere Versuche haben jedoch gezeigt, daß das Hydroekgonidin zwar schwach dieht, aber sicher optisch aktiv ist. Wir haben für das Chlorhydrat Wd = — 4,9 resp. 3,55° ermittelt^); dieses geringe Drehungsvermögen aber steht wiederum im besten Einklang mit den beiden vorstehend zitierten Sätzen. Durch Aufhebung der doppelten Bindung wird das üebergewicht des Systems (1) über das System (2) aufgehoben; ebenso wird die optische Aktivität des Systems (3) ab- geschwächt. System (1) wird aber wegen der größeren Nähe des Substituenten COOH stärker rechts drehen, als System (I) nach links. Da trotzdem die Verbindung linksdrehend ist, muß angenommen werden, daß System (3) linksdrehend ist, so daß dem Hydroekgonidin die Formel VII, dem Anhydroekgonin die Formel VIII zukommt: dl dl VII. CHa— CH — CHCOOH CH.2-CH — CHCOOH I ■ NCHs CHa VIII. I NCHa CH I CHg— CH — CHo CHa-CH — CH 1 1 1) Ber. 30, 702 (1897). 3) Annalen 326, 49 Fußnote (1902). 8) Alle in dieser Arbeit ausgeführten optischen Messungen können keinen Anspruch auf absolute Genauigkeit machen, da wir ein zwar gutes, aber nur kleines, ^lo'^ anzeigendes Instrument zur Verfügung hatten. Der Wert der Folgerangen wird dadurch aber in keiner Weise berührt. J. Gadamer u. T. Amenomiya: Ekgonin. 5 Da nun ferner aus 1-Ekgonin und d-tJ'-Ekgonin dasselbe Anhydro- ekgonin mit konstantem Drehungsvermögen gewonnen wird, und kein Grund für die Annahme vorliegt, daß ein eventuell rechtsdrehendes System (3) im d-tj^-Ekgonin bei der üeberführung in Anhydroekgonin wiederum in ein linksdrehendes verwandelt würde, muß auch für das 1- und d-tli-fikgonin das System (3) als linksdrehend anerkannt werden. Um aber doch einem eventuellen Einwand, wie er durch "Willstätter in der zitierten Fußnote durch die Worte „Der Bildung von Anhydro- ekgonin dürfte wohl, da sehr energische Behandlung mit konzentrierten Säuren bei hoher Temperatur erforderlich ist, keine wesentliche Bedeutung für die Aufklärung der asymmetrischen Systeme im Ekgonin zukommen", bereits im voraus gemacht worden ist, entgegen- treten zu können, haben wir Anhydroekgoninchlorhydrat in ganz gleicher Weise und unter gleichen Bedingungen mit konzentrierter Kalilauge behandelt, wie beim 1-Ekgonin zur üeberführung in d-Ekgonin üblich ist. Das Drehungsvermögen des Anhydroekgonins blieb aber durchaus konstant. Daraus folgt aber, daß im Anhydroekgonin das System (3) dieselbe optische Funktion, nämlich linksdrehende besitzen muß, wie im d--Ekgonia inaktiv, d. h. racemisch oder rechtsdrehend ist. Früher haben wir das erstere für möglich gehalten, sind aber jetzt unbedingt für die zweite Möglichkeit. Die Inversion des Systems (4) ist nämlich nicht als eine optische, sondern in erster Linie als eine stereochemische aufzufassen, als eine Um- wandlung der alkalilabilen cis-cis-Form in die alkalistabile cis-trans- Form, so daß also 1-Ekgonin dem Tropin, d-cj»-Ekgonin dem -y-Tropin entspricht*). Diese Umwandlung bedingt aber hier zugleich eine Um- drehung des Vorzeichens, aus Linksdrehung muß ebenso starke Rechts- 1) Willstätter, Annalen 326, 47 (1902). 6 J. Gadamer u. T. Amenomiya: Ekgonin. drehung werden. Diesem glücklichen Umstände ist es aber zu ver- danken, daß wir für das System (4) das Drehungsvermögen sogar in absoluten Zahlen ausdrücken können. Bezeichnen wir das Drehungs- vermögen der vier Systeme mit a, b, c, d derart, daß a dem System (1) etc. zukommt, so folgt, daß das Gesamtdrehungs vermögen für 1-Ekgonin = — a + b — c — d = — 57® für d-f Ekgonin = — a + b — c + d = +2lo ist; ziehen wir nun die Gleichung des d-«}»-Ekgonins von der des 1-Ekgonins ab, so erhalten wir — 2d = — 78" oder +d = +39^; das heißt: das System (4) dreht im 1-Ekgonin — 39®, im d-4)-Ekgonin + 39°. Hierin liegt aber ein weiterer Beweis dafür, daß das System (3) in beiden Ekgoninen linksdrehend sein muß; denn es bleibt für die Wirkung aller drei Systeme zusammen nur — 18®. Würden wir das System (3) rechtsdrehend annehmen wollen, so müßte nach ( — a + b + c) a größer als (b + c) sein; nach dem Tschugaeff- schen Satze werden wir das aber nicht annehmen können, da (COOH) dem System (2) näher steht, dieses also verstärkt (OH) aber zu beiden Systemen in der gleichen Stellung sich befindet, also auf beide Systeme gleichmäßig verstärkend wirken muß. Wir halten demnach jetzt schon die Aufgabe für gelöst. Trotz- dem soll noch weiteres Material zur Stütze unserer Anschauung zu- sammengetragen werden. Dasselbe sollen die Additionsprodukte von Brom resp. von Bromwasserstoff an Anhydroekgonin liefern. Wir haben diese Verbindungen bereits dargestellt, weil wir durch Reduktion derselben auf anderem Wege zum Hydroekgonidin zu gelangen hofften. Es lag in unserer Absicht, die auf diesem Wege gewonnenen Hydro- ekgonidine mit dem durch direkte Anlagerung von Wasserstoff er- haltenen bezüglich des Drehungsvermögens zu vergleichen, um so zu sehen, ob das Drehungsvermögen des Hydroekgonidins ein konstantes ist. Leider ist uns die Reduktion des Dibromids zu Hydroekgonidin nicht gelungen. Wenigstens deutete das Drehungsvermögen des Reaktionsproduktes darauf hin, daß sich Anhydroekgonin zurück- gebildet hatte. Beide Verbindungen siüd aber an sich von Interesse, sodaß sie kurz besprochen werden sollen. Das Dibromadditionsprodukt „Anhydroekgonindibromid", wie es von Einhorn und Eichengrün ^) genannt worden ist, haben wir in zwei verschiedenen Modifikationen erhalten. Beim Kochen mit fünf Atomen Brom in Eisessig wurde einmal ein Dibromidbromhydrat er- halten, welches bei 180® schmolz und rechtsdrehend war; [a]D = 1) Ber. 23, 2870 (1890). J. Gadaraer u. T. Amenomiya: Ekgonin. 7 + 29,95**. Doch war die Ausbeute nur gering. Verbessert wurde dieselbe, als nur auf dem Wasserbade 25— 30 Stunden erwärmt wurde. Das Reaktionsprodukt war jedoch ein anderes; der Schmelzpunkt lag bei 188" C, und die Ebene des polarisierten Lichtstrahls wurde nach links abgelenkt: Md = — 82,18^ Dem Anhydroekgonindibromid kann nur die Formel IX zukommen. Wie man sieht, haben wir hier sogar fünf asymmetrische Kohlenstolfatome, von denen 1—3 wie im Anhydro- ekgonin sich verhalten werden. Für (4) und (5) sind jedoch mehren^ Möglichkeiten vorhanden. Zur Ableitung derselben wird es erforderlich sein, von einer Raumformel Gebrauch zu machen. (2) (3) CHa— CH— CHCOOH I I IX. NCHa CHBr (4) I I CHa-CH — CHBr (5) (1) (2]J I (8) (2)J j (3) (2}J I (3) (1)1 1(6) (1)1 1(6) (1)1 (6)^*^ X. Xl. A.11. Denken wir uns das Ringsystem des Tetrahydropyridinkerns im Anhydroekgonin als in der Ebene des Papieres liegend, so wird die am Stickstoff befindliche Methylgruppe über derselben liegen, die Bindung a ebenfalls über, b unter dieselbe hervorragen. Lassen wir nun Brom einwirken, so haben wir drei Möglichkeiten: 1. Die Bindung a wird aufgelöst, es lagert sich Brg an und zwar werden diese beiden Bromatome alsdann ebenfalls über der Ebene des Papieres liegen, sie stehen also zur Methylgruppe in der cis-cis- Stellung: Formel XI. 2. Die Bindung b wird durch Anlagerung von Brom aufgelöst. Die beiden Bromatome stehen dann zum Methyl in trans- Stellung: Formel XII. 3. In einem Teil der Moleküle wird a, in dem anderen b auf- gelöst. Es entsteht also ein Gemisch von XI und XII. Andere Möglichkeiten bestehen nicht, wenn man davon absehen will, daß im System (4) bei Formel XI eine Umlagerung in die cis- trans-Form nach Analogie des Uebergangs von 1-Ekgonin in d-<{»-Ekgonin stattfinden kann. Eine derartige Umlagerung ist aber in saurer Lösung wenig wahrscheinlich. Es bleiben also die genannten Fälle zu berücksichtigen. 8 J. Gadamer u. T. Amenomiya: Ekgonin. Eine Betrachtung des Strukturmodells lehrt nun, daß in Analogie von 1-Ekgonin und d-«}>-Ekgonin in Formel XI das System (4) links- drehend sein muß und umgekehrt in Formel XII rechtsdrehend. Welches Drehungs vermögen die Systeme (5) besitzen werden, läßt sich zunächst nicht entscheiden. Nur vermuten läßt sich, daß sie nach derselben Richtung drehen werden, wie die Systeme (4). Doch bleibt das unsicher. Einfacher und vor allem leichter zu entscheiden liegen die Ver- hältnisse bei dem Bromwasserstoffadditionsprodukte des Anhydro- ekgonins, dem Anhydroekgoninhydrobromid von Eichengrün und Einhorn'). Allerdings sind hier, abgesehen von Gemischen, vier Möglichkeiten vorhanden, nämlich Brom lagert sich an System (4) und zwar entweder in eis- oder in trans- Stellung an, oder an (5) ebenfalls entweder in eis- oder trans-Stellung. Von diesen Möglich- keiten ist nach den Untersuchungen Willstätter's über das Tropin die zweite die wahrscheinlichste, sodaß dieses „Hydrobromid" als ein d-^i-fikgonin aufzufassen wäre, in dem die Hydroxylgruppe durch Brom ersetzt wäre. Das optische Verhalten [o]d = + 42,3° spricht für diese Annahme. Es soll nun versucht werden, das Bromatom in dieser Verbindung durch Hydroxyl zu ersetzen; ob dies wird möglich sein, ohne eine Abspaltung der Karboxylgruppe herbeizuführen, läßt sich nicht voraussagen. "Wir vermuten, letztgenannte Möglichkeit vorausgesetzt, daß dann d-<}»-Ekgonin entstehen wird. Wäre dies der Fall, so wäre damit noch ein direkter Beweis für die Richtigkeit der den einzelnen asymmetrischen Kohlenstoflfatomen zugesprochenen optischen Funktionen erbracht. Leider mußten diese wichtigen Untersuchungen noch verschoben werden, da der eine von uns seine Tätigkeit in Deutschland wegen Rückkehr in die Heimat abschließen mußte. Experimenteller Teil. d-4»-EkgonJn aus I-Ekgonin. Das käufliche E. Merck 'sehe 1-Ekgonin wurde, da es durch etwas zu niedrigen Schmelzpunkt — , 195° C. — und etwas zu niedriges Drehungsvermögen als etwas verunreinigt angesehen wurde, durch wiederholtes Umkrystallisieren aus absolutem Alkohol gereinigt. Es wurde sodann nach dem Verfahren von Einhorn und Marquardt^) durch 26 stündiges Erhitzen auf dem Wasserbade mit Kalilauge (1:2) in die d-^^^-Verbindung übergeführt. Das schwach rötliche Reaktionsprodukt wurde mit Salzsäure angesäuert und zur 1) Ber. 23, 2888 (1890). 3) Ber. 23, 486 und 981 (1890). J. Gadamer a. T. Amenomiya: Ekgonin. 9 Trockne eingedampft. Durch Extrahieren und wiederholtes üm- krystallisieren mit absolutem Alkohol wurde das d-6-Ekgoninchlor- hydrat vom richtigen Schmp. 236° C. erhalten. Es ist ziemlich hygroskopisch. 1,071 g zu 25,05 com aufgelöst drehten, bei I = 1,886, 1,7" nach recht.?. Folglich [o]d = -421,10. Anhydroekgonln aus d-!<-Ekgonin. Das so erhaltene d-i-Ekgonin wnrde nach Einhorn und Marquardt (1. c.) mit chlorwasserstofFgesättigtem Eisessig 4 Stunden im EinschlnJJrohr auf 140° C. erhitzt. Das durch Umkrystallisieren aus absolutem Alkohol gereinigte, gut krystallisierende Salz schmolz, wie das aus 1-Ekgonin dargestellte Anhydroekgoninchlorhydrat, bei 240° C. Auch der Schmelzpunkt des Goldsalzes war der gleiche — 192° C. Das spezifische Drehungsvermögen betrug Wd = — 61,5°, sodaß in der Tat das Anhydroekgonln aus d-i-Ekgonin mit dem aus 1-Ekgonin vollständig identisch ist. Einwirkung von konzentrierter Kalilauge auf Anhydroekgonln.] , Um festzustellen, ob ein im d-i-Ekgonin rechtsdrehendes System durch die Einwirkung von Chlorwasserstoff-Eisessig wieder links- drehend geworden sei, haben wir Anhydroekgonln mit konzentrierter Kalilauge (1 : 2) genau wie bei der Umwandlung des 1-Ekgonins in d-'^Ekgonin 26 Stunden auf dem "Wasserbade erwärmt. Nach dem Ansäuern mit Salzsäure, Eindampfen zur Trockne wurde das Anhydro- ekgoninchlorhydrat mit absolutem Alkohol ausgezogen und aus dem gleichen Lösungsmittel nmkrystallisiert. Der Schmelzpunkt des Chlor- hydrates wurde zu 238°, der des Goldsalzes zu 192° gefunden, während das Drehungsvermögen mit Md = — 62,8° mit dem für Anhydro- ekgoninchlorhydrat innerhalb der Fehlergrenzen genügende Ueber- einstimmung zeigt, sodaß jedenfalls von einer Umwandlung eines links- drehenden Systems zu einem rechtsdrehenden nicht die Rede sein kann. Damit ist bewiesen, daß im Anhydroekgonln das System, welches bei der Inversion des 1-Ekgonins umgewandelt wird, nicht mehr enthalten sein kann. Darstellung von Hydroekgonidin. Das Hydroekgonidin ^nirde nach der Vorschrift von R. Willstätter') dargestellt. Salzsaures Anhydroekgonln wurde mit etwas mehr als der berechneten Menge Silberoxyd in die freie Base 1) Ber. 30, 711 (1897). 10 J. Gadamer u. T. Amenoraiya: Ekgonin. verwandelt, im Filtrat das überschüssige Silber durch Schwefelwasser- stoff entfernt und die filtrierte Lösung zur Trockne eingedampft. Aus Alkohol von 95% umkrystallisiert, in absolutem Alkohol ist Anhydro- ekgonin sehr schwer löslich, schmolz die freie Base bei 235°. 10 g freies Anhydro ekgonin wurden nunmehr in 50 ccm reinem Amylalkohol gelöst und in rascher Folge zu der am Rückflußkühler siedenden Flüssigkeit 10 g Natrium in kleinen Stückchen hinzugegeben, wobei das Anhydroekgonin bald in Lösung ging. Sobald die Reaktion träge wurde, wurden in vier Portionen je 20 ccm heißer Amylalkohol hinzugegeben. Nach etwa iVa Stunden war alles Natrium gelöst. Nach dem Abkühlen auf 80*^ wurden 100 ccm 20%iger Salzsäure hinzu- gefügt und durch Umschütteln die Base als salzsaures Salz in wässerige Lösung gebracht. Die saure Lösung wurde zur Trockne eingedampft und mit absolutem Alkohol extrahiert, wobei das salzsaure Hydro- ekgonidin in Lösung geht. Durch Umkrystallisieren aus absolutem Alkohol unter Zusatz von etwas Amylalkohol wurde das Salz in Täfelchen erhalten, die bei 232—2350 schmolzen (234— 236^ Willstätter). Zur weiteren Reinigung wurde das Chlorhydrat in das Goldsalz verwandelt und wiederholt aus heißem Wasser um- krystallisiert. Der Schmelzpunkt desselben lag bei 227° C, während Willstätter dafür 210 — 212° angibt. Auch enthielt dieses Goldsalz 5 Mol. Wasser, während Willstätter nur 3 Mol. Wasser gefunden hat. Es scheint, als ob das Hydroekgonidinchloroaurat mit wechselnden Mengen von Wasser krystallisieren kann. Denn bei einer Wieder- holung des Versuches durch den einen von uns wurde ein wasserfreies Goldsalz erhalten, das nach mehrmaligem Umkrystallisieren bei 233° C» schmolz. Analyse des mit öHgO krystallisiere|nden Salzes: 0,2937 g Substanz gaben 0,0447 g HgO. Berechnet für C9H15NO2HAUCI4 + öHaO: Gefunden: Hau 15,02% 15,20%. 0,2490 g Substanz gaben 0,0960 g Au. Berechnet für C9Hi5N02-HAuCl4: ' Gefunden: Au 38,73% 38,60%, während für Anhydroekgoninchloroaurat 38,88% Au berechnet sind. Die Analyse des Goldsalzes sprach also für die Reinheit desselben. Da die Formel des Hydroekgonidinchlorhydrats sich von der des Anhydroekgoninchlorhydrats wesentlich im Wasserstoffgehalt unter- scheidet - 7,84% gegen 6,93% — wurde das Chlorhydrat der Elementar- analyse unterworfen, wobei leider die Kohlenstoffbestimmung verloren J. Gadamer u. T. Amenomiya: Ekgonin. 11 ging. Die Wasserstoflfbestimmung gab einen recht gut passenden Wert: 0,25C4 g Substanz gaben 0,1718 g HjO. Berecbnet: Gefunden :| H 7,84% 7,70%. Immerhin aber kann diese Analyse nicht die Gegenwart kleiner Mengen von Anhydroekgoninchlorhydrat ausschließen. Das Salz wurde sodann optisch untersucht: 0,9491 g wurden zu 25,05 ccm aufgelöst, an wurde bei 1 = 1,886 zu —0,35** gefunden, woraus sich für [a]D — 4,9° berechnen würden. Nehme man nun an, daß die optische Aktivität nur durch eine Beimengung von Anhydroekgoninchlorhydrat bedingt gewesen wäre, daß also, was theoretisch nicht wohl möglich ist, das Hydroekgonidin- chlorhydrat optisch inaktiv wäre, so müßten bei [oJd für Anhydro- ekgonin = — 01,5° in dem angewendeten Chlorhydrat rund 8 % Anhydro- ekgoninchlorhydrat enthalten gewesen sein. Das ist aber nicht möglich, wie aus folgendem Versuche hervorgeht. Hydroekgonidin- chloroaurat wurde mit etwa 8 % Anhydroekgonidinchloroaurat vermischt. Der Schmelzpunkt des Gemisches lag bei 205—207°. Wenn man also in einem Hydroekgonidincbloroaurat die Gegenwart des Anhydro- ekgonins annehmen will, so kann man dies — nach dem Schmelz- punkt — eher bei dem Willstätter' sehen Präparate, als bei dem unserigen; und doch hat Willstätter ein inaktives Präparat in den Händen gehabt. Wir vermögen das zunächst nicht zu erklären, glauben jedoch, daß ein Zufall hierbei mitgespielt hat, daß dem Willstätter'schen Präparate eine kleine Menge eines rechtsdrehenden Körpers (d-Ekgonin?) beigemengt gewesen ist. Gemäß eines Uebereinkommens des einen von uns mit Herrn Prof. Willstätter haben wir Herrn Willstätter vor Veröffentlichung unserer Befunde von den Resultaten Mitteilung gemacht. Herr Willstätter hatte daraufhin die Freundlichkeit, darauf aufmerksam zu machen, daß ein Hydroekgonidin erst dann als frei von Anhydro- ekgonin anzusehen sei, wenn es gegen Permanganat beständig wäre. Da die Präparate, welche zu vorstehenden Untersuchungen gedient hatten, aufgebraucht waren, hat der eine von uns die Versuche noch- mals wiederholt. Es wurde dabei gefunden, daß zur Reindarstellung des Hydroekgonidins das Goldsalz des Hydroekgonidinäthylesters recht geeignet ist. Dieser Ester bildet sich sehr leicht, wenn man das mit Salzsäure ausgeschüttelte Reduktionsprodukt durch Eindampfen konzentriert und noch vor dem vollständigen Verdampfen mit absolutem Alkohol extrahiert. Die alkoholische Lösung wird eingeengt, wobei der Ester entsteht, und dann in das Goldsalz verwandelt. Dasselbe 12 J. Gadamer u. T. Amenomiya: Ekgonin. ist im Verhältnis zum Hydroekgonidinchloroaurat sehr schwer löslich und daher leicht durch Umkrystallisieren zu reinigen. Durch Zerlegen des Goldsalzes mit Schwefelwasserstoff und wiederholtes Eindampfen des Filtrates mit rauchender Salzsäure wurde das Hydroekgonidin- chloroaurat gewonnen, wiederum in das Goldsalz verwandelt und wiederholt umkrystallisiert. (Schmp. 233".) 0,3669 g Substanz gaben 0,0028 g HgO. 0,3641 „ „ „ 0,1399 „ Au. Berechnet für C9H15NO2HAUCI4 Gefunden: Au 38,7% 38,4%. Das daraus endlich gewonnene Hydroekgonidinchlorhydrat diente zur polarimetrischen Untersuchung. 1,52 g wurden in 15 g Wasser gelöst = 16,52 g Lösung. Bei 1=2 wurde od im Mittel zu — 0,67 gefunden. Daraus folgt für [a]D == — 3,55». Nähme man nun an, Hydroekgonidin wäre inaktiv, die optische Aktivität wäre nur auf Rechnung des noch beigemengten Anhydro- ekgoninchlorhydrats zu setzen, so würde daraus eine Konzentration c = 0,54 folgen. Um festzustellen, ob dies möglich sei, habe ich eine mehr als zehnfach schwilchere Lösung von Anhydroekgoninchlorhydrat in Wasser 0,05 : 100 bereitet und dieselbe auf ihr Verhalten gegenüber Permanganat zugleich mit obiger Hydroekgonidinchlorhydratlösung geprüft. Je 2 ccm der Lösungen wurden mit 1 ccm ViooKMnOi (0,316 : 1000) versetzt. Beim Anhydroekgonin trat fast momentan Entfärbung ein, während Hydroekgonidin etwa 15 Minuten rot gefärbt blieb. Der Grad der möglichen Verunreinigung wurde dann durch folgende Versuchsreihe ermittelt: Einerseits wurden 2 ccm obiger Hydroekgonidinlösung, anderer- seits 0,2 — 0,4 — 0,6 — 0,8 — 1,0 — 1,2 ccm der Anhydroekgoninlösung 0,05 : 100 mit je 1 ccm Permanganatlösung versetzt. Entfärbung trat ^^^ ^®^' 1,2 ccm nach 1' 5" 1,0 n „ 1'30" 0,8 n „ 2'15" 0,6 n „ 3' 50" 0,4 n „ 12' 50" 0,2 n _ 20' noch rötlich 2 ccm Hydroekgonidin nach 12' 45". Daraus folgt, daß in den 2 ccm Hydroekgonidinlösung, wenn man von anderen leicht oxydablen Verunreinigungen absehen will, nicht mehr als 0,0002 g Anhydroekgoninchlorhydrat enthalten sein konnten. Diesem Gehalte entspricht aber unter obigen Verhältnissen nur ein Drehungsvermögen von «d = 0,01°, also innerhalb der Fehlergrenzen. J. Gadamer u. T. Amenomiya: Ekgonin. 13 Anhydroekgonin konnte also höchstens in minimalen Spuren das Hydroekgonidin verunreinigen. Dieses Bedenken gegen die Richtigkeit meiner Untersuchungen konnte also ohne weiteres als beseitigt an- gesehen werden. Hingegen ist mir im Laufe der Untersuchung ein anderes aufgestoßen, nämlich daß die Drehung zum Teil durch bei- gemengtes l-Ekgoninchlorhydrat bedingt sein könnte. Das Ekgonin ist gegen Permanganat ebenfalls recht beständig und kann daher durch Permanganat nicht erkannt werden. Einige Versuche, welche in dieser Richtung angestellt wurden, sind noch nicht eindeutig genug, um jetzt schon darüber berichten zu können. Das soll in einer weiteren Abhandlung geschehen, die auch über die nachstehenden Versuche ergänzende Mitteilungen bringen soll, Einwirkung von Natriumamylat auf freies Anhydroekgonin in amylalkoholischer Lösung. Um feststellen zu können, ob bei der Reduktion des Anhydro- ekgonins zu Hydroekgonidin mit Natrium in amylalkoholischer Lösung die Systeme (1 — 3) in ihren optischen Funktionen unverändert bleiben können, haben wir freies Anhydroekgonin mit Amylalkohol, der zuvor durch Natriumzusatz in Amylalkoholat verwandelt worden war, mehrere Stunden am Rückflußkühler gekocht; wir haben also dabei dieselben Bedingungen obwalten lassen, wie sie nach Willstätter bei der Reduktion des Anhydroekgonins zu Hydroekgonidin inne gehalten werden, nur daß die Wirkung des naszierenden Wasserstoffs aus- geschaltet wurde. Nach mehrstündigem Kochen wurde mit Salzsäure angesäuert, zur Trockne eingedampft und mit absolutem Alkohol extrahiert. Beim Verdunsten desselben verblieben reichliche Mengen des in strahlenförmig angeordneten Nadeln krystallisierenden Anhydro- ekgoninchlorhydrats vom Schmp. 240 — 241°. Das daraus dar- gestellte Goldsalz schmolz bei 192°, [«Jd = — 61,7°. Eine auch nur teilweise Inaktivierung war daher nicht eingetreten. Es darf daher wohl angenommen werden, daß die Systeme (1 — 3) auch bei der Reduktion zu Hydroekgonidin eine Veränderung nicht erleiden werden. Anhydroekgonindibromid. a) Rechtsdrehende Modifikation. Als wir nach der Vorschrift von Eichen grün und Einhorn^) in einem Rundkolben mit aufgeschliflfenem Kühler 20 g Anhydro- ekgoninchlorhydrat mit 15 g Eisessig und 40 g Brom (=5 Atomen) zuerst im Wasserbade bis zur Lösung erwärmten und dann bis zum Verschwinden des Bromdampfes kochten, konnten wir das Reaktions- 1) Ber. 23, 2873 (1890). 14 J. Gadamer u. T. Amenomiya: Ekgonin. Produkt nicht wie genannte Autoren sofort zur Krystallisation bringen. Erst nach einigen Tagen schied sich eine gelblichrot gefärbte pulvrige Substanz aus, welche bei 154° C. schmolz, während das Perbromid des Anhydroekgonindibromidbromhydrats in gut ausgebildeten Prismen krystallisiert und bei 145° schmelzen soll. In der Tat zeigte sich, daß die gewonnene Verbindung trotz Ueberschusses an Brom aus An- hydroekgoninbromhydrat-Perbromid bestand. 0,2030 g Substanz gaben 0,2793 g AuBr. Berechnet für CaHiaNOsHBr-Bra: Gefunden: Br 58,82% 58,60%. Durch Einleiten von Wasserdampf in die konzentrierte wässerige Lösung wurde das Perbromid zerlegt; aus der wässerigen Lösung krystallisierten nadeiförmige Krystalle, die sich durch den Schmelzpunkt — 220° C — als Anhydroekgoninbromhydrat charakterisieren ließen. Die Mutterlaugen von dem Perbromid des Anhydroekgonins wurden nur mit wenig Wasser verrieben, worauf sich dunkelrote Krystalle ausschieden, die in Uebereinstimmung mit den Angaben von Eichengrün und Einhorn für das Perbromid des Dibromids bei 145° C. schmolzen. Nach dem Zerlegen mit Wasserdampf schied sich aus der wässerigen Lösung ein schwerlösliches Salz in prismatischen Krystallen aus, das bei 180° schmolz und optisch rechtsdrehend war. 0,776 g zu 25,05 ccm aufgelöst lenkten im 1,886 dm-Rohr den polarisierten Lichtstrahl um 1,75° nach rechts ab: Wd = + 29,95°. Da die Ausbeute an Anhydroekgonindibromid nur wenig befriedigte, haben wir die Methode etwas modifiziert, dabei aber ein linksdrehendes Dibromid erhalten. b) Linksdrehende Modifikation. Unter sonst gleichen Bedingungen wurde von dem Kochen der Lösung ganz abgesehen, da wir befürchteten, daß die geringe Ausbeute durch Nebenreaktionen, bedingt durch zu energische Einwirkung des Broms, veranlaßt sei. Es wurde daher bis zur Beendigung der Reaktion nur im Wasserbade erwärmt, was 25 — 30 Stunden in Anspruch nahm. Die Ausbeute war hier viel besser. Das Perbromid des Dibromids krystallisierte leicht aus, schmolz ebenfalls bei 145° und lieferte bei der Zersetzung mit Wasserdampf ein prachtvoll in abgestumpften, an- scheinend regulären Doppelpyramiden (vierseitigen) krystallisierendes, leicht verwitterndes Hydrobromid vom Schmp. 188°. Aeußei'lich stimmte also dieses Salz in seinen Eigenschaften mit dem Dibromidbromhydrat von Eichengrün und Einhorn überein. Jedoch enthielt unser Salz 4 Mol. Krystallwasser, während genannte Autoren für das in obiger Krystallform krystallisierende Salz 3H2O und den Schmp. 181— 182°„ J. Gadamer u. T. Amenomiya: Ekgonin. " 16 für das wasserfrei in säulenförmigen monoklinen Prismen krystallisierende hingegen als Schrap. 187 — 188° angaben. 1. 0,2984 g Substanz gaben 0,0441 g HaO bei 100». 2. 0,3847 „ „ „ 0,0560 „ „ „ „ Berechnet für CoUieNOaBra-HBr + 4IIaO: Gefunden: lö,4Ü% 14,80 und 14,60%. Es unterliegt also wohl keinem Zweifel, daß unsere linksdrehende Modifikation mit dem Präparat von Eichengrün und Einhorn nicht identisch ist, sondern, wie auch aus der Darstellungsweise geschlossen werden kann, die rechtsdrehende Modifikation. Die optische Untersuchung ergab folgendes Resultat: 0,7435 g SU 25,05 ccm aufgelöst lenkten bei 1 = 1,880 die Ebene des polarisierten Lichtstrahles um — 4,6° ab; daraus berechnet sich Wd = — 82,2°. Reduktionsversuche am Anhydroekgonindibromidbromhydrat. Wie im theoretischen Teil ausgeführt wurde, haben wir das Dibromid dargestellt, weil wir hofi'ten durch Reduktion desselben mit naszierendem Wasserstoff auf anderem Wege zum Hydroekgonidin gelangen zu können. Ein positiver Erfolg wäre von Bedeutung gewesen, weil wir bei der Darstellung des Hydroekgonidins nach Willstätter immerhin mit einer eventuellen teilweisen Inaktlvierung rechnen mußten. Leider ist es uns aber nicht gelungen, das Dibromid zum Hydro- ekgonidin zu reduzieren, vielmehr fand dem Anscheine nach eine Rückbildung von Anhydroekgonin statt. 1. Reduktion mit Zink und Essigsäure. 1,2 g Dibromanhydroekgoninbromhydrat wurden mit 50 g 10%iger Essigsäure und reichlichen Mengen von Zinkstaub behandelt. Die Reaktionsflüssigkeit haben wir direkt auf das Drehungsvermögen in 1,886 dm langer Schicht untersucht und «d = — 1,6° gefunden. Da die Flüssigkeit 57 ccm betrug, ließ sich daraus berechnen W^ = — 40,3 für Dibromanhydroekgoninbromhydrat, es hatte also sicher eine Ein- wirkung stattgefunden, da das Ausgangsmaterial Wd = — "8:^,2° besaß. [o]d = — 80,8° für Anhydroekgoninchlorhydrat, resp. [o]d = — 66,3° für Anhydroekgoninbromhydrat. Der Wert auf Anhydroekgoninchlorhydrat berechnet, ist dem berechneten von — 61,5° gegenüber wesentlich zu hoch. Es wurde daher angenommen, daß noch unverändertes Dibromid beigemengt sei und demgemäß noch einmal mit Zink und Essigsäure reduziert, ohne daß jedoch eine weitere Verminderung des Drehungs Vermögens zu ver- zeichnen gewesen wäre.' Daß Zink und Essigsäure häufig nicht reduzierend, sondern unter Einführung einer Doppelbindung dehalogenisierend wirkt, ist aus 16 J. Gadamer u. T. Amenomiya: Ekgonin. vielen Beispielen bekannt, so daß die Rückbildung von A.nhydroekgonin nicht unwahrscheinlich ist. Eine Reduktion findet hingegen in der Regel statt bei A'erwendung von Palladiumwasserstoff. So hat bei- spielsweise Zelinsky*) das Dijoddimethylchinit auf diese Weise in Hexahydroparaxylol verwandeln können. 2. Reduktion mit Palladiumwasserstoff. 1,3238 g Anhydroekgonindibromidbromhydrat wurden nach den Angaben von Zelinsky mit ZinkpaUadium und rauchender Salzsäure behandelt. Auch hier wurde die Reaktionsflüssigkeit (60 ccm) direkt polarisiert, «d = — 1,5°, daraus berechnet sich bei 1 = 1,886, Hd = — 36,1° für Anhydroekgonindibromidbromhydrat und Hd = — 72,3° für Anhydroekgoninchlorhydrat. Das Ergebnis war also im wesentlichen dasselbe. In beiden Fällen wurde das Reduktionsprodukt nicht isoliert, da, wie eingangs erwähnt, der eine von uns die Arbeit unterbrechen mußte. Es sollen jedoch diese Versuche mit etwas größeren Mengen wiederholt werden. Das Additionsprodukt von Bromwasserstoff an Anhydroekgonin. Das Anhydroekgoninhydrobromidbromhydrat wurde nach den Angaben von Eichengrün und Einhorn^) durch Ttägiges Erhitzen auf 100° von salzsam-em Anhydroekgonin mit der fünffachen Menge von mit Bromwasserstoff bei 0° gesättigtem Eisessig dargestellt. Aus der braunen Reaktionsflüssigkeit schieden sich gut ausgebildete, durchsichtige Kry stalle aus, welche aber mit weißen pulverförmigen Massen durchsetzt waren. Die ersteren schmolzen bei 222° C, be- standen also aus bromwasserstoffsaurem Anhydroekgonin. Die pulverigen Massen wurden durch ümkrystallisieren aus Wasser in schönen licht- brechenden Prismen erhalten, die sich durch den Schmelzpunkt — 250° C. — als Anhydroekgoninhydrobromidbromhydrat von der Formel C9Hi4BrK02-HBr erwiesen. Die optische Untersuchung ergab bei einer Lösung von 0,3138 g zu 25,05 ccm, bei 1 = 1,886, a = -{-l^. FolgUch [ajü = +42,3°. Reduktionsversuche haben wir mit diesem Körper bisher nicht gemacht. Dieselben sollen noch nachgeholt werden. Ebenso soU ver- sucht werden, im Anhydroekgoninhydrobromid das Bromatom durch Hydroxyl zu ersetzen, um auf diese Weise die Stellung desselben zu ermitteln. Es steht, wie erwähnt, zu erwarten, daß d-tj^-Ekgonin dabei entstehen wird. 1) Ber. 3203 (1898). 2) Ber. 23, 2888 (1890). P. Farui)-. Aspidium spinulosum. 17 Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Christiania. Ueber die Zusammensetzung des fetten Oeles von Aspidium spinulosum. Von P. Farup. (Eingegangen den 21. XI. 1903.) Die fleischigen Rhizome vieler Farnpflanzen enthalten eigenartige, durch Chlorophyll und braune Farbstofi^e dunkelgefärbte, dickflüssige Oele, die, beim Ausziehen der Rhizome mit Aether in Lösung gehend, die Hauptmenge der ätherischen Extrakte darstellen, und mit Filicin oder Filixsäure, sowie verwandten Körpern insofern in einer gewissen Beziehung zu stehen scheinen, als besonders diejenigen Arten, die an letztgenannten Körpern reich sind, zugleich viel Fett enthalten. Das fette Oel von Aspidium Filix mas wurde zuerst (1851) von Luck, der als Bestandteile zwei Fettsäuren, „Filixolinsäure" und „Filosmensäure" angibt und dann neuerdings (1898) von Katz^) ein- gehend untersucht. Nach letztgenanntem Autor besteht das Oel des offizinellen Filixextraktes wesentlich aus den Glyzeriden der Oelsäure, Palmitinsäure und Cerotinsäure, und zwar vorwiegend aus Olein, während die festen Fettsäuren nur in geringer Menge gefunden wurden. Die Luck' sehe „Filosmensäure" ist nach Katz wahrscheinlich nur als unreine Buttersäure und die „Filixolinsäure" als gewöhnliche Oel- säure anzusehen. Ueber das fette Oel von Aspidium spinulosum liegen meines Wissens noch keine Mitteilungen vor. Da die Rhizome dieser Art bekanntlich sehr häufig und in bedeutender Menge den offizinellen Rhizomen von Aspidium Filix mas beigemischt sind — nach Penndorf^) enthielten unter 20 Mustern 12 Rhizome von Aspidium spinulosum, zum Teil in Mengen über 50% — schien mir eine Unter- suchung des betreffenden Fettes nicht ohne Interesse zu sein. Zur Gewinnung des fetten Oeles dienten die Rückstände eines ausschließlich aus sicher bestimmten Rhizomen von Aspidium spinulosum dargestellten ätherischen Extraktes, das früher im hiesigen Institut von Herrn Prof. Poulsson^) auf krystallinische, der Filixsäuregruppe 1) Archiv der Pharmazie 1898, S. 655. 2) Apoth.-Ztg. 18, S. 141. Cit. nach Ref. in Chem. Zentralblatt 1903, 1, S. 892. 3) Archiv f. exp. Path. u. Pharmakol, Bd. XLI, S. 246. Axch. d. Pharm. CCXXXXII. Bds. 1. Heft. 2 18 P. Farup: Aspidium spinulosum. zugehörige Substanzen nach der Methode von Böhm, d. h. Verreiben des Extraktes mit gebrannter Magnesia und Auslaugen des pulver- förmigen Gemisches mit Wasser, verarbeitet worden war. Dieses Pulver wurde zuerst bei Zimmertemperatur auf Tonplatten vollständig getrocknet und dann mit viel Aether erschöpft. Nach dem Ab- destillieren des Aethers erhielt ich 245 g eines dickflüssigen, dunkel bräuülich-grün gefärbten Fettes, eine Quantität, die, wie im nach- folgenden gezeigt wird, die Bestimmung der flüssigen Fettsäuren gestattete, für die Identifizierung der nur spärlich vorkommenden festen Säuren aber zu gering war. Der weiteren Bearbeitung schien es, um die unangenehmen, hartnäckig anhaftenden Farbstoffe von vorn herein möglichst zu beseitigen, zweckmäßig, eine Entfärbung vorauszuschicken. Das Oel wurde zu diesem Zweck mit absolutem Alkohol und Tierkohle versetzt, auf dem Wasserbade bis zum Wegdampfen des Alkohols erwärmt und aus den Kohlen wieder mittelst leichtsiedendem Petrol- äther gewonnen. Nach einmaligem Wiederholen dieses Verfahrens war das Fett nur noch schwach gelblich gefärbt. Die weitere Untersuchung wurde in üblicher Weise mit der Verseifung eingeleitet. 224 g Fett wurde mit 7.50 ccm Alkohol, 450 ccm Wasser und 120 g Aetzkali auf dem Sandbade gekocht, nach beendeter Verseifung die Lösung auf dem Wasserbade vom Alkohol und den größten Teil des Wassers befreit, die Seife zuletzt im Vakuumexsiccator vollständig getrocknet und dann zum Nachweis event. vorhandenen Phytosterin.'s mit absolutem*) Aether erschöpft. Phytosterin. Die filtrierte ätherische Lösung hinterließ nach dem Verdunsten des Aethers 11,6 g einer festen, gelblich- weißen Masse, die in kochendem Alkohol gelöst wurde. Die beim Erkalten der alkoholischen Lösung ausgeschiedenen Nadeln oder vielleicht eher in einer Richtung stark verlängerten, zugespitzten, zu kleinen Büscheln vereinigten Krystall- blättchen waren aber noch lange nicht rein; sie schmolzen nach 5 maligem ümkrystallisieren aus Alkohol unscharf schon bei 114° und enthielten vermutlich noch unzersetztes Fett. Die vereinigten Fraktionen wurden deshalb nochmals verseift, nach Abdampfen des Alkohols mit Aether ausgeschüttelt und der Aether verdunstet. Der Rückstand — die Ausbeute war jetzt auf 7,5 g verringert — wurde nach Waschen mit heißem Wasser getrocknet und abermals aus 1) Mit Wasser gewaschen und über Phosphorsäureanhydrid und metallischem Natrium destilliert. P. Farup: Aspidium spinulosum. 19 absolutem Alkohol umkryatallisiert. Das Produkt zeigte indessen nur unscharfes Schmelzen ^egen 118''. Erst die Anwendung von Methyl- alkohol gab bessere Resultate. Beim Behandeln der aus Alkohol gewonnenen Krystalle mit kochendem Methylalkohol blieb eine weiche, gelbliche Masse ungelöst und aus den filtrierten Lösungen krystallisierten schön weiße, glänzende und leicht abfiltrierbare Nadeln, die nach zwei weiteren Umkrystallisierungen aus Methylalkohol und schließlich noch zwei Krystallisierungen aus Aethylalkohol bei 127,5 — 129,0** schmolzen. Für weitere Reinigung war die Substanzmenge jetzt zu gering. Ob- gleich der Schmelzpunkt eines reinen Pflanzencholesterins (131 — 137") nicht erreicht wurde, darf in Betracht nachstehender Farbenreaktionen dennoch die Gegenwart desPhyto Sterins als gesichert betrachtet werden : I. Mit Salpetersäure erhitzt, gab die Substanz einen gelben Fleck, der auf Zusatz von Ammoniak orangerot wurde. n. Eine Probe wurde in 2 ccm Chloroform gelöst und 2 ccm konzentrierte Schwefelsäure zugesetzt. Nach Umschütteln färbte sich die Chloroformlösung rot, während die Schwefelsäure eine stark grüne Flnorescenz zeigte; einige in ein Uhrglas abgegossene Tropfen der Chloroformlösung färbten sich bald blau, dann grün und schließlich gelb; wurde im Reagensglas mehr Chloroform zugesetzt, so färbte sich die Chloroformlösung blau und nach Umschütteln wieder rot. Flüchtige Fettsäuren. Die mit Aether ausgezogenen Seifen wurden in Wasser gelöst, mit Weinsäure in kleinem Ueberschuß versetzt, mit Wasser- dampf 8 Stunden destilliert, das saure Destillat mit Baryumkarbonat gekocht und heiß filtriert. Das Filtrat hinterließ nach Eindampfen nur einen unbedeutenden Rückstand; nach Zusatz von Schwefelsäure wurden die Fettsäuren in Aether aufgenommen. Die ätherische Lösung ergab nach Verdunsten des Aethers 1,45 g eines gelblichen, stechend und ranzig nach Buttersäure riechenden Oels. Diese kleinen Battersäuremengen dürften, wie schon Katz bemerkt, aus der spontanen Zersetzung der Filixkörper herrühren. Dem durch Destillation von flüchtigen Fettsäuren befreiten Inhalt des Destillationskolbens wurden mittelst Aetherausschüttelungen die übrigen Fettsäuren entzogen; sie wogen nach Abdestillation des Aethers 180 g. Um die Trennung der flüssigen und festen Säuren zu bewerkstelligen, wurde das Säuregemisch nach dem gewöhnlichen Verfahren durch Erwärmen auf dem Wasserbade mit überschüssigem Bleioxyd in die Bleisalze übergeführt und das erhaltene gelbe Pflaster 2* 20 P. Farup: Aspidium spinulosum. mit Aether behandelt; es entstand ein emulsionsartiges Gemisch der ätherlöslichen und ätherunlöslichen Anteile, das sich nicht filtrieren ließ, bevor ich mich (wie Katz bei der ähnlichen Operation) der für derartige Zwecke vortrefflichen Sander 'sehen Filtriervorrichtung bediente. Die Aetherbehandlung wurde fortgesetzt, bis vom Pflaster nichts mehr gelöst wurde, dann die ätherischen Lösungen zur Trockne gebracht, der Rückstand, d. h. die Bleisalze der flüssigen Fettsäuren mit Salzsäure zerlegt und die freien Säuren mit Aether aufgenommen. Die Ausbeute an rohen flüssigen Fettsäuren betrug 131 g. Flüssige Fettsäuren. Zur Isolierung der flüssigen Fettsäuren wählte ich die von Hazura^) angegebene Methode, d. h. Oxydation in alkalischer Lösung mit KaliumpermangaEat, wobei die ungesättigten Fettsäuren so viele Hydroxylgruppen addieren, als sie freie Valenzen enthalten, und ge- sättigte Oxysäuren bilden, die verhältnismäßig leicht zu trennen sind, und die Natur der im Fette ursprünglich vorhandenen löslichen Säuren anzeigen. Von der Gesamtmenge der flüssigen Fettsäuren (131 g) wurden 60 g mit 72 com Kalilauge von 1,27 spez. Gew. in Seife übergeführt, diese in 4? Wasser gelöst, 4? iHXige Chamäleonlösung unter Umrühren im dünnen Strahl zugegossen und nach 10 Minuten langem Stehen so viel schweflige Säure zugesetzt, bis das ausgeschiedene Mangan- hyperoxyd gelöst und die Reaktion sauer geworden war^). Beim Eintreten der sauren Reaktion schied sich ein flockig krystallinischer, schön weißer Niederschlag aus, der nach dem Ab- filtrieren und Trocknen auf Tonplatten bei Zimmertemperatur 54 g wog. Durch Waschen mit Aether wurde aus der getrockneten Masse 13,5 g noch unoxydierter Fettsäuren entfernt. Der Rest 40,5 g konnte eventuell entstandene Dioxystearinsäure Ci8H34 02(OH)2 (der Oelsäure entsprechend) und Tetraoxystearinsäure oderSativinsäureCi8H32 02(OH)4 (der Linolsäure entsprechend) enthalten. Zur Trennung dieser Säuren dient die verschiedene Löslichkeit in Aether und kochendem Wasser. Nach Hazura sollen, um die ätherlösliche Dioxystearinsäure zu extrahieren, 20 g des Oxydation sprodukts mehrmals 24 Stunden mit ie 2 l absoluten Aethers bei gewöhnlicher Temperatur behandelt und dann der in Aether unlösliche Anteil zur Gewinnung der Sativinsäure mit Wasser ausgekocht werden. Es schien mir zweckmäßiger die 1) Benedikt und Ulzer: Analyse der Fette, III. Aufl., Berlin 1897, S. 126. 2) Cfr. Hazura: Monatsh. f. Chem. 1887, 147, 156, 260; 1888, 180, 198, 469, 478, 941, 947; 1889, 190. P. Farup: Aspidium spinulosum. 21 Aetherbehandlung im 80 x biet 'sehen Apparat vorzunehmen. Die Extraktion ging aber sehr langsam von statten. Es wurden extrahiert: während der ersten 2 Stunden 1,10 g ., folgenden 2 „ 1,20 ., ,, . 4 „ 2,48 „ „ „ „ 4 „ 1,65 „ „ .. „4 .. 1,30 , 4. 11^ „ . „4 0,9ö .. n ,) » 8 „ 0,65 ,, r> n n 8 „ 0,55 y, d.h. in 40 Stunden 11,03 g. Der Rückstand wurde noch zweimal mit je 1 l absoluten Aether bei gewöhnlicher Temperatur unter häufigem Umschütteln maceriert; aus den ätherischen Lösungen krystallisierten sowohl abgestumpfte rhombische Tafeln (Dioxystearinsäure), wie Nadeln (Sativinsäure), die letzteren sogar in reichlicher Menge. Durch Aus- kochen des ätherbehandelten Rückstandes mit Wasser wurden 2,30 g Nadeln erhalten. Es wurde also durch dieses Verfahren keine glatte Trennung erlangt, indem die beiden betreffenden Säuren sich in Aether löslich zeigten. Ich änderte daher das Verfahren in folgender Weise, die gute Resultate gab: 60 g der flüssigen Säuren wurden wie oben angegeben mit Kaliumpermanganat in alkalischer Lösung oxydiert und die gebildeten Oxysäuren mit 800 ccm Aether von noch unoxydiertem Fett befreit. Der Rückstand (40 g) wurde nicht mit Aether behandelt, sondern nach dem Trocknen sogleich mit 8 l Wasser ausgekocht (1 Stunde). Aus der heiß filtrierten Lösung schieden sich beim Er- kalten 2,70 g schön weiße, ausschließlich aus Nadeln bestehende Krystalle aus. Ein zweites Auskochen ergab nur eine minimale Aus- beute. Die mit Wasser extrahierte und wieder getrocknete Masse wurde aus absolutem Alkohol krystallisiert; die erhaltenen voluminösen Ausscheidungen zeigten sich unter dem Mikroskope nur aus rhombischen Tafeln bestehend. Dieses Verfahren ermöglicht demnach eine sehr befriedigende Trennung und besitzt dazu den Vorteil, daß die Ver- wendung großer Mengen absoluten Aethers umgangen wird. Reinigung der Oxysäuren. Die aus Wasser erhaltenen, voraussichtlich aus Sativinsäure be- stehenden Nadeln wurden aus absolutem Alkohol umkrystallisisiert. Der Schmelzpunkt war nach der ersten Krystallisation 157° und stieg nach 10 weiteren Umkrystallisierungen auf 166,5°. Der Schmelzpunkt 22 P. Farup: Aspidium spinulosum. der reinen Säure (173") wurde demnach nicht erreicht. Es geht aber aus den umfassenden Arbeiten Hazura's über die Oxydationsprodukte der flüssigen Fettsäuren hervor, daß die Reindarstellung dieser Substanzen schwierig ist und mehr Ausgangsmaterial als mir zur Verfügung stand erfordert. (Der genannte Autor gibt in seinen ersten Mitteilungen über diesen Gegenstand den Schmelzpunkt der Sativin- säure zu 162° an, und gelangte erst bei fortgesetzten Untersuchungen zu dem Schmelzpunkt 178°.) Die bei 105'' getrocknete Substanz wurde mit Kupfer oxyd verbrannt. Gefunden: Berechnet für CigH82 02(OH)4: C 62,23% 62,07% H 10,06 „ ; 10,34 „. Die,^Säurezahl wurde durch Titrieren mit Kalilauge bestimmt. Gefunden: Berechnet: 162,20 160,90. ^pfDie analysierte Substanz ist demnach Sativinsäure, das Vor- handensein von Linolsäure in dem fetten Oele von Aspidium spinu- losum anzeigend. Die in kochendem Wasser unlösliche Säure wurde, wie schon erwähnt, aus Alkohol umkrystallisiert. Nach 12 maliger Umkrystalli- sierung zeigten die erhaltenen, rein weißen Krystalle — rhombische, an zwei gegenüberliegenden Ecken abgestumpfte Täfelchen — den Schmelzpunkt 133,5° (nach Saytzew*) schmilzt reine Dioxystearinsäure bei 136,5°, Hazura fand 131—134°). Die bei lOöO' getrocknete Substanz wurde mit Kupferoxyd verbrannt. Gefunden: Berechnet für Gi8H34 02(OH)a: C 68,26% 68,35% H 10,98 „ 11,39 „. Säurezahl: Gefunden: Berechnet:) 178,4 177,2. Die vorliegende Substanz ist demnach Dioxystearinsäure, die Gegenwart der Oelsäurein dem Oel von Aspidium spinulosum anzeigend. Das wässerige Filtrat von der Schwefeldioxydfällung (vergl. S. 20), welches die in viel Wasser löslichen Hexaoxystearinsäuren, Linusin- säure und Isolinusinsäure, enthalten konnte, wurde mit Kalilauge neutralis*iert, filtriert, auf V12 seines Volums eingedampft und mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert. Die entstandene geringe flockige Ausscheidung wurde abfiltriert, bei Zimmertemperatur ge- trocknet und mit Aether behandelt. Der ungelöste Rückstand (nur ») Journal für prakt. Chemie (2), 34, S. 304. Cit. nach Beilstein. P. Farup: Aspidium spinulosum. 23 0,36 g aus 120 g flüssigen Fettsäuren) lieferte nach zweimaliger üm- krystallisation, erst aus Alkohol, dann aus "Wasser, weiße bei 174° nicht vollständig scharf schmelzende Nadeln. Sie bestanden wahr- scheinlich aus Isolinusinsäure. die nachHazura Nadeln bildet und bei 173 — 175° schmilzt, während die Linusinsäure in rhombischem, bei 203 — 205° schmelzende Tafeln krystallisiert. Die Isolinusinsäure ist das Oxydationsprodukt der Isolinolensäure, entsteht aber in kleinen Mengen ebenfalls bei alkalischer Permanganatoxydation von Linolsäure. Feste Fettsäuren und Glyzerin. Der in Aether unlösliche Anteil des Bleipflasters (siehe S. 20) wurde mit Salzsäure zerlegt, die freien Säuren in Aether aufgenommen und die ätherische Lösung nach dem Entwässern mit Chlorcalcium eingedunstet. Der 19 g wiegende Rückstand erstarrte aber nach dem Erkalten nur teilweise und enthielt noch flüssige Säuren. Das Säuregemisch wurde daher nochmals, diesmal nach der von Krundt') angegebenen Methode, mit Bleizucker in die Bleisalze überführt und die Seife, wie oben angegeben, mit Salzsäure und Aether behandelt. Nach zwei- maligem Umkrystallisieren war die Ausbeute an festen Fettsäuren auf 7 g verringert. Da eine Trennung und Bestimmung der einzelnen Säuren bei dieser geringen Menge keine sicheren Resultate versprach, wurden diesbezügliche Versuche nicht angestellt. Zum Nachweis des Glyzerins diente die nach der ersten Kali- verseifung, Abtreiben der flüchtigen Säuren mit Wasserdampf und Ausschütteln der übrigen Säuren mit Aether (vergl. S. 19) erhaltene wässerige Flüssigkeit, in der sich neben Glyzerin noch überschüssige freie Weinsäure und Kaliumtartrat befanden. Diese Lösung wurde auf dem Wasserbade zur Trockne ein- gedampft und der Rückstand mit Alkohol extrahiert. Die nach dem Verdunsten des Alkohols aus dem Filtrate resultiej-ende süßschmeckende Flüssigkeit, die noch Spuren von Fettsäuren und Kaliumtartrat sowie braune Farbstoff'e enthielt, wurde zur Entfernung dieser Verunreinigungen mit Alkohol und Tierkohle mehrere Stunden erwärmt und zuletzt nach Filtrieren und Verjagen des Alkohols 4,5 g einer nur schwach gelblich gefärbten, öligen Flüssigkeit gewonnen, die rein süß schmeckte, mit Wasser in jedem Verhältnis klar mischbar war, mit Boraxpulver ge- mischt die Flamme grün färbte, und mit saurem Kaliumsulfat erhitzt den stechenden Geruch des Akroleins verbreitete. 1) Vergl. Benedikt und Ulzer: Analyse der Fette, III. Aufl., 1897, a 167—68. 24 M. Pleißner: Innere Reibung von Speisefeiten etc. Durch Destillieren im Vakuum wurde eine vollständig farblose Flüssigkeit erhalten. Die vorliegende Flüssigkeit war demnach Glyzerin. Das fette Oel des ätherischen Extrakts von Äspidium spintUosum besteht nach obenstehendem in überwiegender Menge aus Olein. Nachgewiesen wurde außerdem Phytosterin, Linolsäure (ca. 4% der flüssigen Fettsäuren), feste Fettsäuren (die nicht näher unter- sucht wurden) und wahrscheinlich Isolinolensäure. In dififerentialdiagnostischer Beziehung ist das Phytosterin be- merkenswert, das von Katz in dem fetten Oel des offizineilen Filix- extrakts nicht gefunden wurde. Untersuchung über die relative innere Reibung von Speisefetten und fetten Oelen. Von M. Pleißner in Pulsnitz in Sachsen. (Eingegangen den 7. XI. 1903.) Vorliegende Versuche über die relative innere Reibung (Vis- kosität, Zähigkeitsgrad, Flüssigkeitsgrad) sollen dazu dienen, diese Eigenschaft bei den Fetten und fetten Oelen zu erforschen und durch Vergleich untereinander etwaige die Fette charakterisierende Merkmale zu ermitteln. Es handelt sich nicht um eine Untersuchung, die Auf- klärung über die Theorie der inneren Reibung bringen soll, sondern um Beantwortung der Frage, inwieweit die Eigenschaft der Viskosität zur Untersuchung der in der Pharmazie und zur menschlichen Nahrung am meisten benutzten fetten Oele und Fette praktisch herangezogen werden kann. ' Von den 4 Methoden, die zur Bestimmung der relativen inneren Reibung von den Physikern ausgearbeitet worden sind, kommt nur eine in Betracht. Sie benutzt die Ausflußzeit der Flüssigkeiten durch Röhren. Die anderen 3 Methoden, Schwingung von Platten in der Flüssigkeit, Schwingung der Flüssigkeit in U-förmigen Röhren, Ab- reißen einer Platte von bestimmter Größe von der Oberfläche der Flüssigkeit, sind teils der beanspruchten großen Flüssigkeitsmenge, teils der Schwierigkeit und der mangelhaften Genauigkeit der Be- obachtung wegen für die Praxis nicht verwendbar. Die weiteste An- 1 5 5 3 1 15" i^^ i-'" f >>^ J ■'/ . ' '^1 /'* 50," / .■•1 ük^ »CWOftf fui vOta / / Ol vv-^Aoe / 1 Lvtut "ibüü. . 1 i • i I ' j?«' 1 : 4^,;— ^~r" /• /' iMi , 7 J\^^. 75 = i. 1«° feki^ »•6*»' HS -rr. - .,^.1« ..•• -J i*»^'' _r^'- _,.'?'■ "■ ■" Uli ^ ,^ - '" '-"■-' 1 tt. — • - iuy. ■ ! i 1 X Z 5 5ö i :s' 15" t ,« p / ■- -■,■*■ > *' .•■ f^ ^ y y ■ / ^y 1 f/?" 1: 1 , / f 1 / ;' / »^- ' / / ■/■? / // Joie, M-WA,. <> / •: O^^ima fJCt. • / i 1t(M(a/ f./\AA/ , ■ // _» < >> 5ö Sekunden M. Pleißner: Innere Reibaag von Speisefetten etc. 25 Wendung hat die Bestimmuni,' der relativen inneren Reibung in der Technik zur Bewertung von Schmierölen') gefunden und bedient man 8ich hier des Engler'schen Apparates zur Bestimmung der spezifischen oder relativen inneren Reibung. Der Engler'sche und der hier ebenfalls zu erwähnende Traube'sche Apparat benutzen in ihren Konstruktionen den Ausfluß von Flüssigkeiten durch Röhren. Die benötigte Flüssig- keitsmenge beträgt bei dem Enfrler'.-;chen Apparat 200 ccm. Diese Menge ist in der Praxis nicht immer zu beschaffen. Der Traube'sche Apparat begnügt sich mit 8 — 9 ccm Flüssigkeit, er gibt sehr genaue Resultate, hat aber den Uebelstand, daß er sich nur schwer reinigen läßt. Einen einfachen, leicht zu reinigenden und nur wenig Flüssigkeit erfordernden Apparat beschreibt W. Ostwaldt^) in seinem Lehrbuch der Allgemeinen Chemie. Die Methode ■ ist die von Engler und Traube benutzte, und werden nicht die absoluten Werte der inneren Reibung bestimmt sondern die relativen, der Wert des Wassers von 20° gleich 1 gesetzt. Mit Hilfe dieses kleinen ^^ Apparates, dessen Herstellung keine Schwierigkeiten bietet, ^^, sind die nachstehenden Untersuchungen ausgeführt worden. \Hj Aus der Zeichnung ist die Anordnung des Apparates zu ersehen. In einem Wasser- oder Dampfbad ist eine Röhre de untergebracht, welche in ihrem obersten Teil, einige Millimeter weit ist, sich bei c verjüngt, um in eine Kugel k überzugehen, an welche sich die Kapillare ab schließt, die ihrerseits wieder in ^^jjy die weitere Röhre be übergeht. Man füllt den Apparat bis über die Marke mit der Flüssigkeit durch Aufsaugen, und ermittelt die Zeit, in welcher die Oberfläche der Flüssigkeit durch eine oberhalb und unter- halb der Kugel angebrachte Marke tritt. Als Wasierbad wurde ein oben und unten geschlossener großer Lampenzylinder benutzt und mit der für den Ze iß 'sehen Butter- refraktometer vorhandenen Einrichtung zur Erzeugung eines Wasser- stromes von bestimmter Temperatur verbunden. Diese Einrichtung diente für die Messungen bei Temperaturen von 10 — 60°. Für die Messungen bei 100*^ wurde ein Wasserdampfstrom durch den Apparat geleitet. Die Zeitmessungen wurden mit einem Taschen- Chronoskop ausgeführt, größere Zeitabschnitte wurden an einer Taschenuhr ab- gelesen. 1) A. Martens, Schmieröluntersachungen (Mitteilungen a. d. K. techn. Versachsanstalten 1888). ■-) W. (Jstwald, Grundriß der aUgemeinen Chemie, 1889, S. 114. F. Kohlrausch, Lehrbuch d. praktischen Physik, 1901, S. 223. 26 M. Pleißner: Innere Reibung von Speisefetten etc. s-t der Formel P= -:r Die Berechnung der relativen inneren Reibung p geschieht nach wo s das spezifische Gewicht der Flüssigkeit, t ihre Durchlaufszeit durch die beiden Marken und t die Durchlaufs- zeit für Wasser von 20" bedeutet. Die Kugel enthielt in dem benutzten Apparat 3,2776 g Wasser von 20", und fließt diese Menge in 5,5 Sekunden aus. Bei der Untersuchung der fetten Oele hat sich herausgestellt, daß an den Wandungen der Kugel und der Glasröhre verschieden große Mengen von Oel haften bleiben und dadurch der Bestimmung sich entziehen. Bei einer Temperatur von 20 " bleiben ungefähr 1 % des fetten Oeles an den Wandungen sitzen. . Tabelle I. I austro Oeln Be- rechnet iei 100 ifende lenge Ge- funden •E g a Bei 200 austropfende | S a Oelmenge g g Be- i Ge- S g rechnet j funden g P^ Bei 1000 austropfende 1 -S c Oelmenge | g Be- Ge- | | rechnet funden g ^ Olivenöl, Blanche vierge 3,0220 2,9842 -1,2 3,0000 2,9842 -0,6 2,8307 2,8150 -0,5 Olivenöl, frei von Arachisöl . . . 3,0171 3,0376 +0,6 1 1 2,9956 2,9240—2,3 2,829612,8164 -0,4 Baumwollsamenöl — — — 3,0240 2,9986-0,8 2,862512,8712 +0,04 Sesamöl — — 3,0260 2,9852-1,3 2,8656 2,8657 ± Arachisöl 3,0182 3,0034 -0,4 2,9975 2,9960-0,05 2,8305 2,8150 -0,5 Differenz im Mittel — — -0,3 — - -0,9 — — —0,3 Bei den niedrigen Temperaturen muß der Verlust am größten sein, er findet aber eine natürliche Korrektur in dem langsamen Abfluß der Flüssigkeiten. Die gefundenen Zahlen für die abgeflossenen Mengen sind nicht genau, da das Abstreichen des letzten Tropfens immer Willkürlich geschehen muß. Die Differenzen sind nicht so bedeutend als daß sich eine Korrektur der W^erte erforderlich mache. Die Ausflußgeschwindigkeiten der fetten Oele schwanken in weiten Grenzen, während die innere Reibung von Leinöl, Sesamöl und Vaselinöl relativ eine geringe ist, erreicht das Rizinusöl bei der Versuchstemperatur von 20*^ den 20 fachen Wert, in mittleren Werten bewegen sich Olivenöl, Arachisöl, Baumwollsamenöl. Eine Unter- scheidung oder ein Nachweis gegenseitiger Vermischung dieser Oele kann unter diesen Versuchsbedingungen nicht erreicht werden. Einen größeren Erfolg zeitigte auch nicht die Untersuchung dieser fetten Oele bei 100". Mit steigender Temperatur sinkt die innere Reibung und beträgt bei 100" ungefähr Vio des bei 20" gefundenen Wertes. M. Pleißner: Innere Reibung von Speisefetten etc. 27 Wesentlich abweichend verhalten sich Rizinusöl and Paraffin, liquidum D. A.-B. IV. Der Koeffizient ""tt^ ist bei Rizinusöl 54, bei Paraffin 25. Diese abweichende Stellung des Rizinusöls kann vielleicht zur Identifizierung des Rizinusöls herangezogen werden, nachdem an einer größeren Anzahl von Handelsproben dieses Oeles nachgewiesen worden ist, daß die große Viskositätszahl eine dem reinen Rizinusöl eigen- tümliche Eigenschaft ist. Tabelle IL Olivenöl, Blanche vierge . . Olivenöl, Bari, non plus ultra Olivenöl, frei von Ärachisöl Arachisöl Leinöl Rüböl Baumwollsamenöl Sesamöl Rizinusöl Knocbenöl Paraffin, liquid. D. A.-B. IV Vaselinöl (Schmieröl) . . . . 200 t 0,915 0,912 0,914 0,914 0,927 0,911 0,922 0,924 0,957 0,910 0,877 0,886 348 339 361 340 219 421 410 292 4273 350 636 178 57,9 56,2 60,0 56,5 36,9 70,2 68,7 49,0 743,5 57,9 101,4 28,7 1000 p20 s t P p iUU 0,864 34 5,30 10,9 0,868 30 4,7.^ 11,9 0,863 33 5,20 11,5 0,864 34 5,30 10,7 (t,886 29 4,67 7,8 0.859 42 6,63 10,6 0.874 33,5 5,32 12,9 0,866 33,5 5,27 9,2 0,911 82 13,58 54,7 0,863 33 5,19 11,1 0,8Ü5 27,3 3,99 25,4 0,847 15,5 2,38 12,0 Die drei zur Untersuchung herangezogenen Olivenöle entsprachen den Anforderungen des Deutschen Arzneibuches, gaben aber, wenn auch in verschiedener Stärke, die Furfurolreaktion. Sehr schwach war die Reaktion bei dem arachisölfreien Olivenöl, während das Arachisöl sie deutlich zeigte. Das mit Blanche vierge bezeichnete Olivenöl stammt von Porto Maurizio und dürfte ein Verschnitt mit Arachisöl sein. Nach Mitteilungen von glaubwürdiger Seite sollen die meisten im deutschen Handel vorkommenden Olivenöle solche Ver- schnitte mit Arachisöl sein. Das deutsche Publikum soll das nur schwach nach Oliven schmeckende und blasse Oel dem immerhin kräftig aromatisch schmeckenden und gelben oder grünlichgelben reinen Olivenöl vorziehen. Das an dritter Stelle genannte Olivenöl wurde mir von einer bedeutenden Importfirma nach besonderem Auftrag an den Produzenten als frei von Arachisöl geliefert. Das natürliche Vorkommen von Arachinsäure im Olivenöl und die nahezu vollkommene Uebereinstimmung der chemischen und physikalischen Konstanten beider Oele lassen eine vorsichtige Verfälschung von Olivenöl mit Arachisöl nicht mit Deutlichkeit erkennen. Jede Er- weiterung unserer Kenntnisse in diesen Oelen, besonders auch umfangreiche Untersuchungen über die im Olivenöl vorkommenden 28 M, Pleißner: Innere Reibung von Speisefetten etc. Mengen Arachinsäure würde von großem Nutzen für die Praxis sein und ermöglichen diese Verschnitte als solche zu kennzeichnen. Leinöl, Rizinusöl und flüssiges Paraffin wurden ebenfalls nach den Angaben des Arzneibuches untersucht und als unverdächtig befunden. Vom BaumwoUsamenöl und vom Sesamöl wurden spezifisches Gewicht, Jodzahl und Verseifungszahl in Uebereinstimmung mit den Angaben der Literatur gefunden. Paraffin und Vaselinöl, welche chemisch nicht zu den fetten Oelen gehören, mußten mit berücksichtigt werden, da ihre Verwendungsart die gleiche ist als die der fetten Oele und sie auch wohl zur Verfälschung der fetten Oele Verwendung gefunden haben. Die chemischen Konstanten leisten bei der Untersuchung der fetten Oele die besten Dienste, während den physikalischen Kon- stanten, Schmelzpunkt, Dichte, Refraktion, nur eine orientierende Bedeutung beizulegen ist. Trotzdem muß der praktische Apotheker und Nahrungsmittelchemiker das größte Gewicht auf die Ausbildung dieser Methoden legen, da sie schneller und leichter zu handhaben sind als die chemischen Ermittelungen und ihm die für ihn so wichtige Frage zuweilen sofort beantworten, ist ein Körper verdächtig und erscheint eine eingehendere Untersuchung geboten oder nicht? Der Einfluß der chemischen Konstitution auf die physikalischen Konstanten läßt sich bei den fetten Oelen, da sie komplizierte Gemische von Fettsäuren, von einfachen und zusammengesetzten Glyzeriden sind, nicht so verfolgen wie bei chemischen Individuen und trifft dies auch für die Werte der inneren Reibung zu. Maßgebend für die Größe der Werte scheint die chemische Konstitution der an Glyzerin gebundenen Fettsäuren und die Menge der freien Fettsäuren zu sein. Scheidet man in einem fetten Oel die Fettsäuren ab, so hat dieses Gemisch verschiedener Fettsäuren eine bedeutend kleinere relative innere Reibung als das ursprüngliche fette Oel, die Zähigkeit ist un- gefähr auf die Hälfte zurückgegangen. Tabelle IIL Oelsäuren aus 1000 t P F ettes Oel Fettsäure Olivenöl, Bl. vierge Olivenöl, Bari . . . . Arachisöl BaumwoUsamenöl . Sesamöl Bizinusöl 0,827 0,831 0,841 0,845 0,842 0,876 15,5 17 18 11 16 44,5 2,33 2,56 2,75 1,69 2,45 7,09 2,3 1,8 1,9 3.1 2,2 1,9 M. Pleißner: Innere Reibung von Speisefetten etc. Aehnliche kleine Werte finden sich auch bei den reinen Fett- säuren. Die relative innere Reibung der Fettsäuren nach dem Typus Cii Hon O2 nimmt mit steigendem Molekulargewicht zu, während die spezifischen Gewichte abnehmen. Die Vergrößerung des Moleküls scheint hier ebenso wie bei der Veresterung mit Glyzerin eine Zunahme des Reibungskoeffizienten zu bedingen. Uniresättigte Säuren wie Oel- und Leiuölsäure vermehren den Flüssigkeitsgrad der fetten Oele und haben selbst einen kleineren Reibungskoeffizienten als die gesättigten Fettsäuren mit einer gleichen Anzahl von Kohlenstoflfatomen. Welchen Grund die große Zähigkeit des Rizinusöls hat, läßt sich vorläufig nicht sagen, möglich, daß die im Rizinusöl vorkommende Rizinusölsäure, eine ungesättigte Oxy>äure, einen bestimmten Einfluß ausübt. Tabelle IV. 200 t 1000 i|Molekular- t p i gewichte Buttersäure 0,967 ! 9 1,58 Oelsäure 0,886 167 , 26,9 Palmitinsäure Schmp. 680, Ep. 60,50 Stearinsäure Schmp. 680, Ep. 530 Schmp. = Schmelzpunkt; Ep. — — : — 88 0,841 21 3,2 " 282 0,837 28 4,3 256 0,835 28 4,2 Erstarrungspunkt. 284 Von einem weiteren Eingehen auf die Zähigkeit der Fettsäuren konnte Abstand genommen werden, da das Verhalten der freien Fett- säuren für die Praxis nicht bedeutungsvoll erseheint. Die Beschaffung chemisch reiner Fettsäuren ist mit großen Schwierigkeiten verknüpft, denn die im Handel befindlichen Säuren sind, wie aus dem beigemerkten Schmelzpunkten und spezifischen Gewichten ersichtlich ist. nicht rein und die Reinigung ist zeitraubend. Tabelle V. Palmin Butterfett Margarine Schweinefett Kakaoöl Kakaoöl Sesamöl 1 -j- 1 Säure- zahl 0,7 3.7 5,4 1,6 Ver- seifungs- zahl 260 227 196 196 192 1000 relative innere Reibung f t p 0,872 0,866 0,865 0,865 0,860 0,867 24,5 30 33 35,5 39,5 34,5 3,9 4.7 5,2 5,6 6,2 5,4 30 M. Pleißner: Innere Reibung von Speisefetten etc. Die Gegenwart von freien Säuren und die Anwesenheit von Fett- säuren kleineren Moleküls bedingen auch die Verschiedenheiten in der Zähigkeit von Palmin (Kokusnußbutter), Butterfett, Margarine und Schweinefett. Schweinefett und Margarine sind zäher als Butterfett und Palmin. Noch größere Zähigkeit als Schweinefett hat Kakaoöl und läßt sich eine grobe Verfälschung von Kakaoöl mit dem hierzu häufig verwendeten Sesamöl herausfinden. Da die untersuchten Oele bei 20° und 100° nicht genügend faß- bare Unterschiede zeigten, wurden die zwei Olivenöle und das Arachisöl bei den zwischenliegenden Temperaturen untersucht. Es wurde gefunden: Tabelle VI. Olivenöl, Blanche vierge Arachisöl Oliven, frei von Arachisöl Tempe- ratur t . s P Tempe- x ' S o ratur "^ ^ P Tempe- 4. ', e 1 « rati- 1 t 1 ^ 1 P 6,8 674 0,9241 113,2 7,6 654 0,9223 109,6 1 j 11,8 529 0,9208} 88,5 10,7 542 0,9204 90,7 10,4 569 0,9203; 95,2 16,1 418 0,9180 69,7 14,6 449 1 0,9179 74,9 15 462 0,9172| 77,0 20 348 ! 0,9154 57,9 20 340 0,9145 56,5 20 361 , 0,9140 60,0 26,6 i 267 ,0,9111 44,2 24 292 0,9120 48,4 25 287 0,9110 47,5 29,4 239 ,0,9093 39,5 32,5 210 0,9065 34 6 34,3 198 0,9050 32,6 40 166 0,9024 27,2 40 145 0,9017 23,7 43,5 137 0,8992 22,4 100 34 i 0,8636 5,3 100 , 34,5 0,8636 5,4 100 33 0,8633 5,2 Werden diese Verhältnisse in Schaulinien dargestellt, so ergibt sich, daß bei keiner Temperatur die Reibungskoeffizienten wesentlich von einander abweichen. Es scheint ausgeschlossen, daß mit Hilfe der inneren Reibung eine Erkennung von Arachisöl im Olivenöl oder die Unterscheidung beider Oele durchgeführt werden kann. Die Fettsäuren der in beiden Oelen vorkommenden Glyzeride weichen in ihren Molekulargrößen nicht so von einander ab, daß die Abweichungen in den Gemischen erkennbar werden könnten. (Anlage VILI.) Bedeutend günstigere Verhältnisse, zeigen sich beim Butterfett und seinen hauptsächlichsten Verfälschungen, Kokosnußbutter und Margarine. Margarine besteht aus einem Gemisch hochmolekularer Glyzeride, dem nur als Geschmackskorrigenz eine geringfügige Menge Milch, also Butterbestandteile, zugesetzt worden ist. Margarine wird demnach den größten Reibungskoeffizienten der drei Speisefette haben. Butterfett ist ein Gemisch von Glyzeriden verschiedener auch niederer Fettsäuren und enthält auch freie Säure. Kokosnußbutter und das entsäuerte Palmin Oi welches zur Untersuchung herangezogen wurde, 1) Ztschr. f. Untersuch, v. Nahrungs- u. Genußmitteln 1899, 624. M. Pleißner: Innere Reibung von Speisefetten etc. 31 enthält die Glyzeride der Capron-, Capryl-, Capria-, Myristin-, Laurin- säuren neben Palmitin. Fettsäuren von kleinerem Molekulargewicht sind demnach reichlich darin enthalten. Tabelle VIT. Margarine Butterfett Palmin Tempe- ± ratnr ' s p Tempel ^ r \ o ratur | ^ ^ | p Tempe- ratur t s P 27,1 284 0,911^)! 47,1 25,3 263 0,9186 43,9 23,5 219 0,9207 36,6 — — — , — 29,8 223 0,9155 37,1 28,7 175 0,9175 29,2 — — — 1 — 32,9 186 0,9134 30,9 34 143 0,9142 23,8 40,1 i 172 0,90391 28,3 40,2 157 0,9084 25,9 39,5 j 115 0,9107 19,0 42 1 159 0,9025| 26,1 — — — — t — — 100 33 1 0,865?! 5,2 100 30 0,8664 4,7 100 24,5 0,8726 3,9 Der Einfluß dieser abweichenden Zusammensetzung ist auf die innere Reibung recht bedeutend und bringen die Schaulinien diese Ab- weichungen gut zur Anschauung. Die Schaulinien zeigen aber auch, daß die Reibungskoeffizienten mit steigender Temperatur bei den drei Speisefetten nicht gleichmäßig abnehmen. Bei 35° streben die Säuren am weitesten auseinander und ist diese Temperatur als die zur Unter- suchung günstigste anzusprechen. (Anlage IX.) Jede Schaulinie ist von der anderen um 5 Einheiten entfernt, das ist für den benutzten Apparat eine Differenz von 25 — 30 Sekunden in der Ablesung. Voraus- gesetzt, daß die gefundenen Koeffizienten der relativen inneren Reibung auch für eine größere Anzahl von Butter-, Margarine-, Palminproben zutreffend sind, würden sich diese Speisefette mit Hilfe der inneren Reibung wohl erkennen lassen, und nimmt man Abweichungen von 5 Sekunden als außerhalb der Yersuchsfehler liegend an, so lassen sich auch Verfälschungen bis zu einem ungefähren Betrag von 20 % heraus- finden. Mischungen von Margarine und Palmin dagegen werden sich nicht zu erkennen geben. 32 E. Holdermann: Hydrargyrum oxycyanatum. Ueter Hydrargjrrum oxycyanatum. Von Dr. E. Holdermann. (Eingegangen den 1. XII. OS.) Das Merkurioxycyanid wird in neuerer Zeit häufig an Stelle des Sublimats als Antiseptikum benutzt, angeblich weil es weniger ätzend wirkt und Metallin'^trumente weniger angreift als dieses. Da dieses Präparat weder im Deutschen Arzneibuch, noch in dem Ergänzungs- buche Aufnahme gefunden hat und zudem nicht überall bei den Groß- drogenhandlungen vorrätig zu haben i.st, dürfte der Fall der Selbst- darstellung ex tempore da und dort an den Apotheker herantreten. So ist es auch mir ergangen, und ich bin bei dieser Darstellung nach den in unseren Vorschriftenbüchern enthaltenen Vorschriften auf Tat- sachen gestoßen, die mit den betreffenden Buchangaben so sehr im Widerspruch stehen, daß ich eine Mitteilung meiner Beobachtungen an dieser Stelle behufs Richtigstellung und Ergänzung der über diesen Gegenstand vorhandenen Angaben für geboten erachte. In der älteren Literatur findet man angeführt: Wenn man Merkuricyanidlösung mit gelbem Merkurioxyd kocht, so wird dieses rasch gelöst und man erhält nach den Angaben dieser Quellen je nach der Menge des Oxyds zwei verschiedene Körper, ein einbasisches Oxy- cyanid von der Formel HgOHg(CN)2, welches beim Erkalten in weißen vierseitigen Nadeln auskrystallisiert'), bezw. bei Anwendung größerer Mengen von Merkurioxyd das basischere Salz von der Formel 3 HgO - Hg(GN)2, welches ein in kaltem Wasser unlöslicher Nieder- schlag ist. Auf Grund dieser Angaben ist offenbar die Vorschrift zur Dar- stellung des äquimolekularen Doppelsaizes Hg(CN)o, HgO entstanden, wie sie u. a. in Hageres Handbuch der praktischen Pharmazie, Bd. 2, S. 46, zu finden ist und kurzerhand die Wanderung durch die ähnlichen Vorschriftensammlungen gemacht hat. Dieselbe lautet: Man fällt durch einen Ueberschuß von Natronlauge aus 10 Teilen Qaeckdlberchlorid das Quecksilberoxyd und wäscht es bis zur Chlorfreiheit aus. Alsdann verteilt man es tunlichst ohne Verlust in 120 Teilen Wasser, bringt eine Auflösung von 9,5 Teilen Qaecksilbercyanid Hg (CN)2 in 100 Teilen Wasser hinzu, erhitzt im Wa<=serbade bis zur farblosen Lösung, filtriert durch einen Asbestbausch, dampft das Filtrat auf ICO Teile ab und läßt krystalli- sieren, oder man dunstet die Flüssigkeit bis zur Trockne ein. i) Die betr. Literatur stellen sind angegeben in: Beil stein, Handbuch d. organ. Chemie 1893, L, 1416; Damm er, Handbuch d. anorgan. Chemie 1894, IL (2.), 926. K. Holdermann: Ilydrargyrum oxycyanatum. 33 Bei der Darstellung des Präparates in meinem Laboratorium fand ich jedoch, daß selbst bei genauester Befolgung der iu der betr. Vor- schrift enthaltenen Angaben die aus dem angewendeten Merkurichlorid erhaltene Menge von Merkurioxyd von der angegebenen Menge des Cyanids weder in der vorgeschriebenen Konzentration noch in kon- zentrierterem oder verdünnterem Zustande aufgenommen wird. Stets ist noch ein sehr erheblicher Rückstand von gelbem Merkurioxyd ungelöst geblieben, so daß zunächst mit einer kleinen Probe versucht wurde, ob bei der Steigerung der Cyanidmenge wohl vollkommene Lösung eintreten würde. Da sich dieses, wie zum voraus angenommen werden konnte, bestätigt hat, wurde, um die zur Lösung einer bestimmten Menge von Oxyd erforderliche Menge des Merkuri Cyanids genau festzustellen, folgender Versuch mit einer größeren Menge ausgeführt: 10 g Merkurichlorid wurden in 250 ccm heißem destilliertem Wasser gelöst und die Lösung in eine Mischung von 25 g 157oiger Natronlauge mit 50 ccm destilliertem Wasser unter gutem Umrühren noch warm eingegossen. Der entstandene schön lockere Niederschlag wurde mit heißem destilliertem Wasser durch Dekantieren bis zur Chlorfreiheit ausgewaschen, was infolge des raschen Absitzens desselben leicht zu bewerkstelligen ist. Alsdann wurde derselbe mit 120 ccm destilliertem Wasser aufgeschwemmt, die Flüssigkeit unter beständigem Umrühren auf dem Drahtnetz über einer kleinen Gas- flamme bis zum Sieden erhitzt und sehr allmählich so lange fein ge- pulvertes Merkuricyanid in kleinen Priesen zugesetzt, bis nur noch ein minimaler Rückstand von Merkurioxyd übrig geblieben war, der auch bei länger fortgesetztem Erhitzen nicht mehr in Lösung gegangen ist. Es wurden hierzu genau 26, G g Cyanid verbraucht. Das beim Filtrieren auf dem Filter verbliebene Merkurioxyd wog nach voll- kommenem Auswaschen und Trocknen 0,5 g, das Filtrat, welches bald zu krystallisieren begann, wurde auf dem Wasserbade bis nahe zur Trockne verdunstet und darauf noch bei etwa 40" vollends aus- getrocknet. Der Salzrückstand betrug 34,1 g und bestand, unter dem Mikroskop betrachtet, aus vollkommen einheitlichen Krystallen, dem Anscheine nach monoklinen Prismen. Dieselben lösen sich reichlich in heißem, schwieriger in kaltem Wasser und geben damit eine Lösung von schwach alkalischer Reaktion, wie es dem basischen Charakter des Salzes entspricht. Versucht man es, aus den zur chemischen Einwirkung gelangten Gewichtsmengen die chemische Formel für das Oxycyanid aufzustellen, so gelangt man zu folgender Rechnung: Arch. d. Pharm. CCXXXXII. Bds. 1. Heft. 3 34 E. Holdermann: Hydrargyrum oxycyanatum. Mol- Mol- Mol- abge- Gew. Quot. Verh. rundet Cyanid = 26,6 g : 252 = 1,055 : 0,347 = 3,04 = 3, Oxyd = 7,5 g : 216 = 0,347 : 0,347 = 1,00 = 1, woraus sich als Formel für das Oxycyanid HgO-3Hg(CN)2 ergibt. Die UebereinstimmuDg dieser auf synthetischem Wege er- mittelten Zahlen mit den aus der Formel berechneten ist eine so große, daß sie die Richtigkeit obiger Formel für das Merkuriox}»^- cyanid über jeden Zweifel erhebt. Da es mir unter keinen Versuchsbedingungen gelungen ist, einer gegebeneu Menge von Merkuricyanid mehr Merkurioxyd auf nassem Wege einzuverleiben, als der von mir gefundenen Formel entspricht, sehe ich mich genötigt, die Existenz der in der Literatur an- gegebenen Oxycyanide von den Formeln Hg 0- Hg (CN)2 sowie gar 3HgOHg(CN)2 anzuzweifeln und dem Merkurioxycyanid die Formel HgO-3Hg(CN)2 zuzuschreiben. Obschon die auf dem beschriebenen Wege der Synthese des Oxycyanids erhaltenen Werte einen unzweideutigen Bev/eis für dessen Zusammensetzung und die daraufhin aufgestellte chemische Formel ergehen haben, wurde doch noch zur Bestätigung die quantitative Analyse des Präparates ausgeführt, die zu folgenden Resultaten führte: 1. Bestimmung des Quecksilbers. D ieselbe v?urde auf die übliche Art durch Einleiten von Schwefel Wasserstoff in die angesäuerte wässerige Lösung ausgeführt und das Merkuri- sulfid als solches gewogen. Aus 0,4124 Substanz wurden 0,3946 g Sulfid erhalten, woraus sich der Gehalt an metallischem Quecksilber zu 82,47% berechnet. 2. Bestimmung des Cyans. Die Bestimmung des Cyans im Oxycyanid ist wie auch die im normalen Cyanid wegen der äußerst schwachen Ionisation dieser Salze in wässeriger Lösung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Diese Abwesenheit von Ionen gibt sich dadurch kund, daß sowohl das Metall durch kochendes Alkali nicht fällbar ist, andererseits die Cyanwasserstoffoäure durch Kochen mit Schwefelsäure nur unvollständig abgespalten wird, beziehungsweise im Entstehungsmomente eine mehr oder weniger vollständige Zersetzung in Ameisensäure und Ammoniak erfährt. Bei der versuchsweisen Destillation des Oxycyanids mit verdünnter Schwefelsäure wurde im Destillat daher auch keine Spur von Cyanwasserstoff, dagegen eine geringe Menge von Ameisensäure gefunden. Im Destillations- rückstand war das neben der Ameisensäure durch Verseifuug der Blausäure entstandene Ammoniak, an Schwefelsäure gebunden, zurückgeblieben. Ein großer Teil des Cyanwasserstoffs war dabei noch unser setzt und ließ sich durch Erwärmen mit verdünnter Salzsäure durch den Geruch nachweisen. Hierbei wurde auch das Quecksilber als Merkurochlorid gefällt, was zu der E. Holdermann: Hydrargyrum oxycyanatum. 35 Annahme nötigt, daß das Merkurisalz durch die reduzierende Wirkung der Ameisensäure in Merkurosalz umgewandelt war. Aus diesem Grande läßt sich die Destillation mit verdünnter Schwefelsäure im vorliegenden Falle zur quantitativen Bestimmung des Cyangehaltes nicht anwenden. Zu einem ungleich besseren Erfolge hat nun folgender Weg geführt: 1,1083 g Merkurioxycyanid wurden in einen etwa 4C0 ccm fassenden Glaskolben gebracht, 100 ccm Wasser and 5 g gepulvertes metallisches Magnesium zugesetzt und der Kolben so rasch als möglich mit einem gut kühl gehaltenen Schlangenkühler verbunden, dessen Ausfiußende in eine in einem Becherglase vorgelegte Mischung von ö ccm Kalilauge und 50 ccm Wasser eintauchte. Die Reaktion beginnt sofort unter starker Wärme- entwickelung, indem das Quecksilber durch Magnesium ersetzt und gleich- zeitig Blausäure frei wird. Man treibt diese in die Vorlage, indem man vorsichtig erhitzt, bis etwa die Hälfte des Kolbeninhaltes überdestilliert ist und läßt nun, um die Zersetzung sicher vollkommen zu gestalten, aus einem bei der Zusammenstellung des Apparates zu diesem Zweck vorgesehenen Tropftrichter vorsichtig ca. 10— 20 ccm verdünnte Schwefelsäure tropfenweise zutreten. Durch das sich hierbei entwickelnde Wasserstoffgas werden gleich- zeitig die letzten Reste des Cyanwasserstoffs aus dem Apparate verdrängt und der vorgelegten Natronlauge zugeführt. Nach Beendigung der Destillation, welche etwa Y^ Stande in Ansprach nimmt, wurde der in die Vorlage destillierte Cyanwasserstoff nach der Liebigschen Methode mit °/io Silbernitratlösung titriert, wobei bis zum Eintreten der bleibenden Trübung 34,1 ccm verbraucht wurden. Da hierbei der Kubikzentimeter n/jg Silberlösung 0,0052 g Cyan ent- spricht, so beträgt der gefundene Wert 16,01% Cyan. Auf Grund dieser Analysenresultate läßt sich die aus der synthetischen Berechnung gefundene Zusammensetzung des Merkuri- oxycyanids nicht mehr anzweifeln. Es berechnen sich nämlich für das von mir angegebene Oxycyanid von der Formel Hg0 3Hg(CX)2 die Werte für: Hg CN 82,30% 16,03% gefunden wurden 82,47 „ lü,01 ,,. Zum Vergleich mögen hier noch die entsprechenden Werte für andere theoretisch denkbare und in der Literatur angegebene Oxy- cyanide angeführt werden: u p-p^ HgOHg(CN)2 85,47 11,09. HgO-2Hg(CX)2 83,33 14,43 3HgO-Hg(CN)2 88,78 5,77. In diesem Sinne wären also die Vorschriften zur Darstellung des Merkurioxycyanids abzuändern und, wie ich soeben nach dem Niederschreiben meiner Resultate beim Vergleichen der Angaben von Dorvault's L'officine von Frederic Wurtz, 1893, pag. 407 bemerke, 3* 36 E. Holdermann: Hydrargyrum oxycyanatum. haben die französischen Autoren bereits ein anderes Verhältnis der beiden Komponenten angegeben, wonach auf 100 Teile Cyanid nur 22 Teile Oxyd genommen werden sollen. Da 100 Teile Cyanid stöchiometrisch 28,57 g Oxyd erfordern und tatsächlich auf nassem Wege chemisch zu binden im stände sind, ist es ersichtlich, daß auch diese Vorschrift, allerdings gerade im umgekehrten Sinne, auf irrtüm- lichen Voraussetzungen beruht, immerhin aber der Wahrheit näher kommt, nur sollte unbedingt ein kleiner üeberschuß von Merkurioxyd genommen werden, da ein solcher nichts schadet, durch Filtration leicht entfernt werden kann und die Bildung der basischsten Ver- bindung verbürgt. Rechnet man die von mir aufgestellte Formel des Merkurioxy- cyanids auf Prozente um, so findet man, daß 100 Teile des Salzes 77,77% Cyanid nur 22,23% Oxyd enthalten, und berücksichtigt man die Tatsache, daß zur Fällung von 80 Teilen Oxyd zufällig genau 100 Teile Merkurichlorid erforderlich sind, so gelangt man für die Dar- stellung von 100 g lichtigem Merkurioxy Cyanid zu folgender Vorschrift: Man löst 28,0 g (genau 27.8) Merkurichlorid (entsprechend 22,23 g Merkurioxyd) in etwa 600 ccm heißem destilliertem Wasser, gießt diese Lösung in einem dünnen Strahl in eine warme Mischung von 70 g I5%iger Natronlauge und 200 ccm destilliertem Wasser und wäscht den entstandenen gelbroten Niederschlag durch Dekantation so rasch als möglich bis zur gänzlichen Chlorfreiheit des Waschwassers aus. Alsdann rührt man denselben mit etwa 300 — 400 ccm destilliertem Wasser an, erwärmt auf dem Wasserbade oder auf Drahtnetz über der freien Gasflamme und fügt eine Lösung von 77,8 g Merkuricyanid in der nötigen Menge — etwa 250 g — heißem Wasser hinzu und erwärmt bis zur Lösung, oder bis nur noch eine kaum sichtbare Spur von Merkurioxyd übrig geblieben ist. Die Lösung läßt man absitzen, filtriert dieselbe und verdunstet auf dem Wasserbade bis zur reichlichen Krystallausscheidung, worauf man im Trockenschrank oder nötigenfalls über Schwefelsäure vollends austrocknet. Es ist leider kein vereinzelt dastehender Fall, daß die in den Vorschriftenbüchern für die Darstellung chemischer Präparate an- gegebenen Gewichtsverhältnisse ihre Entstehung der theoretischen Ausrechnung auf Grund einer, wenn auch irrtümlich, angenommenen Zusammensetzung verdanken, im vorliegenden Falle war man von der Vorstellung der äquimolekularen Zusammensetzung des Merkuri- oxycyanids ausgegangen und diese ist falsch. Karlsruhe, Dezember 1903. Chem. Laboratorium der Hilda-Apotheke. F. M. Litterscheid: Kupfercyanürcyanidverbindungen. 37 Ueter einige Verbindungen des Kupfercyanürcyanids mit Pyridin, Methylamin, Dimethylamin und Trimethylamin. VoQ F. M. Litterscheid. (Eingegangen den 10. XII. 1903.) Iq früher bereits mitgeteilten Untersuchungen') war anknüpfend an die von E. Schmidt und E. Malmberg^) studierten Verbindungen des Kupfercyanürcyanids mit Ammoniak gezeigt worden, daß analoge Verbindungen des Kupferrhodanürrhodanids weder mit Ammoniak noch mit Pyridin oder Chinolin, bezw. Isochinolin zu bestehen scheinen. Im folgenden werden die Resultate einer Untersuchung mitgeteilt, die sich auf den Nachweis erstreckt, ob Kupfercyanürcyanid in gleicher Weise wie mit Ammoniak auch mit Pyridin, ferner mit den einfachsten Ver- tretern der primären, sekundären und tertiären aliphatischen Amin- basen eine in der Zusammensetzung korrespondierende Reihe von Salz- stufen zu lietern im stände ist. Die nahen Beziehungen, die zwischen Ammoniak einerseits, Pyridin und den genannten Aminbasen andererseits obwalten, gelangen in der Tat auch hier wieder in der gemeinsamen Eigenschaft, mit Kupfer- cyanürcyanid eine größere Zahl Verbindungen mit verschiedenem Gehalt an jenen Basen, und ausgezeichnet durch mannigfaltige Färbungen bilden zu können, zum Ausdruck. In allen diesen Salzen läßt sich die Bindung der Einzelmolekülkomplexe zum Teil zwanglos durch die Annahme des Ueberganges von dreiwertigem Basenstickstoff in fünf- wertigen erklären, zum Teil aber auch ferner durch die Annahme, daß diese Basen teilweise in den basenreichsten Verbindungen in Art des Krystallwassers gebunden sind. Hierfür spricht wohl in besonders auffallender Weise das Verhalten der von mir früher beschriebenen ammoniakreichsten Verbindung des Kupferrhodanids, /NHg-CNS Cu< -f 2NH3 \NHb-CNS die überhaupt nur in einer Ammoniaksphäre unzersetzt aufgehoben werden kann, während die prächtig ausgebildeten Krystalle beim Liegen an der Luft unter Ammoniakverlust sofort zu zerfallen beginnen. Vergleicht man die bisher studierten Verbindungen unter diesem 1) Arch. d. Pharm. 239, S. 336 u. fif; 240, S. 74 u. ff; S. 386. 2) Ibid. 236, S. 24 . 38 F. M. Litterscheid: Kupfercyanürcyanidverbindungen. Gesichtspunkt, so drängt sich die "Vermutnng auf, daß wohl die besonderen Eigenschaften der verschiedenen, in das Molekül der Kupfer- verbindungen aufgenommenen Basen selbst es sind, die zar weiteren Anlagerung von mehr oder weniger Krystallbase Veranlassung geben. Die Zusammensetzung der unten beschriebenen Salze läßt sich dementsprechend unter Berücksichtigung der jeweiligen Basenabgabe beim Liegen an der Luft oder beim Trocknen in der Wärme in folgender Weise interpretieren: CN Cu-CN 1 1 Cu-NCgHs NC5H5 + 1 + 1 Ca-NCßHs CN 1 CN 2NC5 Cu-CN 1 ,H5 NC5H5 1 CN CN 1 Cu-NCsHj + 1 Ca— NCjHb 1 CN I. IL CN 1 /CN Cu-NCsHs Ci< + ] \CN Cu-NCsHb 1 CN NH2CH3-CN 1 Cu + 1 NHaCHg-CN CN 1 Cü— NHaCHa 1 Ca— NH3CH3 1 CN m. IV. Die Formel IV gilt in sinngemäßer Abänderung auch für die grünen Verbindungen des Kupfercyanürcyanids mit Dimethylamin und Trimethylamin. Kupfercyanürcyanid und Pyridin 0- Versetzt man Kupfersulfatlösung (1 : 10) mit soviel Pyridin, daß der zunächst vorübergehend entstehende Niederschlag wieder völlig in Lösung geht, so entsteht in der nunmehr tiefblau gefärbten Flüssigkeit auf vorsichtigen Zusatz von Cyankaliumlösung (1 : 10) ein rostbrauner Niederschlag. Vermehrt man den Cyankaliumzusatz, so löst sich dieser Niederschlag aUmählich auf und es resultiert eine farblose Flüssigkeit. Der rostbraune Niederschlag erwies sich bei der Prüfung pyridin- haltig. Zur Analj'se wurde er auf einem Filter gesammelt, mit pyridinhaltigem Wasser ausgewaschen und auf dem Tonteller getrocknet. Die Verbindung wurde nach dem Trocknen sofort analysiert, und zwar der Kupfergehalt als Metall durch direktes Glühen im Wasser- stoffstrome ermittelt, die Cyanbestimmung in der Art ausgeführt, daß der durch Destillation mit verdünnter Salzsäure ausgetriebene *) Eine Verbindung des Kapfereyanür mit Pyridin (4 Mol.) ist von Varet (Compt. rend. 112, 391) dargestellt worden. Sie bildet gelbe Blättchen. F. M. Litte r scheid: Kupfercyanürcyanidverbindungen. 39 Cyanwasserstoff in verdünnter Natronlauge aufgefangen und mit Vio N.-AgNOa-Lösung (nach Liebig) titriert wurde. Den Pyridin- gehalt stellte ich in der Weise fest, daß ich die von der Cyanwasser- stoffbestimmung restierende Flüssigkeit nach Zusatz eines hinreichenden Ueberschusses von Natronlauge unter Vorlegung von genügend Vio N.-Salzsäure nochmals der Destillation unterwarf, und den Ueber- schuß der letzteren durch Rücktitration mit VioN.- Kalilauge, Dimethyl- amidoazobenzol als Indikator, zurücktitrierte. 1. 0,3572 g lieferten 0,1004 g Cu = 28,17 %. 2. 0,4524 „ „ 0,1278 „ „ =28,24,, 3. 0,2788 „ „ 0,0780 „ „ = 27,97 „ 4. 0,3358 g verbrauchten (nach Lieb ig, siehe oben) 9,65 com VioN.-AgNOg-Lösung = 14,94% CN. 5. Die unter 4. angegebene Menge verbrauchte (siehe oben) 24,2 ccm VioN.-HCl = 0,1911 g CbIIcN = 56,91%. Berechnet für Cug (CN)4 + öCeHßN: Gefunden: Cu = 27,66 28,17; 28,24; 27,97 CN = 15,07 14,94 C5HbN = 57,26 56,91. Die analytischen Daten weisen auf ein 5 Mol. Pyridin enthaltendes Kupfercyanürcyanid hin. Versuche, die rostbraune Verbindung aus kochendem pyridinhaltigem Wasser (1:4) umzukrystallisieren, schlugen fehl; es trat hierbei völlige Zersetzung unter Abscheidung eines schwarzbraunen, unlöslichen Körpers ein. Die rostbraune Verbindung gibt bei längerem Liegen an der Luft zunächst 2 Mol. Pyridin ab und wird hierbei hellgrün, schließlich unter weiterem Pyridinverlust völlig weiß. Aber auch beim Schütteln und gelinden Erwärmen der braunen Verbindung mit viel Wasser nimmt sie unter Pyridinverlust Grünfärbung an. Das in der letzt beschriebenen Weise dargestellte grüne Pulver wurde auf dem Ton- teller getrocknet und analysiert. 1. 0,1848 g lieferten 0,0664 g Cu = 35,93%. 2. 0,2964 g verbrauchten (nach Liebig, dehe oben) 11,4 ccm VioN.-AgNOa-Lösung = 20,00%. 3. 0,2964 g (Rest der Cyanbestimmung) verbrauchten 16,5 ccm i/ioN.-HCl = 0,1303 g C5H5N = 43,96%. Berechnet für Cug (CN)4 + 3 C5 H5 N : Gefunden : Cu = 35,87 35,93 CN = 19,55 20,00 C5H5N= 44,57 43,96. Diese Verbindung stellt sich in Bezug auf Konstitution und Farbe dem von Zwenger-Denner, Schmidt-Malmberg (1. c.) u. a. 40 F. M. Litt erscheid: Kupfercyanürcyanidverbiodungea. untersuchten KupfercyanürcyanidamiXiODiak — Cua (C^')4 + SNHa — an die Seite. Beim Erwärmen mit pyridinhaltigem Wasser (1:4) bildet sich aus der grünen unter Pj'ridinaufnahme die rostbraune Ver- bindung zurück. Wird die rostbraune Verbindung 24 — 30 Stunden bei 100° ge- trocknet, so verbleibt ein schmutzig gelblich-bräunliches Pulver, das noch 2 Mol. Pyridin enthält. 0,2788 g verloren bei lOOO getrocknet 0,0953 g = 34,18 %. Berechnet für Cus (CiSi)4 + 5 C5 H5 N : Gefunden: 3C5H5N = .34,35 84,18. 0,1835 g (= 0,2788 — 0,0953) lieferten 0,0780 g Cu = 42,50%. Berechnet tür Cug (CN)4 -f 2 C5 H5 X : Gefunden : Cu = 42,13 42,50. Läßt man die rostbraune Verbindung mehrere Tage an der freien Luft liegen, oder erhitzt man sie längere Zeit auf 105 — 110°, so hinter- bleibt schließlich reines Kupfercyanür. Ebenso verhält sich natürlich auch das grüngefärbte Produkt. 0,2076 g des weißen Pulvers lieferten 0,1468 g Cu = 70,71%. Berechnet für Cn2(CN)2: Gefunden: Cu = 70,98 70,71. Kupfercyanürcyanid und Methylamin. Es scheint nur eine krystallinische Verbindung des Kupfer- cyanürcyanids mit Methylamin herstellbar zu sein. Am reinsten und leichtesten ist sie erhältlich, wenn man Kupfersulfatlösung (1 : 10) mit soviel Cyankaliumlösuug (1 : 10) versetzt, daß der zunächst entstandene grüne, dann vorübergehend blaue Niederschlag gerade eben in Lösung gegangen ist, und nunmehr zu der blaugrünen Flüssigkeit Methylamin- lösung zufügt, bis sie stark darnach riecht. Je nach den Mengen- verhältnissen entsteht sofort ein grünlicher, nicht krystallisierter Nieder- schlag, oder aber die Flüssigkeit bleibt klar. Die klare, event. filtrierte Flüssigkeit liefert bei längerem Stehen glänzende aus rhombischen Tafeln bestehende Krystalle von saftgrüner Farbe, oder ähnliche mit abgestumpften Ecken. Zu beachten ist, daß sich bei zu langem Stehen der Lösung an der Luft den Krystallen stets amorphe grüne oder bläuliche Abscheidungen beimischen. Kleinere Mengen der letzteren sind beim öfteren Umlegen der feuchten Krystalle auf einem Tonteller unschwer zu entfernen. 1. 0,2298 g lieferten 0,1G42 g Cu = 45,34%. 2. 0,1736 „ „ 0,078 „ „ = 44,93 „ 2. 0,3100 g verbrauchten nach Lieb ig 14,8 ccm Vio^'-AgNOe-Lösuag = 24,61% CN. F. M. Litt er scheid: Kupfercyanürcyanidverbindungen. 41 3. 0,5042 g mit NaOH der Destillation unterworfen verbrauchten unter Vorlage von VioN.-UCl 47,7 com derselben = 29,31% NUaCHg. Berechnet für Cua (CX)4 -f- 4 NHo CHg : Gefunden : Cu = 4551 45,34; 44,93 CN = 24,«3 24,61 NH3CH8 = 29,65 29,31. Bei 100® getrocknet verliert diese prüne Verbindung während sie eine dunkelmoosgrüne Färbung annimmt anscheinend zwei Mol. NH2CH3. (es konnten genau stimmende Daten nicht erhalten werden). Schließlich hinterbleibt nach achttägigem Erhitzen auf 105 — 10" reines Kupfercyanür. Auch eine dunkelblaue amorphe mehr als 4 Mol. Methylamin enthaltende Verbindung wurde verschiedentlich erhalten, indessen gelang es nicht Salze von konstanter Zusammensetzung zu isolieren. Kupfercyanürcyanid und Dimethylamin. Es wurde ebenso verfahren, wie bei der Darstellung der methyl- aminhaltigen Verbindung beschrieben ist. Ein deutlich krystallinisches Salz konnte jedoch nicht isoliert werden. Indessen geht aus den analytischen Werten, die bei der Untersuchung der entstandenen hell- grünen Verbindung gefunden wurden, hervor, daß die letztere -i Mol. Dimethylamin enthält und sich somit der krystallisierten Methylamin- verbindung in der Zusammensetzung an die Seite stellt. 1. 0,2832 g lieferten 0,1144 g Cu = 40,39 %. 2. 0,2680 g verbrauchten nach Liebig 11,4 com Vio N.-AgNOs- Lösung = 22,11 % CN. 3. 0,2680 g (mit KOH versetzt und abdestilliert, Vorlage Vio X.-HCl) verbrauchten 22,4 ccm Vio N.-HCl = 37,61% NH(CH9^3. Berechnet f ür Cug (CN)« + 4 N H (CH3)2 : Gefunden : Cu = 40,18 40,39 CN = 21,90 22,11 NH(CHs)2 = 37,91 37,61 Ebenso wie vom Methylamin, ist auch vom Dimethylamin eine tief blau gefärbte Kupfercyanürcyanid Verbindung darstellbar, deren Zusammensetzung sich nicht mit Sicherheit ermitteln ließ, da die Analysendaten, die bei der Untersuchung der auf verschiedene Weise erzielten Niederschläge festgestellt wurden, in großen Grenzen schwankten. Immerhin enthält die blau gefärbte Verbindung mehr Dimethylamin als die grüne. 42 J. Katz: Coffeingehalt des Kaffeeaufgusses. Kupfercyanürcyanid und Trimethylamin. Es wurde ebenso verfahren, wie bei der Darstellung der Methyl- aminverbindung erörtert ist. Trimethylamin lieferte wie das Dimethyl- amin keine krystallisierte Verbindung, sondern nur ein amorphes, blasses grünlichblaues Salz. 1. 0,5312 g lieferten 0,1912 g Cu = 35,S9 % Ca. 2. 0,3880 g verbrauchten nach Lieb ig 14,4 ccm Vio N.-AgNOg- Lösung = 19,29 % CN. 3. 0,3880 g (mit KOH destilliert, Verlage Vio N.-HCl) verbrauchten 29,1 ccm Vio N.-HCl = 44,28 % N(CHb)8. Berechnet für Cug (CN)« + 4 N (CH3)8 : Gefunden : Cu = 35,94 35,99 CN = 19,59 19,29 N(CH3)8 = 44,46 44,28 Die gelegentlich isolierten, mehr Trimethylamin enthaltenden, teils heller, teils dunkler blau gefärbten amorphen Niederschläge besaßen keine konstante Zusammensetzung. Mitteilung aus dem pliarmazeutiscli-chemisclien Laboratorium von Dr. W. Schwabe -Leipzig. Der Coffeingehalt des als Getränk iDenutzten Kaffeeaufgusses. Von J. Katz. (Eingegangen den 16. XII. 1903.) Bei der allgemeinen, ja man kann wohl sagen uneingeschränkten Verbreitung, den der Genuß des Kaffees als Getränk in allen Volks- schichten, namentlich in Deutschland, gefunden hat, ist es in Anbetracht der ihm von ärztlicher Seite zugeschriebenen Schädlichkeit, welche neben anderen Stoffen vor allem auf das in ihm enthaltene Coffein zurückgeführt wird, von großem hygienischen Interesse, die Menge des Coffeins kennen zu lernen, welche bei der Bereitung des Kaffee- getränkes in dieses übergeht und dann nach dem Genuß seine Wirkung im menschlichen Körper entfalten kann. Es sind deshalb schon häufig Coffeinbestimmungen im gebrannten und gekochten Kaffee ausgeführt, man kann aber allen den bislang veröffentlichten Bestimmungen nur einen bedingten Wert beimessen, da die Methoden, welche bei diesen Untersuchungen zur Anwendung gelangten, nicht einwandsfrei sind. J. Katz: Coffeingehalt des Kaflfeeaufgusses. 43 Einesteils entgingen kleine Mengen Coffein der Bestimmung, anderen- teils und zwar der häufigere Fall, wurde ein oft sehr unreines Coffein gewogen. Dieser letztere Fehler kommt beim gebrannten Kaffee wie auch bei dem daraus hergestellten Getränk in erster Linie in Betracht, da beim Rösten des Kaffees große Mengen karamelisierter Stoffe gebildet werden, die wegen ihres dem Coffein in Bezug auf die Löslich- keit sehr ähnlichen Verhaltens nur sehr schwer von diesem Stoff entfernt werden können. Da es mir nun gelungen ist, eine Methode der Coffei'nbestimmung zu finden, welche die oben gerügten Fehler völlig vermeidet, so unter- nahm ich es gern, die diese Frage betreffenden Untersuchungen für die vom Kaiserlichen Gesundheitsamt herauszugebende Denk- schrift über Kaffee auszuführen. Ueber meine Methode der Coffei'n- bestimmung habe ich ausführlicher auf der Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Karlsbad*) sowie in den Berichten der deutschen pharmazeutischen Gesellschaft^) berichtet. In der mittlerweile erschienenen Denkschrift des Kaiserlichen Gesundheits- amtes sind die Mittelwerte meiner Bestimmungen bereits aufgenommen, und ich werde im folgenden kurz über meine Untersuchungen und die hierbei erhaltenen Analysenresultate berichten, aus denen obige Mittel- werte gewonnen sind, und welche also als Unterlage für die in der erwähnten Denkschrift^) gezogenen Schlüsse gedient haben. Der zu den Versuchen verwandte Kaffee wurde in geröstetem und gemahlenem Zustande von der Firma Pötsch in Leipzig zum Preise von 1,60 M für das Pfund bezogen. Er entsprach einem durch Sieb 4 des Deutschen Arzneibuches geschlagenen Pulver und war frei von staubförmigen Bestandteilen. Die Bestimmung des Coffeins im gebrannten und gemahlenen Kaffee geschah auf folgende Weise: 10,0 des Pulvers werden mit 200,0 Chloroform und 10,0 Ammoniak eine halbe Stunde lang in der Schüttelmaschine geschüttelt. Nach dem Absetzen werden durch ein S and er' sches Zigarettenfilter 150,0 Chloroformlösung abfiltriert und das Chloroform abdestilliert. Der Rück- stand wird mit 10 ccm Salzsäure von 0,5% und einigen Kubikzentimetern Aether übergössen, der Aether nach Zusatz von ca. 0,5 festem Paraffin im Wasserbade weggekocht und die Flüssigkeit bis zum völligen Schmelzen des Paraffins erwärmt. Nach dem Erkalten wird die Flüssigkeit durch ein genäßtes Filter filtriert, der Rückstand noch 1) Verh. d. Ges. d. Naturf. u. Aerzte, 74. Vers., II. Teil, S. 664. 2) Ber. d. d. pharm. Ges., XII, 1902, Heft 7, S. 250— 257. 8j Der Kaflee. Gemeinfaßliche Darstellung der Gewinnung etc. Berlin. Jul. Springer. 1903. 44 J. Katz: Coffeiagehalt des Kaffeeaufgusses. zweimal mit je 10 ccm Salzsäure von 0,5% erwärmt und die Flüssig- keit nach jedesmaligem Erkalten zu dem ersten Filtrat filtriert. Die vereinigten Flüssigkeiten werden alsdann im Katz 'sehen Perforator zwei Stunden lang mit Chloroform extrahiert, darauf das Chloroform verdampft uud der Rückstand als Roh- Coffein gewogen. Das Roh -Coffein wird auf dem Wasserbade in 10 ccm Wasser gelöst (unter Zugabe von einigen Tropfen Aether, die man wieder wfgkochen läßt), die heiße Flüssigkeit mit 3 ccm einer Aufschüttelung von Bleihydroxyd in Wasser (1 : 20) versetzt und weitere 10 Minuten erwärmt. Darauf wird die trübe Mischung in der Wärme mit ca. 0,2 gebrannter Magnesia versetzt, zum Erkalten hingesetzt, filtriert und mit Wasser nachgewaschen. Das Filtrat wird von neuem im Katz 'sehen Perforator zwei Stunden lang mit Chloroform extrahiert, das Chloroform abdestilliert und das Coffein, das nur noch sehr schwach gefärbt ist, als Rein -Coffein gewogen. Von der angewandten Kaffeeprobe wurden dreiCoffeinbestimmungen ausgeführt, die folgende Werte ergaben: Roh - Coffein Rein - Coffein I. 1,35% 1,24% II. 1,35% 1,27% III. 1,31% 1,26%. Aus diesem Kaffee wurden auf drei verschiedene Art und Weisen je fünf Proben Kaffee gekocht und zwar 1. zwei Proben mit destilliertem Wasser, 2. zwei Proben mit Leipziger Wasserleitungswasser, 3, eine Probe m.it Leipziger Wasserleitungswasscr, dem auf 1 l Wasser 1 g Natriumbikarbonat zugesetzt war, eine Praxis, die in vielen feinen Kaffeehäusern geübt wird. Zu allen diesen Proben wurden 15 g (ein Lot) Kaffee auf 300 g Wasser (zwei kleine Tassen) genommen und in jedem Falle die Menge des erhaltenen Getränkes dem Gewicht nach festgestellt. Die Bestimmung des Coffeins geschah in dem sorgfältig gesammelten und eventuell zusammen mit dem Papierfilter getrockneten Rückstand, dem sogenannten Kaffeesatz, in genau derselben Weise wie oben für das Kafteepulver angegeben ist. In den KaÖ'eeaufgüssen wurde das Coffein in analoger Weise folgendermaßen bestimmt: Der klare Kaffeeaufguß resp. ein gewogener Teil desselben wird auf dem Wasserbade eingedampft bis auf wenige Kubikzentimeter, der Rückstand nach Zusatz von 2 ccm Ammoniak mit Wasser in den Katz 'sehen Peribrator gespült und zwei Stunden lang mit Chloroform extrahiert. Das Chloroform wird abdestilliert und der Rückstand als Roh-Coffein gewogen. J. Katz: Coffeingohalt des KaiTeeaufgusscs. 45 Das Roh-Coftein wird in 10 com Wasser gelöst, auf dem V/asser- bade mit 8 ccm einer Aufschüttelung von Bleihydroxyd in Wasser (1 : 20) versetzt und 10 Minuten lang ervvJirmt. Dann werden ca. 0,2 gebrannte Magnesia zugesetzt, die Flüssigkeit nach dem Erkalten filtriert und mit Wasser nachgewaschen. Das Filtrat wird in den Katz 'sehen Perforator gebracht, zwei Stunden lang mit Chloroform extrahiert, das Chloroform abdestilliert und der Rückstand als Rein-Cofifein gewogen. Wie ich schon auf der Karlsbader Naturforscher- Versammlung heivorhob, gelingt es nicht, aus den alkoholischen Tinkturen das Coffein in derselben Reinheit wie direkt aus den Drogen zu isolieren. Dasselbe ist nun auch bei den mit kochendem Wasser bereiteten Kaflfeeauszügen der Fall. Das hieraus hergestellte Coffein ist stets einen bedeutenden Stich dunkler gefärbt als das aus den Kaffee- bohnen direkt gewonnene. Das heiße Wasser löst jedenfalls gerade so wie der Alkohol einige Farbstoffe auf, welche, solange sie noch nicht gelöst waren, vom Chloroform auch nicht gelöst werden, sobald sie jedoch einmal in Lösung überführt sind, auch in die Chloroformlösung übergehen. Hierdurch erklärt sich auch wohl der hohe Coffeingehalt, welcher nach den untenstehenden Tabellen in einigen Kaffeeauszügen gefunden wurde, und der einem höheren Coffeingehalt in den Kaffee- bohnen entsprechen würde, als in den letzteren wirklich festgestellt war. Um ein Bild auch von der sonstigen Beschaffenheit der Kaffee- auszüge zu erlangen, wurde von sämtlichen Proben das spezifische Gewicht festgestellt und das Extrakt durch Eindampfen von 20 ccm Kaffeeauszug auf dem Wasserbade und halbstündiges Trocknen des Rückstandes bei 105° im Glyzerintrockenschrank bestimmt. Kaffee mit Hilfe des Kaffeetrichters von Gebr. Arndt in Quedlinburg (kleinste Nummer) hergestellt. 15,0 gerösteter und gemahlener Kaffee werden im Arndt'schen Trichter lege artis mit 300,0 kochendem Wasser Übergossen und das Filtrat in einem tarierten Becherglas^aufgefangen. 1 ^ o Roh- Coffein Rein-Cof fein d Probe ! i 1 tH SS 1 1 Gramm Prozent Gramm SU ^ CO Ext Pro im Filtrat .§11 P5 u, im Filtrat im Extrakt a| .2 S * 1. dest.Wasser|:269 1,005 3,69 1.37 0,25610,0184 0,0744 5,43 0,200 0,0123 0,2123 2. „ „ 1:270 1,005 3,73 1,38 0,242 0,0112 0,0770 5,56 0,208 0,0C53 10,2133 3. Leitgs.-„ ! -271,51.005 3,72 1,37 0,250 0,0C'91 0,07cO 5,55^0,206 0,00641 0,2124 4. „ „ |,270 1,005 3,78 1,40 0,257 0,0104 10,0778 5,56 0,210 0,0053 [0,2153 5. O,l%NaHC03 272 1,006 4,05 1,49 0,278 0,0128 0,0782 5,25 0,213 0,0069 0,2199 46 J. Katz: Coffeingehalt des Kaffeeaufgusses. Es wurden also im Mittel 270,5 Filtrat mit 0,207 Coffein er- halten. Wiedergefunden "warden im Filtrat + Rückstand im Mittel 0,2146 Coffe'in, die einem Coffe'ingehalt der Kaffeebohnen von 1,43% entsprechen "würden. Da nach den hier gefundenen Gesamt- Rein- Coffe'in die angewandten 15,0 Kaffee 0,2146 Coffein enthalten müßten, so entspricht der Coffeingehalt der Filtrate einer Ausnutzung von 98,5% im Mittel. Kaffee nach Vorschrift des Deutschen Arzneibuches infundiert (Brüh-Kaffee). 15,0 gerösteter und gemahlener Kaffee werden in einem tarierten Becherglase mit 300,0 kochendem Wasser übergössen, 5 Minuten lang im kochenden Wasserbade bedeckt hingestellt und nach dem Erkalten filtriert. Die Filtration "wnirde bei Probe No. 1 durch ein gewöhn- liches Filter, bei den Proben No. 2 — 5 mit Hilfe des Katz 'sehen Saugtrichters ^) bewirkt. Probe gl ^ o 02 "^ 1 Roh-Goffe"iQ Rein-Coffe'in ^ ? , ■^ S Gramm Prozent Gramm IoIäM a||| a| a| aj all 1 iS «'S; s ^ s «" Gesamt- Reln-Coffein Gramm 1. dest.Wasser 2. „ „ 3. Leitgs.- „ 4. 5. 0,l%NaHCÖ3 260 285 281 282 281 1,004 1,004 1,004 1,004 1,005 3,27! 1,26 0,163 0,0519 0,0578 4,59 3,57' 1,25 0,204 0,0371 0,0620 4,96 3,46 1,23 0,194 0,0376; 0,0608 4,95 3,52 1,25 0,199 0,0371'0,0622 4,98 3,91 1,39 i 0,207 0,0403 0,0644 4,63 0,150 0,177 0,171 0,175 0,181 0,0538! 0,2038 0.0304 0,2074 0,0307 0,2017 0,0296 0,2046 0,0315 0,2125 Es wurden also nach Ausschluß der No. 1 im Mittel 282,3 Filtrat mit 0,176 Coffein erhalten. Wiedergefunden wurden im Filtrat + Rück- stand im Mittel 0,2065 Coffein, die einen Coffeingehalt der Kaffee- bohnen von 1,38% entsprechen würden. Da nach dem hier gefundenen Gesamt-Rein- Coffein die ange- wandten 15,0 Kaffee, 0,2065 Coffein enthalten müßten, so entspricht der Coffe'ingehalt der Filtrate einer Ausnutzung von 85,2 im Mittel. Kaffee durch Aufgiessen auf ein in einem gewöhnlichen KaflTeetrichter befindliches Papierfiiter bereitet. 15,0 gerösteter und gemahlener Kaffee werden in einem mit Filtrierpapier ausgekleideten gewöhnlichen Kaffeetrichter mit 300,0 kochendem Wasser übergössen und das Filtrat in einem tarierten Becherglase aufgefangen. 1) Chem.-Ztg. XXVI., 1902, S. 356. J. Katz: CoflFeiagehalt des Kaffeeaufgasses. 47 &c Roh-Coffeio Rein-Coffein a Probe 2 s tO i> -i ^ ^ S Gramm Prozent Gram m iS 3 U a a No. ä 2 So pez. bei 1 loilllsl m Uck- and m Itrat a * .s •« m Itrat im Ick- and Gesa ein-C Grat OD ! i^ «-I £ '£ « - 1 « 1. dest Wasser 279 1,003 2,28 0,817! 0,181 0,0911 0,0386 4,74 0,108 0,0738 0,1818 2- n n '273 1,003 2,16 0,790 0,127 0,0928 0,0344 4,36 0,0939 0,0796 0,1735 3. L€itgs.-„ 27011,003 2,33 0,865 0,141 0,0987 0,0436 5,04 0,118 0,080410,1984 4. „ „ 1 277 1 1,003 2,34 0,846 0,141 0,0896 0,0412:4,88 0,114 0,078410,1924 5. O,l%K»HC03 271 1,004 2,95 1 1,087 0,158 0,0776 0,0506; 4,66 0,137 0,063210,2002 Es werden also im Mittel 274,0 Filtrat mit 0,1142 Coflfein erhalten. Wiedergefunden wurden im Filtrat + Rückstand 0,1893 Coffein im Mittel, die einem Coffeingehalt der Kaffeebohnen von 1,2(3% entsprechen. Da nach den hier gefundenen Resultaten die angewandten 15,0 Kaffee 0,1893 Coffein enthalten müßten, so entspricht der Coffein- gehalt der Filtrate einer Ausnutzung von 60,3 % im Mittel. Aus den vorstehenden Resultaten lassen sich folgende Schlüsse ziehen : Die Ausnutzung des Kaffees ist, was den Coffeingehalt anlangt, bei Anwendung des Arndt 'chen Trichters die beste und kommt mit 90,5 % einer fast völligen Erschöpfung des Kaffees gleich. Darauf folgt der nach Art der Infusa bereitete Brüh- Kaffee mit 85,2 % und zuletzt der durch ein gewöhnliches Kaffeefilter gegossene Kaffee mit G0,3%. Ziemlich parallel mit den Coffeingehalten gehen die Extraktgehalte der Kaffeeaufgüsse, was am besten aus den Verhältniszahlen dieser beiden Größen (Coffeinprozent im Extrakt) hervorgeht. Die Ausbeute an Coffein und Extrakt ist bei Anwendung von destilliertem Wasser und von Leipziger Leitungswasser ungefähr die gleiche *). *) Kürzlich ist von P. Leschtscheako eine Untersuchung ver- öffentlicht über den Einfluß der Härte des Wassers auf den Teeaufguß. (Farmazeft 1903, XI, 1234; d. Chemisches Repertoriam 1903, XXYII, No. 22 S. 315.) Derselbe hat gefunden, daß der Coffeingehalt des Teeaufgusses geringer wird, wenn man zur Bereitung künstlich mit Gips resp. Aetzkalk hart gemachtes Wasser anwendet. Hierbei worden aber Härtegrade in An- wendung gebracht, die im allgemeinen in der Praxis wohl nicht vorkommen (bis zu 30"). Dagegen beeinflußte ein mit entsprechenden Mengen Magnesium- sulfat , Kochsalz und Natriumsulfat versetztes Wasser ebenso wie auch Soda- zusatz die Ausbeute an Coffein bei der Bereitung des Teeaufgusses nicht wesentlich, was sich also mit meinen Befunden beim Kaffee deckt. Das von mir benutzte Leitungswasser besaß eine Gesamthärte von 7,14", eine temporäre von 2,240, und eine bleibende Härte von 4,90°. Nur die bleibende ifärte könnte überhaupt einen Einfluß bei der Kaffee- resp. Teebereitung ausüben. 48 J. Gadamer: Rechtsdrehendes sec. Butylamin. Durch Zusatz eines Alkalis (Xatriumbikarbonat) ist eine nur unbedeutend bessere Extraktion des Coffeins zu erzielen. Rechnet man den Inhalt einer Tasse zu 150 com, so darf man bei dem geringen Schwanken des Coffeingehalts der Kaffeebohnen annehmen, daß eine Tasse im Arndt 'sehen Trichter oder durch Auf- brühen bereiteten Kaffees ca. 0,1 g Coffein enthält. Da nun die gröUte Einzelgabe nach dem Deutschen Arzneibuch 0,5 g Coffein und die größte Tagesdosis 1,5 g Coffein beträgt, so würde dann ein Höchst- konsum von fünf Tassen Kaffee für die Mahlzeit resp. von fünfzehn Tassen Kaffee für den ganzen Tag entsprechen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, daß bei gewohnheitsmäßigem Kaffeegenuß eine kumulierende Wirkung durch das Coffein ausgeübt werden kann, ■weshalb ja auch Böhm^) vor einer längere Zeit fortgesetzten Darreichung des Coffeins als Arznei warnt. Es sind daher die für das Coffein als Heilmittel in vereinzelten Gaben festgesetzten Maximal- dosensätze nicht ohne weiteres auch auf den Kaffee für Genußzwecke zu übertragen. Für diesen letzteren Gebrauch sind vielmehr die Maximaldosen ganz erheblich kleiner anzunehmen, wenn nicht eine chronische Kaffee Vergiftung eintreten soll. Ueter rechtsdrehendes sec. Butylamin. 2. Mitteilung. Von J. Gadamer. (Eingegangen den 12. XL 1903.) In meiner ersten Mitteilung^) über rechtsdrehendes sec. Butylamin habe ich gezeigt, daß sich aus dem Löfi'elkrautöl (= d. sec. Butylsenföl) durch Reduktion mit Zinkstaub und verdünnter Schwefelsäure in ver- dünnter, alkoholischer Lösung ein rechtsdrehendes sec. Butylamin dar- stellen läßt. Dasselbe besitzt im Gegensatz zum Ausgangsmaterial eine sehr geringe optische Aktivität, nämlich [«Jd nur =-{-6,42'', während das Chlorhydrat sogar linksdrehend ist; und zwar wurde für dasselbe [«]d = — 2,05° ermittelt. Ich habe dieses Butylamin in dieser Arbeit als ein sehr geeignetes Material für eingehende J->tadien auf dem Gebiete der optischen Isomerie bezeichnet und weitere Arbeiten über diesen Gegenstand in Aussicht gestellt. Dieselben sollten sich 1) Ber. d. d. pharm. Ges. XII, 1802, Heft 7, S. 255. 2) Böhm, Arzneiverordnungslehre 1891, S. 250. 3) Dieses Archiv 239, 283-94 (1901). J. Gadamer: Rechtsdrehendes sec. Butylamin. 49 zunächst auf das Butylamin selbst erstrecken. In meiner Arbeit über das LöffelkrautöP), bei der ich ebenfalls bereits zum rechtsdrehenden Butylamin zu gelangen suchte, hatte ich bei den verschiedenen Methoden der Ueberfilhrung eines Senföles in die entsprechende Amin- base sec. Butylamin erhalten, das in salzsaurer Lösung nicht oder doch höchstens ganz schwach links drehte. Ich schloß daraus auf ein- getretene Racemisierung. Ferner hatten die Goldsalze, die von dem bei verschiedenen Methoden dargestellten Butylamin bereitet wurden, stark abweichende Schmelzpunkte. Endlich war mir die Spaltung des synthetischen sec. Butylamins mit Hilfe von Milchsäure, Brom- kampfersulfosäure und Weinsäure nicht gelungen. Diese offenen Fragen sollte, wie a. a. 0. erwähnt, Herr TJrban in einer eingehenden Studie zu beantworten suchen. Wie aber z. T. aus der nachstehenden Arbeit ersichtlich ist, ist ihm das nur zum Teil gelungen, indem er hat nachweisen können, daß in der Tat beim Erhitzen das sec. Butyl- senföl eine ziemlich weitgehende Racemisierung eintritt; ob dies auch beim Erhitzen mit Wasser im Druckrohr der Fall ist, hat er jedoch nicht entscheiden können, da bei den zahlreichen Versuchen das vom Butylamin stark korrodierte Glas dem inneren Druck nicht zu wider- stehen vermochte. Das Goldsalz hat Herr ürban nicht im krystallisierten Zustande erhalten können. Da ich aber inzwischen selbst die Ursache für die Abweichung in den Schmelzpunkten bei den verschiedenen Präparaten in der Fähigkeit des Butylamins, anormal zusammengesetzte Goldsalze zu bilden, erkannt hatte, habe ich diesen Punkt nicht weiter verfolgen lassen. Von einer Mitteilung der Analysen sehe ich daher auch jetzt ab. Endlich haben auch die Spaltungs versuche des Herrn Urban kein Resultat gehabt oder richtiger vielleicht, er hat ebenso wie ich seiner Zeit infolge der geringen Aktivität des Butylamins und der geringen Empfindlichkeit des zur Zeit der Ausführung dieser Versuche uns zur Verfügung stehenden Polarisationsapparates die eingetretene Spaltung übersehen. Inzwischen ist nämlich von anderer Seite ^) die Spaltung mit Wein- säure realisiert worden und nach der Beschreibung, welche L. G. Thome von dem Aeußeren der Tartrate gibt, zweifle ich nicht daran, daß auch wir die beiden Tartrate in den Händen gehabt haben. Nur haben wir unter wesentlich ungünstigeren Verhältnissen gearbeitet, nämlich immer nur mit wenigen Grammen, während L. G. Thome 65 g in Arbeit genommen hat. Diese Mitteilung hat nicht den Zweck, i; Dieses Archiv 237, 92—105 (1899). 3) L. G. Thomd: Ueber die optisch aktiven Formenjdes sekundären Butylamins. Her. 36, 582—84 (1903). Arch. d. Pharm. CCXXXXII. Bds. 1. Heft. 4 50 J. Gadamer: Rechtsdrehendes sec. Butylamin. die Verdienste des Herrn Thome in irgend welcher Weise herab- setzen zu sollen, sie soll nur die Erklärung für unsere mit großer Sorgfalt, aber ungenügendem Material ausgeführten, erfolglosen Ver- suche sein. Die Eigenschaften des von Thome dargestellten Butylamins weichen etwas von denen ab, welche ich für das d. sec. Batylamin aus Löffelkrautül ermittelt hatte, wie aus der nachstehenden Tabelle ersichtlich ist. [o]d Dach Gadamer nach Thome d. sec. Butylamin + 6,42° + 7,440 „ „ in 5,2196% Lsg. + 4,060 — Chlorhydrat „ 7,285 „ „ — 2,05« — . 14 „ „ - - 1,130. Aus der Tatsache, daß mein sec. Butylamin schwächer nach rechts dreht, in der Form des Chlorhydrats aber stärker nach links, schließt Thome, daß mein d. sec. Butylamin noch durch eine links- drehende Substanz verunreinigt gewesen sei. Die Möglichkeit liegt allerdings vor; doch glaube ich eher, daß für die Verschiedenheit der Zahlen wiederum die Unemptindlichkeit des damals benutzten Apparates verantwortlich zu machen ist. Für das Chlorhydrat erscheint mir das ziemlich sicher, obwohl auch die Tatsache mitsprechen dürfte, daß Thome in doppelt so starker Konzentration gearbeitet hat. Für die freie Base käme vielleicht in Betracht, daß mein sec. Butylamin trotz der Behandlung mit Natrium noch Wasser enthalten hat. Daß die Gegenwart von Wasser den Wert für [o]d aber herabdrückt, geht aus den oben angegebenen Zahlen ohne weiteres hervor. Aus dem gleichen Grunde ist es aber wohl möglich, daß das Chlorhydrat in verdünnter Lösung stärker nach links dreht, als in konzentriertere. Ich halte es daher für notv/endig, gelegentlich die Werte für [oJd unter verschiedenen Bedingungen noch einmal zu bestimmen. Meine erste Abhandlung über das rechtsdrehende sec. Butylamin hat sich sodann weiter mit einigen Thioharnstoffderivaten beschäftigt. Die damit gemachten Erfahrungen standen zum Teil im Widerspruch mit den Gesetzmäßigkeiten, welche man für optische Aktivität hat auffinden können; eine Verwertung der gefundenen Daten habe ich jedoch mit Rücksicht auf die UnvoUkommenheit des benutzten Apparates nur in bescheidenem Umfange vornehmen können. Ich habe daher Herrn Urban sein Hauptaugenmerk auf die Thioharnstoflfe und Harnstoffe richten und an einer großen Zahl derartiger Ver- bindungen das spezifische Drehungsvermögen bestimmen lassen, wobei auch die bereits von mir untersuchten Verbindungen nachkontrolliert worden sind. Dabei hat sich nun ergeben, daß in der Tat die Werte J W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -IlarnatoflFe. 51 zum Teil einer Korrektur bedürfen, daß aber die damals schon von mir ausgesprochene Ansicht über den Wert oder Unwert der bis dahin ermittelten Gesetzmäßigkeiten bei optisch aktiven Körpern nicht nur volle Bestätigung gefunden hat, sondern zum Teil sogar noch übertroffen wird, derart, daß eine Gesetzmäßigkeit, die ausnahmslose Geltung hätte, überhaupt nicht beobachtet worden ist. üeber die Einzelheiten wird ausführlich in der nachstehenden Arbeit des Herrn Urban berichtet werden. Ueber alkylierte d-Butyl-Thioliarnstoffe und -Harnstoffe. (Ein Beitrag" zur Kenntnis der Abhängigkeit des optischen Drehungsvermögens organischer Substanzen von den vier mit dem asymmetrischen Kohlenstoffatom verbundenen Atomen oder Atomgruppen.) Von Dr. TV. Urban >). Nachdem durch Le Bei und van t'Hoff festgestellt war, daß die optische Aktivität organischer Körper bedingt ist durch das Vorhandensein eines oder mehrerer asymmetrischer Kohlenstoffatome, wandte sich das Interesse naturgemäß der Frage zu, ob und inwieweit der Grad des Drehungsvermögens dieser optisch aktiven Körper durch das relative Gewicht der vier verschiedenen, mit dem asymmetrischen Kohlenstoffatome verbundenen Atome und Atomgruppen bedingt ist. Es sind nach dieser Richtung zahlreiche Versuche von den verschiedensten Forschern ausgeführt, und eine Reihe von Hypothesen sind infolge dieser Untersuchungen aufgestellt worden, unter denen besonders die Guy e 'sehe Hypothese bemerkenswert ist. Obwohl nun diese Guye'sche Hypothese in einer ganzen Reihe von Fällen sich als zutreffend erwies, so steht sie andererseits doch mit vielen Tatsachen im Widerspruch. Es sind, um diese Widersprüche zu klären, und um eventuell ausreichende Theorien aufstellen zu können, zahlreiche Untersuchungen ausgeführt , ohne daß es bisher gelungen wäre , sichere und ausnahmslos zutreffende Regeln aufzustellen; ja es dürfte sogar, wie Landolt 1) Aaszug aus der von der philosophischen Fakultät Marburg am 19. Dezember 1902 angenommenen Dissertation des Verfassers. 4* 52 W. Urban: Butyi-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. meint, „wegen der Kompliziertheit des Phänomens nicht möglich sein, die numerische Relation zwischen Drehung und atomistischem Bau der Moleküle jemals aufzudecken"')- Bisher hat man , besonders auf Grund der Untersuchungen , welche an Estern optisch aktiver Säuren oder Alkohole oder beider zusammen angestellt wurden, folgende ganz allgemein gehaltene Sätze aufstellen können^). 1. Bei isomeren Verbindungen sind Gesetzmäßigkeiten kaum festzustellen. Nur hat unter den stereoisomeren Körpern die fumaroide Form eine höhere Molekularrotation aufzuweisen als die maleinoide. 2. Bei homologen Estern nehmen die Werte für die Molekular- rotation [M] teils zu, teils ab. 3. Beim üebergang einer einfachen Bindung in eine doppelte findet eine Erhöhung*) von [M] statt, beim Üebergang der doppelten in eine dreifache eine Erniedrigung. Aehnlich wie die doppelte Bindung wirkt der Ringschluß. Bei den laktonbild enden Säuren der Zucker- gruppe ist [M] stets kleiner als bei den zugehörigen Laktonen. Beim üebergang der zweibasischen Säuren in die Anhydride nimmt [Mj bald zu, bald ab. 4. Sind in einem Molekül mehrere asymmetrische Kohlenstoff- atome, so wird die Rotations Wirkung jeder einzelnen optisch aktiven Gruppe durch die andere nicht beeinflußt. Die Gesamtdrehung ist daher das Additions- resp. Subtraktionsprodukt der Einzeldrehungen, je nachdem sie das gleiche oder entgegengesetzte Vorzeichen hatten. 5. Die Guye'sche Hypothese vom Asymmetrieprodukt findet keine Bestätigung. Diese Mangelhaftigkeit unserer Kenntnis von der Abhängigkeit des Drehungsvermögens optisch aktiver Körper von ihrem atomistischen Bau läßt es wünschenswert erscheinen, möglichst viel Material zu sammeln, an welchem die Frage studiert werden kann. Gute Dienste mußte hierbei ein optisch aktiver Körper leisten, der fähig wäre, möglichst viele einfache Reaktionen einzugehen, ohne daß die Asymmetrie des Kohlenstoffatoms aufgehoben würde. 1) Landolt, Opt. Drehungsv. erg. Subst, S. 273. 2) Landolt, Opt. Drehungsv. org. Subst., S. 252—273. *) Anm. Durch die wertvollen Arbeiten von HansRupe im Verein mit seinen Schülern (Annalen 327, 157) erfährt dieser Satz dahin eine Ein- schränkung, daß der Einfluß der Doppelbindung abhängig ist von der Ent- fernung vom asymmetrischen Kohlenstoffatom. Die a-ß-Stellung hat ver- stärkenden Einfluß; ß-^ scheint indifferent zu sein, während bei 7-S-Stellung sogar eine Abschwächung gegenüber dem Drehungsvermögen der gesättigten Substanz zu verzeichnen ist. J. Gadamer. W. Urban: Batyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. 63 Ein solcher Körper wurde von J. Gadamer in dem ätherischen Oele von Cochlearia ofi". erkannt, welches wie er überzeugend dartat';, fast ausschließlich aus sec. d-Butylsenföl von der Konstitution CHb I H— C-C2H5 I NCS besteht. Herr Prof. Dr. Gadamer, auf dessen Veranlassung ich die vor- liegende Arbeit in Angriff genommen habe, beobachtete dabei an dem Batylaminhydrochlorid, das er aus dem stark rechtsdrehenden Butyl- senföl gewonnen hatte, eine schwache Linksdrehung, an der freien Base eine schwache Rechtsdrehung, eine Tatsache, die geeignet ist, die Guy e 'sehe Hypothese zu stützen; denn während bei dem Butyl- senföl das relative Gewicht der vier Atomgruppen 1 : 1 5 : 29 : 58 ist, sind die Zahlen für das Amin 1 : 15 : 29 : IG. Da nach genannter Hypothese Inaktivität eintreten muß, wenn zwei Gruppen gleich werden, so läßt sich aus der geringen Differenz 15:16 der Rückgang der Drehung sehr wohl erklären. Diese interessante Erscheinung im Verein mit der Einfachheit der Struktur der optisch aktiven Butyl- gruppe und der großen Reaktionsfähigkeit des Amins und des Senf- öles gaben Anlaß zu der Hoffnung auf das Gelingen der Aufgabe, an einer großen Anzahl optisch aktiver Körper die Rotation zu unter- suchen und daraus vergleichbare Werte zu erhalten. Ich versuchte zur Lösung meiner Aufgabe, da sowohl das d. sec. Butylamin wie das d. sec. Butylsenföl wegen ihres hohen Preises nicht gerade leicht zugänglich sind, mir diese Körper zunächst aus anderem als dem gebräuchlichen Ausgangsmaterial darzustellen, und zwar das Oel aus dem Samen von Cochlearia officinalis, das sec. d-Amin aus optisch inaktivem resp. racemischem synthetisch dargestellten Amin. Der Versuch, aus den Samen von Cochlearia off. das Oel dar- zustellen, respektive in ausreichender Menge zu erhalten, schlug fehl, ich werde über denselben in einem besonderen Aufsatze berichten. Versuche zur Darstellung des d. sec. Butylamins aus synthetischem r. sec. Butylamin. Das synthetische sec. Butylamin, welches ein asymmetrisches Kohlenstoffatom enthält, zeigt naturgemäß keinerlei Drehungsvermögen. Aber es ist als selbstverständlich anzunehmen, daß das nach irgend einer Methode synthetisch dargestellte Butylamin entweder ein echter Racemkörper oder auch eine Mischung der d- und 1- Modifikation ist. 1) Arch. d. Pharm. 1901, S. 283 ff. 54 W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. In beiden Fällen muß es möglich sein, aus diesem synthetischen sec. Butylamin durch geeignete Methoden die beiden Modifikationen, das 1- und d- Butylamin oder wenigstens eine von diesen abzuspalten. Von den Methoden, welche zur Spaltung von Eacemkörpern an- gewendet werden, war in diesem Falle die mittels optisch aktiver Körper die nächstliegende, und deshalb versuchte ich die Spaltung des r-Butylamins mittels optisch aktiver Säuren. Das sec. r-Butylamin stellte ich mir aus käuflichem Aethylmethyl- keton dar, indem ich dasselbe zunächst durch Hydroxylamin in das Oxim und dieses durch Natriumamalgam in das Amin überführte H CHsCOCaHg i^ GII3CNOHC2H5 m^ CH3— C— NHa. I C2H5 Zunächst versuchte ich dieses sec. Butylamin mit d- Weinsäure zu spalten, indem ich eine Lösung von 4,1 g d- Weinsäure mit 2 g Butylamin versetzte, um so saures weinsaures Butylamin zu bilden. Die Flüssigkeit erstarrte bald zu einem Brei seidenglänzender Krystall- nadeln. Diese wurden abgesaugt, und die Mutterlauge lieferte beim Verdunsten eine ungefähr gleiche Menge Krystallnadeln. Leider erwies sich die Hoffnung, hierdurch eine Spaltung erzielt zu haben, als trügerisch'); aus den zuerst abgeschiedenen Krystallen sowohl wie aus der zweiten Krystallisation konnte durch Destillation mit Natronlauge nur inaktives Butylamin erhalten werden. Ebenso verliefen auch die Versuche, mit Chinasäure, deren Salz sehr gut krystallisiert, d - Mandelsäure und Monobromkamphersulfon- säure die Spaltung zu bewirken, resultatlos. Erst nach Abschluß der vorliegenden Arbeit berichtete L. G. Thome^) über die gelungene Spaltung des r-Butylamins mittels Weinsäure. Ich führe den negativen Ausfall meiner Versuche darauf zurück, daß ich einerseits mit zu geringen Mengen und anderer- seits mit einem unzureichenden Polarisationsapparat arbeitete; der hierbei benutzte Laurent'sche Halbschattenapparat ließ nicht so genaue Ablesungen zu wie der später gebrauchte Landolt'sche, und so kann die geringe Drehung, die bei der großen Verdünnung, in der ich beobachten mußte, nur sehr klein gewesen sein kann, übersehen worden sein. Noch ein anderer Weg stand offen, der leider zu spät betreten wurde, als daß hätte entschieden werden können, ob er zum Ziele führen würde oder nicht. Da die Spaltung, wie erwähnt, bereits 1) Vergl. meinen einleitenden Artikel. J. Gadamer. 2) Ber. 36, 582-84 (1903). W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. 66 realisiert ist, ist dieser Weg für den vorliegenden Fall ohne Interesse. Es soll jedoch darüber berichtet werden, da er vielleicht ein andermal gute Dienste leisten kann. Die Spaltung von r- Säuren ist bisher mit optisch aktiven Basen ungleich häufiger versucht und durchgeführt worden, als die Spaltung von Basen durch Säuren. Es wäre also zu versuchen gewesen, die Butylgruppe C4H9 unverändert einem Säuremolekül einzuverleiben. Zu diesem Zwecke wurde versucht, durch Erhitzen des sauren Oxal- säuren Butylamins die Butyloxaminsäure zu gewinnen: COOH.NHaCiHo CO-NH-CiHb I =1 + HjO. COOH COOK Diese Säure konnte vielleicht durch aktive Basen leichter gespalten werden, als vorher die Base durch aktive Säuren. Die Methode erinnert in gewisser Beziehung an die von E. Fischer') mitgeteilte, um racemische Amidosäuren von schwach saurem Charakter durch Benzoylierung in stärkere Säuren überzuführen, welche mit optisch aktiven Basen leichter zu Salzen sich vereinigten, als die ur- sprünglichen Säuren. Aus den Salzen der Butyloxaminsäure sollten hiernach die optisch aktiven Säuren und aus diesen wieder die Amine gewonnen werden. Der Versuch wurde in folgender "Weise ausgeführt: Racemisches Butylamin wurde mit Oxalsäure neutralisiert und mit weiteren 5 Molekülen Oxalsäure versetzt. Das Gemisch wurde in einen Kolben gebracht, in dessen Hals mittels eines durchbohrten Korkes ein zweimal rechtwinkelig gebogenes Glasrohr befestigt war. Der abwärts gebogene Schenkel tauchte ca. 40 — 45 cm tief in einen mit Quecksilber gefüllten Zylinder ein. Nun wurde der Kolben im Oelbade auf 180° erhitzt; an dem in das Quecksilber getauchten Rohr- schenkel wurde dabei das Auftreten von Ameisensäure konstatiert. Das Reaktionsprodukt wurde zur Entfernung von unzersetzter Oxal- säure mit Calciumkarbonat behandelt; die wässerige, alkalisch ge- machte Lösung wurde von dem trotz SäureüberschuU gebildetem Butyloxamid _; CO-NH-CiH, 1 CO-NH-CiIIo durch Perforation mit Aether befreit. Die Flüssigkeit wurde hieraut sauer gemacht und ihr durch Perforation mit Aether die Butyl- oxaminsäure entzogen. Die aus der ätherischen Lösung erhaltenen, fast weißen Krystalle zeigten den Schmelzpunkt 88 — 89°. 1) Ber. 32, 2451 flf. 56 W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. 0,1570 g Subst.: 0,2843 g COg, 0,1130 g HgO. Berechnet für CeHnOgN: Gefunden: C 49,6 49,4 H 7,6 7,9. Von dieser Säure wurde je eine Probe mit Strychnin und Chinin neutralisiert. Aus der Lösung des Strychninsalzes schieden sich deutlich zwei Arten Krystalle aus; ob es nun das d- und 1-Salz, oder das r-Salz und eins der beiden andern war, konnte nicht entschieden werden, aber daß überhaupt zwei verschiedene Arten erhalten wurden, läßt vermuten, daß auf diesem Wege die Spaltung möglich ist. Nachdem die Versuche, das d-Butylamin aus dem r-Butylamin zu gewinnen, gescheitert waren, ging ich dazu über, diesen Körper aus dem d-Butylsenföl darzustellen. Versuche zur Darstellung von d-Butylamin aus d-Butylsenföl. Das zu diesen, wie zu allen folgenden Versuchen benutzte Oel stammte aus der Fabrik ätherischer Oele von Schimmel & Co. in Miltitz. Durch Vermittelung des Herrn Professor Dr. Gadamer er- hielt ich von der erwähnten Firma ein größeres Quantum des Löffel- krautöles zur Verfügung gestellt, wofür ich nicht verabsäumen will, an dieser Stelle meinen Dank auszusprechen. Das Drehungsvermögen dieses Oeles betrug im 1 dm-Rohr ctD = + 55,240. Dieser Wert paßt zu den sonst angegebenen: OD = + 52,301) = + 55,450 2) = -f 52,630 bis + 55,6303) ganz gut. Von diesem Oel erhitzte ich etwa 5 g mit dem doppelten Volum Wasser im Druckrohr auf 2üü". Nach Gadamer*) sollte hierbei neben Dibutyl-Thioharnstoff ein optisch inaktiresButylamin entstehen; letzteres sollte dann daraufhin untersucht werden, ob es wirklich inaktiv war, oder ob vielleicht eine schwache Rechtsdrehung der Base oder eine solche Linksdrehung des salzsauren Salzes^) wegen Unzulänglichkeit des Polarisationsapparates übersehen worden war. Leider wurde bei diesem Versuche sowie bei späteren das Einschlußrohr zertrümmert; 1) Arch. d. Pharm. 1899, S. 96. 2) Schimmel & Co., Berichte 1899, April. 8) Schimmel & Co, Berichte 19C0, April. *) Arch. d. Pharm. 1899, S. 99 ff. 6) Arch. d. Pharm. 1901, S. 284 ff. W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. 67 die Glasmasse wurde von dem Butylamin so stark angegriffen, daß sie wie entglast aussah. Diese Frage mußte daher, da sie immerhin nebensächlicher Natur war, offen gelassen werden, da ihr nicht mehr von dem kostbaren Material geopfert werden konnte. Ich wandte jetzt ein anderes Verfahren an, indem ich 20 g Löffelkrautöl mit 80 g Salzsaure am Rückflußkühler so lange kochte, bis die Flüssigkeit homogen, und, bis auf einige Flocken, klar geworden war; dies dauerte etwa 10 Stunden, Das sehr unangenehm riechende Reaktionsprodukt wurde filtriert, eingedampft und mit Natronlauge destilliert. Die ersten Anteile des Destillats zeigten deutliche Rechts- drehung. Das gesamte Destillat wurde hierauf mit festem Natronhydrat versetzt, worauf sich das Butylamin als ölige Schicht oben abschied. Es wurde im Scheidetrichter von der Natronlauge getrennt , rektifiziert, mit Salzsäure neutralisiert und das Chlorid zur Trockne verdampft. Hiervon wurden 1,5976 g zur Herstellung einer 7,285% igen Lösung vom spez. Gewicht 1,0029 verwandt und diese Lösung wurde im 2 dm-Rohr polarisiert. Sie zeigte die Ablenkung aD^°= — 0''9'= — 0,15", woraus sich berechnet [a]v^<^= — 1,026" und [M]d2o= — 1,14°*); reines d-Butylamin hätte unter gleichen Bedingungen geben müssen [a]D^° = —2,05» und [M]d2o= - 2,27"*). Durch das Kochen mit Salzsäure war demnach eine teilweise Racemisierung eingetreten, was durch einen zweiten Versuch bestätigt wurde. Dieses Verfahren schien demnach zur Darstellung des d-Butyl- amins nicht geeignet. Ich wählte nunmehr das schon von Gadamer^) angewendete Verfahren der Reduktion mit Zink- und Schwefelsäure, da hierbei eine Racemisierung nicht eintritt, wie durch die Ueberführung des auf diese Weise gewonnenen Butylamins in das Senföl und dessen Derivate und vergleichende Untersuchung derselben bewiesen ist^). Ich löste das Oel in Alkohol, fügte Wasser zu, bis die Flüssig- keit anfing trübe zu werden, und reduzierte nun mit Zinkstaub und verdünnter Schwefelsäure C4H9NCS + 4H = C4H9NH2 + HCSH. Nach beendeter Reduktion — das Ende ist am Verschwinden des charakteristischen Senföl geruches zu erkennen — wurde vom über- *) Dieser Wert stimmt recht gut mit dem von Thomö (1. c.) für das Chlorhydrat ermittelten überein, so daß vielleicht doch, was durch neue Ver- suche festzustellen sein wird, reines d-Butylamin vorgelegen hat. J. G adamer. ») Arch. d. Pharm. 1901, S. 292. 2) Arch. d. Pharm. 1901, S. 292. 8) Arch. d. Pharm. 1901, S. 282 ff. 58 W. Urban: Batyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. schüssigen Zink, ausgeschiedenen Zinksulfat und Thioformaldehyd abgesaugt und zur völligen Entfernung des letzteren mit Aether aus- geschüttelt. Der Rückstand wurde mit Natronlauge destilliert; die ersten, an Butylamin reichsten Anteile wurden mit festem Natron- hydrat versetzt und das ölig sich abscheidende d-Butylamin wurde abgehoben, mit metallischem Natrium getrocknet und rektifiziert. Wie oben erwähnt, sollte der Zweck dieser Arbeit sein, durch Ersatz einer der 4 G-ruppen am asymmetrischen Koblenstoffatom des Butylsenföls durch andere eine Reihe von teils homologen, teils analogen Körpern darzustellen und ihre optischen Eigenschaften zu vergleichen. Es wurden zu diesem Zwecke die aus dem Butylsenföl leicht durch Einwirkung von Aminbasen darstellbaren Thioharnstoffe und die wiederum aus diesen zu gewinnenden Harnstoffe gewählt. Die Amine wählte ich so, daß ich sowohl homologe Reihen wie auch isomere Körper, ebenso mono- und dialkylierte Butyl-Thioharnstoflfe und -Harnstoffe darstellte und verglich. Ferner suchte ich auch Material zu gewinnen, um die Wirkung von eingetretenem RingschluB zu studieren. Darstellung der alkylsubstitulerten d-Butyl-Thioharnstoffe. Diese Thioharnstoffe wurden in der Weise dargestellt, daß ich das d-Butylsenföl, gewöhnlich 5 g, in der sechsfachen Menge Alkohol löste und etwas mehr als die berechnete Menge des betreffenden Amins zusetzte. Die Reaktion erfolgte nach den Gleichungen: C4H9.NCS + NH3X = cs<55^;|4H9 C4H9.NCS -f NHXa ^ CS<|^*^4^^» C^Ha-NCS -f NHY = CS<|y*^*^® worin X ein einwertiges und Y ein zweiwertiges Radikal bezeichnet. Anfänglich erwärmte ich das Gemisch jedesmal in einem mit Steig- rohr versehenen Kölbchen auf dem Wasserbade , bis der charakteristische Senfölgeruch verschwunden war. Ich erhielt so stets mehr oder weniger dunkelgetärbte Flüssigkeiten, die sich mit Tierkohle nie völlig entfärben ließen, und daraus auch nur selten farblose Körper. Deshalb versuchte ich es in der Folge ohne Anwendung von Wärme, und wenn hier die Reaktion auch etwas länger dauerte, so erzielte ich doch be- züglich des Aussehens der Lösungen und der Krystalle bessere Resultate. Die erzielten alkoholischen Lösungen der Thioharnstoffe ließ ich zur Trockne verdampfen und krystallisierte den Rückstand aus ver- dünntem Alkohol um. W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. 69 Um möglichst brauchbares Material zu vergleichenden polari- metrischen Untersuchungen zu gewinnen, stellte ich d-Butyl-Thioharn- stoffe sowohl mit aliphatischen wie mit aromatischen Kernen dar. Als Zwischenglied zwischen beiden ist der durch Einwirkung von Piperidin auf d-Butylsenföl gewonnene Piperidyl-d-Butyl-Thioharnstoff anzusehen, da er einerseits in Bezug auf das relative Gewicht des Radikals Cs Hio der entsprechenden Amylverbindung mit dem Radikal CsHu nahe- steht, andererseits infolge seiner cyklischen Struktur sich den aroma- tischen Körpern anreiht. Ein Vergleich zwischen den Körpern] .NHC4H9 p„ /NHC4H8 CS< V^« und CS( p„ p„ \NH.CH2.CH3.CH ^^H8 CHs war daher geeignet, Rückschlüsse ziehen zu lassen auf den Einfluß, den der Eintritt des Ringschlusses auf das Drehungsvermögen ausübt. Da die Darstellungsweise der verschiedenen Thioharnstoffe stets dieselbe war, soll hier nur eine Uebersicht ihrer Eigenschaften gegeben werden. d-Butyl-Thioharnstoff. Derbe Krystalle. Schmp. 137°. 0,1968 g Subst.: 0,3276 g CO2, 0,1610 g H2O. Berechnet für C5H12N2S: Gefunden: C 45,45 45,4 H 9,1 9,15. Methyl- d-Butyl-Thioharnstoff. Prismatische Krystalle. Schmp. 84®. 0,2106 g Subst.: 0,3616 g CO2, 0,1869 g HgO. Berechnet für C8H14N2S: Gefunden: C 49,2 49,3 H 9,7 9,9. Aethyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Weiße Krystallnadeln. Schmp. 67°. 0,1032 g Subst.: 0,1970 g COg, 0,0936 g H2O. Berechnet für C7Hi8NgS: Gefunden: C 52,4 52,3 H 10,05 10,15. Dimethyl- d-Butyl-Thioharnstoff. Weiße Krystalle. Schmp. 54°. 0,1508 g Subst.: 0,2756 g COj, 0,1370 g HgO. Berechnet für C7H16N2S: Gefunden: C 52,4 52,2 H 10,05 10,2. 60 W. Urban: Butyl-TMoharnstoffe und -Harnstoffe. Propyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Perlmutterglänzende Krystallblättchen, die auch durch häufiges Umkrystallisieren nicht farblos wurden. Schmp. 53". 0,1452 g Subst: 0,2926 g COg, 0,1363 g H2O. Berechnet für CgHisNaS: Gefunden: C 55,1 55,0 H 10,3 10,5. Isopropyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Weiße Krystallnadeln. Schmp. 112—112,5». 0,1652 g Subst.: 0,3333 g CO2, 0,1565 g H9O. Berechnet für CgHiaNgS: Gefunden: C 55,1 55,0 H 10,3 10,6. Norm. d-Dibutyl-Thioharnstoff. Weiße Krystalle, aus Lösungsmitteln sich ölig in Tropfen ab- scheidend. Schmp. 32° (unscharf). 0,1570 g Subst.: 0,3293 g COg, 0,1530 g HgO. Berechnet für CgHgoNoS: Gefunden: C 57,3 ' 57,2 H 10,7 10,6. Isobutyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Aus Lösungsmitteln sich ölig abscheidend, in der Kälte zu einem gelblichen Krystallkuchen erstarrend. Schmp. 51 ° (unscharf.) 0,2406 g Subst: 0,5028 g CO2, 0,2366 g HjO. Berechnet für C9H20N3S: Gefunden: G 57,3 57,0 H 10,7 11,0. r. d.Dibutyl-Thioharnstoff. Kleine Krystalle, Schmp. 113°. 0,1832 g Subst.: 0,3850 g COg, 0,1775 g. HgO. Berechnet für C9H20N2S: Gefunden: C 57,3 57,3 H 10,7 10,9. Tert. Butyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Farblose Krystalle. Schmp. 132°. 0,1904 g Subst.: 0,4000 g COa, 0,1855 g HgO. Berechnet für C9H20N2S: Gefunden: G 57,3 57,3 H 10,7 , 10,9. W. Urban: Butyl-Thioharnstofte und -Harnstoffe. 61 Diäthyl-d-Butyl-Thioharnstotf. Feine weiße Nadeln. Schmp. 00— 60,5 ^ 0,2172 g Subst.: 0,4454 g COg,: 0,2032 g H3O. Berechnet für C9H20N3S: Gefunden: C 57,3 57,25 H 10,7 10,9. Isoamyl-d-Butyl-Thioharnsto'ff. Aus Lösungsmitteln sich ölig abscheidend, allmählich zu einem gelblichen Krystallkuchen erstarrend. Schmp. 43—44° (unscharf). 0,2246 g Subst.: 0,4875 g COg, 0,1363 g HgO. Berechnet für C10H22N2S: Gefunden: C 59,3 59,2 H 11,0 11,4. Hexyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Oelige Flüssigkeit, auch durch Kältemischung nicht zur Krystallisation zu bringen. 0,2018 g Subst.: 0,4492 g CO2, 0,2012 g HgO. Berechnet für C11H2JN2S: Gefunden: C 61,0 60,7 H 11,2 11,3. Diisobutyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Aus Lösungsmitteln sich ölig abscheidend, allmählich zu gelb- lichen Krystallkuchen erstarrend. Schmp. 33° (unschart). ^ 0,2460 g Subst.: 0,5480 g COg, 0,2519 g HgO. Berechnet für C18H33N2S: Gefunden: C 61,3 61,0 H 11,5 11,9. D'iisoamyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Oelige Flüssigkeit, auch in Kältemischung nicht erstarrend. 0,2104 g Subst.: 0,5049 g COg, 0,2276 g H2O. Berechnet für CigHßoNaS: Gefunden: C 66,2 66,0 H 11,8 12,1. Allyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Oelige Flüssigkeit, die durch Kältemischung nur vorübergehend erstarrte, jedoch nach wochenlangem Stehen bei strenger Winterkälte als gelblich- weiße Krystallmasse erhalten wurde. Schmp. 31,5 — 32° (unscharf). 0,2730 g Subst.: 0,5562 g CO2, 0,2314 g HgO. Berechnet für C8H16N2S: Gefunden: C 55,7 55,6 H 9,4 9,5. 62 W. Urban: Batyl-ThioharnstofFe und -Harnstoffe. Pentamethylen-d-Butyl-Thioharnstoff. (Piperidyl-d-Butyl Thioharnstoff.) .' Farblose Krystalle. Schmp. 114°. 0,1876 g Subst.: 0,4020 g COj, 0,2314 g HjO. Berechnet für CioHsoNgS: Gefunden: C 59,9 59,8 H 10,1 10,2. Phenyl-d-Butyl- Thioharnstoff*). Farblose Krystalle. Schmp. 88°. 0,2493 g Subst.: 0,5806 g COo, 0,1630g HjO. Berechnet für CnHigNaS: Gefunden: C 63,4 63,5 H 7,7 7,8. Benzyl-d-Butyl- Thioharnstoff. Feine weiße verfilzte Nadeln. Schmp. 58°. 0,2170 g Subst.: 0,5264 g CO2, 0,1192 g HgO. Berechnet für CiaHigNgS: Gefanden: C 66,3 66,1 H 6,0 6,2. Dibenzyl-d-Bntyl-Thiohamstoff. Aenßerlich dem vorigen gleich. Schmp. 56°. 0,1051 g Subst.: 0,2753 g CO3, 0,0739 g HgO. Berechnet für C19H34N2S: Gefunden: 73,0 73,1 H 7,7 7.8. Tetrahydrochinolyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Farblose Krystalle. Schmp. 40°. 0,2126g Subst.: 0,5264 g COj, 0,1562 g HgO. Berechnet für CiiHgoXjS: Gefunden: C 67,7 67,5 H 8,1 8,2. Tetrahydroisochinolyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Farblose Kr3'stalle. Schmp. 117°. 0,1352 g Subst.: 0,3275 g CO9, 0,1003 g HgO. Berechnet für CuHsoNgS: Gefunden: C 67,7 67,6 H 8,1 8,3. 1) Den Diphenyl-d-Butyl-Thiohamstofif suchte ich vergeblich zu er- halten, die basischen Eigenschaften des Diphenylamins sind jedoch zu schwach, als daß es auf Senföl Thioharnstoff bildend einwirken kann. W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -IlarnstoflFe. 63 a-Naphthyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Schwach rötliche, körnige Krystalle. Schmp. 13ö°. 0,2838 g Subst.: 0,7260 g COj, 0,1808 g IlaO. Berechnet für CisHigNaS: Gefunden: C 69,7 69,7 H 7,0 7,2. ß-Naphthyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Kleine, fast farblose Krystalle. Schmp. 120". 0,1892 g Subst.: 0,4832 g COa, 0,1200 g HjO. Berechnet für CisHigNaS: Gefunden: C 69,7 69,3 H 7,0 7,1. Die Einwirkung des eintretenden Ringschlusses sollte noch weiter studiert werden an den Halogeneinwirkungsprodukten des Allyl-d-Butyl- ThioharnstoflFs, oder, wenn man will, d-Butyl-Thiosinamins. Einwirkung der Halogene auf Allyl-d-Buty 1- Thioharnstoff. Brom und Jod wirken in der Weise auf Thiosinamin ein, daß unter Aufhebung der doppelten Bindung in der Allylgruppe ein Halogenatom addiert wird, wahrend, unter Austritt eines zur Bildung von Halogenwasserstoff verbrauchten Wasserstoffatoms, Ringschluß von der Allylgruppe zur CS-Gruppe eintritt^): NHa NHg CHaBr I I I C = S + 2Br = C— S— CH I I I NH-CH2-CH = CH2 NH — CHa, HBr. Der Allyl-d-Butyl-Thioharnstoff, den man ebensogut als d-Butyl- Thiosinamin bezeichnen kann, mußte mit den Halogenen in derselben Weise reagieren, und da die d-Butylgruppe bei dieser Reaktion intakt bleibt, bieten diese Reaktionsprodukte für die vorliegende Arbeit inter- essante Vergleichsobjekte mit dem Allyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Denn hier konnte die Regel, daß ein eintretender Ringschluß das optische Drehungsvermögen erhöhte, nachgeprüft werden. Zu diesem Zwecke versuchte ich die Einwirkungsprodukte der Halogene Br, J und Cl auf den Allyl-d-Butyl-Thioharnstoff darzustellen. Einwirkung von Brom auf den d-Butyl- AUyl-Thioharnstoff. Eine Probe des Thioharustoffs wurde in Alkohol gelöst und tropfenweise mit alkoholischer Bromlösung versetzt, bis eine gelbe AJ Arch. d. Pharm. 189o, S. 1 ff. 64 W. Ürban: Butyl-Tiiioharnstoffe und -Harnstoffe. Färbung der klaren Flüssigkeit bestehen blieb. Die Reaktion verlief, besonders anfangs, so heftig, daß gekühlt werden mußte. Ebenso wurde eine Probe des Thioharnstoflfes in Aether gelöst und mit ätherischer Bromlösung bis zur bleibenden Gelbfärbung versetzt. Hierbei trübte sich die Flüssigkeit und eine gallertartige Masse, welche sich als wasserlöslich erwies, setzte sich zu Boden. Nunmehr ließ ich berechnete Mengen in Reaktion treten. Ich ließ einerseits 1,73 g Brom, in Aether gelöst, in eine ätherische Lösung von 1,86 g Allyl-d-Bat3'l-Thioharnstoff. andererseits 1,85 g Brom, in Chloroform gelöst, in eine Chloroformlösung von 2,0 g des Thioharnstoflfs tropfenweise aus einem Scheidetrichter unter guter Kühlung einfließen. In beiden FäUen schied sich eine gallertartige Masse ab, welche durch Ausschütteln mit Wasser den Flüssigkeiten entzogen wurde. Die vereinigten filtrierten Ausschüttelungen wurden in das Vakuum gebracht, es hinterblieb jedoch nur eine zähflüssige, klare farblose Masse, die keine Neigung zur Krystallisation zeigte. Da die entsprechenden Thiosinaminsalze krystallisieren, die be- treffenden freien Basen jedoch nicht, so konnte ich annehmen, daß die Verhältnisse bei diesem Salze die gleichen wären, daß aber die Krystallisation des d-Butyl-Brompropj'len - <^ - Thioharnstoö'hydrobromids durch irgend eine Verunreinigung verhindert werde. Ich versuchte den Körper daher zu reinigen und zwar zunächst durch Ueberführung in ein Platindoppelsalz. Eine Probe des Körpers wurde mit etwas Wasser aufgenommen, mit Chlorsilber versetzt, um das Hydrobromid in das Hydrochlorid zu verwandeln: das vom Bromsilber getrennte Filtrat wurde mit über- schüssigem Platinchlorid und etwas Salzsäure versetzt. Es schieden sich bald kleine rote Krystalle aus, welche bei 144° schwarz wurden und bei 14<)° schmolzen. Die Lösung dieser Krystalle wurde mit Schwefelwasserstoff gefällt und das vom Schwefelplatin getrennte Filtrat im Vakuum verdunstet; der Rückstand war jedoch wiederum nicht krystallisierbar. Eine andere Probe ^Tirde ebenfalls mit Chlorsilber in das Chlorid übergeführt und das Filtrat mit Quecksilberchlorid versetzt; es fiel ein weißer, anscheinend amorpher Niederschlag aus, der sich beim Kochen fast völlig löste, beim Erkalten jedoch sich wieder ausschied. Das Filtrat von diesem Niederschlage wurde auf die Hälfte eingedampft und ins Vakuum gebracht. Es schieden sich ölige Tröpfchen aus, die sich in Alkohol zum Teil lösten. Eine Reinigung des Körpers war auf diesem Wege also anscheinend nicht zu erzielen. Ich versuchte daher schließlich doch noch, die Base selbst dar- zustellen. Ich löste eine Probe des Salzes in Wasser und fügte W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. 65 Natronlauge zu. Es entstand eine milchige Trübung, beim Schütteln ballte sich der entstandene Niederschlag zusammen und konnte ab- gesaugt werden. Er wurde darauf in Alkohol gelöst, die Lösung mit Wasser bis zur beginne»den Trübung versetzt und in einen gut ziehenden Abzug gesetzt. Es schieden sich kleine weiße Kryställchen vom Schmp. 92—93° aus. Da hier vermutlich die Base vorlag, deren bromwasserstoffsaures Salz ich vergeblich versucht hatte, krystallinisch zu erhalten, löste ich die gesamte Menge dieses Salzes in Wasser, fällte die Base mit Natronlauge und krystallisierte sie aus verdünntem Alkohol um. I. 0,1711 g Subst.: 0,2378 g COg, 0,0977 g HgO. II. 0,1817 „ „ 0,1682 „ ßaS04, 0,1862 g AgBr. III. 0,1592 „ „ 0,1484 „ BaSO«, 0,1197 „ AgBr. Berechnet für CgHieBrNaS: Gefunden: C 38,1 37,9 H 6,0 6,1 S 12,75 II. 12,7 III. 12,85 Br 31,8 II. 31,9 III. 32,0. Ich hatte demnach die reine Base erhalten, und das war für meine Zwecke sehr vorteilhaft, da dieselbe mit dem Thioharnstoff direkt vergleichbar ist, namentlich in Chloroformlösung, worin eine Ionisation kaum eintritt. Hätte ich dagegen die Salze polarisieren müssen, so hätten die Ablesungen infolge der dabei eintretenden, gewöhnlich auch in alkoholischer Lösung und noch vielmehr in wässeriger Lösung ziemlich weitgehende Ionisation nicht gut mit den für den Thioharnstoflf bestimmten verglichen werden können. Einwirkung von Jod auf den d-Butyl-Thioharnstoff. Die Versuche, durch Einwirkung von Jod auf den Thioharnstoflf ein jodwasserstoflfsaures Salz des d-Butyl-Jodpropylen-^'-Thioharnstoflfs und daraus diesen selbst zu gewinnen, wurden in derselben Weise und zu derselben Zeit ausgeführt wie die entsprechenden Versuche mit Brom. Die Reaktion verlief ebenso, jedoch wesentlich langsamer und ohne Erwärmung. Ein Versuch, die Bildung des Körpers durch Erwärmen zu unterstützen und zu beschleunigen, mißlang, es trat Zersetzung ein. 3 g des Thiohamstoflfs löste ich in Aether und ließ tropfenweise eine Lösung von 4,7 g Jod in Aether zufließen. Die abgeschiedene ölige Masse war braun gefärbt. Ich löste sie nach dem Abgießen der tiberstehenden ätherischen Flüssigkeit in Alkohol, wobei sie sich ent- färbte und sogar noch etwas Jodzusatz vertrug. Die filtrierte Lösung überließ ich in einem gut ziehenden Abzüge der freiwilligen Ver- Arch. d. Pharm. CCXXXXII. Bds. 1. Heft. 5 66 W. Urban: Butyl-Thioharnstoflfe und -Harnstoffe. dunstung, löste die zurückbleibende, dicke, hellgelbe Flüssigkeit in Wasser und fällte mit Natronlauge die Base. Der Niederschlag, der ein viel mehr krystallinisches Aeußere hatte, als der entsprechende Bromniederschlag, wurde abgesaugt, ausge%aschen und aus Alkohol umkrystallisiert. Ich erhielt farblose kleine Nadeln vom Schmp. 114®. I. 0,2451 g Subst.: 0,2910 g CO2, 0,1117 g H2O. n. 0,2150 „ „ 0,1648 „ BaSOi, 0,1712 g AgJ. III. 0,1838 „ „ 0,1446 „ BaSO«, 0,1452 „ AgJ. Berechnet für C8Hi6JN2S: Gefunden: C 32,2 32,4 H 5,1 5,2 S 10,75 IL 10,5 III. 10,8 J 42,6 IL 43,0 III. 42,7. Sowohl die Brombase wie die Jodbase zersetzten sich bei längerer Aufbewahrung. Einwirkung von Chlor auf den d-Butyl-Allyl-Thioharnstoff. Um ein Einwirkungsprodukt des Chlors auf den Thioharnstoff, analog den beiden anderen Halogenbasen zu erhalten, mußte ich die Reaktion in einem möglichst indifferenten Lösungsmittel vornehmen. Als ein solches erwies sich Tetrachlorkohlenstoff, der Chlor in reichlicher Menge löste. Ich leitete in diese Flüssigkeit Chlor bis zur Sättigung ein und erhielt so eine intensiv gelb gefärbte Lösung, welche in 100 ccm 15 g Chlor erhielt. Erst nach Beendigung dieser Arbeit fand ich, daß Tetrachlorkohlenstoff als geeignetes Lösungsmittel für Chlor schon bekannt und von Michael empfohlen war*). Ich versetzte nunmehr mit dieser Chlorlösung tropfenweise eine solche von d-Butyl-Allyl-Thioharnstoff in Tetrachlorkohlenstoff in berechneten Mengenverhältnissen. Die Flüssigkeit wurde verdunstet, der Rückstand mit Wasser aufgenommen und mit Natronlauge gefällt. Der Niederschlag ballte sich nach längerem Schütteln zusammen und wurde nunmehr abgesaugt. Ich versuchte, ihn aus verdünntem Alkohol umzukrystallisieren, erhielt jedoch zunächst nur ölige Abscheidungen, mit krystallinischen Partikeln durchsetzt, welche bei Handwärme schmolzen. Nach einigen Tagen hatten die öligen Abscheidungen sich zu weichen wachsartigen Massen verdichtet, welche ich auf Tontellem abpreßte. Hierbei ging jedoch soviel in die Tonteller hinein, daß der geringe Rückstand nicht näher untersucht werden konnte. Daß der gesuchte Körper sich gebildet hatte, unterliegt keinem Zweifel; in- dessen vereitelte seine geringe Krystallisationsfähigkeit die Reinigung und damit die Untersuchung desselben. 1) Journ. f. pr. Chemie 46, 225. W. ürban: Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. 67 Einwirkung von Chlor auf Thiosinamin. Eine dem Jod- and Brom-Propylen-'^-ThioharnstoflF analoge Chlor- verbindung ist bis jetzt noch nicht dargestellt worden. Nach den eben mitgeteilten Erfahrungen war es nicht ausgeschlossen, daß dieser Körper auf demselben Wege zu erhalten war. Ich versuchte daher die Dar- stellung dieses Körpers, obwohl sie eigentlich nicht im Rahmen der vorliegenden Arbeit lag. Da sich Thiosinamin in Tetrachlorkohlenstoff kaum auflöst, benutzte ich hierfür Chloroform als Lösungsmittel. 3,778b g Thiosinamin, in Chloroform gelöst, wurden tropfenweise mit einer Lösung von 2,307 g Chlor in Tetrachlorkohlenstoff unter sorgfältiger Abkühlung versetzt. Die Flüssigkeit wurde mit Wasser ausgeschüttelt und die wässerige Lösung filtriert. Das Filtrat reagierte stark sauer und schied beim Stehen an der Luft sowohl wie im Vakuum Schwefel ab, ein Zeichen, daß die Reaktion nicht ganz im gewünschten Sinne verlaufen war. Eine Probe wurde mit Natronlauge alkalisch gemacht; die Flüssigkeit trübte sich, schied jedoch nichts Festes ab. Sie wurde mit Aether ausgeschüttelt und die ätherische Lösung ver- dunstet; der ölige Rückstand wurde mit Salzsäure aufgenommen und das Filtrat mit Goldchlorid versetzt. Der entstehende rotbraune Nieder- schlag löste sich zunächst wieder auf, bei weiterem Goldzusatz ent- stand ein weißer, anscheinend amorpher Niederschlag, der sich in heißem Wasser nicht löste. Das Verhalten und das Aeußere desselben deuteten demnach darauf hin, daß die Flüssigkeit freies, unzersetztes Thiosinamin enthielt. Möglicherweise erklärt sich das Mißlingen dieses Versuches da- durch, daß das Chlor gegen Ende der Reaktion langsamer auf das Thiosinamin einwirkte, so daß die Flüssigkeit schließlich freies Chlor enthielt. Beim Ausschütteln mit Wasser mußte dann das Chlor natürlich oxydierend wirken und eine tiefer greifende Zersetzung der schon gebildeten Chlorverbindung sowie etwa unzersetzten Thiosinamins veranlassen, woraus sich dann auch die saure Reaktion und die Schwefel- abscheidung erklärt. Bei einem zweiten Versuche, den ich mit 2,9498 g Thiosinamin, in Chloroform gelöst, und 1,801 g Chlor, in Tetrachlorkohlenstoff gelöst, in derselben Weise anstellte, setzte ich, nachdem die ChlorlSsung zugegeben war, der durch freies Chlor gelb gefärbten Flüssigkeit schnell einige Tropfen Alkohol zu, wodurch sofort Entfärbung eintrat. Nun verfuhr ich weiter wie vorher, d. h. ich schüttelte mit Wasser aus, übersättigte das Filtrat mit Natronlauge und schüttelte mit Aether aus. Diese ätherische Lösung hinterließ beim Verdunsten einen Rück- 68 W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. stand, der zwar nicht sauer reagierte und keinen Schwefel ahschied, aber quantitativ wenig befriedigte. Bei einem dritten Versuche, den ich in der zuletzt angegebenen Weise mit 2,9724 g Thiosinamin und 1,8566 g Chlor anstellte, ließ ich die Chloroform-Tetrachlorkohlenstofifflüssigkeit 24 Stunden stehen, nach welcher Zeit sich das zuerst gallertartig abgeschiedene Reaktions- produkt zu einem weißen, krystallinischen Niederschlag verdichtet hatte. Derselbe wurde abgesaugt, und da er sich als hygroskopisch erwies, im Exsikkator zwischen Fließpapier getrocknet. Der Körper schmolz unscharf bei 110°; er löste sich leicht in Wasser und in Alkohol. Eine Probe der wässerigen Lösung wurde mit Goldchlorid versetzt; es entstand ein gelber Niederschlag, der sich jedoch bald zersetzte. Mit Platinchlorid gab die Lösung eine geringe mikrokrystallinische Abscheidung neben amorpher Trübung. Aus diesem Chlorid versuchte ich nun die Base darzustellen. Ich tällte die wässerige Lösung mit Natronlauge und saugte den ent- standenen Niederschlag ab. Leider war es unmöglich, denselben durch Auswaschen von Chlornatrium völlig zu befreien, da er sich auf dem Saugtrichter zu einer festen Masse zusammenballte, welche kein Wasser durchdringen ließ. Ich begnügte mich mit diesem Resultat, daß ich den Körper überhaupt erhalten hatte, da er, wie schon gesagt, mit der eigentlichen Aufgabe meiner Arbeit nur wenig zu tun hat. Darstellung der alkylsubstituierten-d-Butyl-Harnstoffe. Nachdem ich das Drehungsvermögen der einzelnen Thiohamstoffe in alkoholischer und in Chloroformlösung untersucht hatte, verdunstete ich jedesmal letztere zur Trockne, löste den Rückstand, sowie den zur Polarisation nicht verbrauchten Teil des Körpers in Alkohol auf und unterwarf die vereinigten alkoholischen Lösungen einer Behandlung, welche den Zweck hatte, durch Ersatz des Schwefelatoms durch Sauerstoff den entsprechenden Harnstoff darzustellen. Die Entschwefelung der Thiohamstoffe versuchte ich in zweierlei Weise, zuerst mit Quecksilberoxyd, später mit Silbernitrat. Quecksilberoxyd reagiert mit den Thioharnstoffen nach der Gleichung : CS, [M]d = -I- 42,40. Chloroform % Norm.-Lösung, 1 = 2, a = -f 1,01», [o]d = + 20,16», [M]d = + 40,40. Hexyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Alkoholische Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, o = + 0,8», [o]d = + 14,8°, [M]d = 4- 32,00. Chloroform y« Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 0,78», [a]D = + 14,4 o, [M]d = + 31,20. Diisobutyl-d-Butyl-Thioharnstoff. AlkohoUsche Vg Norm.-Lösung, 1 = 1, o = -f 0,86 o, [o]d = + 28,16 o, [M]d = -f 68,80. Chloroform Yg Norm.-Lösung, 1 = 1, o = -f 0,620, [o]d = + 20,3o, [M]d = -I- 49,60. Diisoamyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Alkoholische Vg Norm.-Lösung, 1 = 1, o = -f 1,060, [oJd = + 31,13o, [M]d = + 84,80. Chloroform Vg Norm.-Lösung, 1 = 1, o = + 0,760, [o]d = -f 22,320, [M]d = + 60,80. Allyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Alkoholische Vg Norm.-Lösung, 1 = 4, o = -[-l,81o, [o]d = + 21,010, [M]d = + 36,20. Chloroform Vg Norm.-Lösung , 1 = 4, a = + l,750, [o]d = + 20,32», [M]d = + 35,00. d-Butyl-Brompylen-({'-Thio harnst off. Alkoholische % Norm.-Lösung, 1 = 2, o = + 1,39 o, [a]D = -f 22,13», [M]d = -f 55,60. Chloroform Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, a = -f- 1,31 o, [oJd = -f 20,98», [M]d = + 52,40. d-Butyl-Jodpropylen-4'-Thioharnstoff. Alkoholische % Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + l,48o, [o]d = + 19,860, [M]d = + 59,20. Chloroform Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + l,350, [a]D = + 18,11 o, [M]d = + 54,00. Pentamethylen-d-Butyl-Thioharnstoff. Alkoholische Vg Norm.-Lösung, 1 = 4. « = + 8,42o, [a]D = -f 64,110, [MJD = + 128,40. Chloroform % Norm.-Lösung, 1 = 4, a = -f 3,94o, [a]D = + 30,34», [M]d = + 78,80. Phenyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Alkoholische Vg Norm.-Lösung, 1 = 4, a = + 3,290, [o]d = + 31,60, [M]d = + 65,80. Chloroform % Norm.-Lösung, 1 = 4, o = -f 3,920, [a]D = -|- 39,14» [M]d = + 78,4». 76 W. Urban: Butyl-Thioharnstoife und -Harnstoffe. Benzyl-d-Butyl-Thioharnstoff. AlkohoUsche Ys Norm.-Lösung, 1 = 4, a = -j- 2,180, [a]D = + 19,60, [M]d = + 43,60. Chloroform Vg Norm.-Lösung, 1 = 4, o = -f 1,9», [o]d = + 17,1g, [M]d = + 38,00. Dibenzyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Alkoholische % Norm.-Lösung, 1 = 4, a = + 2,30, [a]D = -j- 22,570, [MJd = + 56,00. Chloroform Ve Norm.-Lösung, 1 = 4, o = -fl,61o, [oJd = + 12,180, [M]d = + 30,20. Tetrahydrochinolyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Alkoholische Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 3,20, [o]d = ■{■ 51,550, [M]d = -f 1280. Chloroform Vs Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 2,24o, [a]D = + 36,090, [M]D = -f 89,60. Tetrahydroisochinolyl-d-Butyl-Thioharnstoff. Alkoholische % Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 2,480, [oJd = -f 39,950, [M]d = -1-99,20. Chloroform % Norm.-Lösung, 1 = 2, a = -{-l,66o, [a]D = -}-26,70, [M]d = + 66,40. a-Naphthyl-d-Butyl-Thioharnstoff. AlkohoUsche Vi6 Norm.-Lösung, 1 = 4, a = -|-l,610, [o]d = -|- 24,940, [M]D = -f 64,40. Chloroform Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, a = -}-l,460, [o]d = +22,60, [M]d = -1-48,40. ß-Naphthyl-d-Butyl-Thioharnstoff. AlkohoUsche % Norm.-Lösung, 1 = 2, o = + 1,690, [o]d = + 26,170, [M]d = + 67,60. Chloroform Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, a = -\- l,94o, [a]D = + 30,040, [M]d = + 77,60. d-Butyl-Harnstoff. Alkoholische Vg Norm.-Lösung, 1 = 4, o = + l,4o, [a]D = +24,10, [M]d = + 28,00. Chloroform Vsa Norm.-Lösung, 1 = 4, a = + 0,40, [o]d = + 27,ö70^ [M]d = + 32,00. Propyl-d-Butyl-Harnstoff. AUiohoUsche Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 0,920, [oJd = + 23,260, [M]d = + 36,80. Chloroform Vs Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 0,84», [oJd = + 22,30, [M]d-=+ 33,60. Norm.-d-Dibutyl-H am Stoff. AlkohoUsche Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 0,81 o, [a]D = + 18,810, [M]d = + 32,40. Chloroform % Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 0,810, [a]D = + 18,810, [MJd = +32,40. W. Urban: Butyl-ThioharnstoflFe und -Harnstofte. 77 Isopropyl-d-Butyl-IIarnstoff. Alkoholische Vg Norm.-Lösong, 1 = 2, et = + 0,860, [o]d = + 21,74 o, [M]d = + 34,40. Chloroform Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, o = + 0,83°, [«]d = + 20,98o, [M]D = -f 33.20. ^ d.Dibutyl-HarD8toff. AlkohoUsche \i Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 1,78», [a]D = + 41,840, [M]d = -f 71,20. Chloroform % Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + l,69o, [a|D = -\- 39,25o, [M]d = + 67,60. r.d.Dibutyl -Harnstoff. Alkoholische % Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + l,06o, [oJd = -f 24,62o, [M]d = -f 42,40. Chloroform % Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 0,77 o, [a]D =- -f 17,88«, [MJd = -f- 30,80. Diisobutyl-d-Butyl-Harnstoff. Alkoholische '/g Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 1,380, [ajo = -f 24,18o, [M]d = + 55,20. Chloroform '/„ Norm.-Lösung, 1 = 2, a = -f 1,170, [oJd = -j- 20,5 o, [M]d = -f 46,80. Phenyl-d-Butyl-Harnstoff. Alkoholische '4 Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 1,160, [o]d = + 34,320, [M]d = 4- 46,40. Chloroform Vw Norm.-Lösung, 1 = 4, a = + l,33o, [oJd = -f 38,460, fMlD = + 53,20. •• -■ ^ ' Benzyl-d-Butyl-Harnstoff. Alkoholische Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 0,880, [aJD = -f 16,9», [M]d = + 35,20. Chloroform Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, a = -f 0,81°, [a]D = -}- 15,560, [M]d = + 32,40. Dibenzyl-d-Butyl-Harnstoff. Alkoholische Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + l,31o, [a]D = +17,7o, [M]d = + 52,40. Chloroform Vg Norm.-Lösung, 1 = 2, a = + 1,21 o, [o]d = -f 16,340, [M]d = 4-48,40. Vergleich der optischen Aktivität der untersuchten Körper. Als Vergleichswert für das Drehungsvermögen der untersuchten Körper nahm ich aus den früher erörterten Gründen den Wert [M] an. Zunächst ordnete ich die Körper rein mechanisch nach ihrem Molekulargewicht und damit zugleich nach dem relativen Gewicht der Gruppe R am asymmetrischen Kohlenstofifatom der Butylgruppe; n. CHb I I. H— C— CaHe m. I R IV. 78 W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. Tabelle I. d.B.Th.H. = d.Butyl-Thioharnstoff. d.B.H. = d.Butyl-Harnstoflf. [MjDao in Alkohol CHCl. d-Butyl-Harn Stoff . . d-Butyl-Th.H Methyl-d.B.Th.H. . . Propyl-d.B.H Isopropyl-d.B.H. . . Aethyl-d.B.Th.H. . . Dimethyi-d.B.Th.H, D.d. Dlbutyl-H. . . . r.d. Dibutyl-H. . . . d.d. Dibutyl-H. . . . Allyl-d.B.Tb.H. . . . Propyl-d.B.Th.H. . . Isopropyl-d.B.Tb.H. Diäthyl-d.B.Th.H. . n.d. Dibutyl-Th.H. . Isobutyl-d.B.Th.H. . r.d. Dibutyl-Tb.H. . Tert. Butyl-d.B.Th.H d.d. Dibutyl-Th.H. Phenyl-d.B.H. . . . Pentamethylen-d.B.Th Isoamyl-d.B.Th.H. . Pheuyl-d.B.Th.H. . . Benzyl-d.B.H Hexyl-d.B.Th.H. . . Benzyl-d.B.Th.H. . . Düsobutyl-d.B.H. , . Diisobutyl-d.B.Th.H. T«tr>lijdrochmoljl-d.B.Th.H. Tetr»hjdroisochinolyl-d.B.Th.l Brompropylen-d.B.Th o-Naphthyl-d.B.Th.H p-Naphthyl-d.B.Th.H Diisoamyl-d.B.Th.H. Dibenzyl-d.B.H. . . . Jodpropylen-d.B.Th.H. Dibenzyl-d.B.Th.H. . . . 116,17 132,23 146,25 158,22 158,22 160,26 160,26 172,23 172,23 172,23 172,26 174,28 174,28 188,29 188,29 188,29 188,29 188,29 188,29 192,26 200,29 202,2 208,26 208,3 216,3 222,3 228,3 244,3 248,3 248,3 251,2 258,3 258,3 272,4 296,2 298,1 312,3 59,1 75,16 89,18 101,15 101,15 103,19 103,19 115,16 115,16 115,16 115,19 117,21 117,21 131,22 131,22 131,22 131,22 131,22 131,22 135,19 143,22 145,1 151,19 151,2 159,2 167,2 171,2 187,2f 191,2 191,2 194,1 201,2 201,2 215,3 239,1 241,0 255,2 + 28,00 -f- 29,21 + 44,60 -f 36,80 + 34,40 + 40,20 + 108,00 + 32,40 + 42,40 + 71,20 + 36,20 + 40,60 -f 36,80 + 66,00 + 36,80 + 36,80 + 31,20 + 28,80 + 73,60 + 46,40 + 128,40 + 42,40 + 65,80 + 35,20 + 32,00 + 43,60 + 55,20 + 68,80 + 128,00 + 99,20 + 55,60 + 64,40 + 67,60 + 84,80 + 52,40 + 59,20 + 56,00 + 32,00 + 32,920 + 43,20 + 33,60 + 33,20 + 40,20 + 72,60 + 32,40 + 30,80 + 67,60 + 35,00 -t- 41,40 + 34,60 + 51,80 + 36,80 + 43,60 + 32,80 + 3B,60 + 69,20 -f 53,20 + 78,80 + 40,40 + 78,40 + 32,40 + 31,20 + 38,00 + 46,80 + 49,60 + 89,60 + 66,40 + 52,40 + 48,40 + 77,60 + 60,80 + 48,40 + 54,00 + 30,20 W. Urban; Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. 79 Aus dieser Zusammenstellung (Tab. 1) ist zweierlei zu ersehen: Erstens, daß das relative Gewicht der vierten Gruppe R auf die Größe [M] im allgemeinen nur einen unbedeutenden Einfluß haben kann. Wir sehen, daß das Steigen des Wertes R von einem Steigen sowohl als von einem Fallen von [M] anscheinend regellos herleitet sein kann. Ferner ist ersichtlich, daß die Wahl des Lösungsmittels von erheblichen Einfluß ist auf die Größe [M]; nur beim Aethyl-d- Butyl-Thioharnstoff, n.d. Dibutyl-Thioharnstoff und n.d. Dibutyl-Ham- stofi", also in drei Fällen, ist sie für beide Lösungsmittel gleich groß beobachtet worden. In den übrigen Fällen sind die Werte mehr oder weniger verschieden, bei dem d-Butyl-Harnstoff', d-Butyl-Thioharnstoff, Propyl-d-Butyl-Thioharnstoff, Isobutyl-d-Butyl-Thioharnstofl', tert. Butyl-d-Butyl-Thioharnstofif, r.d. Dibutyl-Thioharnstoff, Phenyl-d-Butyl- Thioharnstoff und -Harnstoff und dem ß-Naphthyl-d-Butyl-Thio- harnstoflf sind sie für Chloroform höher als für Alkohol, allerdings meist nur wenig, während sie bei den übrigen 25 Körpern, also der Mehrzahl, für Alkohol höher sind als für Chloroform, besonders hoch bei dem Dimethyl-, Pentamethylen-, Tetrahydrochinolyl- und Tetra- hydroisochinolyl-d-Butyl-Thiohamstoff. Dieser Einfluß, den das Lösungsmittel ausübt, ist also vorhanden, ist aber in keinem Falle vorauszusehen und entzieht sich so der Kontrolle; wenn wir die Werte für [M] vergleichen wollen, so ist es nicht unerheblich, ob wir die in alkoholischer oder in Chloroformlösung ermittelten unseren Be- trachtungen zu gründe legen. Denn es ist doch anzunehmen, daß die optischen Eigenschaften der Körper an sich, abstrahiert vom Lösungs- mittel, konstant sind; wir können aber nicht wissen, welcher der in verschiedenen Lösungsmitteln gefundenen Werte [M] am ehesten mit dem wahren Werte [M] für den betreffenden Körper korrespondiert. Es ist ja wohl vielleicht anzunehmen, daß infolge der chemisch mehr indifferenten Natur des Chloroforms gegenüber dem Alk ohol ersteres Lösungsmittel richtigere Werte liefert, aber mit Sicherheit können wir uns darauf nicht verlassen. Von Literesse ist es, die monoalkylsubstituierten und dialkyl- substituierten Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe zu vergleichen (Tab. n). Der Eintritt einer zweiten Alkylgruppe bewirkt eine Erhöhung des Wertes [M], die in alkoholischer Lösung beträchtlicher ist, als in Chloroformlösung, ja, in einem Fall — beim Dibenzyl-d- Butyl-Thioharnstoff, sinkt sogar der Wert [M] in Chloroform unter den für die Monobenzylverbindung in demselben Lösungsmittel be- obachteten. 80 W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -HarnstoflFe. Tabelle IL [M]D20 in Alkohol | in CHCl, Methyl-d-Butyl-Thioharnstoff . Dimethyl-d-Butyl-ThioharnstoflF + 44,60 + 108,00 + 43,20 + 72,60 Aethyl-d-Butyl-Thioharnstoff . Diäthyl-d-Butyl-Thioharnstoff + 40,20 + 66,00 + 40,20 + 51,80 Isobutyl-d-Butyl-Thioharnstoff . Diisobutyl-d-Butyl-ThioharnstofF + 36,80 + 68,80 + 43,60 + 49,60 Isoamyl-d-Butyl-Thioharnstoff Diisoamyl-d-Butyl-Thioharnstoff . + 42,40 4-84,80 + 40,40 + 60,80 Benzyl-d-Butyl-Thioharnstoff . Dibenzyl-d-Butyl-Thioharnstoff + 43,60 + 56,00 + 38,00 + 30,20 Benzyl-ü-JButyl-Harnstoff . Dibenzyl-d-Butyi-Harnstoff + 35,20 + 52,40 + 32,40 + 48,40 Wie Tab. III zeigt, ist bei den Dibutyl-Thioharnstoffen, wenigstens in alkoholischer Lösung, die Regelmäßigkeit zu beob- achten, daU bei den beiden Thioharnstoffen [M] am größten ist, welche das Stickstofifatom an einem primär gebundenen C-Atom stehen haben, danach kommt der Thioharnstoff, mit sekundär und zuletzt der mit tertiär gebundenem Kohlenstofifatom. Tabelle III. [M]d» in Alkohol 1 in CHClg Nonn.-d-Butyl-Thioharnstoff . . Isobutyl-d-Butyl-Thioharnstoff . r.d. Dibutyl-Thioharnstoff . . . tert. Butyl-d-Butyl-Thioharnstoff + 36,80 + 36,80 + 32,80 + 28,80 + 36,80 + 43,60 + 31,80 + 35,60 Auch der Vergleich der Thioharnstoffe mit den entsprechenden Sauerstoffverbindungen ist interessant. Wir beobachteten (Tab. IV), daß regelmäßig die Sauerstoffverbindung einen niedrigeren Wert für [M] aufweist, als die entsprechende Schwefelverbindung; eine Aus- nahme von dieser Regel macht nur der Dibenzyl-d-Butyl-Thioharnstoff, der auch schon bei der oben festgestellten Regelmäßigkeit sich abnorm verhielt. Jedoch trifft in diesem Falle die Regel für die Alkohol- lösung zu. Von dem in alkoholischer Lösung bestimmten Werten macht auch nur einer eine Ausnahme, der für den r.d. Dibutyl-Harn- stoff beobachtete Wert. ~ (Fortsetzung folgt.) A n ze igen Dieselben worden mit 40 Pfg. lOr die durchgehende und mit 25 Pfg. für die gespaltene Petitzeile oder deren Kaum Derechnet Beilage -QebUhr für das Tausend der Auflage — z. Z. 4100 — Mk. 10. Für Beilagun, welche nicht dem Format des .Archiv" entsprccf.c- . bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten. DIE UMSCHAU Hp-.RICHTET ÜBER DIE F"()R'1SCHRI1TE HAUPTSÄCHLICH DER WiSSENSCHAIT UND Technik, in zweiter Linie der Literatur und Kunst. I Jährlich 52 Nummern. Illustriert »Die L^mschau« zählt nur die hervorragendsten Fachmänner zu iliren Mitarbeitern. Prospekt gratis durch jede Buchhandlung , sowie den Verlag H Bechhold, Frankfurt a. M., Neue Krame 19121. Brockhaus' Konversations-Lexikon. Vierzehnte vollständig neubearbeitete Auflage. Nene revidierte .1 ubiläums- ausgabe. F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und "Wien. 1903. Das wiederholt an dieser Stelle besprochene Werk liegt nunmehr voll- ständig — von A bis Z — vor, und man kann mit gutem Gewissen bestätigen, daß es in vollem Umfange gehalten, was es schon beim Erscheinen des ersten Bandes versprochen hat: ein Ratgeber in allen Dingen zu sein, welche dem Menschen im Leben begegnen. Die prachtvolle Ausstattung macht das Werk zur Zierde jeder Hausbibliothek. ^iluluiaitititJatyt^yMkiiiii^kitii^^ -S -ä -3i Hü -35 -3i -31 Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,- . Alle Beiträge für das „Archiv" sind an die A-rcliiv - I^edalitiori Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (HeBsen) oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig, alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv -Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den I>eiitsclieii A-pothelier-Vorein Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43 einzusenden. j3^JpiS{|nppiS5jiY«TJY^¥^'!"f¥¥ Die direkten Steuern in Preussen für den Gebrauch der Apotheker bearbeitet. Eathalteiid: Einkommenstener nebst Anleitung zur Selbsteinschätzung. Ergänznngsstener, Gewerbe- nad Betriebsstener, Grand- and Gebäadestener, Gemeindesteaern. Mit ausführlichem Sachregister. Heraus^eaieben vom Deutschen yipolheker-Verein gerlin C. 2. Preis Mark 1,60 (portofrei). Signirapparat allein. Erfindung des Pharmazeut. J. Pospisil, Stefanan-OIintttz. Unbezahlbar zum vorschriftsmässigen Signiren der Standgefässe, Schub- laden, Preisnotiren etc. liefert schöne, dauerhafte Schilder in allen vor- kommenden Grössen in schwarzer, rother und weisser Schrift. Muster gratis. Andere Signirapparate sind XachahmHnsen. [3 Extr. Filicis Ph. G. IV. Frisch bereitet. Dr. Weppen & Lüders, Rlanlceiibure a. Harz. [5 Einbanddecken zum Archiv der Pharmazie von 1891 bis 1903 in guter Ausführung, Kaliko -Bezug mit vorgedrucktem Titel und Rücken- titel in Goldschrift. — Preis 70 Pf. von Poncet Glashütten -Werke BERLIN SO., Köpnickerstr. 54. Fabrik und Lager sämmtilclier Befasse u. Utensilien für ctiem., ptiarmac. Gebrauch yitelier für €maille- Schriftmalerei auf Glas- und Porzellangetässe. Specialiläl : Eiurictilniig v, Apottiebü, ehem. LalioratorieDetc. Preisverzeichnisse qratis nnd franco r4 Dieser Nammer liegt ein Prospekt der Meteor-Kontrollkassen-Fabrik von Hermann Carlns, Würzbnrg bei. Diuck von Deuter * Nicolas, Berlin L ., >"t-iie FrieiirichstrHSse 43. ARCHIV DER PHARMAZIE herausgegeben D eutsclien Ap otlieker -Terein unter Redaktion von E. Schmidt und H. ßeckurts. Band 242. Heft 2. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1904. o ' ^^^'; ,! Ausgegeben den 5. 31ärz 1904. INHALT. Seite W. ürban, Ueber alkylierte d-Butyl-Thiohamstoflfe und -Harnstoffe (Schluß) 81 H. Thoms und A. Biltz, üeber Derivate des Safrols und seine Be- ziehungen zu den Phenoläthern Eugenol und Asaron 85 H. Thoms, Ueber das Verhalten der Phenoläther bei der Zinkstaub- destillation 95 R. Beckstroem, Ueber einige Derivate des Asarons 98 A. Tschirch und L. Rentter, Ueber den Mastix 104 Dieselben, Ueber einige in carthaginiensischen Sarkophagen gefundene Harze 111 Dieselben, Ueber das Caricari-Elemi 117 J. Katz, Die quantitative Bestimmung des Phosphors im Phosphoröl und ähnlichen Präparaten 121 J. Weirich und G. Ortlieb, Ueber den quantitativen Nachweis einer organischen Phosphorverbindung in Traubenkernen und Naturweinen 138 E. Rnpp, Ueber volumetrische und gravimetrische Platinbestimmungen 143 6. Korndörfer, Ueber den Bromschwefel 156 Eingegangene Beiträge. J. Prescher, Borsäure in Nahrungsmitteln. E. Schmidt, Zur Kenntnis der Rhamnoside. N. Waliaschko, Ueber das Robinin, ein Rhamnosid der Blüten von Robinia pseudacacia. G. F. Bergh, Ueber die Alkaloide der perennierenden Lupine. 0. Keller, Ueber das Damascenin. (Geschlossen den 26. IL 1904.) von Poncet Glashütten -Werke BERLIN SO., Köpnickerstr. 54. Fabrik und Lager sämmtlicher Gefässe u. Utensilien für ctiem., pharmac. 6ebrauch fiklkr für €maille- Schriftmalerei auf Glas- und Porzellangefässe. Specialiläl : EiuriclitnnE y. Apotlieken, cbein. Laljoratorien etc. Preisverzeichnisse gratis und franco [4 W. Urban: Batyl-Thioharnstoffe und -Harnstofife. Tabelle IV. 81 [M] in Alkohol D» CHCIb d Batyl-ThioharnBtoff + 29,210 + 28,00 + 33,920 + 32,00 d Butyl-Harnstoff Propyl-d-Batyl-Thioharnstoff +40,6o Propyl-d-Butyl-Harnstoff 1 +36,80 + 41,40 + 33,60 Isopropyl-d-Butyl-ThioharnstoflF Isopropyl-d-Butyl-Harnstofl + 36,80 + 34,40 + 34,60 + 33,20 d.d. Dibutyl-Thioharcstoff d d Dibutyl-Harnstoff + 73,60 +69,20 + 71,20 4-67,60 r.d. Dibutyl-Thioharnstoff r d Dibutyl-Harnstoff -H 31,20 4-42,40 + 32,80 4- 30,80 D.d. Dibutyl-Thioharnstoff + 36,80 + 32,40 -i- 36,80 n d Dibutyl-Harnstoff -1- 32,40 Benzyl-d-Butyl-Thioharnstoff +43,6o +38,00 Benzyl-d-Butyl-Harnstoff . +3o,2 4-32.20 Dibenzyl-d-Butyl-Thioharnstoff +56,Oo +30,20 Dibenzyl-d-Butyl-Harnstoff +52,4o 4" 48,4 o Düsobutyl-d-Butyl-Thioharnstoff +68,8o +49,60 Düsobutyl-d-Butyl-Harnstoff +55,2o -f-46,8o Phenyl-d-Butyl-Thioharnstoff Phenyl-d-Butyl-Harnstoff . + 65,80 + 46,40 + 78,40 + 53,20 Beim Vergleich des Propyl-d-Butyl-ThioharDstoffs mit der Allyl- verbindung sehen wir, daß letzterer Thioharnstoff ein niedrigeres Drehungsvermögen besitzt als ersterer, obwohl er, bei einer gleichen Anzahl von Kohlenstoffatomen in der Alkylgruppe eine Doppelbindung in dieser aufweist, während jener nur einfache Kohlenstoffbindung enthält^). Die Wirkung des Ringschlusses läßt sich an den nachstehenden Zahlen studieren. (Tab. V.) Während die Werte für [M] bei den zwei '^-Thioharnstoffen nur um ca. 6% und 3% differieren, bei einer gleichzeitigen Differenz der Werte R von ca. 20%, beträgt der Unterschied zwischen den Werten 1) Es spricht diese Beobachtung für die Richtigkeit der von Rupe (1. c.) aufgestellten Gesetzmäßigkeit, daß in der f-o-Stellung der Eintritt einer Doppelbindung eine Verminderung des Rotationsvermögens bedingt. J. Gadamer. Areh. d. Pharm. CCXXXXII. Bda. 2. Heft. 6 82 W. Urban: Butyl-Thioharnstoffe und -Harnstoffe. Tabelle V. R [M in Alkohol in CHCls AUyl-d-Butyl-Th.H. . . Brompropylen-d.B.-,' 'cHa Für unsere Zwecke war es nun wichtig, gerade die zuerst ein- getretene Nitrogruppe zu reduzieren, und es wurden diesbezügliche Versuche angestellt. Limp rieht ^) hatte im o-p-Dinitrotoluol je nach den Temperaturverhältnissen die eine oder die andere Nitrogruppe durch Schwefelammonium reduzieren können. Das Dinitrodihydro- safrol gab jedoch, selbst bei einer Temperatur von — 15", stets nur dasselbe Nitranilin vom F.-P. 76,5". Auch das von Anschütz und Heusler^) für partielle Reduktionen vorgeschlagene Zinnchlorür lieferte wieder dasselbe Nitranilin, so daß schließlich die Versuche aufgegeben wurden, auf einem solchen Wege die gewünschte Verbindung darzustellen. Der aus dem Safrol dargestellte, mit dem Nitrodihydromethyl- eugenol identische Körper wurde im Laufe dieser Arbeit einer Ver- 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 18, 1400 (1885). 3) Ber. d. d. ehem. Ges. 19, 2161 (1886); vergl. dazu Claus, Ber. d. d. ehem. Ges. 20, 1379 (1887). H. Thoms u. A. Hiltz: Safrol. 93 seifung mittels Aluminiumchlorid unterworfen. 5 g der Nitroverbindung, gelöst in 25 ccm Schwefelkohlenstoff, wurden mit 8 g AlCla versetzt und 1 Stunde auf dem Wasserbade gekocht. Das entstandene Nitro- phenol ließ sich durch Natriumkarbonat aufnehmen und, nach der Ab- scheidung durch Säure, durch Dampfdestillation reinigen. Die Aus- beute war nur gering, da ein großer Teil der angewandten Substanz nicht verseift worden war. Trotz aller Versuche gelang es nie, in einer Operation die Gesamtmenge des Nitrodihydromethyleugenols zu verseifen. Zusatz von mehr AlCla oder weniger Schwefelkohlenstoff verbesserte zwar die Ausbeute, veranlaßte aber zugleich die Bildung verschmierter Produkte. Das Nitrophenol ließ sich aus Alkohol krystallisiert erhalten, und es zeigte sich, daß sich zwei Körper gebildet hatten: ein wasserfreier vom F.-P. 52° und ein wasserhaltiger vom F.-P. 78°, welcher im Exsiccator sein "Wasser abgab und zu einem gelblich-grünen Oele zerfloß. Von dieser Verbindung wurde eine Gesamtanalyse gemacht ; hierbei stellte sich das Vorhandensein noch einer Methoxylgruppe heraus. Eine Bestimmung des Krystallwassers wurde auch versucht, war jedoch mit Schwierigkeiten verbunden, da das ent- wässerte Oel au der Luft sehr schnell Wasser anzieht. Es konnte auf die Anwesenheit von 1 Mol. HaO geschlossen werden. Zur Elementaranalyse und Methoxylbestimmung wurde lufttrockene Substanz verwendet. 1. 0,1563 g gaben 0,3009 g COg und 0,0982 g HgO. 2. 0,1628 „ „ 9,2 ccm N bei 756 mm und 220. 3. 0,327Ü„ „ 0,3164 g AgJ bei der Methoxylbestimmung. Berechnet für Gefunden: CwHisOiN: 1. 2. 3. C 52,36% 52,50% — - H 6,59 „ 7,02 „ - N 6,12 „ - 6,40% - CH8 7,1 „ - - 6,19%. Zur Ermittelung der relativen Stellung der OH- und OCHs- Gruppen wurde die geringe vorhandene Menge des wasserfreien Körpers mit Jodäthyl im Einschmelzrohr bei 130° äthyliert. Es wurden stroh- gelbe Nadeln eines bei 60° schmelzenden Körpers erhalten (während der in gleicher Weise behandelte Körper vom F.-P. 78° solche vom F.-P. 76° bildete). Die Aethylverbindung wurde mit Aluminium- amalgam reduziert und das dadurch entstandene Amin bei 0° in einer Lösung von 20 ccm Wasser und 1 g konzentrierter Schwefelsäure mit 4 g Natriumdichromat zum Chinon oxydiert. Auf diesem Wege wurde 94 H. Thoms u. A. Biltz: Safrol. ein in gelben Blättchen krystallisierendes Chinon erhalten, das identisch war mit dem Chinon CgH7 OCHs vom F.-P. 111°'). Der Yerhindung vom F.-P. 52" muß also die Formel C8H7 IJoH OCHg zugeschrieben werden. Ergebnisse der vorliegenden Arbelt. 1. Durch Salpetersäure wird aus Dihydrosafrol ein Mononitro- körper gebildet, und zwar tritt die Nitrogruppe an derselben Stelle (6) substituierend ein, wie bei der Nitrierung von Piperonal und Dihydro- methyleugenol. Während auch ein Dinitroprodukt des Dihydrosafrols sich leicht bildet, ist die Einführung einer dritten Nitrogruppe in das Molekül des Dihydrosafrols nicht möglich. Es zeigt sich also hier ein normales Verhalten im Gegensatz zum Dihydromethyleugenol. 2. Als wertvolles Mittel zur bequemen Aufspaltung der Methylen- dioxygruppe reiht sich den bisherigen die Verwendung des Aluminium- chlorids an, besonders in Fällen, wo jene versagen oder nicht an- wendbar sind, wie z. B. bei der Gegenwart von Nitrogruppen. 3. Bei der Einwirkung von Aluminium chlorid auf Nitrodihydro- methyleugenol verläuft die Abspaltung von Methyl in zwei Richtungen unter Bildung der beiden isomeren hydroxyl- und methoxylhaltigen Körper. 4. Bei der partiellen Reduktion des Dinitrodihydrosafrols wird stets die zu zweit eingetretene Nitrogruppe angegriffen, obgleich diese als di-orthosubstituiert geschützt erscheint im Vergleich zur anderen. 5. Durch die Ueberführung des Nitrohydrosafrols in das Nitro- dihydromethyleugenol einerseits und in das, aus dem Asaron erhältliche, (1) Propyl- (4) Methoxy- (3, 6) Benzochinon andererseits treten die verwandtschaftlichen Beziehungen der drei Phenoläther Safrol, Eugenol und Asaron klar zu Tage. 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 36, 862 (1903). H. Thoms: ZinkstaubdestillatioD der Pbenoläther. 96 Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Berlin. Mitgeteilt von H. Thoms. Ueber das Verhalten der Phenoläther hei der Zinkstauhdestillation. Von H. Thoms. (Eingegangen den 30. XII. 1903.) In einer Arbeit über das „rheinische Buchenholzteerkreosot'* hat S. MarasseO berichtet, daß bei der Zinkstaubdestillation des Kreosots das darin enthaltene Guajakol in Anisol überginge: 1 I ^ ' 1^^ OCHs ^^ OCH3 OH Marasse sagt in seiner Arbeit (S. 66): „Eine Bestätigung der Annahme, daß Zinkstaub auf die Methoxylgruppe (OCH3) nicht ein- wirkt, verdanke ich einer Mitteilung des Herrn Dr. Graebe. Derselbe ließ Anisol über erhitzten Zinkstaub destillieren, ohne daß dasselbe angegriffen worden wäre.'' E. Bamberger ^) hat dann später experimentell bewiesen, daß Phenoläther unter den Bedingungen stark erhöhten Druckes und ge- steigerter Temperatur in das entsprechende Phenol einerseits und einen Kohlenwasserstoff der Aethylenreihe andererseits im Sinne der Gleichung : CxHy — 0(CnH2n4-l) = CxHy-0H + CnH2n zerfallen. Nach Bamberger spaltet sich das Anisol, in ein Rohr eingeschlossen, bei 380—400'^ in Phenol und Aethylen: 2(C6H5-OCH8) = 2C6HBOH + C3H4. Die Angabe, daß Phenoläther wohl bei höherer Temperatur unter Druck, nicht aber bei der Zinkstaubdestillation zersetzt werden, hat sich in der Literatur^) bis auf den heutigen Tag erhalten. Vertrauend auf die Richtigkeit dieser Literaturangaben, glaubte ich das ver- schiedene Verhalten der Phenoläther einerseits und der freien Phenole ») Ännal. Chem. u. Pharm. 152, 59 und folgende (1869). 2) Ber. d. d. chem. Ges. 19, 1818 (1886). • 8) Vrgl. Beilstein, m. Aufl., 2. Bd., S. 652 (1896) u. Richter- Anschütz, Chemie der Kohlenstoffverbindangen, IX. Aufl., 1901, S. 159. 96 H. Thoms: Zinkstaabdestillation der Phenoläther. andererseits gegenüber erhitztem Zinkstaub nutzbar machen zu können für Konstitutionsbestimmungen in der Gruppe der Phenoläther. Da nach Marasse Guajakol bei der Zinkstaubdestillation in Anisol über- gehen soll, so durfte ich hoffen, eine ähnliche glatte Reaktion auch in der Apiolreihe sich vollziehen zu sehen. Bei der Hydrierung und gleichzeitigen Aufspaltung der Methylendioxygruppe im Isapiol entsteht nämlich ein Phenol, welchem Ciamician und Silber^) entweder die Konstitution Cs H7 C3 H7 ^>CH8 ^^^^ P|0CH8 Hol 'oCHs CHgol loH zuschrieben. Ich konnte unlängst dartun, daß der zweite Ausdruck der zutreffende ist^). Diese Beweisführung versuchte ich zunächst, indem ich das Phenol einer Zinkstaubdestillation unterwarf in der Erwartung, daß durch Abspaltung von Sauerstoff entweder Ca H7 C3 H7 r'VcHa oder f^^^^ entstehen würden. Die Konstitution des einen oder anderen dieser Phenoläther zu beweisen, wäre dann nicht schwierig gewesen. Es zeigte sich jedoch, daß die erwartete glatte Reduktion nicht eintrat, sondern ein Gemenge verschiedener Körper gebildet wurde, die sich infolge der geringen Menge verfügbaren Materials nicht trennen und charakterisieren ließen. Der negative Ausfall vorstehenden Versuches veranlaßte mich der Frage nachzugehen, ob Phenoläther bei der Zinkstaubdestillation überhaupt unverändert bleiben. Ich habe daher die Graebe'sche Arbeit wiederholt und das Anisol einer Zinkstaubdestillation unterworfen. Es zeigte sich hierbei entgegen den Angaben der Literatur, daß das Anisol sehr wohl zersetzt wird, und zwar im Sinne der bereits von Bämberger angegebenen Formulierung. Je 2,5 g Anisol wurden mit Zinkstaub gemischt und in einer Yerbrennungsröhre der Destillation unterworfen. Insgesamt kamen 60 g Anisol zur Destillation. Das Destillat wurde in Peligot'schen Röhren, die mit Eis-Koch- salzmischung gekühlt waren, aufgefangen. An die zweite Peligot'sche 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 23, 1159; 23, 2283 (1890); 29, 1800 (1896). 8) Ber. d. d. ehem. Ges. 36, 1714 (1903). H. Thoms: Zinkstaubdestillation der rbenoläther. 97 Röhre war noch eine mit Brom beschickte Vorlage angeschlossen, um die eventuell entstehenden ungesättigten Kohlenwasserstoffe zu binden. An Destillat wurden 20 g Flüssigkeit erhalten. Diese wurde mit Aether aufgenommen und mit 5"iiger Kalilauge ausgeschüttelt, um etwa entstandenes Phenol auszuziehen. Von der ätherischen, mit Kalilauge gewaschenen Lösung wurde der Aether abdestilliert und der Rückstand einer fraktionierten De- stillation unterworfen. Der bis 100° übergehende Anteil bestand größtenteils aus Benzol (gegen 3 g), das durch Ueberführen in Nitro- benzol und Anilin und dann durch die Chlorkalkreaktion identifiziert werden konnte. Die höhere Fraktion (gegen 10 ccm) bestand aus unzersetztem Anisol. Der Rückstand im Destillationskölbchen wurde mit Wasser- dampf übergetrieben. Es wurden hierbei 2,5 g einer gut krystallisierenden, bei 71° schmelzenden Substanz erhalten, die als Diphenyl sich charak- terisieren ließ. Die Analyse lieferte folgende Werte: 0,0993 g Substanz: 0,3396 g COa und 0,0567 g Hau. Berechnet für C12H10: Gefunden: C 93,44% 93,27% H 6,56 „ 6,40 „. Die alkalische Flüssigkeit wurde mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert und mit Aether ausgeschüttelt. Der Abdampfrückstand der ätherischen Lösung erstarrte krystallinisch; sein Gewicht betrug 3 g. Der Körper erwies sich als identisch mit Phenol. Zur Charak- terisierung desselben wurde es benzoyliert. Nach mehrmaligem Um- krystallisieren zeigte die Benzoylverbindung den Schmelzpunkt des Benzoylphenols (70°). Eine Mischprobe des Körpers mit Benzoyl- phenol zeigte keine Schmelzpunktserniedrigung. Die Analyse lieferte folgende Werte: 0,1407 g Substanz: 0,4051 g COa und 0,0618 g HaO. ßereclinet für CigHioOa: Gefunden: C 78,74% 78,52% H 5,09 „ 4,92 „. In der bromhaltigen Vorlage hatten sich Krystalle abgeschieden, die sich durch den Schmelzpunkt (89°) als p-Dibrombenzol erwiesen. Die Bildung dieses Körpers erklärt sich dadurch, daß kleine Anteile Benzoldämpfe nicht in den Peligot' sehen Röhren zurückgehalten, sondern in die Bromvorlage übergegangen waren. Die Anwesenheit von Aethylenbromid in der letzteren wurde dadurch festgestellt, daß die Flüssigkeit mit schwacher Natronlauge behandelt, sodann das Aroh. d. PhAnn. CCXXXXII. Bd«. 2. Heft. 7 98 R. Beckstroem: Asaron. restierende Oel im Scheidetrichter getrennt und mit alkoholischer Kalilauge erhitzt wurde. Das entstandene Acetylen, in eine ammonia- kalische Kupferchlorürlösung geleitet, gab sich an der Ausscheidung braunen Acetylenkupfers zu erkennen. Die Zersetzung des Anisols bei der Zinkstaubdestillation läßt sich daher durch das Schema veranschaulichen: /\ /\ \/ OCB [s CHgC \/ *^ ^ /\ CHa i OH + k ^ ♦s. /\ /\ /\ \/ \/~\/ Benzol Diphenyl. Bei der Ausführung der vorliegenden Arbeit hat mich mein Assistent, Herr Vogelsang, bestens unterstützt. Arbeiten aus dem Pharmazeutischen Institut der Universität Berlin. Mitgeteilt von H. T h o m s. lieber einige Derivate des Asarons. Von R. Beckstroem. (Eingegangen den 30. XIL 1903.) In einer Mitteilung der Untersuchungsergebnisse über die Be- standteile des Kalmusöles*) war die Vermutung ausgesprochen worden, daß der an Natriumbisulfit sich bindende Riechkörper des Kalmusöles wahrscheinlich ein Zwischenprodukt der Oxydation des Asarons zum Asarylaldehyd sei. Zur Herstellung des Riechkörpers wurde das Asaron daher verschiedenen Oxydationsversuchen unter- worfen. Sie führten zwar nicht zu dem gewünschten Riechkörper; die gemachten Beobachtungen sowie einige Derivate des dabei erhaltenen Asarylaldehyds mögen jedoch im folgenden beschrieben werden. ») H. Thoms und R. Beckstro em, Ber. d. d. ehem. Ges. 35, 3187 (1902). R. Beckstroom: Asaron. 99 Oxydation des Asarons mit Kaliumpermanganat. Die Oxydation des Asarons mit Kaliumpermanganat (ührte stets direkt zum Asarylaldehyd. Trotzdem Kaliumpermanganat in theo- retischer, zur Bildung eines Glykols nötigen Menge unter den ver- schiedensten Yersuchsbedingungen angewendet wurde, — es wurde in neutraler, auch zur Bindung entstehenden Kaliumhydroxyds mit Magnesiumsulfat versetzter Lösung bei gewöhnlicher Temperatur und bei 0°, sowie in verschiedenen Verdünnungsgraden gearbeitet — , stets bildete sich der Aldehyd neben unverändertem Asaron. Das Auftreten eines Zwischenproduktes, sei es eines Glykols oder Ketons, konnte nicht beobachtet werden. Oxydation des Dihydroasarons mit Chromylchlorid. Nach den Angaben von v. Miller und Rohde*) geht Propyl- benzol durch Oxydation mit Chromylchlorid in Benzylmethylketon über, weshalb ich hoffte, durch dieselbe Reaktion aus dem Dihydroasaron, dem Propyltrimethoxybenzol, ein entsprechendes Keton, das Trimethoxy- benzylmethylketon erhalten zu können. Zu dem Zwecke versetzte ich eine Lösung von 10,0 g Dihydro- asaron in 100,0 g Schwefelkohlenstoff allmählich unter Abkühlung mit einer Lösung von 14,35 g Chromylchlorid in 100,0 g Schwefelkohlenstoff und zersetzte die ausgeschiedene Verbindung nach dem Auswaschen mit Schwefelkohlenstoff durch Eintragen in kaltes "Wasser unter gleich- zeitigem Zusatz von schwefliger Säure, um die abgespaltene Chrom- säure zu zerstören. Es resultierte ein plastisches Harz, dessen ätherische Lösung ich zunächst mit Natriumbisulfit ausschüttelte, wodurch eine geringe Menge von Asarylaldehyd gewonnen wurde. Der Aldehyd wurde durch seinen Schmelzpunkt von 114° sowie dadurch identifiziert, da£ ein inniges Gemisch mit reinem Asarylaldehyd keine Schmelz- punktsdepression zeigte. Darauf wurde das Harz der Destillation mit überhitzten Wasser- dämpfen unterworfen. Das Destillat enthielt goldgelbe; vanillinartig riechende KrystaUe, die nach dem Umkrj'stallisieren aus verdünntem Alkohol den Schmp. 110,5° zeigten. Die Analyse lieferte Werte, welche auf die Formel CioHiaO» stimmten. 0,0997 g Substanz üeferten 0,2427 g COj und 0,0614 g HgO. Berechnet für C10H19O3: Gefanden: C 66,62% 66,39% H 6,72 „ 6,89 „. ») Ber. d. d. ehem. Ges. 23, 1070 (1890). 7* 100 R. Beckstroem: Asaron. Die Analyse, der Schmelzpunkt und die sonstigen Eigenschaften des Körpers ließen vermuten, daß ich es mit dem von Ciamician und Silber zuerst durch Einwirkung von Salpetersäure auf Dihydro- asaron dargestellten Chinon C10H12O8 zu tun hatte. Es stellte sich heraus, daß der Körper mit dem Chinon tatsächlich identisch war. Ein Gemisch beider erlitt keine Schmelzpunktsdepression. H. Thoms und J. Herzog') haben die Bildung dieses Chinons durch Einwirkung von Salpetersäure auf Dihydroasaron näher beschrieben und seine Konstitution als l-Propyl-4-Methoxy-2,5- Chinon CHg — CH2 — CH3 fr OCHg zweifellos festgestellt. H. Thoms und F. Zernik^) erhielten dasselbe Chinon auch durch Einwirkung von Salpetersäure auf Dihydromethyleugenol, Reduktion der Nitroverbindung und Diazotieren des entstandenen Amins. Aus dem Dihydroasaron bildet sich das Chinon also nicht nur durch Einwirkung von Salpetersäure, sondern auch durch Chromyl- chlorid. Es ist eine neue Bestätigung, daß durch Chromylchlorid aliphatische Seitenketten aromatischer Verbindungen unangegriflfen bleiben können, dafür aber der Kern unter Bildung von Chinonen an- gegriffen wird. Aus dem bei der Wasserdampfdestillation zurückbleibenden Harze, schieden sich bei längerem Stehen unter Wasser noch wiederholt geringe Mengen des Chinons ab. Die Ausbeute war jedoch im ganzen äußerst gering. Einwirkung von Natriummethylat auf Dibromasaron. Eine Lösung von 5 g Dibromasaron in wenig Methylalkohol wurde mit einer Lösung von 0,75 g Natrium in 20,0 g Methylalkohol versetzt und einige Tage beiseite gestellt. Nach dem Verdünnen mit wenig Wasser schieden sich bei starker Abkühlung Krystalle aus, die nach mehrmaligem ümkrystallisieren aus verdünntem Alkohol den Schmelzpunkt 77,5° zeigten. Es sind seidenglänzende, in Alkohol, Aether, Chloroform und Eisessig leichtlösliche blätterige Nadeln, die bei längerem Stehen am Lichte grau, schließlich schwarz werden. 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 23, 2294 (1890). 2) Ber. d. d. ehem. Ges. 36, 856 (1903). 8) Ber. d. d. ehem. Ges. 36, 859 (1903). R. Beckstroem: Asaron. l6l Die Analyse ergab Werte, welche auf die Formel Ci8Hi8 04Br stimmten. 0,1216 g Substanz lieferten 0,2174 g COg und 0,0637 g HjO. 0,1242 „ „ „ 0,0744 „ AgBr. Berechnet für Ci8Ht9 04Br: Gefunden: C 48,89% 48,76% H 5,99 „ 5,86 „ Br 25,06 „ 25,49 „. Es ist also durch die Einwirkung des Alkoholats auf Dibrom- asaron in der Kälte nur ein Br-Atom durch die Methoxylgruppe ersetzt. Da nach den Untersuchungen von K. Au wer s und 0. Müller*) in dem Isoeugenoldibromid sich das a-Brom-Atom durch lebhaftere Reaktionsfähigkeit auszeichnet und nur dieses durch Ein- wirkung von Alkoholaten in der Kälte substituiert wird, ist es an- zunehmen, daß auch hier das a-Brom-Atom in Reaktion getreten ist und dem erhaltenen Körper die Formel CeH8r\ ^tt ^Lii± — L'gJdig — v-^U — Liüs mit der CHs — CO-Gruppe sich an Natriumbisulfit binden müssen. Das Oxim des Ketons krystallisiert äußerst träge, auch beim Umkrystallisieren scheidet es sich aus dem Lösungsmittel zunächst ölig aus. Erst nach mehreren Wochen erstarrt das Oel zu einem Krystallbrei, der nach dem Abwaschen mit Alkohol den Schmp. 86° zeigte. Leichter krystjillisierbar ist das Semikarbazon n TT /(OCH3)3 p jj C.H.\CH - CH-C Hieraus darf wohl geschlossen werden, daß dieses gleichmäßige Steigen und Sinken des Phosphors und Stickstoffs auf Lecithin hinweist. Durch die Feststellung der Anwesenheit von Lecithin im Weine, welches in alkoholärmeren Weinen wohl nur in ganz kleinen Quantitäten oder garnicht, in alkoholreicheren Weinen jedoch, wie in dem hier untersuchten mit 15,36 Volumprozenten Alkohol, in schon ansehnlichem Maße vorhanden ist, läßt sich auch die von alters her bekannte und bewährte kräftigende Wirkung des Weines auf den menschlichen Organismus erklären und als berechtigt ansehen. Dank der Anwesenheit des Lecithins, dessen physiologisch wert- volle Wirkungen ja bekannt sind, wird hei der Krankenbehandlung in den Fällen, in welchen alkoholhaltige Anregungsmittel indiziert sind, starken natürlichen Südweinen vor Destillationsprodukten (Kognak, Arak, Rum u. s. w.) wohl der Vorzug gegeben werden müssen. Bei Beurteilung von Krankenweinen ist also vor allem der Phosphorsäuregehalt zu prüfen und die Anwesenheit von organisch gebundenem Phosphor festzustellen. In Weinen, welchen ein großer Teil des Alkohols erst nach der Gärung und Entfernung von den Trauben künstlich zugesetzt wird, wie dies bei der Sherry-, Malaga-, Porto- und oft auch bei der Tokayer-Behandlung geschieht, wird wohl kein Lecithin, oder sehr wenig, vorkommen. Die Gresamtphosphorsäurebestimmung wird dabei schon Aufschluß geben, da an Phosphorsäure arme Weine, neben dem unorganischen Phosphor kaum noch Lecithin enthalten können. Wenn das Vorkommen von organisch gebundenem Phosphor in starken Südweinen sich als allgemein herausstellen sollte, so könnte der Nachweis desselben zugleich Aufschluß auf ihre Naturreinheit geben. Und sollte es sich bestätigen, daß Lecithin in sämtlichen Natur- weinen sich befindet, so sei für diesen Fall hier noch eine letzte und nicht unwichtige Schlußfolgerung angeknüpft. Es werden seit längerer Zeit schon verschiedene Behandlungen vorgeschrieben, um Weine vor Krankheiten zu schützen und haltbarer zu machen. Dazu gehören das Pasteurisieren des Weines und das Erhitzen des Mostes bei nachheriger Zugabe von neuer Hefe^). Beides sind sicherlich gute Methoden um die schädlichen Pilze, Ursachen der bekanntesten Weinkrankheiten, zu zerstören oder am Weiterentwickeln zu verhindern. Sie scheinen rationell und angezeigt. Sie sind aber auch Methoden, die sicher den Hauptbestandteil des Weines, das Lecithin, zerstören, das schon bei wenig über 50° sich zersetzt. Wir möchten hier, im Interesse der physiologischen Wirkung des Weines, vor diesen Manipulationen, so unschuldig sie auch erscheinen 1) Rosenstiehrsches Verfahren. E. Rupp: Platinbestimmungen. 143 mögen, warnen, denn durch sie wird der Wein gerade seiner wohl- tuenden Eigenschaften beraubt und es bleibt ein Gemisch übrig, dem, so sehr es auch dem Gaumen des Konsumenten munden mag, der in dieser Arbeit nachgewiesene physiologisch aktive iStoflf, das Pflanzen- lecithin, fehlt, und das den Namen „Wein", im rein wissenschaftlichen Sinne des Wortes, nicht mehr verdient. Fehlt aber dem Weine diese organische Phosphorverbindung, so sind, so seltsam sie auch scheinen mögen, die Behauptungen der Alkohol- feinde und auch berühmter Physiologen richtig, wenn sie sagen, daß schließlich Wein keine andere Wirkung hervorrufen kann, als ein ent- sprechend verdünnter Alkohol. Und fürwahr, entziehen wir dem Weine das Lecithin, welches ist dann der übrigbleibende Stoff, dem eine kräftigende und stärkende Wirkung beigemessen werden könne, eine Wirkung, die doch gewiß nicht aus Irrtum oder bloßem Wahne seit Jahrhunderten so hochgehalten, anerkannt und geschätzt wurde? Auch vom Alkohol oder den Aetherarten kann eine solche Wirkung nicht herkommen, beweisen doch all' die Arbeiten neuerer Zeit, daß jene dem Körper eher schädlich sind. Erhalten wir deshalb dem Weine seine Bestandteile und er wird der Menschheit auch künftighin noch als ein wahres Nahrungs- und Kräftigungsmittel große und sichere Dienste leisten. Straßburg i. E., im Dezember 1903. Ueber volumetrische und gravimetrisclie Platin- bestimmungen. Von E. Rupp. (Eingegangen den 21. I. 1901.) In einer aus dem Probierlaboratorium des K. K. Hauptmünzamtes zu Wien hervorgegangenen Arbeit von H. Petersen '), welche die Jodometrie von Edelmetallen zum Gegenstande hat, wird eine volu- metrische Bestimmung von Gold und Platin auf die partielle Reduktion betreffender Chloride durch Jodkalium begründet. Die maßanalytische Operation besteht in der Titration des entbundenen Jods mit Thio- sulfatlösung. 1) Ztschr. f. anorg. Chem. 19, 63. 144 E. Rupp: Platinbestimmungen. Eine mit Herrn H. Spieß') unternommene Arbeit über die „ Jodometrie von Gold und Platin" führte u. a. auch zur Heranziehung obiger Reduktionsprozesse, AuCl3 + 3KJ = AuJ + Ja4-3KC1, PtCl4 -t-4KJ = PtJ2 + 2J + 4KCI, wobei sich ergab, daß deren Verlauf kein derartiger ist, um quantitativ analytische Methoden darauf zu basieren. Das Goldjodür fällt sehr rasch einer Weiterzersetzung in Au + J anheim, infolge deren die Peterson'sche Methode auch in der von Gooch und Morley modifizierten Form^) zu hohe Analysenwerte liefert. Das experimentelle Material hierüber ist im Anschlüsse an ein Goldtitrationsverfahren mit °/io Arsenigersäure in den Berichten der Deutschen chemischen Gesellschaft ^) aufgeführt. Im nachfolgenden soll über verschiedene Platinbestimmungsmethoden berichtet werden, zu denen das experimentelle Material teilweise auch von Herrn Hartmann mitbearbeitet wurde. Die Reaktion, welche Petersen seiner titrimetrischen Platin- bestimmungsmethode zu Grunde legt, nach der also Platinjodür ein direktes Einwirkungsprodukt von Jodkalium auf Platinchlorid bezw. Platinchlorwasserstoffsäure sein soll, steht im Widerspruche mit den Forschungen von Topsoe *) und Lassaigne ^). Nach diesen ist Platin- jodür unmittelbar aus Platinchlorid überhaupt nicht erhältlich, sondern nur aus Platinchlorür , nach Clausius**) selbst aus diesem nicht quantitativ oder absolut rein. Beim Zusammenbringen von Platinchlorid mit Jodkalium bezw. Jodwasserstoff bildet sich nach übereinstimmenden Angaben der ge- nannten Autoren Platinjodid, bezw. Platinwasserstoffjodid. Nur spuren- weise Jodabscheidung ist wahrnehmbar infolge einer nicht näher be- kannten Nebenreaktion von durchaus untergeordneter Bedeutung. Ein Thiosulfatverbrauch im Sinne obiger Gleichung ist daher ausgeschlossen. Es wurden nun einige Titrationen nach Petersen ausgeführt und dabei einerseits gefunden, daß von jodkaliumhaltigen Platinchlorid- lösungen in der Tat Thiosulfat verbraucht wird, indem die durch Jod- kalium hervorgerufene tief eisenrhodanidrote Färbung auf Thiosulfat- zusatz in Hellgelb übergeht. Andererseits wurde aber festgestellt, daß aus solchen Lösungen durch Chloroform, abgesehen von spurenweisen 1) Dissertation Freiburg i. B. 1902. 2) Ztschr. f. anorg. Cham. 22, 200. 8) Bd. 35, 2011; Bd. 36, 3961. 4) Chem. Zentralbl. 1870, 683. 5) Ann. d. Chem. u. Physik 51, 113. • 6) Jahresber. f. Chem. 1855, 420. K. Rupp: Platinbestimmungen. 146 Andeutungen, kein Jod ausgeschüttelt werden kann. Jieiläufig sei bemerkt, daß auch Stärkelösung im vorliegenden Falle nicht in der typischen Weise auf freies Jod reagiert. Zu nachfolgenden Bestimmungen diente eine Platinlösung, welche 0,04625 g Platin in 5 ccm oder 0,00925 g in 1 ccm enthielt, und durch Auflösen von Platinchlorid in Wasser, unter Ansäuern mit Salzsäure, dargestellt worden war. Der Gehalt an Platin wurde bestimmt durch Verdampfen von 20 ccm der Lösung und vorsichtiges Glühen unter Zui^atz von Chlorammonium; dabei waren erhalten worden: 0,1850 g metallisches Platin. 10 ccm dieser Platinlösung mit 1 g Jodkalium versetzt, wurden nach V2 — 1 Stunde mit Natriumthiosulfat titriert. Hierbei ging die braun- rote Färbung allmählich in eine hellgelbe über, wozu an "/lo Thiosulfat 4,2—4,5 ccm verbraucht wurden. War die Hellgelbfärbung eingetreten, so begann fast momentan eine Wiederbräunung einzusetzen, die durch weiteren Zusatz von Thiosulfat aufs neue aufgehoben werden konnte etc. Daß eine derart fließende Endreaktion nur innerhalb weiter Grenzen übereinstimmende Resultate geben kann, ist leicht zu verstehen. Die erhaltenen Resultate difl'erierten unter sich durchweg im Verhältnis obiger Werte um ca. 7 %. Ein weiterer Beweis, daß das Thiosulfat nicht durch freies Jod verbraucht wird, zeigt folgende Versuchsreihe, bei der 5 ccm Platinlösung mit 2 — 3 g Jodkalium und 5 ccm verdünnter Salzsäure versetzt, und nach verschieden langem Stehen aus einem Destillationsköibchen in vorgelegte Jodkaliumlösung destilliert worden waren. Im Destillate wurde nachher übergegangenes Jod mit %o Natriumthiosulfat titriert Hierbei wurde aa Thiosulfat verbraucht: Destilliert nach: Destillationsdauer: Verbranch an "/lo Thiosulfat : ö Minuten 30 „ 30 „ B Stunden 11 : ö Minuten 5 „ 10 „ bis zur Trockene 5 Minuten bis zur Trockene id. 0,82 ccm 0,90 „ }'H " 1,10 „ 0,90 „ 1,00 „ 1,16 „ Nach der Gleichung: PtCJ4 + 4 KJ = Pt Ja + 2 J + 4 KCl Pt = 2 J 0,00974 g Pt = 1 ccm n/10 J = 1 ccm n/10 Thiosulfat hätten theoretisch 4,74 ccm n/jg Thiosulfat auf die angewendeten 0,04625 g Pt kommen müssen. Die bei der Destillation ühergegangenen minimalen Mengen von Jod sind größtenteils sekundäres Zersetzungsprodukt von PtJ4 durch die Hitze, wie erwiesen wird durch die von Clementi gemachte Be- Arch. d. Pharm. CCXXXXII. Bds. 2. Heft. 10 146 E. Rupp: Platinbestimmungen. obachtung, daß bei der Fällung von Platinchlorid mit Jodwasserstoflf bei Siedehitze ein Gemisch aus PtJ4 + PtJ2 gefällt wird. Der sehr viel erheblichere Thiosulfatverbrauch bei direkter Titration muß also auf einer unmittelbaren Reaktion zwischen Platin- jodid und Thiosulfat beruhen. Höchstwahrscheinlich handelt es sich dabei um eine komplexe Thioschwefelsäure-Platinverbindung, behufs deren Ermittelung Untersuchungen präparativer Natur anzustellen wären. Aus Platinchlorid und Thiosulfat entsteht dieselbe nicht, da beim Zusammenbringen beider Agentien die Lösung keine Aufhellung erfährt, sondern sehr bald, beim Erhitzen sofort, braunschwarz getrübt wird durch ausfallendes Schwefelplatin. Es beruht somit das Peter son'sche Platintitrationsverfahren auf ganz unzutreffenden Voraussetzungen, dessen Genauigkeit auf Grund der bereits aufgeführten Analysenw^erte als eine unzulängliche zu bezeichnen ist. Peterson selbst bezeichnet die Resultate als „höchst befriedigende" und „den strengsten Anforderungen genügende", indem er durch die Anwendung extrem kleiner Analysenmengen vollkommen irre geführt wird. Rechnet man die von ihm 1. c. angegebenen Beleg- analysen auf prozentische Werte um, so zeigt sich, daß die Genauigkeit nur eine scheinbare, durch die geringen Materialmengen vorgetäuchte ist, und das Bild wird ein wesentlich anderes. Ich greife zur Erläuterung einige Beispiele heraus: Bei einer Reihe von Versuchen zur Bestimmung des Platins schwanken die gefundenen Platinwerte zwischen 0,00253 g und 0,00270 g, die absolute Differenz ist nur 0,00017 g, die relative jedoch 94,07 gegen 100 -= 5,93 %. In einer anderen Reihe von Bestimmungen mit verschiedenen Mengen von Platinlösung erforderten durchschnittlich 5 ccm Platinlösung 2,4 ccm n/jo Thiosulfat, während 10 ccm derselben Lösung 4,7 ccm verbrauchten; scheinbar nur eine geringfügige Differenz von 2,4 X 2 = 4,8 gegenüber 4,7 == 0,1 ccm. In Prozenten bedeutet dies einen Unterschied von 100 —97,92 = 2,08 %. An anderer Stelle wird eine Titrationsserie angeführt, bei der für jede Titration an "/lo Thiosulfat 0,2 ccm erforderlich w^aren. Es ist augenscheinlich, daß mit derartigen A^erbrauchsmengen für die Genauigkeit einer Methode gar nichts bewiesen werden kann, wo ein Ablesungsunterschied von 0,01 ccm eine Differenz von 5% und ein Tropfen mehr oder weniger eine Ueber- bezw. Untertitration von 15% bedeutet (Vio ccm = 3—4 Tropfen gesetzt). Ich habe schon bei einer früheren Veranlassung ^) darauf hin- gewiesen, wie auf diese Weise methodische Fehler unkontrollierbar bleiben, weil sie in den unvermeidbar groß werdenden Versuchsfehlern untergehen» 1) Berl. Ber. 36, 3961. Rupp: Platinbestimmungen. 147 Um auf andere Weise zu einem Titrationsverfahren für Platin zu gelangen, wurde zunächst dessen quantitative Fällbarkeit durch einige Metalle und Metalloide wie Magnesium, Zink, Eisen, Arsen, Antimon etc. ins Auge gefaßt und die Ermittelung der hiervon in Lösung gegangenen Aequivalentmengen angestrebt. Dabei erwiesen sich Arsen und Antimon durch ihr rasches Fällungsvermögen und leichte titrimetrische Be- stimmbarkeit an und für sich am geeignetsten; die Entstehung von antimoniger und arseniger Säure bei der bloßen Behandlung betreffender Elemente mit Wasser, läßt jedoch größere Mengen derselben in Lösung gehen als dem Platin entspricht. Hiernach wurden Fällungsversuche mit titrimetrisch leicht be- stimmbaren Reduktionsmitteln angestellt. Als solche wurden in Betracht gezogen Ameisensäure, Zinnchlorüi- und Hydrazinsalze, für welch letztere wir zu diesem Zwecke eine jodoxydimetrische Bestimmungs- weise') ausarbeiteten. Die Reduktion wuide mit bekannten Mengen der genannten Agentien vollzogen und der nicht verbrauchte üeber- schuß hieran zurückgemessen. Wie sich zeigte, erleiden weit größere Quantitäten obiger Reduktionsmittel als dem ursprünglich vorhandenen Gewichte an Platinsalz entspricht, eine Oxydation, so daß keinerlei Rückschlüsse auf letzteres ziehbar sind. Der Grund hierfür ist in einer katalytischen Betätigung des metallischen Platins zu suchen. Ueber den Grad derselben mögen einige der angestellten Versuche Auskunft geben. Reduktion durch Hydrazinsulfat. In der Hitze wird Platinchlorid in alkalischer, neutraler und schwach saurer Lösung zu Metall reduziert, in stark saurer fast garnicht. Mit Natriambikarbonat oder Ammoniak alkalisch gemacht, wird das PtCl4 schon in der Kälte nach 15 — 20 Minuten vollständig reduziert. 2 com PtC]4-Lösung wurden mit 2,5 com einer 2,5%igen Hydrazin- sulfatlösung (= 19,21 ccm n/io J) auf dem Wasserbade 15 Minuten erhitzt, nach dam Erkalten auf 100 ccm aufgefüllt und filtriert. 50 ccm des Filtrates versetzte ich mit einem gemessenen Ueberschuß von ^lio Jodlösung, unter Zusatz von gelöstem Natriumkaliumtartrat, und titi'ierte nach einer Viertelstunde. Im Filtrat befand sich kein Platin mehr, wie eine Präfang mit Jodkalium zeigte. NH9NH9 + PtCJ4 = No + Pt + 4HC1 XH3NH2H2SO4 = Pt 130,187 = 194,8 Pt NHa— NH2H3SO4 = 4J -^-i=J 4 194,8:40 g Pt = °/io J 0,U0487 g Pt -- 1 ccm °/io J. 1) Joum. f. prakt. Chem. (2) 67, 140. 10* 148 E. Rupp: Platinbestimmungen. I. II. Zusatz von Jod . . 11,34 ccm ^jio J 11,05 ccm °/io J Zurücktitriert. . . . 6,28 „ „ 4,77 „ „ Verbraucht für Ueberschuß an Hydrazin 5,06 X 2 = 10,12 ccm "/lo J 6,28 X 2 = 12,56 ccm Wio J Für Platin ver- braucht 19,21-10,12 = 9.09 „ „ 19,21-12,56=^6,65 „ „ Pt gefunden 0,04426 g 0,03238 g Pt angewandt. . . . 0,0185 „ — Ferner wurden 2 ccm Platinlösung mit 2,5 ccm Hydrazinsulfat (= 19,21 ccm i/xo J) versetzt, nachdem die Lösung mit Bikarbonat alkalisch gemacht worden. Die Reduktion tritt sofort ein und ist nach 15—20 Minuten vollständig. Nach dem Auffüllen auf 100 ccm und Abfiltrieren vom metallischen Platin wurde wie bei den vorigen Versuchen in saurer Lösung verfahren. Es ergaben sich folgende Resultate: I. IL Zusatz von ^/lo J . . . . 15,72 ccm 16,03 ccm Zurücktitriert 10,51 „ 11,39 „ Verbraucht für Ueber- schuß an Hydrazin . 5,21 x 2 = 10,42 ccm 4,64 x 2 = 8,28 ccm Verbraucht für Pt . . . 19,21 —10,42 = 8,79 „ 19,21 —8,28 = 10,93 „ Berechneter Verbrauch für Pt = 3,8 ccm ^jw J. In ammoniakalischer Lösung zeigen sich dieselben Verhältnisse, wie folgende Zahlen beweisen: Verbraucht für 2 ccm PtCl4 an Jodlösuag 5,03; 8,83; 7,07 ccm in drei Versuchen. Reduktion durch Zinnchlorür. Platiniverbindungen werden durch Zinnchlorür in saurer Lösung zu Piatino Verbindungen reduziert: PtClßHa + SnCla = PtC^Ha + SnQi. Die verwendete SnCl2-LösuEg hatte den Titer: 1 ccm = 26,99 — 27,01 ccm °/io J. Die Titration geschieht direkt durch Jod in saurer Lösung mit Anwendung von Stärkelösung als Indikator, wobei der Umschlag sehr scharf erkennbar wird, obschon die Farbe der Jodstärke nicht rein blau ist. 2 ccm Platinchloridlösung (= 0,0185 g Pt) wurden mit 1 ccm Sn C12- Lösung und Wasser 15 — 20 Miauten auf dem Wasserbade erhitzt, zu 100 ccm aufgefüllt, filtriert und 50 ccm vom Filtrate titriert. Zurücktitriert Verbraucht für Pt Gefunden Wio J an n/,0 J Pt 5,1 X 2 = 10,20 ccm 27,01 —10,2 = 16,81 ccm 0,1637 g 5,82X2 = 11,64 „ : 27,01—11,64 = 15,37 „ 0,1497 „ berechnet nach: Pt = Sn Clg = 2 J 0,0097 g • Pt = 1 ccm n/j^ j. Eine Probe wurde nach 15 Minuten Stehens in der Kälte titriert: vom Pt wurden 14,27 ccm "/lo J verbraucht = 0,1389 g Pt. E. Kupp: Platinbestimmangen. 149 Zwei Proben, 1 Stunde auf dem Wasserbade erhitzt, ergaben: Verbrauch an "/lo J Gefunden Angewandt für Platin Platin Platin 17,01 ccm 0,1656 g 0,0185 g 14,93 „ 0,1454 „ 0,0185 „ Wie ersichtlich, unterliegt allenthalben unverhältnismäßig viel Zinnoxydulsalz der Oxydation. Titrimetrische Bestimmung als TlaPtCle- Eine durch Schwerlüslichkeit besonders ausgezeichnete Ver- bindung der Platinchlorwasserstoffsäure ist deren Thalliumsalz'). Die Entstehung dieses Chloroplatinates wird hervorgerufen durch Zusammen- bringen der Platinlösung mit Thallonitrat. Indem letzteres in be- kannter, im Ueberschuß vorhandener Menge angewandt und der Rest zurückbestimmt wird, läßt sich aus der als Komplexsalz gebundenen Thalliummenge der Platingehalt berechnen. Die Thalliumnitratlösung wird zweckmäßigerweise in einer Stärke von 2 — 2,5% bereitet. Ihr Titer ist genauestens nach der von mir angegebenen Chromatmethode^) in folgender Weise ermittelbar: 10 ccm einer 4%igen Kaliamchromat- lösung von bekanntem Thiosulfattiter werden im 100 ccm-Kolben mit Wasser und ca. 1 g gefälltem Calciumkarbonat versetzt, worauf man unter Umschwenken 10 ccm der Thalliumlösung zusetzt und das Yolum auf 100 ccm ergänzt. Nach erfolgter Durchmischung filtriert man ab, versetzt 2-5 ccm des Filtrates mit mindestens 50 ccm Wasser, 1 — 2 g Jodkalium und ca. 5 ccm Salzsäure von 25%, worauf 5 Minuten später mit °/2o Thiosulfat und Stärkelösung titriert wird. 2TINO3 = Tl-aCrOi = CrOg = 3J; 0,00888 g TINO3 = 1 ccm ^ko Thiosulfat. Es wird nun in der Weise vorgegangen, daß man die Platin- lösung im 50- bezw. 100 ccm-Kolben mit einer reichlich bemessenen Quantität Thallonitratlösung versetzt und 1 Stunde lang in der Kälte stehen läßt, wobei hin und wieder umgeschwenkt wird, damit der Niederschlag sich besser zusammenballt. Es wird-dann aufs Volum ergänzt und durch ein Doppelfilter filtriert. 25 bezw. 50 ccm Filtrat werden sodann genau wie oben angegeben in calciumkarbonathaltiger Chromatlösung weiter behandelt zwecks Ermittelung Yon überschüssigem Thalliumsalz. Erfordernis ist, daß die zu untersuchenden PlatinchlorwasserstofF- lösungen diu-ch Eindampfen ziemlich vollständig von Salzsäure befreit sind, auf daß nicht neben der Reaktion HaPtCJß + 2TINO3 = TlaPtClß + 2HNO3 in nennenswerter Menge schwerlösliches Thallochlorid sich bilde. 1) 1 Tl. löslich in 15600 Tl. Wasser. 3) Ztschr. f. anorg. Chem. 33, 156. 150 E. Rupp: Platinbestimmungen. Die Berechnung der Resultate ergibt sich aas den Ansätzen: 2TlN03 = Tl2PtCl6 = Pt 2TlN03 = Tl2Cr04 = Cr03 = 3J = 3 Thiosulfat, folglich 3 Thiosulfat = 1 Pt = 194,8 g Pt 1 com n/go Thiosulfat = 0,0032465 g Pt. Beispiele: .Je 5 ccm HgPt Clß-Lösung wurden mit 20 com TlNOg-Lösung und Wasser auf 50 ccm gebracht, 1 Std. beiseite gestellt, 25 ccm Filtrat im lOiO ccm-Kolben in 10 ccm KgCrOi-Lösung + 1 g CaCOs + H3O verbracht, aufs Volum er- gänzt und filtriert. 25 ccm + ca. 50 ccm HgO -f 1 g KJ + 5 ccm HCl mit n/jo Thiosulfat titriert. Angew. 10 ccm n', Thiosulfat verbr. ■ ^.^^ „, rr,, p^-^ „,.f„iio„a„ ti K2Cr04 für zurücktitriertes ^«^ ^^^ ^'^CrOi gefaUenen Tl entsprachen j K2Cr04 entsprechende Differenz I. 96,4 n/20 Th. 1 4 X 18,78 = = 75,12 ccm 2(96,4 - -75,12) = 42,56 ccm n/j^ Th. n. 96,4 „ : 4 X 18,7a = = 75,12 , 2(96,4 - -75,12) = 42,56 ., III. 96,24 „ 4 X 20,05 = = 80,2 „ 2(96,24- -80,2) =32,08 „ IV. 96,24 „ 4 X 20,07 = = 80,28 „ 2(96,24- -80,28)^31,92 „ V. 96,24 „ 4 X 20,05 = = 80,2 ., 2(96,24- -80,2) =32,08 „ 0/20 Thiosulfat = Wert der angew. 1 Auf TlgPtCle entfallender Differenzwert SOccmTlNOg- (Tl NOg— Tlg Cr O4) Lösung I. 56,8 ccm |56,8 —42,56 = 14,24 ccm 1^/20 Th. = 0,04618 g = 99,86% Pt II. 56,8 „ '56,8 —42,56=14,24 „ „ = 0,04618 „= 99,86 „ „ III. 46,24 „ 46,24 —32,08 = 14,16 „ ., = 0,04614 „ = 99,77 „ „ IV. 46,24 „ i 46,24 —31,92 = 14,32 „ „ = 0,04649 „ = 100,49 „ „ V. 46,24 „ 46,24—32,08 = 14,16,. „ = 0,04614 „= 99,77 „ „ In einer weiteren, mit anderen Lösungen angestellten Versuchsreihe wurden 5 ccm Pt-Lösung = 0,05634 g Pt im 100 ccm-Kolben mit 20 ccm Tl NOa-Lösung = 46,24 ccm n/20 Thiosulfat gefällt und 50 ccm Filtrat mit 10 ccm Chromatlösung = 121,6 ccm n/20 Thiosulfat im 100 ccm-Kolben weiter behandelt. 25 ccm der hieraus gewonnenen Filtration beanspruchten 26,78—26,8 ccm n/20 Thiosulfat, also im Mittel 26,79 ccm. 4 X 26,79 = 107,16 ccm n/20 Thiosulfat = überschüssiges Chromat, 121,6—107,16 = 14,44 „ „ für Tl2Cr04-Fällung 46,24 -(2 X 14,44) = 17,36 „ „ „ TlaPtCV „ 17,36X0,0032465 = 0,05636 g = 100,10% Pt. Es sind auf diesem Wege Platinmengen bis auf wenige Zenti- gramme herab innerhalb einer Fehlergrenze von 1% mit Anwendung von ''/20 Thiosulfatlösung bestimmbar. Mit ''/loo Lösung sind die Bestimmungen nicht durchführbar, da die Schärfe der Endreaktion hierbei verloren geht. Während z.B. die Titrationswerte der Versuche m— V bei Anwendung von ^/ao Thiosulfat von 20,0.5—20,07 = 0,1% differierten, belief sich der Unterschied mit "^/loo Lösung auf 20,1—20,33 = 1,35%. (Theoretischer Wert = 20,06 ccm.) E. Rupp: Platinbestimmungen. 151 In der Größenordnung von Zentigrammen liegende Platinmengen gestattet die Methode genauer und rascher zu bestimmen als dies auf gravimetrisjchem Wege möglich ist. Allerdings eignet sich dieselbe infolge des Erfordernisses von zwei Spezialflüssigkeiten nicht zu einer einzelnen Platinbestimmung, wohl aber für entsprechende technische Betriebe. Der einmal ermittelte Titer der empirischen KaCr04- und TlNOa-Lösung ist unveränderlich. Gravimetrische Platinbestimmungen. Die obigen Untersuchungen hatten zahlreiche gewichtsanalytische Vergleichsbestimmungen im Gefolge, welche da und dort Anlaß zu einer eingehenderen Behandlung boten. Versuche mit Ameisensäure. Das bevorzugte Platin- reduktionsmittel der quantitativen Analyse ist die Ameisensäure'). Nun ist bekannt, daß je nach dem Reduktionsagens der Platinmohr mit sehr verschiedener Geschwindigkeit und Korngröße niederfällt. Extrem ungünstige Verhältnisse hat nach beiden Seiten hin gerade die Ameisensäure aufzuweisen, sodaß es einiger Uebung zur Ausführung einer solchen Analyse bedarf. Das Metall adhäriert leicht, zum Teil als Spiegel, an den Gefäßwänden und rinnt sehr gerne durchs Filter. Ich hatte infolgedessen die Erfahrung gemacht, daß eine annährend zwei Dezigramm große Metallmenge vorhanden sein muß, wenn die unvermeidlichen, bei dem hohen spezifischen Gewicht des Platins stark ins Gewicht fallenden Verluste nicht allzu alterierend auf das Resultat wirken sollen. Höchst leidig ist der Umstand, daß die Reduktionsflüssigkeit, wenngleich bei Anwendung eines Doppel- filters zunächst klar filtrierend, doch stets ein durch kolloidales Platin trüb grau gefärbtes Filtrat gibt, sobald man mit Wasser zu waschen beginnt. Es empfiehlt sich darum, die einzelnen Filtratpartien möglichst gesondert aufzufangen und trübe Anteile gleich wüeder so oft aufs Filter zu geben, bis neuerdings Klarheit erreicht ist. Es wird dadurch für eine möglichst innige Berührung mit der Luft Sorge getragen, die nach Neubauer'^) die Abscheidung kolloiden Platins sehr befördert. Redaktionsdauer: Resultate: 24 stündiges Kochen . . . . 0,1971 g Pt = 99,95%] j^j^^^j 0,1972 g 0,1972 „ „ = 100 „I 0,1972 „ „ = 100 ,. I _ joo» . 0,1973 „ „ -= 100,06 . 0,1962 „ „ = 99,5 , 0,1966 „ „ = 99,7 i^Treadwen, Anal. Chem. 1902, II., 170. 2) Classen, Anal. Chem. 1901, I., 847. 152 E. Rupp: Platinbestimmungen. Wie ersichtlich, darf an der 24 stündigen Reduktionsdauer durch Kochen am Rückflußkühler keine wesentliche Kürzung vorgenommen werden. In einer anderen Versuchsreihe war nur von der Hälfte obiger Platinmenge, also 0,0986 g ausgegangen worden. Die Konstanz der Resultate war damit verloren gegangen; die wiedergefundenen Werte schwankten zwischen 0,0965—0,0979 g Pt = 97,98—99,39%. Einer nachträglichen Beobachtung entsprechend läßt sich die Entstehung kolloidalen Platins sehr weitgehend dadurch aufheben, daß man der mit Ammoniak neutralisierten Platinlösung außer Ameisen- säure noch einige Gramme Chlorammonium zusetzt. Eine event. auf- tretende Ausscheidung von Platinsalmiak ist ohne Schaden, sie be- günstigt vielmehr die Abscheidung grobpulverigen Metalls. Versuche mit Hydrazinsalzen. Die außerordentlich prompte Reduktionswirkung der Hydrazinverbindnngen auf Platin veranlaßte mich, diese zu quantitativen Versuchen heranzuziehen. Ich erinnere mich dieser bezüglich eines im Chemischen Zentralblatt enthaltenen, leider nicht wiederfindbaren Literaturvermerkes, wonach Hydrazinsalze zur quantitativen Platinbestimmung ungeeignet sein sollen, weil zu hohe Resultate ergebend. Ich stellte meine Versuche mit den beiden wichtigsten Salzen des Hydrazins, dem Sulfat und Hydrochlorid in der Weise an, daß die heiße Platinlösung hiermit 1 — 2 Stunden behandelt wurde, eine Zeitdauer, nach der stets metallfreie Piltrate gewinnbar waren. Angewandt Gefunden mit Hydrazinsulfat i mit Hydrazinhydrochlorid ^ 0,1984 g = 100,6 % 0,1970 g = 99,9 % Pt 0,1972 g 0,1977 ., -= 100,26 „ 0,1966 „ = 99,7 „ = 100% 0,1989 „ = 100,86,. 0,1970 „ = 99,95 „ |j 0,1981 „ = 100,4 ., I 0,1970 ., = 99,90,, Durchschnitt ij 100,53% | 99,86% Wie ersichtlich verhalten sich die beiden Salze verschieden, während das Sulfat zu hohe Werte anzeigt, ergibt das Hydrochlorid wohl brauchbare Zahlen. Eine Erklärung hierfür möchte ich an dieser Stelle noch nicht geben, soviel dürfte jedoch feststehen, daß das Plus eine Funktion des NH2-NH2- und nicht des S04-Ions darstellt. Da die Reduktion nicht allein sich rasch vollzieht, sondern auch einen gut filtrierenden grobflockigen Mohr liefert, so gestaltet sieh eine Platinbestimmung nach diesem Verfahren wesentlich einfacher als nach dem ersterwähnten. Man verfährt im einzelnen wie folgt: Das Analysenmaterial wird im Erlenmeyerkolben mit Wasser auf ein Volum von etwa 100 ccm gebracht, zur Neutralisierung etwa vorhandener Mineralsäure mit etwas Natriumacetat versetzt, und dann mit ca. 3 g E. Rupp: Platinbestimmungen. 153 Hydrazincblorhydrat solange auf dem Wasserbade erhitzt, bis die Flüssigkeit vollkommen wasserklar geworden, was nach 2 Stunden ganz sicher erreicht ist. Man gießt sodann durch ein Doppelfilter ab und wäscht noch einige Male nach. Nach dem Trocknen wird in der Platinspirale verascht und im Tiegel ca. 10 Minuten geglüht. Die Anwendung eines Doppelfilters ist auch hier angezeigt, um den Mohr in eine dichtere Aschenhülle zu kleiden und damit sicherer vor einem Anschweißen an den Platindraht zu bewahren. Platinabscheidung durch Veraschen. Für die Bestimmung des Platins in Platinchlorid- bezw. Platinchlorwasserstofiflösungen findet man in den Lehrbüchern einen Zusatz von Chlorammonium, also eine vorherige Umsetzung zu Platinsalmiak vorgeschrieben. In Bezug auf ein direktes Erhitzen der eiagedampften Lösungen bemerkt Fresenius^) „Resultate höchst ungenau." In der Tat erhielt ich auch bei der Mehrzahl der angestellten direkten Glühversuche Unterwerte. Tiegel- rand und Tiegeldeckel beschlugen sich nahezu unvermeidlicherweise mit Platinspiegeln, wie solche auch beim Veraschen von Platinsalmiak bei allzu raschem Erhitzen entstehen können. Merkwürdigerweise tun die wenigsten Lehrbücher der analytischen Chemie dieses Umstandes Erwähnung. Treadwell'^) äußert sich hierüber in folgender Weise: „Durch die trockene Destillation des Filters bildet sich Kohlenoxyd und durch die Zersetzung des Platinsalmiaks entsteht Chlor. Zusammen wirkt es auf das metallische Platin ein und erzeugt flüchtige Platin- verbindungen (PtCläCO; PtCl2-2CO und 2PtCl3-3CO), welche aber später, durch den vorhandenen Wasserdampf unter Bildung des genannten Anfluges zersetzt werden." Diesem Erklärungsversuche gegenüber möchte ich bemerken, daß bei meinen A^ersuchen die Platin- lösungen direkt im Tiegel verdampft und weiter erhitzt wurden, die Spiegel also entstanden ohne daß Kohle zugegen gewesen wäre. An den Stellen, wo diese auftreten, sind zunächst Anflüge eines grünlich- gelben Sublimates wahrnehmbar, die bei einer Temperatur von nicht über 300° sich bilden, und dann bei höherer Temperatur zerlegt werden. ^Metallisches Platin wird bei jener Temperatur noch garnicht gebildet — es ist erst die Bildungstemperatur von PtCla, darum kann auch das flüchtige Produkt nicht aus reduziertem Metall hervorgehen. Wie es mir scheinen will, kann es sich hier um gar nichts anderes handeln als um die Flüchtigkeit von Platinchlorür, in der durch die Zersetzung der Chloroplatinsäure hervorgerufenen Chloratmosphäre (ev. unter Bei- hilfe der Salzsäure). HgPt Cle = Pt CI2 4- CI2 -f 2 H Gl. 1) Quant. Anal. 1875, I, 191. 2) Quant. Anal. 1902, 170, 154 E. Rupp: Platinbestimmungen. Mit der experimentellen Bestätigung dessen werde ich mich gelegentlich befassen, da die Literatur nur Angaben über die Flüchtigkeit des Platinmetalles und Chlorides im Chlorstrom aufzuweisen scheint^). Eine direkte analytische Verarbeitung reiner Platinlösungen ist nun dennoch sehr leicht möglich und zu guten Resultaten führend, wenn die Zersetzung im Wasserstoflfstrom vorgenommen wird. Es ist zweckmäßig wie folgt zu verfahren: Man dampft das Untersuchungs- material in einem glasierten Rose' sehen Tiegel, der üblichen hohen Form, auf dem Wasserbade zur Trockne ein, erhitzt dann weiter mit einer 2 cm hohen Bunsenflamme, die so tief steht, daß in der nochmals sich verflüssigenden Masse gelindes Blasenwerfen auftritt, das bald zu einer völligen Verkrustung führt. Nunmehr läßt man, mit oder ohne Deckel, durch eine Rose' sehe Zuleitungsröhre einen ziemlich raschen Wasserstoffstrom (ca. 5 Blasen pr. Sek.) in den Tiegel eintreten, wo- mit sofortige Reduktion einsetzt. Obige Temperatur behält man solange bei, bis keine Salzsäuredämpfe durch den Geruch mehr wahrnehmbar sind, was nach etwa 5 Minuten der Fall ist. Hierauf kann die Flamme in einigen rasch aufeinanderfolgenden Ansätzen größer gedreht werden. Nachdem der Tiegel ins Glühen geraten, wird der Wasserstoff ab- gestellt und noch einige Minuten weiter geglüht, worauf man ztu- WäguDg im Exsiccator erkalten läßt. Gefunden: 0,1973 g Pt = 100,06% 0,1972 „ „ = 100 „ 0,1980 „ „ = 100,4 „ Angewandt: 0,1972 „ „ = 100 „. Das Platin sintert bei diesem Verfahren zu einer mehr oder weniger metallisch glänzenden und kohärenten Scheibe zusammen. Die Wasserstoffzufuhr war gewählt worden von der Voraus- setzung aus, daß durch eine möglichst rasche Entfernung des Zer- setzungschlors die Flüchtigkeit des Platinchlorürs zu vermeiden ist. Die Resultate befürworten die Richtigkeit dieser Annahme. Zweifellos ist die günstige Wirkung oben besprochener Salmiakzusätze auf dieselbe Ursache zurückzuführen, nur insofern eine weniger vollkommene als die gleichzeitig reduzierende Wirkung des Wasserstoffs fehlt. An einigen im Zeitraum von 24 Stunden zufälligerweise mehrmals wiederholten Wägungen machte ich die auffallende Wahrnehmung einer Gewichtszunahme, die mich veranlaßte mit einer größeren Anzahl meiner Analysenprodukte mehrfache Wägungen auszuführen, deren Ergebnisse beistehend verzeichnet sind. Die Erscheinung selbst ist inzwischen durch Lothar Wöhler^) beobachtet und bearbeitet worden. 1) Troost und Hautefeuüle, Compt. rend. 84, 947. Seelheim, Berl. Ber. 12, 2066. 2) Berl. Ber. 36, 3475. E. Kupp: Platinbestimmangen. 155 Wie aas dessen vortrefflicher Untersuchung bekannt, handelt es aich dabei ura eine Oxydation des Platins zu Platinoxydul bezw. Platin- oxydulhydrat. Die Tabelle mag immerhin erweisen, welche Aenderung die Werte analytischer Mengen durch diese Autooxydation erleiden, und daß es einen wesentlichen Unterschied ausmacht ob bei einer Platinbestimmung die Wägung alsbald nach dem Erkalten ausgeführt wird oder erst 24 Stunden hernach. Ersteres wird als Norm zu postulieren sein. Wie schließlich noch ersichtlich, erleiden die im Rose- tiegel behandelten metallischen Proben die geringste Veränderung. Es steht das mit den von Wo hier gemachten Versuchen im Einklang, wonach die Oxydationsgeschwindigkeit proportional der Feinheit der Verteilung ist. Wieder- Wieder- Nach Wieder- Wägung Stei- Ver- I. holung erhitzt weiteren erhitzt nach noch- fahren 1 Wägung nach und 24 Std. und mals 24Std. gerung ■— o— o 24 Std. gewogen gewogen gewogen wiederholt % Hydraziu- 0,1984 0,1990 1 "snlfat ' 100,6% 0,1977 100,91% 0,1988 - i 0,31 100,26% — — 100,8% — - 0,54 n 1 0,1960 0,1979 1 99,4% — — 100,35% — - 1 0.95 Ameisen- 1 0,1972 0,1976 1 sänre 100% — — 100,2% — — 0,2 1 ' » 0,1962 0,1968 0,1968 0,1968 99,5% 99,8% 99,8% 99,8% - 0,3 HTdrazin- 0,1989 0,2001 0,2002 0,2003 sulfat 100,86% 101,47% 101,5% 101,6% — — \ 1,74 r) 0,1969 0,1984 0,1984 0,1984 i 99,85% 100,6% 100,6% 100,6% — — i 0,75 V 0,1981 0,1986 0,1986 0,1986 * 100,4% 100,7% 100,7% 1C0,7% — — 0,3 Ameisen - 0,1972 0,1980 0.1978 0,1988 0,1988 sänre 100% 100,4% 100,3% — 100,8% 100,8% 0,8 Hydraziu- 0,1958 0,1963 0,1963 0,1963 «nlorhydr. 99,4% 99,54% 99,54% 99,54% — — 0,15 *? 0,197 0,1977 0,1975 0,1975 99,9% — — 100,25% 100,15% 100,15% 0,35 » 0,1966 0,1976 0,1970 0,1971 99,7% — — 100,2% 99,9% 99,95% 0,5 n 0,197 0.1976 0,1976 99,9% 100,2% — 100,2% — - ; 0,3 Kosetiegel 0,1973 0,1976 0,1976 0,1977 100,06% 100,2% 100,2% 100,25% — — 0,19 n 0,1972 0,1975 0,1972 0,1978 0,1976 , 100% 100,15% 100% 100,3% 100,2% - , 0,3 . 0,1980 0,1984 0,1960 0,1980 i 100,4% 100.6% — 99,4% 100,4% — 0,2 156 G. Korndörfer: Ueber Bromschwefel. Fällung als Tl2PtCl6. Die gewiclitsanalytische Bestimmbarkeit des Platins in Form seiner Thalliumkomplexverbindung, welche zur volumetrischen Bestimmung gedient hatte, erschien mir untersuchens- wert von wegen deren großer Schwerlöslichkeit und der günstigen Gewichtsverhältnisse Pt : TlaPtClß = 194,83 : 815,85. In nachstehenden Versuchen wurden 10 com einer durch Ein- dampfen von freier Säuie befreiten H2PtCl6-Lösuag (= 0,05634 g Pt) in eine siedend heiße Lösung von 0,5 g Thalliumnitrat in ca. 75 ccm Wasser gegossen und 6 Stunden zum Absetzen in kaltes Wasser gestellt. Hernach wurde filtriert, gewaschen und bei 105° getrocknet. Filter sind zur Sammlung des Niederschlages durchaus ungeeignet, da einesteils der Niederschlag an dem Trichterrande emporkriecht und sobald man mit Wasser nachzuwaschen beginnt, hartnäckig durchs Filter läuft. So wurden gefunden: 0,2317 g TloPtClß = 0,05534 g Pt = 98,23% 0,2331 „ „ = 0,05566 „ „ =- 98,8 „ 0,2311 „ „ = 0,05519 „ „ = 97,96 „. Klare Filtrate und brauchbare Werte werden gewonnen wenn das Analysenprodukt im Groochtiegel über einer reichlichen Asbest- schicht bei gelinde wirkender Pumpe abgesaugt und einige Male mit kleinen Wasserquantitäten nachgewaschen wird. Gefunden: 0,2354 g TlaPtClg = 0,05622 g Pt = 99,78% 0,2342 „ „ -= 0,05593 „ „ = 99,27 „ 0,2336 „ „ = 0,05580 „ „ = 99,04 „ 0,2352 „ „ = 0,05620 „ „ = 99,73 „. Man wird sich dieses Verfahrens da bedienen können, wo die Reduktionsmethoden ausgeschlossen sind und sonst zur Fällung als Ammoniumchloroplatinat geschritten werden mußte, das jedoch infolge seiner beträchtlichen Löslichkeit stets Unterwerte ergibt. Chem. Univers. -Laborator. (Phil. Abt.) Freiburg i. B. Ueber den Bromschwefel. Von Georg Korndörfer. (Eingegangen den 3. IL 1904.) In den letzten Jahren habe ich wiederholt Bromwasserstoff im pharmazeutischen Laboratorium nach dem von A. Naumann') an- gegebenen Verfahren durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf Brom bei Gegenwart von Wasser dargestellt. Ich habe hierbei Gelegenheit gehabt, die Angaben dieses Forschers durchaus zu be- 1) Ber. d. d. chem. Ges. 1876, S. 1574. G. Korndörfer: Uebor Bromschwelel. 167 statinen. Erfolgte die Einwirkung des Schwefelwasserstoffes auf Brom bei Gegenwart einer größeren Menge von Wasser, so verlief die Reaktion im wesentlichen im Sinne der Gleichung H2S + 2Br = 2HBr4-S. Wurde dagegen hierbei im Vergleich zu dem angewandten Brom nur eine geringe Menge von Wasser genommen, so trat eine weitere Reaktion unter Bildung von Bromschwefel ein. Als ich z. B. zur Entwickelung von gasförmigem Bromwasserstoff in einer Drechsei- schen Waschflasche ca. 30 ccm Brom etwa 2 cm hoch mit Wasser überschichtete und darauf Schwefelwasserstoff einleitete, bis der Geruch nach Brom vollständig verschwunden war, wobei zur Mäßigung der Reaktionstemperatur die Waschflasche in einem Becher- glase durch kaltes Wasser abgekühlt wurde, erhielt ich einige Kubik- zentimeter einer roten öligen Flüssigkeit von sehr hohem spezifischen Gewicht, welche leicht im Scheidetrichter von der darüberstehenden wässerigen Schicht getrennt werden konnte. Zur Entfernung des ge- lösten Bromwasserstoffes wurde dieselbe mit einigen Körnchen reinen trockenen Kaliumkarbonats geschüttelt und darauf in ein vollkommen trockenes, gut verschließbares Präparatenglas gegossen. Die Flüssigkeit zeigte die dem Bromschwefel zukommende Eigenschaft, die Gefäß- wandungen nicht zu benetzen. Zur Identifizierung dieser Flüssigkeit als Bromschwefel wurde eine kleine Menge derselben in einem Cariusgläschen abgewogen und im zugeschmolzenen Rohre, bei Gegenwart von Silbernitrat und Salpetersäure, mehrere Stunden lang auf 200 — 220° erhitzt. Das ab- geschiedene Bromsilber wurde gewogen und in dem Filtrate von dem- selben nach Entfernung des Silbers durch Salzsäure die entstandene Schwefelsäure bestimmt. 0,3538 g gaben 0,5740 g AgBr und 0,7968 g BaS04. Gefunden: Berechnet: Br 69,04% 71,38% S 30,98 „ 28,62 „. Aus diesen Daten geht hervor, daß das erhaltene Produkt im wesent- lichen Einfach-Bromschwefel, SgBrg, ist. Es enthält nach der Analyse S6,72% SgBrg und 3,28% S. Diese von mir gefundenen Zahlen stimmen wesentlich besser auf die Formel S2Br2 als die von Naumann angegebenen, welcher folgende Werte gefunden hat: a) in den rohen, mit HBr nahezu gesättigten Produkte 77% Br. b) nach zweitägigem Stehen über Aetzkalk .... 66 „ „ c) nach mehrmonatigem Stehen über Aetzkalk . . . 61 „ „ Ich habe diesen gelegentlich erhaltenen Bromschwefel dazu an- gewendet, um einige Reaktionen damit anzustellen, über welche ich im folgenden berichten möchte. Mit kaltem Wasser reagiert der Bromschwefel nur sehr träge; er sinkt darin unter, während das Wasser durch ausgeschiedenen Schwefel 158 G. Korndörfer: Ueber Bromschwefel. sich allmählich milchig trübt. Durch warmes Wasser wird der Brom- schwefel schnell zersetzt. Er soll dabei in Bromwasserstoff, schweflige Säure und Schwefel zerfallen^), nach Harms^) dagegen Bromwasser- stoff, Schwefelsäure, Schwefelwasserstoff und eine andere schwefelreiche Verbindung von unbekannter Zusammensetzung liefern. Sehr glatt reagiert, wie ich gefunden habe, der Bromschwefel mit verdünnter Kalilauge, sowie mit Natriumbikarbonat. Ueber die unter diesen Bedingungen stattfindenden Zersetzungen habe ich keine Angaben in der Literatur finden können. Es schien mir daher von Interesse, zuzusehen, ob die Zersetzung des Bromschwefels durch diese Reagentien in analoger Weise wie durch Wasser erfolgte, um zugleich hierdurch zu entscheiden, ob die über diese Zersetzung vorliegende Angabe von Michaelis oder die von Harms die richtige ist. Mit Kalilauge würde, wenn die Zersetzung des Bromschwefels durch Wasser in Bromwasserstoff, Schwefeldioxyd und Schwefel als richtig angenommen wird, der Bromschwefel im Sinne folgender Grleichung reagieren: 2S2Br2 + 6KHO = 4KBr -}- KgSOg + 3S + 3H2O. Die Richtigkeit dieser Gleichung müßte leicht dadurch fest- zustellen sein, daß eine gewogene Menge des Bromschwefels mit einer abgemessenen Menge überschüssiger Normal-Kalilauge oder -Natronlauge zusammengebracht, nach Beendigung der Zersetzung den üeberschuß an Lauge unter "Verwendung von Methylorange als Indikator, mit Normalsalzsäure zurücktitriert und daraus berechnet würde, wieviel Kalihydrat zur Zersetzung des Schwefelbromürs verbraucht worden war. Ich habe einige Versuche in der Richtung angestellt und bin der berechneten Menge Normalnatronlauge resp. Natronhydrat sehr nahe ge- kommen. Die theoretisch erforderliche Menge wurde jedoch nicht erreicht. Es liegt dies vermutlich daran, daß der Schwefel sich bei dieser Reaktion in schmieriger Form abscheidet und infolgedessen kleine Mengen Brom- schwefel einschließt, welche hierdurch der Zersetzung entgehen. 1. 0,2588 g3) der roten Flüssigkeit, entsprechend 0,2503 g reinem Bromschwefel +0,0085 g Schwefel, wurden mit 50 ccm Wasser und 9,75 ccm N. -Natronlauge bis zur Zersetzung stehen gelassen. Zur Rücktitration der überschüssigen Lauge waren erforderlich 6,6 ccm N.-Salzsäure. Der Brom- schwefel war also zersetzt worden durch 3,15 ccm N. -Natronlauge. Nach der Gleichung 2S2Br2 + 6KHO = 4KBr-f Kg SO3 -f- SS + SHgO berechnen sich 3,35 ccm N. -Natronlauge. Gef. also 93,98% der berechnetenMenge. 1) Michaelis, Lehrb. d. anorg. Chemie, Bd. I, S. 609. 2) Arch. d. Pharm., Bd. 86, S. 148. 3j Das Abwiegen des Bromschwefels geschah in kleinen Präparaten- zylindern. Dieselben wurden mit dem Schwefelbromür gefüllt in einem mit eingeriebenem Glasstöpsel versehenen weittialsigen Glase gewogen, der Brom- schwefel wurde darauf in die betreffende Reaktionsflüssigkeit gegossen und das leere Gläschen zurückgewogen. G. Korndörfer: lieber ßromschwefel. 159 2. 0,2532 g = 0,2449 g ßromschwefel +0,0083 g Schwefel erforderten in gleicher Weise behandelt gleichfalls 8,15 ccm N.-Natronlauge zur Zer- setzung = 96,0(5% der berechneten Menge (3,33 ccm). In analoger Weise dürfte sich die Zersetzung des Bromschwefels unt€r Anwendung von Natriumbikarbonat gestalten: 2SaBr2 + 6NaIIC03 = 4NaBr + NagSOg + 3S + 6CO2 + SHaO. In diesem Falle scheidet sich der Schwefel mehr in pulveriger Form aus, haftet nicht an den Gefäßwandungen und läßt sich daher gut quantitativ auf einem Filter sammeln. Zum Beweise obiger Gleichung habe ich zunächst versucht die gebildete schwefelige Säure quantitativ zu bestimmen. Ich bediente mich des Verfahrens von E. Rupp*). Eine abgewogene Menge Brom- schwefel wurde zu diesem Behufe in eine Mischung von 5 g Natrium- bikarbonat und 50 ccm Wasser gebracht, nach beendigter Zersetzung "/lo Jodlösung im Ueberschuß zugefügt und nach viertelstündigem Stehen der Ueberschuß an Jod durch ^lio Natriumthiosulfat zurücktitriert. Eine gewisse Menge Jodlösung wurde hierbei stets verbraucht, jedoch bei weitem nicht die nach obiger Gleichung berechnete Menge. Es muß also unter diesen Bedingungen ein Teil der a priori gebildeten schwefeligen Säure eine Oxj'^dation erleiden. Der Verbrauch einer gewissen Menge Jodlösung beweist aber, daß bei dieser Reaktion tat- sächlich schwefelige Säure entstanden ist, da in dem Reaktionsgemisch sonst keine Substanz sich findet, welche Jod binden könnte. 1. Angew. 0,2416 g = 0,2337 g Bromschwefel + 0,0079 g Schwefel, und 20,1 ccm ^lio Jodlösung. Zur Rücktitration des überschüssigen Jods waren erforderlich 14,91 ccm "/lo Natriumthiosulfatlösung. Gefunden demnach 0,01665 g SO.3. Es berechnen sich 0,0333 g. 2. 0,2834 g = 0,2741 g Bromschwefel + 0,0093 g Schwefel entfärbten 9,8 ccm n/10 Jodlösung = 0,03139 g SO2. Berechnet 0,0391 g SO3. Die Versuche wurden in Glasstöpselflaschen vorgenommen. Als ein anderer Weg, die Richtigkeit obiger Gleichung zu be- weisen, erschien der folgende: Eine gewogene Menge Bromschwefel wird durch eine abgemessene Menge titrierter, etwa Vz normaler, über- schüssiger Natriumbikarbonatlösung zersetzt, und der Ueberschuß an Natriumbikarbonat alsdann zurücktitriert. Man erhält auf diese Weise die Menge von Natrium, welche an Brom und schwefelige Säure ge- bunden ist. Wird hierauf in dem Gemisch das Brom bestimmt, so läßt sich nun die Menge des entstandenen, schwefligsauren Natriums berechnen. Außerdem kann der ausgeschiedene Schwefel noch ge- sammelt und direkt bestimmt werden. Dieser Weg hat sich jedoch als nicht gangbar erwiesen. Beim Versuche nach der Zersetzung des Bromschwefels das überschüssige Natriumbikarbonat, unter Anwendung von Methylorange als Indikator lyiüer^ d. d. ehem. Ges. 1902, S. 3694, 160 G. Korndörfer: Ueber Bromschwefel. mit N.- Salpetersäure zurückzutitrieren, färbte sich die Flüssigkeit schon nach Zusatz von 1 — 2 ccm der Säure rosa, indem der suspendierte Schwefel vermutlich durch Flächenanziehung eine kleine Menge Farb- stoff und etwas Säure auf sich niederschlug, sich dadurch rötlich färbte und der ganzen Flüssigkeit einen roten Schein verlieh, welcher eine Endreaktion nicht erkennen ließ. Gelindes Erwärmen beseitigte den Uebelstand nicht, ebenso wenig führte es zum Ziele, daß ich den Schwefel abfiltrierte und einen aliquoten Teil des klaren Filtrates titrierte. Unter diesen Umständen' blieb, da die maßanalytischen Methoden versagten, nur übrig, die Zersetzung des Bromschwefels durch Natrium - bikarbonat gewichtsanalytisch zu verfolgen. Zu diesem Zwecke wurde eine gewogene Menge Bromschwefel mit ca. H normaler Natrium- bikarhonatlösung zersetzt und der ausgeschiedene Schwefel auf einem Filter gesammelt. Das Auswaschen desselben mußte mit Natrium- bikarbonatlösung der gleichen Konzentration geschehen, weil er bei Anwendung von reinem Wasser durch das Filter ging. Der Schwefel wurde darauf mit dem Filter zusammen mit rauchender Salpetersäure oxydiert und als Ba SO4 zur Wägung gebracht. Das Filtrat von dem Schwefel wurde etwas eingedampft, mit Salpetersäure angesäuert und darauf das Brom als AgBr gefällt und gewogen. Das Filtrat vom Bromsilber wurde unter Zusatz von etwas Bromwasser konzentriert und der als schwefelige Säure in Lösung gegangene Schwefel nunmehr auch als BaS04 bestimmt. Die erhaltenen Zahlen stehen, wie aus dem Nachstehenden ersichtlich ist, mit der oben angegebenen Zersetzungs- gleichung annähernd im Einklang. 0,3096 g = 0,29945 g Bromschwefel + 0,01015 g S wurden mit Natrium- bJkarbonatlösung zersetzt. Der abgeschiedene Schwefel lieferte 0,4908 g BaS04 = 0,0674 g S, Berechnet 0,07445 g S. Aus dem Filtrat von demSchwefel wurden 0,5150 g AgBr erhalten = 0,2191 g Br. Berechnet 0,2138 g Br. Das Filtrat vom AgBr ergab 0,1660 g BaS04 = 0,02279 g S. Berechnet 0,02142 g S aus der entstandenen schwefeligen Säure. Aus diesen Zahlen geht hervor, daß die Zersetzung des Brom- schwefels durch Natriumbikarbonat zwar keine glatte ist, jedoch wohl im wesentlichen nach der Gleichung 2S3Br2-f öNaHCOg = 4NaBr + NagSOg + 4CO2 + 3S + 2H2O erfolgt. Bei dieser Zersetzung entsteht wahrscheinlich auch eine geringe Menge einer Polythionsäure, denn das aus dem Filtrate von dem Schwefel ausgefällte Bromsilber scheidet sich bräunlich gefärbt aus. Auf diesen Umstand ist es wohl auch zurückzuführen, daß etwas weniger als drei Atome ausgeschiedener Schwefel und etwas mehr als ein Atom gelöster Schwefel gefunden wurden. Marburg, den 3, Februar 1904. Pharm.-chem. Institut. A n ze ige n. 1/, Soite zum Preise von M 50.— ; Vj Seite zum Preise von M 30.— ; '/, Seite zum PiPiao von M 20.— : Vt Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundsohnft ist Petit. Bcilrtice-Gehühr für das Tausend der Auflage — z.Z. 4100 - M 10.—. Kür Beilagen, welche nicht dem Format des .Archiv" entspreche n, bleibt beson dere Vereinbarung vorbehalten DIE UMSCHAU IvKKICHTET ÜBER DIE FORTSCHRUTE HAUPTSÄCHLICH DER WlSSENSCHAFr UND Technik, in zweiter Linie der Literatur und Kunst. lährücb t2 Nummern. Illustriert 12 »Die Umschau« zählt nur die hervorragendsten Fachmänner zu ihren Mitarbeitern. Prospekt gratis durch jede Buchhandlung , sowie den Verlag H. Bechhold, Frankfurt a. Nl.. Neue Krame 19121. Signirapparat Extr. Filicis Pb. G. IV. Frisch bereitet. Dr. Weppen & Lüders, Blankenburg a. Harz. [5 allein. Erfindung des Pharmazeut. , J. Pospisll, Stefanan-Olmütz. I Unbezahlbar zum vorscbriftsmässigen Signiren der Standgefässe, Schub- laden, Preisnotiren etc. liefert schöne, dauerhafte Schilder in allen vor- | kommenden Grössen in schwarzer, ! rother und weisser Schrift. Muster ; gratis. Andere Signirapparate sind ; Nachahmungen. [.^ : Schweisshemmend THEODOR HAHN'S FLÜSSIGE FOfiMAUNSEIFE Fl.ä 25Oqr.Mk.1.30 I durch die " " 1000 " " 3.00 /Apol-hekenJ JH.HAHN&Co.Sehwed/ia.O.' [6 Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12- . Alle Beiträge für das „Archiv" sind an die A^rcliiv- IRed-alition Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herrn Geh. Med. -Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig, alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv -Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den Deutsdien Apothclf er -Verein Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43 einzusenden. -JCsraisrt|ran|jsr."p|ra^ Vierteljaliresschrift s> s> s> s> s> s> ^ ^ ^ ^ für praktische Pharmazie. Von dieser mit großem Beifall aufgenommenen Zeitschrift erscheint demnächst das zw^eite Heft. Wer noch nicht abonniert ist, dieses Heft aber pünktlich zu erhalten wünscht, wird gut tun, recht bald bei seinem Postamte zu abonnieren. Ein Bestellschein lag dem Probe- hefte bei. Jährlicher Bezugspreis 5 Mark (ausschl. Bestellgeld). Chemische fabrik von ^eyöen Radebeul-DresDen. Originaiprodukte „HEYDEN" von uns in die Medizin eingeführt: Salicylsäure, salicylsaures Natrium, Saloi, Creosotal, Duotai (Guajacolum caibonicum). Xeroform, Acoin, Collargolum, Solveol, Orphol etc. Von vielen Ärzten werden die Originalpräparate „Heyden" speziell gewünscht. (D^:)-s._ Neu: Salocreol ^.^-^c) neutrales Öl, das beste Mittel zur äußerlichen Behandlung rheumatischer Erkrankungen und skrofulöser Drüsenanschwellungen. z=. Neu: Gebrauchsfertige Nährlilistiere z=z nach Prof Dr. Schmidt. Wir liefern in bester Qualität AcetylSaÜCylsäUfe in Substanz und als leicht zerfallende Tabletten, Guajacol, cryst. und liquid., salicylsaures Wismut, Benzonaphtol, Betol, Phenacetin, Lactophenin, Hexamethylentetramin, Diacetylmorphinutn hydrochlor., Kalium suifoguaiacolicum etc. Verkauf dureti den Gross -Drogenhandel. Angefügt eine Beilage von L. Jonrdan in Frankfurt a. M. und ein Prospekt der Verlagsbachhandlnng von Bonneis & Hochfeld in Potsdam. Druck von Denter & Nicolas, Berlin C, Neue Friedrichstrasse 43. ARCHIV DER PHARMAZIE herausgegeben vom D eutsclieii Ap otheker -Verein unter Redaktion von E. Schmidt und H. Beckurts. Band 242. Heft 3. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1904. .jiij^^ü^cy Ausgegeben den 8. April 1904. INHALT. Seite H. Thoms und B. Molle, Ueber die Zusammensetzung des ätherischen Lorbeerblätteröles 161 Dieselben, Ueber die Reduktion des Cineols 181 J. Prescher, Borsäure in Nahrungsmitteln 194 E. Schmidt, Zur Kenntnis der Rhamnoside 210 N. Waliaschko, Ueber das Rutin der Gartenraute (Ruta graveolens) 225 Eingegangene Beiträge. C. Dieterich, Zur Säurezahl des Kolophoniums. H. Kunz-Krause, Ueber das Vorkommen aliphatisch-alicyklischer Ver- bindungen im Pflanzenreiche. H. Kunz-Krause und P. Schelle, Ueber die Cyklogallipharsäure, eine neue, in den Galläpfeln vorkommende cyklische Fettsäure. E. Schmidt, Ueber das Citropten. H. Pommerehne, Ueber das Damascenin. A. Tschirch und O. Saal, Colophonia-Elemi von Colophonia Mauritiana. Dieselben, Tacamahaca-Elemi. Dieselben, Allgemeine Betrachtungen über die Harze der Elemi-Gruppe. Dieselben, Das echte Tacamahac des Handels. ((ieschlosseii den 1. IV. 1904.) von Poncet Glashütten -Werke BERLIN SO., Köpnickerstr. 54. Fabrik und Lager sämmtlicher Befasse u. Utensilien für ehem., ptiarmac. eebraocli Atelier für €maiUe-Schriftmal€rci auf Glas- und Porzellaugetässe. Specialitäl : Eiiiriclitniig y. Apotheieii, clieiii. Lalioratorlßii etc. "" ' Preisverzeichnisse gratis und francoj [4 H. Thoms und B. Molle: Aetberisches Lorbeerblätteröl. 161 Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Berlin. Ueber die Zusammensetzung des ätherischen Lorbeerblätteröles. ^^^''..^Ptc Von H. Thoms und B. Molle. »OTA^*^'^*" (Eingegangen den 22. I. 1904.) OARDEN Unter dem Namen Lorbeeröl befinden sich drei verschiedene Arten im Handel. Die eine stammt vom kalifornischen Lorbeerbaume TJmbellularia californica Nuft (Oreodaphne californica Nees, Tetranthera californica Hook, et Arn.; Mountain Laurel, California Bay tree^) und wird als „Kalifornisches Lorbeeröl" gehandelt. Die beiden anderen Arten stammen von Laurus nohilis L., einem zur Familie der Lauraceae gehörenden Baume; sie werden nach ihrer Gewinnung als „Lorbeeröl aus Früchten" und „Lorbeeröl aus Blättern" unterschieden. Das Lorbeerblätteröl wird durch Destillation in einer Ausbeute von 1 — 3% gewonnen^); es stellt eine hellgelbe Flüssigkeit dar, deren angenehmer kräftiger Geruch anfangs an Cajeputöl erinnert, während er späterhin süßlich wird. Bei einem spezifischen Gewichte von 0,920—0,930 zeigt das Oel eine Linksdrehung von «d —15° bis —18". Nachdem schon früher das ätherische Oel der Früchte einer ein- gehenderen Untersuchung von verschiedenen Seiten unterzogen war'), scheinen Wallach*) und Barbaglia^) fast gleichzeitig die ersten gewesen zu sein, die auch das ätherische Oel der Blätter einer genaueren Prüfung unterworfen haben®). Wallach fand in den von 158° bis 168° siedenden Anteilen Pinen, in der bei 176° siedenden Fraktion Cineol und vermutete in den über 180° siedenden Anteilen Anethol oder, da ein süßer Geschmack nicht wahrzunehmen war, das diesem isomere Methylchavicol. Zu denselben Resultaten gelangte auch Barbaglia. 1) Busse, Ueber die Blätter des kalifornischen Lorbeers, Ber. d. Pharm. Oes. 6 (1896), S. 56. 2) E. Gildemeister und Fr. Hoffmann, Die ätherischen Gele 1899, S. 524. 3) Flückiger, Pharmakognosie 1891, S. 930; Gladstone (Jahresber. d. Chem. 1863, S. 547); Blas (Annal. 134 [1865], S. 1); (Jahresber. 1865, S. 23); Wallach (Annal. 252 [1889], S. 97). ♦) Wallach, Annal. 252 (1889), S. 95. 5) Barbaglia, Atti della societa Toscana di Szienze naturali 1889; Ref. im Pharm. Journ. (London) III 19 (1889), S. 824; Chem. Zentrbl. 1889, S. 290. 8) Schimmel & Co., Berichte, Aprilheft 1899, S. 31. Arch. d. Pharm. CGXXXXII. Bds. 3. Heft. 11 162 H. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. In dem Aprilheft 1899, S. 31 ihrer Berichte erwähnen Schimmel & Co., daß das Lorbeeröl kleine Mengen Eugenol, nach- gewiesen als Benzoyleugenol, Schmp. 70°, enthalte. Da eine vorläufige Prüfung einer von der Firma Schimmel & Co. zur Verfügung gestellten Probe einen interessanten Beitrag zur Kenntnis des Lorbeeröles versprach, haben wir die eingehendere Untersuchung auf- genommen. Das dazu benötigte Oel wurde von der Firma Schimmel &Co. unter der Garantie der Reinheit und Echtheit bezogen. Es gelangten 2400 g Lorbeeröl zur Verarbeitung. Das „Lorbeeröl aus Blättern" besitzt eine hellgelbe Farbe und einen angenehm kräftigen, aromatischen Geruch. Der Geschmack ist brennend scharf und etwas bitterlich. Bei deutlich saurer Reaktion und einem optischen Drehungs vermögen von «d — 15,95° bei 17° im 100 mm-Rohr zeigt das Oel ein spezifisches Gewicht von 0,9215 bei 17°. Ein Oel, welches etwa ein Jahr älter war, hatte ein spezifisches Gewicht von 0,9257 bei 17°. Als Verseifungszahl ergab sich 49,84, „ Säurezahl „ „ 2,74, „ Esterzahl „ „ 47,10. Die freien Säuren. Um die vorhandenen freien Säuren zu isolieren, wurde das Oel mit dem doppelten Volumen säurefreien Aethers verdünnt und mit einer 2 % igen Natriumkarbonatlösung geschüttelt. Die vereinigten wässerigen Anteile wurden mittels Aether von suspendiertem Oele befreit, der Aether durch Einleiten von Kohlensäure und gelindes Er- wärmen entfernt und das Ganze auf dem Wasserbade eingeengt. Da eine Probe beim Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure eine deutliche Trübung erkennen lieU, wurde die Gesamtmenge in derselben Weise behandelt und der Destillation mit Wasserdämpfen unterworfen. Hierbei wurde die Flüssigkeit, bis auf ganz geringe Harzmengen, voll- kommen blank, und mit Wasserdämpfen nicht flüchtige Säuren ließen sich nicht nachweisen. Das Destillat wurde mit Natriumkarbonat möglichst genau neutralisiert, auf dem Wasserbade zur Trockne gebracht und mehrere Male mit absolutem Alkohol behandelt. Die nach dem Verdunsten des Alkohols zurückgebliebenen, unangenehm riechenden Natronsalze wurden in destilliertem Wasser gelöst und mit etwas Silbernitratlösung versetzt; der entstandene Niederschlag wurde sofort abfiltriert, zum Filtrat abermals Silbernitrat zugegeben und diese Operation nochmals wiederholt. Als keine Fällung mehr erfolgte, wurde die Flüssigkeit möglichst schnell unter Lichtabschluß eingedampft. Auf diese Weise • II. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. 163 erhielten wir vier Fraktionen von Silbersalzen, welche sich beim nach- folgenden fraktionierten Krystallisieren auf drei reduzierten. P^aktion I. a) 0,1054 Substanz lieferten 0,0558 Silber, entsprechend 52,94 % Ag. Nach nochmaligem Umkrystallisieren : b) 0,0988 Substanz lieferten 0,0515 Ag c) 0,1326 „ „ 0,0689 „ d) 0,1352 „ „ 0,1412 COg und 0,0541 H3O. Berechnet für valeriansaures Silber CsHoOgAg: Gefunden: C 28,71 28,48 H 4,34 4,48 Ag 51,64 b) 52,13 c) 51,96. Fraktion II. 0,1236 Substanz lieferten 0,0692 Ag. Berechnet für buttersaures Silber C4H7 02Ag: Gefunden: C 24,62 — . H 3,62 — Ag 55,36 55,99. Fraktion III. a) 0,0986 Substanz lieferten 0,0641 Ag b) 0,1034 ., „ 0,0670 „ c) 0,1238 „ „ 0,0800 „ d) 0,1522 „ „ 0,0792 CO2 und 0,0256 H3O. Berechnet für essigsaures Silber CgHsOgAg: Gefunden: C 14,37 14,19 H 1,81 1,88 Ag 64,65 a) 65,01 b) 64,79 c) 64,62. Diese Zahlen besagen, daß mit Sicherheit Essigsäure und Valeriansäure nachgewiesen sind; daneben scheint aber auch Iso- buttersäure vorhanden zu sein, wofür auch die Löslichkeit der Silber- salze spricht. Von einer Destillation der freien Säuren, um durch Feststellung der Siedepunkte weiteren Aufschluß zu erhalten, mußte abgesehen werden, da die isolierte Menge eine allzu geringe war. Das freie Phenol. Die von den freien Säuren befreite ätherische Lösung des Oeles wurde zunächst mit Wasser gewaschen und alsdann mehrmals mit 5%iger Natronlauge ausgeschüttelt. Die vereinigten alkalischen Aus- schüttelungen wurden mit Aether gewaschen und sodann mit Kohlen- dioxyd gesättigt. Hierbei schied sich ein gelbliches Oel aus, welches der Flüssigkeit mit Aether entzogen wurde. 11* 164 H. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerbiätteröl. Der das Phenol enthaltende Aether wurde mit entwässertem Katriumsulfat getrocknet und vorsichtig im Vakuum abgedunstet. Es wurden auf diese Weise ca. 40,0 g aus 2400,0 g Lorbeeröl erhalten. Beim Fraktionieren im Luftbade sott das Oel fast bis auf den letzten Tropfen bei 247", dies ist der Siedepunkt für Eugen ol. a) 0,2152 Substanz lieferten 0,5781 COa und 0,1377 HgO b) 0,2104 „ „ 0,5640 „ „ 0,1405 „ Berechnet für Eugenol C10H12O2: Gefunden: C 73,13 a) 73,26 b) 73,11 H 7,37 a) 7,16 b) 7,47. Zur weiteren Stütze der Annahme, daß Eugenol vorliege, stellten wir nach bekannter Methode die Benzoylverbindung dar, deren Schmelzpunkt zutreffend bei 70,5" gefunden wurde. Da ein Versuch, durch Schütteln der von den freien Säuren und dem Phenol befreiten ätherischen Lösung des Oels mit konzentrierter Natriumbisulfitlösung Aldehyde oder Ketone abzuscheiden, negativ ausfiel, wurde die ätherische Lösung des Oeles mit Wasser bis zur Neutralität desselben gewaschen, von diesem möglichst befreit und der Aether durch vorsichtige, langsame Destillation entfernt. Verseifung des Oeles. Die oben angegebene Verseifungszahl und die nach Abzug der Säurezahl verbleibende Esterzahl, welche ungefähr 17 mal so groß ist wie die Säurezahl, machten eine Verseifung des Oeles unumgänglich. Zu diesem Zwecke wurde das Oel portionsweise mit etwa der doppelten Menge ziemlich konzentrierter alkoholischer Kalilauge drei bis vier Stunden am Eückflußkühler gekocht. Die einzelnen Portionen wurden vereinigt. Nach einiger Zeit hatte sich ein ganz erhebliches Kry Stallkonglomerat gebildet, das abgesaugt und mit Aether aus- gewaschen wurde. Ein orientierender Versuch, Erwärmen mit einigen Tropfen Alkohol und etwas verdünnter Schwefelsäure, ließ deutlich Essigester- geruch wahrnehmen. Es wurde ein Teil der Abscheidung aus Alkohol mehrere Male umkrystallisiert, mit verdünnter Schwefelsäure zerlegt und mit Wasserdämpfen übergetrieben. Das Destillat wurde mit Ammoniakflüssigkeit abgesättigt und eingedampft. Das Ammonsalz, in Wasser gelöst und mit Silbernitrat zerlegt, schied ein weißes Silbersalz aus, das nach zweimaligem Umkrystallisieren folgende Zahlen gab: 0,2582 Substanz lieferten 0,1667 Ag 0,1322 „ „ 0,0688 CO.3 und 0,0217 HgO. H. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. 165 Berechnet für Silberacetat CgHeOgAg: Gefunden C 14,37 14,19 11 1,81 1,84 Ag 64,65 64,56. Diese Daten beweisen, daß sich Essigsäure auch als Estersäure im Lorbeeröl befindet und zwar in ziemlich erheblicher Menge. Die beim Absaugen des Kaliumacetats erhaltene Flüssigkeit wurde durch Destillation auf dem Wasserbade von der Hauptmenge des Alkohols befreit und nach dem Erkalten mehrere Male mit destilliertem Wasser ausgeschüttelt, die vereinigten wässerigen Lösungen mit Aether behandelt, um suspendiertes Oel zu entfernen, auf dem Wasserbade auf ca. 5Ü0 ccm eingedampft und mit Kohlendioxyd gesättigt. Das hierbei sich abscheidende Phenol erwies sich nach der Reinigung als Eugenol. 0,1932 Substanz üeferten 0,5192 CO2 und 0,1257 HgO. Berechnet für Eugenol CjoHiaOo: Gefunden: C 73,13 73,28 H 7,37 7,28. Es konnte also in dem Lorbeeröle neben freiem auch verestertes Eugenol nachgewiesen werden.. Die veresterten Säuren. Zur eingehenderen Prüfung dieser wurde die vom ausgeschiedenen Kaliumacetat abfiltrierte und vom Alkohol befreite Lösung mit ver- dünnter Schwefelsäure angesäuert, mit Filtrierpapierschnitzeln ge- schüttelt und filtriert. Das Filtrat, welches unangenehm und nach ranziger Butter roch, wurde der Destillation mit Wasserdampf unter- worfen, das Destillat mit Kochsalz gesättigt und mit Aether aus- geschüttelt. Nach dem Trocknen mit entwässertem Magnesiumsulfat und Verdunsten des Aethers im Vakuum wurde fraktioniert. Es wurden dabei bis 125 " etwa 2 ccm eines fast farblosen, stechend scharf riechenden Vorlaufs erhalten, der als Essigsäure erkannt wurde; dann stieg das Thermometer schnell bis 160° und nun langsam ständig weiter, bis bei etwa 200° alles überdestilliert war. Da es bei der geringen Menge aussichtslos erschien, auf dem Wege des Fraktionierens eine Trennung zu erreichen, wurde alles, bis auf den Vorlauf, mit Was;;er angeschüttelt und mit Ammoniakflüssigkeit neutralisiert. Nach Ent- fernung des geringen Ammoniaküberschusses wurde eine fraktionierte Fällung mit Silbernitrat vorgenommen. Das zwischen 160° und 200" siedende Säuregemisch. a) 0,1846 Substanz Üeferten 0,4092 COg und 0,1618 HgO. b) 0,1870 „ „ 0,4162 „ „ 0,1640 „ 166 H. Thoms und B. Molle: Aetberisches Lorbeerblätteröl. Berechnet für Valeriansäure C6H10O2: Capronsäure CeHijOa: Gefunden: C 58,78 62,02 a) 60,46: b) 60,70 H 9,87 10,42 aj 9.80; b) 9,81. Drei Fraktionen Silbersalze. Fraktion I. a) 0,0456 Substanz lieferten 0,0226 Ag = 49,56% Ag. b) 0,0364 „ „ 0,0178 „' = 48,90 „ ,, Fraktion II a) 0,0328 Substanz Ueferten 0,0160 Ag = 48,78% Ag. b) 0,0188 „ „ 0,0092 „ = 48,94 „ „ c) 0,0200 „ „ 0,0098 „ = 49,00 „ „ Fraktion III. a) 0,0294 Substanz lieferten 0,0150 Ag = 51,02% Ag. b) 0,0412 „ „ 0,0210 , == 50,97 „ „ c) 0,0726 „ ., 0,0824 COg und 0,0290 H3O = 30,95% C; 4,47% H. Berechnet für Essigsaures Silber Valeriansaures Silber Capronsaures Silber CgHsOgAg: CjHgOaAg: CeHnOgAg: C 14,37 28,71 32,28 H 1,81 4,34 4,97 Ag 64,65 51,64 48,40. Berücksichtigt man einerseits die Prozentzablen für Silber und andererseits die Analysen des Säuregemisches, ferner auch noch den Geruch und den Siedepunkt zwischen 160° und 200", so ergibt sich mit ziemlicher "Wahrscheinlichkeit, daß hier ein Gemisch von einer Valeriansäure und Capronsäure vorliegt. Daraufhin ausgerechnet würde nach den Kohlenstoff- und Wasserstoff bestimmungen ein Gemisch vorliegen von: 40,89% C5H10O2 und 59,11% C6H12O2, nach dem Durchschnitt sämtlicher Silberbestimmungen von : 39,27% C6H10O2 und 60,73% CßHiaOa. Legt man der Berechnung die bei der III. Silbersalzfraktion erhaltenen Zahlen zu Grunde, so gestaltet sich das Verhältnis 36,23% CsHöOaAg zu 63,77% CßHnOaAg. Ein derartiges Silbersalzgemisch erfordert 49,61 % Silber. Die beim Schütteln mit den Filtrierpapierschnitzeln von diesen festgehaltenen Anteile der Säuren wurden durch Extraktion mit Aether und Verdunsten desselben wiedergewonnen. Sie stellten eine bräunliche, plastische Masse dar. Es wurden einige Kubikzentimeter absoluten Alkohols hinzugegeben und das Ganze ungefähr 14 Tage sich selbst überlassen. Als sich nach Ablauf dieser Zeit deutlich seidenglänzende KrystaUe erkennen ließen, wurde die Masse auf Ton gestrichen und 0,3394 „ „ 0,0966 „ 0,3064 „ „ 0,0864 „ Gefunden: a) 71,95; b) 71,86; c) 71,79 a) 8,41; b) 8,39; c) 8,30. II. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. 167 auf diesem zweimal zur Verdrängung der gröbsten Verunreinigungen mit wenig absolutem Alkohol behandelt. Durch successives Auskochen der vom Tonteller losgelösten Krystallmassen mit Wasser und wieder- holtes Abkühlen nach dem Filtrieren konnten 1,6G g (aus 2,4 kg Oel) einer Säure vom Schmp. 140° bis 147° erhalten werden. Diese Estersäure lieferte bei der Verbrennung auf die Formel CioHi4 02 stimmende Werte. a) 0,1072 Substanz lieferten 0,2828 COg und 0,0806 HjO. b) 0,1288 c) 0,1164 Berechnet für CioHi4 0a: C 72,24 H 8,49 Um die Basizität der Säure zu bestimmen, wurden 0,2042 g Substanz in alkoholischer Lösung mit einer alkoholischen °/io Kalilauge titriert. Hierbei wurden bis zum Endpunkte der Reaktion 12,3 ccm verbraucht. Diese 12,3 ccm entsprechen 0,0^i907G8 g festen Kalihydrats. Vergleicht man nun das Molekulargewicht von O10H14O2 mit dem des Kalihydrates, 166,100 zu 56,16, so zeigt sich, daß ein Molekül KOH zur Sättigung eines Moleküls C10H14O2 verbraucht worden ist. Daraus ergibt sich, daß die Säure einbasisch ist und ferner, daß ihr das Molekulargewicht 160,106 zukommt. Des weiteren wurden das Silber-, Blei- und Kupfersalz dargestellt und analysiert. Salze der Säure C10H14O2. 1. Silbersalz. 0,5038 Substanz lieferten 0,2004 Ag. Berechnet für CioHisOjAg: Gefunden: Ag 39,53 39,78. 2. Bleisalz. Wie bei der Darstellung des Silbersalzes, wurde auch bei der Bildung der Bleiverbindung ein UeberschuJS an Fällungsmittel sorg- fältigst vermieden. Zur wässerigen SäurelSsung wurden einige Tropfen Essigsäure und dann tropfenweise Bleiacetatlösung gegeben. Die Blei- verbindung schied sich in weißen Flocken aus, welche abgesaugt und aus Aether- Alkohol krystallisiert wurden. 0,1262 Substanz lieferten 0,0708 S04Pb. Berechnet für (CioHi8 03)2Pb: Gefunden: Pb 38,52 38,31. 3. Kupfersalz. Die Säure wurde in etwas Natriumkarbonatlösung gelöst und nun soviel verdünnte Schwefelsäure zugegeben, daß gerade eine 168 H. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. schwache Opalescenz auftrat. Hierauf wurde ein kleiner Ueberschuß an Kupfersulfatlösung zugesetzt. Da sich das abgesaugte und ge- trocknete Kupfersalz als in Chloroform löslich erwies, wurde es mit diesem Lösungsmittel behandelt. Es gelang nicht ein kryatallisiertes Produkt zu erhalten. Daher wurde das grün gefärbte, pulverige^ amorphe, aus Chloroform erhaltene Salz analysiert. 0,2138 Substanz lieferten 0,4762 CO., und 0,1254 HgO. 0,6106 „ „ 0,1229 CuÖ. Berechnet für (CioHi302)2Cu: Gefunden: C 60,94 " 60,75 H 6,65 6,56 Cu 16,15 15,99. Versuche zur Feststeilung der Konstitution der Säure C10H14O2. Die Säure erwies sich als ungesättigt. Sie nahm 2 Atome Brom auf. Für die ungesättigte Natur des Körpers spricht ferner, daß ihn Kaliumpermanganat schon in der Kälte sehr energisch angreift. Ein irgendwie charakteristisches Reaktionsprodukt konnte jedoch nicht isoliert werden, weder als in wässeriger noch als in Acetonlösung gearbeitet wurde. Auch ein Oxydationsversuch mit Ferricyankalium in alkalischer Lösung nach der von Villiger*) gegebenen Vorschrift verlief resultatlos, da das gewonnene Produkt nach dem Umkrystallisieren aus verdünntem Alkohol den Schmelzpunkt 14G° bis 147°, also den des Ausgangsmaterials, zeigte. Leider mußten weitere Versuche, die Konstitution aufzuklären, wegen Materialmangels aufgegeben werden. Die Vermutung soll aber ausgesprochen sein, daß ein Zusammenhang der Säure C10H14O2 mit dem Camphen zu bestehen scheint. CH, rC CH2 CH CH CHa ■[ I I CH3 — C — CH3 1 I CH C CHa I CH3 CHg Semmler'sche Camphen-Formel. Bredt'sche Camphen-Formel. Bei der Oxydation mit Kaliumferricyanid war eine Dihydro- cuminsäure CioHi4 02 nicht entstanden. Es war daher daran zu denken, daß unsere Säure vielleicht identisch war mit der von I. Majewski und Wagner^) beschriebenen Dehydrocamphenylsäure C10H14O2 vom Schmp. 147,5° bis 148°. Von dieser wird allerdings im Gegensatz zu unserer Säure Kaliumpermanganat, selbst bei längerem Stehen damit, nicht entfärbt, und die Verfasser ziehen daraus den Schluß, daß die 1) V. VUliger, Ber. 29, S. 1926. 2) I. Majewski und Wagner, Journ. d. Russ. ehem. Ges. 29, S. 124—132. II. ThoDis und li. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. 169 Dehydratation der Camphenylsäure (Camphenilolsäure) nicht in der Richtung einer Aethylenbiüdung vor sich zu gehen scheint, sondern unter Bildung eines neuen Kinges, so daß die Dehydrocamphenylsäure zu den Tricyclenen gehören würde. CHs -rC , ril, (- /""^ I \ I X ,- CHs CCH, > C(OH)COOH (^Hg-CCH., CHCOOH / I ' ..I X CHa C CH C CHa CHa Camphenylsäure Dehydrocamphensäure. Nehmen wir für unsere Säure das folgende Bild an, abgeleitet von der Bredt'schen Camphenformel : CH CH CHs-CCHg^ Cn-COOH il I -.-""" CH C I CH3 so würde sich das verschiedene Verhalten gegen Kaliumpermanganat erklären lassen. Unter Berücksichtigung der Mengenverhältnisse der nach dem Verseifen des Oeles aufgefundenen Säuren wird man annehmen dürfen, daß als Estersäuren eigentlich nur Essigsäure und hedingt auch Valerian- säure und Capronsäure anzusehen sind, dagegen die Säure C10H14O2 erst bei der Behandlung mit dem alkoholischen Kali sich aus anderen Bestandteilen des Oeles gebildet hat. Zu dieser Auffassung gibt eine Beobachtung, die im Laufe der Bearbeitung gemacht wurde, eine gewisse Berechtigung. In der Literatur findet sich nämlich die Angabe, im ätherischen Oele der Lorbeerblätter habe Wallach^) unter anderem auch Pinen nach- gewiesen. Es war uns nun aber nicht möglich unter Befolgung unseres Arbeitsganges Pinen aufzufinden. Als wir jedoch aus ursprünglichem, noch mit keinem Reagens behandeltem Oele die betreffenden Anteile herausfraktionierten, zeigten sich kleine Differenzen gegenüber dem vor- bereiteten Oele. Das Oel fing schon um etwa 10" niedriger, als das andere, an zu sieden (bei ca. 150''). Die Nitrosierung der bis 170° über- gegangenen Anteile mit Amylnitrit und konzentrierter Salzsäure unter Kühlung hatte den Erfolg, daß sich nach kurzem Krystalle aus- schieden, welche sich noch vermehrten als mit absolutem Alkohol ver- dünnt wurde. Dieses Produkt zeigte nach zweimaligem Umkrystallisieren aus Benzol den Schmp. 103", welcher dem Pinennitrosochlorid zukommt. ») Wallach, Annal. 252 (1899), S. 95. 170 H. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. Somit konnte die Angabe Wallach's bestätigt werden, daß Pinen im ursprünglichen, d. h. noch nicht mit Alkalien vorbehandelten Oele enthalten war. Verarbeitung des Oeles nach der Verseifung. Das nach den vorangegangenen Operationen hin t erblieb ene Oel wurde nochmals mit Wasser gewaschen und, nachdem es auf das sorg- fältigste mit entwässertem Natriumsulfat getrocknet war, der frak- tionierten Destillation unterworfen. Da nach zwanzigmaligem Durch- destillieren, wobei die Grenzen immer enger gezogen wurden, noch keine einheitlichen und gleichmäßig konstanten Siedepunkte erhalten werden konnten, wurde aufgehört und mit folgenden Fraktionen gearbeitet. Vorlauf, aus geringen Mengen Aethylalkohol, von der Verseifung herrührend, bestehend. Siedepunkt : 1. ca. 1580 bis 1670 2. von 1670 jj 1700 3. n 1700 „ 1800 4. ., 1800 n 197" 5. 51 1970 !1 2030 6. Tt 2030 n 2050 bei 760 mm Druck 7. 11 2050 51 2120 8. „ 2120 )1 2150 9. n 2150 2200 10. 2200 j, 2250 11. « 2250 n 2300 12. ^ 1400 b ei 25 mm. 13. 11 1550 „ 18 „ 14. Rückstanc . Der braune, zähflüssige, angenehm aromatisch riechende Rück- stand wurde mit Aether verdünnt und tagelang in einer Kältemischung aufbewahrt. Da weder hierdurch noch beim Stehen mit Alkohol oder Petroläther krystallinische Abscheidungen erhalten werden konnten, wurde er mit Wasserdampf behandelt. Hi-erbei ging sehr langsam, so daß nach zehntägigem Destillieren etwa 20,0 g erhalten wurden, ein grün gefärbtes und eigentümlich weichlich riechendes Oel über, das ausgeäthert, getrocknet und bei gewöhnlichem Drucke fraktioniert wurde. 14 a von" 2730 bis 2850 14 b j„ 2850 ,, 2940. Der nun nach der Wasserdampfdestillation zurückgebliebene, noch ca. 100,0 g betragende Rückstand ist dunkelbraun, harzartig, in der Kälte spröde und besitzt immer noch einen angenehmen, aromatischen, etwas an Benzoe erinnernden Geruch. No. II. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. 171 Die physikalischen Konstanten der einzelnen Fraktionen. Fraktion Spezitisches Gewicht bei 170 Drehungswinkel ojj Rohrlänge 1580 bis 1670 1670 „ 1700 170 f^ ., 1800 1800 „ 1970 1970 .. 2030 2030 , 2050 2050 „ 2120 2120 „ 2150 2150 .. 2200 2200 V 2250 2250 „ 2300 bei 25 mm bisl40o .. 18 .. ., 1550 — +30 13' 48" — inaktiv 0,9225 inaktiv — ~ 30 15'; 30 15' 0,8975 - 220 20' 48"; 220 21' 0,9118 — 320 12'; 320 11' 0,9200 - 400 15'; 400 20' 0,9298 - 450 36'; 45 o 34' 48" 0,9343 — 44054' 12"; 440 54' 36' 0,9371 — 0,9370 — 5045'; 50 42' — I + 00 24' 20 200 100 100 100 100 100 20 20 Analysen der einzelnen Fraktionen. No. Fraktion angewandte Substanz- menge Kohlensäure , Wasser H 1 1580 bis 1670 — — — — — 2 1670 ,, 1700 0,1747 0,5038 0,1781 78,65 11,40 3 1700 r 1800 0,1534 0,4387 0,1630 78,00 11,89 4 1800 « 1970 0,1210 0,3446 0,1251 77,67 11,57 f> ( 1970 _ 2030 0,1072 0,3022 0,1120 76,88 11,68 l 1970 ^ 2030 0,1383 0,3902 0,1440 76,95 11,64 6 2030 ?' 2050 0,1216 0,3420 0,1265 76,71 11,64 7 2050 ,. 2120 0,1396 0,3982 0,1422 77,79 11,39 8 2120 y. 2150 0,1068 0,3069 0,1088 78,37 11,39 9 2150 2200 0,1499 0,4300 0,1504 78,23 11,23 10 2200 - 2250 0,1810 0,5272 0,1790 79,44 11,06 11 2250 r 2300 0,1562 0,4563 0,1502 79,67 10,75 12 bei 25 mm jisUOo — — — 1 — — 1^ / .. 18 ;i , 1550 0,2720 0,8083 0,2549 81,05 10,48 » .. 18 ;. .. 1550 0,2279 0,6799 0,2127 81,37 10,44 4a 2730 bis 2850 0,1822 0,5438 0,1844 81,40 11,32 2850 ;» 2940 4b oder jei 18 mm über 1550 0,1608 0,5031 0,1636 35,33 11,38 18 „ r 1550 0,2026 0,6346 0,2065 85,43 11,40 172 H. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. Fraktion 170» bis 180°. Diese Fraktion, welche gegen 50% des Oeles ausmacht, bestand, wie gemäß den Literaturangaben vermutet wurde, aus fast reinem eine Ol (Eucalyptol) CioHigO. Zum Nachweise wurde, nach der von Wallach und G-ilde- meister gegebenen Vorschrift*), in Petroläther gelöst und unter starker Abkühlung trockenes Bromwasserstoflfgas eingeleitet. Es wurde das bei 57° schmelzende Cineolhydrobromid CioHigOHBr erhalten. 0,1308 Substanz lieferten 0,1042 AgBr. Berechnet für CioHigOHBr: Gefunden: Br 34,01 33,90. Cineolsäure CioHieOs. Bei der Oxydation von Cineol mit Kaliumpermanganat') entsteht neben Oxalsäure, Essigsäure und Kohlensäure Cineolsäure C10H16O5. Die vom Braunstein abfiltrierte, die Kalisalze enthaltende Flüssigkeit wurde auf dem Wasserbade zur Trockene verdampft, der Rückstand mit Alkohol, in dem das cineolsäure Kalium löslich ist, ausgezogen, und die Cineolsäure mit verdünnter Schwefelsäure ausgefällt. Nach dreimaligem Umkrystallisieren wurden farblose Krystalle mit dem Schmelzpunkt 196,5° erhalten, welche sich identisch erwiesen mit Cineolsäure CioHieOs. 0,2013 Substanz lieferten 0,4096 CO2 und 0,1346 H2O. Berechnet für CioHigOß: Gefunden: C 55,52 55,49 H 7,46 7,48. Abscheidung von Cineol mit Arsensäure. In Heusler, „Die Terpene", S. 113, befindet sich die Notiz: „Das Cineol verbindet sich mit konzentrierter Phosphorsäurelösung zu einer Verbindung CioHi80-H3P04, ein Umstand, der zur Dar- stellung reinen Cineols aus Eucalyptusöl benutzt werden kann (Scammel)"^). Es lag nun nahe, auch einmal Arsensäure auf Cineol einwirken zu lassen. Bei Anwendung einer hochkonzentrierten Lösung dieser Säure schied sich eine anfangs plastische, dann krystallinisch fest werdende Masse aus, die abgepreßt und mit lau- warmem Wasser behandelt, wieder in ihre Komponenten zerfiel. 1) Heusler, Die Terpene (1896), S. 114 2) Wallach und Gildemeistsr, Annal. 246, S. 265. 8) Scammel, D. R.-P. No. 80118. II. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. 173 Diese Reaktion, die wir Ende Februar 1901 auffanden, ist, un- abhängig von uns, von anderer Seite zum Gegenstände eines Patentes gemacht worden. Leider ist uns die Auslegung der Anmeldung seinerzeit entgangen, sodaß wir Prioritätsansprüche nicht mehr geltend machen konnten*). Wir benutzten diese Methode, um die Fraktion 170'^ bis 180°, die etwas mehr als ein Kilogramm ausmachte, zu reinigen, und um in den Fraktionen 167—170°, 180—197°, 197—203°, 203—205° noch vorhandenes Cineol nachzuweisen und abzuscheiden. Wurde die Ab- Bcheidung mit konzentrierter Arsensäurelösung zweimal wiederholt, so erhielten wir vollkommen reines, optisch absolut inaktives Cineol, das in der Kälte erstarrte und bei — 1° wieder schmolz; der Siedepunkt wurde als konstant bei 176° und das spezifische Gewicht zu 0,930 bei 15" bestimmt. 0,1562 Substanz lieferten 0,4453 CO2 und 0,1635 HgO. Berechnet für CioHjgO: Gefunden: C 77,85 77,75 H 11,77 11,71. Die verhältnismäßig hohe Verseifungszahl verglichen mit der Säurezahl legte die Vermutung nahe, daß im ursprünglichen Oele nicht unerhebliche Mengen veresterter Alkohole vorhanden sein müssen. Wir versuchten daher, solche in den Fraktionen von 212° bis 230° zu entdecken. Fraktionen 212° bis 230°. Die Fraktionen sind etwas dickflüssiger, als die vorher be- schriebenen, und besitzen einen angenehmen Geruch. Da durch Destillation weder im Vakuum noch bei gewöhnlichem Drucke ein konstanter Siedepunkt und mithin eine Trennung von den Begleitkörpern erreicht werden konnte, v^^urden zur Aufklärung nach- stehende Versuche angestellt. Veresterung mit Essigsäureanhydrid. 20,0 g der Fraktion vnirden mit der dreifachen Menge Essig- säureanhydrid und etwa 20,0 essigsaurem Natron kurze Zeit am Rückflußkühler gekocht, hierauf in Wasser gegossen, von der wässerigen Flüssigkeit im Scheidetrichter getrennt, mit ganz ver- dünnter Natriumkarbonatlösung entsäuert, mit etw^as Wasser ge- waschen und mit entwässertem Natriumsulfat getrocknet. Beim Destillieren des so erhaltenen, angenehm erfrischend riechenden Oeles 1) Amer. Pat. No. 705545 vom 22. Juli 1902. W. Smith, London, übertragen auf E. Merck, Darmstadt. Darstellung von Eucalyptol, D. R.-P. No. 132606 von E. Merck, Darmstadt. 174 H. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. unter vermindertem Drucke ließ sich ein einheitlicher Siedepunkt nicht feststellen. Das spezifische G-ewicht beträgt 0,9232 bei 16°, der polarisierte Lichtstrahl wird um Oß —39** 37' 48" abgelenkt (100 mm-Rohr). 0,2220 Substanz lieferten 0,6298 COa und 0,2059 HgO. Ausgangsmaterial: 78,37 C; 11,39 H. Berechnet für C12HJ0O2: Gefunden: C 73,41 77,37 H 10,27 10,38. Aus den gefundenen Analysenzahlen geht hervor, daß eine Ein- wirkung des Essigsäureanhydrids stattgefunden hat. Um die Menge des gebildeten Acetats festzustellen, wurde eine Esterbestimmung nach der in den Berichten von Schimmel &. Co. für Geraniolacetat beschriebenen Methode ausgeführt. Zu dem Zwecke wurden 2,2782 g des esterhaltigen Oeles in einem 100 ccm haltendem Kölbchen mit 10 ccm einer alkoholischen Kalilauge, die in 1 ccm 0,05091 g festes Kalihydrat enthielt, Vz Stunde lang auf dem Wasser- hade am Rückflußkühler erhitzt. Nach dem Erkalten wurde mit etwas Wasser verdünnt, einige Tropfen einer alkoholischen Phenol- phthaleinlösung zugegeben und mit einer °/2 Schwefelsäure das über- schüssige Kali zurücktitriert. Es waren 0,3788 g festes Kalihydrat zur Yerseifung verbraucht worden, das würde, auf CioHnO-OC-CHs berechnet, einem Gehalte von 58,21% Acetat entsprechen. Versuche, Wasser abzuspalten. 1. 20,0 g der Fraktion 212 bis 215 wurden eine Stunde lang am Rückflußkühler mit 100,0 g 50%iger Schwefelsäure gekocht, dann mit Wasser- dämpfen übergetrieben und isoliert. Der Hauptanteil des getrockneten Produktes ging als dünnflüssiges Liquidum bei 83 bis 85 " unter 27 mm Druck über. Siedepunkt bei gewöhnlichem Drucke 1760 bis 1820. Spez. Gew. 0,8512 bei 17°; optische Drehung 0^ — 3031'48" (100 mm-Rohr). 0,1358 Substanz lieferten 0,4342 CO2 und 0,1418 HgO, entsprechend 87,20% C, 11,68% H. 2. Der obige Versuch wurde nun mit 23,0 g der Fraktion 220" bis 2250 wiederholt, jedoch mit der Abänderung, daß jetzt vier Standen statt einer Stunde mit der Schwefelsäure gekocht wurde. Das isolierte Reaktions- produkt war dem obigen in seinem Aeußeren und betreffs des Siedepunktes vollkommen gleich, zeigte aber nur 0^ — 0024' Drehung (100 mm-Rohr). 0,1686 Substanz lieferten 0,5420 CO2 und 0,1760 H3O, entsprechend 87,68% C, 11,68% H. Beim Berechnen einer Molekularformel aus den Analysenwerten von Versuch 1 und 2 findet man, daß hier ein etwas verunreinigter Kohlenwasser- stoff der Formel CioHje vorliegt. II. Thoms und B. Molle: Aetheriscbes Lorbeerblätter öl. 175 Berechnet füriCioHie: Gefunden: C 88,lt> 1. 87,20; 2. 87,68 II 11,84 1. 11,68; 2. 11,68. Zur weiteren Charakterisierung dieses Kohlenwasserstoffs wurde er mit Petroläther verdünnt, eine konzentrierte Natriumnitritlösung und die entsprechende Menge verdünnter Schwefelsäure in kleinen Portionen unter Umschütteln hinzugefügt. Nach Verlauf von ca. zwei Stunden hatten sich farblose Kry stalle vom Schmp. 153,5" abgeschieden. Diese wurden gesammelt und mehrere Male aus Alkohol umkrystallisiert. Hierdurch ließ sich der Schmelzpunkt bis auf 155" hinaufrücken. 0,1352 Substanz lieferten 0,2810 COg und 0,0929 HjO. 0,1142 „ „ bei 180 und 758 mm Barometerdruck 13,2 ccm Stickstoff. Berechnet für Terpinennitrosit CioHiaNgOs: Gefunden: C 56,55 56,68 H 7,60 7,69 N 13,23 13,32. Durch die Behandlung mit 50%iger Schwefelsäure wurde also Terpinen CioHie gebildet. Einwirkung verdünnter Schwefelsäure. Alle Fraktionen von 212** bis 230" geben beim Behandeln mit verdünnter, auch schon mit 5 % iger Schwefelsäure, Terpinhydrat. Das Terpinhydrat schmolz bei 116" bis 117°. 0,1222 Substanz lieferten 0,2816 CO3 und 0,1284 HgO. Berechnet für CioHi8(OH)a + H2O: Gefunden: C 63,10 62,85 H 11,66 11,75. Versuche zur Bildung eines Diphenylurethans. H. Erdmann und Huth') haben gefunden, daß man in dem Diphenylkarbaminsäurechlorid : (Ce 115)2 -N- CO ■ Cl, bei Gegenwart in- differenter organischer Basen ein Mittel besitzt, um gewisse Alkohole als gut krystallisierende Urethane zu charakterisieren. Es wurde daher ein Gemisch von 10,0 g der Fraktion 225° bis 230° mit 15,0 g Diphenylkarbaminsäurechlorid und 13,5 g Pyridin in einem Kölbchen mit Steigerohr ca. drei Stunden im siedenden Wasserbade erhitzt und so ein Körper erhalten, welcher nach viermaligem Umkrystallisieren den Schmp. 83° zeigte, und dessen Analyse auf das Diphenylurethan eines Alkohols der Formel doKn- OH stimmte. Die Ausbeute war wenig gut. ») H. Erdmann und Hutfc, Journ. f. prakt. Chem. (1897) 56, S. 6 ff 176 H. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätter öl. 0,2508 Substanz lieferten 0,7252 COg und 0,1762 HgO. 0,2682 „ „ bei 17« und 764 mm Barometerdruck 9,5 ccm Stickstoff. Berechnet für C23H^N02: Gefunden: C 79,03 78,86 H 7,79 7,86 N 4,02 4,13. Oxydation mit Chromsäure. Zur weiteren Aufklärung, welcher oder welche Alkohole der Formel CioHnOH hier vorliegen, wurden, nach der von Semmler^) für die Oxydation von Geraniol gegebenen Vorschrift, zu einer Lösung von 10,0 g Kaliumdichromat in 12,5 g konzentrierter Schwefelsäure und 100,0 g Wasser 15,0 g der Fraktion 212« bis 215° gegeben, das Ganze anfangs kalt gehalten und sodann der allmählich eintretenden Selbsterwärmung überlassen. Nach einer guten halben Stunde, während deren fortdauernd kräftig geschüttelt wurde, war die Reaktion beendet. Darauf wurde schwach alkalisch gemacht, mit Wasserdämpfen abgetrieben und das abgehobene Oel mit konzentrierter Natriumbisulfitlösung geschüttelt. Krystalle hatten sich nach 24 stündigem Stehen nicht abgeschieden, trotzdem aber wurde die vom Oele ge- trennte Bis,ulfitlösung mit Natronlauge zerlegt und einer Wasser- dampfdestillation unterworfen. Dabei ging ein deutlich nach Geranial (Citral) riechendes Oel über. Der Schmelzpunkt des davon dargestellten Semikarbazons lag bei 133" bis 135". Barbier und Bouveault^) geben für das Semikarbazon des Geranials CioHie = N -NH- CONH2 als Schmp. 135" an. Der gleichen Behandlungsweise, wie oben beschrieben, wurde die dreifache Menge von der Fraktion 225° bis 230" ausgesetzt. Hier war die Ausbeute zwar immer noch schlecht, aber doch hinreichend, um eine Kondensation mit Brenztraubensäure und ß-Naphthylamin nach Döbner'') vornehmen zu können. Das ca. 4,0 g betragende, aldehydhaltige Oel wurde mit 1,2 g Brenztraubensäure und 2,0 g ß-Naphthylamin in absolutalkoholischer Lösung drei Stunden lang im Wasserbade gekocht. Nach dem Erkalten schieden sich gelbe Krystalle aus, diese wurden abgesaugt, mit etwas Aether gewaschen und aus heißem Alkohol umkrystallisiert. Es wurden zwei verschiedene Körper erhalten. Der eine stellte farblose Nadeln vom Schmp. 310" dar und erwies sich als a-Methyl-ß-naphtho- cinchoninsäure , wahrscheinlich herrührend von einer partiellen i) öemmler, Ber. 23 (1890), S. 2965. 2) Barbier und Bouveault, Compt. rend. 121, S. 1159. Ber. 29, Ref., S. 88. 3) Döbner, Ber. 27 (1894), S. 352, 2020. II. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. 177 Spaltung der Brenztraubensäure in Acetaldehyd und Kohlendioxyd, CHgCO-COOH = CH,-CHO + CO2, welche bei unzureichenden Mengen an Aldehyd leicht eintreten kann. Der andere bildete zitronen- i,'elbe Blättchen mit dem Schmp. 197°. Dieser Schmelzpunkt, die Analysen und die Eigenschaft, beim Trocknen ein halbes Molekül Krystallwasser zu verlieren, geben den Körper als o-Geranial (Citral)- ß-naphthocinchoninsäure zu erkennen. a) 0,1802 Substanz gaben 0,5256 COg und 0,1102 HgO. b) 0,2018 Substanz lieferten bei 17 und 764 mm Barometerdruck 7,25 com Stickstoff. Berechnet für C21H35NO2 (sine 14H3O): Gefunden: C 7y,95 79,55 H 6,71 6,84 N 4,07 4,19. Versuch, aus der Fraktion 225° bis 230° eine Chlorcalcium- verbindung zu erhalten. 20,0 g der Fraktion wurden mit völlig trockenem, ausgeglühtem, fein gepulvertem Chlorcalcium verrieben und in einer Kältemischung 36 Stunden, vor Feuchtigkeit geschützt, stehen gelassen, darauf mit trockenem Benzol verrieben und damit ausgewaschen. Beim nun folgenden Behandeln des Chlorcalciums mit Wasser trat ein intensiver Geruch nach Geraniol auf. Die mit Aether herausgelöste Menge desselben betrug jedoch nur wenige Zentigramme, infolgedessen konnten weitere Derivate nicht dargestellt werden. Bei einem Yorversuche, die Fraktion 225° bis 230° mit Kalium- permanganat in neutraler Lösung und in der Kälte zu oxydieren, war wiederum Geranial (Citral) deutlich wahrnehmbar, die nebenbei ent- standenen Säuren zeigten einen unangenehmen, stechenden, an Valerian- säure und Buttersäure erinnernden Geruch. Die vorstehenden Versuche haben also das Vorhandensein von Geraniol CHs-C = CH— CH.,-CH.— C = CH— CHo-OH I " ■ i CHb CHa in den Fraktionen von 212° bis 230° ergeben; ob daneben auch Terpineol und Linalool sich vorfinden, konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, da es bei dem zur Verfügung stehenden Material nicht gelang, die Ursache der starken Linksdrehung dieser Fraktionen, die bis zu — 45° 3G' ansteigt und dann wieder fällt, zu finden. Da jedoch die Analysen dieser Fraktionen durchweg einen zu hohen Kohlenstoffgehalt ergaben, ist wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß hier noch ein Kohlenwasserstoff vorliegt, dessen Siedepunkt zwischen Arch. d. Pharm. CCXXXXII. Bda. 3. Heft. 12 178 H. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. 200° und 225° liegt, sodaß er durch Destillation nicht getrennt werden konnte, und der eine starke Linksdrehung besitzt. Durch diese An- nahme würden sich dann die schlechten Ausbeuten bei den einzelnen Versuchen erklären lassen. Um diese Verhältnisse einigermaßen mit Aussicht auf Erfolg untersuchen zu können, dürften wohl etwa 5— 6 kg Lorbeeröl er- forderlich sein. Die hochsiedenden Anteile des Lorbeeröles. Die Trennung der höher als 230° siedenden Anteile gelang nur sehr unvollkommen, da, selbst bei Anwendung von vermindertem Drucke (18 mm), Wasserabspaltung, mithin also Zersetzung, eintrat. Mit steigender Temperatur ging die gelbe Farbe in Grüngelb und schließlich in ein dunkles Blaugrün über, das sich beim längeren Auf- bewahren in ein schmutziges Graugrün verwandelte. Aus den Analysen läßt sich mit zunehmendem Siedepunkt ein Abnehmen des Sauerstoffs erkennen. Der bei 273—285° siedende Anteil zeigt die ungefähre Zusammensetzung der Sesquiterpenalkohole. Berechnet für O15H25O: Gefunden: C 81,01 81,40 H 11,79 11,32. Versuche jedoch, einen der bekannten Sesquiterpenalkohole darin zuerkennen, scheiterten; denn ein irgendwie charakteristisches Derivat konnte aus ihm bisher nicht erhalten werden. Weiterhin wurde versucht, durch Abspaltung von Wasser eventuell zu bekannten Körpern zu gelangen, das Resultat war jedoch nur eine Abnahme von Sauerstoff, aber keine vollkommene Abspaltung desselben. Versuche zur Abspaltung von Wasser. 1. Etwa 40,0 g der bei 140° bis 155° unter 18 mm Druck siedenden Fraktion wurden mit einer berechneten Menge an Phosphorpentoxyd in der Kälte zusammengebracht. Das Reaktionsprodukt wurde durch Destillation im Vakuum gereinigt und in zwei Teilen aufgefangen. 1. Bei 19 mm bis 137° siedend, zeigt einen Drehungswinkel «ß+OOSC (20 mm-Rohr). 0,2065 Substanz lieferten 0,6284 COa und 0,1947 II3O, entsprechend 83,00% C; 10,55% H. II. Bei 19 mm bis 150^ siedend, zeigt den Drehungswinkel cjj'-f-OOSG' (20 mm-Rohr). 0,2055 Substanz lieferten 0,6280 COa und 0,1951 H2O, entsprechend 83,35% C; 10,62% IL 2. 50,0 g Oel wurden mit 150,0 g 50%iger Schwefelsäure fünt Stunden am Rückflußkühler erhitzt, wobei Geruch nach schwefliger H. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. 179 Säure auftrat. Durch Fraktionieren des mit Wasserdämpfen über- getriebenen Reaktionsproduktes wurden drei optisch inaktive Fiaktionen Bei 20 mm Druck I. bis 133 o II. „ 1360 m. „ 1450. I. 0,2945 Substanz lieferten 0,9116 CO2 und 0,2862 H.2O, entsprechend 84,42% C; 10,87% H. II. 0,2117 Substanz üeferten 0,6620 COo und 0,2146 Ho (J, entsprechend 85,28% C; 11,34% H. Wurde über metaliischem Natrium destilliert, so resultierten Produkte, die bei 247'' und 253 sieaeten. (Sdp. 2470.) 0,2447 Substanz lieferten 0,7582 CO^ und 0,2376 HoO, ent- sprechend 84,50% C; 10,86% H. (Sdp. 2530.) 0,2278 Substanz Üeferten 0,7114 COo und 0,2248 H2O, ent- sprechend 85,17% C: 11,04% H. Beim Behandeln mit Kaliumpermanganat in neutraler Lösung blieb ein grünes, bei 2550 siedendes Oel zurück, welches folgende Zahlen lieferte: 0,2127 Substanz lieferten 0,6692 CO2 und 0,2159 H.2O, entsprechend 85,81 % C ; 11,35 % H. Berechnet für C15H24: Berechnet für C15H23O: C 88,16 81,01 H 11,84 11,79. Trotz verschiedentlich variierter Versuchsbedingungen und öfterer Wiederholung gelang es nicht, ein festes Nitrosit, Nitrosat oder Nitroso- chlorid zu erhalten. Wurde trockenes Salzsäuregas in die mit der drei- bis vierfachen Menge Aether verdünnte Fraktion unter starker Abkühlung und Aus- schloß jeglicher Feuchtigkeit eingeleitet, so wurde eine ganz erhebliche Menge davon absorbiert, die Färbung ging dabei in Violett und zuletzt in Braunrot über. Krystalle schieden sich nicht ab. Beim Versuch, den Aether im Vakuum zu entfernen und das Oel zu destillieren, trat schon unter 100° Zersetzung unter Abspaltung von Chlorwasserstoff ein. Da eine weitere Untersuchung der hochsiedenden Anteile des Lorbeeröles zu große Anforderungen an Zeit und Materialmenge gestellt hätte, ohne einen sicheren Erfolg zu ver.'iprechen, wurde davon Abstand genommen. Sowohl das unveränderte Lorbeeröl, wie auch seine höher und höchst siedenden Anteile geben mit Bromdämpfen eine Blaufärbung. Die Reaktion läßt sich am besten derart ausführen, daß man einige Tropfen des Oeles oder der Fraktionen in ca. 1 — 2 ccm Eisessig löst und wenig Bromdampf darauf bläst. Anfänglich bemerkt man keine Einwirkung, aber nach Verlauf von ungefähr einer Minute 12* 180 H. Thoms und B. Molle: Aetherisches Lorbeerblätteröl. bilden sich blaue Streifen, die an Intensität immer mehr zunehmen und beim Umschwenken ihre Farbe der ganzen Flüssigkeit mitteilen. Die Färbung hält sich ziemlich lange. Eine ähnliche, jedoch nicht so schöne Färbung erhält man mit ganz wenig Salpetersäure, wenn man ebenfalls in Eisessiglösung arbeitet. Zusammenfassung der Resultate. Die Untersuchung des ätherischen Lorbeerblätteröles hatte folgende Ergebnisse: 1. Die in der Einleitung aufgeführte Vermutung Wallachs, in den über 180° siedenden Anteilen könne sich Methylchavicol, C10H12O, vorfinden, konnte nicht bestätigt werden. 2. Die saure Reaktion des Oeles ist bedingt durch die Anwesenheit von freien Säuren und zwar sind vorhanden: Essigsäure C2H4O2 Isobuttersäure C4H8O2 Valeriansäure (Isovaleriansäure?) . C5H10O2. 3. Die Menge des freien Phenols beträgt 1,7 %, es wurde als Engend identifiziert. 4. Nach dem Verseifen des Oeles konnten abermals ca. 0,4% Eugenol isoliert und durch die Benzoylverbindung charakterisiert werden. Es ist also neben freiem auch verestertes Eugenol zugegen. 5. Da die gefundene Esterzahl ungefähr 17 mal so groß ist, wie die ebenfalls bestimmte Säurezahl, konnte eine dementsprechende Menge an Estersäuren in Freiheit gesetzt werden. Die Hauptmenge bestand aus Essigsäure, daneben scheinen aber auch Valeriansäure und Capron- säure an der Esterbildung teilgenommen zu haben, und zwar, wie aus den Analysen hervorgeht, in einem ungefähren Mischungsverhältnis von 40% Valeriansäure und 60% Capronsäure. 6. Außer den genannten Säuren konnte noch eine feste, von der Formel C10H14O2, in einer Ausbeute von 0,07% = l,6ß g erhalten werden. Sie krystallisiert in etwas zusammenbackenden, stark glänzenden Schüppchen vom Schmp. 146" bis 147*^, wird von Kaliumpermanganat stark angegriffen und addiert 2 Atome Brom. Mit den bekannten Säuren dieser Zusammensetzung konnte sie, soweit es die geringe Menge erlaubte, nicht identifiziert werden. Vermutlich ist die Säure das Produkt sekundärer Vorgänge. 7. Pinen, das von Wallach in den niedrigsten Fraktionen auf- gefunden worden war, konnte ebenfalls nachgewiesen werden, jedoch ist zu erwähnen, daß zum Nachweise desselben unveiändertes, d. h. noch nicht mit Alkalien voi behandeltes, Oel verwendet wird. H. Thoms u. B. Molle: Cineol. 181 8. Cineol (Eucalyptol), welches als Bestandteil schon bekannt war, wurde zu etwa 5ü% gefunden. Als Analogen zur Phosphorsäure ließ sich konzentrierte Arsensäure als Abscheidungs- und Reinigungs- mittel verwenden. 9. In den Fraktionen 212* bis 230° befand sich GeraniolCioH, 7 OH, welches durch das bei 83° schmelzende Diphenylurethan und, nach seiner Oxydation zu Geranial (Citral), durch die a-Geranial (Citral)- ß-naphthocinchoninsäure mit dem Schmp. 197° als solches charakterisiert wurde. Ferner ließ sich aus diesen Fraktionen durch Wasserabspaltung Terpinen C10H19, und mit verdünnter Schwefelsäure Terpinhydrat erhalten. 10. Die l;ochsiedenden Anteile sind sauerstoffhaltig, und es ist im höchsten Grade wahrscheinlich, daß hier neben Sesquiterpen auch Sesquiterpenalkohol vorkommt. 11. Das ursprüngliche Oel sowohl, wie auch besonders die hoch- siedenden Fraktionen zeigen in Eisessiglösung, bei Einwirkung von Bromdampf oder sehr wenig Salpetersäure, eine intensive Blaufärbung. Arbeiten aus dem Pharmazeutischen Institut der Universität Berlin. Ueber die Reduktion des Cineols. Von H. Thoms und B. Molle. (Eingegangen den 22. I. 1904.) Das Cineol ist bisher hauptsächlich nach der Richtung seiner Oxydationsprodukte hin untersucht worden. Es schien uns lohnend zu sein, einen Beitrag zur Kenntnis der Reduktionsprodukte zu liefern. Zu diesem Zwecke wurden zunächst Versuche mit Natrium und Alkohol, mit Natriumamalgam, mit Aluminiumamalgam und mit Eis- essig und Zinkstaub angestellt. Sie schlugen so gut wie fehl, denn neben harzigen Produkten wurde stets das unveränderte Ausgangs- material wiedergewonnen. Anders gestalteten sich die Verhältnisse, als Jodwasserstoff bei 200° auf Cineol einwirkte. Es wurden 5,0 g Cineol, 20,0 g Jodwasserstoffsäure (spezifisches Gewicht 1,96) und ca. 3,0 g amorpher Phosphor in ein Glasrohr ein- geschmolzen. Dieses Gemisch sollte 24 Stunden auf 200° erwärmt werden, jedoch schon nach ungefähr zwölfstündigem Erhitzen erfolgte unter gewaltiger Detonation eine Explosion, und es verbreitete sich ein 182 H. Thoms u. B. Molle: Cineol petroleumähnlicher Geruch. Hiernach schien die gewählte Temperatur zu hoch zu sein. Wir variierten daher die Temperatur und auch die Dauer des Erhitzens hei gleicher Beschickung, und zwar 6 Stunden bei 1.500 4 „ 1500 6 „ 1000 4 „ 1000 24 „ 1000 2 „ 2000 1— 1 „ 2000 Es ergab sich, beim Erhitzen auf 100" trat überhaupt keine Reaktion ein, wurde bis ISO** erwärmt und 4 Stunden nicht weit über- schritten, so war auch hier eine Einwirkung nicht zu erkennen, stieg die Dauer des Erwärmens jedoch auf ca. 6 Stunden, so erfolgte Explosion. Bei zweistündigem sowohl, wie hei nur einstündigem Erwärmen auf 200® hielten nur etwa 20% der Röhren stand, und diese zeigten beim Oeffnen, daß ein ganz enormer Druck in ihnen herrschte. Als dann das Reaktionsprodukt in Wasser gegossen wurde, entwickelte sich ein intensiver Phosphorwasserstoffgeruch. Das isolierte Produkt zeigte starke Fluoreszenz. Da wir die Explosionen zunächst der Bildung von selbst- entzündlichem Phosphorwasserstoff zuschrieben, erhitzten wir am Rückflußkühler 24 Stunden im Oelbade auf 200°. Das isolierte Produkt war unverändertes Cineol, demnach scheint also zum Gelingen der Reduktion ein gewisser Druck notwendig zu sein. Wir wählten nun als jodbindendes Mittel einen geringen Ueber- schuß an metallischem Quecksilber und fanden nach vielen Versuchen, daß ein einstündiges Erhitzen auf eine Temperatur von ca. 220" bis 225 "'j dem ein allmähliches Anwärmen voranging und ein ebenso allmähliches Abwärmen folgte, die günstigsten Reaktionsbedingungen waren. Das auf diese Weise erhaltene Reaktionsprodukt, welches mit schön ausgebildeten Quecksilberjodidkry stallen durchsetzt war, hatte die Düunflüssigkeit des Ausgangsmaterials verloren, war gelb gefärbt und zeigte deutlich bläuliche Fluoreszenz. Der Geruch erinnerte an Petroleum. Bei obiger Arbeitsweise wurden immerhin noch über 20% der Röhren zertrümmert. Der Druck beim Oeffnen der kalten Gläser war noch ein sehr erheblicher. Das bei der Reduktion von Cineol gebildete Gas. Um das gasförmige Reaktionsprodukt zu gewinnen, wurden acht Röhren, die mit besonders engen Kapillaren versehen worden waren und nach dem Erkalten noch 24 Stunden gelegen hatten, unter Be- II. Thoras u. B. Molle: Cineol. IftS obachtuD^ aller Vorsichtsmaßregeln, in einer großen pneumatischen Wanne unter Wasser geöffnet, und das ausströmende Gas in einem völlig mit Wasser angefüllten, mit Hahnrohr versehenen Zylinder aufgefangen. Diese acht Röhren lieferten etwas über 5000 com Gas; daraus erklärt sich zur Genüge der starke Druck und die enorme Wirkung bei den Explosionen. Das Gas ist farblos, brennt mit nichtleuchtender, bläulicher Flamme, die auch beim Hineinhalten einer kalten Porzellanschale nicht rußt, und gibt, mit Imft oder Sauerstoff gemischt, explosive Gemenge. Beim Durchleiten durch Kalk- oder Barytwasser läßt es einen Gehalt an CGa und beim Ueberleiten über glühendes Kupferoxyd Halogen erkennen. Aus diesen Resultaten geht hervor, daß das Gas aus Wasserstoff und kleinen Mengen Kohlendioxyd, verunreinigt mit etwas Jodwasser- stoff, besteht, niedere gasförmige Kohlenwasserstoffe jedoch fehlen. Verarbeitung des flüssigen Röhreninhaltes. Linge Zeit wollte es uns nicht gelingen, das Reaktionsprodukt von Quecksilber und Halogen zu befreien, bis schließlich folgende I^fethode zum gewünschten Ziele führte. Der Inhalt von je fünfzig Röhren — im ganzen gelangten 125, die unversehrt geblieben waren, zur Verarbeitung — wurde in einem Gefäße vereinigt, die Röhren gut auslaufen lassen und mit etwas Wasser ausgespült. Hierauf wurde die ölige und die wässerige Flüssigkeit möglichst von den festen Anteilen und dem unveränderten Qaecksilber durch Dekantieren getrennt und in einen Scheidetrichter gebracht. Zum Rückstande wurde nochmals etwas Wasser gegeben, umgerührt und abermals dekantiert. Nachdem im Scheidetrichter sich die Flüssigkeiten getrennt hatten, wurde die saure wässerige Schicht abgelassen, das zurückgebliebene Oel zweimal mit Wasser gewaschen und zur Destillation mit Wasserdampf durch etwas Watte in einen Kolben filtriert. Bei der nun folgenden Wasserdampfdestillation ging sehr leicht und schnell ein farbloses, dünnflüssiges Oel mit eigenartigem, kratzendem, an Petroleum erinnerndem Gerüche, über; gleichzeitig schieden sich im Kühler und in dem wässerigen Destillate rote Krystalle von Queck- silberjodid aus. Im Destillationskolben verblieb eine, in der Kälte zähe, gelbe, ebenfalls mit Quecksilberjodidkrystallen durchsetzte, salbenartige Masse zurück, die ziemlich stark fluoreszierte. Die vorher getrennten Anteile wurden versuchsweise ebenfalls einer Wasserdampfdestillation unterworfen, da jedoch kein Oel oder nur sehr geringe Mengen von Oel übergingen, wurden sie im weiteren Verlaufe der Untersuchung nicht mehr berücksichtigt. 184 H. Thoms u. B. Molle: Cineol. Das mit Wasserdämpfen flüchtige Reduktionsprodukt des Cineols. Da die mit Wasserdämpfen übergegangenen Anteile des bei der Reduktion entstandenen Oeles sich als in Wasser unlöslich erwiesen, wurde das Destillat in einen Scheidetrichter gebracht und vom Wasser getrennt. Nach zweimaligem Filtrieren durch ein getrocknetes Filter war das Oel wasserfrei. Bei einer sorgfältigen Prüfung stellte sich heraus, daß das Oel noch Quecksilberjodid gelöst enthielt. Zur Ab- scheidung desselben wurde in dem Oel eine reduzierte Kupferspirale einige Zeit belassen, wodurch sowohl das Jod wie auch das Queck- silber abgeschieden wurden. Das so von Quecksilber und Halogen befreite Oel wurde bei gewöhnlichem Drucke (753,4 mm) fraktioniert und dabei in drei Fraktionen zerlegt. I. 1560 bis 1620 n. 1620 bis 1680 (1650 bis 167 o die Haaptmenge) m. 1680 bis 1750 Rückstand. Fraktion II stellte die Hauptmenge dar, 125,0 g aus 200,0 g Rohöl. Sie wurde zu den weiteren Versuchen verwendet. Physikalische Konstanten der Fraktion l62o bis l68o. Das spezifische Gewicht beträgt 0,8240 bei 18° und 0,8227 bei 20,50. Der Körper ist optisch inaktiv. Bei der Bestimmung des Brechungsindex wurde eine Ablenkung von 44° 47' abgelesen, entsprechend n^ 1,45993. Berechnet man hieraus unter Berücksichtigung des spezifischen Gewichtes und dem später noch anzugebenden Molekulargewicht die Molekularrefraktion nach der Formel na — 1 1 m = — • P, 80 erhält man: «Kno = 45,98. n* -)-2 d Legt man die Formel M = • P zu Grunde, so erhält man: d MnD = 77,23. Die mit dem Körper ausgeführten Analysen gaben auf die Formel CioHis stimmende Werte. a) 0,2012 Substanz lieferten 0,6397 COg und 0,2312 HgO. b) 0,1831 0,5832 r „ 0,2115 „ c) 0,1670 , 0,5313 n „ 0,1929 „ d) 0,2018 0,6428 » . 0,2336 „ Berechnet für CioHig: Gefunden : C 86,87 a) 86,71, b) 86,87, c) 86,77, d) 86,87 H 13,13 a) 12,85, b) 12,92, c) 12,92, d) 12,95. H. Thoras u B. Molle: Cineol. 186 Älolekulargewichtsbestimmung. Sie wurde nach der Methode der Gefrierpunktserniedrigung im Beckmann'schen Apparate mit Eisessig vorgenommen und be- stätigte obige Formel. 0,1844 g Substanz, in 26,8656 g Eisessig gelöst, gaben eine Gefrier- punktserniedrigung von Ü,2CX350. M = 132,6. U,2008 g Substanz, in 28,1008 g Eisessig gelöst, gaben eine Erniedrigong von 0,203°. M = 136,3. 0,2384 g Substanz, in 27,9250 g Eisessig gelöst, gaben eine Emiedrigang von 0,2410. M = 136,9. Das Molekulargewicht beträgt für die Formel: C10H18 = 138,137 C,oH,6 - 136,122 CioHao = 140,152. Es ergibt sich bei Berücksichtigung der gefundenen Analysen- zahlen und der Molekularrefraktion, die eine doppelte Bindung anzeigt, mit Sicherheit, daß hier nur die eine Formel CioHis in Betracht kommen kann. Berechnet man die Molekularrefraktion für CioHig, so findet man ohne Doppelbindung 43,928 73,56 mit zwei Doppelbindungen . . . 47,348 78,84 mit einer Doppelbindung .... 45,638 76,20 Gefunden wurde 45,98 77,23. Es kann also in der Formel CioHig nur eine doppelte Bindung vorkommen. Der Kohlenwasserstoff CioHis. Es sind in der Literatur verschiedentlich Kohlenwasserstoffe von der Formel CioHis erwähnt, jedoch von denen, die hier in Er- wägung gezogen werden können, mit genaueren Angaben versehen, nur wenige, so das Carvomenthen, das Menthen und das Linaloolen (Cyclolinaloolen). Das Dihydrocamphen , welches als die Stamm- substanz von Pinen, Camphen und Kampher angesprochen wird, kann ftlr den Vergleich kaum in Betracht kommen, da es fest ist. Unser Kohlenwasserstoff CioHis zeigt gegenüber den bekannten Kohlenwasser- stoffen dieser Zusammensetzung mehr oder w^eniger große Differenzen, betreffs des Siedepunktes, des spezifischen Gewichtes und auch in seinem sonstigen Verhalten, besonders Brom gegenüber. Vergleicht man die in der Tabelle zusammengestellten Daten miteinander, so muß man zu dem Schlüsse kommen, besonders des spezifischen Gewichtes und des Verhaltens gegen Brom wegen, daß hier ein anderer, neuer Kohlenwasserstoff CioHig vorliegt. Wir be- zeichnen ihn als „Cineolen". Zur Stütze dieser Ansicht wurden nachfolgend beschriebene Versuche angestellt. 186 H. Thoms u. B. Molle: Cineol. 00 o o ci" s TJ e a s 03 u 2 O 1—1 Ua b UJ ro 00 «J w JIK O (/J rs + TS TS es 'S S e < ■^ -s fl) « (M 'S !§ h e '^^ »o -Ö CS e o Im •5 Sc o a » O c ti "es 09 W Ot o CO Ir •^s .3 sh a 9 8*3 a S a > « II. Thoms u. B. Molle: Cineol. 187 Verhalten gegen Brom. 1,0 g Kohlenwasserstoff wurde in ca. 10 ccm Chloroform gelöst und in Eis gekühlt, andererseits worden 2,45 g Brom zu 73,2 g Chloro- form gegeben, so daß ihr Volumen 50 com ausmachte, hiervon ließen wir Tropfen für Tropfen zu der kalten Lösung des Kohlenwasserstoffs fließer. Schon nach Zusatz der ersten Tropfen färbte sich die Mischung anfangs rosa, dann dunkler rot, bordeauxrot, bis zuletzt violett und gleichzeitig traten saure Nebel von entweichendem Bromwasserstoff auf. Es wurde versucht, durch Absaugen des Chloroforms im Vakuum das etwa entstandene Produkt zu fassen. Es gelang indessen nicht, da sich alles, bis auf einen geringen, etwas klebenden Beschlag verflüchtigte. Ver.suche, Jodwasserstoff anzulagern. Der Kohlenwasserstoff wurde in Eisessig gelöst und mit einer Eisessigjodwasserstofflösung, welche die auf ein Molekül berechnete Menge Jodwasserstoff enthielt, in der Kälte vereinigt. Nach mehreren Stunden wurde zerlegt, mit Aether aufgenommen, entsäuert, getrocknet und bei Anwendung von Vakuum fraktioniert. Bei etwa 50° trat Zersetzung, erkenntlich am freien Jod, ein. Wir variierten den Versuch nun in der Weise, daß wir ab- soluten Eisessig verwendeten, diesen mit trockenem Jodwasserstoff — getrocknet mit Phosphorsäureanhydrid — sättigten und die absolute Eisessiglösung des Körpers langsam, so daß die Temperatur niemals über 0° stieg, mit diesem Eisessigjodwasserstoff in geringem Ueber- sohuß versetzten. Diese Mischung blieb zwei Tage in Eis stehen und wurde darauf allmählich mit einem Ueberschuß von Süberacetat um- gesetzt, wiederum mit der Vorsicht, daß die Temperatur nicht über C hinausging. Das gebildete Silberjodid wurde durch Abnutschen entfernt, die Eisessiglösung in Wasser gegossen, das Reaktionsprodukt im Scheidetrichter getrennt, mit verdünnter Sodalösung und darauf mit Wasser gewaschen. Beim Fraktionieren des mit entwässertem Magnesiumsulfat getrockneten Oeles erhielten wir bei 10 mm Vakuum zwei Fraktionen. I. 5ü" bis 62° IT. 02° , ca. 100«. Beide Fraktionen erwiesen sich als völlig inaktiv und halogen- frei. Sie gaben bei der Analj-se folgende Werte: I. 0,1160 Substanz lieferten 0,3628 COg und 0,1308 HgO. II. 0,1796 „ „ 0,5036 „ „ 0,1814 „ Berechnet für Gefanden: 0,0 H,s : C,o IIjo • CO ■ CH3 : Cio Hn • CO • CHg : I. IL C 86,87 72,67 73,41 85,30 76,47 H 13,13 11,19 10,27 12,61 11,30. 188 H. Thoms u. B. Molle: Cineol. Demnacli wäre Fraktion I unverändertes oder wieder zurück- gebildetes Ausgangsmaterial, nach v. Baeyer ') eine regelmäßige Er- scheinung bei der Bildung derartiger Acetate, und Fraktion II enthielte den Ester CioHigO • CO • CH3, noch verunreinigt mit Kohlenwasserstoff. Diese Fraktion, von der wir etwa 0,5 g besaßen, verseiften wir mit alkoholischem Kali und versuchten von ihr, nach dem Wieder- gewinnen und Reinigen, den Siedepunkt bei 10 mm Druck zu bestimmen. Das war aber bei der geringen Menge nicht möglich, vielmehr stieg das Thermometer permanent bis zum letzten Tropfen. Von den zwischen 70° und 80° übergegangenen Anteilen wurde eine Elementaranalyse ausgeführt, deren Zahlen annähernd auf CioHig-OH stimmen. Mit dem Rest versuchten wir ein Phenylurethan zu erhalten. Die Mischung mit Phenylisocyanat blieb indes bis zum Abschlüsse dieser Arbeit flüssig. 0,1308 Substanz üeferten 0,3708 CO3 und 0,1585 HaO. Berechnet für C10H19OH: Gefunden: C 76,85 77,31 H 12,90 13,56. Versuch, Salzsäure anzulagern. Zu dem Zwecke wurden 10,0 g Kohlenwasserstoff in möglichst niedrig siedendem Petroläther gelöst und unter Abkühlung mit Eis mit trockenem Chlorwasserstoff gesättigt. Hierbei wiederholten sich die- selben Erscheinungen, wie bei der Einwirkung von Bromchloroformlösung, die Flüssigkeit färbte sich anfangs rosa, dann rot und nahm schließlich eine dunkelviolette Farbe an. Bei einem Vorversuch durch Abdunsten des Petroläthers zum Salzsäureprodukt zu gelangen, spaltete sich Salz- säure ab und hinterließ ein dunkeles schmieriges Oel; wir schüttelten deshalb die Petrolätherlösung gleich mit überschüssigem feuchten Silber- oxyd. Das isolierte Reaktionsprodukt, das eine bräunliche Farbe besaß, war nicht in eine analysenreine Form zu bringen. Versuche, ein festes Nitrosat oder Nitrosit von dem Kohlen- wasserstoff zu erhalten, schlugen fehl, ebenso konnte auch kein krystallisierendes Nitrosochlorid dargestellt werden. Bei letzterem Versuch, der verschiedentlich mit wechselnden Bedingungen wiederholt wurde, machten wir die Beobachtung, daß, wenn die ersten Tropfen des Salzsäureeisessiggemisches zu dem mit Amyl- (oder Aethyl-) nitrit und Eisessig gemengten Oele gelangten, eine himmelblaue Färbung auf- trat. Noch deutlicher trat diese Färbung hervor, wenn nach der von Thiele^) gegebenen Vorschrift gearbeitet wurde. Das Oel wurde in alkoholischer Salzsäure gelöst und ganz wenig einer gesättigten Natrium- 1) V. Baeyer, Ber. 26, S. 2270. 2) Thiele, Ber. 27, S. 455. H. Thoms u. n. Molle: Cineol. 189 nitritlösung hinzugegeben. Immer jedoch, wenn etwas mehr von dem einen oder dem anderen Reagens hinzugefügt wurde, ging die blaue Farbe in ein schönes Grün über; eine feste Abscheidung konnte niemals, auch wenn der Versuch beim Eintritt der blauen Farbe durch Aus- fällen mit Eis unterbrochen wurde, erhalten werden. Diese Beobachtung erscheint deswegen von Bedeutung, weil V. Baeyer') gezeigt hat, daß nur Körper mit tertiär = tertiär ge- bundenen Kohlenstoffatomen blaue Nitrosochloride liefern. Um ganz sicher zu gehen, daß der zur Untersuchung stehende Kohlenwasserstoff nicht mit Menthen identisch ist, wofür anfänglich einige Beobachtungen sprachen, stellten wir uns dieses aus käuflichem Menthol dar; wir benutzten dazu die von Wallach^) zur Darstellung von Camphen aus Borneol gegebene Vorschrift. Das so erhaltene Menthen wurde zur Darstellung von Menthen- nitrosochlorid verwendet. Dabei wurden genau dieselben Bedingungen, wie bei den oben angegebenen, negativ verlaufenen Versuchen beobachtet. Wir erhielten auf diese Weise sehr leicht Krystalle, die nach dem Lösen in Chloroform und Fällen mit Alkohol den Schmp. 113" zeigten und die Polarisationsebene nach rechts drehten. Weiterhin wurde mit der von Bertram und Walbaum ^) be- schriebenen interessanten Methode der Umwandlung eines Kohlen- wasserstoffes in einen Alkohol mit Hilfe von Eisessig und ganz geringen Mengen von Mineralsäuren ein Versuch angestellt. Das erhaltene Produkt hatte beim Fraktionieren die Sdp. 167° bis 172° und 172° bis 175°, also den ungefähren Siedepunkt des Ausgangsmaterials. Mit Phenylisocyanat ein festes ürethan darzustellen, gelang nicht. Da eine Reduktion zu C10H20 auf einfachem Wege nicht zu erreichen war, griffen wir zur Oxydation, um dadurch eventuell einen Einblick in die Konstitution zu erhalten. Oxydation mit Kaliumpermanganat. Die Versuchsbedingungen wurden verschiedentlich geändert, es wurde mit genau berechneten, mit unzureichenden und überschießenden Mengen an Kaliumpermanganat in neutraler wässeriger, wie auch in Acetonlösung gearbeitet, aber stets ohne nennenswerten Erfolg. Neben unverändertem Kohlenwasserstoff und minimalen Mengen riechender Substanzen konnten immer nur flüssige, nach Fettsäuren riechende Säuregemische isoliert werden, welche selbst bei — 21° noch nicht fest 1) V. Baeyer, Ber. 27, S. 443. 2) Wallach, Annal. 230, S. 233; 269, S. 349; 197, S. 96. ») Bertram und Walbaum, Journ. f. prakt. Chem. N. F. 49, S. 1. 190 H. Thoms u. B. Molle: Ciaeol. wurden und in Anbetracht der geringen Ausbeuten eine systematische Trennung ausschlössen. Trotz dieser wenig befriedigenden Resultate ergeben die Ver- suche aber doch soviel, daß die in dem Molekül befindliche doppelte Bindung so gelagert sein muß, daß ein derartiger Zerfall bedingt erscheint. Oxydation mit Quecksilberoxyd. Rotes Quecksilberoxyd wurde mit Wasser angeschüttelt, der Kohlenwasserstoff und verdünnte Schwefelsäure (20% ige) zugegeben und nun auf der Schüttelmaschine 50—60 Stunden kräftig geschüttelt, bis ein eigentümlicher, an Kümmel erinnernder Geruch auftrat. Die Mengenverhältnisse von Wasser und verdünnter Schwefelsäure wurden mehrfach geändert, aber ohne besonderen Erfolg. Ueberließ man die emulsionsartige Masse längere Zeit sich selbst, so trennte sich ein heller oder dunkler gelb gefärbtes Oel ab. Um dieses zu gewinnen, brachten wir die ganze Masse in einen geräumigen Kolben und trieben mit Wasserdämpfen über (Ausäthern oder Absaugen hatten sich als unbrauchbar erwiesen). Dabei destillierten neben einem schwach gelb gefärbten Oele auch kleine Mengen von metallischem Quecksilber mit hinüber. Zur weiteren Untersuchung nahmen wir jetzt das Oel mit Aether auf, schüttelten es mit konzentrierter Natriumbisulfitlösung, um etwa entstandene Aldehyde und Ketone zu binden, wuschen es mit Soda- lösung und Wasser, trockneten mit entwässertem Magnesiumsulfat und zerlegten es, nachdem der Aether verdunstet worden war, bei 10 mm Druck in vier Teile. I. 550 bis 650 IL 650 „ 920 III. 920 „ ca. 1000 IV. Rückstand. Fraktion I., etwa 90% der angewendeten Menge, gab sich durch Geruch und Siedepunkt als unverändertes Ausgangsmaterial zu erkennen. Fraktion II und III sind, wie die Analysenzahlen erkennen lassen, sauerstoffhaltig, auch der Geruch ist vom Ausgangsmaterial verschieden, aber nicht mehr ausgesprochen kümmelartig, vielmehr erinnert er jetzt auch noch an Menthol. Auf die Haut gebracht, erzeugt III zunächst ein leichtes Brennen, dann aber ein kühlendes Gefühl, der Geschmack ist scharf brennend. Ein festes Phenylurethan wurde nicht erhalten. Das spezifische Gewicht ist von 11 0,8835 bei 11,50, yon III 0,9543 bei 11°. II. 0,2434 Substanz lieferten 0,7392 COg und 0,2428 H2O. III. 0,1896 „ „ 0,5284 „ „ 0,1810 „ H. Thoms u. B. Molle: Cineol. 191 Berechnet für Gefunden : (•,oH«,0: CcHisO: CtoHieO: CioHuO: II. III. C 76,85 77,85 78,88 79,94 82,83 76,01 H 12,90 11,77 10,60 9,40 11,16 10,68. Beim Zerlegen der oben genannten NatriumJ)isulfitlösung, Ans- äthern und Verdunsten des Aethers blieben einige Tropfen eines stark nach Cuminaldehyd riechenden Oelea zurück. Nach mehrtägigem Stehen war der Geruch verschwunden und hatten sich kleine mikro- skopische Nädelchen gebildet. Wir brachten sie auf Fließpapier und versuchten einen Schmelzpunkt davon zu nehmen, den wir jedoch mit jedem Vorbehalt angeben, da an ein Umkrystallisieren oder Reinigen nicht zu denken war. Er lag gegen 104°. Wir vermuteten Cumin- säure, Schmp. 117 *', entstanden aus dem Aldehyd durch Luftsauerstotf. Als wir bei einem zweiten Versuch diesen Körper wieder unter den Händen hatten, versuchten wir ein Oxim zu erhalten; das dabei ge- wonnene Produkt erwies sich bei der Prüfung als stickstoffhaltig, wollte aber nicht fest werden. Einwirkung von Schwefelsäure auf Cineolen. Da eine kleine Probe des Cineolens, mit konzentrierter Schwefel- säure gelinde erwärmt, Ent Wickelung von schwefliger Säure zeigte und beim Absättigen mit Baryumkarbonat ein krystallisierendes Produkt gab, stellten wir eine größere Menge des Baryumsalzes dar. Zu diesem Zwecke erwärmten wir 15,0 g des Kohlenwasserstoffes mit 40,0 g konzentrierter Schwefelsäure ungefähr drei Stunden lang auf dem Wasser- bade. Nachdem die Mischung abgekühlt war, sättigten wir sie mit einer Anreibung von Baryumkarbonat mit Wasser ab, trennten das gebildete Sulfat und überschüssige Karbonat durch Absaugen von der Flüssigkeit, kochten den Rückstand mehrere Male mit Wasser aus und dampften die vereinigten, filtrierten wässerigen Lösungen ein. Zuvor wurde jedoch das unverändert gebliebene Oel möglichst voll- ständig im Scheide trichter getrennt. Aus der ziemlich weit ein- gedampften Flüssigkeit schied sich das Baryumsalz der entstandenen Sülfosäure in schönen Blättchen ab; es wurde auf Ton gebracht und dreimal aus heißem Wasser umkrystallisiert. Das Baryumsalz der Sülfosäure. Das lufttrockene Salz erwärmten wir 24 Stunden im Trocken- schrank auf 125°. Es verlor dabei 8,581% Wasser. Dieses so ent- wässei'te Salz gab Analysenzahlen, die auf das Baryumsalz der &-2-Cymolsultonsäure stimmten. Dadurch wird zur Evidenz bewiesen, 192 H. Thoms u. B. Molle: Cineol. daß in der Strukturformel des Cineolens das Kohlenstoffgerüst des p-MethylisopropylbeDzols sich wiederfinden muß. 0,1664 Substanz lieferten 0,2584 COg und 0,0711 H2O. 0,1538 „ „ 0,0640 SOiBa, entsprechend 24,49% Ba. Berechnet für ];CioHi|S08)2Ba (ohne Krystallw.): Gefunden: C 42,57 42,35 H 4,65 4,78 Ba 24,38 24,49. Krystallwasserbestimmung: Für (Cig H13 803)2 Ba -}- 3 Hj : Berechnet HgO 8,748. Gefunden HgO 8,581. Die Konstitution des Cineolens. Versucht man für das Cineolen eine Konstitutionsformel auf- zustellen, so können deren drei diskutiert werden. (Formeln III, IV und V): HgC CHg-CCHg CHg CHg V y CHg CH I C CHg s^y CHg OH 1 CH HgC C CHg HgC ^^ CH I ^2^ \ / CHg CH 1 HgC /'^ CHg II HgC N. / CH C 1 CHg CHg CHg Cineol. Menthen. Carvomenthen CHg \^ CHj 1 CHg K y CHg C II C CHg V ^ CHg CH 1 1 CH L HgC ^^ CHg HgC /\ CHg HgC ^^ CH HgC III IV HgC y^ y CHg CH V HgC V y CH CH CHg CHg CH: I und II scheiden aus, da die für diese beiden Kohlenwasserstoffe bekannten Daten, betreffend Siedepunkt, spezifisches Gewicht, optisches Verhalten und die Einwirkung von Brom sich mit den für das Cineolen erhaltenen nicht in Einklang bringen lassen. Auch Formel III entspricht den Verhältnissen nicht, denn ein Körper dieser Konstitution, mit der doppelten Bindung in der Seitenkette, müßte mit Leichtigkeit Brom aufnehmen und ebenso leicht auch Halogenwasserstoffe addieren. Es bleiben daher nur noch Formel IV und V übrig. H. Thoms u. B. Molle: Cineol. 193 Für IV spricht nur das Auftreten der himmelblauen Farbe bei dem Versuche, ein Nitrosochlorid darzustellen, welche dann eine Folge der tertiär-tertiären Bindung wäre. Dagegen ist aber das Verhalten zu Halogen und Halogenwasserstoflf anzuführen. Diese müßten ver- hältnismäßig leicht reagieren. Eine Abspaltung von Bromwasserstofif bei der Einwirkung von einem Molekül Brom läßt sich nicht ohne weiteres erklären, und ebenso auch nicht der Umstand, daß es nicht gelang, bei Anwendung von vermindertem Drucke, tertiäres Menthyl- chlorid zu isolieren, das hier entstehen müßte nach dem von v. Baeyer aufgestellten Satze*), nach welchem bei der Anlagerung von Halogen- wasserstoflf an die Doppelbindung A 4 (8) das Halogen an den im Ringe befindlichen Kohlenstotf 4 tritt. Ferner sind mit dieser Formel die Bildung von Cuminaldehyd und a-2-Cymolsulfonsäure gezwungener zu deuten, als mit Formel V. Daher glauben wir dem Cineolen diese letztere Konstitution (V) erteilen zu dürfen. Einer späteren Untersuchung mit größeren Material- mengen muß es überlassen bleiben, diese Ansicht noch weiter zu stützen. Das Nebenprodukt bei der Cineolendarstellung. Bei der Darstellung des Cineolens hatte sich als Nebenprodukt ein gelber, fluoreszierender, vaselinähnlicher Körper gebildet. Dieser wurde, mit Aether verdünnt, in gleicher Weise wie das Cineolen mit Kupferspiralen vom Quecksilber und vom Jod befreit und hierauf, da sein Siedepunkt sehr hoch lag, unter vermindertem Drucke bei 22 mm über Natrium destilliert. Er siedete so zwischen 200° und 24.5°. Die Analysen ergaben, daß ein polymerisierter Kohlenwasserstofl' vorlag. Aus den angestellten Molekulargewichtsbestimmungen nach der Gefrierpunkts methode konnte kein Schloß auf die Größe des Moleküls gezogen werden, da sie untereinander, sowohl bei Anwendung von Benzol, wie von Eisessig, zu große Schwankungen aufwiesen. a) 0,1917 Substanz Ueferten 0,6184 CO2 und 0,1976 HgO, b) 0,2573 „ „ 0,8312 „ „ 0,2674 „ Berechnet für (CiqHisjx: Gefunden: C 88,16% a) 87,98, b) 88,10 H 11,84 „ a) 11,53, b) 11,6,3. Es ist somit bei der Reduktion des Cineols neben dem Kohlen - w"asserstoflf CioHis noch ein zweiter von der allgemeinen Formel (CioHie)^ entstanden. 1) V. Baeyer, ßer. 27, S. 445. Aieh. d. Pharm. CCXXXXII. Bds. 3. Heft. 13 194 J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. Ergebnisse der vorstehenden Arbeit. Es ist gelungen, Cineol mit Jodwasserstoff bei Gegenwart von Quecksilber zu reduzieren. Dabei gelangten wir zu einem neuen, als „Cineolen" bezeichneten Kohlenwasserstoff CioHis und zu einem polymerisierten Kohlenwasserstoff der Formel (CioHi6)x. Der Kohlen- wasserstoff C10H18 siedet bei 165" bis 167°, ist optisch inaktiv und hat das spez. Gew. 0,8240 bei 18". Er addiert kein Brom, sondern spaltet, bei dem Versuche solches anzulagern, Bromwasserstoff ab. Unter Beobachtung besonderer Vorsichtsmaßregeln gelingt es, Jod- wasserstoff anzulagern und auf diesem Umwege zum Alkohol CioHig-OH zu gelangen. Bei der Einwirkung von konzentrierter Schwefelsäure wird o-2-Cymolsulfosäure gebildet, welche durch das Baryumsalz charakterisiert wurde. Aus dem technologischen Institut der Universität Würzburg. Borsäure in Nahrungsmitteln.') Von Dr. Johannes Prescher. (Eingegangen den 19. 11. 1904.) Bei dem Verbot von Fleischkonservierungsmitteln ist laut Be- kanntmachung des Reichskanzlers vom 18. Februar 1902 an erster Stelle auf Borsäure und deren Salze hingewiesen, deren Verwendung ohne Rücksicht auf eine schädigende Wirkung des Konservierungs- mittels seitens der inländischen Fleischindustrie sowohl wie auch für importierte Sendungen, wie z. B. amerikanisches Pökelfleisch mit dem 1. Oktober 1902 gesetzlich verboten worden ist. Borsäurezusätze finden sich zuweilen in der Butter, der Margarine, im Fett, im Bier, Honig, Fruchtsäften, Marmeladen, Gewürzen, Kaffee, Kaviar, kurz den verschiedensten Nahrungs- und Genußmitteln. Das natürliche Vorkommen der Borsäure in Früchten (Zitronen) und Fruchtsäften, im Hopfen und Bier, im Wein usw. ist belanglos, denn die der Natur entstammenden Mengen Bor sind äußerst gering, Borsäure aus ihrer wässerigen Lösung quantitativ auszufällen ist des äußerst schwachen Säurecharakters zufolge nicht möglich. Die bekannten Gruppenreagentien für Säurefällung, Silbernitrat und Baryumchlorid erzeugen in konzentrierten Boraxlösungen zwar Niederschläge, neben dem betr. Borat enthält die Lösung hydrolytischer ^) Inaug.-Dissertation, Dezember 1903. .1. Tr escher: Borsäure in Nahrungsmitteln. 195 Spaltung zufolge jedoch stets freie Borsäure. Auch bei Fällung als Calciumborat tritt weitgehende hydrolytische Spaltung ein, gleichviel ob in neutraler oder essigsaurer Lösung gefällt wurde, und ob auf 1 Mol. Borax 1 Mol. Calciumacetat oder 2 Mol. gewählt wurden. Die Möglichkeit, ein unlösliches Calciumborat zu erhalten, wäre denkbar, wenn die Fällung nach der Gleichung Na3B4 07 + Ca (Ca Hg 02)2 = CaBiO; + 2C2H8Na02 oder Na2B4 07 + 2Ca(C2H8 0a)2 -f HgO = 2 Ca (303)3 + 2Na(C2H8 02) + 2C3H40a verlaufen würde. j.Man hätte bei vollständiger Fällung den Niederschlag nur mit verdünnter Schwefelsäure und Alkohol zu erwärmen, um die Umsetzung zu in Alkohol unlöslichem Gips und in Alkohol löslicher Borsäure zu t)6wirk6D CaBiO; + H2SO4 -f- 5H3O = CaS04 + 4H8B08. Beim Versuch, durch Fällen mit Zuckerkalklösung zu besseren Resultaten zu kommen, war der hydrolysierende Einfluß des Wassers nicht minder hinderlich. Versuche mit Cadmiumsalzen und organischen Körpern, z. B. Chinin, befriedigten ebensowenig. Mit letzterem bereitete ich das schon 1830 von Serullas*) er- wähnte Chininborat, indem ich eine Auflösung einer bekannten Menge Chinin in Alkohol zu einer nicht überschüssigen, wässerigen heißen Borsäurelösung setzte, wobei sich nach dem Erkalten eine granulierte Masse abschied, deren gewichtsanalytische Bestimmung deutlich bewies, daß von einem bestimmten Verhältnis des Chininborats zu seinen Komponenten nicht die Rede sein konnte; auch beim Eindampfen einer alkoholischen Lösung von Chinin mit Borsäure gingen 10 % und mehr der berechneten Menge letzterer verloren. JBlmllich versuchte ich, ob es nicht möglich wäre, aus der alkoholischen Lösung der Borsäure mit Hilfe der bereits erwähnten Reagentien die Borsäure auszufällen, doch mußten auch diese, sowie Versuche mit Quecksilber- und Strontiumsalzen autgegeben werden, da an eine quantitative Ausfällung nicht zu denken war. Partheil^) hat in Gemeinschaft mit Rose die Aetherlöslichkeit der Borsäure zu einem direkt gewichtsanalytischen Verfahren aus- gearbeitet, welches allen wissenschaftlichen, vor allem praktisch- technischen Zwecken entspricht. Die Methode selbst ist sehr einfach, nur wünscht die Technik statt komplizierter, leicht zerbrechlicher Apparate einfachere Hilfsmittel. Partheil gibt das Lösungsverhältnis 1) Annales de ehem. et de physique 1830, III. Bd., S. 282. 2) Berichte d. deutsch, ehem. Ges. 34, 3611. 13* 196 J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. für Borsäure in reinem, völlig trockenem Aether zu 0,077 % an, während wassergesättigter Aether schon 0,188 g Borsäure aufnimmt. Beim FäUen einer Borsäurelösung in Aether kann es sich nur darum handeln, ein in Aether selbst nicht unlösliches Reagens zu ver- wenden und vor allem, wenn die Fällung quantitativ sein soll, eine Substanz, welche beim Auswaschen mit Aether vollständig entfernbar ist. Setzt man z. B. Ammoniak zu einer Aetherborsäurelösung, so entsteht momentan ein weißer Niederschlag von Ammoniumborat. Versuch. Die Ausfällung von Ammoniumborat gelang nur dann vollständig, wenn ich die Fällung in ätherischer Lösung mit trockenem Ammoniak vornahm, während durch wässeriges Ammoniak zwar momentan eine Fällung eintritt, der Niederschlag aber im Ueberschuß des Reagens wieder in Lösung geht. Die quantitative Bestimmung des gebildeten Ammoniumborats durch Aus- treiben des Ammoniaks mittelst borsäurefreier Natronlauge und Auffangen desselben in vorgelegter überschüssiger Zehntel-Normal-Schwefelsäure ergab indes keine der Theorie entsprechende Menge, was seinen Grund darin hat, daß das äußerst labile Ammoniumborat an der Luft beständig Ammoniak ab- dunstet, wie dies schon beim Auswaschen auf dem Filter mittels Aether der Fall ist. — Würde der Niederschlag in eine Atmosphäre von Ammoniak gebracht werden, so würde die Beständigkeit mit zunehmendem Partialdruck des Ammoniaks zunehmen. Das Wägen in einer Ammoniakatmosphäre ist aber für praktische Bestimmungsmethoden kaum durchführbar, außerdem würden zunächst große Mengen Aether nötig sein, die Borsäure in Lösung zu bringen. Zurückgreifend auf das Verfahren von Berzelius^), der die Borsäure nach seiner Methode als in Wasser unlösliches Borfluor- kalium zur Wägung brachte, versuchte ich durch Uebergießen von Calciumfluorid mit konzentrierter Schwefelsäure die gleichzeitig mit vorhandene Borsäure als Borfluorid auszutreiben. Ich führte^'dies in einem weithalsigen Rundkolben in der Weise aus, daß ich das Calcium- fluorid mit der Boraxlösung versetzte und aus einem Scheidetrichter konzentrierte Schwefelsäure vom spez. Gew. 1,85 allmählich zugab. Der Stopfen war dreifach durchbohrt, sodaß durch ein gebogenes Glasrohr Luft zugeführt wurde, während durch ein zweites Rohr die Gase entweichen konnten. Der Kolben stand in einem erhitzten Oel- bade. Die zuzuführende Luft wurde beim Durchgang durch ein Schlangenrohr in diesem erhitzt; infolge Durchströmens durch Schwefel- säure war sie vor dem Passieren des Schlangenrohres getrocknet. Neben entweichenden Flußsäuredämpfen verflüchtigte sich sämtliches Bor als Fluorbor bezw. Borfluorwasserstoffsäure, welche in Wasser 1) Pogg. Ann., Bd. IL .1. Pres eher: Borsäure in Nahrangsmitteln. 197 aufgefangen wurde. Begreiliicherweise wurden Glaskolben sowohl wie Leitungsröhre stark angeätzt durch Bildung von Siliciumfluorid, welches beim Austritt aus dem Glasrohr in Berührung mit dem Wasser in Kieselfluorwasserstoffsäure überging. Durch Abscheidung derselben im Rohre war letzteres bald verstopft. Ich suchte diesen üebelstand dadurch abzuhelfen, daß ich zunächst ein Rohr von 15 mm Durchmesser wählte, schließlich half auch dies nicht, bis sich die störende Abscheidung an der Mündung des Rohres durch Eintauchen in Quecksilber vermeiden ließ. Letzteres legte ich in einem taler- großen, flachen, geränderten Uhrschälchen vor und stellte dieses auf einem Glasfuße mitten in die Flüssigkeit. Bei der Neutralisation mit Natronlauge unter Zuhilfenahme von Methylorange als Indikator wirkte die sich fortwährend abscheidende Kieselsäure recht störend ein, erst durch Ausfällen derselben mit heißer konzentrierter Salmiaklösung erhielt ich ein klares Filtrat. Ammoniumchlorid reagiert auf Borfluorwasserstoffsäure unter Bildung freier Salzsäure und Borchlorid, welches durch Wasser hydrolytisch gespalten wird. Dieser Vorgang vollzieht sich nach der Gleichung : HBF4 4- 4NH4CI = B CI3 + HCl + 4NH4 F BCIb + HCl + 3H3O = B(0H)8 + 4 HCl. Beim Abstumpfen der freien Salzsäure mit Natronlauge unter Verwendung von Methylorauge als Indikator bleibt Borsäure un- beeinflußt, sodaß sie bei Zusatz von Glyzerin nach der ersten Neutralisation, mit Phenolphthalein als Indikator, nach Joergensen (s. unten und S. 203) bestimmt werden kann. Die Entfernung der Kieselsäure erscheint nach der Gleichung : HaSiFg + 6NH4CI = SiCU -f 2HC1 + 6NH4F SiCU -f 2HCi:+ 4H2O = SiOa +:6HC1 -f 2H2O vollständig, doch bleibt ein Teil kolloidal gelöst, sodaß nachträgliche Abscheidung stattfindet, wodurch der Endpunkt der Titration nicht erkannt werden kann, die Zahlen gehen weit über die angewandten Mengen Borsäure hinaus und die Resultate sind unverwertbar. Die Verwendung von Platinapparaten kann der Kosten wegen nicht in Betracht kommen. Weitere Versuche, Borsäure durch Verflüchtigung als Methyl- ester in Normalkalilauge aufzufangen und durch Titration nach Joergensen zu bestimmen, ergaben stets schwankende Resultate, bald wurde der Gehalt bis zu mehreren Prozenten überschritten, bald fiel derselbe auf 95% der angewandten Menge. Diese Fehler sind zurückzuführen auf Temperatursoh wankungen und die Verdünnungs- grade, welche durch eine Batterie zusammenschließender Kolben 198 J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. verursacht werden. Daß nebenbei beständig zu kühlen ist, um einer Verflüchtigung vorzubeugen, sei nur beiläufig erwähnt. Demgegenüber ist eine direkte Wägung des durch vorgelegte Kalkmilch (s. unten) verseiften Esters bequemer, sicherer und zuverlässiger als Yerseifung durch Alkalilauge und nachfolgend schwankende Titration. Versetzt man eine wässerige Borsäurelösung mit Phenolphthalein und läßt langsam Natronlauge zufließen, so tritt nach einiger Zeit eine ganz blasse Rotfärbung auf, die auf weiteren Alkalizusatz an Intensität zunimmt. Die erste Rosanüance tritt auf, bevor alle Borsäure in Natriummetaborat übergeführt ist, weil dieses Salz merklich hydrolytisch dissoziiert wird. Freie Borsäure läßt sich erst nach Zusatz mehr- wertiger Alkohole titrieren. Fügt man daher nach Joergensen^) der Lösung Glyzerin in genügender Menge (50 g auf 1 g Borsäure) zu, so wird durch Bildung einer stärkeren Säure die Hydrolyse zurück- gedrängt und es findet mit Natronlauge ein scharfer Umschlag in Rot statt, sobald für 1 Mol. B(0H)3 1 Mol. Na OH verbraucht ist. Ob genügend Glyzerin zur Aktivierung zugesetzt war, erkennt man daran, daß auf Zusatz eines weiteren Quantums Glyzerin die Rotfärbung be- stehen bleibt. Letzteres muß für die Zwecke des Titrierens der Bor- säure an sich neutral sein. Kohlensäure beeinflußt die Resultate, die Lösung ist stets hiervon zu befreien, indem man einige Zeit am Rückflußkühler, zwecks Zurückhaltens etwa von den Dämpfen mit- NaOH geführter Borsäure kocht. Die verbrauchten Kubikzentimeter rx mit 0,062 multipliziert zeigen den Borsäuregehalt an. Die vorher erwähnte Verseifung des Borsäureäthyl- oder Methyl- esters wird nach Rosenblatt^) und Gooch^) in verschiedener Weise vorgenommen. Im Prinzip besteht die Methode darin, daß Borsäure oder schon durch Essigsäure zersetzbare Salze derselben bei der Destillation mit Methylalkohol alles Bor als Borsäuremethylester ab- geben, welcher auf Kalkmilch aufgefangen hier vollständig verseift wird. B (0CH8)b -f 3 H2O = 3 CHa OH + B (OHJa 4B(OH)8 + Ca(0H)3 = CaBiÜT + THjG. (CaBiÜT = CaO + SBaOs). War demnach das Gewicht des zuvor geglühten Kalkes bekannt, so gibt die Gewichtszunahme nach der Verseifung der Borsäure die Menge letzterer nach dem Glühen als BgOs an. 1) Zeitschr. f. Nahrungsm. IX, S. 389. Zeitschr. f. angew. Cham. 1897, S. 5. 2) Zeitschr. f. analyt. Chem. 26, 18. 3) Zeitschr. f. analyt. Chem. 26, 364. J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. 199 Bestimmung als Borphosphat. Aehnlich dem Aluminium verhält sich Bor in einigen Fällen wie ein Metall, indem Borsäure und Phosphorsäure unter gewissen Be- dingungen zu einer in Wasser und verdünnten Säuren unlöslichen Ver- bindung, dem Borphosphat, zusammentreten. He BOe + Hs PO4 = BPO4 + 3 H2 0. In dieser Verbindung vertritt das Bor also die Stelle einer Base. Meyer*) erhielt das Borphosphat, indem er äquivalente Mengen Bor- säure und Phosphorsäure in wässeriger Lösung eindampfte, und den Rückstand glühte. Obgleich die Borsäure ähnliche Verbindungen auch mit Schwefelsäure eingeht, schien mir das Borphosphat seiner Un- lösliohkeit in Wasser und in verdünnten Säuren wegen zu einer quantitativen Bestimmung geeigneter. Ich stellte zunächst durch Eindampfen äquivalenter Mengen Borsäure und Phosphorsäure diese Verbindung her und erhielt aus 1,93 g H8BO3 + 2,11 g H3PO4 (= 8,44 g einer 25%igen Phosphorsäure) statt der theoretisch berechneten Menge BPÜ4 (3,2999) nur 2,6001 g, also statt 171 g BPO4 aus 100 g HsBOg nur 134,7 g BPO4 oder statt 58,50% nur 46,06% = 79,31% der berechneten Menge. Beim Eindampfen ist darauf zu achten, daß zunächst auf dem Wasserbade, später mit dem Mikrobrenner, am besten im Hempel'schen Ofen erwärmt wird. Je trockener nämlich die Masse wird, umsomehr ist Spratzen zu befürchten, bis eine Grenze erreicht wird, bei welcher der üeberschuü an Phosphorsäure inMetaphosphorsäure übergeht. Nach dieser Phase kann geglüht werden, ohne daß die Masse in Unruhe kommt. Große Schwierigkeit bot allerdings auch die Filtration des mit Wasser auszuwaschenden Borphosphats, welches einmal suspendiert, kolloidaler Lösung zufolge, nicht mehr zum Absetzen zu bringen ist; selbst in engen Zylinderröhren setzt sich der Niederschlag nur teilweise ab, sodaß nach zweitägigem Stehen in einem 60 cm langen Zylinder eine etwa 12 bis 15 cm hohe Schicht sich geklärt hat, während der übrige Teil milchig getrübt ist und der Niederschlag längs der ganzen Wandung sich anlagert. In konisch zulaufenden Zylindergefäßen mit halbkugeliger Stopfenhöhlung, die sich für solche Zwecke sonst recht gut eignen, blieb eine Klärung überhaupt aus. Dieser Uebelstand trat regelmäßig ein, wenn trotz vorherigen starken Glühens des Borphosphats direkt mit einem größeren Quantum heißen Wassers behandelt wurde. Bei weiteren Versuchen wurde nämlich stets ein TJeberschuß von Phosphorsäure gewählt, welcher nach Ueberführungin Metaphosphorsäure durch Glühen, durch Auswaschen mit Wasser als H3PO4 wieder entfernt werden mußte. 1) Bari. Ber. XXII, II, 2919. 200 J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. Nach mehreren Versuchen, durch Anwendung doppelten Ueber- schusses von Phosphorsäure zu brauchbaren Resultaten zu gelangen, wurde, um den Ueberschuß der Phosphorsäure im klaren Filtrat zu haben, durch Nutschtiegel abgesaugt, wie sie Medicus gelegentlich der schwierigen Filtration von Bleisuperoxyd*) beschrieben hat. Auf den Boden eines solchen Tiegels gibt man eine Scheibe Asbestpapier, dann feingeschlämmten Asbest, wieder eine Scheibe Asbestpapier und schließlich die Siebplatte; das G-anze wird (nach Festnutschen der Filtrierschicht) bei 120" getrocknet, dann der Niederschlag abfiltriert. Es ist dabei die Vorsicht zu gebrauchen, während des Filtrierens die Flüssigkeit nur ganz allmählich zu verdünnnen, um zu schroffe Ueber- gänge in der Konzentration der Flüssigkeit zu vermeiden. Zunächst wurde der Gehalt einer käuflichen Phosphorsäure festgestellt und von dieser zu den einzelnen Versuchen je 5 ccm derselben verwandt. Mehrere Analysen ergaben im Durchschnitt 0,3793 P3O5 = 0,5076 PO4 in 5 ccm der wässerigen Phosphorsäure 98 Teile H3PO4 = — P2O5 = 71. dt 1 g HgBOs entspr. 1,58 H3PO4 = 1,14 P9O5. Bei nahezu doppeltem Ueberschuß an Phosphorsäure wurden folgende Resultate erhalten: I. HgBOa 0,5444 P2O5 1,1379 BPO4 0,9201 [0,9307] 2) = 98,86%. II. H3BO3 1,2798 P2O5 2,2758 BPO4 2,0357 [2,1884] 2) = 93,22% (nicht ganz doppelter Ueberschuß). m. HaBOg 1,0104 \ P2O5 2,2758 BPO4 1,6935 [1,7274] 2) = 98,04%. IV. H3BO3 1,0129 P2O5 2,2758 BPO4 1,7148 [1,7317] 2) = 99,03%. V. HsBOa 1,0739 PaOg 2,2758 BPO4 1,8072 [1,8360] 2) ^ 98,43%. VI. HsBOb 1,1579 P2O5 2,2758 BPO4 1,9098 [1,9800] 9) = 96,45%. 1) Berl. Ber. XXV, II, 366. 2) In den Klammern sind die berechneten Mengen angegeben. J. Prescher: Borsäure in Nahrangsmitteln. 201 Die weiße geschmacklose Substanz von Borphosphat ist gegen Wasser und verdünnte Säuren, sowie beim Kochen mit Natronlauge sehr beständig, ins Filtrat des mit Natronlauge ausgekochten Bor- phosphats geht keine Phosphorsäure über, dagegen wird dasselbe beim Schmelzen mit ätzenden Alkalien leicht zersetzt und es entsteht eine klare Lösung von Metaborat und Natriumphosphat. BPO4 + 3XaOH = NaBO.2 -f- NaoHPO« + H2O Borphosphat rötet befeuchtetes Lackmuspapier. Analyse: 1,4360 g BPO4 mit NaOH geschmolzen, wurden zur Bestimmung der Phosphorsäure in essigsaurer Lösung heüJ durch Ferrichlorid gefällt, sodaß über dem Ferriphosphat rotbraunes Ferri- hydroxyd sich niederschlug. Im Filtrate wurde nach Partheil die Borsäure bestimmt. Gefunden : Hg BO3 0,8288 = 0,4679 Ba Og = 32,57 % 212 T. BPO4 liefern theoretisch 70 T. BgOg = 33,01 „\ + 142T. P2 06 = 66,98 „/ Zu der salpetersauren Lösung wurde 5 * iges Ammoniummolybdat gesetzt und Va Tag bei ca. 50" stehen gelassen. Der Niederschlag wurde nach Auswaschen mit einer Mischung aus 100 T. Molybdänflüssigkeit, 20 T. HNO3 und 80 T. Wasser in möglichst wenig wässerigem Ammoniak gelöst, mit Wasser verdünnt und unter Umrühren mit Magnesiagemisch versetzt. Nach Absetzen des Nieder- schlages von phosphorsaurer Ammoniakmagnesia wurde nach 24 stündigem Stehen filtriert und nach dem Glühen als Mg2P2 07 gewogen. Gefunden : 1,5038 Mgg Pa 0;:= 0,9586 P2 O5 = 66,75 %. \ Weitere Versuche, auch mit Salzen der Borsäure quantitative Bestimmungen auszuführen, scheiterten an der mangelnden Wider- standsfähigkeit der zum Glühen verwendeten Platinschalen, welche bei der Operation derartig angegriffen wurden, daß siebartige Durch- löcherung der Platinschale eintrat. Bestimmung im Quarztiegel an Stelle von Platintiegeln. 0,0219 g Borsäure wurden mit 1,0552 25?oiger Phosphorsäure in einem Quarztiegel, wie solche von der Firma Heraeus,) Hanau, 'aus im elektrischen Ofen geschmolzenem Quarz hergestellt werden, zu Borphosphat umgesetzt. H3 PO4 + B (0H)3 = BPO4 + 3 Ho 98 62 106 54. I. Wägung nach dem Glühen ergab 0,0787 BPO4 inkl. des Ueberschusses an Metaphosphat. 202 J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. 62^ B (0H)8 _ 0,0219 B (0H)8 106 BPO4 — X = 0,0374 BPO4 theoretischer Berechnung. A. 4,5002 Quarztiegelgewicht nach Auskochen mit Salzsäure — 4.4822 ursprüngliches Gewicht des leeren Tiegels = 0,0180 BPO4 als Rückstand + 0,0204 BPO4 im Porzellannutschtiegel + 0,0384 BPO4 als zufälliges Ergebnis nach Auskochen des Quarz- tiegels mit Salzsäure. B. Wirklich gefundenes Borphosphat. 4,5051 15,8752 — 4.4822 15.8548 = 0,0229 -|- 0,0204. Menge des in dem Porzellannutschtiegel Ausgewaschen im Quarztiegel Übergespülten BPO4 = 0,0433 der gefundenen zu 0,0374 theoretisch berechneter Menge. Da der Quarztiegel stark angegriffen wurde, wurde von weiteren Versuchen abgesehen. Schon Guyard^) bemühte sich, die Wechselwirkung zwischen Borsäure und Alkali unter Zuhilfenahme eines geeigneten Indikators festzustellen und benutzte hierzu das Haematoxylin. Wie die von Beermann ^) angestellten Versuche ergeben haben, wird die deutliche Erkennung der Endreaktion jedesmal durch den undeutlichen Farben- umschlag verhindert. C. F. Smith^) beschreibt ein Verfahren, wonach Borax durch ein überschüssiges Quantum Mangansulfatlösung von bekanntem Gehalt aus einer mit Alkohol versetzten Lösung als bor- saures Manganoxydul zu fällen, und, aus dem Ueberschuß des Mangan- sulfats nach Eindampfen des Filtrats und Aufnahme des Rückstandes in Wasser, die Borsäure indii-ekt zu bestimmen ist. Aus der nach Volhard*) durch Titration mit Permanganat unter Zusatz eines nicht oxydierbaren Metalloxyduls auszuführenden Bestimmung des Mangan- oxyduls läßt sich die Borsäure jedoch, wie schon Bodewig^) gezeigt hat, nicht genau bestimmen. Die bei der Titration mit Chamaeleon- lösung, während des Absitzens der Niederschläge von Mangansuperoxyd und Zinkhydroxyd störend wirkende Zwischenfarbe, läßt sich durch Zurückmessen überschüssig zugesetzter Permanganatlösung mittels Oxalsäure oder auf kolorimetrischem Wege wohl vermeiden, das Resultat wird aber keinesfalls besser. 1) Bull, de la soc. chim. Bd. 40, S. 432. 2) Inauguraldissertation Erlangen 1898. 8) Americ. Chem. Journ. 1882, No. 4. 4) Liebigs Ann. 198, 318. 5) Zeitschr. f. analyt. Chem. 1884. J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. 203 Erst der von M. L. Barthe') benutzte Umstand der Verstärkung der Borsäure bei Znsatz mehrwertiger Alkohole ebnete den Weg für die Erreichung heute gebräuchlicher, zuverlässiger, volumetrischer BestimmuDgsmethoden. Einmal titrierte er das Alkali der Alkaliborate mit Schwefelsäure, indem er letztere im Ueberschaß zusetzte und die nicht verbrauchten Kubikzentimeter mit Natronlauge zurücktitrierte. Eine zweite Probe versetzte er mit Glyzerin, dann bis zur Sättigung des Alkalis mit Schwefelsäure, und bestimmte die für Phenolphthalein als Indikator titrierbar gewordene Borsäure mit Kalilauge. Statt Phenolphthalein benutzte Barthe einen Auszug aus 2g franz. Rosen- blättern mit 100 Teilen eines Gemisches gleicher Teile Alkohol und Wasser. Beermann gelangte auf titrimetrischem Wege zu nicht brauchbaren Resultaten, weshalb er diese Methode verworfen hat. Joergensen stellte hierauf eine Reihe Versuche an, indem er teils die Mengenverhältnisse Borsäure, teils die Wassermengen änderte, dagegen in allen Fällen die gleiche Glyzerinmenge (20 ccm) verwendete. Sobald nach Zusatz von Phenolphthalein durch Natronlauge schwachrote Färbung eingetreten war, wurde der durch Glyzerinzusatz wieder entfärbten Flüssigkeit weiterhin so lange Natronlauge zugegeben, bis die wieder eingetretene rötliche Farbe bestehen blieb. Mit dem Zusatz des Glyzerins tritt eine Aenderung ein in der Weise, daß eine der Borsäure entsprechende Anzahl Kubikzentimeter Natronlauge zugesetzt werden muß, ehe die Färbung wieder zum Vorschein kommt, oder die Bildung von Metaborat stattgefunden hat. Durch Multiplikation der verbrauchten Kubikzentimeter Vio Natron- lauge mit 0,062 erhält man die Zahl für die in der Flüssigkeit ent- haltene Menge Borsäure. Die Eigenschaft der schwachen Borsäure, sich in Verbindung mit mehrwertigen Alkoholen derartig zu verstärken, ist eigentümlich und die Erscheinung einer „Aktivierung". Die aktivierte Borsäure ist nach Kaufmann^) nichts als eine esterartige Verbindung der Säure mit dem Alkohol, eine komplexe Borsäure Glyzerinborsäure (C3H6)(OH)Oo: (BGH). In wässeriger Lösung bildet sich ein Gleichgewichtszustand aus, der sich zu Ungunsten der esterartigen Verbindung verschiebt, wenn die Verdünnung zu- nnd die Konzentration des Alkohols abnimmt^). Hundeshagen*) hat das Verhalten der gewöhnlichen Borsäure und der Borate, sowie der aktivierten Borsäure und ihrer Salze gegen- 1) Journ. de pharm, et de chim. 1894 [5J, Serie 29, S. 163. Chem.- Ztg. 1894, 18, Rep. 71. 2) Zeitschr. f. anorg. Chemie III, 1901. 3) Kahlenberg und Schreiner, Zeitschr. f. phys. Chem. 1896, 20, S. 557. *) Zeitschr. f. anorg. Chem. III, 1901. 204 J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. über Indikatoren studiert. „Merkwürdig ist das Entstehen einer stark - sauren Flüssigkeit durch Vermischen zweier alkalischer Lösungen, wie z. B. einer mäßig alkalisch gemachten, durch Phenolphthalein geröteten Glyzerinlösung und einer mit Phenolphthalein gefärbten Boraxlösung, oder das Entstehen einer alkalischen Flüssigkeit durch Vermischen zweier saurer Lösungen, z. B. einer mit Glyzerin sauer gemachten Boraxlösung mit angesäuertem Wasser". Solche alkalische Reaktion erhält man auch beim Vermischen von sauren Alkalifluoriden mit Borsäure, was sich wohl dadurch er- klären läßt, daß die Neigung des Bors zur Bildung von Borfluor- wasserstoff außerordentlich groß ist. Borsäure ist indifferent gegenüber Methylorange, dagegen zeigt sie sich sauer gegenüber Phenolphthalein. Die aktivierte Borsäure und aktivierten Borate verhalten sich gegenüber Methylorange wie freie Alkalien, gegenüber Phenolphthalein dagegen wie Säuren: Mit Vorteil hat daher auch bei der „acidimetrischen" Borsäurebestimmung letzteres bei Zusatz von Glyzerin oder anderen mehrwertigen Alkoholen Anwendung gefunden. Das eigentümliche Verhalten der Borsäure und der Borate, je nach Konzentration und Temperatur verschieden zu dissociieren, hat Beermann wohl auch veranlaßt, anzunehmen, daß von einer quantitativen Borsäurebestimmung auf titrimetrischem Wege ab- zusehen ist, indem er regelmäßig 5 bis 7 % Borsäure zu viel fand. BartheO benutzte zur Bestimmung des Alkalis in den Boraten fernerhin die Eigenschaft der Borsäure, aus einer Lösung von jod- saurem Salz in Jodkalium kein Jod frei zu macheu, wenn er dagegen der Lösung, einer Mischung von 4 g neutralem jodsaurem Kali und 30 g neutralem Jodkalium in 1 l, titrierte Schwefelsäure zufügte, konnte er durch Messen der ausgeschiedenen Jodmenge indirekt einen Schluß ziehen auf den vorhandenen Borsäuregehalt. Es muß auffallen, daß Barthe diese jodometrische Methode zur Bestimmung der Borsäure nicht in Gegenwart von Glyzerin vorgenommen hat, wie L. C. Jones^) ein solches Verfahren angibt. An Stelle des Glyzerins hat Jones den mehrwertigen Alkohol, das Mannit gewählt, indem er beobachtet hatte, daß die durch Einwirkung von Mannit auf Borsäure entstehende Säure unter ganz bestimmten Bedingungen aus einem Gemische von Jodkalium und jodsaurem Kalium quantitativ eine Menge Jod ab- scheidet, welche der in Lösung vorhandenen Menge Metaborsäure äquivalent ist, wenn man annimmt, daß diese letztere auf das Jodid- Jodatgemisch genau wie eine einbasische Mineralsäure einwirkt. ^) Journal de pharm, et chim. 1894 [5], Serie 29, 163. 2) Amer. Journ. (Silliman) Science 1899, 7, 147. Zeitschr. f. anorg. Chemie 1899, 21, 169. J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. 205 Mehrfach von mir wiederholte Versuche bestätigen die Daten des Verf., wonach Mannit stärker wirkt als Glyzerin, wie tiberhaupt mit dem Steigen der Hydroxylgruppen stärker saure Borverbindungen entstehen, denn schon nach Va Stunde wird durch Mannit die doppelte Jodmenge frei wie durch Glyzerin. Wenn so Borsäure aus dem Gemische von Jodkalium und jod- sanrem Kalium, welches zur Zerstörung der überschüssig vorhandenen Mineralsäure dient, in regelmäßiger Weise Jod frei macht, so kann dieselbe durch Jod und dieses durch Natriumthiosulfatlösung gemessen werden. Bestimmung der Borsäure im Fleisch. Für den qualitativen Nachweis von Borsäure im Fleisch empfiehlt Schaffer^) Fleischstücke von Nußgröße fein zu hacken und mit 20 — 30 ccm Wasser und einigen Tropfen Salzsäure unter Erwärmen zu schütteln. Der Nachweis ist gegeben durch Rotbraunfärbung in die Lösung eingetauchten Kurkumapapiers nach dem Trocknen. Haefelin^) kocht das vom Fett befreite, in kleine Würfel ge- schnittene Fleisch (10 g) in weiten Reagierzylindern mit einer Mischung von 2 ccm Glyzerin, 4 ccm Alkohol, 4 ccm Wasser und einigen Tropfen Salzsäure 1 Minute lang, filtriert und prüft mit Kurkuma. Für den quantitativen Nachweis wurden mehrere Proben (jedesmal 5 g) klein gehacktes Fleisch mit bekannten Mengen Borsäure vermengt und nach Zusätzen von je Va g wasserfreier Soda in Platinschalen zunächst auf dem Wasserbade, dann dem Sandbade getrocknet. Hierauf wurde erst über dem Mikrobrenner, später der Gasflamme verkohlt und durch allmählich sich steigerndes Erhitzen verascht. Die durch Auslaugen mit heißem Wasser gewonnenen filtrierten Auszüge wurden nach PoUenske^) phosphorsäurefrei gemacht, indem die Filtrate bis zur sauren Reaktion mit Salzsäure und zur Abscheidung der Phosphorsäure so lange tropfenweise mit Eisenchlorid versetzt wurden, bis die Lösungen gelblich gefärbt schienen. Nach vollständigem Verjagen der Kohlensäure durch Er- hitzen auf dem Wasserbade wurde Natronlauge zugefügt, um das überschüssige Eisen zu entfernen. Sämtliche Phoaphorsäure war jetzt als Ferriphosphat neben Eisenhydroxyd im Niederschlag. Nach Er- kalten der Flüssigkeiten wurde filtriert und zu den Einzelbestimmungen aliquote Teile der phosphorsäurefreien Filtrate verwendet. Bestimmt wurde nach Partheil und nach Joergensen. ») Chem.-Ztg. 1897, XXI, 589. 2) Jahresb. d. Pharm. 1897, S. 733. 3) Arbeiten des kaiserl. Gesundheitsamtes Bd. 17, 1900, 561. 206 J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. Perforationsmethode nach Partheii. Die zu extrahierende, salzsauer gemachte Lösung wurde in einen Apparat gebracht, der ein auf einem Destillierkölbchen auf- sitzendes, spiralig gewundenes Schlangenrohr darstellt, welch letzteres mit der zu perforierenden Flüssigkeit nur so weit beschickt werden darf, daß diese höchstens bis zu der sich in eine Kugel fortsetzenden Spirale reicht. Nach Zugabe von Aether, dessen Menge für das Kölbchen 20 ccm betragen, und welcher außerdem die Kugel voll- ständig anfüllen soll, wurde während IV2 Tagen (18 Stunden) auf dem Wasserbade erhitzt. Die zu perforierende Flüssigkeit wird hierbei beständig von Aether durchdrungen, dessen Dämpfe sich im oben aufsitzenden Rückflußkühler kondensieren, durch eine innerhalb der Spirale mit dem Destillierkolben in Verbindung stehende Röhre in letzteren herabfallen und durch das flotte Sieden des beständig vorhandenen Aethers im Kölbchen wieder verflüchtigt werden. Da Salpeter- und Schwefelsäure in den Aether mit übergehen würden, ist bei der Borsäureperforation letztere stets nur durch Salzsäure vom Alkali zu trennen. Durch Wechseln des Kölbchens durch ein anderes, gewogenes und ebenso passend angeschlifi'enes überzeugt man sich gegen Ende der für die Perforation vorgeschriebenen Zeit, ob noch Borsäure extrahiert wird oder nicht. Jetzt bringt man Kölbchen mit Inhalt in einen Exsikkator über Schwefelsäure, saugt den Aether ab und trocknet die zurückbleibende Borsäure bis zur Gewichtskonstanz. Nach Joergensen hat gleichfalls Entfernung der Phosphorsäure voranzugehen. Die schwache Borsäure reagiert, wie bekannt, neutral gegen Methylorange; bei Anwendung dieses Indikators für die mit- vorhandenen stärkeren Säuren, einschließlich der Phosphorsäure tritt dann Umschlag in Gelb schon ein, wenn das erste Molekül Na OH über den Punkt der Verwandlung von Phosphorsäure in Dinatriumphosphat hinaus verbraucht ist. Es würde demnach nach Zusatz des Borsäure- indikators Phenolphthalein mehr Borsäure gefunden werden, als wirklich vorhanden ist, weil erst mit der Bildung neutraler Phosphate die störende Zwiscbenreaktion der Phosphorsäure ausbleibt. Die Analyse eines zufällig eingesandten Konservierungsmittels führte zu folgendem Resultat: Wassergehalt . . . 16,6%, Org. Substanz . . . 59,0 „ , Salze 25,0 „. Das weiße Pulver bestand aus arabischem Gummi und enthielt, neben Calcium, Kalium, Magnesium und Natrium, Borsäure. Die Borsäure wurde nach Partheil bestimmt und zu 30,80 HgBOg = 17,39% B2O3 gefunden. J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. 207 Borsäurebestimmung in Milch. Der Nachweis von Borsäure in Milch kann in verschiedener Weise erbracht werden. Jenkins*) versetzt 10 ccm Milch mit 7 Tropfen Salzsäure, befeuchtet damit ein Stück empfindliches Kurkuma- papier und trocknet auf einem Uhrglase auf dem Wasserbade; die bei Gegenwart von Borsäure entstehende Rotfärbung schlägt bei Ammoniak- zusatz in Schwarzblau um. Weil^) versetzt umgekehrt im Becher- glase 1 ccm konzentrierte Salzsäure mit lU ccm der borsäurehaltigen Milch, schwenkt um und stellt das Vorhandensein von Borsäure durch die Färbung des eingetauchten Kurkuma- oder mit Kurkuminlösung getränkten Papiers durch Betupfen mit Sodalösung und Trocknen auf einem ührglase auf dem Wasserbade fest. Kretzschmar^) schlägt folgendes Verfahren vor: Abdampfen der Milch auf ein kleines Volumen, Zusatz rauchender Salzsäure und Verdampfen zur Trockne, wobei die entweichenden Dämpfe mit der nicht leuchtenden Bunsenflamme geprüft werden. (Grünfärbung.) Die quantitative Bestimmung von Borsäure in Milch führte ich nach Partheil aus. Bestimmung der Borsäure in Margarine. Die Bestimmung in Fetten geschah bis vor kurzem in ähnlicher Weise wie im Fleisch und der Milch, durch vorheriges Veraschen und Auslaugen des Rückstandes. Der hierbei auftretende lästige Geruch wirkte recht störend, sodaß es wünschenswert erschien, ein Verfahren zu kennen, nach welchem diese Manipulation umgangen werden konnte. Beythien*) stellte eine Reihe von Versuchen an, um die gesamte vorhandene Borsäure in Fetten (und Margarine) durch einfaches Aus- schütteln der geschmolzenen Margarine mit heißem Wasser in Lösung zu bringen. Er verfährt wie folgt: 50 bis 100 g Margarine werden in einem weithalsigen Erlen- meyer abgewogen, mit 50 g heißem Wasser versetzt und nach Ver- schluß der Flasche mit einem Kautschukstopfen mehrmals hräftig durchgeschüttelt. Sobald teilweise Schichtentrennung stattgefunden hat, filtriert man den noch heißen Inhalt des Kolbens durch ein trockenes Papierfilter und kühlt die meist ziemlich klar durchlaufende, wässerige Lösung auf Zimmertemperatur ab. Ein aliquoter Teil des Filtrats (40 ccm) wird mit "^/lo Na OH unter Verwendung von 1) Ber. d. landw. Versachsstation Connecticut 1901, 106. 2) Apoth.-Ztg. 1902, 77, 667. 3) Vers, deutsch. Naturf. u. Aerzte 1896; Pharm. Ztg. 1896, 659. *) Zeitschr. f. Unters, d. Nahrgs.- u. Genußm. 1902, 16, 764. 208 J. Prescher: Borsäure in Nahrungsmitteln. Phenolphthalein als Indikator neutralisiert und darauf nach Zusatz von 25 ccm Glyzerin zu Ende titriert. Gleichzeitig wird der Titer der Lauge durch einen unter gleichen Konzentrationsverhältnissen mit bekannten ; Borsäuremengen angestellten blinden Versuch ermittelt. Für Zwecke der Praxis hinreichend genaue Werte, auch ohne zuvor den Wassergehalt der Margarine zu bestimmen, erhält man, wenn man den Wassergehalt i. D. zu 10% annimmt und demnach die Titration des aliquoten Teiles auf 55 ccm, bezw. 60 (bei Anwendung von 100 g) umrechnet. Fischer^) versetzt Margarine mit der Borsäure und verseift mit wässeriger Lösung von 1,5 g KOH unter Umrühren auf dem Waaser- bade zum größten Teile. Dann verdampft er zur Trockne, trocknet den Rückstand, verkohlt und brennt weiß. In der Lösung des Rück- standes in Wasser wird die Borsäure nach Joergensen bestimmt. Phosphate dürfen natürlich nicht anwesend sein. Partheil^) zieht Ausschmelzen, Absitzenlassen, Abkühlen und Abgießen der wässerigen Anteile dem Ausschütteln mit warmem Wasser im Scheidetrichter vor. Er schmilzt 50 g Margarine unter Zusatz von etwa 20 ccm Wasser in einem Becherglase. Nach Ab- sitzen der wässerigen Lösung unter dem geschmolzenen Fett bringt er letzteres zum Erstarren, sticht dann an zwei gegenüberliegenden Punkten der erstarrten Fettschicht mit dem Glasstab Löcher und gießt durch das eine derselben die wässerige Lösung ab. Diese Operationen sind mehrmals zu wiederholen. Die vereinigten Flüssigkeiten macht er alkalisch, dampft ein und verascht. Die in Wasser gelösten Aschenrückstände werden nach dem Uebersättigen mit Salzsäure mit Aether perforiert. Die Identifizierung der Borsäure durch Extraktion mit Aether ist früher schon von Bellocq^) beim Nachweis kleiner Mengen von Borsäure in Mineralwässern angedeutet worden, auch führt B. die Erkennung der Säure in Aether (durch gelindes Erwärmen des letzteren) mit Ammoniak an. Quantitative Resultate sind bei B. nicht angeführt, sicherlich würden sie den nach dem Partheiischen Ver- fahren erreichbaren weit nachstehen, da B. keinen derartigen Apparat beschreibt, vielmehr zur Bestimmung der Borsäure die zur Aufnahme derselben verwendete Salzsäure abraucht. Daß zur quantitativen Ausfällung mit Ammoniak dieses gasförmig zugeführt werden muß, sei nur nebenbei bemerkt. 1) Zeitschr. f. Unters, d. Nahrgs.- u. Genußm. 1900, S., 20. 2) Zeitschr. f. Unters, d. Nahrgs.- u. Genußm. 1902, XXI, 1052. 3) Monit. de la Pharmacie 1896, 33. J. Prescher? Borsäure in Nahrungsmitteln. 209 Hebebrand*) schmilzt 20g der Probe in einem Bechßrglas und schüttelt im iSchütteltrichter dreimal mit heißem Wasser aus. Die trübe, wässerige Lösung wird in einem 300 com haltigen Kolben nach dem Erkalten bis zur Marke aufgefüllt und filtriert. Vom Filtrat werden 150 ccm nach Zusatz von möglichst wenig Sodalösung eingedampft. Die nach starkem Glühen erhaltene kohlen- freie Asche wird mit 5 ccm schwach angesäuertem (0,5 ccm Salzsäure) Wasser behandelt, die Lösung in ein Reagensglas gegeben und die Platinschale mit 15 ccm Alkohol nachgespült. Der alkoholisch- wässerigen Lösung werden darauf 15 ccm Salzsäure (spez. Gew. 1,19) hinzugefügt und zu der durch Wasser abgekühlten Mischung genau 0,2 ccm einer 0,1% igen Kurkuminlösung gegeben. Nach dem Um- schütteln und etwa halbstündigem Stehenlassen vergleicht man die ein- getretene Färbung, welche je nach der Menge der Borsäure schwach bräunlich bis schön rosarot ist, mit einer Farbenskala, welche man sich in derselben Weise unter genauer Einhaltung der gleichen Be- dingungen und unter Verwendung bestimmter Mengen einer l%igen Borsäurelösung hergestellt hat. Die Färbung borsäurefreier Mischungen von Alkohol, Salzsäure und Kurkumin ist grünlich gelb. Die Gegenwart von 0,1 mg Borsäure macht sich schon durch eine schwach bräunliche Färbung bemerkbar, während 10 mg Borsäure eine schön rosarote Färbung hervorrufen. Am stärksten sind die Unterschiede in der Färbung bei Mengen zwischen 1 und 5 mg. 1 mg Borsäure mehr oder weniger in der Lösung bedingt eine deutlich in die Augen fallende Aenderung im Farbenton. Die Ausscheidung von Kochsalz und anderen Salzen aus dem Salzsäure-Alkoholgemisch setzt sich bald zu Boden und stört die Reaktion nicht. Zur Vergleichung der Farbentöne benutzt Heb ebrand^) sinnreich konstruierte Röhrchen, deren nach unten senkrecht erweiterter, flaschen- förmig abgeschnürter Rauminhalt von 5 ccm die salzsaure Lösung der borsäurehaltigen Substanz enthält, während das schräg nach oben sich fortsetzende Zylinderglas die Marken 20 und 35 = je 15 ccm enthält; die Mündung wird durch einen eingeriebenen Glasstopfen verschlossen. Nach Zusatz von 15 ccm absolutem Alkohol und 15 ccm höchst kon- zentrierter HCl kühlt er ab, setzt 0,2 ccm alkoholischer Kurkumin- lösung zu, schüttelt um und beobachtet die nach ^4 stündigem Stehen an dunklem Orte eingetretene Färbung durch Aufstellen des in einem Holzfuße stehenden Apparates auf einer weißen Papierunterlage. In selbst hergestellten Gemischen von Borsäure mit Wurst, Margarine ») Zeitschr. f. Unters, d. Nahrgs.- u. Genußm. 1902, II, S. 57. 2) Zeitschr. f. Unters, d. Nahrgs.- u. Genußm. 1902, 5, 721. Aroh. (L Pharm. CCXXXXII. Bd«. S. Heft. 14 210 E. Schmidt: Rhamnoside. und Milch fand Hebebrand in den meisten Fällen die angewandte Borsäure wieder. Beim Vergleich der erwähnten Methoden kommen für die prak- tischen Bedürfnisse des Nahrungsmittel Chemikers nur die Verfahren nach Joergensen, Partheil und Hebebrand in Frage, wobei dem Joergensen'schen schon aus dem Grunde der Vorzug gebührt, weil die Methode keinen Apparat beansprucht, wie solcher bei dem Barth eil -Rose 'sehen Verfahren notwendig ist. Für gerichtliche Fälle hat das Part heil 'sehe Verfahren den Umstand voraus, daß die yorhandene Borsäure in Streitfällen der ge- fundenen Menge nach rein vorgelegt werden kann, was die anderen Verfahren nicht bieten. Hebebrand 's kolorimetrischer Nachweis ist originell, bezüglich des quantitativen Verhältnisses wird er sich aber nicht überall Freunde erwerben, da reichlich Beobachtung dazu gehört, die gleichen Mengen, wie sie chemisch analytisch gefunden sind, auch kolorimetrisch zu bestimmen. "Wenngleich die Ansichten der Chemiker in Bezug auf das Ver- fahren nach Gooch geteilt sind, liefert dasselbe bei der wissenschaft- lichen Untersuchung anorganischer Stoffe außerordentlich genaue Werte, für Nahrungsmittelanalysen dagegen ist es zu umständlich. Leider muß ich bekennen, daß auch die von mir ausgearbeitete Methode der Bestimmung als Borphosphat das gleiche Schicksal teilt. Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut der Universität Marburg. 164. Zur Kenntnis der Rhamnoside. Von Ernst Schmidt. (Eingegangen den 10. I. 1904.) Als Rhamnoside pflegt man kohlenstoflfreiche Pflanzenstoffe zusammenzufassen, welche bei der hydrolytischen Spaltung in kohlen- stoffärmere Verbindungen und in Rhamnose: CgHiaOs + H2O (Iso- dulcit) zerfallen. Die Zahl dieser, als Rhamnoseäther aufzufassenden Pflanzenstoffe, ist nach dem derzeitigen Standpunkte unserer Kennt- nisse, namentlich im Vergleich zu derjenigen der als Glykoseäther anzusprechenden Glykoside, nur eine kleine. Es zählen hierzu: das in der Rinde von Quercus tinctoria enthaltene Quercitrin: C21H22O11, E. Schmidt: Rhamnoside. 211 Rhaninose und Quercetin: C15H10O7, liefernd; das in der Wurzel von Baptisiatinctoria yorkommendeBaptisin: C26He20i4, nach K. Gorter Rhamnose und Baptigenin: C14H12O8, gebend; das süßschmeckende Glycyphyllin: C21H24O9, der Blätter und Stengel von Smilax glyqjphylla, nach Wright und Rennte Rhamnose und Phloretin liefernd; das Fustin: C88H26 0u, des Fisetholzes, nach Perkin Rhamnose und Fisetin: C15H10O9, gebend; das Frangulin: C21H20O9, der Faulbaumrinde, Rhamnose und Emodin: C15H10O5, liefernd; das Datiscin: C21H24O11, der Wurzel von Da^isca cawMa&iwa, inDatiscetin: CisHiaOe, und Rhamnose zerfallend; das Ouabain: C3oH48 0i2, des Ouabaioholzes, nach Arnaud Rhamnose und ein Harz C24H86O8 liefernd. Als den Rhamnosiden nahestehende Verbindungen sind die Rhamno-Glykoside zu bezeichnen, welche bei der hydrolytischen Spaltung gleichzeitig Rhamnose und Glykose liefern. Zu dieser Körperklasse zählte bis vor kurzem nur das in den Orangenschalen und in anderem pflanzlichen Material vorkommende Hesperidin und Isohesperidin (C. Tanret). In der jüngsten Zeit (1903) ist dieser Körperklasse noch das Globulariacitrin (s. Rutin) durch R. Tiemann eingefügt worden. Ob indessen das Rutin, das Sophorin, das Cappern-Rutin, das Viola-Quercitrin, das Thujin, das Naringin und andere Pflanzenstoffe ebenfalls als Rhamno-Glykoside anzusprechen sind, war bisher zweifelhaft. Als ein Rhamno-Galaktosid würde das Xanthorhamnin zu bezeichnen sein, da dasselbe nach Ch. u. G. Tanret bei der Hydrolyse, neben Quercetin, Rhamnose und Galaktose liefert, endlich als ein Rhamno-Mannosid das Strophanthin, welches nach F. Feist bei der Spaltung in Strophanthidin, Rhamnose, Mannose und Methylalkohol ala Endprodukte zerfällt. Die bei der Hydrolyse des Xanthorhamnins und des Strophanthins auftretende Rhamnose ist jedoch kein primäres Spaltungsprodukt, sondern wird erst durch weiteren Zerfall der primär gebildeten Rhamninose: C18H82O14, bezw. des Strophanthobiose-Methyl- äthers: C18H24O10, erzeugt. Ob bei den Rhamnoglykosiden bezüglich des Auftretens der Rhamnose ähnliche Spaltungsverhältnisse vorliegen, muß zunächst dahingestellt bleiben. Die bezüglichen Untersuchungen, welche ich bei einigen dieser Verbindungen, unter Benutzung von frischem pflanzlichen Material, in dieser Richtung angestellt habe, sind bisher noch nicht zum Abschluß gediehen. Ich hoffe hierüber später berichten zu können. Bei den spärlichen Kenntnissen, welche wir bisher von der Gruppe der „Rhamno-Saccharide", mit welchem Namen die Rhamno- 14* 212 E. Schmidt: Rhamnoside. Glykoside, die Rhamno-Galaktoside, die Rhamno-Mannoside und ver- wandte Verbindungen zusammengefaßt sein mögen, besitzen, habe ich mich in den letzten Jahren, im Verein mit Herrn N. Waliaschko und Herrn H. Brauns mit der Untersuchung einiger Pflanzenstoffe beschäftigt, welche nach den vorliegenden Literaturangaben zu der einen oder anderen Art dieser Körperklasse zu gehören schienen. Wir haben zunächst das Rutiu, das Sophorin, das Cappern-Rutin, das Robinin, das Viola- Quercitrin und das Buchweizen-Rntin in den Bereich der Untersuchung gezogen. Die bei dem Studium dieser Pflanzenstoffe, welche sich nach der Natur ihrer nichtzucker- artigen Spaltungsprodukte auch als „Flavonderivate"*) ansprechen lassen, erzielten Resultate sollen nach und nach in dieser Zeit:^chrift niedergelegt werden. I. Rutin. Das Vorkommen des mit dem Namen „Rutin" bezeichneten, bisweilen auch mit dem Sophorin, dem Cappern-Rutin (s. unten) und dem Viola-Quercitrin identifizierten Rhamnoglykosides scheint sich nach den vorliegenden Literaturangaben nicht auf die Gartenraute, Buta graveolens, zu beschränken. Dasselbe soll nach Rochleder^) auch in den Blüten von Aesculus Hippocastanum, nach Schunck^) in dem Kraute von Polygonum Fagopyrum, nach R. Wagner^) in dem Hopfen, nach Bolley*) in den Früchten von HippopJiae rhamnoides, nach Pilhol^) in vielen Blumen, z. B. den Rosen, nach Stein') in den Blüten von Cornus mascula und in der Haut von Agaricus ochreacms, sowie mit Wahrscheinlichkeit in den Blüten von Leucojum vernum und von Acer speudo-Platanus enthalten sein. Ob diese, als Rutin angesprochenen Pflanzenstoffe jedoch tatsächlich sämtlich identisch sind, muß z. Z. sehr zweifelhaft erscheinen. Bei der überwiegenden Mehrzahl dieser vermeintlichen Rutinvorkommnisse dürfte es sich nicht um wirkliches Rutin, sondern vielmehr um Quercitrin handeln, welches in früherer Zeit irrtümlicherweise vielfach mit dem Rutin identifiziert / — C • Ce H5 *) Das Fla von: CigHioOo oder C8H4<^ ' || bildet nach \C0— CH Kostanecki die Grundsubstanz des Chrysins, sowie des Quercitrins, Fisetins, Apigenins und anderer, gelb gefärbter Verbindungen, welche bei der Spaltung von Rhamnosiden und verwandten Stoffen auftreten. 1) Chem. Centralbl. 1859, 166. 2) Ibidem 911. ») Ibidem 892. *) Ibidem 1861, 889. *) Jahresb. d. Chem. 1863, 594. «) Journ. f. prakt. Chem. 85, 352. E. Schmidt: Rhamnoside. 213 wurde. Für die Untersuchungen, welche Herr Waliaschko ausführte, kam von diesen Rutinen verschiedenen Ursprungs zunächst nur das am leichtesten zugängliche typische Rutin der Gartenraute in Betracht. Mit der Untersuchung der Bestandteile letzterer Pflanze hahen sich gleichzeitig und unabhängig von einander zuerst Apotheker" Fr. Kümmel 1 in Corbach') und Apotheker A. Weiß in Nürnberg') beschäftigt. Von diesen beiden Fachgenossen gelang es jedoch nur Weiß, das in der Gartenraute enthaltene Rutin in annähernd reinem Zustande zu isolieren. Etwas eingehender hat dann erst A. Bornträger®) im Jahre 1845 diesen von ihm als „Rutinsäure" bezeichneten Pflanzenstoff studiert und dabei sowohl das Rutin selbst, als auch dessen Bleisalz der Analyse unterzogen. Die Aufklärung der chemischen Natur des Rutins blieb jedoch erst den Arbeiten von C. Zwenger und F. Dronke*) vorbehalten, welche darlegten, daß dasselbe durch verdünnte Säuren in Quercetin und Zucker zerlegt werden kann. Welcher Art dieser Zucker ist, geht allerdings aus den Untersuchungen dieser beiden Forscher nicht hervor, wohl aber wird in dieser Arbeit die Verschiedenheit von Rutin und Quercitrin ausdrücklich hervorgehoben und damit die entgegen- gesetzte Ansicht von Hlasiwetz^) widerlegt. Die Versuche von P. Fo erster^), welche im Jahre 1882 zur Publikation gelangten, haben die Kenntnis des Rutins nur wenig erweitert, da dieselben nur von neuem die Spaltbarkeit des Rutins in Quercetin und Zucker darlegten, ohne jedoch diesen Zucker, der zwar als Isodulcit in Rechnung gezogen wird, im krystallisierten Zustande zu kennzeichnen. E. Schunck'), welcher das Rutin aus Buchweizen darstellte, wies ebenfalls auf die Verschiedenheit dieser Verbindung von dem Quercitrin hin. Dem bei 100° getrockneten- Rutin erteilte er die Formel C42H50O25; der Zerfall desselben durch verdünnte Säuren in Quercetin: C24H26O11 ('?), und in Isodulcit: C6H14O6, soll sich im Sinne folgender Gleichung: . , C42H5oOii -{- IHjO ^ C24Ha8 0ii + 3C6Hx4 08 vollziehen. Zu wesentlich anderen Resultaten als die vorstehend genannten Autoren gelangte F. Wischo®) bei der Untersuchung des Rutins, 1) Dieses Archiv 1842, El, 166. 8) Pharm. Centralbl. 1842, 903. 8) Annal. d. Cham. 53, 385. *) Annal. d. Chem. 123, 145. 5) Annal. d. Chem. 96, 124. 8) Ber. d. chem. Ges. 15, 204. 7) Ber. d. chem. Ges. 21, Ref. 299. 8) Chem. Centralbl. 1896, II, 591. 214 E. Schmidt: Rhamnoside. indem er dasselbe trotz der entgegengesetzten Beobachtungen von Zwenger und Dronke, sowie von Schunck noch als ein Isomeres des Quercitrins anspricht, welches nach seiner Meinung nur in Isoquercetin und Isodulcit spaltbar ist. Als Formel wird für das Rntin in dieser, manches sonderbare enthaltenden Arbeit Cac Hag O20 + 3 Hg acceptiert, ein Ausdruck, durch welchen früher durch Herzig die Zu- sammensetzung des Quercitrins interpretiert wurde, der jedoch bereits im Jahre 1893^) durch diesen Forscher endgültig in C21H22O12 (bei 100°) umgewandelt ist. Schließlich sei noch eine Angabe von A. G. Perkin^ erwähnt, nach welcher dem Kaliumsalz des Rutins die Formel C27H31KO18 zu- kommen soll. In Erwägung der Widersprüche, welche in der Literatur, wie aus vorstehendem erhellt, über die Zusammensetzung und über die Art der Spaltung des Rutins vorliegen, muüte es, um die Frage zu entscheiden, ob die verschiedenen als „Rutin" bezeichneten Pflanzen- stoflfe wirklich identisch sind, in erster Linie angezeigt erscheinen, das typische Rutin der Gartenraute einer erneuten sorgfältigen Unter- suchung zu unterwerfen. Hierbei war einesteils zu ermitteln, ob das als hydrolytisches Spaltungsprodukt des Rutins und des Quercitrins auftretende Flavonderivat (Quercetin) das gleiche ist, anderenteils festzustellen, welcher Art die Zucker sind, die neben dem Quercetin gebildet werden. Weiter mußte es von Interesse sein, auch durch quantitative Bestimmung der Rutinspaltungsprodukte die Molekular- formel dieser Verbindung sicher zu stellen. Die Lösung dieser Auf- gaben hat auf meine Veranlassung Herr N. Waliaschko über- nommen; die Resultate der mit großer Sorgfalt und mit viel Geduld durchgeführten. Untersuchung sind in der nachstehenden Abhandlung niedergelegt. Es ergab sich folgendes: 1. Dem Rutin der Gartenraute kommt nach dem Trocknen im Wassertrockenschranke die Formel C27H80O16 + 2H2O zu; die 2 Mol. Wasser entweichen bei 110" C, sowie bei längerer Aufbewahrung über Schwefelsäure im Vakuum, wie ich mich durch besondere Ver- suche überzeugt habe. 0,350 g lufttrockenen Rutins verloren innerhalb von 4 Wochen in Vakuum 0,0261 g an Gewicht = 7,46 %. Da der Wassergehalt des lufttrockenen Rutins, infolge von Ver- witterung, ein etwas schwankender ist, so habe ich für die weiteren Be- 1) Monatsh. f. Chem. 14, 55. 2) Chem. Centralbl. 1899, I, 879. E. Schmidt: Rhamnoside. 315 etimmangen Rutin benutzt, welches zunächst im Wassertrockenschranke bis zur Gewichtskonstanz getrocknet worden war. Hierbei ergaben sich folgende Werte: 1. 0,3434 g verloren noch 0,0196 g HaO. 2. 0,2215 „ „ „ 0,0119 „ n 3. 0,1907 „ „ „ 0,0152 „ n Gefunden: Berechnet für 1. 2. 3. C«HaoO,8-i-2HaO: HjO 5,71 5,40 5,52 5,58. Beim Stehen an der Luft nahm das im Vakuum getrocknete Rutin innerhalb von 24 Stunden das Gewicht wieder an, welches es ursprünglich im lufttrockenen Zustande besessen hatte. Bei 2. war das Gewicht sogar noch um 2 mg höher. Die Analyse des im Vakuum bis zur Gewichtskonstanz ge- trockneten Rutins ergab: Gefunden: Berechnet für C^'R^o^w: C 52,81 53,11 H 5,10 4,95. 2. Das bei der hydrolytischen Spaltung des Rutins gebildete Quercetin ist identisch mit dem aus Quercitrin erhältlichen Produkte, wie der direkte Vergleich dieser beiden Flavonderivate, sowie der ihrer Acetyl Verbindungen, ihrer Aethyl- und Aethyl- Acetylderivate einwandfrei lehrte. 3. Die neben Quercetin bei der hydrolytischen Spaltung des Rutins auftretenden Zuckerarten bestehen aus Rhamnose und Gl y kose. 4. Die Spaltungsgleichung des Rutins ist zu formulieren: C37 H30 O18 + 3 HgO = C16 Hio O7 -|- Cß Hi4 Oa + Cß Hi2 Oj Rutin Quercetin Rhamnose Glykose. Die Richtigkeit dieser Gleichung ergibt sich aus den Daten, welche bei der quantitativen Bestimmung des Quercetins und der Rhamnose (durch Ueberführung in Methylfurfurol) ermittelt wurden: 0,9279 g wasserfreies Rutin wurden mit Salzsäure nach den Angaben von Waliaschko (s. nachstehende Arbeit) der Destillation unterworfen, jedoch mit der Abänderung, daß dieselbe nicht im Asbestluftbade, sondern auf einem Babo'schen Siedebleche zur Ausführung gelangte. Es resultierten hierbei 0,1384 g Phloroglucid. Gefunden: Berechnet für C27H90O18: C6H14O9 28,76 29,84. In der jüngsten Zeit^) ist von R. Tie mann ein Rhamnoglykosid, das Globulariacitrin, als ein Bestandteil der Blätter von Glohularia i) Dieses Archiv 1903, 297. 216 E. Schmidt: Rhamnoside. Älypum beschrieben worden, welches in den Eigenschaften und in der Art der Spaltungsprodukte: Quercetin, Rhamnose und Glykose, an das Rutin erinnert. Die Spaltung des Globulariacitrins wird durch Tiemann durch folgende Gleichung interpretiert: C27H30O16 + 2H2O = C15H10O7 + C6H12O5 + CaHiaOe. Ob das Globulariacitrin zu dem Rutin in direkter Beziehung steht, wie es nach den vorliegenden Angaben den Anschein hat, oder vielleicht sogar damit zu identifizieren ist, muß ich dahingestellt sein lassen. II. Sophorin. Das Sophorin ist als ein neues Farbmaterial aus China zuerst von W. Steint aus den chinesischen Gelbbeeren, den Blütenknospen von Sophora japonica isoliert und nach seinen Reaktionen mit dem Rutin der Gartenraute identifiziert worden. In einer späteren Arbeit^), in welcher das nach Ansicht dieses Forschers noch in vielen anderen Pflanzen vorkommende Sophorin mit dem Namen „Pflanzengelb**, „Phytomelin", bezw. kurz „Melin" belegt wird, wird alsdann die Verschiedenheit desselben von dem Quercitrin durch vergleichende Analysen und Reaktionen dargetan. Die Verschiedenheit des Sophorins von dem Quercitrin hat später durch P. Foerster^) zwar eine Bestätigung gefunden, jedoch wendet sich dieser Forscher gegen die Angabe von Stein, daß das Spaltungs- produkt des Sophorins, das Sophoretin, mit dem des Quercitrins, dem Quercetin, identisch sei. üeber die Natur der Zuckerarten, welche bei der Hydrolyse des Sophorins, neben Sophoretin (Meletin), gebildet werden, finden sich in der Arbeit von Stein keine Angaben. Nach Foerster charakterisiert sich der Sophorinzucker in seiner elementaren Zusammensetzung, in den optischen Eigenschaften, in dem Schmelz- punkte, in der Gärungsunfähigkeit und in den sonstigen Eigenschaften als Isodulcit. R. Wachs*), welcher sich im Jahre 1893 mit einer erneuten Untersuchung des Sophorins beschäftigte, beobachtete ebenfalls, daß der krystallisierte Sophorinzucker bis auf die Krystallform sehr gut mit dem Isodulcit übereinstimmt, gleichzeitig konstatierte er jedoch, daß außer diesem Zucker noch ein zweiter, durch Hefe vergärbarer, bei der Spaltung des Sophorins auftritt. Obschon letzterer Zucker sonst in keiner Weise mit dem Traubenzucker identifiziert wurde, 1) Journ. f. prakt. Chem. 58 (1853), 399. 2) Ibidem 85 (1862), 351, 3) Ber. d. ehem. Ges. 15 (1882), 215. *) Inauguraldissertation Dorpat. E. Schmidt: Rhamnoside. 217 formuliert Wachs doch die Spaltung des Sophorins durch folgende Gleichung: C27H8oO,6 + 3H3O = C,6H,oO, + CsHiiOa + CeHiaOe- Sophorin Sophoretin Isodulcit Traubenzucker. Ueber die Beziehungen des Sophoretins zum Quercetin gibt die Arbeit von Wachs keine bündige Auskunft. Nachdem dasRutin der Gartenraute durch Herrn N.Waliaschko sowohl als solches, als auch in seinen Spaltungsprodukten eingehend gekennzeichnet war, erschien es nicht ohne Interesse, das Gleiche auch bei dem Sophorin zur Ausführung zu bringen, um zugleich die Frage zu entscheiden, in welcher Beziehung diese beiden, offenbar mit ein- ander verwandten Pflanzenstoffe zu einander stehen- Dieser Aufgabe hat sich Herr H. Brauns*) auf meine Veranlassung in dankenswerter Weise unterzogen und dabei folgendes festgestellt: i. Das im Wassertrockenschranke getrocknete Sophorin entspricht der Formel C27H80O16 + 2H2O; die unter diesen Bedingungen restierenden 2 Mol. Krystallwasser werden bei 110", sowie, wie ich mich durch besondere Versuche überzeugte, auch bei langer Auf- bewahrung über Schwefelsäure im Vakuum abgegeben: 0,4007 g lufttrockenen Sophorins verloren innerhalb von 4 Wochen im Vakuum 0,0291 g = 7,25 % an Gewicht. Da der Wassergehalt des Sophorins im lufttrockenen Zustande, ebenso wie bei dem Rutin, ein etwas schwankender ist, so habe ich für die weiteren Wasserbestimmungen Sophorin angewendet, welches zuvor im Wassertrocken- schranke bis zur Gewichtskonstanz getrocknet war. Es ergaben sich hierbei folgende Werte: 1. 0,4008 g verloren noch 0,0235 g HgO. 2. 0,2577 „ „ „ 0,0145 „ „ Gefunden: Berechnet für 1. 2. CS7H80O16 + 2H2O: H3O 5,85 5,63 5,58. Beim Stehen an der Luft nahm auch das im Vakuum getrocknete Sophorin innerhalb von 24 Stunden das ursprüngliche Gewicht (luft- trocken) wieder an. Die Analyse des im Vakuum über Schwefelsäure bis zur Gewichts- konstanz getrockneten Sophorins ergab: Gefunden: Berechnet für C87HgoOi8: C 52,79 53,11 H 5,15 4,95. 1) Inauguraldissertation Marburg 1903. 218 E. Schmidt: Rhamnoside. 2. Das beider Hydrolyse des Sophorins auftretende Sophoretin, Ci6 Hio O7, ist identisch mit dem bei der Spaltung des Quercitrins und Rutins auftretenden Quercetin. 3. Neben Quercetin liefert das Sophorin als Spaltungs- produkte Rhamnose und Glykose. Die Rhamnose wurde als solche im krystallisierten Zustande, die Glykose in Gestalt ihrer charakteristischen Chlornatrium Verbindung isoliert. Beide Produkte wurden durch die Analyse, die Krystallform, das Drehungsvermögen und den Schmelzpunkt mit den entsprechenden Verbindungen anderer Provenienz identifiziert. 4. Die hydrolytische Spaltung des Sophorins gelangt durch die bereits von Wachs (1. c.) acceptierte Gleichung: C27H8oOig + 3H2O = CigHjoO; -]- C8Hi4 0g + CeHjaOe Sophorin Quercetin Rhamnose Glykose zum Ausdruck. Die Richtigkeit dieser Gleichung ergab sich durch direkte quantitative Bestimmung des gebildeten Quercetins und durch indirekte Bestimmung der Rhamnose durch Ueberführung in Methylfurfurol. 5. Sophorin und Rutin sind identisch, wie der direkte Vergleich lehrte. III. Cappern-Rutin. Rochleder und Hlasiwetz^) isolierten im Jahre 18.52 aus den Blütenknospen von Capparis spinosa einen gelb gefärbten Körper von schwach säureartigem Charakter, welchen sie nach seinen Eigenschaften und Reaktionen mit dem von Weiß^) aus der Gartenraute dargestellten Rutin (Rutinsäure) identifizierten. Bei einer vergleichenden Unter- suchung, welche Hlasiwetz®) 3 Jahre später über das aus Cappern dargestellte Rutin und das Quercitrin ausführte, glaubte dieser Forscher die Identität auch dieser beiden Pflanzenstoffe experimentell bewiesen zu haben. Zwenger und Dronke*), welche sowohl das Rutin der Garten- raute, als auch das der Cappern einem erneuten Studium unterzogen, fanden hierbei, daß diese Rutine verschiedenen Ursprungs zwar identisch sind, sich aber bestimmt von dem Quercitrin und Robinin unterscheiden. Die Untersuchungen, welche P. Foerster^) 1882 über das Cappern-Rutin ausführte, lassen diese Identitätsfrage unerörtert, sie machen es nur wahrscheinlich, daß der bei der Hydrolyse des Cappem- 1) Annal. d. Cham. 82, 197. 2) Pharm. Centralbl. 1842, 903. 8) Ibidem 96, 123. 4) Ibidem 123, 151. 6) Ber. d. ehem. Ges. 15, 217. E. Schmidt: Rhamnoside. 219 Rutins gebildete, von den früheren Beobachtern nicht näher charakterisierte Zucker nach der Krystalltorm und dem Schmelzpunkt als Isodulcit anzusprechen ist. R. Wachs^) erhielt bei der Unter- suchung des Cappern-Rutins diesen Zucker nur in sehr geringer Menge, immerhin konnte er, entgegen den Angaben von Zwenger und Dronke (1. c.) konstatieren, daß derselbe durch Hefe in Gärung versetzt werden kann. Dem Cappern-Quercetin erteilt Wachs die Formel CisHigO?, wogegen er das Quercetin anderen Ursprungs durch die Formel CX5H10O7 zum Ausdruck bringt. Die Spaltung des Cappern-Rutins wird durch Wachs, obschon er nicht in der Lage war, die betreflfenden Zucker zu identifizieren, in folgender Weise interpretiert: C^HmOw + 3HaO = CisHiaO, + C6H14O6 + CaHiaO«. Die Literaturangaben, welche über die Beziehungen des Cappern- Rutins zu anderen Flavonderivaten, sowie über die Natur seiner Spaltungsprodukte bisher vorliegen, lassen somit, ebenso wie bei dem Rutin der Gartenraute und bei dem Sophorin, vieles zu wünschen übrig. Eine erneute Untersuchung schien daher im Anschluß an die des typischen Rutins der Gartenraute und des Sophorins auch hier angezeigt zu sein. Herr H. Brauns, welcher sich auch dieser Auf- gabe auf meine Veranlassung unterzogen hat, konnte hierbei folgendes konstatieren : 1. Das im Wassertrockenschranke getrocknete Cappern- Rutin entspricht ebenfalls der Formel CaTHsoOio + 2H2O; die unter diesen Bedingungen restierenden 2 Mol. Krystallwasser werden bei 110*^, sowie, wie ich mich durch besondere Versuche überzeugte, auch bei langer Aufbewahrung über Schwefelsäure im Vakuum abgegeben: 0,4310 g lufttrockenen Cappern-Rutins verloren innerhalb von 4 Wochen im Vakuum 0,0332 g = 7,7 % an Gewicht. Da auch das lufttrockene Cappern-Rutin in seinem Wassergehalte etwas schwankend ist, so habe ich auch hier für die weiteren Wasser- bestimmungen Cappern-Rutin angewendet, welches zuvor im Wassertrocken- schranke bis zur Gewichtskonstauz getrocknet war. Bei weiterem Trocknen im Vakuum über Schwefelsäure verloren 1. 0,4212 g noch an Gewicht 0,0245 g. 2. 0,1885 „ „ „ „ 0,0104 „ Gefunden: Berechnet für 1. 2. C27 Hgo O18 -f- 2 HgO : H2O 5,81 5,52 5,58. Beim Stehen an der Luft nahm auch das Cappern-Rutin innerhalb von 24 Stunden das verlorene Wasser wieder vollständig auf. Die Analyse des über Schwefelsäure bis zur Gewichtskonstanz ge- trockneten Cappern-Rutins ergab: ^) Inauguraldissertation Dorpat 1893. 220 E. Schmidt: Rhamnoside. Gefunden: Berechnet für C27H8oOi«: C 52,89 53,11 H 5,16 4,95. 2. Das bei der Hydrolyse des Cappern-Rutins auftretende Quercetin ist identisch mit dem, welches bei der Spaltung des Quer- citrins, Eutins und Sophorins resultiert. 3. Neben Quercetin liefert das Cappern- Rutin bei der Spaltung Rhamnose und Glykose. Beide Verbindungen wurden in derselben Weise identifiziert, wie es für die Spaltungsprodukte des Sophorins geschah (s. oben). 4. Die hydrolytische Spaltung des Cappern-Rutins gelangt durch die Gleichung Cg7 Hgo Oi9 + 3 H2O = Cj5 Hio O7 4" Cg Hi4 Og + Cg H12 0« Cappern-Rutin Quercetin Rhamnose Glykose zum Ausdruck. Was die Beziehungen des Cappern-Rutins zu dem Rutin der Gartenraute anbetrifft, so zeigen beide Rhamnoglykoside weder in der Zusammensetzung, noch in der Art der hydrolytischen Spaltung eine Verschiedenheit. Das gleiche ist der Fall in dem Aeußeren, den Löslichkeitsverhältnissen und in den Reaktionen. Auch in der Art der Wasserabgabe und Wiederaufnahme an der Luft sind keine be- merkenswerten Unterschiede zu konstatieren. Nur beim Erhitzen macht sich eine kleine Differenz bemerkbar. Während das Rutin an- fängt bei 185" zusammenzusintern, um dann bei 188 — 190" zu einer gelben, zähen Flüssigkeit zu schmelzen, sintert das Cappern-Rutin bereits gegen 175° zusammen. Auch bei vielmaligem Umkrystallisieren aus verschiedenartigen Lösungsmitteln blieb diese kleine Differenz be- stehen. Beide Verbindungen wurden hierbei neben einander unter möglichst gleichartigen Bedingungen im Kapillarrohre im Schwefel- säurebade erhitzt. IV. Robinin. Ueber die Darstellung, die Eigenschaften und die Spaltungs- produkte des Robinins, einer in den Blüten von Bobinia pseudacacia vorkommenden Verbindung, lagen bis vor kurzem nur Angaben von C. Zwenger und F. Dronke^) in der Literatur vor. Nach den Untersuchungen dieser Forscher gelangte die Zusammensetzung des Robinins durch die Formel C25H80O16 + 5V2H2O zum Ausdruck, und wird dasselbe durch verdünnte Schwefelsäure in Quercetin und Zucker im Sinne der Gleichung: CsBHaoOie + 2H2O = CisHioOe H- 2C6H12O6 1) Annal. d. Chem. 1861, Sppl. I, 257. E. Schmidt: Rhauinoside. 221 gespalten. Der hierbei neben (^uercetin gebildete Zucker konnte jedoch vonZwenger und Dronke nicht im krystallisierten Zustande erhalten und infolgedessen nicht näher charakterisiert werden. Auffallender- weise soll jedoch derselbe bei der Oxydation mit Salpetersäure, neben Spuren von Oxalsäure, Pikrinsäure liefern. Diese zunächst befremdende Beobachtung dürfte eine Erklärung durch die Resultate finden, welche Herr N. W alias chko bei der Untersuchung der Zuckerarten erhielt, die bei der Hydrolyse des Rutins unter den gleichen Versuchs- bedingungen gebildet werden (s. dort). Da Zwenger und Dronke auf die große Aehnlichkeit hinweisen, die zwischen dem Robinin, dem Rutin, dem Sophorin, dem Cappern-Rutin und anderen Quercetin liefernden Pflanzenstoflfen obwaltet, schien es mir im Anschluß an die Untersuchungen dieser Stoflfe von Tnteresse zu sein, auch diese A'^er- bindung einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Zu diesem Zwecke habe ich im Sommer 1899 und 1900 je 50 kg frischer Akazienblüten, die, ebenso wie das von Zwenger und Dronke verwendete Material, in der Umgegend von Marburg gesammelt waren, nach den Angaben dieser Forscher auf Robinin verarbeitet und letzteres nach verschiedenen Richtungen hin untersucht. Die hierbei erzielten Resultate habe ich alsdann durch eine vorläufige Mitteilung ^) publiziert, da durch ein kurzes Referat der Chem.-Ztg.^) zu meiner Kenntnis gelangt war, daß auch Herr A. G. Perkin in einer Sitzung der Chemical Society über Untersuchungen des Robinins, Viola- Quer citrins und Osyritrins berichtet hatte. Die Beobachtungen von Herrn Perkin stimmten zwar bezüglich des gelben Farbstoffes, welcher bei der hydro- lytischen Spaltung des Robinins gebildet wird, mit den meinigen überein, jedoch standen sie keineswegs im Einklang mit den Wahrnehmungen, die Herr Waliaschko und ich an den gleichzeitig entstehenden Zuckerarten gemacht hatte. Während Herr Perkin aus dem Zucker- gemisch ein Osazon der Dextrose (Schmp. 204 — 205°) und ein leichter lösliches Osazon vom Schmp. 190 — 196 ** (vielleicht Galaktosazon) dar- stellen konnte, vermochten wir daraus große Mengen von schön krystallisierter Rhamnose zu isolieren. Einen gärungsfähigen Zucker hatten wir damals unter den Spaltungsprodukten des Robinins noch nicht nachgewiesen, jedoch gelang es Herrn Waliaschko kurze Zeit darauf auch die Gegenwart der unter den gewöhnlichen Bedingungen nur schwer vergärbaren Galaktose durch üeberführung derselben in Schleimsäure darzutun ^). Später ist die Galaktose dann auch im 1) Apoth.-Ztg. 1891, 357; 22. VI. «) Chem.-Ztg. No.37; 8. V., 1891. 8) E. Schmidt, pharm. Cham. 1901, 1877. 222 E. Schmidt: Rhamnoside. krystallisierten Zustande aus der Rhamnose- Mutterlauge isoliert worden ^). Meine damaligen Mitteilungen über das Robinin, über die auch im Ohem. Oentrbl. 1901, II., 121 referiert ist, scheinen nicht zur Kenntnis von Herrn Perkin gelangt zu sein, wenigstens wird der- selben in einer zweiten, den nämlichen G-egenstand behandelnden Ab- handlung dieses Autors ^) nicht Erwähnung getan. Nach dieser zweiten Publikation Perkin 's soll das Robinin bei der Hydrolyse keine Gralaktose, sondern, neben kleinen Mengen von Dextrose, Rhamnose liefern. Ob die beobachtete Dextrose aus dem Robinin selbst stammt oder aus einer kleinen Menge eines anderen, das Robinin ver- unreinigenden Glykosides konnte Perkin nicht entscheiden. In der ersten Mitteilung formuliert Perkin die Spaltung des Robinins durch folgende Gleichung: Css Hgs Oao + 4 HgO = C15 Hio Og + 3 C(j H12 Og, nach der zweiten Mitteilung soll dieselbe dagegen durch eine der nach- stehenden Gleichungen zum Ausdruck kommen: C33H44O20 + 4H2O = CisHioOe + SCeHuOß, oder C83H42O20 -f~ 4HaO = C15H10O8 + 2C(jHi4 06 -)- CßHigOß. Obschon die Untersuchungen des Robinins hier noch nicht ganz zum Abschluß gelangt sind, möchte ich doch im Hinblick auf die Perkin' sehen Arbeiten schon jetzt kurz über einige der dabei erzielten Resultate berichten. Eine ausführliche Mitteilung über das Robinin, die bereits der Redaktion dieser Zeitschrift zum Druck vorliegt, wird alsbald von Herrn Waliaschko erscheinen. Das von uns untersuchte Robinin bildete feine, blaßgelbliche Nadeln, welche bei 190 — 192" zusammensinterten und bei 195" schmolzen. Nach Perkin schmilzt das Robinin bei 190°, nach Zwenger und Dronke fängt es bei dieser Temperatur erst an zusammenzusintern, um dann bei 196° zu schmelzen. Das lufttrockene Robinin verlor nach den Bestimmungen von Herrn Waliaschko im Exsiccator im Mittel 14,49% an Gewicht. Etwa der gleiche Gewichtsverlust (im Mittel 14,78%) wurde im Wasser- trockenschranke konstatiert. Bei 105°') ergab sich dagegen ein Gewichtsverlust von: 15,29 15,22 15,46 15,33 15,24 15,52%, bei 105—110°, im Mittel von 15,39% (s. Waliaschko). 1) Privatmitteilung; s. auch die Abhandlung von N. Waliaschko in Heft IV dieses Archivs. «) Journ. of the ehem. soc. 1902, 473. 3) Nicht bei 100», wie irrtümlich in der Apoth.-Ztg. angegeben. E. Schmidt: Rhamnoside. 223 Wurde das Robinin sehr lange Zeit im Vakuum über Schwefel- säure aufbewahrt, so war der Gewichtsverlust der gleiche wie bei 105», bez. 110». 0,2014 g verloren 0,0306 g = 15,28% an Gewicht. Das im Vakuum getrocknete Robinin nahm bei 24 stündigem Stehen an der Luft wieder das ursprüngliche Gewicht an. Die Analyse des im Wassertrockenschranke getrockneten Robinins ergab: Gefunden: Berechnet für 1. 2. 3. 4. Ce8H4oOi8+HHaO: C 52,60 52,57 62,80 52,89 52,85 H 5,84 5,72 5,53 5,86 5,48. Das bei llOO getrocknete Robinin lieferte (Waliaschko) im Mittel: Gefunden: Berechnet für CJ8H40O18: C 53,30 53,49 H 5,48 5,44. Das im Vakuum getrocknete Robinin lieferte: 0,1706 g = 0,3356 g CO2 und 0,0904 g HaO. C 63,65; H 5,88. Nach obigen Daten kommt dem wasserfreien Robinin die Formel 088^40 Ol 8 zu. Die hydrolytische Spaltung desselben erfolgt im Sinne der Gleichung: C88H40O19 + 3H2O = CisHioOß + 2C,Hi3 05 + CoHiaO« Robinin Robigenin Rhamnose Galaktose. An wasserfreiem Robigenin (130°) ermittelte ich 38,49%, an Rhamnosehydrat: C8H14O6, 48,25% (als Methylfurfurol-Phloroglucid bestimmt), während sich nach obiger Gleichung 38,66, bezw, 49,20% berechnen. Der gelbe Farbstoff, Robigenin, welcher bei der hydrolytischen Spaltung des Robinins gebildet wird, ist kein Quercetin, wie Zwenger und Dronke angeben; derselbe entspricht im lufttrockenen Zustande der Formel CigHioOe + HgO, bei ISO» getrocknet der Formel CisHioOo. Das lufttrockene Robigenin enthielt im Mittel: Gefunden: Berechnet für CisHioOu + HaO: C 59,20 59,19 H 4,35 3,98 HaO 5,95 5,92. Das Robigenin schmilzt bei 268 — 270®, sein farbloses, gut krystallisierendes Tetraacetylderivat: C15 He (Ca Ha 0)4 Oe, (nach Waliaschko) bei 182—183». 224 E. Schmidt: Rhamnoside. Das Robigecin ist nach Perkin (1. c), welcher demselben eben- falls die Formel CisHioOe zuschreibt, identisch mit dem Spaltungs- produkte eines in den Blüten von Delphinium consolida vorkommenden Glykosids, sowie mit dem Kämpferoi, dem Zersetzungsprodukte des in der Wurzel von Älpinia Galanga enthaltenen Kämpferids. Dasselbe zeigt auch Aehnlichkeit mit dem von Tschirch und Polacco^) be- schriebenen Rhamnolutin der Kreuzbeeren, dagegen ist es verschieden von dem Fisetin, Luteolin und Scutellarein^), Flavonderivaten, deren Zusammensetzung ebenfalls durch die Formel CisHioOe zum Ausdruck gelangt. Aus den bis zum dünnen Sirup eingedampften Mutterlaugen des Rohrobinins schieden sich, namentlich nach dem Vermischen mit dem gleichen Volum Alkohol, allmählich beträchtliche Mengen eines weüJen, sandigen Krystallpulvers aus. Letzteres konnte, nach dem Absaugen und Auswaschen mit verdünntem Alkohol, leicht durch Umkrystallisieren aus heißem Wasser oder heißem verdünntem Alkohol in durchsichtige, farblose, glasglänzende rhombische Krystalle ver- wandelt werden. Dieselben bestanden, wie die nähere Prüfung lehrte, aus Asparagin. Die Analyse dieser Krystalle führte zu der Formel C4H8N2O3 + H2O. Gefunden: Berechnet: HaO 12,20 12,0 C 36,80 36,36 ^ H 6,50 6,06 wasserfrei. N 20,98 21,24 J Die wässerige Lösung dieser Verbindung wurde durch Merkuri- nitrat gefällt; beim Kochen mit frisch gefälltem Kupferhydroxyd resultierte beim Erkalten blau gefärbtes Asparagin-Kupfer. Die wässerige Lösung dieses Asparagins erwies sich als schwach links- drehend, nach Zusatz von Salzsäure dagegen als stark rechtsdrehend. Nach diesem Verhalten ist das vorliegende Asparagin als das gewöhnliche Linksasparagin anzusprechen. 1) Dieses Archiv 1900, 466. 3) Monatsh. f. Chem. 1901, 679. N. Waliaschko: Rutin. 226 165. Ueber das Rutin der Gartenraute (Ruta graveolens). Von N. Waliaschko.') (Eingegangen den 25. X. 1903.) Darstellung des Rutins. Die Gartenraute, welche ich zur Darstellung des Rutins ver- wendete, hatte ich aus der Arzneipflanzenhandlung in Loubni (Rußland) bezogen. Ehe ich das Rutin in größerer Menge darzustellen anfing, führte ich einen kleinen Yorversuch nach Vorschrift von Zw enger und Dronke (1. c.) aus. Derselbe lehrte, daß das Rutin sich aus den stark eingedampften, essigsauren Auszügen des Krautes nur sehr langsam, und dabei stark durch Gips verunreinigt, ausscheidet. Dagegen zeigten die weiteren Versuche, daß sich das Rutin, entgegen den An- gaben dieser Forscher, direkt aus dem wässerigen Auszuge leicht krystallisieren läßt, und daß seine Reindarstellung auch ohne Anwendung von essigsaurem Bleioxyd erzielt werden kann. Das von mir zur Darstellung des Rutins benutzte einfache Verfahren •war das Folgende: Die trockene und zerschnittene Gartenraute wurde im Dampfkessel zweimal mit Wasser je zwei Stunden lang ausgekocht, und die Masse alsdann jedesmal heiß ausgepreßt. Die Auszüge, die eine stark saure Reaktion zeigten und sich direkt nicht filtrieren ließen, schieden beim Erkalten an den Wänden des Gefäßes gelbe Krystalle des Rutins und auf den Boden einen voluminösen grünen Niederschlag aus, der Rutin und ein grünes Harz enthielt. Dieses Harz erschwerte sehr die Reinigung des Rutins. Da dasselbe jedoch fast unlöslich in Wasser, und infolgedessen nur in der Flüssigkeit fein verteilt war, 80 konnte es durch Klären mittelst Eiweiß leicht entfernt werden. Zu diesem Zwecke wurde den heiß ausgepreßten und halb erkalteten Aaszügen die Eiweißlösung aus einem Hühnerei in 1 Liter Wasser auf jede 3 kg der in Arbeit genommenen trockenen Gartenraute zugefügt; die Flüssigkeit wurde hierauf im Dampfbade bis zur Klärung erwärmt, hierauf filtriert und längere Zeit der Ruhe überlassen. Das allmählich sich aus- scheidende Rutin wurde alsdann gesammelt, mit kaltem Wasser gewaschen und wiederholt aus kochendem Wasser umkrystallisiert. Zur Klärung mit Eiweiß darf man jedoch nicht zu konzentrierte Aus- züge der Gartenraute anwenden, da das Rutin aus denselben bald aus- krystallisiert und dann beim Erwärmen im Dampf bade nicht ganz wieder in Lösung übergeht. 1) Auszug aus der Magister-Dissertation, Charkow 1903. Areh. d. Pharm. CCXXXXII. Bds. 3. Heft. 15 226 N. Waliaschko: Rutin. Aus den Mutterlaugen der ersten Krystallisation konnte beim Ein- dampfen noch eine weitere Menge des Eutins erhalten werden. Die letzten, schon stark eingedampften Mutterlaugen lieferten selbst beim langen Stehen nur Gips mit sehr kleinen Mengen von Rutin. Die Verarbeitung dieser letzten Ausscheidungen auf Rutin hat sich, trotz vieler Versuche, nicht als lohnend erwiesen. Nach diesem Verfahren wurde 0,3% an reinem Rutin erhalten. Einen Teil meines Vorrates an Gartenraute habe ich, aus Mangel an Zeit, auch nach folgendem Verfahren auf Rutin bearbeitet: Die konzentrierten wässerigen Auszüge wurden, ohne dieselben mit Eiweiß zu klären, erkalten gelassen, das ausgeschiedene, sehr unreine Rutin auf gewöhnlichen Filtern gesammelt und auf denselben getrocknet. Nach dem Trocknen ließ sich die grüne Masse vom Papier leicht trennen. Aus dieser Masse, die stark verunreinigtes Rutin enthielt, zog heißer Alkohol das Rutin nebst einem grünen Harze aus. Der Alkohol wurde hierauf von diesen Aaszügen abdestilliert, der Rückstand in eine Porzellanschale ausgegossen und zur Trockene eingedampft. Die trockene gelbgrüne Masse wurde alsdann zur Entfernung des Harzes mit Benzol extrahiert, wobei das im Benzol unlösliche Rutin zurückblieb und schließlich durch wiederholte Um- krystallisation aus heißem Wasser gereinigt werden konnte. Vor dem Filtrieren der heißen Lösungen des Rutins ist es in diesem Falle zweckmäßig, denselben etwas Talkpulver, welches kleine Mengen von suspendiert gebliebenem Harze niederschlägt, zuzusetzen. Eigensciiaften des Rutins. Das von mir nach obigen Angaben dargestellte Rutin zeigte fast alle Eigenschaften des Rutins von Zwenger und Dronke. Dasselbe bildete ein krystallinisches Pulver von hell schwefelgelber Farbe, ans hellgelben, schwach seidenglänzenden, neutralreagierenden, feinen Nadeln, ohne Geruch und G-eschmack, bestehend. Das Rutin löst sich kaum in kaltem Wasser (ungefähr 1 : 7800), leicht dagegen in kochendem (ungefähr 1 : 200). Aus diesen Lösungen scheidet es sich beim Erkalten in voluminösen Flocken, die aus nadeiförmigen, konzentrisch gruppierten Krystallen bestehen, aus. Verhältnismäßig leicht löst sich das Rutin in kaltem Alkohol, sehr leicht sogar in heißem Alkohol. Aus letzterer Lösung krystallisiert es jedoch beim Erkalten direkt nicht wieder aus, sondern erst beim allmählichen Verdunsten des Alkohols. Auch in Eisessig löst sich das Rutin leicht beim Erwärmen auf, dagegen ist es in anderen organischen Lösungsmitteln, wie Aether, Petroläther, Benzol, Aceton sehr schwer oder fast gar nicht löslich. Das Rutin hat keinen scharfen Schmelz- punkt. Das bei 105° C. getrocknete Rutin fängt bei 185® C. an zusammenzusintern, um dann bei 188—190° C. zu einer gelben, zähen Flüssigkeit zu schmelzen. Nach Zwenger und Dronke sintert das Rutin bei 190 ° zusammen und schmilzt bei etwas höherer Temperatur. N. Waliaschko: Rutin. 227 Das Rutin färbt sich durch konzentrierte Schwefelsäure intensiv gelb; aus dieser gelben Lösung scheidet sich nach einiger Zeit ein dunkelorangefarbener Niederschlag aus. Salpetersäure vom spez. Gew. 1,4, färbt sich durch Rutin rotbraun; beim Erhitzen des Rutins mit Salpetersäure von 10 % auf dem Wasserbade bildet sich Oxalsäure und eine Nitroverbindung, die nach der Farbe und nach dem Verhalten gegen Wollfäden der Pikrinsäure ähnlich ist. Die wässerige, in der Kälte gesättigte Lösung des Rutins ist fast farblos und zeigt gegen Lackmuspapier neutrale Reaktion. Diese Lösung färbt sich durch neutrales Bleiacetat gelb; letzteres bildet einen gelben Niederschlag, wenn es im großen üeberschusse vorhanden ist. Bleiessig fällt aus Rutinlösung sofort einen orangen Niederschlag; die Flüssigkeit bleibt dabei aber gelb gefärbt. Sehr verdünnte Eisenchloridlösung färbt die wässerige Auflösung des Rutins intensiv dunkelgrün; Eisenchlorürlösung gibt dagegen keine Färbung; nachZwenger und Dronke soll eine braunrote, einen Stich in das Grünliche zeigende Färbung eintreten. Bestimmung des Krystallwassergehaites und der Zusammensetzung des Rutins. Die Bestimmung des KJrystallwassers bereitete anfangs einige Schwierigkeiten, weil das Rutin beim Erhitzen auf 105 " C. nur sehr langsam sein Krystallwasser verliert und infolgedessen schlecht stimmende Zahlen gibt: 4,25 — 5,67% H2O; beim Erhitzen aber bis auf 115° C. sintert es nach und nach zusammen. Die Analysen des bei 105° C. getrockneten Rutins stimmten auch unter sich schlecht überein. Die weiteren Versuche haben dann gezeigt, daß das Rutin ganz sein Krystallwasser bei 110° C. verliert, wodurch es eine graugrüne Färbung annimmt. Das Rutin enthält im lufttrockenen Zustande drei Moleküle Krystallwasser, von denen zwei fester gebunden sind, so daß sie erst bei 110° C. abgegeben werden. Das dritte Molekül Krystall- wasser entweicht durch Verwitterung teilweise schon beim Trocknen an der Luft des frisch umkrystallisierten Rutins bei gewöhnlicher Temperatur. Ein weiterer Teil des dritten Moleküls Krystallwasser geht beim Trocknen im Exsiccator über Schwefelsäure verloren ; hierbei ist die Größe des Wasserverlustes jedoch von der Zimmertemperatur abhängig. Beim Trocknen im Exsiccator im Sommer (Juni) wurde das dritte Molekül Krystallwasser fast vollkommen abgegeben (Best. 7: 1,54; 8: 1,46«); der vollständige Verlust trat im Wasser- trockenschranke bei 95— 97°C. ein (Best. 5: 1,89; 6: 1,81%); im Winter (Dezember) dagegen verlor das lufttrockene Rutin im Exsiccator 15* 228 X. Waliaschko: Rutin. nur sehr wenig Krystallwasser (Best. 1: 0,G6; 2: 0.70%); im Frühling (März) etwas mehr (Best. 3: 0,95; 4: 0,83%). 1. Beim Trocknen im Exsiccator über Schwetelsäore verloren 0,2113 g des lufttrockenen Eutins 0,0014 g HgO. 2. 0,2563 g verloren 0,0018 g H.3O. Gefunden : 1. 2. H2O 0,66% 0,70%. 1. 0,2099 g des im Exsiccator getrockneten Eutins gaben 0,3780 g C0| und 0,1086 g HgO. 2. 0,2545 g lieferten 0,4594 g COg und 0,1256 g HgO. Gefunden: Berechnet für 1. 2. C^,HaoOi8 4-2y2H,0: C 49,11 49,23% 49,44% H 5,52 5,52 „ 5,38 „. 3. 0,2534 g des lufttrockenen Eutins verloren im Exsiccator 0,0024 g HgO. 4. 0,2646 g verloren 0,0022 g HgO. Gefanden : 3. 4. H2O 0,95% 0,83%. Das Trocknen wurde im Wassertrockenschranke bei 95— 97° C. fort- gesetzt. Der Gesamtverlust im Exsiccator und im Wassertrockenschranke betrug : 5. 0,2534 g des lufttrockenen Eutins verloren 0,0048 g HgO. 6. 0,2646 g verloren 0,0048 g HgO. Gefunden: Berechnet für 5. 6. (C27H3oOi5-f2H20)-f VaHaO: (C27H3oOi5 + 2H20) + H20: H2O 1,89 1,81% 1,37% 2,71%. 5. 0,2486 g des bei 95—97° C. getrockneten Eutins gaben 0,4560 g CO2 und 0,1234 g H2O. 6. 0,2598 g gaben 0,4744 g COg und 0,1224 HgO. Gefunden: Berechnet für 1. 2. Im Mittel: C27 H30 O15 + 2 HgO : G 50,03 49,80 49,91% 50,13% H 5,55 5,27 5,41 „ . 5,30 „. Zwenger und Dronke fanden beim Trocknen bei 100° 1,45 — 1,75% Wasser, und bei der Verbrennung des bei 100° getrockneten Eutins: C 49,11—49,76% H 5,65 — 5,34 „ Das lufttrockene Eutin wurde im Exsiccator (im Sommer) getrocknet: 7. 0,2608 g des Eutins verloren 0,0040 g HgO. 8. 0,2466 g verloren 0,0036 g HgO. Gefunden: Berechnet für 7. 8. f C37 H30 ©19 + 2 H2O) -f V2 H2O : H2O 1,53 1,46% 1,37%. N. Waliaschko: Rutin. 229 Das imExsiccator getrocknete Rutin wurde jetzt bei 110° C. getrocknet: 9. 0,2668 g des Rutins verloren 0,0150 g II3O. 10. 0,2430 g verloren 0,0140 g IlgO. Gefunden: Berechnet für 9. 10. Ca7naoOi6 + 2HaO: H3O 5,84 5,76% 5,57%. Nach Zwenger und Dronke verliert das zuvor bei 100* ge- trocknete Rutin bei 150—160° 5,92% H2O. Das von mir dargestellte Rutin verlor bei 110" C. sein Krystall- wasser vollständig. Bei weiterem Erhitzen bis zu 130" C. konnte daher keine Gewichtsabnahme mehr bemerkt werden. 9. 0,2418 g des bei 110" C. getrockneten Rutius gaben 0,4674 g CO2 und 0,1098 g HgO. 10. 0,2290 g gaben 0,4424 g CO2 und 0,1040 g HgO. Gefunden: Berechnet für c H 9. 52,72 5,08 10. 52,69% 5,08 „ C27H80O16: 53,10% 4,95 „. diesen Daten geht hervor, daß das wasserfreie Rutin die Formel C27H30O16 besitzt. Zwenger und Dronke berechnen für das wasserfreie Rutin die Formel C25H28O15, und für das lufttrockene C25H28O15 + 2V2H2O. Nach meinen Versuchen erwies es sich als unmöglich, für luft- trockenes Rutin exakte Werte für den Krystallwassergehalt zu finden, da es infolge von Verwitterung nicht immer die gleiche Menge Krystall- wasser enthält. Die Bestimmungen, die mit lufttrockenem Rutin bei 110° aus- geführt wurden, ergaben einen Wassergehalt, welcher zwischen 6,21% und 7,71 % schwankte. 1. 0,2608 g des Rutins gaben 0,0190 g HgO —7,28% 2. 0,2466 „ „ „ 3. 1,0170 „ „ 4. 1,0022 „ „ „ 5. 1,1884 „ „ „ 6. 0,8367 „ ., „ 7. 1,0760,, „ „ 8. 1,0014,, „ „ 9. 1,0124 „ „ „ Die Bestimmungen 5 und 6 sind mit Rutin ausgeführt, das zwei Jahre in einer Flasche mit eingeschliffenem Stöpsel aufbewahrt worden war, die Bestimmung 7 ist mit dem frisch umkrystallisierten und im Sommer bei Zimmertemperatur getrocknetem Material, die Be- stimmungen 8 und 9 sind in entsprechender Weise im Winter ausgeführt. 0,0176 „ n -7,14„ 0,0748 „ n -7,35„ 0,0722 „ n -7,20„ 0,0716 „ n -6,29,, 0,0520 „ n -6,21„ 0,0754 „ n -7,01„ 0,0772 „ T) -7,71„ 0,0764 „ n -7,55„, 230 N. Waliaschko: Rutin. Berechnet für C27 HaoOie + 214 HgO : C27 HgoOie + ^ HgO : H2O 6,87 8,14%. Nach diesen Beobachtungen muß man annehmen, daß das frisch auskrystallisierte Rutin 3 Mol. Krystallwasser enthält, von denen das eine mehr oder minder leicht, abhängig von der Lufttemperatur und der Luftfeuchtigkeit, verwittert. Dem bei 95— 97*^0., sowie im Exsiccator bei 22° 0. getrockneten Rutin kommt die Formel C27H30O16 + 2 H2O zu. Spaltung des Rutins. Die quantitative Bestimmung der Spaltungsprodukte des Rutins wurde nach dem Verfahren ausgeführt, welches zuerst von Rigaud (Ann. 90, 283, [1854]) bei der Untersuchung des Quercitrins an- gewendet wurde, nämlich durch direktes Wiegen des gebildeten Quercetins. Der kochenden Auflösung von 1 Teil Rutin in 200 Teilen Wasser wurde zu diesem Zwecke 1 % Schwefelsäure in Gestalt einer Lösung, die in je 5 com 1 g H2SO4 enthielt, zugesetzt, und die Mischung als- dann eine Stunde lang auf dem Luftbade gekocht. Beim Erkalten schieden sich aus der gelben Flüssigkeit die gelben nadeiförmigen Krystalle des gebildeten Quercetins fast quantitativ aus, so daß die Flüssigkeit fast farblos wurde. Die Spaltung des Rutins ist unter diesen Bedingungen eine vollkommene, wie ein Kontrollversuch lehrte. Das Quercetin wurde auf einem gewogenen Filter gesammelt, sorgfältig mit Wasser ausgewaschen, bei 95—97° C. getrocknet und gewogen. 1. 1,0358 g des lufttrockenen Rutins gaben 0,4664 g Quercetin. 2. 1,0168 g gaben 0,4524 g Quercetin. Gefunden : _ 1. 2. Quercetin 45,03 44,49%. Diese Zahlen wurden auf wasserfreies Rutin umgerechnet, wobei der Krystallwassergehalt auf Grund der zu' dieser Zeit ausgeführten Bestimmungen im Mittel zu 7,245% angenommen wurde. Außerdem wurde auch noch eine Spaltung des wasserfreien Rutins ausgeführt. 3. 0,7847 g des bei 110" getrockneten Rutins gaben 0,3718 g Quercetin Gefunden: Berechnet für 1. 2. 3. C27H80O18: Quercetin 48,54 47,97 47,38% 49,50%. Der Verlust an Quercetin ist durch Bildung einer kleinen Menge einer wasserlöslichen Sulfosäure zu erklären. Eine Bestätigung dieser Annahme liefert einesteils die gelbe Farbe der Flüssigkeit, nach dem N. Waliaschko: Rutin. 231 Entfernen der Schwefelsäure durch Baryurnkarbonat, anderenteils die Zahlen, die bei der Spaltung des Rutins mit Salzsäure erhalten wurden. Die Spaltung des Rutins mit Salzsäure wurde unter denselben Be- dingungen ausgeführt, wie die mit Schwefelsäure. 4. 0,9242 g des bei IIQO getrockneten Rutins gaben 0,4530 g Quercetin. 5. 0,9360 g gaben 0,4642 g Quercetin. Gefunden : 4. 5. Quercetin 49,02 49,59%. Die Spaltung des Rutins vollzieht sich nach der Gleichung: C27H80O16 + 2H2O = Ci5H,o07 + CßHiaOs + CeHiaO«. Gefunden im Mittel Berechnet für aus den Bestimmungen 4 und 5: CotHjoOio: Quercetin 49,30 49,50%. Zwenger und Dronke haben für das bei 100° getrocknete Rutin 42,06, 43,25, 39,24% an Quercetin gefunden. Foerster fand 45,40, 46,47, 44,47%. Die Angaben von Foerster stimmen ziemlich gut mit den von mir für das lufttrockene Rutin gefundenen überein. Foerster gibt selbst nicht an, mit welchem Rutin er gearbeitet hat. Das Rutin-Üuercetin. Das bei der Spaltung des Rutins mit verdünnten Säuren erhaltene Quercetin wurde durch wiederholtes Umkrystallisieren aus verdünntem Alkohol gereinigt. Zu diesem Zwecke fügte ich zu seiner heiß filtrierten Auflösung in siedendem starkem Alkohol das 10 fache Yolum heißen Wassers zu, wodurch nach kurzer Zeit das Quercetin aus- zukrystallisieren anfängt, während die kleinen Verunreinigungen in der Lösung zurückbleiben. Das aus dem Rutin gewonnene Quercetin (Rutin- Quercetin) bildet ein schön gelbes, krystallinisches, aus nadeiförmigen Krystallen be- stehendes, geschmack- und geruchloses Pulver. Dasselbe ist in Wasser fast garnicht, in Aether und anderen organischen Lösungsmitteln sehr schwer, dagegen leicht löslich in siedendem Alkohol und Eisessig. In kohlensauren und ätzenden Alkalien löst sich das Rutin- Quercetin sehr leicht mit intensiv gelber Farbe. In alkoholischer Lösung liefert das Rutin- Quercetin mit alkoholischem Kali oder Natron und auch mit alkoholischer Kaliumacetatlösung einen gelben, krystaUinischen Niederschlag des entsprechenden Quercetinsalzes. In alkoholischer Lösung bildet das Rutin- Quercetin amorphe Niederschläge auch mit Bleiacetat: orangerot, mit Kupferacetat: schmutzig gelb, mit Aetz- 232 N. Waliaschko: Rutin. baryt: grünbraun. Mit Eisenchlorid gibt es keinen Niederschlag, wohl aber nimmt die Flüssigkeit eine intensiv dunkelgrüne, beim Erwärmen in Rot übergehende Farbe an. Die Färbung ist so intensiv, daß auch die Auflösung des Rutin- Quercetins in Wasser, obschon es darin fast unlöslich ist, sich durch Eisenchlorid noch dunkelgrün färbte. Das Rutin -Quercetin reduziert stark, sowohl Fehling'sche Lösung, als auch Silbernitratlösung. Durch starke Salpetersäure färbt es sich intensiv braunrot, schnell in Braun übergehend. Auch in starker Schwefelsäure löst sich das Rutin- Quercetin leicht zu einer dunkelorangefarbenen Flüssigkeit. Diese Färbung ist sehr intensiv; bei sehr starkem Verdünnen mit Schwefelsäure geht sie in rein Gelb über. Die sehr verdünnten Lösungen des Rutin- Quercetins in starker Schwefelsäure zeigen eine schwache blaugrünliche Fluorescenz. Die gesättigten Lösungen des Rutin- Quercetins in siedendem Eisessig werden durch starke Schwefelsäure und rauchende Salzsäure intensiv orange gefärbt; bei dem Erkalten liefern sie krystallinische, gelbe Niederschläge der Verbindungen des Quercetins mit den ent- sprechenden Säuren, sogenannte Oxoniumsalze. Salzsaures Rutin- Quercetin scheidet sich auch aus der alkoholischen, mit rauchender Salzsäure versetzten Lösung aus. Setzt man zu der alkoholischen Lösung des Rutin- Quercetins Platinchlorid, in Alkohol gelöst und hierauf rauchende Salzsäure, so scheidet sich ein ziegelroter Nieder- schlag, der Platin enthält, aus. Alle diese Verbindungen werden durch Wasser in Säure und Rutin -Quercetin zersetzt. Genau so wie das Rutin- Quercetin verhält sich gegen die ge- nannten Reagentien auch das aus dem Quercitrin dargestellte Quercetin. Bei einem direkten Vergleich der beiden Quercetine konnte ich keinen, irgendwie wesentlichen Unterschied, weder in den physikalischen Eigen- schaften, noch in dem Verhalten gegen Reagentien finden. Das Rutin- Quercetin schmilzt nicht ohne Zersetzung; es fängt bei 300° C an, sich dunkel zu färben; bei 310° C. bildet es eine dunkele Flüssigkeit. Ebenso verhält sich auch das Quercetin aus dem Quercitrin, wie ein Vergleichsversuch lehrte. ' Krystallwassergehait des Rutin-Quercetins. Das Rutin- Quercetin verlor über Schwefelsäure gar nicht an Gewicht, gab aber beim Trocknen im Wassertrockenschranke leicht sein Krystallwasser vollständig ab. Bei weiterem Erhitzen bis auf 130° C. konnte eine weitere Gewichtsabnahme nicht mehr bemerkt werden. Die Fähigkeit des Rutin-Quercetins, leicht sein KrystaUwasser zu verlieren, widerspricht den Angaben von Hlasiwetz (Wien. ak. N. Waliaschko: Rutin. 233 Ber. 3t), 408 [1859], sowie von Liebermann und Hamburger, nach welchen das Quercetin des Quereitrins nur bei 130° sein Krystall- wasser vollkommen verliert. Auch Herzig (Wien. ak. Ber. 89, II, 347 [18841) trocknete das Quercitrin-Quercetin in dem Anfange seiner Untersuchungen bei 130° C, doch zeigte er in einer zweiten Arbeit (Wien. ak. Ber., 92, II, 1032 [1885]), daß das Quercitrin-Quercetin sein Krystalhvasser bereits bei 110" verliert. Liebermann (Ber. 17,1682 [1884]) trocknete später das Quercitrin-Quercetin ebenfalls nur bei 110°. Nach Wachs (Diss. S. 19) verliert das Quercitrin-Quercetin sein Krystallwasser vollständig bereits bei 100° C, wobei es sich grünlich färbt. Dieser Farbenumschlag beim Trocknen wurde auch schon von Zwenger und Dronke beobachtet. Das Rutin- Quercetin nimmt beim Trocknen ebenfalls grünliche Farbe an, letztere ver- schwindet jedoch bei 1-30° C, um beim Erkalten wieder aufzutreten. Grün färben sich jedoch nur die oberen Schichten, die unteren erleiden in der Färbung keine Veränderung. Die Krystallwasserbestimmungen des Rutin- Quercetins wurden durch Trocknen im Wassertrockenschranke (bei 9.5 — 97° C.) aus- geführt: 1. 0,2276 g verloren 0,0230 g Wasser 2. 0,2510 „ n 0,0258 „ n 3. 0,2092 ., „ 0,0212 „ r) 4. 0,2568 ., „ 0,0256 „ n 5. 0,2566 „ „ 0,0260 „ Gefanden : n 1. 2. 3. 4. 5. HaO 10,10 10,28 10,13 9,97 10,13% Zum Vergleich wurde von mir unter denselben Umständen das Trocknen des Quercetins, das aus Quercitrin von E. Merck dargestellt war, ausgeführt. Hierbei wurde volle Uebereinstimmnng in dem Wassergehalt und in dem Farbenumschlage konstatiert. 0,2238 g des Qoercetins aus dem Quercitrin verloren 0,0228 g AVasser. Gefunden für das Quercetin Berechnet aus dem Ratin aus dem für im Mittel : Quercitrin : C15H10O7 -f 2 HgO : HaO 10,13% 10,19% 10,66%. Für das Quercetin aus dem Quercitrin war früher gefunden : von Wachs bei 100°: von Herzig bei ISO^: HgO 10,2% 9,30—9,87%. Hieraus geht hervor, daJS das Quercetin aus dem Rutin und aus dem Quercitrin, wie schon Wachs angibt, zwei Moleküle Krystallwasser enthalten: C15H10O7 + 2H2O, die bei 95 — 97° bereits abgegeben werden. n „ 0,0692 , „ « „ 0,0745 „ „ r : , 0,0762 „ „. Berechnet für 4. Ci5Hxo07: 59,42% 59,58% 3,70 „ 3,33 „. a für das bei 120*' getrocknete C und 3,65% H. 234 N. Waliaschko: Ratin. Es wurde das Rutin- Quercetin alkalysiert, welches bei 95—97° C. getrocknet war. 1. 0,2046 g gaben 0,4478 g COa und 0,0676 g HoO 2. 0,2252 „ „ 0,4894 3. 0,2312 „ „ 0,5028 4. 0,2306 „ „ 0,5024 Gefunden: 1. 2. 3. C 59,69 59,27 59,31 H 3,70 3,44 3,60 Zwenger und Dronke fanden Rutin- Quercetin im Mittel: 59,41% Für das Quercetin aus dem Quercitrin fand: Herzig: Wachs: C 59,46—59,96% 59,88 59,99% H 3,31- 3,52 „ 3,59 3,45 „. Die von den verschiedenen Forschern für Quercetin gefundenen Zahlen stimmen somit ziemlich gut mit der Formel C15H10O7 überein. Acetylderivat des Rutin-Quercetins. Das Acetylieren des aus dem Rutin gewonnenen Quercitrins wurde nach dem Verfahren von Liebermann und Hörmann (Ber. 11, 1619 [1878]), bezw. von Liebermann und Hamburger (1. c.) ausgeführt. Gleiche Teile Rutin- Quercetin und entwässertes Natriumacetat wurden mit vier Teilen Essigsäureanhj'^drid eine Stunde lang auf der Asbestpappe erhitzt. Die gelbe Farbe des Rutin-Quercetins verschwand bald; beim Erkalten erstarrte die Flüssigkeit zu einer weißen, krystaUinischen Masse, welche mit Wasser ausgewaschen und dann aus Alkohol und etwas Essigsäure umkrystallisiert wurde. Das Acetyl-Rutin- Quercetin löst sich nicht in Wasser; dasselbe ist schwer löslich in kaltem und leicht löslich in heißem Alkohol. Aus letzterem krystallisiert es in weißen, seideglänzenden, wasserfreien Nadeln. Dasselbe schmolz bei 191 — 192*' C; nach Herzig schmilzt Acetyl- Quercitrin-Quercetin bei 189 — 191°, nach Liebermann und Ham- burger bei 196—198°. 1. 0,2432 g des im Exsiccator getrockneten Acetylquercetins gaben 0,5236 g COa und 0,0964 g H2O. 2. 0,2424 g gaben 0,5226 g CO2 und 0,0924 g HgO. Gefunden: Berechnet für 1. 2. Im Mittel: Ci5H5 07(OC2H8)5: C 58,72 58,80 58,76% 58,58% H 4,43 4,26 4,34 „ 3,93 „. Gefanden für das Acetylquercetin aus Quercitrin: von Herzig: von Liebermann: C 58,39 58,77% 58,45 58,86% H 3,76 3,84 „ 4,02 3,91 „. N. Waliaschko: Rutin. 236 Um die Zahl der in das Molekül des Rutin-Quercetins ein- getretenen Acetylgruppen zu bestimmen, wurde das indirekte Ver- fahren von Liebermann (1. c.) benutzt. 1 g des exsiccatortrockenen Acetylquercetins wurde zu diesem Zwecke mit 3 — 4 Tropfen Alkohol befeuchtet und hieraut mit 10 ccm Säuremischung (aus 75 Teilen konzentrierter Schwefelsäure und 32 Teilen Wasser bestehend) über- gössen. Mit dieser Schwefelsäure, bei deren Zusatz die Substanz Orangefärbung annahm, wurde eine halbe Stunde lang im nicht ganz siedenden Wasserbade erwärmt, alsdann das Gemisch mit dem 8 fachen Volumen Wasser verdünnt, noch 2—3 Stunden lang im Wasserbade erwärmt und dann zur Abscheidung des Quercetins bis zum nächsten Tage stehen gelassen. Das ausgeschiedene Quercetin wurde auf einem gewogenen Filter gesammelt, sorgfältig ausgewaschen und bei 95 — 97 ° C. getrocknet. 1. 0,3856 g Acetylquercetin gaben 0,2262 g Quercetin. 2. 0,3052 g gaben 0,1794 g Quercetin. (iefunden: Berechnet für Gefunden von 1. 2. CibH6 07(OC2H8)6: Liebermann: Quercetin 58,66 58,78% 58,98% 58,62-58,87%. Um zu konstatieren, daß bei dem Acetylieren und Spalten des gebildeten Acetylquercetins das Quercetin an sich keine Veränderung erleidet, wurde das durch Spaltung des Acetylquercetins gewonnene Quercetin aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert und analysiert. 0,2800 g des aus Acetylquercetin erhaltenen Quercetins verloren beim Trocknen bei 95—970 c. 0,0286 g an Gewicht. Gefunden : Die früheren Bestimmungen im Mittel : HaO 10,21% 10,12%. 0,2514 g des getrockneten Quercetins gaben 0,5478 g COg u. 0,0776 g HgO- Gefunden: Frühere Analysen im Mittel: Berechnet für C16H10O7: C 59,43% 59,42% 59,58% H 3,45 „ 3,61 „ 3,33 „. Die Versuche, die Essigsäure im Acetylquercetin direkt zu bestimmen, gaben keine exakten Resultate. Die Spaltung wurde zu diesem Zwecke ebenfalls nach Liebermann, jedoch am Rückfluß- kühler, ausgeführt. Das Filtrat und Waschwasser wurden hierauf der Destillation im Dampfstrome unterworfen und in dem Destillate (IV2 — 2 /) schließlich die Essigsäure durch Titrieren mit °/ioo Kalilauge, Phenolphthalein als Indikator, bestimmt. 1. 0,5982 g des Acetylquercetins gaben 0,3357 g Essigsäure. 2. 0,5704 g gaben 0,2913 g Essigsäure. 3. 0,5228 „ „ 0,3009 „ Gefunden: Berechnet für 1. 2. 3. Ci5H5 07(OCaH8)5: Essigsäure 56,12 51,07 58,51% 58,61%. 236 N. Waliaschko: Rutin. Die zu niedrigen Zahlen erklären sich durch die Bildung einer geringen Menge von Essigäther aus dem zum Befeuchten des Acetyl- quercetins angewendeten Alkohol. Ohne Befeuchten mit Alkohol benetzt sich das Acetylquercetin mit Schwefelsäure sehr schwer, so daß die Spaltung nicht glatt eintritt. Die Ergebnisse der Analysen, sowie die quantitativen Bestimmungen des Quercetins und der Essigsäure zeigen, daß das aus dem Rutin gewonnene Quercetin, ebenso wie das aus dem Quercitrin dargestellte, ein Pentaacetylderivat: CibH5 07(OC2H8)5, bildet. Aethyiierung des Quercetins mittelst Jodäthyl. Das Quercitrin-Quercetin bildet, wie die Untersuchungen von Herzig gezeigt haben, ein weißgefärbtes Pentaacetylquercetin und ein gelbgefärbtes Tetraäthylquercetin. Das fünfte Hydroxyl des Quercitrin- Quercetins läßt sich nicht auf dem gewöhnlichen Wege alkylieren, wohl aber acetylieren. Das im letzteren Falle gebildete Acetyltetra- alkylquercetin ist ebenfalls weiß gef ärbt. Dieses eigentümliche Verhalten des Quercitrin- Quercetins mußte weitere Anhaltspunkte liefern, um das Rutin- Quercetin mit dem Quercitrin-Quercetin zu identifizieren. Die Aethyiierung des Quercetins mittelst Jodäthyls verläuft nicht glatt, indem sich dabei beträchtliche Mengen brauner Neben- produkte büden. (Herzig, Wien. ak. Bar. 89, II, 349 [1884]). Die besten Resultate (Ausbeute bis zu 73%) wurden von Herzig (Wien, ak. Ber. 97, IIb, 513 [1888]) unter folgenden Bedingungen erzielt: 12 g Quercetin wurden in 300 ccm absoluten Alkohol gelöst, die Auflösung mit 8 g Kalihydrat und der entsprechenden Menge Jodäthyl versetzt, und das Gemisch in einem Kolben am Rückflußkühler 4 bis 5 Stunden erhitzt. Hierauf wird das Kochen weiter, nach dem Zu- fügen von zweimal 4 g Kalihydrat und der entsprechenden Menge Jodäthyl, noch 4 — 5 Stunden fortgesetzt. Unter diesen Bedingungen wurde auch von mir die Aethyiierung des Rutin- Quercetins ausgeführt. Nach dem 4 — 5 stündigem Kochen des Gemisches aus Rutin-Quercetin, KOH, C2H6J' und Alkohol resultierte eine braune Flüssigkeit, die bei erneutem Zusätze von Kalihydrat wieder einen kanariengelben Niederschlag gab. Dieser Niederschlag bestand hauptsächlich aus dem Kaliumsalze des Triäthylquercetins, das selbst in heißem Alkohol schwer löslich ist. Beim Fortsetzen des Kochens mit Jodäthyl löste sich jedoch der größte Teil dieses zweiten Niederschlages wieder auf, und auch der dritte Zusatz von Kalihydrat rief dann die Bildung eines reichlichen Niederschlages nicht mehr hervor, da das Kaliumsalz des jetzt erhaltenen Tetraäthylquercetins sich leichter in heißem Alkohol löst. Nach 9 — 10 stündigem Kochen wurde zu der N. Waliaschko: Rutin. 237 heißen Flüssigkeit noch etwas Kalihydrat zugefügt, die Mischung bis zu dessen Auflösung erhitzt und hierauf erkalten gelassen. Das bei dem Erkalten ausgeschiedene gelbe Kaliumsalz des Tetraäthyl- quercetins wurde abgesogen, nacheinander mit Alkohol, Wasser, ver- dünnter Salzsäure und wieder mit Wasser gewaschen und schließlich aus Alkohol umkrystallisiert. Das durch Jodäthyl äthylierte Quercetin hält sehr hartnäckig jodhaltige Nebenprodukte fest, die sich sogar durch mehrmalige Umkrystallisation aus Alkohol nicht entfernen lassen. Es ist daher zweckmäßig das Aethylquercetin behufs Reindarstellnng nochmals in Alkohol zu lösen und von neuem als Kaliumsalz zu fällen. Das Kaliumsalz des Tetraäthylquercetins krystallisiert in gelben Nadeln; durch Wasser wird es leicht, unter Bildung von ziemlich reinem Aethyl- quercetin zersetzt, so daß letzteres leicht durch Umkrystallisieren aus Alkohol rein erhalten werden kann. Tetraäthylquercetin. Das Tetraäthylquercetin löst sich ziemlich schwer in kaltem Alkohol; aus heißem Alkohol krystallisiert es in sehr schönen Sphäro- krystallen, die aus seideglänzenden, konzentrisch gruppierten, langen, lichtgelben Nadeln bestehen. In Wasser ist das Tetraäthylquercetin unlöslich. Dasselbe schmilzt bei 121° C, nach Herzig bei 120 bis 122" C, Krystallwasser enthält dasselbe nicht. 0,1712 g des bei 95 — 97° C. getrockneten Aethylquercetins gaben 0,4178 g CO3 und 0,0968 g H3O. Gefunden: Berechnet für Cig He 07(03115)4: Gefunden von Herzig: C 66,56% 66,63% 66,41% H 6,32 „ 6,32., 6,22 „. Aus den ersten Muttei laugen, welche nach dem Umkrystallisieren des Aethylquercetins erhalten wurden, schied sich, neben einer kleinen Menge des ersteren, noch eine zweite Substanz aus. Durch mehrmaliges Umkrystallisieren und Auslesen der Krystalle wurden etwa 0,3 g gut aus- gebildeter Krystallkrusten erhalten, die aus gelben, viereckigen Prismen, die oft zu Kreuzen vereinigt waren, bestanden, und bei 116** C. schmolzen. 0,1700 g der bei 95—970 C. getrockneten Substanz gaben 0,4098 g COg und 0,0958 g HaO. Gefunden: Berechnet für Ci5H707(C3H5)3.Gi5H607(CaH6)4: C 65,74% 65,90% H 6,30 „ 6,01,,. Ueber die Natur dieser Substanz möchte ich folgendes anführen. Es ist von mir an anderer Stelle (Sitzungsbericht der Charkower Chemischen Gesellschaft, 1902) gezeigt worden, daß die Flavone doppel- polymere Moleküle zu bilden im stände sind. Nimmt man auch hier 238 N. Waliaschko: Ratin. ein aus Triäthyl- und Tetraäthylquercetin bestehendes Doppelmolekül an, so erhält man Zahlen, die den gefundenen ziemlich nahe stehen. Aus den braunen Mutterlaugen, welche nach der Fällung des Tetraäthylquercetins als Kaliumsalz resultierten, wurde der Alkohol abdestilliert und der Rückstand alsdann mit Salzsäure und Wasser ausgewaschen. Die dabei erhaltene harzartige Masse schied bei dem freiwilligen Verdunsten ihrer alkoholischen Lösung eine fast weiße Substanz aus, die aus Alkohol in kugeligen, gelblichweißen, aus mikroskopischen Krystallen bestehenden Aggregaten krystallisierte. Nach mehrmaligem Umkrystallisieren und Auslesen wurden etwa 0,4 g von einer Substanz erhalten, die bei 110° C, schmolz. 0,1794 g der bei 95—970 C. getrockneten Substanz gaben 0,4224 g COg und 0,0986 g H^O. ^^^^^^^^. C 64,21 % H 6,15 „. Auch über die Natur dieser Verbindung läßt sich vorläufig keine sichere Angabe machen. Es wurde oben angegeben, daß sich beim Aethylieren des Quercetins anfänglich Triäthylquercetin bildet. Es wird dies durch folgenden Versuch bestätigt. 2 g Quercetin wurden mit Kalihydrat und Jodäthyl anstatt 10 nur 5 Stunden gekocht; es bildete sich dabei eine Substanz, die dem Tetraäthylquercetin sehr ähnlich war. Die Analyse derselben: 0,1850 g des bei 95-970 c. getrockneten Aethylquercetins gaben 0,4464 g CO2 und 0,1024 g H2O. Gefunden: Berechnet für [C,5H707(C2H6)8-t- Ci5H807(C2H6)4]: C 65,81% 65,90% H 6,19 „ 6,01 „, zeigte aber, daß diese Substanz ein Gemisch des Triäthyl- und Tetra- äthylquercetins darstellte. Bei der Wiederholung des Aethylierens konnte aus diesem Produkt Tetraäthylquercetin erhalten werden. Das Aethylieren des Triäthylquercetins geht glatt, ohne Bildung brauner, harzartiger Nebenprodukte von statten, aber es bildet sich dabei eine kleine Menge eines noch nicht untersuchten, weißen, krystallisierbaren Produktes. Triäthylquercetin. Das Triäthylquercetin wurde in reinem Zustande durch drei- stündiges Kochen der alkoholischen Lösung eines Gemisches von Diäthyl- und Triäthylquercetin, welches bei der Verseifung des Acetyl- tetraäthylquercetins (s. unten) erhalten war, mit Kalihydrat und Jod- äthyl dargestellt. Aus dieser Flüssigkeit wurde es zunächst als Kaliumsalz ausgeschieden und, nach der Spaltung des Salzeg durch N. Waliaschko: Rutin. 239 Salzsäure, alsdann aus Alkohol umkrystalllsiert. In dem Aeuüeren und nach seinen Eigenschaften ist das Triäthylquercetin dem Tetra- äthylquercetin sehr ähnlich, nur erreichen seine nadeiförmigen, lichtgelben, seidenglänzenden Krystalle eine grijßere Länge. Bei dem langsamen Erkalten seiner alkoholischen Auflösung bildet sich manchmal eine sphärische Gruppe aus den konzentrisch vereinigten langen Nadeln, die den ganzen Boden bedeckt. Das Triäthylquercetin schmilzt 2** höher, als das Tetraäthylquercetin. nämlich bei 123 — 124° C. 0,1580 g des bei 95— 970C. getrockneten Triäthylquercetins gaben 0,3775 g COo und 0,0846 g IlaO. Gefunden: Berechnet für C15H7 07(03 Hsle: C 65,21% 65,26% H 5,99 „ 5,74 „. Der Zusatz alkoholischer Kalihydratlösung zu der heißen alkoholischen Lösung des Triäthylquercetins ruft sofort die Aus- scheidung der hellgelben Nadeln seines Kaliumsalzes hervor; beim Erkalten erstarrt die ganze Flüssigkeit, da die Ausscheidung des Salzes eine fast quantitative ist. Diese Krystalle wurden abgesaugt, mit wenig Alkohol gewaschen, im Exsiccator über Chlorcalcium und hierauf bei 95 — 97° C. getrocknet und analysiert. 0,4562 g des Kaliumsalzes gaben 0,3804 g Triäthylquercetin. Gefunden: Berechnet für CisHs 07(02115)8X2: Triäthylquercetin 83,38% 83,51%. Zur Analyse wurde das Salz mit salzsäurehaltigem Wasser ge- spalten und das ausgeschiedene Triäthylquercetin auf einem gewogenen Filter gesammelt. Die gefundene Menge des Triäthylquercetins stimmt mit der für ein Dikaliumsalz berechneten ziemlich gut überein. Acetyltetraäthylquercetin. Das Tetraäthylquercetin laut sich nach dem Verfahren von Liebermann leicht acetylieren (Herzig, Wien. ak. Ber. 89, II, 361, [1884]; 97, IIb, 514, [1888]. Zu diesem Zwecke wurden gleiche Teile Tetraäthylquercetin und entwässertes Natriumacetat mit 10 Teilen Essigsäureanhydrid eine Stunde lang im Kölbchen mit aufsteigender Röhre bis zu schwachem Sieden erhitzt. Beim Erkalten erstarrte das Reaktionsprodukt zu einer weiüen, krystallinischen Masse, die mit Wasser ausgewaschen und aus Alkohol umkrystalllsiert wurde. Das Acetyltetraäthylquercetin löst sich leichter in Alkohol, als das Acetylquercetin, und krystallisiert aus heißem Alkohol in seiden- glänzenden Nadeln, die nach ihrem Aussehen und der Gruppierung zu Sphärokrystallen dem Tetraäthylquercetin sehr ähnlich sind, sich jedoch von diesem durch ihre reinweLße Farbe unterscheiden. Aus 75 — 80%igem Alkohol krystallisiert es in feinen, schneeweißen Nadeln. 240 N. Waliaschko: Rutin. Seine alkoholischen Lösungen zeigen eine schwache blaue Fluorescenz, die etwas stärker in der Lösung in schwachem Alkohol hervortritt. Dasselbe schmilzt bei 152—153"' C, nach Herzig bei 151—152» C. 0,1408 g des bei 95—970 C. getrockneten Acetyltetraäthylquercetins gaben 0,3396 g COg und 0,0788 g HgO. Gefunden: Berechnet für Gefunden von Herzig: Ci5H507(C2H5)4(OC2Ha): G 65,78% 65,76% 65,60% H 6,26,, 6,18 „ 6,14,,. Die Bestimmung der Acetylgruppen wurde nach Liebermann durch Verseifung mit Schwefelsäure ausgeführt: 0,2216 g des bei 95 — 97° C. getrockneten Acetyltetraäthylquercetins gaben 0,2014 g Tetraäthylquercetin. Gefunden: Berechnet für Gefunden Ci5H507(C2H5)4(OC2H3): von Herzig: Tetraäthylquercetin 90,88% 90,79% 90,65%. Die Verseifung muß vorsichtig auf dem schwach siedenden Wasserbade ausgeführt werden, da bei dem Erhitzen in stark siedendem Wasserbade das Aethylquercetin zusammenschmilzt und außer der Acetylgruppe auch teilweise Aethylgruppen abgespalten werden. Die Analysen des Aethylquercetins, das im letzteren Falle bei der Verseifung des Acetyltetraäthylquercetins gewonnen wurde, gaben : 1, 0,1154 g Substanz, bei 95—97° C. getrocknet, lieferten 0,2688 g COg und 0,0602 g HgO. 2. 0,1680 g lieferten 0,3950 g COg und 0,0862 g HgO. Gefunden: Berechnet für 1. 2. Gi5H807(C2H5)3: Ci5H707(C2H6)3: C 63,53 64,12% 65,66% 65,26% H 5,83 5,74,, 5,06 „ 5,74,,. Diese Analysen zeigen, daß beim Spalten des Acetyltetraäthyl- quercetins bei zu hoher Temperatur Diäthylquercetin bezw. ein Gemisch aus Diäthyl- und Triäthylquercetin erhalten worden war. Vergleicht man die Ergebnisse der Untersuchung der Aethyl- derivate des Rutin- Quercetins mit denen von Herzig für das Quercetin aus dem Quercitrin, so findet man eine volle Uebereinstimmung. Das Rutin- Quercetin liefert ebenso ein gelbes Tetraäthylquercetin, das sich noch acetylieren läßt und weißes Acetyltetraäthylquercetin bildet. Was die Aethylierung an sich und die Bildung des von Herzig nicht beschriebenen Triäthylquercetins betrifft, so verläuft dieselbe nach meinen Versuchen auch bei dem Quercetin aus dem Quercitrin in des gleichen Weise, und zwar auch mit der Bildung des Triäthylquercetins als Zwischenprodukt. (Fortsetzung folgt.) A n ze ige n. '/i Seite zum Preise von M 50.— , '/•_> ^elte zum PiiMse von M 30.— ; '/«Seite zum Preise von M 20—; V« Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundsohrift ist Potit. Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — z. Z. 4200 — M 10.—. Kür Beilagen, welche nicht dem Format des „Archiv" entsprechen, bleibt besondere Vereinbai'ung vorbehalten. Veriiiij von FERDINAND ENKE in Stuttgart. Soeben erschien: Fischer, Dr'°B.. Lehrbuch der Chemie für Pfl JlTTTIfl 7AlTf ATI ^^'* besonderer Berücksichtigung der Vor- bereitung zum Gehilfen-Examen. Fünfte, vermehrte Auflage. Mit 115 in den Text gedruckten Holz- schnitten. 8". ]9Ü4. geh. M 15. — ; in Leinwand gebunden M 16.40. Signirapparat allein. Erfindung des Pharmazeut. J. Posplsll, Stefanan-OImütz. Unbezahlbar zum vorschriftsmässigen Signiren der Standgefässe, Schub- laden, Preisnotiren etc. liefert schöne, dauerhafte Schilder in allen vor- kommenden Grössen in schwarzer, rother und weisser Schrift. Muster gratis. Andere Signirapparate sind Nachahmungen. [3 Extr. Filicis Ph. G. IV. Frisch bereitet. Dr. Weppen & Lüders, Blankenburg a. Harz. SchNA^eisshemmend THEODOR HAHN'S FLUSSIGE FORMALINSEIFE Fl. a 250 gr. Mk.1.30 \durch die L ., ..1000^" " 3.0O /Apotheken,! JH.HAHN&Co.Sehwedha. 0. [5 ■^Mi4i»»«»ül5ik;«»wk«« -3! -3 Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,- . Alle Beiträge für das „Archiv" sind an die A.rch.iv - !Red.alition Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Brauuschweig, alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv -Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den Dentsdien Apothelier -Verein Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 4.3 einzusenden. -^tpmsr!|n«n«MTpjsw^^ Vierteljaliressclirift ^ s> ^ ^ s> ^ ^ ^ ^ ^ für praktische Pharmazie. Von dieser mit großem Beifall aufgenommenen Zeitschrift erscheint demnächst das zw^eite Heft. Wer noch nicht abonniert ist, dieses Heft aber pünktlich zu erhalten wünscht, wird gut tun, recht bald bei seinem Postamte zu abonnieren. Ein Bestellschein lag dem Probe- hefte bei. Jährlicher Bezugspreis 5 Mark (ausschl. Bestellgeld). /^ Chemische fabrik von IJcyDen Originalprodukte ,,HEYDEN" von uns in die Medizin eingeführt: Saücylsäure, salicylsaures Natrium, Salol, Creosotal, Duotal, Xeroform, Orphol, Acoin, Collargolum, Itrol, Solveol ptc. 6^js^ Nen: Salocreol, ..ji^^^-ö /Air üLilJcrlichen Behandlung rheumatischer Erkrankungen und skrofulöser Drüsenanschwellungen. z=z= Neu: Qebrauclisfertige Nährklistiere zzzzzz: nach Prof. Dr. Schmidt. Neu: Calodal-, lü\veil.ipraparat zur subkutanen und rektalen Ernährung, sowie pe ■ d.s. Wir liefern in bester Qualität AcetylsaÜCylsäUre in Substanz und als leicht zerfallende Tabletten, Guajacol, cryst. und liquid., salicylsaures Wismut, Benzonaphtol, Betol, Phenacetin, Lactophenin, Hexamethylentetramin, Diacetylmorphinum hydrochlor., Kalium sulfoguaiacolicum etc. Verkauf durch den Ofoss - Drog-enhandel. Druck von Denter & N'icolas, Berlin (J.. Neue Friedrichstrasse 43. ARCHIV DER PHARMAZIE herausgegeben Deutscilen Apotheker-Terein unter Redaktion von E. Schmidt und H. ßeckurts. Band 242. Heft 4. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1904. Ausgegeben den 9. 3Iai 1904. INHALT. Seit*» N. Waliaschko, Ueber das Rutin der Gartenraute (Ruta graveolens) (Schluß) 341 K, Dieterich, Zur Säurezahl des Kolophoniums 2S? H. Kunz-Krause, Ueber das Vorkommen aliphatisch-alicyklischer Zwitterverbindungen im Pflanzenreiche 25 > H. Kunz-Krause und P. Schelle, Ueber die Cyklogallipharsäure, eine neue, in den Galläpfeln vorkommende cyklische Fettsäure Tr ' E. Schmidt, Ueber das Citropten 28S H. Pommerehne, Ueber das Damascenin 295 O. Keller, Ueber das Damascenin 29') Eingegangene Beiträge. H, Thoms, Ueber das Matico-Oel. Derselbe, Ueber die Konstitution des Petersilienapiols und Dillapiols. A. Tschirch und O. Saal, Ueber das Colophonia-Elemi. Dieselben, Ueber Tacamahaca-Elemi. Dieselben, Allgemeine Betrachtungen über die Harze der Elemigruppe. Dieselben, Ueber das echte Tacamahac des Handels. (Geschlossen den 1. V. 1904.) -^aula;iki«g4^*iiW:«Wi«;i:4t^^ Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12- . Alle Beiträge für das „Archiv" sind an die A.rcliiv - I^edaktion Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig, alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv -Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den üeutsclxen A.i>otliiol<«i* -Verein Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43 einzusenden. sswwstpptJwr^^pJj^j^^ .yjj>«ppßjpjJY2fS'|fippppP'|f5pY^ \. Waliaschko: Rutin. 241 Methylierung des Qaercetins mittelst Dimethylsulfat. Da das Quercetin durch Jodalkyle nur schwierig alkyliert wird, wie die vorstehenden Versuche von neuem bestätigt haben, schien es von Interesse zu sein, das Verhalten des Quercetins gegen Dimethyl- sulfat zu prüfen. Nach einigen Vor versuchen wurde zu diesem Zwecke das folgende Verfahren ausgearbeitet. 4 g Quercetin wurden in 200 ccni heißem Methylalkohol gelöst, der halb erkalteten Lösung 8 g Dimethylsulfat und hierauf nach und nach 3,6 g Kaliumhydroxyd, in wenig Alkohol gelöst, zugefügt. Als die rotbraun gewordene Flüssigkeit wieder ihre anfängliche gelbe Farbe angenommen hatte, wurden noch einmal die gleichen Mengen von Dimethylsulfat und Kaliumhydroxyd zugefügt und die rotbraune Flüssigkeit hierauf bis zum nächsten Tage stehen gelassen. Hierbei schied sich aus der wieder licht gelb gewordenen Lösung ein krystallinischer Niederschlag aus, der aus Trimethyl- quercetin und methylschwefelsaurem Kalium bestand. Er wurde ge- sammelt, mit Wasser ausgewaschen und aus Alkohol umkrystallisiert. Von der Mutterlauge wurde hierauf der Alkohol bis auf ein kleines Volum abdestilliert und der Rückstand alsdann in Wasser gelöst. Die hierbei ungelöst gebliebene Masse wurde in heißem Methyl- alkohol gelöst; die Lösung lieferte beim Erkalten ein weiteres Quantum von Trimethylquercetin. Aus der Mutterlauge, die stark eingedampft wurde, schied sich außer einer kleinen Menge von Trimethylquercetin noch eine andere Substanz aus, die sich in Alkohol leichter löste und bei 200'' C. schmolz. Durch mehrmaliges Umkrystallisieren ließ sich letztere Substanz in zwei Körper trennen. Der eine schmolz bei 240° C. und schied sich in feinen, lichtgelben Krystallen aus, die beim langsamen Krystallisieren große Drusen bildeten, der andere dagegen in gelben, matten Nadeln, die bei 175° C. schmolzen. Wegen der geringen Menge, in welcher diese Verbindungen nur erhalten wurden, und der Schwierigkeit, die ihre Trennung darbot, wurden dieselben bisher nicht weiter untersucht. Auf Grund ihres höheren Schmelzpunktes läßt sich jedoch vermuten, daß es sich hierbei um weniger methylierte Quercetine handelt. Das Trimethylquercetin zeichnet sich durch seine geringe Löslich- keit in Methyl- und Aethylalkohol aus; es krystallisiert aus ihnen in glänzenden, lichtgelben Nadeln. Das in Alkohol gelöste Trimethyl- quercetin liefert mit Kalihydrat ein hellgelbes, gelatinöses Kaliumsalz, das durch Wasser leicht spaltbar ist. Das Trimethylquercetin schmilzt bei 154° C. 0,1828 g des bei 95—97" C. getrockneten Trimethylquercetins gaben 0,4204 g COa und 0,0780 g HaO. Arch. d. Pharm. CCXXXXII. Bds. 4. Heft. 16 242 N. Waliaschko: Rutin. Gefunden: Berechnet für Ci5H7 07(CH8)8: C 62,72% 62,77% H 4,77 „ 4,68 „. Pentamethylquercetin. Beim Zusammenmischen der heißen alkoholischen Lösungen des Trimethylquercetins und des Kaliumhydroxyds entsteht das Kaliumsalz des ersteren. Die Lösung wird hellgelb und erstarrt beim Erkalten zu einer G-allerte. Die gallertartige Masse wurde abgesaugt, mit wenig Alkohol gewaschen und über Chlorcalcium im Yakuumexsiccator ge- trocknet. Behufs Darstellung von Pentamethylquercetin wurde dieses trockene Salz in einer Porzellanschale mit einem kleinen Ueberschusse von Dimethylsulfat vorsichtig zerrieben*). Die Reaktion tritt hierbei bald ein, was schon durch das Verschwinden der gelben Farbe des Salzes bemerkbar ist. Am anderen Tage wurde alsdann die weißliche Masse, unter Erwärmen auf dem Wasserbade, mit Wasser behandelt, und die hierdurch ausgeschiedene weiße, voluminöse Substanz schließlich aus Methylalkohol einige Male umkrystallisiert. Das auf diese Weise gewonnene Methylierungsprodukt des Quer- cetins, das Pentamethylquercetin, krystallisiert in Gestalt von Körnern von rein weißer Farbe, die unter dem Mikroskope betrachtet, aus feinen, farblosen Prismen bestehen. Salzsäure vom spez. Gew. 1,19 färbt die alkoholische Lösung dieser Krystalle, sowie die Lösung der- selben "in Eisessig hellgelb; auch Schwefelsäure färbt die Lösung in Eisessig hellgelb. Diese gelben Lösungen zeigen eine schwache grüne Fluorescenz. Dimethylsulfat löst das Pentamethylquercetin beim Er- wärmen ebenfalls zu einer gelben, die grüne Fluorescenz zeigenden Flüssigkeit. Mit Salzsäure und Dimethylsulfat bildet es Oxonium- salze : orangegelbe Nadeln. Mit Kaliumhydroxyd liefert es kein Salz ; die alkoholische Lösung bleibt auf Zusatz von Kaliumhydroxyd fast farblos; die wässerige Kalilauge löst es sogar bei Siedehitze nicht. Das Pentamethylquercetin schmilzt bei 148° C. Bei 105° C. verliert es ein Molekül Krystallwasser. 0,1584 g Pentamethylquercetin verloren bei 105" C. 0,0082 g Wasser. Gefunden: Berechnet für Ci5H5 07(CH8)5 + H-aO: HaO 4,60% 4,62%. 0,1978 g getrocknete Substanz gaben 0,4668 g COg und 0,0952 g H3O. Gefunden: Berechnet für Ci5H5 07(CH8)6: C 64,36% 64,49% H 5,38 „ 5,41 „. *) Anm.: Man muß besonders die Augen vor den Dämpfen des Di- methylsulfats, die sehr ätzend wirken, schützen; auch die Einatmung dieser Dämpfe ist schädlich, da das Dimethylsulfat durch Feuchtigkeit unter Bildung von freier Schwefelsäure zersetzt wird. N. Waliaschko: Rutin. 243 Aus dieser Analyse geht hervor, daß diese Substanz wirklich ein Pentaiiiethylquercetin, Ci,iH5 07(CH8)8, das dem bereits früher bekannten Pentaäthylquercetin entspricht, ist. Spaltung des Quercetins mit KOH. Die Bildung von Phloroglucin und Protokatechusäure bei der Einwirkung des Alkali wird seit den grundlegenden Versuchen von Hlasiwetz als wichtiges Kennzeichen für das Quercetin betrachtet. Dieselben Produkte liefert beim Spalten mit Alkalien auch das Quer- cetin aus dem Rutin. Diese Spaltung wurde sowohl durch Schmelzen des Rutin-Quercetins mit Kalihydrat, als auch durch Oxydation desselben durch Lultsauerstofif nach Herzig (Wien. ak. Ber. 92, II, 1029, 1030 [1885]) bewirkt. Auch bei der Einwirkung von alkoholischer Kalilauge auf das Rutin- Quercetin wurden Phloroglucin und Protokatechusäure als Spaltungsprodukte erhalten. Die Identifizierung der Protokatechusäure erfolgte durch die Krystallform, den Schmelzpunkt und durch das Verhalten gegen Eisen- chlorid- und Natriumkarbonatlösung. Der Nachweis des Phloroglucins wurde durch die Fichtenspan- und die Vanillinreaktion erbracht. Die Spaltung des Rutin-Quercetins durch Aetzalkalien verläuft nicht glatt; sie ist begleitet von der Bildung beträchtlicher Mengen brauner Nebenprodukte, welche die Reinigung des Phloroglucins und Protokatechusäure sehr erschweren. Zucker-Spaltungsprodukte des Rutins. Nach der Spaltung des Rutins mit Mineralsäuren und dem Aus- krystallisieren des Quercetins resultiert eine zuckerhaltige Lösung, welche die Fehling'sche Flüssigkeit stark reduziert. Zur Gewinnung und Erforschung dieser zuckerartigen Spaltungsprodukte wurde das Rutiu durch einstündiges, bei späteren Versuchen durch halbstündiges Kochen mit l%iger Schwefelsäure zerlegt. Nachdem das Quercetin auskrystallisiert und abfiltriert war, befreite ich die Flüssigkeit von Schwefelsäure mittelst Baryumkarbonat, dampfte auf dem Wasserbade auf ein kleines Volum ein, filtrierte von dem abermals ausgeschiedenen Baryumkarbonat und -sulfat ab und dampfte schließlich bis zur Sirup- dicke ein. Der gelbliche Sirup wurde alsdann, nachdem er einige Tage ohne zu krystallisieren gestanden hatte, mit einem Kryställchen Rhamnose aus Quercitrin geimpft. Schon nach Verlauf von zwei bis drei Stunden fing sich hierdurch aus dem Sirupe reichlich Rhamnose, in schönen, mehr oder weniger großen KrystaUen, an auszuscheiden. Nach einigen Tagen, als die Krystalle aufgehört hatten, sich weiter zu vermehren, wurden sie abgesaugt und mit wenig 7.5%igem Alkohol ge- 16* 244 N. Waliaschko: Rutin. waschen. Die alkoholische Lösung des Sirups wurde wieder auf dem Wasseibade eingedampft, mit Rhamnose geimpft und von neuem der Krystallisation überlassen. Diese Manipulationen wurden noch einige Male wiederholt. Die so erhaltene Rhamnose wurde nacheinander aus Wasser, Alkohol und schließlich wieder aus Wasser so lange um- krystallisiert, bis sie sich in Wasser vollständig klar und farblos löste. Die aus dem Rutin erhaltene Rhamnose krystallisiert in gut aus- gebildeten, farblosen, glänzenden, oft ziemlich großen Krystallen, die angenehm süß schmecken und sich in Wasser und heißem Alkohol leicht lösen. Sie schmilzt bei 92 — 93" C, nach Li eher mann und Hör mann (Ann. 196, 326 [1879]) auch bei 92— 93" C. 0,2354 g der exsiccatortrockenen Rhamnose gaben 0,8404 g COg uud 0,1626 g HgO. Gefunden : Berechnet für Cg Hig Os -f Ha : C .39,44% 39,54% H 7,73 „ 7,75 „. Mit essigsaurem Phenylhydrazin liefert die Rutin-Rhamnose ein Osazon, das bei 181° C. schmilzt. Nach Fischer und Tafel (Ber. 20, 1091 [1887]) schmilzt Rhamnoseosazon bei 180° C. Die Rhamnose lenkt in wässeriger Lösung den polarisierten Lichtstrahl nach rechts ab, und zwar zeigt sie schwache Multirotation. Die bezüglichen Beobachtungen wurden im Halbschattenapparate von Laurent bei 20° C. in 1 dm langem Rohre ausgeführt. Das mit der Zuckerlösung gefüllte Rohr wurde während der Beobachtungszeit bei 20° C. in demselben dunkelen Räume aufbewahrt. Bei den einzelnen Bestimmungen wurde das Mittel aus je 12 Ablesungen genommen. Für die Lösung (0,8998 g Rhamnosehydrat in 10,6948 g Wasser), die 7,76 % Rhamnosehydrat enthielt, und ein spez. Gew. d^° = 1,0213 hatte, wurde gefunden : Zeit nach dem Lösen a [a]^ 30 Minuten + 0,600 o -f 7,571 o 14 Standen -j- 0,667 o + 8,416 o 24 „ + 0,6670 + 8,4160 48 „ + 0,7190 + 9,2720 3 Tage + 0,7110 -f 8,9770 5 „ + 0,6710 j^ 8,4860 6 „ + 0,6670 _|_ 8,4160. Die spezifische Drehung wurde nach der bekatsnten Formel berechnet: 100.« Von Schnell und Tollens (Ann. 271, 61 [1892]) wurde, 30 Minuten nach dem Lösen bei 20° C. und 10 ?o Gehalt, die spezifische Drehung zu +7,44° gefunden; nach 1 Stunde und 6 Minuten wurde N. Waliaschko: Ilutin. 245 sie konstant, und zwar für Rhamnosehydrat, C5H12O5 + H2O: -1-8,5°, für wasserfreie Kharanose: -]-■', 4."3°. Von wir wurde für Rhamnose- hydrat aus Rutin +^,-^-° und für wasserfreie Rhamnose + 0,40" gefunden. Die Erscheinung der Zunahme und alsdann der Abnahme der Drehkraft beobachtete auch Wachs (Diss., S. 26) bei Rhamnose aus Quercitrin. Am zweiten Tage fand er bei 17° C. die spezifische Drehung -f- 8,83°. Berücksichtigt man, daß die Rhamnosedrehung mit der Temperaturerhöhung um 1° um 0,035° abnimmt, so ist die von Wachs ermittelte spezifische Drehung bei 20° C. + 8,725°, was ziemlich gut mit obiger Bestimmung und mit der von Schnell und Tollens ausgeführten übereinstimmt. Beim Kochen des Rutins mit r2%iger Salzsäure befindet sich im Destillat Methylfarfurol, das mit Phloroglucin einen braunroten Nieder- schlag liefert. Auf dieser Reaktion basiert die quantitative Be- stimmung der Methylpentosen, welche von Votocek ausgearbeitet ist. Da mir nur ein Referat (Chem. Zentralbl. 1899, I, 642) dieser Arbeit, in welchem der Faktor zur Rhamnoseberechnung nicht angegeben ist, zugänglich war, so mußte ich selbst die Methode nochmals ausarbeiten und den Faktor ermitteln. Zu diesem Zwecke wurden drei Be- stimmungen mit exsiccatortrockener Rhamnose unter Versuchs- bedingungen ausgeführt, die den von Tollens und Krüger für Pentosebestimmung angegebenen ähnlich waren. 0,3 g Rhamnosehydrat wurde mit 100 ccm 12H%iger Salzsäure iu einem Kolben von 250—300 ccm Inhalt gekocht und das Destillat in einem Maßzyliuder gesammelt. Xachdem je 30 ccm abdestilliert waren, ließ ich durch einen Scheidetrichter wieder 30 ccm Salzsäure in den Kolben zufließen. Um das lästige Stoßen beim Sieden zu be- seitigen, tat ich einige Stücke poröser Tonteller in den Kolben und erhitzte dann im Asbest-Luftbade. Das Destillieren wurde so lange fortgesetzt, bis 400 ccm innerhalb von 5 Stunden übergegangen waren. Das Destillat wurde hierauf mit 0,2 — 0,3 g Phloroglucin, gelöst in Salzsäure, versetzt, mit Salzsäure von 12% auf 500 ccm aufgefüllt und 24 Stunden lang stehen gelassen. Der ausgeschiedene braunrote Niederschlag wurde alsdann auf einem gewogenen Filter gesammelt, mit 100 ccm Wasser ausgewaschen, bei 95 — 97° C. getrocknet und gewogen. Das Gewicht der angewendeten Rhamnose dividiert durch das Gewicht des erhaltenen Phloroglucids gibt alsdann den gewünschten Faktor. 1. 0,3028 g Rhamnosehydrat gaben 0,1454 g Phloroglucid 2. 0,.3072 „ „ „ 0,1656 „ 3. 0,3 L88 , „ „ 0,1732 „ Faktor = -^7-; ; — -r 246 K. Waliaschko: Rutin. 1. 2. 3. Mittel: 2,0826 1,8551 1,8406 1,93. Unter Anwendung von obigem Verfahren wurden für Rutin folgende Werte gefunden: 1. 0,9826 g des bei HO» getrockneten Rutius gaben 0,1016 g Phloroglucid. 2. 1,0586 g gaben 0,1210 g Phloroglucid. 3. 0,9422 „ „ 0,1122 „ „ 4. 0,9426,, „ 0,1236,, Gefunden: Berechnet für 1. 2. 3. 4. C27HB0O16: Rhamnosehydrat 19,96 22,06 22,98 25,31% 29,84*. Die gefundenen Zahlen stimmen nur annähernd mit den berechneten überein, immerhin zeigen sie, daß das Molekül des Rutins nicht mehr als ein Molekül Rhamnose enthält. (Vgl. S. 215.) Nach der Ausscheidung der Rhamnose verblieb noch eine be- trächtliche Menge eines Sirups, der sclieinbar ganz unkrystallisierbar war. Bei dem Auflösen dieses Sirups in heißem, starkem Alkohol blieb eine braungelbe, gummiähnliche Masse von widerlichem Geschmack ungelöst. Da die wässerige Lösung dieser Masse mit Schwefelsäure eine reichliche Menge von Baryumsulfat ausschied, versuchte ich das Baryum durch Einleiten von Kohlensäure zu entfernen, jedoch ohne Erfolg. Schwefelsäure schied zwar das Barjum aus, jedoch entstand beim Entfernen des Schwefelsäureüberschusses mit Baryumkarbonat wieder das anfängliche Baryum enthaltende Produkt. Die Beständigkeit dieser Baryumverbindung gegen Kohlensäure ließ die Gegenwart von zuckerscbv/etelsaurem Baryum vermuten. Diese Annahme wurde durch folgende Reaktionen bestätigt. Das gummiartige Produkt lieferte bei der Oxydation mit Salpetersäure direkt Baryumsulfat; beim Verdampfen mit einigen Tropfen verdünnter Salzsäure auf dem Wasserbade bildete sich Kohle, infolge der Ver- kohlung des Zuckers durch die frei gewordene Schwefelsäure; die Kohle, welche beim vorsichtigen Glühen im Tiegel erhalten wird, gibt mit Salzsäure auf Silberblech befeuchtet, einen dunkelen Fleck. Diese Reaktionen zeigen, daß das gummiartige, in Wasser leicht lösliche Produkt, Baryum und Schwefelsäure enthält. Das hier anscheinend vorliegende zuckerschwefelsaure Salz des Baryums geht in kleiner Menge auch in die Kry.stalle der Rhamnose über und kann daraus nur durch mehrmaliges Urakrystallisieren aus Alkohol und Wasser entfernt werden. In der Literatur befinden sich auch bereits Anhaltspunkte, daß die durch Spaltung der Glykoside mit Schwefelsäure erhaltenen Sirupe eine in Alkohol unlösliche Substanz enthalten, jedoch ohne Angaben ihrer Zusammensetzung. So gibt Wachs an, daß sich bei der Reinigung N. Waliaschko: Kutin. 247 der Rhamnose aus Quercitrin durch Lösen in Alkohol eine gelatinöse Masse ausscheidet, die beim Trocknen ein Pulver bildet. Auch Liebermann und Hörmann (Ann. 199, 324, [1879]) erhielten diese Substanz bei der Reinigung des Zuckers aus Xanthorhamnin mit Alkohol; sie beschrieben dieses Produkt als weißliche, sich zusammen- ballende, in Alkohol unlösliche Flocken. Ihrer Meinung nach verhindert diese Substanz sehr das Krystallisieren des Zuckers. Die Bildung der Zuckerschwefelsäure ist abhängig von den Versuchsbedingungen, sie tritt daher nicht immer in gleicher Menge auf. Die größte Menge von diesem Nebenprodukte erhielt ich in dem Sirnp, der bei der langsamen Spaltung des Rutins auf dem Dampfbade gewonnen wurde; bei der Spaltung durch Kochen mit Säure bildete sich nur eine kleinere Menge davon. Die zur Spaltung des Rutins angewendete Schwefelsäure bleibt allem Anschein nach auch nicht ohne Einwirkung auf das Quercetin. Die alkoholische Lösung des Sirups zeigte nämlich nach dem Ab- destillieren des Alkohols und Lösen des Rückstandes in wenig Wasser eine deutliche grüne Fluorescenz. Vermutlich findet die Bildung einer Sulfosäure des Quercetins statt, wenigstens zeigt Quercetin selbst, beim Lösen in konzentrierter Schwefelsäure eine ähnliche Fluorescenz. Die Sirupe, die durch Spalten des Rutins mit Salzsäure gewonnen waren, zeigten dagegen keine Fluorescenz. Mit der Bildung dieser Verbindung dürfte auch im Zusammenhang stehen, daß kleine Mengen des Quercetins, ungeachtet seiner ünlöslichkeit in Wasser, bei der Schwefelsäurespaltung stets in Lösung bleiben (siehe S. 230). Die Anwesenheit des Quercetins in jener Lösung wird nicht nur durch die gelbe Farbe der Sirupe angezeigt, sondern auch dadurch, daß beim Oxydieren des Sirups mit Salpetersäure sich eine kleine Menge einer Nitroverbindung bildet, die in dem Verhalten der Pikrinsäure*) ähnlich ist. Eine ähnliche Beobachtung hat auch Mandelin (Pharm. Ztschr. f. Rußland 1883 Jahrg., 329) bei der Untersuchung des Sirups ge- macht, der bei der Spaltung des Violaquercitrins mit Schwefelsäure gewonnen wurde. Mandelin nahm jedoch an, daß die Fluorescenz des Sirups von einer anderen Substanz herrührte, die er mit Chloro- form in geringer Menge aus dem Sirupe ausziehen konnte. Dieselbe war löslich ia Wasser und lieferte beim Zusatz von etwas Alkali eine bläuliche Fluorescenz. Die Beobachtung von Mandelin wurde auch von Wachs bestätigt, der die fluorescierende Substanz richtiger nur als eine Verunreinigung ansprach. *) Anm.: Durch dieses Verhalten des Quercetins finden die eigentümlichen Beobachtungen von Zwenger und Dronke über die Einwirkung der Salpetersäure auf Robininzucker eine Erklärung (siehe S. 221). 248 N. Waliaschko: Rutin. Glukose. Dei- durch wiederholtes Lösen in Alkohol gereinigte Sirup der zuckerartigen Rutinspaltungsprodukte konnte nicht zur Kr3'stallisation gebracht werden; bei sehr langem Stehen schied sich nur noch eine kleine Menge von Rhamnosekrystallen aus. Derselbe wurde daher direkt auf die Anwesenheit von anderen Zuckerarten geprüft. Die wässerige Lösung des unkrystallisierbaren Sirups gärte leicht mit Bierhefe. Nach Zwenger und Dronke gärt der Sirup aus dem Rutiu mit Hefe nicht. Die Gärungsfähigkeit des fraglichen Sirups, die Rhamnose nicht besitzt, wies auf die Anwesenheit eines anderen Zuckers hin. Zur Kennzeichnung desselben wurde ein Teil des Sirups in Wasser gelöst und mit der Lösung von essigsauren Phenylhydrazin versetzt. Nach- dem beim Stehen in der Kälte kein (Mannose) Hydrazon gebildet war, wurde das Gemisch auf dem Wasserbade Va Stunde lang erhitzt. Das ausgeschiedene Osazon wurde nach dem Erkalten abfiltriert, dem Filtrate noch die Lösung von essigsaurem Phenylhydrazin zugefügt und das Gemisch von neuem Va Stunde lang auf dem Wasserbade erhitzt. Auf diese Weise wurden mehrere Osazonfraktionen erhalten, von denen die letzten ziemlich stark braun gefärbt waren und im wesentlichen nur Rhamnoseosazon enthielten. Die erste, ziemlich reine Fraktion bestand aus einem Gemisch von Osazonen; sie schmolz bei 192 — 195 °C. Um sie zu trennen, wurde das Gemisch nach Will (Ber. 20, 1186 [1887]) mit heißem Aceton behandelt, in dem das Rhamnoseosazon sich leicht löst, Glykosazon aber sehr schwer löslich ist. Nach dem Erkalten wurde die Auflösung von dem ungelöst ge- bliebenen Teil abfiltriert, das Aceton von der Lösung ganz abdestilliert und die erhaltene braune Masse schließlich einige Male aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert. Auf diese Weise erhielt ich gelbe Nadeln des Rhamnosazons, die bei 181° C. schmolzen. Das Osazon, das im Acetone ungelöst geblieben war, wurde einige Male aus Alkohol, in dem es ziemlich schwer löslich war, umkrystallisiert. Es resultierte hierbei in gelben Nadeln, die bei 205° 0. schmolzen. Die Schmelzpunktbestimmung wurde gleichzeitig mit Glykosazon ausgeführt. In beiden Kapillaren schmolzen die Osazone in demselben Augenblick unter Bildung einer schwarzen Flüssigkeit. 0,1606 p des bei 95— 97o C. getrockneten Osazons gaben 0,3552 g COj und 0,0926 g HgO. 0,1488 g gaben bei 19° C. und 758 mm 2i0,5 com N. Gefunden: Berechnet für C6lIio04(N2H'C6H5)a: C 60,02% 60,28% H 6,45., 6,19 „ N 15,72:, 15,67 „. N. Waliaschko: Rutio. 249 0,1 g Osazon in 12 g Eisessig gelöst, lenkte den polarisierten Lichtstrahl in einem 1 dm-Rohr nach links um 0,770" ab. Eine genauere Ablesung des Drehutigswinkels konnte nicht ausgeführt werden, da die gelbe Lösung ziemlich wenig Licht durchgehen ließ. Nach E. Fischer dreht das Glykosazon unter diesen Umständen 0,85° nach links. (Tollens, Handb. d. Kohlenh. Bd. II, 132.) Nach Zw enger und Dronke zeigt der Sirup aus dem Rutin keine Drehung der Polarisationsebene. Um die von mir beobachtete Drehkraft des Sirups zu ermitteln, wurden 1,8602 g des bei 110" C getrockneten Rutins mit Salzsäure gespalten, das von dem Quercetin getrennte Piltrat mit Kaliumhydroxyd neutralisiert, alsdann ganz schwach mit Essigsäure angesäuert und auf ein kleines Volumen eingedampft. Die eingedampfte Flüssigkeit wurde mit frisch bereitetem Aluminiumhydroxyd geklärt und bis auf 50 ccm aufgefüllt. Auf diese Weise wurden 50 ccm einer Lösung des Rutin- zuckers erhalten, die nach der Berechnung enthielt: 0,5551g Rhamnosehydrat, CgHiaOs + HgO, und 0,6039 „ Glykosehydrat, CeHjaOe + HgO. Die Bestimmuug der Drehung vvurde in dem Laurent'schen Apparate, und zwar in 2 dm langem Rohr bei 20° C. aurgeführfc: Gefuiiden: Berechnet: a^ 1,190 1,240. Die Berechnung geschah unter der Annahme, daß die Drehkraft des Sirups die Summe der Drehkräfte der oben angeführten Mengen des Rhamnosehydrats und Glykosehydrats entspricht. [«Jd wurde für Rhamnosehydrat zu + 8,41(3°, für Glykosehydrat zu + 47,73° an- genommen. Die Untersuchung des Osazons lehrt, daß es mit dem Glykosazon identisch ist. Von den bisher bekannten Kohlenhydraten liefern das Glykosazon mit dem Schmelzpunkte bei 205 °C. nurMannose, Lävulose und Glykose (Dextrose). Die Anwesenheit der Mannose ist ausgeschlossen, da der fragliche Sirup in der Kälte kein Hydrazon mit essigsaurem Phenylhydrazin liefert, was für Mannose charakteristisch ist. Die Rechtsdrehung des Rutinsirups macht auch die Anwesenheit der Lävulose unwahrscheinlich. Es bleibt somit nur die Glykose übrig. Ihre Anwesenheit wird durch Bestimmung der Drehkraft des Sirups bestätigt und definitiv durch die Bildung der Zuckersäure beim Oxydier n mit Salpetersäure nach Gans und Tollens (Ann. 249, 215) bewiesen. 5 g dicken, nicht krystallisierbaren Sirups wurden in 25 ccm Salpetersäure vom spez. Gew. 1,15 gelöst und in einem Bechergläschen auf ein kleines Volumen eingedampft. Die erzielte gelbe Flüssigkeit, 250 N. Waliaschko: Rutin. die zum nächsten Tage stehen gelassen war, lieferte keine Krystalle von Schleimsäure, wodurch die Abwesenheit der Galaktose nach- gewiesen war. Das Oxydationsprodukt wurde daher mit Kalium- karbonat neutralisiert, die Lösung bis zur Sirupdicke eingedampft, mit Essigsäure angesäuert und au einem kühlen Orte krystallisieren gelassen. Die ausgeschiedenen Krystalle wurden abgesogen und mit Wasser, um oxalsaures Kalium zu entfernen, ausgewaschen, wobei eine kleine Menge von saurem zuckersaurem Kalium zurückblieb, welches durch mikrochemische Reaktionen nach Behrens (H. Behrens, Anleitung zur mikrochemischen Analyse der wichtigsten organischen Verbindungen, 4. Heft, S. 63 [1897]) weiter identifiziert wurde. Die gesättigte Lösung des Kaliumbisaccharats lieferte amorphe Niederschläge mit Silbernitrat und Bleiacetat, dagegen keine Nieder- schläge mit Salzen des Zinks, Cadmiums, Baryums, Strontiums und Calciums. Beim Zusatz von Essigsäure, nach vorhergegangener Neutralisation mit Natriumkarbonat und Einengen lieferte die Kalium- bisaccharatlösung die schwer löslichen Krystalle von Kaliumbisaccharat in Gestalt dicker, trapezförmiger Tafeln; mit Cäsiumchlorid bildete die Kaliumbisaccharatlösung Krystalle von Cäsiumbisaccharat: farblose, glashelle Tafeln, meist symmetrisch sechsseitig ausgebildet, mit stark hervortretender Zonenstruktur, und mit Thallonitrat bildete sich Thallobisaccharat in trapezförmigen oder langgestreckten Sechsecken. Zum Vergleiche wurde diese Reaktion auch mit Zuckersäure, die aus Rohrzucker dargestellt war, ausgeführt. Auffallender Weise gab der aus Rutin erhaltene Zuckersirup die Reaktion von Seliwanon (Ber. 20, I, 181 [1887]) auf Lävulose, die nach Neuberg (Ztschr. f. physiol. Chem. 31, 566 [1900]) überhaupt für Ketoseu charakteristisch ist. Die Reaktion wurde nach Vorschrift von Tollens (Handb. d. Kohlenh., Bd. 11, 132) ausgeführt. Einige Tropfen des fraglichen Sirups wurden in Salzsäure vom spez. Gew. 1,19, die vorher mit 2 Volum Wasser verdünnt war, gelöst, in diese Lösung einige Krystalle Resorcin eingetragen, und das Gemisch im Reagens- glase 1 — 2 Minuten im Wasserbade erhitzt. Hierbei trat eine anfangs schwache, bald jedoch intensiver werdende dunkelrote Färbung auf. Beim Erkalten schied sich aus der Flüssigkeit ein rotbrauner Nieder- schlag ab. Diese Reaktion wurde gleichzeitig mit der Lösung von Lävulose und mit drei Zuckersirupen verschiedener Darstellung aus- geführt. Der eine derselben wurde durch Spaltung des Rutins mit Schwefelsäure, Behandeln des quercetinfreien Spaltungsproduktes mit BaCOa und Reinigen desselben mit Alkohol erhalten, die zwei anderen waren durch Spaltung des Rutins mit Salzsäure und durch darauf- folgendes Entfernen der Säure in dem einen Falle mit Silberkarbonat, N. Wa)iaschko: Rutin. 261 in dem anderen durch Neutralisieren mit Natriumhydroxyd und schließliches Lösen in Alkohol, gewonnen. Alle drei Sirupe fingen bei der Sei iwano waschen Reaktion an sich fast gleichzeitig zu färben und gaben schließlich eine Rotfärbung, die der durch Lävulose hervor- gerufenen sehr ähnlich war. Diese Reaktion erhielt ich dagegen, wie ein Vergleichsversuch zeigte, nicht mit reiner Glykose, Rhamnose (aus Rutin) und mit einem Gemisch aus beiden. Diese Fähigkeit, die Seliwanow'sche Reaktion zu geben, konnte vielleicht durch die Anwesenheit von Antilävulose, die nach rechts dreht nnd auch Glykosazon liefert, erklärt werden. Dieser Annahme widersprechen jedoch einige ihrer Eigenschaften, da sie mit Hefe nicht gärt, sie beim Oxydieren mit Salpetersäure keine Zuckersäure liefert und ihr Osazon, in Eisessig gelöst, nach rechts dreht. Der Annahme, daß das Rutinmolekül drei Zuckermoleküle enthält, w^iderspricht die ElementarzusammeasetzuDg des Rutins, die bei der Spaltung desselben gefundene Quercetinmenge, sowie die Daten der Rhamnosebestimmung. Es bleibt dagegen noch die Möglichkeit, daß die Färbung mit Resorcin durch irgend ein bei der Rutinspaltung in geringer Menge gebildetes Nebenprodukt bedingt wird. Zur Lösung dieser Frage wurde die Seliwanow'sche Reaktion nebeneinander mit Lävulose und mit den Sirupen, welche aus Rutin, Quercitrin und Robinin durch hydrolytische Spaltung erhalten waren, ausgeführt. Der Sirup aus Quercitrin enthält nur Rhamnose, der aus dem Robinin Rhamnose und Galaktose. Bei allen vier Versuchen wurde annähernd die gleiche Färbung be- obachtet. Ein gewisser Unterschied war nur in der Schnelligkeit des Färbungseintritts, in der Intensität und in der Nuance der Färbung, sowie in der Menge des sich beim Stehen bildenden Niederschlages zu beobachten. Am schnellsten trat die Färbung gerade mit dem aus Quercitrin erhaltenen reinen Rhamnosesirup ein. Dieser Versuch beweist, daß die Seliwanow'sche Reaktion durch kleine Mengen von Nebenprodukten, die sich bei der Spaltung der gedachten Rhamnoside bilden, bedingt wird. Das Rutin selbst dürfte, außer Rhamnose und Glykose, keinen anderen Zucker bei der Hydrolyse liefern, die Spaltung dieses Rhamnoglykosides kommt daher durch folgende Formel zum Ausdruck: C27H3oOi6H-3H20 = C15H10O7 -j- C6HJ4O8 -}- CeHiaOe Rutin Quercetin Rhamnose Glykose. Ob sich in dem Molekül des Rutins die Rhamnose und die Glyko.-e getrennt oder in Gestalt einer Biose befinden, konnte bisher nicht ermittelt werden. Wie besondere Versuche gezeigt haben, enthält die getrocknete Gartenraute kein Enzym, welches das Glykosid spaltet 252 N. Waliaschko: Rutin. die Spaltung mit Säuren liefert aber immer nur Endprodukte. Auch gaben die Versuche das Glykosid zu acetylieren und zu methylieren bisher keine befriedigenden Resultate. Das Acetylieren des Eutins gelingt sehr leicht und quantitativ darch Kochen desselben mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetar. Beim Behandeln des erstarrten Reaktionsprodukts mit Wasser schied sich vollkommen weißes Acetylrutin ab. Letzteres bildet ein amorphes, weißes Pulver, das sich leicht in allen organischen Lösungsmitteln, außer Petroläther löst. Es konnte bisher nicht krystallinisch erhalten werden, und wurde daher vorläufig nicht näher untersucht. Das Methylieren des Eutins wurde mit Dimethylsulfat nach dem Verfahren, welches bei Trimethylquercetin beschrieben ist, ausgeführt. Die Methylierung geht auch ziemlich leicht von statten, aber die Reinigung des Reaktionsproduktes bietet große Schwierigkeiten. Dasselbe ist auch unkrystallisierbar, leicht löslich in Wasser und ver- ändert sich schnell an der Luft, indem es verharzt und sich in eine braune Masse verwandelt. Die Spaltung dieses methylierten Rutins mit Säuren verläuft ebenfalls nicht glatt, da hierbei braune harzartige Produkte auftreten. Die im vorstehenden niedergelegten Resultate sind das Ergebnis des ersten Teiles meiner Untersuchungen über das Rutin. üeber den Bau des Rhamno-Glykosids selbst und über die Umlagerungen, welche die sauren Eigenschaften des Quercetins bedingen, sind weitere Unter- suchungen im Gange. Sonstige Bestandteile der Gartenraute. Gelegentlich der Darstellung des Rutins wurde die Gartenraute beiläufig auch auf einige andere Bestandteile untersucht. Alkaloid. Ueber die Anwesenheit eines , allerdings in keiner Weise charakterisierten Alkaloids in der Gartenraute berichtet D ragen - dortf (Die Heilpflanzen, S. 351, Stuttgart [1898]). Zur Prüfung dieser Angabe wurde ein Liter des wässerigen Auszuges der Garten- raute, der nach der Ausscheidung des Rutins verblieben war, bis zur Sirupdicke eingeengt und mit 1 Liter Alkohol, der vorher mit Salz- säure angesäuert war, vermischt. Von dem filtrierten alkoholischen Auszuge wurde alsdann der Alkohol abdestilliert, der Rückstand mit salzsäurehaltigem Wasser verdünnt und filtriert. Das Filtrat zeigte Alkaloidreaktionen. Die Ausscheidung des fraglichen Alkaloids aus dieser Lösung erfolgte durch Fällung mit Wismutjodidjodkalium- lösung. Der erhaltene hellrote Niederschlag wurde gesammelt, mit N. Waliaschko: Rutin. 253 Wasser ausgewaschen, in Wasser suspendiert und in der Wärme mit Schwefelwasserstofif zerlegt. Es resultierte hierdurch eine braune Flüssigkeit, die, nach dem Entfernen des Schwefelwasserstoffs, einige Zeit mit Bleikarbonat digeriert wurde. Der Bleiüberschuß wurde hierauf wieder mit HaS und der Rest des Jodwasserstoffs, nach dem Verjagen des HgS, mit frisch bereitetem Silberchlorid entfernt. Die so er- haltene Salzsäurelösung vorsichtig eingeengt und schließlich im Exsiccator krystallisieren gelassen. Es krystallisierte jedoch nur Cblorkalium aus, welches durch x\lkohol beseitigt wurde. Die alkoholische Lösung wurde jetzt mit kaltgesättigter alkoholischer Sublimatlösung fraktioniert gefällt. Die minder reinen Fraktionen des Sublimatniederschlages zerlegte ich mit HgS. dampfte die erhaltene Flüssigkeit bis zur Sirupdicke ein, behandelte den Rückstand abermals mit Alkohol und fällte, von neuem fraktioniert, mit Sublimatlösung. Die gereinigten Fraktionen wurden, nach dem Zerlegen mit HgS, mit Groldchlorid fraktioniert ge- fällt. Die braunen Niederschläge, welche sich anfänglich bildeten, wurden abfiltriert, die späteren, rein gelb gefärbten aber gesammelt und aus salzsäurehaltigem Wasser umkrystallisiert. Auf diese Weise gelang es das Goldsalz in Gestalt von feinen, hellgelben, zu Drusen gruppierten Nadeln zu erhalten. Der Schmelzpunkt des Goldsalzes lag bei 260" C. 0,1562 g des bei 95—970 G. getrockneten Goldsalzes lieferten 0,0710 g Gold ond 0,1998 g AgCl. Gefunden: Au 45,44% Cl 31,63 „. Beim Lösen des Goldsalzes in Wasser schied sich eine sehr geringe Menge von Gold aus. Die kleine Menge der Substanz (ca. 0,-3 g) er- laubte jedoch nicht, sie weiter zu reinigen, daher sind die angeführten Zahlen nur als annähernde zu betrachten. Immerhin zeigen die er- mittelten Werte, daß es sich in der isolierten Base nicht um ein Alkaloid im eigentlichen Sinne, sondern vermutlich nur um Cholin handelt, dessen Golddoppelsalz 44,4% Au und 32,09% Cl enthält. Rutasäure. Da die wässerigen Auszüge der Gartenraute stark saure Reaktion zeigen, so wurde versucht, die betreffende Säure zu isolieren. Zu diesem Zwecke wurde 1 l Mutterlauge, nach Ausscheidung des Rutins, bis zur Sirupdicke eingeengt und mit salzsäurehaltigem Alkohol aus- gezogen. Aus dem alkoholischen Auszuge destillierte ich alsdann den Alkohol ab, verdünnte den Rückstand mit Wasser und schüttelte mit Essigäther aus. Bei dem Verdunsten hinterließ der Essigäther einen 254 N. Waliaschko: Eutin. sirupartigen , braunen Rückstand, der, in Alkohol gelöst, der Krystallisation überlassen wurde. Es schied sich jedoch aus dieser Lösung nur etwas Rutin aus. Auch die Versuche, diese Säure durch Ueberführang in das Bleisalz zu reinigen, hatten wenig Erfolg. Es resultierte nur eine klebrige, braune, stark sauer reagierende, harzige Masse, die sich schwer in Wasser und Aether, leicht dagegen in Alkohol löste. Mit den Lösungen von Silbernitrat, Bleiacetat, Baryum- hydroxyd, Kupfer- und Zinkacetat lieferte dieses Produkt amorphe Niederschläge. Auch über das Rutaharz lassen sich vorläufig wenig positive Angaben machen. Wie früher erwähnt, wird die Reinigung des Rutins durch ein grünes Harz, das sich jedoch später als eine weiße, nur durch Chlorophyll grün gefärbte Substanz erwies, sehr erschwert. Das Rutaharz ist fast unlöslich in Wasser; aus den heißen wässerigen Auszügen scheidet es sich mit dem Rutin in Gestalt einer amorphen grünen Masse aus. Dasselbe wurde aus dem Niederschlage mit Benzol ausgezogen und durch Umkrystallisieren aus Alkohol, in dem es in der Kälte schwer löslich ist, in feinen Nadeln gewonnen. Die heiß gesättigten Lösungen erstarren jedoch häufig beim Erkalten zu einer gelatinösen Masse, die bisweilen aus mikroskopisch kleinen Kjystalien besteht. Die cumarinähnliche Verbindung, die von Zwenger und Dronke in der Gartenraute beobachtet wurde, konnte von mir nicht isoliert werden, da das nach dem oben beschriebenen Verfahren dar- gestellte Rutin frei von dieser Substanz war. Dieselbe blieb in den Mutterlaugen. Bei Kochen derselben mit verdünnter Schwefelsäure entwickelte sich jedoch ein starker Geruch nach Cumarin, woraus hervorgeht, daß die cumarinähnliche Substanz sich in der Gartenraute wohl in Gestalt eines Glykosids vorfindet. Diese Arbeit wurde auf Veranlassung- von Herrn Professor Dr. Ernst Schmidt unternommen, und teils im Marburger pharmazeutisch-chemischen Institute, teils im pharmazeutischen Laboratorium der Charkower Universität ausgeführt. Ich möchte nicht verfehlen, Herrn Professor Dr. E. Schmidt für die Ueber- lassung des Themas, für die Unterstützung bei der Bearbeitung desselben, sowie für das liebenswürdige Entgegenkommen während meiner Tätigkeit im Marburger Institut, meinen besten Dank aus- zusprechen. K. Dieterich: Kolophonium. 265 Zur Säurezahl des Kolophoniums. Von Karl Dieterich-Helfenberg. (Eingegangen den 16. III. 1904.) In Heft 2, S. 106 (Fußnote) dieser Zeitschrift teilt A. Tschirch mit, daß er nunmehr gleich mir gefunden hat, daß die S.-Z. d, und S.-Z. ind. beim Kolophonium übereinstimmende Zahlen gibt, wenn man bei der Methode zur Feststellung der indirekten Säurezahl nach K, Dieterich darauf achte, daß bei gewöhnlicher Temperatur ge- arbeitet und kalt gelöst wird. Meine Originalvorschrift (s. Analyse der Harze, S. 113) lautet: „lg fein zerriebenes Kolophonium übergießt man mit 25 ccm alkoholischer "/a Kalilauge, läßt zwei Stunden — jedenfalls bis alles gelöst ist — verschlossen stehen und titriert mit °/2 H2SO4 zurück." Es ist in der Vorschrift weder etwas von Erwärmen der Lösung, noch etwas von einer Titration bei erhöhter Temperatur gesagt; Titrationen zur Säurezahlbestimmung sind ja selbstredend immer bei Zimmertemperatur auszuführen. Es hat also nicht an meiner Methode gelegen, sondern an Herrn Hager, dem Schüler Tschircha, welcher unberechtigter Weise abänderte und nicht übereinstimmende Zahlen erhalten mußte. Ich konstatiere nunmehr gerne die Ueber- einstimmung unserer Werte, nachdem genau nach meiner Methode gearbeitet worden ist. Das Stehenlassen der Lösung ist auch nur im äußersten Falle — d. h. bis zur völligen Lösung, die meist schon eher erfolgt ist — vorgeschrieben. In Bezug auf den theoretischen Wert der S.-Z. ind. möchte ich auf die schönen Arbeiten von Tschirch und Fahrion hinweisen, welche die S.-Z. ind. illusorisch erscheinen lassen, trotzdem sie in praxi — empirisch — sehr gut brauchbar ist und auch im D. A. IV Anwendung findet. Ich hofife, hierauf in den Helfenberger Annalen zurückzukommen. Helfenberg, den 1.5. März 19Ö4, 256 H. Kunz -Krause: Aliphat.-alicykl, Verbindungen. Arbeiten aus dem chemischen Institut der tierärztlichen Hochschule zu Dresden. Mitgeteilt von H. Kunz-Krause. 1. Ueber das Vorkommen aliphatisch-alicyklisclier Zwitterverbindungen im Pflanzenreich. Von Hermann Kunz-Krause. (Eingegangen den 25. III. 1904.) Bei der fabrikmäßigen Herstellung des Tannins aus Galläpfeln hinterbleibt als Destillationsrückstand des ätherischen Auszugs nach Entfernung der Gallussäure, Ellagsäure usw. eine durch Chlorophyll grün gefärbte, salbenartige Masse von eigentümlichem Geruch, welche sich in Alkohol, Chloroform, Eisessig und Benzol leicht löst und auf dem Wasserbade zu einer dankelgrünen Flüssigkeit schmilzt. In ver- dünnten Laugen ist diese Substanz vollkommen löslich. Säuren be- wirken von neuem die Ausscheidung einer flockigen, grünen Masse. Dieses Nebenprodukt der Tanningewinnung bildete das Ausgangs- material zur Gewinnung der weiterhin beschriebenen „Cyklogalliphar- säure". Dasselbe wurde mir, ebenso wie eine größere Menge der bereits vorgereinigten Säure in entgegenkommendster Weise von dem Hause E. Merck in Darmstadt zur Verfügung gestellt, welchem ich für die mir wiederholt gewordene bereitwillige Unterstützung auch an dieser Stelle meinen Dank ausspreche. Diese Säure ist nun in doppelter Hinsicht geeignet, ein besonderes Interesse zu beanspruchen: einerseits als ein bisher noch nicht beobachteter Bestandteil der Galläpfel und andererseits darum, weil in ihr der erste Vertreter einer neuen Gruppe natürlich vorkommender Pflanzenstoffe, nämlich der cykliscJien Fett- säuren vorliegen dürfte. Wie die im nachstehenden mitgeteilten. Untersuchungsergebnisse zeigen, vereinigt dieser Körper in sich den Charakter der aliphatischen Verbindungen, d.h. derPettkörpermit demjenigen der aromatischen, bezw. hydroar omatischen Verbindungen, d. h der Benzolreihe, welcher Umstand auch in der gewählten Benennung der Säure als „cyklische Galläpfel-Fettsäure" zum Ausdruck gebracht ist. Während nun einerseits der experimentelle Beweis für die Existenz- fähigkeit derartiger synthetisch gewonnener cyklischer Fettsäuren in den bezüglichen Arbeiten von Knoevenagei ') bereits vorliegt, waren 1) Ann. d. Chem. u. Pharm. 288 (1896), S. 334. 11. KuD^-Krause u. P. Schelle: Cyklogallipharsüure. 257 natürlich vorkommende Verbindungen mit derart iffem Mischcharakter bisher weder im Pflanzen- noch im Tierreich bekannt. Der durch die Untersuchung der Cyklogallipharsäure erstmalig geführte Nachweis der Existenz derartiger Verbindungen — zunäch.st im Pflanzenreich — dürfte nun aber für die Pflanzen- wie Tierphysiologie von Interesse sein und si);iterhin von Bedeutung werden. Es erscheint nicht aus- geschlossen, daß derartige aliphatisch- (hydro-) aromatische Misch- verbindungen eine allgemeinere Verbreitung im Pflanzen- und Tierreich besitzen. Es ist selbst nicht unwahrscheinlich, daß derartige aliphatisch -alicyklische Zwitter Verbindungen die vom Pflanzen- und Tierkörper zunächst — sei es direkt, sei es, unter gleichzeitiger Abspaltung der stickstoffhaltigen Molekular- komplexe, als Produkte regressiver Metamorphose der Eiweißkörper — gebildeten Ausgangsmaterialien darstellen, aus denen durch späteren Zerfall e i n e r s e i t s die eigentlichen Fettkörper und andererseits die rein aromatischen Stoffwechsel- produkte der vegetabilischen und tierischen Zelle entstehen^): ein Vorgang, welcher nicht zu verwechseln ist mit der hydrolytischen Spaltung der Glykoside und ähnlicher Ver- bindungen (Hippursäure u. a.), in im wesentlichen in der Mutter- verbindung bereits vorgebildete Komponenten. 2. Ueber die Cyklogallipharsäure, eine neue, in den Galläpfeln vorkommende, cyklische Fettsäure^). Von Hermann Kunz-Krause und Paul Schelle. Zur Reindarstellung der Cyklogallipharsäure wurde das in der vorhergehenden Mitteilung erwähnte Rohextrakt in Eisessig gelöst, wobei nur die Säure in Lösuni'' geht. Aus der vom ungelöst bleibenden Chlorophyll abfiltrierten Lösung scheidet sich die Säure in Krystallen aus, welche jedoch noch Essigsäure enthalten. Diese letztere scheint darin die Rolle des Krystallwassers zu spielen, denn die Krystalle gaben bei längerem Liegen an der Luft fast alle Essigsäure wieder 1) Eine ausführlichere Begründung dieser Auffassung behalte ich mir vor. 2) Auszug aus: Paul Schelle: Beiträge zur Kenntnis der chemischen Bestandteile der Eichengallen. Ueber die Cyklogallipharsäure, eine neue, in den Galläpfeln vorkommende, cykiische Fettsäure. Dissertation Basel, 1903, auf welche für eingehendere Orientierung hiermit verwiesen sei. H. Kunz-Krause. Aroh. d. Pharm. CCXXXXII. Bde. 4. Heft. 17 258 H. Kunz-Krause u. P. Schelle: Cyklogallipharsäure. ab. Die meist noch scliwach gefärbten Krystalle wurden zur Ent- fernung der letzten Spuren Farbstoff in Alkohol gelöst und längere Zeit bei ca. 30" mit Tierkohle digeriert. Aus der alkoholischen Lösung krystallisiert die Substanz in Form kleiner, glänzender, zu Bündeln vereinigter Prismen aus. Am geeignetsten zur Gewinnung schöner Krystallisationen erwies sich jedoch Petroläther, aus welcher Lösung der Körper in atlasglänzenden, zu kleinen Schuppen ver- einigten und fettig anzufühlenden Prismen erhalten wird. Die Substanz ist völlig unlöslich in Wasser, löslich dagegen in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol, Schwefelkohlenstoff, Petrol- äther und Eisessig. Die alkoholische Lösung zeigt deutlich saure Reaktion. Auf Zusatz von Wasser fällt daraus die Cyklogallipharsäure in weißen Flocken wieder aus, welche auf Zusatz von wenig Alkali leicht von neuem in Lösung gebracht werden können. Ebenso wird der Körper von wässeriger Kali- bezw. Natronlauge, und von Ammoniak zu neutral reagierenden Flüssigkeiten gelöst. Die neutralen Alkali- salze wurden derart gewonnen, daß die betreffende wässerige Alkali- lösung mit einem Ueberschuß der Säure digeriert und von dem un- gelöst gebliebenen Säureanteile nach dem Erkalten durch Filtration getrennt wurde. Alle diese Lösungen schäumen beim Schütteln stark und erstarren bei genügender Konzentration zu seifenleimähnlichen Gallerten. Säuren scheiden daraus die Verbindung mit ihren ur- sprünglichen Eigenschatten wieder aus. Die alkoholische Lösung hinterläßt auf Filtrierpapier nach Verdunsten des Lösungsmittels einen nicht verschwindenden Fleck. Die Verbindung teilt hiernach insoweit die Eigenschaften der eigentlichen, d. h. aliphatischen Fettsäuren. In den wässerigen, neutral reagierenden Lösungen der Alkalisaire der Cyklogallipharsäure bewirken die Salze der alkalischen Erd- wie der Schwermetalle charakteristische, meist farblose Fällungen. Von besonderem Interesse ist jedoch das Verhalten der Cyklogallipharsäure zu Ferri Chlorid. Versetzt man die neutrale, wässerige Lösung eines Alkalisalzes der Säure mit Ferrichlorid, so entsteht ein blaugefärbter Niederschlag, welcher von Alkohol zu einer schön blauviolett gefärbten Flüssigkeit gelöst wird. Ebenso nimmt die alkoholische Lösung der freien Säure auf Zusatz einer Spur Ferrichlorid sofort eine intensiv blauviolette Färbung an. Durch dieses Verhalten sind nun aber bekanntlich gewisse cyklische, d. h. aromatische Verbindungen, welche eine Hydroxylgruppe, und zwar meist in Ortho-Stellung *) enthalten, 1) Nickel, Die Farbenreaktionen der Kohlenstoffverbindungen, S. 66ff. H. Kunz-Krause u. P. Schelle: Cyklogallipharsäure. 259 charakterisiert. Hiernach erschien die Gegenwart eines analog zusammengesetzten cyklischen Atorakomplexes neben einem durch das im vorhergehenden mitgeteilte sonstige Verhalten angedeuteten aliphatischen Kerne im Molekül der Cyklogallipharsäure mehr als wahrscheinlich. Der weitere Vergleich der Cyklogallipharsäure mit den von Knoevenagel*) synthetisch gewonnenen Verbindungen zeigt nun aber weiterhin, daß für dieselben nicht nur eine Konstitutionsanalogie in der oben angedeuteten Richtung angenommen werden darf, sondern daß dieselbe, wenigstens bei einigen der von Knoevenagel künstlich dar- gestellten Verbindungen, durch die gleichen bezw. ähnliche Farben- reaktionen mit Ferrichlorid, wie auch durch ein analoges Verhalten — so unter anderem beim Erhitzen — zum Ausdruck kommt. Charakteristisch ist ferner auch das Verhalten der CyklogaDiphar- säure zu konzentrierter Schwefelsäure. Dieselbe löst sich darin nach Art der cyklischen Verbindungen farblos und unter Bildung einer auch in Wasser löslichen Sulfosäure. Die Cyklogallipharsäure schmilzt im Capillarröhrchen glatt bei 89° zu einer farblosen Flüssigkeit und auch beim Erhitzen über ihren Schmelzpunkt tritt unterhalb 200° anscheinend keine Zersetzung ein. Der Erstarrungspunkt liegt — als Mittel aus mehreren Beobachtungen — bei 64 — 65". Beim Erhitzen im trockenen Probierröhrchen ent- weichen anfangs aromatisch riechende, leicht entzündliche Dämpfe. Bei stärkerem Erhitzen, besonders unter Zusatz von Kaliumbisulfat, tritt ein intensiver Geruch nach A er olein ein. Dieses Auftreten von Acrolein führte zunächst zu der Vermutung, daß der aliphatische Komplex eine den aliphatischen Triglyzeriden, d. h. wirklichen Fetten analoge Konstitution besitzen könnte: eine Annahme, die jedoch dadurch widerlegt wird, daß es weder in wässeriger, noch in alkoholischer Lösung durch bloße Verseifung möglich war, Glyzerin aus dem Molekül der Säure abzuspalten, bezw. nachzuweisen. Der aliphatische Komplex der Säure enthält sonach weder einen in wässeriger, noch einen in alkoholischer Lösung verseifbaren, nach Art der Glyzeride konstituierten Rest. Da hiernach das beobachtete Acrolein nicht einem vorhandenen Glyzerinrest entstammen kann, so dürfte die hier zunächst in Frage kommende pjTOgene Entstehung dieses Spaltungsproduktes voraussichtlich auf die Anwesenheit einer C— CH = CH-Gruppe im Molekül der Säure zurückzuführen sein: eine AuLahme, für welche unter anderem auch die Additionsfähigkeit der Cyklogallipharsäure für Bromwasserstoff und Jod, wie auch ihr Verhalteu gegen Oxydationsmittel spricht. 1) Knoevenagel, Ann. d. Chem. u. Pharm. 288 (1896), S. 334. 17* 260 H. Kunz-Krause u. P. Schelle: Cyklogailipharsäure. Zur weiteren Charakterisierung der Cyklogailipharsäure mögen hier noch nachstehende Reaktionen eine Stelle finden: 1. Bromwasser wird durch die alkoholische Lösung der Säure entfärbt, und nach kurzer Zeit bildet sich ein krystallinischer, weißer Niederschlag. 2. Kaliumpermanganat wird durch die schwach alkalische, wässerige Lösung der Säure schon bei gelindem Erwärmen entfärbt. 3. Konzentrierte Salpetersäure färbt die Säure unter Stick- oxydentwickelung gelb. 4. Mit konzentrierter Schwefelsäure (1,84) und verdünnter Jodlösung tritt keine Färbung ein. (Reaktion von Gilson^). 5. In Chloroform gelöst und mit konzentrierter Schwefel- säure unterschichtet, tritt keine Färbung auf. (Cholesterin-Reaktion.) 6. Die Lösung in Essigsäureanhydrid nimmt auf Zusatz von kon- zentrierter Schwefelsäure erst nach längerer Zeit eine grüne Färbung an (Liebermann's Cholesterin-Reaktion). Zur Elementaranalyse wurde die über Schwefelsäure bis zum konstanten Gewicht getrocknete Säure verwendet. Die Substanz ent- hält kein Krystallwasser und ist stickstofffrei. Die Verbrennung erfolgte im Sauerstoffstrom mit vorgelegtem Kupferoxyd. 1. 0,2753 g lieferten 0,7560 g COg und 0,2623 g HjO. 2. 0,2760 „ „ 0,7579 „ » n 0,2660 „ „ 3. 0,2495 „ „ 0,6858 „ Gefunden : n » 0,2440 „ „ Berechnet für 1. 2. 3. Mittel C2iH3603 = 336: C: 74,90 74,89 74,94 74,91 75,00 H: 10,58 10,69 10,82 10,69 10,71 0: 14,52 14,42 14,24 14,39 14,29. Obige Formel: CaiHagOa entspricht, nach den Ergebnissen der Molekulargewichtsbestimmung mittelst der Raoult-Beckmann'schen Methode^) zugleich der wirklichen Molekulargröße der Verbindung. Als Lösungsmittel war nur Phenol verwendbar, da sowohl aus Benzol, wie aus Eisessig die Substanz schon vor dem Erstarren des Lösungsmittels spontan auskrystallisiert. 0,195 g Substanz verursachten in 20,459 g Phenol eine Depression von 0,220, Gefunden: Berechnet: M: 329,2 336. Eine weitere Bestätigung der berechneten Formel ergab sich aus der Analyse des Silbersalzes. Dasselbe wird erhalten durch Um- setzen der neutralen Lösung des Kaliumsalzes mit der äquimolekularen 1) Flückiger, Arch. d. Pharm. 228 (1890), S. 690. 3) Beckmann, Ztschr. f. physik. Chem. 7, III., S. 324. H. Kunz-Krause u. P. Schelle: Cyklogallipharsäure. 261 Menere wässeriger Silbernitratlösung. Es stellt ein weißes, licht- empfindliches, in Wasser und Alkohol unlösliches Pulver dar. 1. 0,5250 g hinterließen 0,1263 g Ag. 2. 0,2576 „ „ 0,0616 „ „ Gefanden: Berechnet für 1. 2. Mittel CaiHasÜgAg: Ag: 24,05 23,91 23,98 24,36. 3. 0,2175 g lieferten 0,4529 g COa, 0,1555 g HgO, und als Rückstand im Schiffchen 0,0525 g Ag. Gefunden: Berechnet für CsiHKOjAg: C: 56,78 56,89 H: 7,94 7,90 Ag: 24,14 24,36. Einen weiteren Beweis für die Richtigkeit des Molekulargewichtes lieferte die Bestimmung der Acidität der Cyklogallipharsäure durch Titration mit Vio N.-Natronlauge nach der Restmethode. 0,615 g der Säure erforderten zur Sättigung 0,04209 g Natrium. Gefunden: Berechnet: 336 336. Analog dem Silbersalz entsteht das Calciumsalz der Säure durch Fällung der neutralen Lösung des Kaliumsalzes mit der äquivalenten Menge Calciumchlorid. Dasselbe bildet einen weiUen, in Alkohol löslichen, amorphen Niederschlag und nach dem Trocknen ein eben- solches Pulver. Dasselbe enthält kein Krystallwasser. 0,3201 g gaben 0,0605 g CaSOi- Gefunden: Berechnet für ((^1113503)3 Ca: Ca: 5,55 5,63. Mit dem Nachweis einer Carboxylgruppe ist derart für zwei der im Molekül der Cyklogallipharsäure vor- handenen Sauerstoffatome die Art der Bindung einwandfrei erwiesen. Hinsichtlich des letzten Sauerstoffatoms lag es angesichts der oben erwähnten charakteristischen Ferrichlorid -Reaktion nahe, in erster Linie an die Gegenwart einer Hydroxylgruppe zu denken. ]für welche denn auch durch Gewinnung eines Monoacetylderivates der experimentelle Beweis erbracht werden konnte. Demgemäß ergab denn auch die der Vollständigkeit halber nach der Methode von Zeisel') ausgeführte Prüfung auf eine etwa vorhandene Alkoxylgruppe ein negatives Resultat. 1) Zeisel, Monatsh. f. Chem. 6 (1885), S. 989. 262 H. Kunz-Krause u. P. Schelle: Cyklogallipharsäure. -> Acylderivate der Cyklogallipharsäure. 1. Acetylderivat. Die zunächst versuchte Acetylierung der Cyklogallipharsäure nach dem von Liebermann') angegebenen Ver- fahren lieferte selbst nach dreistündigem Kochen von 3 g Säure mit 10 g Essigsäureanhydrid und 5 g entwässertem Natriumacetat lediglich die schon eingangs erwähnte molekulare Verbindung von Cyklogalliphar- Essigsäure. Anders gestalteten sich dagegen die Verhältnisse, als 3 g Säure mit 6 g Essigsäureanhydrid und 3 g entwässertem Natriumacetat während drei Stunden im Druckrohr auf 150^ erhitzt wurden. Das Reaktionsprodukt scheidet sich beim Eingießen in Wasser in Form eines braungetärbten Oeles ab. Zur völligen Entfernung des Essig- säureanhydrids wird dasselbe einige Stunden mit Wasser erwärmt und der wässerigen Flüssigkeit nach dem Erkalten der Körper mit Aether entzogen. Nach dem Trocknen mit Chlorcalcium hinterbleibt bei frei- williger Verdunstung der ätherischen Lösung eine braune, krystallinische Masse, aus deren mit Tierkohle entfärbter alkoholischer Lösung die reine Verbindung in weißen, langen Prismen mit dem Schmp. 71® krystallisiert. Die alkoholische Lösung dieses Reaktionsproduktes gibt zum Unterschied von der Säure mit Ferrichlorid keine Farbenreaktion mehr. In verdünnten Alkalien ist der Körper vollkommen löslich. 1. 0,2031 g lieferten 0,5426 g CO3 und 0,1855 g HgO. 2. 0,1462 „ „ 0,3904 „ „ „ 0,1388 „ , Gefunden: Berechnet für 1. 2. Mittel: C2iH88(C2H8 0)08: C: 72,86 72,82 72,84 73,01 H: 10,14 10,16 10,15 10,05. Diese Werte erhielten eine weitere Bestätigung durch die Analyse des Silbersalzes, welches auf Zusatz von Silbernitrat zu der neutralen Lösung des Natriumsalzes als weißer, amorpher, lichtempfindlicher Niederschlag erhalten wird. 1. 0,3400 g hinterließen beim Glühen 0,0749 g Ag. 2. 0,1896 „ „ n . 0,0416 „ „ Gefunden: Berechnet für 1. 2. Mittel: C2iH84(C2H8 0)08 • Ag: Ag: 22,02 21,94 21,98 22,29. Hiernach lag in diesem Reaktionsprodukt tatsächlich das Monoacetylderivat der Cyklogallipharsäure vor. — Da dieser Befund zugleich den experimentellen Nachweis der G-egenwart 1} Liebermann, B. B. 20 (1887), S. 1982. H. Knnz Krause u. 1', Schelle: Cyklogallipharsäure. 263 einer Hydroxylgruppe im Molekül der Säure einschließt, so ergeben sich für die Säure CaiHBeOß nunmehr die partiell aufgelösten Formeln: CjoHflsO COOH hezw. C2oHb4/o Seite zum E'reifte vnn M 30—; '/< Seite zum l'ieise von M20. -; '/^ Seite zum rreine von M 10.— . Die Gruudscliril't ist Petit. Beliage-Uehühr rür das Tausend der Autliigo — z. Z. 4200 — M 10.- . Kür Beilagen, welclie nicht dem Format des „Archiv" entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten. Verlag von Gustav F|8cherin^ Jena. Soeiieu crschii'ii: Statistische Vergleichstabellen zur praktischen Koprologie bei fieberlosen Patienten. Fiir Mediziner und Nahrungsmittel- cbemiker. Von Baron Dr. Oefele, praktiöcbPin Aizte für Dia'ietes- und andere Stofhvechstlkrauklieiteu z. Zt. Bad Neuenahr. Preis: 4 Mark. Schvweisshemmend THEODOR HAHN'S FLUSSIGE FORMAUA/SE/FE Fi.ä 250qr.Mk.1.30\duj ^ ^ ^ ^ für praktische Pharmazie. Von dieser mit großem Beifall aufgenommenen Zeitschrift erscheint demnächst das zw^eite Heft. Wer noch nicht abonniert ist, dieses Heft aber pünktlich zu erhalten wünscht, wird gut tun, recht bald bei seinem Postamte zu abonnieren. Ein Bestellschein lag dem Probe- hefte bei. Jährlicher Bezugspreis 5 Mark (ausschl. Bestellgeld). Chemische fabrik von ^ey9en Kädebeul-Dresöem Originalprodukte „HEYDEN" von uns in die IVIedizin eingeführt: Salicylsäure, salicylsaures Natrium, Salol, Creosotai, Duotal, Xeroform, Orphol, Acoin, Collargolum, Itrol, Solveol etc. (5^as^ Neu: Salocreol, _ju^-^ zur äußerlichen Behandlung rheumatischer Erkrankungen und skrofulöser Drüsenanschwellungen. :==. Neu: Gebrauchsfertige Nährlilistiere ■==l nach Prof. Dr. Schmidt. Neu: Colocliil- Eiweißpräparat zur subkutanen und rektalen Ernährung, sowie per os. Wir liefern in bester Qualität AcetylsaÜCylsSure in Substanz und als leicht zerfallende Tabletten. Guajacol, cryst. und liquid., salicylsaures Wismut, Benzonaphtol, Betol. Phenacetin, Lactophenin, Hexamethylentetramin, Diacetylmorphinum hydrochlor., Kalium sulfoguaiacolicum etc. Verkauf durch den Gross - Dpogrenhandel. Angefügt eine Beilage von S. Jonrdan-Frankiart a. H. Druck von Denter & Nicolas, Berlin C. Neue Friedrichstrasse 43. ARCHIV DER PHARMAZIE herausgegeben vom D eut sehen Ap otheker -Terein unter Redaktion von E. Schmidt und H. Beckurts. Band 242. Heft 5. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1904. Ausgegeben den 4. Juli 1904. INHALT. Seite 0. Keller, Ueber das Damascenin (Schluß) 321 H. Thoms, Ueber das Matico-Oel 328 Derselbe, Ueber die Konstitution des Petersilienapiols und Dillapiols . 344 A. Tschirch und 0. Saal, Ueber das Colophonia-Elemi von Colophonia Mauritiana 348 Dieselben, Ueber Tacamabaca-Elemi 352 Dieselben, Allgemeine Betrachtungen über die Harze der Elemigruppe 366 6. Korndörfer, Ueber das Isokreatinin 373 F. Flaecher, Ueber die Umwandlung des Ephedrins in Pseudoephedrin 380 N. Waliaschko, Ueber das Robinin 383 A. Tschirch und 0. Saal, Ueber das echte Tacamahac des Handels. . 395 Eingegangene Beiträge. B. Molle und H. Kleist, Yeronal. 6. Kalsner, Ueber Selbstreinigung einer eisenhaltigen Manganlösung. A. Segin, Nachweis des Kokosfettes. C. Hartwich und H. Winckel, Ueber das Vorkommen von Phloroglucin in Pflanzen. A. Rosenstiehl, Ueber die Gegenwart von Lecithin im Weine. E. Rupp und A. Bergdolt, Ueber eine titrimetrische Bestimmung der Erd- alkalimetalle. (Geschlossen den 25. VI. 1904.) ^;iukj^jli;k4iJt4iiuWtt^4ü4^i^^ Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,- . Alle Beiträge für das „Archiv" sind an die A-rch-iv - I^edalitioii Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig, alle die Ajizeigen u. s. w., überhaupt die Archiv -Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den Deutsclieii A.i>otli.©lier -Verein Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43 einzusenden. 0. Keller: Damascenin. 321 Verhalten des Damascenin-S gegen salpetrige Säure. 0,5 g des Damascenia-S wurden in möglichst wenig Wasser gelöst, der Lösung 5 Tropfen Salzsäure zugesetzt und eine kleine Menge Natriumnitrit dazu gegeben. Beim Umschütteln trat unter Aufschäumen und Entwickelung roter Dämpfe eine lebhafte Reaktion ein, wobei sich die Flüssigkeit milchig trübte. Diese Trübung wurde durch fein verteilte, mit der Lupe erkennbare ölige Tröpfchen ver- ursacht. Weitere Proben zeigten, daß die Ausscheidung nicht eintrat, wenn die Lösung der Säure stark verdünnt war. Die Mischung wurde nun mit Aether geschüttelt, worin sich die ausgeschiedene ölige Masse farblos löste. Nach dem freiwilligen Verdunsten des Aethers blieben farblose, feine, nadeiförmige Krystalle zurück, die ich aus ver- dünntem Alkohol umkrystallisierte. Der Körper löste sich sehr leicht in Alkohol, Aether und Essigester. In kaltem Wasser war er wenig löslich, dagegen löste er sich ziemlich reichlich und ohne Zersetzung in siedendem Wasser und krystallisierte beim Erkalten in farblosen Nadeln wieder aus. Der Schmelzpunkt der lufttrockenen oder über Chlorcalcium getrockneten Krystalle lag bei 150 — 152°. Eine Gewichts- abnahme fand bei längerem Stehen über Chlorcalcium nicht statt. Nach dem Reaktions verlaufe war anzunehmen, daß sich eine Nitrosoverbindung gebildet hatte. In der Tat gab der fragliche Körper sowohl die gewöhnliche Salpetersäurereaktion mit Schwefel- säure und Ferrosulfat, als auch die Nitrosoreaktion mit Phenol und Schwefelsäure. Bei der Elementaranalyse ergaben 0,0962 g 0,1820 g COg und 0,0470 g HaO. Gefunden: Berechnet für CöHioOsN— NO: C 51,59 51,43% H 5,59 4,76 „. Der Versuch beweist von neuem, daß sich das Stickstoffatom in dem Damascenin-S in sekundärer Bindung vorfindet. Einwirkung von salpetriger Säure auf salzsaures Damascenin. Zum Vergleich wurde der im vorstehenden beschriebene Versuch auch mit salzsaurem Damascenin ausgeführt, nachdem durch eine Vor- probe das Eintreten einer ganz ähnlichen Reaktion konstatiert war. Ich erhielt dabei feine, wenig rötlich gefärbte Krystallnadeln, deren Schmelzpunkt lufttrocken oder nach dem Trocknen über Chlorcalcium bei 151 — 152° lag. Sie lösten sich leicht in Alkohol, Aether und Essigester auf, schwerer in Wasser, üeber Chlorcalcium und Schwefel- säure nahmen sie nicht an Gewicht ab. Auch diese Verbindung lieferte die Nitrosoreaktion mit Phenol und Schwefelsäure. Ajch. d. Pharm. ÜCXXXXII. Bde. 6. Heft. 21 322 0. KelJer: Damascenin. 0,209 g über Chlorcalcium getrockneter Substanz lieferten bei der Verbrennung 0,3882 g CO2 und 0,0956 g H2O. Gefunden: Berechnet für CgHxoOsN — NO: C 51,69 51,43% H 5,22 4,76 „. Letztere Verbindung gleicht in allen Eigenschaften völlig dem aus Damascenin-S erhaltenen Nitrosokörper, ebenso in ihrer Zusammen- setzung, sodaß beide als identisch anzusehen sind. Es hat also auch hier neben der Bildung eines Nitrosokörpers zugleich eine Umlagerung des Damascenins stattgefunden, ebenso wie dies bei der Einwirkung von Jodmethyl und von Essigsäureanhydrid der Fall ist. Wie oben erörtert, ist mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daßbeiderAcetylierung des Damascenins und seines ümlagerungsproduktes die Acetylgruppe an das Stickstofifatom tritt. Nach den bisherigen Beobachtungen tritt eine Umlagerung des Damascenins immer dann ein, wenn das Stick- stoffatom durch die Reaktion beeinflußt wird. Dies kann bei der Einwirkung von Brom nicht der Fall sein, da das Damascenin und sein Umlagerungsprodukt hiermit zwei verschiedene Körper liefern. Ein vorläufiger Versuch, durch Kochen mit Kalilauge aus dem Nitrosokörper eine stickstofffreie Verbindung zu erhalten, führte nicht zum Ziele. Es konnte die Nitrosoverbindung unverändert aus dem Reaktionsprodukte zurückgewonnen werden. Durch die bisherigen Versuche war es gelungen, in dem Molekül der aus dem Damascenin durch Umlagerung entstandenen Verbindung, dem Damascenin-S, einige Atomgruppen nachzuweisen, durch welche die drei Sauerstoffatome und das Stickstoffatom in ihrer Bindungs- weise bestimmt wurden. Ferner zeigte es sich, daß die Umlagerung durch die wechselnde Bindung des Stickstoffatomes entweder allein verursacht oder wesentlich mitbedingt sein mußte. Es war zunächst experimentell festgestellt, daß in dem Molekül des Damascenin-S zwei Atome Sauerstoff als Karboxyl: COOH, das dritte als Oxymethyl: O-CHa vorhanden sind. Da weiter das Stickstoffatom in Gestalt der Gruppe — NH- CHs zugegen ist, so kann die Formel des Damascenin-S: CoHiiNOa, aufgelöst werden in: /O • CHs CeHs^-COOH NNHCHs. Um die Natur des Kohlenstofl"kernes Ce zu ermitteln, welcher in dem Damascenin enthalten ist, stellte ich eine Reihe von Versuchen an, ohne jedoch bis jetzt bei der Mehrzahl derselben diesen Zweck in befriedigender Weise zu erreichen. ü. Keller: Damascenin. 323 Nachdem Pommerehne bei der Oxydation des Damascenins mit Baryumpermanganat nur Oxalsäure, Ammoniak und Methylamin als £:reifbare Zersetzungsprodukte zu isolieren vermochte, versuchte ich die Oxydation mit Ferricyankalium in alkalischer Lösung. Der Erfolg war jedoch nicht der gewünschte. Es blieb hierbei ein großer Teil des Damascenin-S unverändert, während ein anderer Teil unter Bildung von Oxalsäure und Ammoniak zersetzt wurde. Beim Erhitzen mit Salzsäure, die bei 0" gesättigt war, auf 120" wurde aus dem Damascenin nur die Oxymethylgruppe in eine Hydroxylgruppe verwandelt. Das erhaltene Produkt CgHgNOs, HCl + HaO stimmte in seinen Eigenschaften mit der von Pommerehne dargestellten Verbindung (s. 296) überein. Bei der trockenen Destillation scheint die Karboxylgruppe des Damascenin-S abgespalten zu werden, wenigstens weisen die analytischen Daten, die ich bei der Untersuchung eines aus diesem Zersetzungs- produkte dargestellten Platinsalzes erhielt, darauf hin. Die Reduktion des Nitrosodamascenins mit Wasserstoff in st. nasc. lieferte Produkte, deren Studium noch nicht zum Abschluß gediehen ist. Durch Kochen mit Salzsäure wird das Nitrosodamascenin in Damascenin-S zurückverwandelt. Beim Schmelzen des Damascenins mit Harnstoff resultierten Ver- bindungen, die vielleicht weiteren Aufschluß über die chemische Natur dieser Base geben werden. Ich behalte mir vor, über diese und andere Versuche, welche ich mit dem Damascenin ausgeführt habe, in einer weiteren Abhandlung zu berichten. Verhalten des Damascenin-S bei längerem Sieden mit Jodwasserstoff- säure vom Sdp. 127°. Bei den verschiedenen Versuchen zur Bestimmung der Methoxyl- gruppen in dem Damascenin und in seinem Umlagerungsprodukte, dem Damascenin-S, hatte es sich gezeigt, daß eine weitere Abscheidung von Jodsilber-Silbernitrat stattfindet, wenn man die betreffende Substanz noch länger als bis zur Klärung der vorgelegten Silbernitratlösung mit Jodwasserstoffsäure erhitzt. In den Monatsheften für Chemie 1903, S. 707 ff., veröffentlichen Goldschmidt und Hönigschmidt eine Reihe von Versuchen, aus denen hervorgeht, daß auf die gleiche Weise außer den als 0— CH3 vorhandenen Methylgruppen auch solche, die an Stickstoff gebunden sind, zur Abspaltung und zum Nachweis ge- bracht werden können. Da nun Pommerehne gefunden hatte, daß bei der Oxydation des Damascenins mit Baryumpermanganat unter anderen Produkten Methylamin gebildet wird, so konnte daraus das 21* 324 0. Keller: Damascenin. Vorhandensein einer Methylgruppe am Stickstoff vermutet werden. Es war daher von Interesse, weiter festzustellen, ob es möglich sei, durch fortgesetztes Sieden des Damascenin-S mit Jodwasserstoffsäure dieses an Stickstoff gebundene Methyl ebenfalls als Jodmethyl zu eliminieren. Zu diesem Zwecke wurden 0,4021 g des wasserfreien Damascenin-S nach dem ZeisePschen Verfahren mit Jodwasserstoffsäure vom Sdp. 127" behandelt. Schon nach 3.5 Minuten trat Klärung der Silberlösung ein; der entstandene Niederschlag wurde daher gesammelt, in Jodsilber übergeführt und gewogen. Die Berechnung ergab 7,67% CHg. Gefunden: Berechnet (CHg als 0— CH3): CHs 7,67 8,28%. Es wurde nun sofort von neuem Silbernitratlösung vorgelegt und das Erhitzen noch weitere 23 Stunden fortgesetzt. Nach dieser Zeit mußte der Versuch unterbrochen werden, da die Flüssigkeit im Kölbchen bis auf ein ganz kleines Volumen verdunstet war und reich- liche Mengen von Joddämpfen sich zu entwickeln begannen. Die hierbei noch abgeschiedenen Mengen von Jodsilber-Silbernitrat, denen allerdings etwas Phosphorsilber beigemischt war, ergaben noch 0,6415 g Ag J. Aus der Gesamtmenge des erhaltenen Ag J = 1,1247 g berechnen sich also 19,79% CHg. Gefunden: Berechnet für 2 mal CH3: CHg 19,79 16,57%. Der gefundene Wert ist also etwas zu hoch, sodaß bei der an- haltenden Einwirkung von Jodwasserstoffsäure wohl noch tiefer greifende Zersetzungen stattgefunden haben müssen. Versuche, den unter obigen Bedingungen gebildeten entmethylierten ivörper zu kennzeichnen, waren bei der geringen Menge der vor- liegenden Substanz nicht von Erfolg. Ich konnte nur konstatieren, daß das Reaktionsprodukt, nach Entfernung des Jods, in salzsaurer Lösung mit Platinchlorid unter allmählicher Abscheidung kleiner braun- gelber Kryställchen reagierte. Immerhin ergibt "der Versuch eine Be- stätigung dafür, daß eine Methylgruppe am Stickstoff vorhanden sein muß, wie es das Verhalten des Damascenins und Damascenin-S gegen Permanganat, sowie gegen Jodmethyl wahrscheinlich machte. Um über den durch längere Einwirkung von Jodwasserstoff ent- standenen Körper Aufschluß zu erhalten, versuchte ich, dasselbe Ziel durch Erhitzen von salzsaurem Damascenin unter Druck zu erreichen. Zu diesem Zwecke schloß ich 1,0 g salzsaures Damascenin mit 10 com Jodwasserstoffsäure vom Sdp. 127° und einer starken Messerspitze voll rotem Phosphor in ein Ptohr ein, und erhitzte dasselbe 2 Stunden lang 0. Keller: Damascenin. 325 auf ir.O°. Nach dem Erkalten hatten sich große Mengen von farb- losen, nadeiförmigen Krystallen ausgeschieden, die sich auf Zusatz von Wasser lösten. Die Lösung wurde von dem überschüssigen Phosphor abfiltriert und etwas eingedampft. Die sehr bald sich ausscheidenden weißen, verfilzten Nadeln wurden nach dem Erkalten gesammelt und zwischen Tonplatten gepreßt. Der Körper schmolz lufttrocken bei 213 — 214 ^ In kaltem Wasser war er nicht vollständig löslich, beim Sieden trat Lösung unter gleichzeitigem Auftreten einer gelblichen Färbung ein. Nach dem Erkalten schieden sich kleine Kryställchen von weißer bis bräunlicher Farbe aus, die im Gegensatz zu dem ur- sprünglichen Körper kein Jod mehr enthielten. Demnach mußte durch das Erhitzen der Lösung zum Sieden Jodwasserstoff abgespalten sein; der Körper konnte also nur schwach basische Eigenschatten besitzen. Um die erhaltene Verbindung eingehender studieren zu können, suchte ich eine größere Menge derselben herzustellen, indem ich 5,0 g salzsaures Damascenin in entsprechender Weise mit Jodwasserstoff behandelte. Bei letzterem Versuche war jedoch, auch nach 7 stündigem Erhitzen auf 150—160°, keine Abscheidung von Krystallen zu bemerken, wie dieselbe bei dem ersten Versuche nach dem Erkalten des Rohres auftrat. Ebenso erhielt ich, als ich mehrere Rohre mit je 1,5 g salz- saurem Damascenin und 15 ccm Jodwasserstoffsäure in der gleichen Weise und in der gleichen Zeit wie oben behandelte, nach fünfstündigem Erhitzen nur in einem Rohre jene krystallinische Abscheidung, während die übrigen eine klare Flüssigkeit enthielten. Jene Krystalle, in denen ein jodwasserstoffsaures Salz vorlag, untersuchte ich daher zunächst für sich. Sie schmolzen lufttrocken bei 213 — 214°, ein Teil jedoch erst zwischen 220 — 224°. Aus dem unscharfen Schmelzpunkt, sowie aus dem Umstände, daß das Produkt beim Befeuchten mit Wasser einen intensiven Geruch nach Phosphorwasserstoff entwickelte, ging hervor, daß die Verbindung noch nicht in reinem Zustande vorlag. Da sie sich jedoch beim Versuch, sie durch ümkrystallisieren zu reinigen, unter Abgabe von Jodwasserstoff zersetzte, so suchte ich sie nur durch möglichst sorgfältiges Pressen zwischen Tonplatten von aller anhaftenden Mutterlauge zu befreien und untersuchte sie dann nach dem Trocknen im Exsiccator weiter, üeber Schwefelsäure nahm die Verbindung nicht an Gewicht ab. Beim Liegen an der Luft färbte sie sich nach und nach gelblich. Wurde die Verbindung mit Wasser zum Sieden erhitzt, so schied sich beim Erkalten ein jodfreier Körper ab, dessen Schmelzpunkt zwischen 240 — 260° schwankte. Zur Jodbestimmung löste ich den Körper unter Zusatz von Salpetersäure in Wasser auf urd fügte Silbernitratlösung 326 0. Keller: Damascenin. zu. Dabei färbte sich die Mischung schwarzbraun. Um das ab- geschiedene Jodsilber zu isolieren, dampfte ich das Gemisch zur Trockne ein, behandelte den Rückstand mit rauchender Salpetersäure, nahm ihn dann mit "Wasser auf und filtrierte schließlich das Jodsilber von der nur wenig gelblich gefärbten Flüssigkeit ab. 0,1732 g lieferten 0,1782 g AgJ = 55,59% J. Aus den in den übrigen Rohren enthaltenen Flüssigkeiten suchte ich das jodfreie Reaktionsprodukt zu isolieren, in der Hoffnung, dieses leichter als das Jodid in reinem Zustande zu erhalten. Ich dampfte daher die von dem überschüssigen Phosphor abfiltrierten Lösungen auf etwa ein Drittel ein, brachte den gelben Rückstand in einen Scheide- trichter und fügte Kaliumkarbonatlösung bis zur alkalischen Reaktion zu. Dabei färbte sich die Mischung rötlich, während sich ein weißer, krystallinischer Niederschlag abschied. Ich ließ nun zunächst die Flüssigkeit abfließen und wusch den Niederschlag zuerst im Scheide- trichter, dann auf einem Filter mit kaltem Wasser aus. worin sich nur sehr geringe Mengen zu lösen schienen. Die Krystalle wurden zwischen Tonplatten getrocknet. (Kjyst. A.) Die alkalische Flüssigkeit wurde dann noch vollständig mit Aether ausgeschüttelt, der Aether abdestilliert und der Rückstand der frei- willigen Verdunstung überlassen. Es resultierten etwas bräunlich gefärbte Blättchen, die ich zwischen Tonplatten trocknete. (Kryst. B.) Sie wurden ebenso wie die als A bezeichneten noch einmal aus heißem Wasser umkrystallisiert. Beide Körper lösten sich kaum in kaltem, leicht in siedendem Wasser, um sich beim Erkalten wieder abzuscheiden. In Alkohol und Aether waren sie leicht löslich. Eine Gewichtsabnahme fand über Schwefelsäure nicht statt. Der Schmelzpunkt beider Körper lag bei 170,5— 171°. 1. Von der 12 Stunden über Schwefelsäure getrockneten Verbindung A Ueferten 0,1440 g 0,3440 g COg und 0,0840 g H2O = 65,15 % C und 6,53 % H. 2. Die Verbindung B wurde in gleicher Weise behandelt; 0,2348 g lieferten 0,5632 g CO2 und 0,1376 g HgO ^ 65,42 % C und 6,55 % H. Gefunden: Berechnet für 1. 2. ^6^*CH2 >CH3 >CHa CH3 . ^ 0/ CH3 V ^ 0/ CH3 . ^ 0/ I CHO COOH CsHg Maticoäther Maticoaldehyd Maticosäure. 1) Ztschr. f. Krystallographie 22. 47 [1893]. 2) Ber. d. d. ehem. Ges. 16, 2841 [1883]. • 3) Bericht von Schimmel & Co.. Oktober 1898, S. 37. *) Ber. d. d. ehem. Ges. 35, 4347 [1902] und Inaugural-Dissertation Freiburg i. Breisgau von Konrad van Emster aus Aachen (Buch- druckerei E. Kuttruff, Freiburg L Breisgau 1903). 330 H. Thoms: Matico-Oel. Da bei gemäßigter Oxydation Fromm und van Ernster aus dem Maticoäther eine um die Gruppe CH2 reichere Säure, die Homomatico- säure, erhielten, so glauben sie für den Maticoäther die folgenden beiden Formeln diskutieren zu können: H H I >CH2 ' ! >CH<, CH3O. /O/ CH3O- /O/ CHä ^^^^ CH2 I I CH CH II II CH'CHgCHs CH3 — C — CHg Die Stellung der Substituenten im Benzolkern bezeichnen Fromm und van Ernster als willkürliche. Veranlassung für mich, eine Untersuchung des Matico-Oeles auf- zunehmen, war der folgende Umstand. Auf der letztjährigen Xaturforscherversammlung in Cassel habe ich in der Sektion Chemie über den von S emmier entdeckten Phenol- äther des Macisöles, das Myristicin, vorgetragen und berichtet^), daß ihm die nachstehende Konstitution zukommt: CHg — (^H.= CHg c^o^o 0-JcHa Ich habe diesen Phenoläther neben Apiol auch in französischem Petersilienöl auffinden^) und seine Identität durch das bei 130'' schmelzende Tetrabromderivat CH2— CHBr— CHaBr Br.^^Br CHgO^^O 0— CH3 mit dem Macisöl-Myristicin erweisen können. In der an meinen Vortrag sich anschließenden Diskussion hob Herr Prof. Fromm- Freiburg i. B. hervor, daß die Gewinnung eines gleichen Bromderivates aus französischem Petersilienöl nicht allein beweisend sei für das Vorhandensein von Myristicin darin. Er habe z. B. bei der Einwirkung von Brom auf den Phenoläther des Matico-Oeles eine Abspaltung von Kohlenstoff- und Sauerstoffatomen feststellen können (s. vorstehend). Ich konnte diesem Einwände Fromm's dadurch 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 36, 3446 [1903]. 3) Ber. d. d. ehem. Ges. 36, 3451 [1903]. II. Thoms: Matico-Oel. 331 begegnen, daß ich darauf hinwies, die Anwesenheit des Myristicins im französischen Petersilienöl könne auch durch die geglückte Ueberführung jenes in das gut krystallisierende Isomyristicin CH = CH-CH8 y\ CHso'^Jo 0— CHa lediglich durch die Einwirkung von alkoholischer Kalilauge auf die betreffende Fraktion des französischen Petersilienöles als erbracht gelten. Die von Fromm angenommene Abspaltung von 3 Kohlenstoff- atomen und 1 Sauerstoflfatom aus einem Phenoläther der Zusammen- setzung C14H18O4 lediglich durch die Einwirkung von Brom erschien mir jedoch so interessant, daß ich mich entschloß, diese Reaktion weiter zu verfolgen und zu erforschen. Ich habe daher diese Wirkung des Broms an einem Matico-Oel festzustellen gesucht, das mir von der Firma Schimmel & Co. geliefert wurde. Die genannte Firma schrieb mir, daß von der Matico-Oel-Fraktion, die Herr Prof. Fromm seiner Zeit untersucht habe, leider nichts mehr vorhanden sei. Das jetzige Matico-Oel habe aber ein sehr hohes spezifisches Gewicht, das wahr- scheinlich auf einen bedeutenden Gehalt an Phenoläthern zurück- zuführen sei*). Es ergab sich nun bei der Prüfung des mir von Schimmel & Co. übersandten Oeles, daß dieses mit dem Fromm-van Emster'schen Matico-Oele fast völlige Uebereinstimmung zeigte. Auch konnte ich die Identität der Hauptfraktion an einer mir von Herrn Professor Fromm freundlichst zur Verfügung gestellten Probe seines Matico- Oeles erweisen. Meine Untersuchungsbefunde beziehen sich daher zweifellos auf das gleiche Oel, wie es auch Fromm und van Ernster vorgelegen hat. Es ist mir nun möglich gewesen festzustellen, daß die Hauptfraktion des Matico-Oeles, welche Fromm und van Emster als Maticoäther bezeichnen, kein einheitlicher Körper ist, sondern aus mindestens 3, wahrscheinlich 4 verschiedenen Verbindungen besteht. Als wesentlicher Bestandteil des Matico- *) Anmerkung: Die Firma Schimmel & Co. hat mir auf meine Bitte eine Probe von Blättern übersandt, welche im Jahre 1902 zur Destillation von Matico-Oel benutzt wurden. Das Oel habe folgende Konstanten gehabt: di5 = 1,1437, aj3 =—00 20'. Es sei sehr wahrscheinlich, daß dieses Oel mit dem von Herrn Prof. Fromm untersuchten identisch sei. Mein hiesiger Kollege Herr Prof. Gilg hat die Freundlichkeit gehabt, die übersandte Probe Blätter zu untersuchen und sie für echte Maticoblätter, herstammend von Piper angustifolium Ruiz et Pav., erklärt. Th. 332 H. Thoms: Matico-Oel. äthers wurde eine Fraktion erkannt, deren Analyse Werte lieferte, die sich auf die Formel des Apiols beziehen lassen. Ebenso sprach der Ausfall einer Methoxylbestimmung für die Anwesenheit von Apiol. Als dann diese Hauptfraktion stark abgekühlt und mit einem Kryställchen Apiol geimpft v^-urde. schieden sich Krystalle ab, die nach dem ümkrystallisieren mit dem bei 30° schmelzenden Apiol aus Petersilienöl völlige Identität zeigten. Der flüssig gebliebene Anteil der Fraktion konnte durch erneutes Abkühlen nicht mehr zum Erstarren gebracht werden. Die Analyse ergab jedoch, daß er die Zusammensetzung des Apiols besaU. Ein aus dem flüssig gebliebenen Anteil dargestelltes Bromderivat zeigte die völlige Identität mit dem von Ciamician und Silber^) aus dem Dillöl isolierten, bei 110° schmelzenden Tribromdillapiol. Wurde der flüssig gebliebene Anteil mit alkoholischer Kalilauge längere Zeit gekocht, so konnte aus dem Reaktionsprodukt ein gut krystaUisierender Körper gewonnen werden, welcher sich als identisch mit dem von Ciamician und Silber aus Dillapiol erhaltenen, bei 44° schmelzenden Dillisapiol erwies. Es war somit die Hauptfraktion des Matico-Oeles in zwei isomere Körper, das Petersilienapiol und das Dillapiol zerlegt worden. CHa — CH = CH2 CH2-CH = CH2 CHgOl ^0 CHgO. ^0 O-JcHo 0— CHa Petersilienapiol. Dillapiol. Wurde das Gemisch dieser Apiole, also die Hanptfraktion des Matico-Oeles, nach Fromm und van Emster mit Permanganat oxydiert, so wurde eine bei 138—140° schmelzende Säure, wie auch die genannten Verfasser berichten, erhalten. Diese von ihnen Matico- säure genannte Säure ist aber kein einheitlicher Körper, sondern ein Gemisch aus der bei 151° schmelzenden Dillapiolsäure und der bei 17.5° schmelzenden Petersilienapiolsäure. In den ersten Fraktionen fand ich einen Kohlenwasserstoff auf, der beim Ab- kühlen auf — 18° erstarrte und einen dritten Phenoläther, welcher vermutlich zum größten Teil das Material zur Bildung des bei 116° schmelzenden Bromkörpers nach Fromm und van Emster geliefert hat. Da mir bei der Prüfung des Matico-Oeles das von mir seit 1) Ber. d. d. ehem. Ges. II. Thoms: Matico-Oel. 333 längerer Zeit vergeblich gesuchte Dillapiol unerwartet in die Hände gefallen war, habe ich nicht gezögert, die noch offene Frage nach der Konstitution dieses Körpers zu lösen. Es ist mir gelungen, Beweise für die oben mitgeteilte Konstitution des Dillapiols zu erbringen. Ich werde darüber in einem zweiten Artikel berichten. Experimenteller Teil. Zur Untersuchung gelangten 700 g eines von Schimmel & Co. in Miltitz bei Leipzig bezogenen Oleum Matico foliorum. Es war schwach gelbbraun gefärbt und von Maticogeruch. Spez. Gew. 1,1343 bei lü°. Zum Vergleich mit dem von Fromm und van Emster untersuchten Oele wurden 100 g nach den Angaben der Verfasser im Kohlensäurestrom fraktioniert. Es gingen über: 1. bis 270" = 1,9 g (etwas wasserhaltig), 2. „ 2820 = 17,1 „ . 3. „ 2860 = 46,0 „ ,- ^7 f, T > 4 2880 = 201 J gefärbte Flüssigkeiten, ö. Rückstand 14,9 „ (harzig). Den Geruch des Ausgangsmaterials besaß besonders Fraktion L la Fraktion 3 war er nicht mehr wahrnehmbar. Die Fraktionen 1 — 3 wurden durch fünfmaliges Fraktionieren im '^'akuum in die folgenden Fraktionen zerlegt: a) 130—1600 siedend 1 b) 160—1630 „ u • 1^ ri 1 ( H ^o .r. r. ; bei 14 mm Druck. c) 163—1660 d) über 167 o c) 163—1660 „ j Analysen: a) 0,2040 g Substanz: 0,5346 g CO3 und 0,1445 g HgO. 0,2020 „ „ 0,5309 , „ „ 0,1442 „ , (OCH3) nach Zeisel: 0,1848 g Substanz: 0,2422 g AgJ. b) 0,1623 g Substanz: 0,3951 g CO2 und 0,0961 g HgO. (OCH3) nach Zeisel: 0,1425 g Substanz: 0,2741 g AgJ. Berechnet für Fromm's Maticoäther Ci4Hi8 04: C 67,20 H 7,20 OCHs 24,80 Berechnet für Apiol C12H14O4 64,82 6,36 27,9. Fromm gefunden im Mittel: Thoms gefunden: a) b) C 67,22 H 7,05 OCHa 23,15—24,96 71,47 71,68 66,39 7,94 8,00 6,64 17,32 — 25,34. 334 H. Thoms: Matico-Oel. Von der Fraktion b wurden 2 g nach Fromm 's Vorschrift in ätherischer Lösung bromiert. Zur Entfernung der grünen Harzmasse wurde das Einwirkungsprodukt mit wenig Aceton gewaschen, der Körper schließlich fünfmal aus Alkohol umkrystallisiert. Er schmilzt, bei 109 — 110°. (Fromm's Bromkörper schmilzt bei llü°.) 0,2607 g Substanz: 0,2921 g COg und 0,0615 g HgO. 0,1885 „ „ 0,2358 „ AgBr. Berechnet für CnHiaOsBra Berechnet für (nach Fromm): Tribromdillapiol (Schmp. 110°): C 30,48 31,24 H 3,00 2,82 Br 55,42 52,06. Fromm gefunden: Thoms gefunden: C 29,85-30,39 30,56 H 2,49- 3,65 2,63 Br 54,7 —55,35 53,23. Aus Fraktion a wurde auf gleiche Weise ein Bromkörper erhalten^ dessen Schmelzpunkt bei 115" lag. 0,1100 g Substanz: 0,1420 g AgBr, d. i. Br = 54,95%. Das mir zur Untersuchung vorliegende Matico-Oel zeigte also, wie die vorstehenden Daten beweisen, ein gleiches Verhalten, wie das von Fromm und van Emster untersuchte Oel. Die geringen Unter- schiede sind, wie ich noch weiter erhärten werde, darauf zurück- zuführen, daß die von Fromm und van Emster für einheitlich gehaltene Hauptfraktion aus verschiedenen Körpern bestand, und daß daher je nach dem Mehr- oder Weniger-Gehalt an diesem und jenem Körper die Analysen der Fraktionen und der daraus dargestellten Bromderivate differieren müssen. Die Gleichheit des Fromm'schen Untersuchungsmaterials mit dem meinigen ging aber auch weiterhin daraus hervor, daß bei der Oxydation der Fraktionen b und c mit Permanganat eine Säure vom Schmp. 138—140** erhalten wurde, wie ihn Fr o min für seine Matico- säure angibt. Um die Hauptfraktion auf Allylgruppen zu prüfen, wurde das gleiche Verfahren eingeschlagen, wie es beim Myristicin und Apiol mit Erfolg benutzt werden kann. 8 g der Fraktion c wurden mit alkoholischem Kali in die Propenylverbindung umzulagern versucht; das als braunes Oel isolierte Umlagerungsprodukt war indessen nicht zum Erstarren zu bringen. Es wurde in alkoholischer Lösung mittels Natrium hydriert. Neben der Bildung eines Dihydrokörpers war hierbei eine Aufspaltung zu einem Phenol erfolgt. Der Dihydro- H. Thoms: Matico-Oel. 335 körper siedete bei 139—155° unter lü mm Drack, das Phenol bei 160—175° unter 14 mm Druck. Das Phenol wurde hierauf mit Dimethylsulfat methyliert und sein Verhalten gegen Salpetersäure geprüft, worüber mir von früheren Arbeiten her Erfahrungen zu Gebote stehen. Beim Behandeln des Phenoläthers in Eisessiglösung mit sehr verdünnter Salpetersäure in der Kälte entstand ein Nitrokörper, der nach zweimaligem Umkrystallisieren aus Alkohol bei 64—65° schmolz und bei der Analyse folgende Werte gab: 0,1153 g Substanz: 0.2400 g COg und 0,0734 g H3O. 0,0925 „ „ 4,9 ccm N bei 18« und 766,7 mm Druck. Berechnet für Ci2Hi7N06: Gefunden: C 56,42 • 56,76 H 6,73 7,18 N 5,50 6,10. Das Nitroprodukt zeigte volle Identität mit dem aus dem Apiol auf analoge Weise früher von mir dargestellten') (1) Propyl- (2,3,5) -trimethoxy- (4) nitro-benzol: CgH7 /NoCHs CHgol I0CH3 NO3 Eine Mischprobe aus diesem und dem aus dem Matico-Oele erhaltenen Nitrokörper erniedrigte den Schmp. 64 — 65° nicht. Hiermit war der sehr wichtige Hinweis gegeben, daß in der untersuchten Fraktion des Matico-Oeles Apiol ver- mutet werden durfte. Es wurde daher die Fraktion c auf —18° abgekühlt und mit einem kleinen Krystall Apiol geimpft; sie erstarrte zum Teil und wurde, da sie bei normaler Temperatur sich wieder verflüssigte, bei starker Kälte abgesaugt. Es hinterblieb hierbei eine kleine Menge Krystalle, die nach dem Umkrystallisieren den Schmelzpunkt 30° hatten, welcher im Gemisch mit Apiol sich nicht änderte. Um das Apiol aus der Fraktion in hinreichender Menge zur Analyse zu erhalten, wurde es in die höher schmelzende Iso-Form übergeführt. Zu dem Zwecke wurden 12 g (Fraktion c) durch 36 stündiges Kochen mit alkoholischer Kalilauge umgelagert, das isolierte Oel in eine Kältemischung gebracht und mit einem 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 36, 1718 [1903.] 336 H. Thoms: Matico-Oel. Kryställchen Isapiol geimpft. Die sich ausscheidenden Krystalle zeigten nach dem Umkrystallisieren aus Alkohol den Schmp. 5G° und erwiesen sich identisch mit Isapiol: 0,1929 g Substanz: 0,4594 g COg und 0,1037 g HaO. Berechnet für C6H(C3H5)(OCH3)2(02CHa): Gefunden: C 64,82 64,95 H 6,36 6,03. Die Hauptfraktion des Matico-Oeles enthält also Apiol. Auch die Hauptfraktion des von Fromm und van Emster untersuchten Matico-Oeles enthält Apiol, wie ich an einer mir von Herrn Professor Fromm freundlichst zur Verfügung gestellten kleinen Prqbe des von ihm untersuchten Oeles feststellen konnte. Es waren 10 g einer mir übersandten gelbbraunen Flüssigkeit von Maticogeruch. Das mit Aether verdünnte Oel wurde mit 2%iger Kalilauge geschüttelt, um freies Phenol und Fettsäuren abzuscheiden, sodann im Vakuum fraktioniert und in folgende zwei Fraktionen zerlegt: I. siedend bei 115 — 145° ) H. „ bis lüQO i ^^^«^ 11 °^^ l^^-'^^k. Die Fraktion H, welche die größere Menge bildete, wurde auf — 18° abgekühlt und mit Apiol geimpft. Die Fraktion erstarrte krystallinisch ; das abgesaugte und umkrystallisierte Produkt zeigte den Schmelzpunkt 30° für Petersilienapiol. Ein anderer Teil der Fraktion II wurde mit alkoholischer Kali- lauge umgelagert; die beim Abkühlen und Impfen mit Isapiol sich ausscheidenden Krystalle erwiesen sich als Isapiol vom Schmelzpunkt 56°. Durch das Auffinden des Apiols in der Hauptfraktion des Matico-Oeles erklärt sich zwanglos die Bildung der von Fromm und van Emster bei der Oxydation mit Kaliumpermanganat erhaltenen Säure C6H(OCH3)2(02CH2)COOH. Die Fromm'sche Maticosäure vom Schmelzpunkt 138° ist aber trotzdem nicht identisch mit der Petersilienapiolsäure, welche bei 175° schmilzt. Jene ist noch ver- unreinigt. Neben dem Apiol der Hauptfraktion hatte nämlich noch ein anderer Bestandteil derselben bei der Oxydation mit Permanganat eine Säure geliefert, welche der Apiolsäure isomer ist. Diese Ver- hältnisse konnten mit Sicherheit aufgeklärt werden, als eine größere Menge des Matico-Oeles zur Verarbeitung kam. 550 g Matico-Oel wurden nach Abscheidung von freien Phenolen und Fettsäuren in folgende Fraktionen zerlegt: H. Thoms: Matico-Oel. 337 I. Siedepunkt 100—1570 bei 12 mm Druck = 200 g. Durch achtmaliges Durchfraktionieren bei 12 mm Druck wurden hieraus gewonnen : a) Siedepunkt 80 bis ISO« ... 17 g ß) „ „ 1400 ... 18 „ T) « „ 1500 . . . 7 „ S) „ „ 1560 ... 14 „ i) Rückstand über 1560 siedend 140 „. II. Siedepunkt 157—1630 bei 11 mm Druck = 317 g. III. Rückstand. Weiter zerlegt in eine Fraktion vom Sdp. 135—1410 bei 4 mm Druck und abermaligen Rückstand. Untersuchung der einzelnen Fraktionen. Fraktion la. Spez. Gew. 0,9614 bei 17o. Die Fraktion blieb beim Abkühlen auf — 18° flüssig. 0,1444 g Substanz: 0,4475 g COg und 0,1409 g HaO. (OCHg) nach Zeisel: 0,2649 g: 0,0407 g AgJ. Gefunden: C 84,52, H 10,93, OCHg 2,03. Eine Prüfung auf Alkohol-, Aldehyd- oder Ketongruppen mit Phenylisocyanat und Hydroxylamin verlief resultatlos, ebenso ein Oxydationsversuch und die Bromeinwirkung. Fraktion Iß. Die Fraktion erstarrt bei — 18" vollkommen, die Krystalle zer- fließen jedoch schon wieder hei mehreren Graden unter Null und können daher nicht gewonnen werden. 0,2057 g Substanz: 0,6152 g COg und 0,2000 g HgO. (OCHg) nach Zeisel: 0,2378 g: 0,0916 g AgJ. Gefunden: C 81,57, H 10,89, OCHg 5,09. Die Fraktion liefert ein bei 122 — 123" schmelzendes Bromderivat, dessen Schmelzpunkt nach dem Umkrystallisieren aus Petroläther keine Aenderung zeigt. 0,1178 g Substanz: 0,1369 g COg und 0,0290 g HgO. 0,1382 „ „ 0,1968 „ AgBr. (OCHg) nach Zeisel: 0,2816 g: 0,1397 g AgJ. Gefunden: C 31,69, H 2,76, Br 60,56, OCHg 6,56. Die Fraktion wurde über metallischem Natrium im Vakuum destilliert. Sdp. 125—135° bei 11 mm Druck. Der Siedepunkt war also herabgesetzt. 0,1230 g Substanz: 0,3754 g COg und 0,1235 g HaO. (OCHg) nach Zeisel: 0,3266 g: 0,1016 g AgJ. Gefunden: C 83,24, H 11,25, OCHg 4,11. Aroh. d. Pharm. CCXXXXII. Bds. 6. Heft. 22 338 H. Thoms: Matico-Oel. Eine völlige Beseitigung des sauerstoffhaltigen Körpers war durch die Behandlung mit metallischem Natrium nicht erreicht worden. Da sich eine Scheidung des Gemisches, welches zweifellos vorlag, auf dem Wege der fraktionierten Destillation, als unmöglich erwies, wurde versucht, durch das verschiedene Verhalten der Körper gegenüber Lösungsmitteln eine Trennung jeuer zu erzielen. Hierbei stellte es sich heraus, daß beim Schütteln des Gemisches mit 98 % iger Essig- säure der sauerstofffreie Körper, der Kohlenwasserstoff, darin schwer löslich ist, während der sauerstoffhaltige Körper von der Essigsäure leicht aufgenommen wird. Der nicht von der Essigsäure gelöste Anteil wurde mit Wasser gewaschen, getrocknet und nochmals fraktioniert. Er siedet bei 121 — 130° unter 13 mm Druck und erstarrt beim Abkühlen auf —18". Der Versuch einer Methoxylbestimmung zeigte, daß der Körper methoxylfrei war. Ein Bromderivat ließ sich aus dem Körper nicht darstellen. 0,1108 g Substanz: 0,3500 g COg und 0,1253 g HgO. Gefunden: C 86,15, H 12,67, OCHg 0. Die noch vorhandene kleine Menge dieses Körpers ließ eine weitere Reinigung nicht m.ehr zu, und muß daher die Feststellung der Zusammensetzung und der Eigenschaften dieses Kohlenwasserstoffes — denn um einen solchen handelt es sich zweifellos — auf eine spätere Zeit verschoben werden, wenn eine reichlichere Menge Material vorliegt. Der von der Essigsäure aufgenommene Anteil der mit Natrium behandelten Fraktion Iß wurde nach dem Verdünnen mit Wasser und Absättigen der Essigsäure mit Natriumkarbonat mit Aether aus- geschüttelt und nach dem Abdestillieren des Aethers fraktioniert. Er siedet bei 125—140" unter 13 mm Druck. Das Destillat erstarrte beim Abkühlen nicht mehr. Brom in ätherischer Lösung lieferte einen Körper vom Schmp. 124°. 0,1204 g Substanz: 0,1320 g COg und 0,0212 g HgO. 0,0854 „ „ 0,1188 „ AgBr. Gefunden: C 29,90, H 1,97, Br 59,20. Fraktion I7. Es wurde ein Bromkörper erhalten vom Schmp. 117 — 120 ^ Dieser wurde beim Umkrystallisieren aus Aceton nicht verändert. Bei einer Krystallisation aus Alkohol wurden die zuerst und zuletzt ausgeschiedenen Krystalle gesondert von der Hauptmenge ge- sammelt. Alle drei Teile zeigten den gleichen unscharfen Schmp. 117 bis 120°. 11. Thoms: Matico-Oel. 339 Fraktion 15. 4 g dieser Fraktion wurden bromiert und das Broraprodukt achtmal aus Alkohol umkrystallisiert. Schmp. 115 — 116*. Auch beim Um- krystallisieren aus Benzol zeigte sich keine Aenderung des Schmelz- punktes. Die Annahme, daß vielleicht eine unvollkommene Bromierung des Körpers stattgefunden hatte, erwies sich als hinfällig, denn in Eisessiglösung nahm der Körper Brom nicht mehr auf. Der Rest der Fraktion lo wurde nochmals destilliert. Die bei 12 mm Druck bis 153° überdestillierenden Anteile lieferten folgende Analysenergebnisse : 0,1434 g Substanz: 0,3746 g CO2 und 0,1003 g H2O. Berechnet für C9H12O2: Gefunden: C 71,05 71,25 H 7,9 7,84. Ein aus dieser Fraktion dargestellter Bromkörper hatte den Schmp. 117—118°. Fraktion Is. Diese Fraktion erstarrte zum Teil beim Abkühlen und nach dem Impfen mit einem kleinen Krystall Apiol. Nach dem Umkrystallisieren der festen Anteile aus wasserhaltigem Alkohol resultierte Apiol vom Schmp. 30°. Fraktion II. Beim Abkühlen auf — 18° krystallisierte Apiol vom Schmp. 30° "heraus. Es wurden aus den 317 g der Fraktion 46 g Apiol erhalten. Der Rest war nicht mehr zum Erstarren zu bringen. Er wurde nochmals fraktioniert und in folgende Anteile zerlegt: o) Vorlauf bis 150° \ . n -r^ i ns T^ 1 .. i'r. -,- .n/^ . \ ( unter 9 mm Druck, ß) Fraktion 150— lo4° (Hauptmenge) / 7) Rückstand. Aus dem Rückstand schied sich nach einiger Zeit noch Apiol ab. Die Fraktion II ß lieferte bei der Verbrennung die folgenden Zahlen : 0,2457 g Substanz: 0,5923 g COg und 0,1353 g H2O. (OCH3) nach Zeisel: 0,1526 g: 0,3005 g AgJ. Berechnet für Apiol C]3Hi4 04: Gefucden: C 64,82 65,74 H 6,36 6,17 OCHg 27,9 26,02. Das Ergebnis der Analyse spricht dafür, daß in der Fraktion II ß der Hauptmenge nach ein Körper vorliegt, der noch die Zusammen- setzung des Apiols besitzt. Da diese Fraktion nicht mehr zum Er- 22* 340 H. Thoms: Matico-Oel. starren zu bringen war, mußte man daran denken, daß vielleicht das dem Petersilienapiol isomere Apiol vorliege, welches Ciamician und Silber') aas dem Dillöl isoliert haben. Dieses Dillapiol ist von den genannten Forschern durch ein Dillisapiol (Schmp. 44 — 45°), durch ein Bromdillapioldibromid (Schmp. 110°) und die Dillapiolsäure (Schmp. 151°) gut charakterisiert worden. Es wurden daher diese Verbindungen aus dem flüssig gebliebenen Anteil der Fraktion II ß darzustellen versucht. Darstellung des Dillisapiols: CH ^ CH — CHg ! cHgo ^^ CHgO ^s^J 0—' CHg. 30 g der Fraktion II ß wurden mit 75 g Kaliumhydroxyd und 200 g Alkohol 30 Stunden lang am Rückflußkühler gekocht, das um- gelagerte Produkt isoliert und fraktioniert. 1. Siedepunkt 155 bis 1600 \ 2. „ 160 „ 1640 [ unter 10 mm Druck. 3. „ „ 1680 ) Beim Abkühlen auf — 18° und Reiben mit dem Glasstab wurde nur 3 fest, 1 und 2 erst, als sie mit der erstarrten Fraktion 3 geimpft wurden. Die Krystallisationen lieferten nach dem Absaugen und Umkrystallisieren aus Alkohol lange Prismen vom Schmp. 44 — 45°, dem des Dillisapiols. Das Petersilienisapiol krystallisiert in Tafeln und schmilzt bei 56°. Ein ad hoc bereitetes Gemisch gleicher Teile des Dillisapiols und Petersilienisapiols schmolz zwischen 25 und 35°; ein Gemisch von 3 Teilen des bei 44 — 45° schmelzenden Körpers mit 1 Teil des bei 56° schmelzenden Petersilienisapiols erstarrte, einmal geschmolzen, auch nach mehreren Tagen nicht. 0,1557 g Substanz: 0,3712 g COg und 0,0869 g H^O. Berechnet für C12H14O4 (Dillisapiol): Gefunden: C 64,82 65,02 H 6,36 6,26. Darstellung des Bromdillapioldibromids: CHg-CHBr— CHgBr CHgO /\ Br CHsO l^^ 0—' CHg. 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 29, 1800 [1896]. 11. Thoms: Matico-Oel. 341 3 g der Fraktion II ß wurden bromiert und das Bromprodukt aus Alkohol umkrystallisiert. Es wurden bei 109—110° schmelzende Krystalle erhalten. 0,2761 g Substanz: 0,3133 g (Oa und 0,0664 g IlgO. 0,1711 „ „ 0,2106 „ AgBr. Berechnet für CiaHi804Br8: Gefunden: C 31,23 30,95 H 2,86 2,69 Br 52,05 52,38. Darstellung der Dillapiolsäure: CHgO CUOII O—CHg. 5 g der Fraktion II ß wurden mit Kaliumpermanganat in der von Ciamician und Silber beschriebenen Weise oxydiert. Hierbei wurde eine Säure erhalten, die anfänglich bei 139—140° schmolz. Nach zwölfmaligem Umkrystallisieren wurde der Schmelzpunkt schlieUlich auf 151° hinaufgerückt, welcher bei nachfolgendem dreimaligen Umkrystallisieren aus Alkohol konstant bleibt. Nach Ciamician und Silber schmilzt die Dillapiolsäure bei 151°. Das bei 139—140° schmelzende anfängliche Produkt ist zweifellos wohl noch mit etwas Petersilienapiolsäure verunreinigt, die erst allmählich beim Um- krystallisieren beseitigt wird. Auf eine Analyse der von mir dar- gestellten Dillapiolsäure wurde verzichtet. Rückstand von der Fraktion III. Aus diesem Rückstand schieden sich nach mehrwöchentlichem Stehen Krystalle ab, die durch ihren Schmp. lei 30° als Petersilien- apiol charakterisiert werden konnten. Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung. 1. In dem von mir untersuchten Matico-Oel konnten vier ver- schiedene Körper nachgewiesen werden: a) ein Kohlenwasserstoff, der bei 121 — 130° unter 13 mm Druck siedet und bei — 18° erstarrt. b) in kleiner Menge ein Phenoläther von noch unbekannter Zusammensetzung, welcher ein bei 123 — 1 24° schmelzendes Bromderivat liefert. Ob dieses bereits völlig rein und einheitlich ist, müssen weitere Versuche lehren. 342 H. Thoms: Matico-Oel. c) in weitaus größter Menge Dillapiol: CHa— CH = CH2 CHaO^N CHgO^^O JcHa d) in kleinerer Menge Petersilienapiol: CH2 — CH ^ CHo /^OCHb 'cHa 2. Die in Matico-Oelen, welche vor ca. 20 Jahren in den Handel kamen, beobachteten Körper Maticokampher und Asaron konnten nicht aufgefunden werden. 3. Das von mir untersuchte Matico-Oel hat sich mit dem von Fromm und van Emster studierten Oele identisch erwiesen. 4. Der von Fromm und van Emster als wesentlicher Be- standteil des Matico-Oeles angesprochene Maticoäther C14H18O4 ist kein einheitlicher Körper, sondern besteht zum weitaus größten Teile aus einem Gemisch von Dillapiol und Petersilienapiol. 5. Hieraus erklärt sich auch die Entstehung der von Fromm und van Emster bei der Oxydation mit Permanganat erhaltenen Säure, der sog. Maticosäure, welche nichts anderes ist als ein Gemisch der bei 151° schmelzenden Dill- apiolsäure und der bei 175° schmelzenden Petersilien- apiolsäure. 6. Für die von Fromm und van Emster angenommene Ab- spaltung von Kohlenstoff- und Sauerstoffatomen durch die Ein- wirkung von Brom auf den Maticoäther haben sich keine Beweise erbringen lassen. Es kann keinem Zweifel unter- liegen, daß die genannten Forscher das Gemisch des Brom- körpers eines noch näher zu ermittelnden Phenoläthers und von Tribromapiol in Händen gehabt haben. Nur bei Ver- arbeitung größerer Mengen Matico-Oel ist Aussicht vorhanden, daß durch wiederholtes Fraktionieren dieser Phenoläther von den Apiolen getrennt werden kann. Eine Scheidung des Phenoläthers von dem begleitenden Kohlenwasserstoff läßt sich durch 98% ige Essigsäure, worin dieser schwer löslich ist, bewirken. An der Bildung des Bromderivates ist der Kohlen- wasserstoff nicht beteiligt. H. Thoms: Matico-Oel. H43 Meine Versuche haben ergeben, daß die aus den niedrigst siedenden Fraktionen des Matico-Oeles dargestellten Bromkörper den relativ höchsten Schmelzpunkt, den relativ höchsten Broingehalt und den relativ niedrigsten Methoxylgehalt zeigten. Je apiolreicher die Fraktionen waren, desto niedriger war der Schmelzpunkt des daraus dargestellten Bromderivates, desto niedriger der Bromgehalt und desto höher der Methoxyl- gehalt. Bei der Ausführung der vorliegenden Arbeit habe ich mich der wertvollen Hilfe meines Assistenten, des Herrn Schönewald, erfreuen können. Nachschrift. Herr Professor Dr. E. Fromm in Freiburg, dem ich von dem Ergebnis meiner Untersuchung des Matico-Oeles ^Mitteilung machte, hat eine Durchsicht seines Materials im Sinne meiner Angaben vor- genommen und schreibt mir unter dem 19. April ds. Js. das folgende Ergebnis seiner Prüfung: „Leider habe ich meine besten Präparate zur Ausstellung nach St. Louis geschickt und bin daher nicht mehr im Besitze eines brauch- baren Präparates von Maticosäure. Dagegen lag mir noch ein sehr schönes Präparat von Maticoaldehyd vom Schmp. 88" vor. Als ich dieses Präparat aus ziemlich viel 50%igem Alkohol umkrystallisierte, erhielt ich eine geringe Menge schöner großer Nadeln vom Schmelz- punkt 102", während sich aus dem Filtrat durch Wasser kleine Nädelchen vom Schmp. 72® abscheiden ließen. Es ist mir also geglückt, den vermeintlichen Maticoaldehyd in Apiolaldehyd und Dillapiolaldehyd zu spalten, und ich kann daher Ihren Angaben nur beipflichten." „Ich bemerke noch, daß ich den Apiolaldehyd (102"), welchen ich aus sog. Maticoaldehyd erhalten habe, mit Sicherheit dadurch zu identifizieren vermochte, daß mir Herr Professor Ciamician- Bologna in liebenswürdiger Weise Apiolaldehyd zur Verfügung stellte. Beide Präparate und auch ein eigens zusammengeriebenes Gemenge beider schmolzen scharf bei 102°." „Es ist also sicher Maticosäure ein Gemenge beider Apiolsäuren, Maticoaldehyd ein Gemenge beider Apiolaldehyde, und jedenfalls Homo- maticosäure ein Gemenge der zwei noch unbekannten Homoapiolsäuren. 344 H. Thoms: Petersilien- und Dillapiol. Da alle diese Gemenge Gemenge isomerer Verbindungen sind, ist es auch keineswegs verwunderlich, daß die Analysen van Emster's für diese Substanzen genau stimmende Werte geliefert haben." gez. E. Fromm. Zum Schluß seiner Mitteilungen gibt Herr Professor Fromm der Ansicht Ausdruck, daß noch ein dritter Körper in dem Matico- äther vorhanden sein muß. (S. meine vorstehenden Angaben.) Steglitz-Dahlem, den 25. April 1904. Thoms. Ueter die Konstitution des Petersilienapiols und Dillapiols. Von H. Thoms. (Eingegangen den 6. IV. 1904.) Für das aus Petersilienöl erhältliche Apiol habe ich unlängst ^ die folgende Konstitution: CHa— CH = CHa /\ OCH. CHsO^^O ü-JCHa ermittelt, das Apiol also als ein (1) Allyl- (2,5) Dimethoxy- (3,4) -methylen- dioxybenzol bezeichnet. Der Beweis für diese Auffassung wurde wie folgt geführt. Bei der Einwirkung von alkoholischem Kali auf die Allyl- Verbindung entsteht die Propenylverbindung CH = CH— CHg CHao' .0 0- CHa, welche durch Einwirkung von metallischem Natrium in alkoholischer Lösung teils in ein Dihydroprodukt, teils unter Aufspaltung der Methylendioxygruppe in ein Phenol übergeht: 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 36, 1714 [190;^]. H. Thoras: Petersilien- und Dillapiol. 345 CHa-CHa-CIIs CHa-CHa-CHs , und ü CHa Durch Methylieren dieses Phenols wurde eine dem Dihydroasaron isomere Verbindung erhalten, die beim Nitrieren in Eisessiglösung mit verdünnter Salpetersäure sowohl ein Nitroprodukt wie auch ein Chinon bildet: C Ha — CHa — C H3 Cg H7 C3 H7 »-*■ und CHsÜ. OCH3 CH3O. .OCHe 0. .OCHa NO2 Da, wie Ciamician und Silber nachgewiesen hatten, die vier Phenolgruppen des Apiols sich in benachbarter Stellung zu einander befinden, so konnten für das Apiol nur die beiden Formen: C3H5 C3H5 ^^OCHa oder CHgO^N CHaO^^O CHgO^yÖ CHa 0- CHa in Betracht kommen. Bei der Hydrierung und Aufspaltung der Methylendioxygruppe durch Natriummetall waren daher die folgenden beiden Formeln für die Phenole möglich: Cg H7 C3 H7 f^^OCHa ^ CHsO/\ oder CHgOl .OH CHa 0. OH Beim Methylieren dieser Phenole mußte man zu dem gleichen Phenoläther gelangen. Setzte man hingegen an Stelle des Hydroxyl- wasserstoffatoms eine dem Methyl ungleichartige Alkylgruppe, z. B. eine Aethyl- oder Propylgruppe ein, so mußte, je nachdem die eine oder andere Konstitution für das Phenol die richtige war, bei der Einwirkung von Salpetersäure entweder das Chinon: C3H7 C3H7 /^OCHo ^\o oder das Chinon: CHeO^^OCaHs G^^OCsHs C3H7 C3H7 CHaO/^ 0^^ ■"♦■ CHaO^^^OCgHs CH3O. ^0 346 H. Thoms: Petersilien- und Dillapiol. gebildet werden. Da das erstere entstand, mußte die Konstitution des Phenols die eines (1) Propyl- (5) Methoxy- 0^) phenols sein und das Apiol demnach ein (1) Allyl- (2, 5) dimethoxy-(3,4) methylendioxybenzol darstellen. Das von Ciamician und Silber*) im Dillöl aufgefundene Apiol erwies sich als isomer dem Petersilienapiol; auch bei jenem konnte festgestellt werden, daß die vier Phenolgruppen in benachbarter Stellung zu einander sich befinden. Wenn nun für das Petersilienapiol die Konstitution ermittelt war, so konnte für das isomere Dillapiol wohl nur die folgende Konstitution: CHa — CH = CH2 CHsO^^O 0— CHa in Frage kommen. Daß diese Annahme richtig war, konnte ich neuer- dings experimentell bestätigen, nachdem mir bei der Zerlegung des Matico-Oeles (s. die vorhergehende Mitteilung!) das lange vergeblich gesuchte Material, das Dillapiol, zur Prüfung in die Hände gefallen war. Ich habe die Frage nach der Konstitution des Dillapiols auf dem- selben Wege zu lösen vermocht, den ich auch bei dem Petersilienapiol eingeschlagen hatte. Dillisapiol vom Schmelzpunkt 44°, durch ümlagerung mit alkoholischer Kalilauge aus Dillapiol des Matico-Oeles erhalten, wurde hydriert und das entstandene Phenol (12,2 g) im Autoklaven äthyliert. Der äthylierte Körper siedet bei 144—150" unter 11 mm Druck. 0,1082 g Substanz: 0,2745 g CO3 und 0,0839 g H2O. Berechnet für C6H2(C3H7)(OCHg)3(UC2B5): Gefunden: C 69,59 69,19 H 9,00 8,69. Zur Darstellung des Chinons aus diesem äthylierten Produkt wurde wie folgt verfahren: 12 g rauchende Salpetersäure wurden auf t— 18° abgekühlt und langsam mit 3 g des äthylierten Produktes in 30 ccm Eisessig versetzt. Es tritt eine tief rotgelbe Färbung auf. Nach zweistündigem Stehen in dem Kältegemisch wird auf Eis ausgegossen, wobei sich ein ölartiger Körper ausschied. Ein krystallisiertes Nitroderivat konnte nicht gefaßt werden. Das Filtrat wurde mit Natriumkarbonat übersättigt und das sich ausscheidende Chinon ausgeäthert. Nach Abdampfen des Aethers wurde der Rückstand mit Wasserdämpfen destilliert und das gelb gefärbte Destillat abermals ausgeäthert. Der Abdampfrückstand 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 29, 1800 [1896]. II. Thoms: Petersilien- und Dillapiol. 347 bestand aus gelben Krystallen, die nach dem ümkrystallisieren aus Alkohol bei 78—79° schmolzen, also den Schmelzpunkt des (1) Propyl- (5) methoxy- (3, Ü) -chinons') ergaben: Call; CHsO^^O Eine Probe dieses Präparates mit einem solchen von früherer Darstellung aus dem Apiol herrührend gemischt, zeigte keine Schmelzpunktsdepression. 0,1545 g Substanz: 0,3798 g COg und 0,0903 g HgO. Berechnet für CöH3(CgH7)(()CH3)02-. Gefunden- C 66,63 67,04 II 6,72 6,56. Auch das durch Einwirkung von schwefliger Säure auf eine Probe dieses Chinons erhaltene Hydrochinon C'bH? CHgO. ,UH zeigte sich identisch mit diesem bereits bekannten Körper^). In der früheren Abhandlung war angegeben, daß das Hydrochinon bei 105" schmelze. Das mehrmals umkrystallisierte Produkt schmilzt indessen bei 107°. Das Ergebnis der vorstehenden Versuche beweist, daß in dem äthylierten Phenol die Aethoxygruppe in Parastellung zu der einen Methoxygruppe sich befinden muß, sodaß bei der Chinonbildung eine Methyl- und eine Aethylgruppe abgespalten werden. In dem Dillapiol müssen daher die beiden Methoxylgruppen in benachbarter Stellung vorhanden sein. Das Dillapiol ist als ein (1) Allyl-(5. 6) di- niethoxy-(3, 4) methylendioxy-benzol anzusprechen: CHa— CH = CH2 CHgO^^O 0— CHa. 1) S. Bei. d. d. ehem. Ges. 36, 1719 [1903]. 2j Log. cit. 348 A. Tschirch u. 0. Saal: Colophonia-Elemi. Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Bern. Untersuchungen über die Sekrete. 61. Ueber das Colophonia-Elemi von Colophonia Mauritiana. Von A. Tschirch und 0. Saal. (Eingegangen den 31. III. 1904.) Das Harz verdanken wir dem Kurator des Museums der Pharmaceutical Society in London, Herrn Holmes. Es befand sich in der Hanbury CoUection und stammt von der Insel Mauritius. Die daselbst der Gattung Colophonia (Syn. für Canarium) an- gehörigen Bäume sind balsamreiche Bäume mit markständigen Leit- bündeln, mit abwechselnden unpaarig gefiederten Blättern und meist kurz gestielten, oft sehr ungleichen Blättchen, von denen die untersten bisweilen am Grunde des Blattstieles stehend, wie Nebenblätter erscheinen und entweder abgerundet oder zerschlitzt sind. . Die Blüten sind klein oder groß, in lockeren oder zusammengezogenen oft in Schraubein oder Wickel aasgehenden Dichasien, welche zu Rispen oder Scheintrauben vereinigt sind. Sie enthalten reichlich Balsam und liefern große Mengen von Harz, das meistens technisch verwendet wird. Auch werden die Früchte derjenigen Arten, welche ein dickeres Exokarp besitzen, gegessen, desgleichen die Samen, aus denen auch Oel gepreßt wird. Das Holz wird als Bois de Colophane geschätzt. Das vorliegende Harz war von gelblich weißer Farbe und harter Konsistenz. Der Geruch erinnerte, wie andere Elemiarten an Fenchel, Dill und Zitronenöl. Die Masse war von mehr oder weniger großen Teilchen durchsetzt, die rein weiß waren, und sich, unter dem Mikroskop mit kaltem Alkohol behandelt, als ein Haufwerk kleiner Krystallnadeln erwiesen. Das Harzprodukt war vollständig unlöslich in Wasser, ganz löslich in Aether, warmem Alkohol, Essigäther, Aceton, Chloroform, Toluol, nur teilweise löslich in Petroläther, Schwefelkohlenstoff, Methyl- alkohol und Tetrachlorkohlenstoff. A. Tschirch u. O. Saal: Colophonia-Elerai. 349 Säure- und Verseifungszahlen. Säurezahl, a) direkt: 1 g braucht 6,25 ccm "/lo KOH = 3ö,0 S.-Z. d. b) indirekt: 1 g braucht 6,50 ccm n/,o KOH = 36,4 S.-Z. ind. Ver seifungszahl. a) kalt: 1 g braucht 11,00 ccm "/lo KOH = 61,6 V.-Z. k. b) heiß: 1 g braucht 11,50 ccm "/lo KOH = 64,4 V.-Z. h. Die bei den übrigen Elemiarten angewendete Untersuchungs- methode (und Terminologie) wandten wir auch hier an und gelangten zu folgenden Resultaten: 100 Teile des Harzes enthielten: a-Isocolelemisäure 10% Colelemisäure 2 „ ß-Isocolelemisäure 8 „ Colamyrin 25 — 30 „ Coleleresen 30 — 35 „ Aetherisches Oel 3 „ Bryoidin und Bitterstoff ... in geringen Mengen. Pflanzliche Rückstände und Verunreinigungen . ca. 10 %. Die a- Isocolelemisäure. Die durch Ausschütteln mit Ammonkarbonatlösung gewonnene Säure war nicht krystallisiert zu erhalten. Sie schmolz bei 120 — 122" und war optisch inaktiv. Die Elementaranalyse ergab: 1. 0,1030 g Substanz gaben 0,2970 g COg und 0,0909 g HgO. 2. 0,0820 „ „ „ 0,2367 „ „ „ 0,0727 „ „ , Demnach gefunden in Prozenten: Berechnet für 1. 2. Im Mittel C^Et^Oi. C = 78,64 78,72 78,68 78,70 H = 9,80 9,85 9,82 9,89. Die Coleleminsäure. Durch Ausschütteln mit 1 % iger Sodalösung gewannen wir eine Säure, die wir aus einem Gemisch von Methyl- und Aethylalkohol krystallisiert erhalten konnten. Die einzelnen Krystalle waren zu Aggregaten vereinigt, deren Durchmesser ca. 5 mm betrug. Nach häufigem Umkrystallisieren zeigten dieselben einen Schmelzpunkt von 2lö°. Optisch war die Säure inaktiv. 350 A. Tschirch u. 0. Saal: Colophonia-Elemi. Die Elementaranalyse ergab: 1. 0,1320 g Substanz gaben 0,3839 g COg und 0,1124 g HjO. 2. 0,1202 „ „ „ 0,3488 „ „ , 0,1039 „ „ Demnach gefunden in Prozenten : Berechnet für 1. 2. Im Mittel C89H58O4: C = 79,31 79,14 79,24 79,59 H = 9,46 9,60 9,53 9^52. Die ß-lsoco!elemisäure. Nachdem sich nach monatelangem Stehen aus den Mutterlaugen der Coleleminsäure keine Krystalle mehr ausschieden, erhielten wir die in den Mutterlaugen noch enthaltene amorphe Säure durch Ein- gießen der alkoholischen Lösung in salzsäurehaltiges Wasser. Nach mehrmaligem Fällen erhielten wir die Säure rein weiß, optisch inaktiv, vom Schmp. 120^ Die Elementaranalyse ergab: 1. 0,0972 g Substanz gaben 0,2798 g CO2 und 0,0844 g HgO. 2. 0,1050 „ ., „ 0,3034 „ „ „ 0,0917 „ „ Demnach gefunden in Prozenten: Berechnet für 1. 2, Im Mittel CsTHseOi: C = 78,50 78,80 78,66 78,70 H = 9,65 9,70 9,67 9,89. Das Colamyrin. Das aus dem Colophonia-Elemi isolierte Amyrin erwies sich als identisch mit dem aus andern Elemiarten gewonnenen Amyrine. Wir zerlegten es mit Hilfe der Benzoate in ein et- und ß-Amyrin, die beide optisch inaktiv waren: Die Analysenresultate sind folgende: 1. Amyrin Schmp. 170°. 0,1312 g Substanz gaben 0,4055 g C02 und 0,1393 g HgO. 2. a-Amyrin Schmp. 181". 0,1022 g Substanz gaben 0,3174 g CO2 und 0,1094 g HgO. 3. ß -Amyrin Schmp. 1920. 0,0922 g Substanz gaben 0,2853 g COg und 0,0962 g H3O. Demnach gefunden in Prozenten für: Amyrin: a-Amyrin: ß-Amyrin: C = 84,29 84,70 84,39 H = 11,79 11,89 11,59. Die Formel GaoHgoO verlangt: C = 84,51; H = 11,74. Das ätherische Oel. Das bei der Destillation mit Wasserdampf gewonnene ätherische Oel verhielt sich ganz wie das aus Carana-Elemi*) gewonnene Oel. 1) Tschirch und Saal, Archiv d. Pharm. 1903, S. 149. A. Tschirch u. 0. Saal: Colophonia-Elemi. 351 Es zeigte auch den eigenartigen an Dill-, Fenchel- und Zitronenöl erinnernden Geruch. Die Hauptmenge des hellgelben Oelea destillierte bei fraktionierter Destillation zwischen 170—175° als farblose, angenehm riechende Flüssigkeit über. Bitterstoff und Bryoidin. Aus dem Destill atiousrückstande, der bei der Destillation des ätherischen Oeles zurückblieb, schied sich beim Eindampfen eine geringe Menge eines Bitterstoffes aun. Daneben auch ganz geringe Mengen eines weißen krystallinischen Körpers. Der Schmelzpunkt des letzteren betrug nach mehrmaligem Umkrystallisieren 13G" C. Zur Elementar- analyse reichte die Substanz nicht aus, doch wird es wahrscheinlich Bryoidin gewesen sein, dessen Schmp. 135,-3 ° beträgt und das von Crem er/) aus der Manila-Elemi in größeren Mengen isoliert wurde. Auch Flückiger fand den Schmelzpunkt des Bryoidins bei 135,5'^, er gab dem Körper die Formel CaoHsaOa, während Tschirch und Cremer dem Bryoidin die Formel O21H42O3 zuschreiben. Da» Coleleresen. Nach völliger Entfernung des ätherischen Oeles, des Amyrins^ des Bitterstoffes, des Bryoidius und der Säuren aus dem Harze, blieb eine hellbraun gefärbte, terpentinartige Masse zurück. Da sich die- selbe beim Verseifen mit 10%iger Kalilauge unter Einleiten von Wasserdämpfen völlig indifferent verhielt, lösten wir nach Entfernung der Lauge den Körper in Alkohol und fällten diese Lösung durch Kingießen in salzsäurehaltiges Wasser. Die sich ausscheidenden anfangs schwach gelb gefärbten Flocken, waren nach wiederholtem Ausfällen rein weiß und aschefrei. Nach dem Trocknen stellten dieselben ein rein weißes Pulver dar, das bei 75— 77'* schmolz. AUe Versuche, dieses Resen zu krystallisieren, verliefen resultatlos. Das Resen löste sich leicht in Aether, Alkohol, Essigäther, Aceton, Chloroform, Benzol,, Petroläther und Toluol. Die Elementaranalyse ergab: 1. 0,1340 g Substanz gaben 0,4029 g COg und 0,1278 g HgO. 2. 0,1272 „ „ „ 0,3834 „ „ „ 0,1237 „ „ Demnach berechnet in Prozentec : Berechnet für 1. 2. Im Mittel (Ci5H24 0)n: C = 8'?,00 82,20 82,10 81,81 H = 10,59 10,80 10,69 10,90. ») Tscliirch ünl Cremer, Archiv d. Pharm. 1902, S. 293. 352 A. Tschirch u. 0. Saal: Tacamahaca-Elemi. Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Bern. Untersuchungen über die Sekrete. 62. lieber Tacamahaca-Elemi. Von A. Tschirch und 0. Saal. (Eingegangen den 31. III. 1904.) Unter dem Namen Tacamahaca befinden sich im Handel, wie in den pharmakognostischen Sammlungen, eine große Anzahl von Harzen, die sich zwar alle durch eine große Aehnlichkeit im Aeußern nahe- stehen, die sich aber schon bei oberflächlicher Betrachtung als Harze verschiedener Zusammensetzung erkennen lassen. Eine eingehende Untersuchung der heute im Handel befindlichen Sorten hat noch niemand vorgenommen, erst in neuester Zeit hat K. Dieterich die Säurezahlen, Esterzahlen und Verseifangszahlen einiger Sorten festgestellt, deren Werte jedoch sehr schwankende sind'). Bevor wir der Untersuchung der wichtigsten Handelssorten näher traten, unterwarfen wir die uns zur Verfügung stehenden Sorten einer Untersuchung auf ihre äußere Beschaffenheit, und ihren Gehalt an krystallinischen Bestandteilen. Wir erhielten Proben der verschiedenen Harze von Herrn Hofrat Prof. von Vogl in Wien aus dem dortigen pharmakognostischen Institut, von Herrn Prof. Schaer in Straßburg aus dem pharma- zeutischen Institut der dortigen Universität, von Herrn Prof. Hartwich in Zürich, sowie von den Firmen Merck-Darmstadt, Gehe & Cie- Dresden und Wo rlee- Hamburg. Wir sprechen den genannten Herren an dieser Stelle unsern verbindlichsten Dank aus. Die übrigen Sorten stammen aus der Sammlung des Pharmazeutischen Institutes der Universität Bern. Um uns darüber zu vergewissern, ob die einzelnen Sorten krystallinische Bestandteile enthalten oder nicht, behandelten wir eine kleine Menge des abgeschabten Harzes unter dem Deckglas mit kaltem Alkohol. Hierbei lösten sich die amorphen Bestandteile, während etwaige vorhandene Krystalle wegen ihrer schweren Löslichkeit zurückblieben. Die Tacamahacasorten ließen sich so in zwei Gruppen trennen: 1. solche mit krystallinischen Bestandteilen, 2. solche mit nur amorphen Bestandteilen. 1) Dieterich, Analyse der Harze, S. 201. A. Tscbirch u. 0. Saal: Tacamahaca-Elemi. 363 A. Tacamahacasorten mit krystallinischen Bestandteilen. Aus der Sammlung des Pharmazeutischen Instituts Bern: *1. Ein als Resin. Tacamahaca bezeichnetes Harz aus Ostafrika. Schwarzgraue Stücke, hart, teils von gelblichweißen Schichten durchsetzt, in denen reichlich nadeiförmige Krystalle auf- zufinden waren. *2. Bourbon-T. oder Marienbalsam, hasel- bis walnußgroße Stücke, schwarzgrau, teils weiß, stark mit Rindenteilen verunreinigt. 3. Ein als Handelsware bezeichnetes T., dem vorigen im Aussehen ähnlich. *4. Ein von Merck-Darmstadt bezogenes Harz, im Aussehen No. 3 gleichend. *5. Tacamahaca von Wo rlee -Hamburg, von den Philippinen stammend, ebenfalls schwarzgrau und die charakteristischen hellen krystallinischen Lagen enthaltend. Aus der pbarmakognostischen Sammlung in Wien: *6. Tacamahaca von Myrodendron ampUxicaule Willd. von Guyana, ein außen schmutzig graues, innen gelb bis weißes Harz harter Konsistenz. (Pariser Ausstellung 1878.) 7. Tacamahaque fine de Madagaskar, ein dunkelgelbes, mattes, undurchsichtiges Harz. (Pariser Ausstellung 1878.) *8. Resine de gommart von Bursera gummifera, Gouadeloupe, ein schwarzgraues Harz, Xo. 2 gleichend. *9. Tacamahaca von Calophyllum Tacamahaca Reunion, gelbweiße Harzstücke von Walnußgröße, im Innern weiß, angenehm riechend. 10. Resin. Tacamahaca unbestimmter Herkunft, kleine gelbe bis weiße, erbsengroße, oft bis zu grobem Pulver zerfallene Stücke. . *11. Resin. Tacamahaca von Elaphrium tomentosum, Westindien und Süd-Amerika, ein gelbbraunes Harz, in kleinen bohnen- großen Stücken. Aus der Sammlung des Pharmazeutischen Institutes Straßburg. *12. Ein als Almeceja bezeichnetes Harz aus Nord-Brasilien von Ingenieur Sampayo daselbst gesammelt. Schwarzgrüne bis weißgelbliche Stücke von schwach aromatischem Gerüche. 13. Dem vorigen im Aussehen gleichendes Harz von Elaphrium tomentosum, Mittel- Amerika. 14. Tacamahaca aus Ost-Afrika, im Aussehen ganz No. 1 gleich. Areh, d. Phaxm. CCXXXXn. Bds. 6. Heft. 23 354 A. Tschirch u. 0. Saal: Tacamahaca-Elemi. B. Tacamahacasorten, die unter dem Mikroskop amorph erscheinen. 15. Tacamahaque jaune huileuse von Guibourt, Stammpflanze Jcica heptaphylla, ein hartes, hellgelbes Harz, durchsichtig und von HaselnuJßgröße. 16. Ein der Myrrha ähnliches Harz, gelb bis gelbbraun. 17. Ein von Siegfried -Zofingen bezogenes Harz, Herkunft unbekannt. Schmutzig gelbbraune Stücke, stark mit Rinden- teilchen verunreinigt. Hieran reihen sich noch eine Anzahl als Tacamahaca bezeichnete Sorten, teils aus der pharmakognostischen Sammlung in Wien, teils von Herrn Prof. Hartwich in Zürich erhalten. Allen fehlt die An- gabe der Stammpflanzen und Herkunft, sodaß wir von einer Aufzählung der einzelnen absehen. Im Aussehen stehen sie sich nahe, alle mehr oder weniger gelb bis gelbbraun, hart und spröde, teils dem Olibanum, teils mehr der Myrrhe gleichend. Ueberschauen wir vorliegende Tabelle, so läßt sich Folgendes daraus entnehmen: Alle krystaUinischen Tacamahacs sind von dunkler oft schwarzer Farbe, in ihnen finden sich helle Lagen von durch und durch krystallinischer Natur. Der Geruch erinnert schwach an Elemi. Aus den Harzen die mit einem * bezeichnet sind, konnten wir Amyrin in der charakteristischen Krystallform vom Schmp. 170 — 172" isolieren. Die Ursprungsländer dieser Harze sind bezeichnet als Ost- Afrika, Bourbon, Philippinen, Mittel- und Süd- Amerika. Als Stammpflanzen sind erwähnt: Myroäendron amplexicaule Willd, Guyana', — Bursera gummifera, Gouadeloupe — Galophyllum Tacamahaca, Reunion — Elaphrium tomentosum, West- indien und Süd- Amerika. Die Tacamahacasorten amorpher Natur, sind von hellerer Farbe, im Aussehen teils dem Olibanum, teils der Myrrhe gleichend, von schwach aromatischem Geruch. Aus einigen derselben konnten wir Gummi isolieren. Beide Sorten sind von harter Konsistenz und arm an ätherischem Oel. Von uns ist nun je ein Vertreter dieser beiden Typen genauer studiert worden. Zunächst das unter No. 5 aufgeführte von Worlee & Cie bezogene Harz, dem wir zum Vergleich das von Merck er- haltene Harz, (No. 4 unserer Tabelle) an die Seite stellten und in zweiter Linie das unter No. 17 erwähnte armorphe Harz von Siegfried Die Resultate der Analyse dieses letzten Harzes geben wir in der folgenden Mitteilung (63) über Tacamahaca wieder. A. Tschirch u. 0. Saal: Tacamahaca-Elerai. 355 Tacamahaca-Elemi von den Philippinen. Zur ünter.suchuDir benutzten wir das von der Firma "VVorlee in Hamburg bezogene Harz. Dasselbe war von harter Konsistenz, der schwach aromatische Geruch erinnert an Dill, Fenchel und Zitronenol. Es war stark mit Rindenteilchen, Sand und Erde verunreinigt. Wir lösten es, um es von diesen Verunreinigungen zu befreien in Aether, filtrierten und erhielten so eine gelbbraune gefärbte Lösung, ans der nach dem Abdestillieren des Aethers das Harz als feste gelbweiße reine Masse erhalten wurde. Es löste sich vollständig in Aether, Alkohol, Essigäther, Chloroform und Schwefelkohlenstoff, Benzol, Toluol, zum Teil in kaltem xA.lkohol, Petroläther, Ligroin, Methylalkohol und Tetrachlorkohlenstoff. Der häufige Hinweis auf die Aehnlichkeit des Harzes mit Elemi, sowie das Vorhandensein von Amyrin veranlaßte uns, die bei diesem angewendete Untersuchungsmethode und Terminologie auch hier an- zuwenden. Säure- und Verseifungszahlen. Die Säurezahl wurde sowohl auf direktem wie auch auf indirektem Wege bestimmt, die sog. Verseifungszahl auf kaltem und heißem Wege. Als Indikator wurde Phenolphthalein, als Lösungsmittel Aether-Alkohol, zur Titration alkoholische ^/lo KOH und alkoholische Vio H2SO4 benutzt. Säurezahl. a) direkt: 1 g braucht 6,25 com n/j^ KOH = 35,00 S,-Z. d. b) indirekt: 1 g braucht 6,45 ccm n/,^ KOH = 86,1 S.-Z. Ind. Verseifungszahl. a) kalt: 1 g braucht 11,60 ccm n/j^ KOH = 64,9 V.-Z. k. b) heiß: 1 g braucht 11,70 ccm n/10 KOH = 65,5 V.-Z. h. Die a-lsotacelemisäure. Zur Gewinnung der im Harze enthaltenen Säuren verfuhren wir nach der üblichen Methode, die bei den verschiedenen Elemisorten schon näher erläutert wurde. AufdieseWeise erhielten wir ungefähr gleiche Mengen einer Säure, die sich durch l%ige Ammonkarbonatlösung aus- schütteln ließ und eine zweite Säure, die wir mit l%iger Sodalösung ausschüttelten. Beide Säuren, die wir durch Fällen ihrer Salzlösungen durch salzsäurehaltiges Wasser isolierten, trockneten wir auf Tontellern. Die an Ammonkarbonat gebundene Säure erhielten wir nach wiederholtem Lösen in Aether und Ausschütteln mit Ammonkarbonat- lösung, als eine rein weiße amorphe Substanz. Alle Krystallisations- versuche mißlangen und schied sich die Säure immer wieder als harzige 23* 356 A. Tscbirch u. 0. Saal: Tacamahaca-Elemi. Masse aus ihren Lösungsmitteln ab. Wir suchten deshalb eine Reinigung und eventuell eine Isolierung von einer beigemengten Säure auf dem Wege der Salzbildung zu erreichen. Wir lösten deshalb die Säure in Alkohol und setzten KOH in kleinen Stückchen zu. Sämtliche Säure schied sich nun als Kaliumsalz in Form weißer Flocken aus, die wir sammelten und wieder durch Salzsäure zerlegten. Jedoch erhielten wir auch auf diesem Wege die Substanz wieder in derselben Form wie vorher zurück. Der Schmelzpunkt von 120 — 121° war derselbe geblieben. Auch die so gereinigte Säure ließ sich nicht krystallisieren. Optisch verhielt sie sich inaktiv. Die E!ementaranal3^se der bei 100" getrockneten Säure ergab: 1. 0,1020 g Substanz gaben 0,2937 g COg und 0,0908 g HgO 2. 0,0920 „ „ „ 0,2659 „ „ „ 0,0821 „ „ Somit beträgt der Prozentgehalt: Berechnet für 1. 2. Im Mittel C87H53O4: C 78,54 78,88 78,68 78,70 H 9,90 9,92 9,91 9,89. Cholesterin- Reaktionen: 1. Liebermann'sche Reaktion: Rot, schmutzig rot, violett, schmutzig blau, braun. 2. Salkowski-Hesse'sche Reaktion: Chloroform farblo.^, H2SO4 gelbrot, später braun ohne Fluorescenz. 3. Mach'sche Reaktion: Färbung des Rückstandes schmutzig- rot bis dunkelgrün. 4. Salkowski'sche Reaktion: Keine Tropfenfärbung des Chloroforms in der Porzellanschale. 5. Hirschsohn'sche Reaktion: In der Kälte farblos, beim Erwärmen rot, dann dunkelrot. 6. Tschugaeff'sche Reaktion: Die Flüssigkeit färbt sich rosarot und zeigt eosinartige Fluoresceuz. Nach zweistündigem Stehen färbt sich die Flüssigkeit dunkler, die Fluorescenz bleibt. Säurezahl, a) direkt: 1 g Säure braucht 18,1 com ^/jq KOH = 101,3 S.-Z. dir. b) indirekt: 1 g Säure braucht 18,25 com n/jg KOH = 102,1 S.-Z. lad. Verseifungszahl. a) kalt. 1 g Säure braucht 34,20 com n/j^ KOH = 191,5 V.-Z. k. b) heiß: 1 g Säure braucht 35,95 ccm °/io KOH = 201,3 V.-Z. h. A. Tschirch u. 0. Saal: Tacamahaca-Elemi. 357 Demnach neutralisiert 1 g Säure direkt titriert 18,1 ccm "/loKOH = 0,07ü5 K = 6,(50 % K. Die Formel CstH.oO^ verlangt für das Monokaliuinsalz Ca? Hr,5 O4 K = 0,47 % K. Bei der Bestimmung der sogenannten Vcrseifungszahl erhielten wir doppelt so hohe Werte, eine Tatsache, die auch Cremer bei der o-Manelemisäure beobachtete. Seine Zahlenwerte, die er bei der Ver- brennung, sowie bei der Titration für die gut krystallisierende a-Man- elemisäure erhielt, gleichen ganz eben mitgeteilten Resultaten. Crem er erkannte aus diesem Verhalten seiner Säure, daß sich bei der Ver- seifung ein Dikaliumsalz gebildet haben mußte, was auch in vorliegendem Falle der Titrationsbefund bestätigte: 1 g Säure heiß verseift, braucht zur Neutralisation 36 ccm ^jio KOH = 0,1404 K = 12,32% K. Das Dikaliumsalz der Formel C87H64K2O4 verlangt 12,18% K. Es stimmen demnach auch diese Zahlen mit denen von Crem er für die a-Manelemisäure erhaltenen Werten sehr gut überein. Auf diese ähnlichen Verhältnisse und Uebereinstimmungen der verschiedenen Säuren kommen wir in einem besonderen Kapitel zu sprechen. Die Tacelemisäure. Die aus der, von der a-Tsotacelemisäure befreiten ätherischen Harzlösung, durch Ausschütteln mit l%iger Sodalösung gewonnene Rohsäure, reinigten wir in derselben Weise, wie die erstere. Aus einem Gemisch von Methyl- und Aethylalkohol gelang es uns einen Teil der Rohsäure krystallinisch zu erhalten. Nach mehrmaligem ümkrystallisieren erhielten wir die Krystalle in G-estalt derber Prismen, rein weiß, von 3—5 mm Länge, oft zu Drusen vereinigt. Die Säure löste sich in Aether, warmem Alkohol, Essigäther, Methylalkohol, Amylalkohol, Aceton und Toluol, weniger leicht in kaltem Alkohol, sie war unlöslich in Wasser. Nach häufigem ümkrystallisieren zeigte sie einen Schmelzpunkt von 215°. Optisch war sie inaktiv. Die Elementaranalysen ergaben: 1. 0,1295 g Substanz gaben 0,3752 g CO2 und 0,1106 g HgO 2. 0,1320 „ „ „ 0,3814 „ „ „ 0,1096 „ „ Berechnet in Prozenten: Berechnet für 1. 2. Im Mittel CaTHseO«: C 79,01 78,80 78,90 78,70 H 9,47 9,30 9,38 9,89. Die Molekulargewichtsbestimmung nach der Beck mann 'sehen Siedemethode mit Aceton (konstante Erhöhung 16,9°) als Lösungs- mittel ausgeführt, ergab folgende Werte: 358 A. Tschirch u. 0. Saai: Tacamahaca-Eiemi. 1. 2. 3. 4. 5. Im Mittel: 575 555 571 526 530 551. Es stimmt also dieses Resultat mit dem Molekulargewicht der Formel C87H5CO4 (== 564) gut überein. Cholesterin-Reaktionen: 1. Lieb er mann 'sehe Reaktion: Färbung rot, schmutzig rot, violett, graublau, braun. 2. Salkowski-Hesse'sche Reaktion: Chloroform farblos, H2SO4 rotbraun, olme Fluorescenz. 3. Salkowski'sche Reaktion: Keine Tropfenfärbung des Chloroforms in der Porzellanschale. 4. Mach 'sehe Reaktion: Färbung des Rückstandes violett- rot, schmutzig grün. 5. Hirschsohn'sche Reaktion: In der Kälte farblos, beim Erwärmen hellrot, bordeauxrot. G. Tschugaeff'sche Reaktion: Die Flüssigkeit färbt sich rosarot und zeigt eosiaartige Fluorescenz. Nach zweistündigem Stehen färbt sich die Flüssigkeit schmutzig gelbrot, die Fluorescenz bleibt bestehen. Säureaahl. a) direkt: 1 g Säure braucht 17,10 com °/io KOH = 95,76 S.-Z. d. b) indirekt: 1 g Säure braucüt 17,30 com "/jo KOH = 96,88 S.-Z. ind. Verseifungszahl. a) auf kaltem Wege: 1 g Säure braucht 32,55 com ^ko KOH = 183,12 V.-Z. k. b) heiß: 1 g Säure braucht 34,60 com n/10 KOH = 193,76 Y.-Z. h. Es neutralisieren also bei direkter Titration: 17,125 ccm °/io KOH 1 g Säure = 0,0667 K = 6,25 % K. Berechnet für das Monokaliumsalz der Formel CbtHssKOi = 6,47% K. Bei der beißen Verseifung neutralisieren 34,55 com "^/lo KOH 1 g Säure = 0,1347 K = 11,87% K. Berechnet für das Dikaliumsalz der Formel C37H61K2O4 = 12,18% K. Die ß - Isotacelemisäure. Nachdem sich aus den Mutterlaugen der krystallisierten Tacelemi- säure nach monatelangem Stehen keine Krystalle mehr abschieden, versuchten wir, die in der Mutterlauge noch enthaltene amorphe Säure rein darzustellen. Zu diesem Zwecke verdünnten wir die Mutterlauge, die inzwischen Honigkonsistenz angenommen hatte, mit Alkohol und gössen sie in salzsäurehaltiges Wasser ein. Es entstand ein rein weißer Niederschlag, der nach wiederholtem Fällen, Auswaschen und A. Tschirch u. 0. Saal: Tacamahaca-Elemi. 369 Trockuen ein rein weißes, geruchloses, amorphes Pulver darstellte. Diese Säure löste sich leicht in Alkohol, Aether, Essigäther, Chloro- form, Aceton, Toluol, Benzol und Tetrachlorkohlenstoff. Sie schmolz bei 120° C. und war optisch inaktiv. Die Elementaranalysen ergaben: 1. 0,1250 g Substanz gaben 0,3597 g CO3 und 0,1102 g H9O 2. 0.1104 „ „ „ 0,2923 „ „ „ 0,0964 „ „ Demnach gefunden in Prozenten: Berechnet für )4: 1. 2. Im Mittel Cg7 H55 C C = 78,48 H = 9,79 78,68 9,70 78,58 9,75 78,70 9,89. Bei direkter Titration erfordert 1 g Säure 17,80 com n/10 KOH = 0,0712 K = 6,57% K. Das Monokaliumsalz der Formel €37 H 55 O4K verlangt 6,47 % K. lg Säure mit ^/jq kOH im Ueberschuß am Rückflußkühler eine Stunle lang gekocht und mit °/io H2SO4 zurücktitriert, neutralisierte 34,6 ccm n'io KOH = 0,1352 K = 11,80% K. Das Dikaliumsalz €37 Hg« K3O4 verlangt 12,18% K. Cholesterin-Reaktionen: 1. läebermanu'sche Reaktion: Färbung rot, violett, braun. 2. Salkowski-Hesse'sche Reaktion: Chloroform farblos, Schwefelsäure gelbbraun. 3. Salkowski'sche Reaktion: Keine Tropfenfärbung des Chloroforms in der Porzellanschale. 4. Mach'sche Reaktion: Färbung des Rückstandes violett bis dunkelgrün. 5. Hirschsohn'sche Reaktion: In der Kälte farblos, beim Erwärmen färbt sich die Flüssigkeit erst rot, dann gelbbraun. 6. Tschugaeff'sche Reaktion: Die Flüssigkeit färbt sich rosarot, zeigt eosinartige Fluorescenz, die auch noch nach 2 Stunden bestehen bleibt, während sich die Flüssigkeit schmutzig gelbrot färbt. Das Tacamyrin. Zur Isolierung des Amyrins verfuhren wir genau wie bei den Elemiarten und erhielten so das Amyrin in denselben seidenglänzenden, später porzellanartigen Kry stallnadeln, die zu dichten Büscheln ver- einigt waren. Sie schmolzen bei 170°. Im übrigen stimmten die Eigenschaften mit den aus Elemisorten dargestellten Amyrinen überein. Für das reine Amyrin ergab die Elementaranalyse: 1. 0,0896 g Substanz 0,2779 g CO2 und 0,0948 g HgO 2. 0,0736 „ „ 0,2285 „ „ „ 0,0782 „ „ 360 A. Tschirch u. 0. Saal: Taoamahaca-Elemi. Demnach gefunden in Prozenten: Berechnet für 1. 2. Im Mittel C-oHsoO: C = 84,68 84,66 84,67 84,51 H = 11,75 11,80 11,77 11,74. Mit Hilfe der Benzoate zerlegten wir den Körper in ein a- und ein ß-Amyrin. Das a-Amyrinbenzoat schmolz bei 191 — 192°, seine Elementar- analyse ergab für: 0,1345 g Substanz: 0,4162 g CO2 «nd 0,1220 g HgO. Berechnet in Prozenten: Die Formel CgoH49 0(COC6H6) verlangt: C = 83,72 83,77 H = 10,08 10,19. Das ß-Amyrinbenzoat schmolz bei 228 — 229®, seine Elementar- analyse ergab für: 0,1208 g Substanz: 0,3696 g COg und 0,1089 g HgO. In Prozenten: Berechnet für C8oH490(CO CeHs): C = 83,54 83,77 H = 10,02 10,19. Die Elementaranalyse der getrennten Amyrine ergab für: a-Amyrin 0,0940 g Substanz 0,2915 g COg und 0,0983 g HgO ß-Amyrin 0,1020 „ „ 0,3150 „ „ „ 0,1048 „ „ Berechnet in Prozenten: Berechnet für et ß CgoHsoO: C = 84,59 84,31 84,51 H = 11,61 11,40 11,74. Das Amyringemenge bestand ungefähr aus gleichen Teilen o- und ß-Amyrin. Grleiche Mengen a- und ß-Amyrin lösten wir zusammen in Aether - Alkohol und stellten zur Krystallisation; wir erhielten so wieder ein Amyrin vom Schmp. 170°. Es scheint demnach, daß das nicht getrennte Amyrin nur eine Mischung gleicher Teile a- und ß-Amyrins ist, die zusammen krystallisiert einen niedrigeren Schmelzpunkt als die beiden Komponenten zeigen. Das o-Amyrin schmilzt bei 181° C, das ß-Amyrin bei 192°, während das Gemisch beider bei 170° schmilzt. Wie die bisher isolierten Amyrine anderer Elemisorten, so verhielt sich auch dieses Amyrin indifferent gegen Kalilauge und gegen schmelzendes Kali. Wir versuchten deshalb durch metallisches Natrium eventuell eine den Alkoholaten ähnliche Verbindung zu er- halten, indem wir das Amyrin in Aether lösten und kleine Natrium- stückchen zusetzten. Aber weder in der Kälte noch bei gelindem Erwärmen trat eine Reaktion ein und erhielten wir aus der ätherischen Lösung das Amyrin unverändert zurück. A. Tschirch u. 0. Saal: Tacainahaca-El(»mi. 361 Oxydation des Amyrins. Vesterberg*), der das Amyrin nach verschiedenen Richtuniren einer eingehenden Untersuchung unterwarf, erhielt durch Oxydation der Amyrine mit Chromsäure sowohl ein o- wie ein ß-Amyron. Er löste 5 g Amyrin in 15 ccm Eisessig und setzte 1,8 g krystallisierte Chromsäure in kleinen Portionen zu. Nach Nachlassen der heftigen Reaktion erwärmte er die Flüssigkeit noch eine halbe Stunde, und nach dem Erkalten schieden sich Krystalle aus, die er durch Umkrystallisieren reinigte. Dem a-Amyron gab er die Formel CaoH^sO + HgO, dem ß-Amyron C80H48O, ersteres schmolz bei 125 — 130°, letzteres bei 178—180». Um nun zu einem anderen Oxydationsprodukte zu gelangen, versuchten wir die Oxydation zunächst mit Kaliumpermanganat. 5 g Amyrin lösten wir durch gelindes Erwärmen in Eisessig und setzten der warmen Lösung so lange Kryställchen von KMn04 zu, bis keine Entfärbung der Lösung mehr eintrat. Das Reaktions- produkt erstarrte nach dem Erkalten zu einer braunroten Masse, die wir in Alkohol lösten. Die alkoholische Lösung fällten wir durch Eingießen in H Cl-haltiges Wasser. Die anfangs leicht braun gefärbten Flocken erhielten wir nach wiederholtem Ausfällen rein weiß. Durch häufiges Umkrystallisieren dieses Oxydationsproduktes resultierte ein rein weißer Körper von ähnlicher Krystallform wie das Amyrin selbst. Derselbe w^ar in kaltem Alkohol schwer löslich, leicht löslich in Aether, warmem Alkohol, Essigäther, Chloroform, Benzol, Toluol und Aceton. Seine alkoholische Lösung reagierte stark sauer. Nach dem Trocknen bei 100° zeigte der Körper einen Schmelz- punkt von 126 — 127°. Optisch verhielt er sich inaktiv. Die Elementaranalyse ergab für: 1. 0,1410 g Substanz 0,4240 g CO2 und 0,1432 g H3O 2. 0,1220 „ „ 0,3660 „ „ „ 0,1208 „ „ Berechnet in Prozenten: Berechnet für 1. 2. Im Mittel CsoHisOg: C 82,01 81,82 81,91 81,79 H 11,04 11,01 11.02 10,90. Betrachtet man das Amyrin als einen Alkohol der Formel C29H47 • CH2OH, also als primären Alkohol, so läßt sich ein Aldehyd wie eine Säure mit einer gleichen Anzahl von Kohlenstoffatomen erwarten. Die von Vesterberg durch Chromsäureoxydation dargestellten Amyrone entsprechen in der Tat in ihrer prozentischen Zusammensetzung dem 1) Ber. d. d. ehem. Ges. 24, 1891. ;\G2 A. Tschirch «. 0. Saal: Tacamabaca-Elemi. Amyrinaldehyd der Formel C29H47COH. Der von uds durch Oxydation mit dem stärker oxydierenden KMn04 erhaltene Körper würde die diesem Aldehyd entsprechende Säure sein der Formel C29H47COOH. Wir nennen den Körper deshalb Amyrinsäure. Diese Auffassung bestätigen die Resultate folgender Titration. Säure- und Verseifungszahlen der Amyrinsäure. Säurezahl, a) direkt: 1 g Säure braucht 2,25 ccm n/jg kOH = 12,60 S.-Z. d. b) indirekt: 1 g Säure braucht 2,25 ccm ^lio KOH = 12,60 S.-Z. lad. Verseifungszahl. a) kalt: 1 g Säure braucht 2,25 ccm "/lo KOH = 12,60 Y.-Z. k. b) heiß: 1 g Säure braucht 2,30 ccm °/io KOH = 12,88 V.-Z. h. 1 g Amyrinsäura braucht also im Durchschnitt zur Neutralisatiou 2.25 ccm n/10 KOH = 0,0877 K = 8,07 % K. Die Formel C29H47COOK verlangt 8,117% K. Die Molekulargewicbtsbestiramung Q?r Amyrinsäure, nach der Beck- mauü'schen Siedemethode ausgeführt, ergab: 1. 2. 3.' 4. 5. Im Mittel: 431 465 421 447 446 442. Die gefundenen Werte stimmen also mit dem Molekulargewicht 440 der Formel C29H47COOH gut überein. Das ätherische Oet. Das bei der Destillation mit Wasserdämpfen gewonnene ätherische Oel erinnerte in seinem Geruch nur wenig an die aus Elemi gewonnenen Oele. Es war von hellgelber Farbe und eigenartigem aromatischem, mehr an Borneol erinnernden Geruch. Bei fraktionierter Destillation ging bei 70° ein farbloses Oel von angenehmem Gerüche über. Bei 170 — 175° destillierte die Haupt- menge als ein hellgelbes Oel über, dem schon ein schwach brenzlicher Geruch anhaftete, der sich in den beiden folgenden Fraktionen bei 190—195° und 220° noch steigerte. Letztere Fraktion war schon stark gelb gefärbt, üeber 220° ging dann ein dunkelgelbes bis braunes, unangenehm stechend riechendes Oel über. Als Rückstand blieb eine dicke, dunkelbraune, stark teerartig riechende Masse zurück. Der Bitterstoff. Aus den Fällungswässern der Harzsäuren erhielten wir beim Eindampfen eine braunrot gefärbte Lösung, die durch ihren bitteren A. Tscbirch u 0. Saal: Tacamahaca-Elemi. 363 Geschmack auf die Anwesenheit eines Bitteistoflfe.s schließen ließ. Diesen rein zu erhalten, war uns nicht möglich. Bleiessig und Tannin- lösung rufen in der wässerigen Lösung eine starke Fällung hervor, Fehling'sche Lösung wurde reduziert. Bei weiterem Eindampfen der konzentrierten Lösung schied sich eine braunrote bittere Masse von Extraktkonsistenz ab, aus der sich aber keine krystallisierte Substanz isolieren ließ. Das Taceleresen. Als sich aus den Mutterlaugen der Amyrine auch nach langem Stehen keine Krystalle mehr abschieden, nahmen wir die Mutterlauge, die inzwischen Terpentinkonsistenz angenommen hatte, in kaltem Alkohol auf und fällten diese alkoholische Lösung durch Eingießen in H Cl-haltiges Wasser. Das Resen schied sich in rein weißen Flocken ab, die wir durch wiederholtes Lösen und Fällen reinigten. Den amorphen Körper suchten wir zu krystallisieren, doch blieben alle Versuche erfolglos. Ebenso verhielt er sich resistent gegen alle Reagentien. Er war löslich in Aether, Alkohol, Aceton, Chloroform, Petroläther und den gewöhnlichen Harzlösungsmitteln. Schmp. 75°. Die Eleraentaranalyse der über H2SO4 getrockneten Substanz ergab für: 1. 0,1572 g Substanz 0,4728 g CO2 und 0,1485 g H3O. 2. 0,1221 „ „ 0,8645 „ „ „ 0,1178 „ „ Demnach gefunden in Prozenten : Berechnet für 1. 2. Im Mittel (CigHgiO)!!: C 82,04 81,42 81,73 81,81 H 10,55 10,72 10,62 10,90. Einwirkung von starker Salpetersäure auf Amyrin und Resen. Schwanert') erhielt durch Einwirkung von starker Salpeter- säure auf verschiedene Oele, Kampher und Harze neben Kamphersäure eine Säure, die er mit dem Namen Kamphresinsäure bezeichnete. Er stellte diese Kamphresinsäure dar aus Kampheröl, Wermutöl, Borneo- Kampher, Pfefferminzkampher, Terpentinöl, Ozokerit, Bernstein, Ammoniakum, Galbanum, Kautschuk. Ebenso erhielt er sie, wenn auch nicht rein aus Elemi, Olibanum und Mastix. Es veranlaßten ihn diese Resultate zu dem Schluß, daß die Kamphresinsäure ein sehr häufig auftretendes Zersetzungsprodukt von Kampfer, ätherischen Oelen und Harzen ist, wenn sie mit konzentrierter Salpetersäure lange gekocht werden, und daß sie wohl ebenso häufig aus diesen Substanzen gebildet wird, wie die Oxalsäure unter gleichen Umständen aus den Kohlehydraten und den ihnen verwandten Substanzen. 1) Liebig's Ann. 1863, Bd. 128. 364 A. Tschirch u. 0. Saal: Tacamahaca-Elemi. Er nimmt an, daß sie aus solchen Stoßen gebildet wird, die entweder nach der Formel CioHie zusammengesetzt sind, oder die eine in diesem Verhältnis zusammengesetzte Verbindung gleichzeitig mit und dann auch wohl noch mit größerem Gehalt von H enthalten. Somit wird sie aus den meisten Kampferarten, flüchtigen Oelen, vielen Harzen und Balsamen durch HNO3 dargestellt werden können. Daß ihre Bildung aus diesen Stoffen direkt erfolgt, daß derselben nicht die Bildung der Kampfersäure vorhergehen muß, obgleich diese in Kampfersäure über- gehen kann, ist dadurch bewiesen, daß auch keine Kampfersäure liefernden Oele und Harze Kamphresinsäure liefern. Aber Be- dingungen zu ihrer Bildung scheinen einmal die Verwendung großer Mengen der einwirkenden Salpetersäure, zum andern eine lange an- dauernde Einwirkung derselben auf die erwähnten Stoffe zu sein; geringe Mengen oder schwache Salpetersäure geben, soweit darüber für die betreffenden Stoffe Untersuchungen vorliegen, andere Zer- setzungsprodukte. Diese von Schwanert als Kamphresinsäure bezeichnete Säure wurde später als ein Gemisch von Kampfersäure und Kamphoronsäure erkannt. Tschirch und Conradj''^) behandelten in dieser Weise das aus dem Galbanum isolierte Galbaresinotannol, sie erhielten hierbei sowohl Kampfersäure wie Kamphoronsäure. In derselben Weise ließen wir nun zunächst Salpetersäure vom spez. Gew. 1,34 auf Amyrin einwirken, indem wir das Gemisch in einer Retorte auf dem Wasserbade erwärmten. Nach ca. 20 stündigem Erhitzen war vollständige Lösung des Amyrins eingetreten. Die salpetersaure Lösung schied nach dem Erkalten gelbe harzige Flocken ab; dieselben waren selbst nach wiederholtem Fällen nicht rein weiß zu erhalten und ließen sich auch aus keiner Flüssigkeit krystalli.->iert erhalten. Die Substanz schied sich immer wieder als gelbbraune harzige Masse aus. Die getrockneten amorphen Flocken untersuchten wir auf N, um zu sehen, ob vielleicht eine Nitrierung des Körpers erfolgt sein konnte. Wir schmolzen eine kleine Menge mit Na-Metall, lösten die Schmelze in W^asser, filtrierten ab und versetzten mit Ferrosulfat und Ferrichlorid, hierauf fügten wir einige Tropfen Natronlauge hinzu, kochten und säuerten mit Salzsäure an. Ein Niederschlag von Berliner Blau entstand nicht, folglich enthielt die Substanz auch keinen Stickstoff. Die salpetersaure Lösung, die nach wiederholtem Fällen mit viel Wasser endlich klar blieb, enthielt neben Salpetersäure sowohl Oxal- säure, wie Pikrinsäure, beide Körper sind also Oxydationsprodukte des Amyrins. 1) Arch. d. Pharm. 189i, S. 121. A. Tschirch u. 0. Saal: Tacamahaca-Elemi. 365 In derselben "Weise behandelten wir auch das Resen. Auch hier gelangten wir zu denselben Resultaten: Es entstand eine in Wasser unlösliche, amorphe, harzige, gelbe Masse, und in Lösung ging Oxal- säure und Pikrinsäure. Kauipfersäure und Karaphoronsäure waren in beiden Fällen nicht entstanden. Quantitative Zusammensetzung. Die Zusammensetzung des Tacamahaca-Elemi ist folgende: I. Freie Harzsäuren. 1. Durch Ausschütteln mit Ammonkarbonatlösung erhält man eine amorphe Säure, die a-Isotacelemisäure, vom 8chmp. 120 bis 122^ der Formel C37H5e04 entsprechend. 2, Durch Ausschütteln mit Sodalösung erhält man: a) eine gut krystallisierte Säure, die Tacelemisäure, Schmp. 215". b) eine amorphe Säure, die ß-Isotacelemisäure, Schmp. 120 ''. II. Amyrine. Das Tacamyrin, mit den aus anderen Elemisorten isolierten Amyrinen identisch, Schmp. 170". Das Tacamyrin läßt sich in ein a- und ß-Amyrin zerlegen. o-Amyrin Schmp. 181". ß-Amyrin Schmp. 192°. Beide Körper gehören zu den Resinolen und entsprechen der Formel C30H50O, was durch die Molekulargewichtsbestimmung bestätigt wurde. III. Aetherisches Oel. In geringer Menge, ein gelbes angenehm riechendes Oel. Die Hauptmenge destilliert bei 170 — 175". IV. Resen. Das Taceleresen, ein gegen Alkalien beständiger, amorpher Körper. Schmp. 75". In 100 Teilen der Droge sind enthalten: Tacamyrin 30—35% a-Isotacelemisäure 5. Tacelemisäure . 2. ß-Isotacelemisäure 3„ Aetherisches Oel 2„ Bitterstoff . . ^2. Resen .... 30—35 „ Verunreinigungen 15 „ 366 A. Tschirch u. 0. Saal: Harze der Elemigruppe. Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Bern. Untersuchungen über die Sekrete. 63. Allgemeine Betrachtungen über die Harze der Elemigruppe. Von A. Tschirch und 0. Saal. (Eingegangen den 31. III. 1904.) Unter den Harz produzierenden Pflanzenfamilien liefern wohl wenige Familien eine gleiche Anzahl gut charakterisierter Harze, wie die Familie der Burseraceen. Siegehören ihrer Zusammensetzung nach zu den Resenharzen. Tschirch teilt sie in drei Gruppen ein: 1. die Elemigruppe, wozu die Elemiarten zu rechnen; 2. die Boswellia- oder Hedwigiagruppe, hierher gehörig Olibannm, Hedwigiaharz und Mastix, und endlich 3. die Balsamodendrongruppe, wozu der Mekkabalsam, das Bursaopopanax, das Bdellium und die Myrrhe zählt. Herrschte früher in der großen Gruppe der Elemis eine gewisse Willkür '), indem man viele Burseraceenharze als elemiartig oder den Elemis nahestehend bezeichnete, so hat doch diese Willkür durch die Arbeit von Tschirch und Crem er ^) insofern eine Einschränkung- erfahren, als dieselben als echte Elemiarten nur noch jene Harze be- zeichnen, die charakterisiert sind durch das Vorhandensein von Amyrin, jenes zu den Resinolen gehörigen Körpers der Formel C30H50O. Und tatsächlich hat die Untersuchung vieler Elemiarten ver- schiedener Provenienz bestätigt, daß in allen das Amyrin gleiche Zusammensetzung und die gleichen Eigenschaften zeigt, während die sonstige Zusammensetzung je nach der Herkunft der Harze eine ver- schiedene ist. Einer eingehenden Untersuchung unterwarfen Tschirch und C r e m e r ^) : 1. Ein weiches Manilaelemi von Canarium commune, einer Burseracee der Philippinen. 1) Wiesner, Rohstoffe des Pflanzenreichs, S. 237; Dieterich, Analyse der Harze, S. 132. 2) Studien über Elemi, Arch. d. Pharm. 1902, S. 295. 8) Arch. d. Pharm. 1902, S. 293. A. Tschirch u. U. Saal: Harze der Elemigruppe. 367 2. Ein hartes Manilaelerai derselben Provenienz, das aus vorigem offenbar nur durch Eintrocknen des Harzes am Baum und Verdunsten des ätherischen Oeles entstanden ist. (Es wäre demnach das weiche Elemi dem Terpentin, das harte dem Galipot vergleichbar.) 3. Ein Yucatanelemi aus Zentralamerika von der Rutaceen- gattung Amyris. 4. Ein afrikanisches Elemi aus der Gegend von Kamerun, vielleicht von einer Gattung Canarium (?). 5. Ein brasilianisches Protiumelemi von Almessega branca (Protium heptaphyllum March. var. venenosum Engl.). Tschirch und Reutter*) studierten ein Caricarielemi aus Brasilien, das von der brasilianischen Ausstellung in Berlin 1880 herrührte. Die Stammpflanze dieses Harzes ist unbekannt; da jedoch seine Zusammensetzung mit dem von Saal^) untersuchtem Caranaelemi gut übereinstimmt, so ist wohl anzunehmen, daß es auch von einem Baum der Gattung Protium stammt. Hieran schließen sich dann die von uns zuletzt untersuchten Elemiharze ^) : 1. Ein Caranaelemi von Protium Carana (Humb.) L. March aus Nordbrasilien. 2. Ein Colophoniaelemi von Colophonia Mauritiana (der Name Colophonia ist ein Synonym für Canarium), gewonnen auf der Insel Mauritius. 3. Ein als Tacamahaca bezeichnetes Elemi, dessen Stammpflanze unbekannt, welches aber von den Philippinen stammt. Seine Zusammen- setzung und die Aehnlichkeit mit dem von Cremer studierten Manila- Elemi (hart) lassen jedoch vermuten, daß es auch von einem Baum der Gattung Canarium gesammelt und an diesem durch Eintrocknen und Verdunsten des ätherischen Oeles entstanden ist. In Tabelle I haben wir die Zusammensetzung dieser einzelnen Elemisorten nebeneinandergestellt. In allen besitzt das Amyrin gleiche Eigenschaften und Zusammensetzung. Es ist nach seinem Verhalten zu betrachten als ein primärer Alkohol der Formel C29H47CH2OH, dem ein Aldehyd C29H47COH und eine Säure C28H47COOH entspricht. Neben diesem enthalten die Elemis eine Reihe von Harzsäuren, die teils krystallisiert erhalten werden konnten, teils amorph waren. Tabelle II gibt eine Uebersicht über diese Harzsäuren. 1) Arcb. d. Pharm. 1904, S. 117. 2) Arcb. d. Pharm. 1903, S. 149. 8) Arcb. d. Pharm. 1904, S. 368 A. Tschirch u. 0. Saal: Harze der Elemigruppe. "3 o 00 O o ö5 *9 Ä« &? 2 i 1 1 1 1 CC O eo cg 1 1 1 -«: ^i i> X o ä« Ä« 5rS *« äS CT*. s« »e lO o O ^, o lO o S2 § «3 1 O S 2 o 1 o 1 i s 1 s m Tj< CO 1 o s » 2 o "o eo g 1 CO © P3 i CO 5 1 o o n: S O CO CO 3 CO o J5 c eo e s, >^ >^ p"^ -- ^ -*-' ^^ "Z^ C5 &H a B. "o CO "^ J! ■^ ■o a a. cJ ^^ ^^ ^ cF o 3 1 E 1 ^ = 1 _c 7 o ; = -o i o 1 >> *•> P2 1 1 'S ca CO 1 ' 1 ' 1 ^ ^ 1 9 ' cf ^i^ 'S L. <5« ar« är5 2 a« £ &« X 9 5 i§ i,s CO O T-l •f i> :|« a« trS L. .2 OQ :cö m ~ a 1 1 1 1 s o O •>3" s s -* 'S ^ O) 3 O o CO 'S "g 'S o o CO -2 S o Oh ^ a 5 ci a o a eo c ü cJ* 03. o CO.!^ 0^ o a> s« (C &5 *s O *s &s a« S« ^^ B « Ui o j; 1 © o 1 cg £ 00 ?> CO 2 "^ ^ E Sx ■■■A T -.5 «s :§ 1 T-t 1 :cS 3 00 ce E :5ä "s CO 'ä g 2 00 ■ ^ .2 £ t-i CO 05 U es 's c? 'S 2 1 1 B ^ g S ^ S <:? 3 s ^ ^ 5 S !^ ^s CO 2 C3 g 'S a iJ ^ C oö. cJ cri. '3 r^ ^ C? o C3 C? C9 .2 « oS 33 *« Oi ^ a« CS arS ei &« 2 s« c? to ■■zä 05 lO 5 N s o 2 Cd s 3 ••es 1 1 :p 2 US .2 tH .2 N ,,— lO *r- 00 • ^ .^ 2 'a 2 g 1 i 1 CS ^ a ^ rS « s 'S ^ ca. "ffl o o:) o o o c:) 'S J o " "=^ ■a e ^ s o c3 o CO es S a E: H 3 ö ^os ö iL o CD cS* OQ _co ö CO ^c? _® a-s a's a9 &s &5 Ä« öS a? *s 09 1 kO o lO lO 2 CO in s iQ •S S es s .s 1 CS o CM o 'Xm s 08 (3 1 o i 7 o T-l o •IT .2 1 o .s 1 o g 5 03 1 o o 'S a o -. CO c eo SC i <; M o c3 rl s 2 o o CG o S :;;> a 'S 1 -4 o o o o o s o eo eo CO CO -?p cS" O o ZJ ü c^ O c:j O i ^25 a '3 5ä / — s ja 'S i 1 's o 3 s cä "S 11 .■2 g s cn IQ a C3 'o a o C3 a Ol 1 a o Oh a cd § s s -=1 s c3 ?3 O 'S cä u ea 3- ü A. Tscbirch u. 0. Saal: Harze der Klemigruppe. 369 z, s 3J a: 3 >0 |l a? f « » a ^* X 11 •« 1 ■>0 O: o; rc ■n i> ' es «ja xT 05" x' 0: ao'oJ » V3 0». " a> ^ «P s-(M < = (N iL° 3 '■■r. T* a 3.0 •.:a — E .1§ OX 7= « '3 O =9 «= S-M aS c S '^ *s t ^, ^ s> ^. X <>] •§ a- •* «5 Q? • -^o 1 1 c a o i s CO 00 »' Ol" ^a •-OCC x'aT 1-- D a a ör/? oo. 53 a « S .^5 ;^ K üffi s a Ol k S o. CO — 's Ä tc •— ' = 3. lO j 1 CS 'i ^1 s S CS ja rc £l 0:0 00 35 — LÜ .^ a> © . -a S ■f. 3 s 3 1^ i ^ 5? c 53° .1^ K =5« «^ 2° s :cS(N CO ,—1 ^ s :fl 'l^ oa - ä D. TC '^ 3 <-: X sc 1 s « ^ 'S 1 1 ■53 g 'C ja II 3f oT II X X x'ctT -1^ ■<-! i :3 « o L^ -3^ t> T3 a ~^ 3 • _4 f. J 's 1 1 1 1 "5 3. :3 Hm =*- >^ 1 ■^x^ JC o -3 S o < 'S 1^ E s J3 '2 7g 3 1 "a . ° a i> t> Oi cc 05" 0' 1 1 1 i> i-i ' = N 3 a» , — . |S ^ S 0:3 .£ 1 .2 JM'M S5 c ao ^= c 1— 1 cä e S S t^ ülir ruf "las Tau.'*end der Auflage — z Z. 4200 — M 10.— . Küi' Beilagen, welche ni<^lit oom Format des „Archiv* entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten. Signirapparat allein. Erfindung des Pharmazeut. J. Pospisll, Stefanan-Olmütz. Unbezahlbar zum vorschriftsmässigen Signiren der Standgefässe, Schub- laden, Preisnotiren etc. liefert schöne, dauerhafte Schilder in allen vor- kommenden Grössen in schwarzer, rother und weisser Schrift. Muster gratis. Andere Signirapparate sind Nachahmungen. [3 Extr. Filicis Ph. G IV. P'risch bereitet. Dr. Weppen & Lüders, Blankenburg a. Harz. [5 Nach § 52 der nenen Apotheken-Betriebsordnung mnss in jeder homöopathischen Apotheke und in jeder ärztlichen homöopathischen Hansapotheke ein homöopathisches Arzneibach vorhanden sein. Wir empfehlen daher aufs Wärmste das vom Dentschen Apo- theker -Verein herausgegebene Deutsche homöopathische Arzneibuch welches dem heutigen Standpunkte der Homöopathie und den Anschauungen der weitaus grössten Mehrheit der deutschen homöopathischen Aerzte ent- spricht und eine zuverlässige Grundlage für die Anfertigung, Prüfung und Bearbeitung homöopathischer Arzneien bietet. Bestellungen sind an den Selbstverlag des Dentschen Apotheker -Vereins zu richten. Berlin 0.2, Neue Friedrichstr. 43 Preis eines dauerhaft gebundenen Exemplars (Halbfranz) 6 Mark bei Voreinsendung. von Poncet Glashütten -Werke BERLIN SO., Köpnickerstr. 54. Fabrik und Lager sämmtiictier Befasse u. Utensilien für ctiem., pliarmac. Gebraucb fikWzr für €maillc-Schriftmalerci auf Glas- und Porzellangetässe. Specialität : EiiiriclitüiiE y. Apmeißn, ciieiii. Laboratorien etc. Preisverzeichnisse gratis und franco. f^ I^chröiler & Krämer HAMBURG Illlanroclioi- III. 331. 3mport von Drogen, fabrik pharm. Präparate. Vorteilhafte Bezugsquelle für Fluidextrakte, Liquor cresoli saponat. hell, Kresomulgin , Oleum jecoris, Oleum jlivarum, Styrax depuratus, Tüicturen, Unguentum paraffini D. A., VaseUna flava american^ sowie für ausländische Drogen in allen Bearbeitungsformen. j7Ues vorschriffsmässig und revisionsfähig. Chemische fabrik von ^eyöen Radebeut-Dresden. Originalprodukte „HEYDEN" von uns in die IVIedizin eingeführt: Salicylsäure, salicylsaures Natrium. Salol. Creosotal, Duotal, Xeroform, Orphol, Acoin, Collargolum, Itrol, Solveol etc. (S^os^ Neu: Salocreol, ._^2x^c) zur äußerlichen Behandlung rheumatischer Erkrankungen und skrofulöser Drüsenanschwellungen. ■==z Neu: Gebrauchsfertige Nährklistiere ■=. nach Prof. Dr. Schmidt. ■iF" Neu: Calodal Eiweißpräparat zur subkutanen und rektalen Ernährung, sowie per os. Wir liefern in bester Qualität Acetylsalicylsäure in Substanz und als leicht zerfallende Tabletten. Guajacol, cryst. und liquid., sailcylsaures Wismut, Benzonaphtol, Betol, Phenacetin, Lactophenin, Hexamethylentetramin, Diacetylmorphinum hydrochlor., Kalium sulfoguaiacolicum etc. Verkauf durch den Gross - Drogrenhandel. Che3iische Fabrik Cotta ^ E. HEUER ^ empfiehlt als zuverlässigste Anaesthetica Aether pro narcpsi I Marke LH, Chloroform, puriss. | Zu beziehen durch die Medizinal -Drogenhäuser. ■■ Druck von Deuter & Xicolas, Berlin C. Xeue Friedrichstrasse 43. ARCHIV DER PHARMAZIE herausgegeben Deutsctien Apotheker -Ter ein unter Redaktion von E. Schmidt und H. ßeckiirts. Band 242. Heft 6. BERLIN. Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 1904. Ausgegeben den 11. August 1904. INHALT. Seite B. Molle und H. Kleist, Veronal 401 G. Kassner, Ueber Selbstreinigung einer eisenhaltigen Mangan- lösung 407 E. Schmidt, Ueber die Lupinenalkaloide 409 G. F. Bergh, Ueber die Alkaloide der perennierenden Lupine . 416 A. Segin, Ueber den Nachweis von Kokosfett in Butter . . . 441 E. Rupp und A. Bergdolt, Ueber eine titrimetrische Bestimmung der Erdalkalimetalle 450 C. Hartwich und M. Winckel, Ueber das Vorkommen von Phloroglucin in Pflanzen 462 A. Rosenstiehl, Ueber die Gegenwart von Lecithin im Weine 475 A. Partheil und J. A. Rose, Die gewichtsanalytische Bestimmung der Borsäure durch Perforation mit Aether 478 Eingegangene Beiträge. F. Kraft, Ueber das Filmaron, die anthelmintisch wirkende Substanz des Filixextraktes. C. Mannich, Ueber die Einwirkung der Salpetersäure auf Phloro- glucintrimethyläther. M. Scholtz und P. Pawlicki, Die Halogenalkyladditionsprodukte des Sparteins. (Geschlosseii den 3. VIII. 1904.) Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,- . Alle Beiträge für das „Archiv" sind an die A.rch.iv - I^edalitioii Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder Herrn Geh. Med. -Rat Professor Dr. H. Bßckurts in Braunschweig, alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv -Verwaltung und die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den Deutschen Apotlxelier -Verein Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43 einzusenden. A n ze igen. iji Seite zum Preise von M 50.— ; !/•> Seite zum Preise von M 30.—; V4 Seite zum Preise von M 20.— -. Vs Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundschrift ist Petit. Beilage-Gebühr tür das Tausend der Auflage — z. Z. 4200 — M 10.—. Für Beilagen, welche nicht dem Format des „Archiv" entsprechen, hleibt besondere Vereinbarung vorbehalten. B. Molle u. H. Kleist. Veronal. 401 Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der Universität Berlin. Mitgeteilt von H. Thoms. Ans der Abteilang für die IJntersnchnng von Arzneimitteln, Spezialitäten nnd Geheimmitteln. Veronal. Von Dr. phil. B. Molle und Dr. med. H. Kleist. l'.R'" (Eingegangen den 2. VI. 1904.) A. Chemischer Teil. Von Dr. phil. B. Molle. Mit dem Namen Veronal belegen E. Fischer und J. v. Mering den von ihnen dargestellten und untersuchten Diäthylmalonylharnstoff: Das Veronal wird durch Kondensation von Harnstoff und Diäthyl- malonsäureester dargestellt. Während über die physiologischen Wirkungen des Veronals in der verhältnismäßig kurzen Zeit seines Bekanntseins bereits eine größere Zahl von Arbeiten publiziert wurde, ist über sein chemisches Verhalten und seine chemische Erkennung bis jetzt außer den wenigen Angaben in der Therapie der Gegenwart 1903, Heft 3 und einer aus der jüngsten Zeit stammenden Reaktion mit Quecksilbersulfat (Den ig es Reagens) von M. P. Lemaire (Bulletin des travaux de la Societe de Pharmacie de Bordeaux, Jahrgang 44, Februar 1904, S. 37) nur wenig bekannt geworden. Veronal stellt ein weißes, schwach bitter schmeckendes bei 191" (korr.) schmelzendes Krystallpulver dar, das sich 1 : 145 in Wasser von 20° löst, während sein Lösungsverhältnis bei Siedetemperatur 1 : 12 beträgt. Den gebräuchlichen Lösungsmitteln gegenüber, welche sämtlich Veronal aufnehmen, verhält es sich folgendermaßen: Es löst sich leicht in Aether, Aceton, Essigäther, warmem Alkohol, schwerer in kaltem Alkohol, Chloroform, Tetrachlorkohlen- stoff, Eisessig, Ligroin, Benzin, Amylalkohol, noch schwerer in trockenem Petroläther und warmem Anilin, ziemlich schwer in warmem Benzol. Ebenso wird es scheinbar ohne jede Veränderung von kalter konzentrierter Schwefelsäure gelöst, auch von kalter Natriumkarbonat- Arch. d. Pharm. CCXXXXII. Bds. 6. Heft. 26 402 B. Molle u. H. Kleist: Verona!. und kalter Aetzkalilösung wird es ohne Zersetzang in ziemlich erheblicher Menge aufgenommen, indem lose salzartige Verbindungen gebildet werden, die wasserlöslicher sind als das Veronal selbst. Es wurde versucht auf dem Wege der Spaltung ein Erkennungsmerkmal zu finden, was auch gelang. Denn bei längerem Erwärmen einer Natriumkarbonat enthaltenden Lösung von Veronal entwickelt sich zunächst Kohlensäure und dann Ammoniak. Wendet man statt des Natriumkarbonats Aetzalkali an, so tritt, sowohl in wässeriger wie alkoholischer Lösung, nur Ammoniak auf, die gebundene Kohlensäure erkennt man dann beim Ansäuern. Ebenso entweicht Ammoniak, wenn man eine kleine Menge Veronal mit etwa der 10 fachen Menge trockenem Aetzalkali im Reagensrohr schmilzt. Führt man den letzteren Versuch in etwas größerem Maßstabe durch, etwa mit 5,0 g und 50 — 60 g Aetzkali, indem man vorsichtig in das geschmolzene Kali kleine Mengen Veronal einträgt und bis zum ruhigen gleichmäßigen Fließen erhitzt, so gelingt es, beim Aufarbeiten der erkalteten Schmelze nach dem Ansäuern und Ausäthern Diäthylessig- säure zu isolieren, die an ihrem, an ranzige Butter erinnernden, etwas stechenden Gerüche, der schlechten Mischbarkeit mit Wasser und dem aus alkoholisch- wässeriger Lösung leicht erhältlichen Silbersalze erkannt werden kann. Die Silberanalysen des auf diese Weise dargestellten Salzes ergaben folgende Zahlen : a) 0,0584 g Substanz lieferten 0,0284 Ag, entsprechend 48,63 % Ag. b) 0,0832 g Substanz lieferten 0,0404 Ag, entsprechend 48,56% Ag. Berechnet für diäthylessigsaures Silber (Ca 115)2 CH • COO Ag: 48,10% Ag. Obige Reaktion verläuft wie folgt: (C2H5)2CCO + 5K0H = (C2H5)2CHCOOK + 2CO3K2 + 2NHa, wobei intermediär die Bildung von diäthylmalonsaurem Kalium an- genommen werden kann. Dieses spaltet bei der hohen Temperatur CO2 ab und bildet so das diäthylessigsaure Kalium. Auch der abgespaltene Harnstoff kann bei dieser Temperatur nicht bestehen und zerfällt in Kohlendioxyd und Ammoniak. Da Versuche, das Veronal glatt in Diäthylmalon säure und Harn- stoff zu spalten, keine brauchbaren Resultate ergaben, wurden Oxy- dationsversuche mit Salpetersäure, Chromsäure, Kaliumdichromat und Schwefelsäure, salpetriger Säure und anderen Oxydationsmitteln an- gestellt. Aber auch hierbei ließ sich eine charakteristische, in der Praxis verwertbare und leicht auszuführende Erkennungsreaktion nicht ermitteln. Ließ man Bromlauge auf Veronal bei gelinder Wärme B. Molle u. 11 Kleist: Veronal. 403 einige Zeit einwirken, 30 konnte eine schwache Blasenentwickelung, herrührend von Stickstoff, festgestellt werden. Dieser Reaktion kann man jedoch, besonders wenn das ]Material nicht absolut rein ist, wie das z. B. in forensischen Fällen leicht vorkommen kann, keine besondere Beweiskraft beimessen. Anders verhält es sich mit der folgenden, die von dem einen von uns schon Anfang Februar unabhängig von der oben angegebenen Lemaire'schen Reaktion mit Deniges Reagens aufgefunden wurde. Gibt man zu etwa 1—2 com einer möglichst gesättigten kalten Veronallösung zwei Tropfen Salpetersäure und dann tropfenweise Millon'sches Reagens (eine Lösung von Merkurinitrat) hinzu, so entsteht eine weiße gallertige Fällung. Ein Ueberschuß an Fällungs- mittel ist zu vermeiden, da sich sonst der Niederschlag wieder löst. Aus der Fällung läßt sich das Veronal wieder leicht vollkommen rein zurückgewinnen. Diese Reaktion mit Millon's — neben der mit Deniges — Reagens und die Eigenschaft des Veronals, in prachtvollen farblosen harten Nadeln zu sublimieren, sowie die Ermittelung seines Schmelz- punktes dürtten geeignet sein, das Veronal mit Sicherheit zu erkennen TJm Veronal im Harn, in welchen es den Untersuchungen von Dr. Kleist zufolge (s. die nachstehende Arbeit!) unverändert über- geht, nachzuweisen und quantitativ zu bestimmen, wurde ein besonderes Verfahren ausgearbeitet. Der zu untersuchende Harn wird mit Bleiacetatlösung versetzt, bis keine Fällung mehr erfolgt, der Niederschlag abfiltriert und gut aus- gewaschen. Das Filtrat sättigt man mit Schw^efelwasserstoflf, trennt vom Bleisulfid, wäscht abermals gut aus und verjagt aus dem Filtrat den überschüssigen Schwefelwasserstofi durch Hindurchsaugen von Luft. Nun erhitzt man die auf das doppelte Volum mit Wasser ver- dünnte Flüssigkeit mit guter Tierkohle, filtriert, wäscht mit heißem destillierten Wasser gut aus und dunstet auf dem Wasserbade auf ein kleines Volum ein. Die erkaltete Flüssigkeit sättigt man mit Koch- salz und schüttelt dreimal mit Aether aus. Nach dem Verdunsten des Aethers wird zur Entfernung der geringen Mengen mit aus- gezogener Essigsäure im Vakuumexsiccator getrocknet. Ein Reinigen konzentrierterer wässeriger Lösungen mit Tierkohle hat sich für quantitative Bestimmungen als nicht geeignet erwiesen, da hierdurch nicht unerhebliche Verluste entstehen. Das nach vorstehender Methode aus dem Harn abgeschiedene Veronal erweist sich als hinreichend rein. Man erhält von dem im Harn gelösten Veronal über 90% wieder. 26* 404 B. Molle u. H. Kleist: Veronal. 1. Aus 100 ccm Harn, der in 250 ccm 0,1 g Veronal enthielt wurden 0,0370 g = 92,5 % nach dreimaligem Ausschütteln mit je 25 ccm Aether wiedergewonnen, 2. Aus 100 ccm Harn, der in 250 ccm 0,25 g Veronal enthielt, wurden auf gleiche Weise 0,0934 g = 93,4% Veronal erhalten. Bei Versuchen, die ohne Verwendung von Tierkohle nach obiger Methode ausgetührt wurden, waren die folgenden Resultate erhalten worden : 3. Aus 100 ccm Harn, der in 250 ccm 0,1 g Veronal enthielt, wurden 0,049 g, in einem zweiten Falle 0,050 g Veronal wieder- gewonnen. 4. Aus 100 ccm Harn, der in 250 ccm 0,25 g Veronal enthielt, wurden auf gleiche Weise 0,111 g Veronal erhalten. Der Rückstand war indes schwach gelb gefärbt und der Schmelz- punkt des Rückstandes 3 — 4" niedriger als der des Veronals. Ein vorheriges Reinigen durch Tierkohle, wie es vorstehend beschrieben ist, erweist sich daher als notwendig. Inzwischen haben E. Fischer und J. v. Mering^) über eine quantitative Bestimmung von Veronal im Harn berichtet. Die genannten Autoren verfahren in der Weise, daß der Veronal enthaltende Harn unter vermindertem Drucke bei 20 — 30 mm auf etwa ^/i5 seines ursprünglichen Volumens eingedampft und der Rück- stand durch wiederholtes Ausschütteln mit Aether vom Veronal befreit wird. Hierbei entsteht eine Emulsion, welche durch starkes Zentrifugieren getrennt werden kann. Der gefärbte Aetherrückstand wird dann in heißem Wasser gelöst, mit Tierkohle V2 Stunde lang gekocht, heiß filtriert und auf 0" abgekühlt. Auf diese Weise wurden 89% des angewendeten Veronals wiedergewonnen. Der praktischen Verwertung dieser Methode stellen sich nun einige erhebliche Schwierigkeiten in den Weg, insofern man nicht immer in der Lage ist, ein Abdampfen unter vermindertem Drucke vorzunehmen und auch ein Zentrifugieren größerer Mengen emulgierten Aethers nur in wenigen Laboratorien ausgeführt werden kann. Da meine oben beschriebene Methode gleich gute Resultate liefert, wie die Fischer-Mering'sche, so kann jene daher gleichfalls zur Ausführung empfohlen werden. Für die Aufnahme des Veronals in das Arzneibuch würde sich folgende Fassung empfehlen: 1) Therapie der Gegenwart 1904, Heft 4, S. 145. B. Molle u. II. Kleist: Veronal. 406 Yeroiialam. Diäthylmalonylharnstoff : q^ H^'^^'^CO— NH-^^^* "Weißes, schwach bitter schmeckendes Krystallpulver. Schmelz- punkt 191°. Ohne Rückstand sublimierbar, bez. hierbei nur einen schwachen Anflug von Kohle hinterlassend. Löslich in ungefähr 145 Teilen Wasser von 20", in ungefähr 12 Teilen siedendem Wasser. Leicht löslich in Aether, Aceton, Essigäther, warmem Alkohol, schwerer löslich in Chloroform, Eisessig, Benzin, Amylalkohol. Die gesättigte wässerige Lösung gibt nach dem Ansäuern mit Salpetersäure auf Zusatz von Milien 's Reagens eine weiße gallert- artige Fällung. Beim Eintragen von 0,2 g Veronal in schmelzendes Aetzkali entwickelt sich Ammoniak; beim Ansäuern der erkalteten Schmelze mit verdünnter Schwefelsäure entweicht Kohlendioxyd, und Geruch nach Fettsäure tritt auf. Vorsichtig aufzubewahren 1 B. Physiologischer Teil. Von Dr. med. H. Kleist. Die Wirkung des Veronals wurde festgestellt an Fröschen, Hunden, Kaninchen, Bakterien und auf Blut. Der eingehende Bericht über diese Arbeit wird in der „Therapie der Gegenwart" erscheinen. Im folgenden mögen die Ergebnisse der physiologischen Prüfung des Veronals kurz mitgeteilt sein. Bakterizide Eigenschaften kommen dem Veronal nicht zu. Das Wachstum des Bacillus pyocyaneus, Staphylococcus aureus, B. prodigiosus, B. subtilis und B. addi lactis wurde bei einer Konzentration von 0,45 % Veronal in Peptonwasser nicht gehemmt. Auch auf Blutfarbstoff und Blutkörperchen wirkt eine neutralisierte Auflösung von Veronal in physiologischer Kochsalzlösung in einer Konzentration von 1%, 10 ccm auf 10 ccm Blutlösung, nicht ein. Bei Fröschen (Rana esculenta) wird das Zentralnervensystem nach Veronalgaben gelähmt, und zwar wird zuerst das Gehirn an- gegriffen, erst später das Rückenmark. Ein Einfluß auf das periphere Nervensystem und auf die Muskulatur läUt sich nicht nachweisen. Dem Strychnin kommt bei einer Veronallähmung antidotarische Wirkung nicht zu. Ebenso wie beim Warmblüter beträgt beim Frosch die letale Dosis 1 g pro Kilo. Um beim Warmblüter eine schnelle und intensive Wirkung zu erhalten, muß das Veronal in Lösung eingeführt werden- In Substanz 406 B. Molle u H. Kleist: Yeronal. gegeben, wird es zwar durch die Alkalescens des Darmes auch bald gelöst und resorbiert, doch ist die Wirkung schwächer. In Substanz subkutan appliziert ist die Wirkung wegen der Tage in Anspruch nehmenden Resorption nur sehr schwach. Yeronal. in Lösung direkt in die Blutbahn eingeführt, läßt sich schon nach 40 Minuten im Urin nachweisen. Trotz dieses schnellen Einsetzens der Ausscheidung vermag jedoch der Organismus sich der ganzen Masse der eingeführten Substanz erst in einigen Tagen zu entledigen; und damit wird die verhältnismäßig lange Dauer der Wirkung verständlich. Während sich das Mittel in kleinen Dosen als vorzügliches und relativ unschädliches Hypnotikum erweist, führen große Dosen Yergiftungserscheinungen herbei. Die Temperatur fällt beträchtlich herab (bis zu 3° beobachtet), die Hautgefäße kontrahieren sich und die dadurch bedingte Abkühlung der Haut ruft Schüttelfröste hervor. Xach dem Erwachen besteht augenscheinlich starkes Unlustgefühl. Spuren von Eiweiß finden sich im Urin zuweilen. Bei chronischer Vergiftung eines im Wachstum begriffenen jungen Hundes ließ sich eine G-ewichtszunahme von 95 g innerhalb von 10 Tagen feststellen. Wie Versuche an einer überlebenden Xiere lehrten, werden die Xierengefäße durch Veronal erweitert, Entzündungen oder degenerative Prozesse aber vermag das Veronal weder in der Xiere noch in der Leber selbst bei chronischer Vergiftung zu erzeugen. Auf Grund dieser Untersuchungen muß das Veronal in kleinen Dosen als ein relativ unschädliches und deswegen wie auch wegen der Promptheit und der Dauer der Wirkung, der leichten Löslichkeit und Resorbierbarkeit und schließlich wegen seiner fast völligen Geschmack- losigkeit als ein vorzügliches Schlafmittel anerkannt werden. Xur große Dosen bergen Gefahren in sich. Als Antipyretikum dürfte es niemals Verwendung finden, da die Temperaturerniedrigung in kleinen Dosen zu gering ist. Immerhin ist es aber wegen seiner Eiweiß sparenden Wirkung bei fieberhaften Zuständen und zehrenden Krank- heiten anderen bekannten Schlafmitteln vorzuziehen. Einer nach Veronalgebrauch auftretenden Polyurie wäre keine große Bedeutung beizumessen. Ob jedoch akute und chronische Xephritiden einen Veronalgebrauch kontraindizieren, müssen Versuche am Krankenbett lehren. G. Kaßner: Eisenhaltige Manganlösung. 407 Mitteilungen aus der pharmazeutischen Abteilung des chemischen Instituts der Königlichen Universität Münster i. W. Ueber Selbstreinigung einer eisenhaltigen Manganlösung. Von Georg Kaßner. (Eingegangen den 2. VI. 1904.) In einer konzentrierten Lösung von Mangansulfat, welche zu einer physikalisch-chemischen Untersuchung dienen sollte und mir von Herrn Prof. Heydweiller zum Zwecke der Prüfung auf chemische Reinheit übergeben worden war, hatte ich die Gegenwart geringer Mengen von Eisen festgestellt. Die quantitative Bestimmung des Eisens als FcgOs ergab in der Lösung den Betrag von 0,006%, oder im festen wasserfreien Salz (MnS04) den von 0,0162% Fe2 03. Zur Trennung des Eisens von Mangan war die Methode der Fällung mittelst einer konzentrierten Lösung von essigsaurem Natron gewählt worden, durch welches bekanntlich beim Kochen sämtliches Eisen als basisch essigsaures Salz niedergeschlagen wird, während das Mangan in Lösung bleibt. Der erhaltene geringfügige Niederschlag war nach dem Lösen in verdünnter Salzsäure noch ein zweites Mal mit Natriumacetat gefällt worden, ehe seine Lösung mit Ammoniak versetzt und das so gebildete Eisenhydroxyd auf aschefreiem Filter gesammelt, getrocknet und geglüht wurde. So wurden dann obige Zahlen erhalten. Ein Rest der ursprünglichen eisenhaltigen Manganlösung war nun einige Tage in lose mit Filtrierpapier bedecktem Becherglase stehen geblieben, da ich aus ihm durch freiwillige langsame Verdunstung des Wassers einige hübsche Krystalle zu erhalten gedachte und sehen wollte, ob letztere gleichfalls eisenhaltig sein würden. Es sei bemerkt, daß die mir übergebene Lösung des Mangansulfats ursprünglich 36,95% MnS04 enthielt und neutrale Reaktion zeigte. Da beobachtete ich nach einiger Zeit eine geringe Trübung und Verfärbung der vorher amethystfarbenen Lösung ins Bräunliche. Ich brachte daher die bereits gebildeten Krystalle durch Zusatz von Wasser wieder in Lösung und filtrierte die Flüssigkeit durch ein angenetzte Filter. 408 G. Eaßner: Eisenhaltige Manganlösung. Auf letzterem blieb eine geringe Menge eines bräunlichen Nieder- schlages, welcher nach der Farbe zu urteilen zumeist aus Mangan- oxyden zu bestehen schien. Bei der Untersuchung dieses Niederschlages, welcher zu diesem Zwecke mit Salzsäure aufgenommen wurde, zeigte es sich, daß in ihm beträchtliche Mengen Eisen enthalten waren. Die filtrierte klare Lösung des Mangansalzes wurde gleichfalls geprüft, nachdem zuvor mit Salpeter- säure gekocht war, um etwa noch vorhandenes Eisenoxydulsalz zu oxydieren. Zu meiner Ueberraschung ergab sich aber jetzt völlige Abwesenheit von Eisen in der Lösung. Dieselbe blieb zunächst auch völlig klar und von reiner Amethyst- farbe und lieferte prächtige Krystalle von Mangansulfat. Somit war durch bloßes Stehenlassen der unreinen eisenhaltigen Manganlösung an der Luft eine totale Be- freiung vom Eisengehalt erfolgt. Ich nehme nun keinen Anstand, diese Selbstreinigung auf die Wirkung katalytischer Kräfte zurückzuführen. Hiernach wäre durch das Mangan, dessen Ionen bekanntlich Neigung zur höheren Oxydation besitzen, Sauerstoff aus der Luft an das an und für sich auch schon leicht oxydierbare Eisensalz übertragen und dasselbe dadurch quantitativ in eine Oxydverbindung übergeführt worden. Der Umstand, daU die fragliche Manganlösung keine überschüssige Säure enthielt, sondern völlig neutral reagierte, kam der Abscheidung des Eisens zu Hilfe, denn letzteres konnte dadurch ein unlösliches basisches Salz bilden, etwa der Formel Fe20(S04)3 entsprechend. Daß der Niederschlag aber nicht rein rostfarben, sondern mehr bräunlich war, deutete auf Beimengung ebenfalls abgeschiedener Manganoxyde hin. Es war leider verabsäumt worden, darauf besonders zu prüfen. Obige Beobachtung läßt sich meines Erachtens für die Praxis benutzen und zwar zur Reinigung der Sulfate des Mangans von einem etwaigen Gehalt an Eisen, sofern nur letzteres in Oxydulform vor- handen ist. Zu diesem Zwecke werden die Laugen zunächst genau neutralisiert, worauf man sie an der Luft stehen läßt oder Luft in dieselben hineinbläst. Eisen, welches in Oxydform in den Laugen vorhanden ist, müßte vorher in Oxydulsalz übergeführt werden. Durch die dann eintretende Oxydation wird das Eisen als basisches Oxydsalz gefällt. Man läßt solange stehen, als noch Eisen in einer abfiltrierten Probe nachweisbar ist. Alsdann wird die Lauge filtriert und das eisenf4:'eie Filtrat weiter verwendet oder zur Krystallisation gebracht. Offenbar bewirkt das Mangan die raschere Uebertragung des Luftsauerstoflfes auf das Eisenoxydulsalz, sodaß letzteres in Gegenwart E. Schmidt: liUpinenalkaloide. 400 von Mangan in kürzerer Zeit zur Oxydation gelangt als für sich allein Für eine solche katalytische und oxydationsbeschleunigende Wirkung des Mangans sind übrigens auch von anderen Forschern mancherlei Beläge erbracht worden. In jüngster Zeit hat Trillat gezeigt, daß Mangansalze bei Gegenwart eines Kolloids (Gelatine, Gummi arabicum) die Rolle einer Oxydase übernehmen können, und daß z.B. durch die hierdurch bewirkte üebertragung des Luftsauerstoflfes Hydrochinon zu Chinon oxydiert wird. Trillat's Befunde wurden von Aug. Lumiere, L. Lumiere und J. Chevrottier') bestätigt. Für die totale Ausfällung des Eisens aus Manganlösungen durch Lufteinwirkung ist vielleicht auch die Konzentration der Flüssigkeit von Bedeutung. In dem von mir beobachteten Falle lag allerdings eine fast gesättigte Lösung vor. Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut der Universität Marburg. 172. Ueber die Lupinenalkaloide. Von Ernst Schmidt. (Eingegangen den 15. II. 1904.) Bei der Untersuchung der in den Samen der verschiedenen Lupinensorten enthaltenen Alkaloide, welche ich im Verein mit Davis, Gerhard, Berend und Ca Ilsen in den letzten Jahren ausführte, hatte sich ergeben, daß die Alkaloide der Samen von Lupinus perennis im wesentlicb en aus Rechts-Lupanin bestehen. Die chemische Natur der Alkaloide dieser Samen scheint jedoch nicht immer die gleiche zu sein, trotzdem die morphologische Beschaffenheit der Handels- ware und der daraus gezogenen Pflanzen direkt eine Verschiedenheit nicht erkennen lassen. So enthielten z. B. die von Gerhard 1896 untersuchten Samen von Lupinus perennis, neben viel Rechts-Lupanin, noch kleine Mengen von anderen Alkaloiden. Dagegen konnte Callsen zwei Jahre später aus Lupinensamen, die aus der gleichen Bezugsquelle stammten und sich äußerlich von den früher verarbeiteten nicht unterschieden, nur Rechts-Lupanin isolieren. Erst in der jüngsten Zeit ist es bei den weiteren Untersuchungen, welche Herr G. Fr. Berg h auf meine Veranlassung über das Rechts-Lupanin ausführte, wieder 1) Compt. rend. de l'Acad. des sciences 138, 652. 410 E. Schmidt: Lupinenalkaloide. gelungen, diesen Nebenalkaloiden von neuem zu begegnen. Herr Bergh konnte aus den Samen von Lupinus perennis, außer vielRechts-Lupanin: C15H24N2O, eine nicht unbeträchtliche Menge einerneuen, demRechts- Lupanin sehr ähnlichen Base isolieren. Letztere hat sich bei näherer Prüfung als Oxylupanin: C15H24N2O2, herausgestellt (siehe nach- stehende Abhandlung). Bei dieser Gelegenheit habe ich Herrn Bergh veranlaßt, auch das Lupinin, welches in dem Samen der gelben und der schwarzen Lupine enthalten ist, einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen. Die Analysen, welche seinerzeit L. Berend von diesem prächtig krystallisierenden Alkaloide ausführte, ergaben im Mittel von sieben Bestimmungen Werte, die mit denen, die früher Baumert erhalten hatte, derartig übereinstimmten, daß damals zunächst keine Ver- anlassung vorlag, eine andere Formel, als die von diesem Forscher acceptierte: C21H40N2O2, in Aussicht zu nehmen: Gefunden im Mittel (Berend): Berechnet für C21H40N2O2: C 71,29 71,49 H 11,47 11,46. Allerdings war damals aus äußeren Gründen unterblieben, die Molekulargröße des Lupinins nach dem kryoskopischen Verfahren von Raoult oder der Siedepunktsmethode von Beckmann zu ermitteln, um auch hierdurch jene Formel zu bestätigen. Als später von "Willst ätter und Fourneau*) diese Bestimmungen zur Ausführung gelangten, fanden diese Forscher, denen ich die weitere Untersuchung des Lupinins auf ihren Wunsch überlassen hatte, einen Wert, welcher nur mit der halbierten Formel im Einklang stand. Willstätter und Fourneau leiteten sowohl hieraus, als auch aus dem Gesamtverhalten des Lupinins für diese Base die Formel C10H19NO ab. Obschon durch diese Untersuchungen von Willstätter und Fourneau die Zusammensetzung und der chemische Charakter des Lupinins einwandfrei festgestellt war, interessierte es mich doch, diese Angaben auch aus eigener Anschauung zu bestätigen, um auf Grund dieser Beobachtungen die frühere Formel selbst zu berichtigen. Ich habe daher, nachdem ich selbst eine Molekulargrößebestimmung von dem Lupinin nach dem Verfahren von Raoult in Benzollösung aus- geführt hatte: Gefunden M = 172, Herrn Bergh veranlaßt, das in etwas erweitertem Umfange nach- zutragen, was s. Z. von Berend versäumt war, die Molekulargröße- bestimmung nach Beckmann. 1) Dieses Archiv 1902, 335. E, Schmidt: Lupinenalkaloide. 411 Die Analysen, welche Herr Bergh zar Konstatierung der Reinheit von dem angewendeten Lupinin ausführte, stehen in ihren Resultaten im Einklang mit denen, die von Baumert, Berend und von Will stätter und Fourneau erzielt wurden; dieselben stimmen ebenso gut zu der alten Baumert sehen Formel: C2iH4oN2 02, als auch zu der neuen, von Willstätter und Fourneau sichergestellten: CioHigNO. Es wurde im Mittel gefunden: Bergh: Willstätter und Fourneau: C 71,03 71,13 H 11,50 11,58. Berechnet für CaiH4oN2 02: CioHi9^0'- C 71,49 70,91 H 11,46 11,34. Ich lasse die bezüglichen Beobachtungen, welche Herr Bergh im hiesigen Institut machte, hier folgen: Lupinin. Von Dr. G. Fr. Bergh ^). Das Ausgangsmaterial für die nachstehenden Untersuchungen bildete ein von E. Merck in Darmstadt bezogenes „Lupininum purissimum" . Ein Teil dieses Alkaloids wurde aus siedendem Petroleumäther umkrystallisiert, woraus es sich in langen, seide- glänzenden Nadeln von rein weißer Farbe ausschied. Nach dem Pressen zwischen Fließpapier und Trocknen im Exsiccator schmolz dieses Lupinin bei 68 — 69" C. Ein anderer Teil des Alkaloids wurde aus Aceton umkrystallisiert, dem Lösungsmittel, welches hauptsächlich von Willstätter und Fourneau angewendet wurde, um die Base in reiner Form zu erhalten. Ich gebe jedoch dem von Berend zu diesem Zwecke verwendeten Petroleumäther den Vorzug, da ich mit Hilfe dessen das Alkaloid schon nach ein bis zwei Umkrystallisationen voll- ständig rein erhielt, wogegen bei Anwendung von Aceton ein häufiger wiederholtes Umkrystallisieren erforderlich war. Die durch Um- krystallisation aus Aceton gereinigte Base schmolz, nach dem Trocknen im Exsiccator, ebenfalls bei 68 — 69® C. 1. 0,2393 g aus Petroleumäther krystallisiertes Lupinin lieferten 0,625 g COa und 0,2466 g HaO. 2. 0,238 g lieferten 0,6202 g CO2 und 0,246 g HgO. 3. 0,2414 g aus Aceton umkrystallisiertes Lupinin lieferten 0,6267 g COj und 0,2458 g H2O. 4. 0,2458 g üeferten 0,6399 g COj und 0,2517 g HgO. 1) Inaug.-Dissert. Marburg 1903. 412 E. Schmidt: Lupinenalkaloide. 5. 0,2398 g aus Petroleumäther umkrystallisiertes Lnpinin ergab 17,1 ccm N bei 21» und 762 mm Druck. Gefunden : 1. 2. 3. 4. 5. C 71,23 71,07 70,81 70,00 — H 11,55 11,58 11,41 11,48 — N — - — — 8,11. Zu den Molekulargrößebestimmungen diente Lupinin, welches aus Petroleumäther umkrystallisiert und dann im Exsiccator getrocknet worden war. 1. 0,7266 g in 15,87 g Benzol gelöst verursachten nach Raoult eine Depression von 1,245°; M = 182. Willstätter und Fourneau fanden: M = 144, 166, 164. 2. 0,7426 g in 67,6 g wasserfreien Aethers gelöst, verursachten nach Beckmann eine Siedepunktserhöhung von 0,1450. 3. 1,7487 g in 67,6 g Aether gelöst: 0,325 o Elevation. 4. 2,2336 „ „ 67,6 „ „ „ : 0,4250 Berechnet für Gefunden: C21H40N2O2: CioHjjNO: 1. 2. 3. 4. M 352,5 169,2 182 159 167 163. Lupinidin. Die Richtigkeit der Formel CsHisN, welche von Baumert für dieses flüssige, neben Lupinin, in den Samen der gelben und der schwarzen Lupine vorkommende Alkaloid aufgestellt und später von Berend und Gerhard analytisch bestätigt wurde, ist von Willstätter ebenfalls bezweifelt worden. Da mir von den Salzen dieser leicht veränderlichen Base noch mehrere Gramm zur Verfügung standen (aus den Samen der gelben Lupine dargestellt), so habe ich zu meiner Belehrung dieses Material, mit Unterstützung von Herrn Dr. R. Gaze, ebenfalls einer Prüfung unterzogen. Lupinidinsulfat. Weißes, körnig-krystallinisches, in Wasser sehr leicht lösliches Pulver von saurer Reaktion. Dasselbe verlor im Wassertrockenschranke nichts an Gewicht. Die Analyse ergab: 0,197 g lieferten 0,207 g BaS04. Gefunden: Berechnet für CgHisN, HaS04: H2SO4 44,16 43,95. Nach dem Umkrystallisieren aus heißem Alkohol lieferte diese» Sulfat folgende Werte: 0,3536 g ergaben 0,3825 g BaSO* = 45,49% H9SO4. Bei einer weiteren Umkrystallisation, die scheinbar unter denselben Bedingungen erfolgte, wie die bereits erwähnte, resultierte E. Schmidt: Lupinenalkaloide. 413 eio Salz, weiches sich äußerlich kaum von dem obigen unterschied, jedoch im Exsiccator 11,00% an Gewicht verlor. 0,160 g des getrockneten Sulfats lieferten 0,1705 g BaSO« = 44,79% HjS04. Beim ümkrystallisieren aus Wasser, worin das Lupinidinsulfat außerordentlich leicht löslich ist, schied sich dasselbe allmählich in kompakten, durchsichtigen, blätterigen Krystallen aus, die sich an der Luft nicht veränderten, im Exsiccator jedoch Wasser verloren: 0,3059 g verloren 0,0342 g an Gewicht = 11,18%. 0,332 „ „ 0,0374 , „ „ = 11,26 „. 0,1977 „ getrocknetes Sulfat ergaben 0,2131g BaS04 = 45,34 % Hj SO4. 0,3416 „ „ n „ 0,3661 „ „ = 45,08 „ „. Platindoppelsalz. Rotgelbe, in kaltem Wasser schwerlösliche, prismatische Krystalle, welche sich gegen 240** unter Zusammensintern schwärzen, um sich bei noch etwas höherer Temperatur unter Auf- schäumen vollständig zu zersetzen. Im Wassertrockenschrank erlitt dieses Doppelsalz keinen nennenswerten Gewichtsverlust. 0,283 g des lufttrockenen Salzes enthielten 0,081 g Pt = 28,62%. 0,3775 „ „ „ . „ 0,109 „ „ = 28,87 „. 0,3422 „ « » „ verloren bei 1350 0,0168 g an Gewicht = 4,91% und enthielten 0,0984 g Pt = 28,75%. Für [CgHisN, HGl]aPtCl4 + 2H2O berechnen sich 5,17% H2O und 27,96% Pt. Diese Werte liegen, ebenso wie die, welche ich für das um- krystallisierte Lupinidinsulfat ermittelte, etwas höher, als die von Baumert, Berend und Gerhard gefundenen. Golddoppelsalz. Aus der mit Salzsäure angesäuerten wässerigen Lösung des LupinidinsuUats schied Goldchlorid zunächt einen flockigen gelben Niederschlag ab, der sich jedoch nach kurzer Zeit bereits in ein krystallinisches Pulver verwandelte. Letzteres verlor im Trocken- schranke kaum an Gewicht. Dies Doppelsalz schmolz bei 193 — 194°. 0,2152 g enthielten 0,092 g Au = 42,75%. 0,2872 „ „ 0,1232 „ „ = 42,89 „. 0,3522 „ „ 0,1492 „ „ = 42,36 „ und lieferten 0.434 g AgCl = 30,49% fcl. Für CgHisN, HCl + AaClg berechnen sich 42,30% Au und 30,50% GL Wurde dieses Golddoppelsalz aus heißem, Salzsäure enthaltendem Wasser umkrystallisiert, so ging es in schön gelbe, nadeiförmige Krystalle über, welche bei 183° schmolzen. Die Analyse dieses Produktes ergab wesentlich andere Resultate, als die des direkt gefällten Salzes. 414 E. Schmidt: Lupinenalkaloide. 0,2182 g enthielten 0,0848 g Au = 38,86 %. 0,2578 „ „ 0,0989 „ „ = 38,40 „ und lieferten 0,3154 gAg Gl = 30,26 % Cl. 0,2276 g lieferten 0,2765 g AgCl = 30,06% Cl. Das Resultat der Analyse blieb das gleiche, als dieses Doppel- salz nochmals aus salzsäurehaltigem Wasser umkrystallisiert worden war : 0,3811 g enthielten 0,1473 g Au = 36,65% und lieferten 0,4625 g AgCl = 30,03 % Cl. Die bei der Analyse der Lupinidin-Golddoppelsalze ermittelten Daten lassen sich mit der von den früheren Autoren acceptierten Formel CgHisN in befriedigender Weise zunächst nicht in direkten Einklang bringen. Das Verhalten des Lupinidin-Goldchlorids zeigt eine auffällige Uebereinstimmung mit dem des Sparte in -Goldchlorids, eines Doppelsalzes, welches ich vor einiger Zeit darstellte, um diese Base von ihren Oxydationsprodukten (s. unten) zu differenzieren. Hierbei machte ich die Beobachtung, daß die Zusammensetzung desselben eine ganz verschiedene ist, je nach den Bedingungen, unter denen es dar- gestellt wird; beim Umkrystallisieren resultiert jedoch stets ein prächtiges Doppelsalz, dessen analytische Daten zu einer Formel führen, der ich bei der Untersuchung der Goldsalze zahlreicher anderer Basen bisher noch nicht begegnet bin. Die Analyse des direkt aus wässeriger, Salzsäure enthaltender Lösung von Sparteinsulfat gefällten, krystallinischen Spartein-Gold- chlorids ergab folgende Daten: 1. 0,2245 g enthielten 0,0961 g Au. 2. 0,280 „ „ 0,120 „ „. Gefunden: Berechnet für 1. 2. Ci5H26N2(HCl)2-2AuCl8: Au 42,81 42,85 42,82. Es weichen diese Werte wesentlich von dem ab, welchen Mills bei der Analyse dieser Verbindung ermittelte: 38,18% Au. Mills berechnet hieraus die Formel Cis H26 Na, 2 H Cl -f Au Cla, während obige Daten zu dem Ausdruck C15H28N2, 2 HCl + 2 Au Cla führen. Als dieses Golddoppelsalz aus heißem salzsäurehaltigem Wasser um- krystallisiert wurde, resultierte dasselbe in schönen, glänzenden, gold- gelben Nadeln, welche bei 183—184° schmolzen. Die Analyse letzterer Verbindung ergab folgende Werte: 1. 0,3048 g enthielten 0,1168 g Au. 2. 0,2532 „ „ 0,0983 „ „ 3. 0,380 „ „ 0,1465 „ „ und lieferten 0,463 g AgCl. ») Annal. d. Chem. 125, 74. E. Schmidt: Lupinenalkaloide. 415 Gefunden: 1. 2. 3. Au 38,32 38,82 38,55 Cl - — 30,02. Diese Daten würden mit einem Doppelsalze der Formel: [CßHaoNa, 2 HCl + 2 AuCls] + [CisHaeNg, 2 HCl + AuCla] im Ein- klang stehen, welches 38,70% Au und 30,30% Cl verlangt. Bei der Bestimmung des Goldgehaltes durch direktes vorsichtiges Glühen trat sowohl bei den Lupinidingoldsalzen, als auch bei den Spartein- goldchloriden vorübergehend ein violetter Anflug an dem Tiegeldeckel auf. Das Gleiche wurde auch bei der Analyse des Lupinidinplatin- . Chlorids beobachtet. Ob das Lupinidin zu dem Spartein in direkter Beziehung steht, wie es nach dem eigenartigen Verhalten der Golddoppelsalze den Anschein hat, wage ich zunächst nicht zu entscheiden, da es mir z. Z. an selbst dargestelltem, authentischem Untersuchungsmaterial mangelt*). Lupanin. Das in den Samen der blauen, weißen und perennierenden Lupine enthaltene Lupanin hat, wie zum Teil bereits aus der nachstehenden Arbeit von Herrn Bergh hervorgeht, ebenfalls den Gegenstand weiterer Untersuchungen gebildet. Außer dem Verhalten gegen Brom, welches bereits früher von Soldani, Davis und Callsen studiert wurde, ist auch die Einwirkung von Wasserstofi"superoxyd auf Lupanin einer Prüfung unterzogen, um hierdurch einen Anhalt zu gewinnen, ob das von Ahrens dargestellte, mit dem Lupanin isomere Oxyspartein: C15H04N2O, zu ersterem in Beziehung steht. Ich werde über die Resultate dieser Untersuchungen in einer späteren Abhandlung berichten. Ob es mir gelingen wird, auch die weiteren Isomeren des Lupanins, das Pillijanin, das Alkaloid des Krautes von Lycopodium Sauruncs, und das Matrin, eine in den Samen von Sophora angustifolia vor- kommende Base, zum Vergleich heranziehen zu können, muß ich zu- nächst dahingestellt sein lassen. Bisher habe ich mich vergeblich bemüht, das betreffende Pflanzenmaterial zu beschaffen. 1) Während sich obiges im Druck befand, erschien eine Arbeit von Willstätter und Marx (Ber. d. ehem. Ges. 1904, 2351), in welcher diese Forscher auf Grand des Stadiums des freien Lapinidins den Nachweis er- bringen, daß dasselbe identisch mit dem Spartein ist. Die früheren Autoren: Baumert, Berend und Gerhard, hatten das freie Lupinidin wegen seiner leichten Veränderlichkeit als flüssige Base nicht untersucht, sondern nur die beständigeren Salze desselben, deren prozentische Zusammensetzung der der entsprechenden Sparteinverbindungen sehr nahe steht, einer Prüfung unterzogen. 416 G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. 173. Ueber die Alkaloide der perennierenden Lupine. Von Dr. Gustaf" Fr. Bergh aus Malmö'). (Eingegangen den 15. II. 1904.) Die zu den nachstehenden Untersuchungen verwendeten Samen waren von der Firma Metz & Comp, in Steglitz als von Lupinus polyphyUiis^) stammend bezogen worden. Die Samen wechselten der Länge nach zwischen 3 — 5 mm, während dieselben halb so breit waren. Die Farbe variierte zwischen grau und dunkelbraun; im allgemeinen zeigte sich die Oberfläche mehr oder weniger fleckig. Die Samennarbe war ziemlich groß und gleich der Chalaza von der hier dickeren Samenschale bedeckt. Die Samen ent- wickeln sich aus einer hemiatropen Samenknospe, weshalb Hilus und Chalaza ganz nahe beieinander liegen. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Samenschale zeigte sich, daß dieselbe nur aus dem äußeren Integument gebildet war. Die Epidermiszellen bestanden aus einer Pallisadenschicht und hatten besonders starke Wände und enges Lumen, welches nach unten zu etwas erweitert und mit einem braunen Inhalt gefüllt war. Im übrigen waren dieselben farblos, mit Ausnahme eines mehr oder weniger stark gefärbten Bandes, welches ungefähr auf deren halben Höhe entlang läuft. Nach Haberlandt^) beruht die Farbe, auch der fleckigen Samen, auf dieser Zellenschicht. Unter den Pallisadenzellen folgen eigentümlich geformte und vereinzelt stehende Zellen, deren Wände teilweise stark verschleimt sind, und schließlich koUabiertes Parenchym. Der hier geschilderte Bau der Samenschale stimmt genau mit demjenigen überein, welchen der notorisch echte Samen der Lupinus polyphyllus Lindl. (erhalten vom Botanischen Garten der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Stockholm) bei einer vergleichenden Untersuchung zeigte. Da außerdem das äußere Aussehen der Samen der von Harz*) gelieferten Beschreibung über Lupinus polyphyllus ent- sprach, so halte ich die Identität für erwiesen. Darstellung der Alkaloide. Ein Versuch, den grob gepulverten Lupinensamen die Alkaloide durch Extraktion mit salzsäurehaltigem Wasser und darauffolgendes Ausschütteln der alkalisierten Auszüge mit Chloroform zu entziehen, scheiterte an dem 1) Auszug aus der Inauguraldissertation Marburg 1903. 2j Die von Gerhard und Callsen untersuchten Samen von Lupinus polyphyllus waren von derselben Firma bezogen. 3) Sitzungsb. der K. K. Akademie zu Wien, Bd. LXXV (1877). •) Landwirtschaft!. Samenkunde. G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. 417 starken Emulgieren der Mischungen. Es wurde daher die bereits früher von Davis, Berend, Gerhard und Callsen') angewendete Darstellungs- methode der Extraktion mit salzsäurehaltigem Alkohol verwendet. Um einen Anhalt für die weitere Bearbeitung des hierbei gewonnenen Extraktes za erhalten, schüttelte ich zunächst einen Teil desselben, nach der Alkalisierung mit Natronlauge, mit Chloroform aus, entzog den Chloroformausschüttelungen das Alkaloid mit salzsäurehaltigem Wasser, verdunstete diese Auszüge bis zur Konsistenz eines dünnen Sirups und stellte letzteren, nach Impfung mit einem Kryställchen des Rechts - Lupaninhydrochlorids in den Eisschrank. Nach Verlauf von 14 Tagen trat jedoch noch keine Krystallisation ein. Auch bei Anwendung von Jodwasserstoffsäure an Stelle der Chlorwasserstoffsäure war das Resultat nur wenig befriedigend. Ich entzog daher den dickflüssigen Losungen der Hydrochloride, bezw. Hydrojodide der Alkaloide, nach Zusatz von Natronlauge, die Basen durch wiederholtes Ausschütteln mit Aether, führte den hierdurch gewonnenen hellgelben Alkaloidsirup in das Hydrojodid über und stellte dessen Lösung an einen kühlen Ort zur Krystallisation. Bereits nach 24 Stunden war eine Ausscheidung von großen, wohl aus- gebildeten, gelben Krystallen erfolgt, deren Menge sich nach dem Eindampfen der Mutterlauge noch wesentlich vermehrte. Nach den Angaben von Davis, Gerhard und Callsen ist das freie Rechts-Lupanin in Aether leicht löslich, trotzdem enthielt das 15 mal mit Aether ausgeschüttelte Extrakt noch reichliche Mengen von Alkaloid, ohne daß davon noch etwas von Belang von dem Aether aufgenommen wurde. Ich wendete daher zur weiteren Ausschüttelung Chloroform an und setzte dieselbe mit diesem Lösungsmittel bis zur Erschöpfung fort. Zur Reinigung des stark gefärbten Rückstandes, welcher nach dem Abdestillieren des Chloroforms verblieb, trocknete ich denselben mit wasserfreier Soda ein und extrahierte alsdann die gepulverte Masse mit Aether im Soxhl et 'sehen Apparate. Der anfangs klare ätherische Auszug trübte sich allmählich, um nach beendeter Extraktion eine halbfeste, krystallinische Masse aus- zuscheiden, die sich nur zum Teil wieder in Aether löste. Nach dem Ab- pressen und Trocknen im Exsiccator schmolz dieses Produkt zwischen 150 und 160°, während Kechts-Lupanin bei 44° schmilzt. Da dieses Alkaloid nur Spuren von Halogen enthielt, so mußte dasselbe als eine neue Lupinenbase angesprochen werden, welche zum Unterschiede von dem Rechts-Lupanin in kaltem Aether nur wenig löslich ist. Nach diesen Vorversuchen habe ich die Hauptmenge des ursprünglichen Lupinenextraktes in folgender "Weise behandelt: Nach starker Alkalisierung mit Natronlauge schüttelte ich zunächst 4 — 5 mal mit Aether aus und setzte alsdann das Ausschütteln mit Chloroform bis zur Erschöpfung fort. Beide Auszüge wurden hierauf durch Abdestillieren von den Lösungsmitteln befreit; die auf diese Weise erhaltenen Produkte mögen als Aetherextrakt (A) und Chloroform extrakt (C) bezeichnet sein. Das Aetherextrakt (A). Dasselbe bildete eine gelbe, sirupartige Masse. Da dieses Produkt im wesentlichen aus Rechts-Lupanin bestehen 1) Dieses Archiv 1897, 199. Ajoh. d. Pharm. CCXXXXII. Bde. 6. Heft. 27 418 G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. mußte, letzteres in kaltem Aether leicht löslich ist, nahm ich die sirupartige Masse zur vorläufigen Identifizierung mit Aether auf. Hierbei resultierte in der Tat eine klare Lösung, die jedoch auf Zusatz einer größeren Menge Aether getrübt wurde. Es konnte somit in dem vorliegenden Alkaloidsirup kein einheitliches Rechts-Lupanin, sondern ein Gemisch aus diesem mit dem im vorstehenden erwähnten neuen Lupinenalkaloid vorliegen. Ich verdünnte daher die trübe Lösung noch stärker mit Aether und stellte dieselbe hierauf in hohen Zylindern beiseite. Nach Verlauf von 24 Stunden schied sich hierbei am Boden der Zylinder eine zähe, amorphe, gelbrot gefärbte Masse aus (B), während an den Wandungen teils größere, rosettenartig gruppierte, gelbe Krystallaggregate, teils kleinere Einzelkrystalle (K) zur Abscheidung gelangt waren. Diese Krystallausscheidung konnte durch Einpacken der Zylinder in Eis und mehrtägige Aufbewahrung darin noch wesentlich vermehrt werden. Als eine weitere Krystallausscheidung nicht mehr erfolgte, goß ich die klare Aetherlösung ab, spülte Bodensatz (B) und Krystalle (K) mit Aether ab, sonderte dann letztere durch vorsichtiges Ablösen von den Wandungen und preßte dieselben zwischen Fließpapier. Die Aetherlösung wurde hierauf von Aether befreit und der Rückstand noch einmal mit Aether behandelt, wodurch jedoch nur noch eine unbedeutende Trübung entstand. Dieselbe wurde daher filtriert, der Aether abdestilliert und das restierende Alkaloid in das Hydrojodid verwandelt. Nach genügender Konzentration resultierte letzteres in gelben, gut ausgebildeten Krystallen. Auch aus der Mutterlauge konnten durch Verdunsten über Schwefelsäure noch weitere Krystallisatiouen erzielt werden, bis schließlich ein schwarzbrauner Sirup restierte, der keine Neigung zur Krystallisation mehr zeigte. Letzterer wurde mit Natronlauge alkalisiert, mit Chloroform ausgeschüttelt und das hiervon Gelöste mit dem Cfaloroformextrakt (C) ver- einigt, da es hiermit in seinem Verhalten im wesentlichen übereinstimmte. Das auf obige Weise erhaltene Hydrojodid erwies sich nach dem Um- krystallisieren aus heißem Alkohol von 95% als Rechts-Lupaninhydro- jodid. Dasselbe diente als Material für die nachstehenden Untersuchungen dieser Base. Der Bodensatz (B) konnte bisher, trotz vieler Bemühungen nicht in eine krystallisierbare Form übergeführt werden. Die Krystalle (K), welche noch eine gelbe Färbung zeigten, suchte ich zunächst durch Umkrystallisation aus Wasser, hierauf aus Weingeist, Methylalkohol und Chloroform zu reinigen, jedoch ohne Erfolg. Beim frei- willigen Verdunsten der betreffenden Lösungen resultierten nur sirupartige Massen. Auch Petroleumäther, Benzol, Essigäther und wasserfreier Aether erwiesen sich als ungeeignet zur Umkrystallisation. Aus einer Lösung in Alkoholäther, Chloroformpetroleumäther oder Chloroformäther konnte bei Vorversuchen das neue Alkaloid zwar in Krystallen wieder erhalten werden, jedoch versagten auch diese Lösungsmittel beim Arbeiten in größerem Um- fange. Die besten Resultate erzielte ich unter Anwendung von Aceton. Aus heißer Acetonlösung schied sich die Base nur in kleinen, warzenförmigen Krystallen aus, wogegen sie aus wasserhaltigem Aceton beim freiwilligen Verdunsten in großen, gut ausgebildeten Krystallen resultierte, die nach G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. 419 Wiederholung der Umkrystallisation vollkommen farblos und wasserklar er- schienen. Das Chloroformextrakt (C), welches, außer Rechts-Lupanin, die Hauptmenge der neuen Base, verunreinigt durch Harz, Farbstofl' etc. enthalten mußte, konnte weder direkt, noch nach vorherigem Lösen in Aceton und Wasser zur Krystallisation gebracht werden. Auch zahlreiche andere Ver- suche, die ich zur Reinigung und Trennung dieses Alkaloidgemisches ausführte, ergaben nur negative Resultate. Das gleiche war der Fall bei der Ueber- führung dieser Basen in das Hydrojodid, bez. Rhodanid oder Hydrochlorid. Obschon das Hydrochlorid des Rechts-Lupanias in Chloroform leicht, das Hydrochlorid der neuen Base dagegen schwer löslich ist, so ließ sich auf diese Verschiedenheit in dem Verhalten doch keine Trennungsmethode basieren. Auch das verschiedene Verhalten der beiden Alkaloide gegen Acetylchlorid ermöglichte keine Trennung derselben. Da auch die Reinigung des Chloroform- extraktes durch Bleiacetat oder Quecksilberchlorid sich als erfolglos erwies, wurde schließlich folgender Weg eingeschlagen: Das Chloroformextrakt (C) wurde mit einem Ueberschuß von gebrannter Magnesia innig gemischt, die Masse getrocknet, fein gepulvert und nach abermaligem Trocknen in einem Soxhlet'schen Apparate mit Aether erschöpft. Diese Operation nahm bei der Schwerlöslichkeit der neuen Base in Aether an Zeit mehr als einen Monat in Anspruch. Der nach dem Abdestillieren des Aethers restierende, dunkelgelb gefärbte Sirup wurde hierauf durch Schütteln mit kaltem Aether von dem größten Teile des beigemengten Lupanins befreit, das Ungelöste alsdann in wasserhaltigem Aceton gelöst und diese Lösung hierauf der frei- willigen Verdunstung über Schwefelsäure überlassen, nachdem sie zuvor mit einem Krystall der neuen Base aagesäet war. Nach vieler Mühe gelang es endlich, die ganze Masse soweit zum Erstarren zu bringen, daß der halbfeste Krystallkuchen abgepreßt und aus wasserhaltigem Aceton wiederholt um- krystallisiert werden konnte. Auf diese, nicht gerade bequeme Weise, welche sicher von be- trächtlichen Verlusten begleitet war, resultierten von der neuen Base, die zunächst als Oxylupanin bezeichnet sein mag, aus je 15 kg Lupinensamen 15 g, und zwar lieferte das Aetherextrakt (A) 5 g, das Chloroformextrakt (C) 10 g dieses Alkaloids. I. Oxylupanin: Cis H24 Na O2 -|- 2 HgO. Das aus wasserhaltigem Aceton erhaltene Oxylupanin bildet große, durchsichtige, völlig farblose Krystalle, welche dem rhombischen System angehören. Dieselben waren sehr gut ausgebildet und erreichten, wenn die Lösung langsam verdunstete, eine Länge von 10 — 12 mm. Unter dem Mikroskop betrachtet, erschien die Mehrzahl, wie aus nach- folgender Figur hervorgeht, als rhombische Prismen, welche mit Brachydomen endeten. Außer den Brachydomen kamen auch auf vielen der Krystalle Pinakoide vor, welche mit der Brachyachse parallel liefen. 27* 420 G. F. Bergh: Alkaloide der pprennierenden Lupine. Das Oxylupaniü ist in Wasser, Alkohol, Methylalkohol uod wasserhaltigem Aceton leicht löslich, löslich in Chloroform, Phenol und wasserfreiem Aceton, sehr schwer löslich in kaltem Aether, Essig- äther und Benzol, unlöslich in Schwefelkohlenstoff und Petroleumäther. In Chloroformlösung ging die Base, schon bei gewöhnlicher Temperatur, nach kurzer Zeit in das Hydrochlorid über. Bei Aufbewahrung über Schwefelsäure verlor dieselbe allmählich Wasser und wurde porzellan- artig und undurchsichtig. Oxylupanin, freie Base. Die lufttrockene Substanz schmolz bei 76—77° C. Nach voll- ständigem Austrocknen im Vakuum (bei 50—60° C.) lag der Schmelz- punkt bei 172—174° C. Beim Trocknen bei 100° C. und gewöhnlichem Luftdruck färbte sich das Alkaloid braun und zeigte alsdann aus- geprägt hygroskopische Eigenschaften. Nach dem Trocknen im Vakuum war dies nicht der Fall. Das von Gerhard dargestellte und mit Base III bezeichnete Alkaloid schmolz nach dem Trocknen bei 100° C. bei 256,5—257,5°. Das Oxylupanin ist stark rechtsdrehend. G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. 421 0,9341 g lufttrockene Substanz löste ich in Wasser von 20o C. und verdünnte die Lösung bis zu einem Volumen von 25,0076 com. Diese Lösung untersuchte ich im Landolt-Liebig-Apparat im 20 cm-Rohr bei 20^ C, und zeigte dieselbe eine Rechtsdrehung von 4,790. Die spezifierhe Rotation betrug also: W15- + 64,12. Die Krystalle des Oxylupanins enthalten zwei Moleküle Krystall- wasser. 1. 0,2.355 g pulverisierte, lufttrockene Substanz verloren im Exsiccator in 24 Stunden 0,0009 g an Gewicht, nach 3 Stunden im Vakuum bei 50—600 weitere 0,0263 g und nach weiteren 3 Stunden 0,001 g, d. h. 0,2355 g verloren an Gewicht 0,0282 g = 11,97 %. 2. 0,2304 g Substanz verloren bei 90° C. im Vakuum getrocknet 0,0277 g an Gewicht = 12,02 %. 3. 0,2288 g auf gleiche Weise getrocknet verloren 0,0275 g = 12,02 %. 4. 1,9144 „ „ „ „ „ „ 0,2284 „ = 11,93 „. Berechnet für Gefunden: Ci6Ha4X2 02-f-2H2 0: 1. 2. 3. 4. Im Mittel HgO: 12,00 11,97 12,02 12,02 11,93 11,98. 1. 0,2013 g im Vakuum bis zu konstantem Gewicht getrocknete Substanz ergaben 0,5031 g COg und 0,1709 g HaO. 2. 0,2025 g getrocknete Substanz ergaben 0,5053 g CO2 u. 0,1705 g HjO. 3. 0,1700 „ „ „ „ 0,4240 „ „ „ 0,1416 „ „ 4. 0,2094 g im Vakuum getrocknete Substanz lieferten 20,2 com N bei 190 C. und 748 mm Barometerstand. 4. — — - 10,86. Bestimmung des Molekulargewichts. Das Molekulargewicht bestimmte ich mittelst der Siedepunktserhöhung nach Beckmann in Benzollösung. 1. 0,5555 g im Vakuum bis zu konstantem Gewicht getrocknete und in 61 g reinem Benzol gelöste Substanz verursachten eine Elevation von 0,08") einer Molekulargröße von 295 entsprechend. 2. 0,821 g in 61 g Benzol 0,155 = 297. 3. 1,6097 „ „ 61 „ „ 0,2300 = 298. 4. 0,7812 „ „ 61,2 „ „ 0,1140 = 281. Berechnet für Ci6Hj4N302: Gefunden im Mittel: 264,3 295. Berechnet für Gefunden : Ci6H24N20a: 1. 2. 3. C: 68,11 68,15 68,05 68,01 H: 9,15 9,50 9,42 9,32 N: 10,63 — — — 422 G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. Oxylupaniühydrochlorid : C15 H24 Na 0-2 • HCl + 2 H2 und Oxylapanindihydrochlorid : C15 H24 N2 O2 2 HCl + Hg 0. Zur Darstellung des chlorwasserstoffsauren Salzes des Oxylupanins löste ich 2 g der freien Base in absolutem Alkohol und versetzte die Lösung mit starker Chlorwasserstoffsäure bis zur schwach sauren Reaktion. Die Lösung ließ ich alsdann über Schwefelsäure verdunsten; nach 24 Stunden war dieselbe zu einer Krystallmasse erstarrt, welche ich mit absolutem Alkohol abspülte, zwischen Filtrierpapier preßte und an der Luft trocknete. Die Krystalle waren farblos, sehr leicht in Wasser und ver- dünntem Weingeist löslich, etwas schwerer in absolutem Alkohol und unlöslich in Aceton. Das im Vakuum bis zu konstantem Gewicht getrocknete Salz schmolz bei 273° C. Sowohl eine Wasserbestimmung, wie auch eine mit im Vakuum getrockneter Substanz ausgeführte Elementaranalyse gaben ungenügende Resultate. Da beim Abspülen des Salzes mit absolutem Alkohol der größte Teil der Krystalle sich wieder löste, so besaß ich nicht die für eine nochmalige Analyse nötige Menge Substanz, weshalb ich versuchte, die Mutterlauge nach dem Filtrieren zum Krystallisieren zu bringen. Die Krystallisation ging jetzt indessen nur äußerst langsam vor sich. Nach einmonatlichem Stehen über Schwefelsäure zeigten sich zwar kleine, feine Krystallnadeln, welche in einem fast farblosen Sirup ein- gebettet waren, jedoch war es unmöglich, diese Krystalle von der Mutterlauge zu trennen, weil dieselben sich bei der Behandlung mit absolutem Alkohol größtenteils wieder lösten. In Aceton, worin die Krystalle unlöslich waren, löste sich auch der Sirup nicht, weshalb eine Trennung mit dessen Hilfe auch mißlang. Da ich bereits bei den Versuchen, aus der Alkaloidmischung Oxylupanin zu isolieren, die Er- fahrung gemacht hatte, daß das Alkaloid aus stark chlorwasserstoffsaurer Alkohollösung leichter als aus schwach saurer krystallisierte, so ver- suchte ich die Krystalle durch mit Chlorwasserstoffgas gesättigtem absoluten Alkohol vom Sirup zu trennen- Hierbei gingen sowohl die Krystalle wie auch der Sirup in eine weiße, undurchsichtige Masse über, welche sich nur schwer in saurem Alkohol löste. Nach längerem Erwärmen unter Zusatz von noch mehr saurem Alkohol gelang es jedoch, dieselben zu lösen. Aus dieser Lösung setzte sich nach dem Eindampfen ziemlich schnell eine weiße Krystallmasse ab, welche ich nach dem Auswaschen mit chlorwasserstoffhaltigem Alkohol zwischen Tontellern preßte und durch Liegenlassen an der Luit von anhaftendem Chlorwasserstoff befreite. Das lufttrockene, sowie das während 48 Stunden im Exsiccator getrocknete Salz schmolzen bei 272° C. Im Vakuum bis zu konstantem G. ¥. Hergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. 423 Gewicht getrocknet, schmolz es unter Schwarzfärbung und Gas- entwickelung bei 273" C. Bei der Aufbewahrung über Schwefelsäure verlor es nur unbedeutend an Gewicht. 0,2400 g über Schwefelsäure getrocknetes Salz ergaben 0,1902 g AgCl. Berechnet für CislIaiNgOa- 2HC1 + HjO: Gefunden: Gl: 19,96 19,77. 0,2192 g über Schwefelsäure getrocknetes Salz verloren beim Trocknen im Vakuum bis zu konstantem Gewicht 0,0331 g. Berechnet für einen Verlust an HCl -f- HgO: Gefunden: 16,33 ' 15,10. Beim Stehen an der Luft nahm das gewonnene normale Salz allmählich Wasser bis ungefähr 2 Mol. auf, welche es nach Aufbewahrung über Schwefel- säure fast vollständig wieder abgab. 0,2941 g über Schwefelsäure getrocknetes Oxylupanindihydrochlorid ergaben bei der Verbrennung mit Bleichromat 0,5470 g COg und 0,2094 g HgO. Berechnet für Ci5Ha4 NgOg • 2 H Gl -f HgO, : Gefunden : C: 50,68 50,72 H : 7,94 7,96. Von dem im Vakuum getrockneten Salze führte ich eine Chlor- bestimmung aus. 0,1861 g ergaben 0,0903 g AgCl. Berechnet für CigHaiNaOg-HCl: Gefunden: Cl: 11,79 11,99. Aus obigem geht hervor, daß das saure Hydrochlorid bei der Erwärmung bis zu 95° C. nicht nur sein Krystallwasser verliert, sondern auch ein Molekül Cblorwasserstoflf, und in normales Salz über- geht. Dieses zieht in wasserfreiem Zustand begierig Feuchtigkeit aus der Luft an. Hierin stimmte dasselbe mit den zuerst erhaltenen in absolutem Alkohol leicht löslichen Krystallen überein, die höchst wahr- scheinlich aus diesem normalen Hydrochlorid, mit einer geringen Menge Dihydrochlorid vermengt, bestanden. Dieses Oxylupaninhydrochlorid, welches wahrscheinlich 2 Moleküle Krystallwasser enthält, entsteht bei genauer Neutralisation des Alkaloids mit Chlorwasserstofifsäure, das saure Salz dagegen bei großem Ueberschuß an Chlorwasserstoff. Die beiden Salze stimmten hinsichtlich des Schmelzpunktes vollkommen mit einander überein, was darauf beruht, daß das saure Salz, bevor Schmelzung eintritt, ein Molekül HCl abgibt und in normales Salz tibergeht, weichen aber in ihrem Verhalten zu absolutem Alkohol von einander ab, da Oxylupanindihydrochlorid in diesem Lösungsmittel bedeutend schwerer löslich ist als Oxylupaninhydrochlorid. Oxylnpaninhydrojodid : C15 H24 Ng O2 • H J + 2 Hg O. Dieses Salz stellte ich in der Weise dar, daß ich 2 g der Base in etwas Wasser löste, und die Lösung mit frisch bereiteter Jod- 424 G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. wasserstoflfsäure neutralisierte. Aus der über Schwefelsäure freiwillig verdunsteten Lösung setzten sich binnen kurzem außerordentlich gut ausgebildete, dem monoklinen System angehörende, gelbe, durchsichtige Krystalle ab, welche ich mit Wasser abspülte und zwischen Papier preßte. Dieselben lösten sich relativ leicht in Wasser und Alkohol. Die Mutterlauge schied stark Jod aus und konnte trotz mehrerer Versuche nicht dazu veranlaßt werden, noch mehr Krystalle abzusetzen. Der Schmelzpunkt des trockenen Salzes konnte nicht gut bestimmt werden, weil das Salz nach dem Trocknen bei 100° C. in hohem Grade hygroskopisch wurde und sich zusammenballte. Das aus Weingeist umkrystallisierte Salz schmolz nach dem Trocknen an der Luft bei 91 — 93" C. und verlor, während 12 Stunden über Schwefelsäure aufbewahrt, nur unbedeutend an Gewicht. 0,2196 g verloren durch vorsichtiges Trocknen im Vakuum bis zu konstantem Gewicht 0,0177 g. 1. 0,2239 g über Schwefelsäure getrocknetes Salz ergaben 0,1220 g Ag J. Berechnet für CisHaiNgOg ■ H J -|- 2 HgO: Gefunden: HgO: 8,43 8,06 J: 29,63 29,44. 2. 0,2019 g im Vakuum zu konstantem Gewicht getrocknetes Salz ergaben 0,1202 g AgJ. Berechnet für C15H24N2O2 • HJ: Gefunden: J: 32,35 32,17. Oxylnpaninhj drorhodanid : C15 H24 N2 O2 ■ HGNS + H2 0. 2 g des reinen Alkaloids wurden in Wasser gelöst, und die Lösung mit Rhodan wasserstoffsäure angesäuert. Nach vorsichtigem Eindampfen im Wasserbade stellte ich die Lösung zum Krystallisieren über Schwefelsäure in den Exsiccator. Nach einigen Stunden hatten sich hübsche, fast farblose Krystalle gebildet. Das pulverisierte, im Vakuum getrocknete Salz schmolz bei 125° C. 0,1960 g im Vakuum zu konstantem Gewicht getrocknetes Salz verloren dabei an Gewicht 0,01 g = 5,10% H2O. Den Gehalt an Rhodanwasserstoflf bestimmte ich durch Titrieren mit Vio N.-AgNOg in salpetersaurer Lösung, unter Benutzung von Eisenalaun als Indikator. Die Bestimmung wurde sowohl mit wasserfreiem als auch mit wasserhaltigem Salz ausgeführt. 1. 0,2496 g lufttrockenes Salz verbrauchten 7,25 ccm Vio N.-AgNOa. 2. 0,1355 g lufttrockene Substanz verbrauchten 3,95 ccm VioN.-AgNGj. Berechnet für C15H24N2O2 ■ HSCN + H2O: Gefunden: H2O: 5,28 6,10 HSCN: 17,31 17,17 17,23. G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. 426 3. 0,1866 g im Vakuum zu konstantem Gewicht getrocknetes Salz ver- brauchten 5,65 ccm Vio N.-AgNOa. Berechnet für CißHaiNaOa-HSCN: Gefunden: HSCN: 18,28 17,96. Oxylnpaninchloranrat: C15H24N2O2 • H AuCU. Zwecks Darstellung des Goldsalzes löste ich 2 g der freien Base in Wasser, machte die Lösung mit Chlorwasserstoffsäure sauer und versetzte dieselbe mit einem kleinen UeberschnU Goldchlorid. Es entstand hierbei ein gelber, flockiger Niederschlag, welcher sich nur sehr schwer in Wasser löste. Die Mischung wurde alsdann mit dem gleichen Volumen Alkohol vermengt und gelinde im Wasserbad erwärmt, die erhaltene Lösung filtriert und freiwillig verdunsten gelassen. Nach einigen Tagen waren gelbe, säulenförmige Prismen entstanden. In kaltem. Wasser waren dieselben sehr schwer löslich, in warmem Wasser und verdünntem Alkohol etwas leichter. Siedender, absoluter Alkohol war das geeignetste Lösungsmittel für das Salz. Das pulverisierte, im Exsiccator getrocknete Salz schmolz bei 205 — 200" C. 0,2044 g lufttrockenes Salz verloren nach sechsstündigem Trocknen bei 100° C. kaum an Gewicht. Das Salz enthielt also kein Krystallwasser. 1. 0,20415 g bei 100» C. getrocknete Substanz ergaben 0,0669 g Au. 2. 0,3458 g bei lOOO C. getrocknetes Salz hinterließen 0,1128 g Au. 3. 0,3983 g bei 100« C. getrocknetes Salz lieferten, als Schwefelgold gefällt, 0,1296 g Au. 4. 0,1885 g auf gleiche Weise behandeltes Salz ergaben 0,0614 g Au. Berechnet für Gefunden: Ci5H24Na02-HAuCl4: 1. 2. 3. 4. Au: 32,63 32,77 32,62 32,54 32,57. Zur Bestimmung des Chlorgehalts benutzte ich die bei den vorher- gehenden zwei Goldbestimmungen erhaltenen Filtrate. 1. 0,3983 g Chloraurat ergaben 0,3784 g AgCl = 23,47% Gl. 2. 0,1885 „ „ „ 0,1794 „ „ = 23,57 „ „ Berechnet für Gefunden: CisHc-iXaOs-HAuCU: 1. 2. Cl: 23,47 23,47 23,57. 1. 0,3474 g Chloraurat ergaben 0,3788 g COg und 0,13.30 g HgO. 2. 0,2030 g ergaben 0,2248 g CO3 und 0,0810 g H2O. Berechnet für Gefunden: Ci5H24N30a.HAuC]4: 1. 2. C: 29,79 29,74 30,20 H: 4,17 4,28 4,46. 426 G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. Oxj-lupaninchloroplatinat: C15 H24 Ng O2 • Hg Pt Cle + H2O. Das Platinsalz stellte ich dar, indem ich 1 g der freien Base in Wasser löste, die Lösung mit Chlorwasserstoffsäure sauer machte und einen kleinen Ueberschuß Platinchlorwasserstoffsäure hinzusetzte. Als- dann dampfte ich die klare Lösung ein und stellte dieselbe in den Exsiccator. Nach einigen Tagen hatten sich am Boden kleine Oel- tropfen abgesetzt, welche sich beim Erwärmen lösten, aber beim Ab- kühlen wieder erschienen. Nicht einmal durch Zusatz einiger Krystalle (von einer auf einem Uhrglase ausgeführten Vorprobe) konnte die Lösung zum Krystallisieren gebracht werden. Die dickflüssige Masse löste ich nun in absolutem Alkohol, versetzte die Lösung mit etwas mehr Platinchlorwasserstoffsäure und dampfte sie vorsichtig im Wasser- bad ein. Nach 14 Tagen hatten sich am Boden der Schale fein- krystallinische, bräunliche Krusten abgesetzt, die ich sammelte und zwischen Tontellern preßte. Die Mutterlauge schied nach einiger Zeit noch eine weitere Menge Krystalle aus, die jedoch so fein waren, daß dieselben nicht von der Flüssigkeit, in welcher sie umherschwammen, getrennt werden konnten. Trotz wiederholter Versuche gelang es mir nicht, aus der Mutterlauge ein weiteres Quantum der zuerst entstandenen Kry Stallkrusten auszuscheiden; es setzten sich stets nur feine, nicht isolierbare Krystalle ab. Bei 100 '^ C. zu konstantem Gewicht getrocknet, schmolz das Platindoppelsalz bei 235—236° C. Schon bei 230" C. fing es an schwarz zu werden. 0,2260 g im Exsiccator getrocknetes Salz trocknete ich bei 100° C. zu konstantem Gewicht. Nach sechs Stunden hatte dasselbe an Gewicht 0,052 g = 2,30% H3O verloren. Wahrscheinlich hatte das Salz schon bei der Auf- bewahrung über Schwefelsäure etwas Wasser abgegeben. 0,2208 g bei 100° C. getrocknetes Salz ergaben 0,0636 g Pt. Berechnet für CJ5H24 Ng O3 • Hg Pt CU (-f Hg 0) : Gefunden : HgO: 2,64 2,30 Pt: 28,91 28^81. Auf Grund der oben angeführten analytischen Daten, sowohl für die freie Base, wie auch deren Salze, kann als bewiesen angesehen werden, daß das in der perennierenden Lupine neben dem Rechts-Lupanin vorkommende Alkaloid eine Zusammensetzung hat, welche der Formel C16H24N2O2 entspricht. Die Salze gleichen hinsichtlich ihrer Eigenschaften in hohem Grade denjenigen des Rechts-Lupanins, unterscheiden sich jedoch von denselben durch ein geringeres Krystallisationsvermögen. Die Krystalli- gation schien in hohem Grade auf Zufälligkeiten zu beruhen, da dieselbe G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. 427 das eine Mal ohne Schwierigkeit vor ^^ich ging, während das andere Mal nach demselben Verfahren keine Krystalle erzielt werden konnten. Mit konzentrierter Schwefelsäure, konzentrierter Salpetersäure, Erdmann's Reagens (konzentrierter Schwefelsäure und Salpetersäure), Fröhde's Reagens (Molybdäuschwefelsäure) und Mandelin 's Reagens (Vanadinschwefelsäure) zeigten weder Rechts-Lupanin, noch Oxylupanin irgendwelche chrakteristische Farbenerscheinungen. Keines der beiden Alkaloide gab Vitalins Reaktion. Das Verhältnis der beiden Alkaloide zu Fällungsreagentien ist im wesentlichen das gleiche, obschon die Empfindlichkeitsgrenze des Rechts-Lupanins im allgemeinen bedeutend höher liegt als diejenige des Oxylupanins (vergl. Inauguraldissertation). Die Reagentien, welche zur Erkennung der beiden Alkaloide benutzt werden können, sind Marme's Reagens (Kaliumkadmiumjodid) und Bromwasser. Ersteres gibt mit Rechts-Lupanin einen starken Niederschlag in Lösung 1 : 500, und kann damit bis zu 1 mg des Alkaloids deutlich nachgewiesen werden (einer Lösung von 1:1000 entsprechend); Oxylupanin gibt dagegen in Lösung 1 : 500 keinen Niederschlag mit diesem Reagens. , Das beste Mittel, die beiden Alkaloide zu unterscheiden, ist ohne Zweifel Bromwasser, welches ohne Rücksicht auf die Konzentration der Alkaloidlösung sich vollständig verschiedenartig den beiden Basen gegenüber verhält. Während Rechts-Lupanin einen amorphen, flockigen beständigen Niederschlag gibt, zeigt das Oxylupanin einen feinpulverigen, nicht flockigen Niederschlag, welcher beim Umrühren der Lösung mit einem Glasstabe sogleich verschwindet und nicht eher beständig wird, bevor man einen großen Ueberschuß an Bromwasser hinzugefügt hat. Yerhalten des Oxylnpanins gegen Essigsänreanhydrid. In der Absicht, festzustellen, ob eines der beiden, oder beide im Molekül des Oxylupanins befindlichen Sauerstoffatome als Hydroxyl darin vorhanden sind, erhitzte ich ungefähr 1 g des reinen Alkaloids mit seinem fünffachen Gewicht Acetanhydrid zwei Stunden lang in einem Kolben mit Rückflußkühler bis zu gelindem Sieden. Das ent- standene Produkt erwärmte ich in einer Schale im Wasserbade, bis der Ueberschuß an Acetanhydrid vollständig verflüchtigt war. Den Rückstand, welcher das Aussehen einer weißen Krystallmasse hatte, löste ich in warmem, absoluten Alkohol, filtrierte, dampfte die Lösung ein und stellte dieselbe zum Krystallisieren über Schwefelsäure ins Vakuum. Da indessen keine Krystallisation eintreten zu wollen schien, stellte ich mit dem Produkt zwei Versuche an, um festzustellen, ob das Alkaloid überhaupt eine Veränderung erfahren hätte. 428 G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. a) Die Lösung in Weingeist (94 %) wurde mit Chlorwasserstoff- säure angesäuert und mit Goldchlorwasserstoffsäure versetzt, wobei ein gelber, aus kleinen, feinen Krystallen bestehender Niederschlag entstand, welcher sich nur schwer in warmem Alkohol löste. Nach dem Waschen und Trocknen schmolz das Salz bei 210—213** C. b) Einen anderen Teil der alkoholischen Lösung versetzte ich, nachdem dieselbe angesäuert war, mit Platinchlorwasserstoffsäure, wobei ein unbedeutender Niederschlag entstand, der sich beim Umschtitteln sogleich wieder löste. Aus der Lösung schieden sich innerhalb 48 Stunden keine Krystalle ab. Da aus dem Schmelzpunkt des Goldsalzes hervorzugehen schien, daß das Produkt nicht aus unverändertem Oxylupanin bestand (Oxy- lupaninchloraurat schmilzt bei 205 — 206" C), so löste ich den ganzen Rückstand in 94%igem Weingeist, säuerte die Lösung mit Chlor- wasserstoffsäure an und versetzte dieselbe mit Goldchlorid. Den ent- standenen gelben, krystallinischen Niederschlag wusch ich mit Alkohol, preßte denselben zwischen Fließpapier und ließ ihn lufttrocken werden. Bei freiwilligem Verdunsten der Mutterlauge schied sich noch eine geringe Menge von Krystallen ab, welche hinsichtlich ihrer Eigen- schaften vollständig mit den zuerst erhaltenen übereinstimmten. Das Salz war in Wasser und Alkohol schwer löslich und schmolz, nachdem es pulverisiert und bei 100" C. scharf getrocknet war, bei 211— 211,5" C. Beim Trocknen im Vakuum verlor es nichts an Gewicht und enthielt demnach kein Krystallwasser. 1. 0,2060 g bei lOQO C. getrockneter Substanz ergaben 0,2390 g COj und 0,0810 g H2O. 2. 0,2305 g bei 100" C. getrockneter Substanz ergaben 0,2682 g COg und 0,0896 g HgO. 3. 0,1767 g hinterließen beim Glühen 0,0538 g Au. Berechnet für Gefunden: C,6HaB(C2H8 0)N3 02-HAuCl4: 1- 2. 8. C: 31,56 31,64 31,73 - H: 4,21 4,40 4,34 • — Au: 30,51 — — 30,45. Diese analytischen Daten beweisen demnach, daß beim Erwärmen des Alkaloids mit Acetanhydrid eine Acetylgruppe in das Molekül eintritt. Das Oxylupanin enthält also eines der beiden Sauerstoffatome in Form von Hydroxyl. Yerhalten des Oxylupanins gegen Jodmethyl. Um festzustellen, auf welche Weise die im Molekül vorkommenden Stickstoffatome gebunden sind, verfuhr ich folgendermaßen: Ich löste 2 g der freien Base in etwa 10 g Methylalkohol, worauf ich einen G. F. Bergb: Alkaloide der perennierenden Lupine. 429 Ueberschaß an Methyljodid zufügte. Die Mischurg stellte ich alsdann in geschlossenem Gefäß '24 Stunden beiseite. Da nach Verlauf dieser Zeit die Lösung noch immer alkalisch reagierte, erhitzte ich dieselbe im Wasserbade am Rückflußkühler, bis sie rotes Lackmuspapier nicht mehr veränderte; sodann stellte ich dieselbe 48 Stunden in den Eis- schrank, um Krystalle abzuscheiden. Da aber eine Krj'stallisation nicht eintrat, ließ ich die Lösung an der Luft freiwillig verdunsten. Nachdem das Verdunsten soweit fortgeschritten war, daß nur eine sirupähnliche Flüssigkeit übrig war, schied sich Jod ab, und binnen kurzem hatte sich das Ganze in einen schwarzvioletten Sirup ver- wandelt. Diesen rührte ich mit Wasser an, entfärbte denselben mit etwas Schwefelwasserstoff und dampfte ihn bei gelinder Wärme ein, nachdem ich den ausgeschiedenen Schwefel zuvor durch Filtrieren entfernt hatte. Da aber die Lösung Neigung zeigte, bei Berührung mit der Luft von neuem Jod abzuscheiden, ließ ich dieselbe freiwillig über Schwefelsäure im Vakuum verdunsten, wobei schmierige, gelb- weiße Krystallkrusten entstanden. Versuche, diese aus Wasser, Alkohol oder Aceton umzukrystallisieren, mißlangen. Die Lösungen schieden heim Stehen an der Luft ständig Jod ab und hinterließen beim Ver- dunsten im Exsiccator gleiche Massen wie vorher. Deshalb löste ich den erhaltenen Krystallkuchen in warmem Alkohol, schichtete über dieselbe nach Abkühlung Aether und stellte sie in den Eisschrank. Nach 48 Stunden hatten sich teils weiße, warzenartige, teils durch- sichtige Krystalle abgeschieden. Beide Arten Krystalle schmolzen bei gleicher Temperatur. Die Krystalle waren in Wasser und wasserhaltigem Aceton leicht, in absolutem Alkohol und wasserfreiem Aceton schwer löslich, sowie unlöslich in Aether. Die pulverisierten und im Exsiccator getrockneten Krystalle schmolzen bei 228,5—230,5° C. Das lufttrockene Salz verlor beim Trocknen im Exsiccator, wie auch im Vakuum bei lOOO C. ungefähr 3% Wasser. Berechnet für Ci5H34N2 02« CHbJ + HqO ist 4,25%; wahrscheinlich hatte das Salz durch Verwittern an der Luft schon etwas Wasser verloren. 0,3024 g im Exsiccator zu konstantem Gewicht getrocknete Substanz lieferte 0,1745 g AgJ. Berechnet für Ci5H24Na02 • CHaJ: Gefunden: J: 31,23 31,18. Methyloxylupaninchloraurat: C15H24O2N2 • CH3 • AuCl«. 0,5 g der erhaltenen JodmethylatkrystaUe wurden durch Digestion mit Chlorsilber in die entsprechende Chlorverbindung übergeführt. Diese Lösung säuerte ich mit Chlorwasserstoffsäure an und versetzte dieselbe mit Goldchlorid, wobei ein gelber, käsiger Niederschlag entstand. 430 G. F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. welcher sich beim Erwärmen leicht löste, beim Abkühlen aber in Form von langen, gelben, glänzenden Krystallnadeln wieder ausfiel. Aus der Mutterlauge schied sich beim Eindampfen noch eine geringe Menge von Krystallen ab. Nach dem Trocknen bei 100° C. schmolz das pulverisierte Salz bei 211° C. 0,2062 g des 6 Stunden lang bei lOO" C. getrockneten Salzes verloren dabei nur unbedeutend an Gewicht und ergaben 0,0655 g Au. Berechnet für C15H24X2O2 • CHg • AUCI4: Gefunden: Au: 31,89 31,76. Methyloxylupanin chlor oplatinat: Ci5H24N202-CH8HPtCle. Zur Darstellung dieser Verbindung überführte ich, ebenso wie bei der Darstellung des Goldsalzes, einen Teil des Ox3"lupaninmethy]jodids mit Chlorsilber in das Chlorid, säuerte das Filtrat mit Chlorwasserstofif- säure an und fügte Platinchlorwasserstoffsäure in geringem üeberschuß hinzu. Hierbei erhielt ich eine klare Lösung, welche nach dem Ein- dampfen allmählich kleine, orangerote KrystaUe ausschied, die, nachdem dieselben bei 100° C. getrocknet worden waren, bei 234 — 235° C. schmolzen, und zwar unter Schwärzung und Gasentwickelung. 0,2026 g lufttrockenes Salz verloren durch Trocknen bei 100" C. 0,0142 g an Gewicht = 7,05%. Berechnet für C^ H24 Ng Og • CHg • HPtCIe + 3 Hg : Gefunden : H2O: 7,28. 7,05. 0,1884 g bei lOO« C. getrocknetes Salz ergaben 0,0532 g Pt. Berechnet für Cjs H« Ng Og • GH., • HPtClß : Gefunden : Pt: 28,32 28,24. Aus der Mutterlauge des Oxylupaninmethyljodids schieden sich nach dem Konzentrieren der Lösung und dem Ueberschichten des Restes mit Aether eine weitere Menge Krystalle ab, welche mit einem roten Sirup vermengt waren. Diese Krystalle schmolzen bei derselben Temperatur, wie die zuvor erhaltenen. Ein weiteres Einwirkungs- produkt konnte nicht isoliert werden. Es gewinnt daher den Anschein, als ob beim Methylieren des Oxylupanins nur eine Verbindung, Ci5H24N2 02- CH3 J, entstanden war, deren Zusammensetzung die aus- geführten Analysen bestätigten. Das eine der beiden Stickstoffatome ist also tertiär gebunden vorhanden. Einwirkung von rauchender Jodwasserstoffsäure auf Oxylupanin. Da sich das von mir isolierte neue Alkaloid in seiner Zusammen- setzung von Lupanin nur durch ein Sauerstoffatom unterscheidet und dieses als Hydroxyl enthält, während Lupanin diese Gruppe in seinem Molekül nicht besitzt, so lag die Annahme nahe, daß das neue, in Aether schwer lösliche Alkaloid ein Oxyderivat des Lupanins, also (j, F. Bergh: Alkaloide der perennierenden Lupine. 431 ein Oxylupauin sei. Um festzustellen, ob dies der Fall sei, erhitzte ich einige Gramm der freien Base im zugeschmolzenen Rohr mit der vierfachen Menge rauchender Jodwasserstoffsäure und etwas rotem Phosphor drei Stunden lang auf 150° C. Beim Oefl"nen des Rohrea konnte ich schwachen Gasdruck wahrnehmen. Das dickflüssige, gelbliche Produkt versetzte ich sodann mit Wasser, wobei ein weißer, flockiger Niederschlag entstand, der sich beim Erwärmen wieder löste. Um die Lösung vom beigemischten Phosphor zu befreien, filtrierte ich dieselbe, alkalisierte sie danach mit Natronlauge und schüttelte sie mit Aether aus. Nach dem Abdampfen des Aethers hinterblieb ein dunkelroter Sirup, welcher auch nach längerem Stehen im Vakuum- exsiccator keine Krystalle ausschied. Mit einem Teil desselben stellte ich Untersuchungen über dessen Verhalten zu Bromwasser an. Nach schwachem Ansäuern mit Chlor« wasserstoö'säure entstand bei Zusatz einiger Tropfen Bromwasser ein beständiger gelber, flockiger Niederschlag, was andeutete, daß wenigstens nicht Oxylupanin vorlag. Nach dem Ansäuern des Sirups mit Chlorwasserstofi"säure und Zusatz von Goldchlorwasserstoffsäure entstand ein schmutzig gelber Niederschlag, der sich beim Erwärmen löste, beim Erkalten aber wieder ausfiel, und zwar entweder als sandiges, gelbes Pulver oder als häutige Schuppen. Als gut aus- gebildete Krystalle konnte das Goldsalz trotz wiederholter Versuche nicht erhalten werden. Gleichfalls gelang es mir nicht, das Platinsalz darzustellen, ebensowenig wie die angestellten Versuche, das Produkt in Form von Hydrochlorid, Hydrobromid oder Hydrojodid zum Krystalllsieren zu bringen, zu einem Resultat führten. Dagegen schied ein mit Rhodanwasserstofi"säure neutralisierter Teil des Sirups nach einigem Stehen an der Luft Krystalle aus. Das oben erwähnte, dickflüssige Reduktionsprodukt neutralisierte ich nun mit Rhodanwasserstoffsäure, worauf ich die filtrierte Lösung nach dem Einsäen einiger vom Vorversuch erhaltenen Krystalle frei- willig an der Luft verdunsten ließ, wobei allmählich Krystalle ent- standen, die in einem braunen Sirup eingebettet lagen. Ich entfernte diesen so gut wie möglich mit Hilfe von absolutem Alkohol, krystallisierte die Krystalle verschiedene Male aus genanntem Lösungs- mittel um und ließ sie lufttrocken werden. Nach dem Trocknen im Exsiccator schmolzen dieselben bei 183° C. Den Rhoda