Google This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct to make the world's books discoverablc online. It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the publisher to a library and finally to you. Usage guidelines Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying. We also ask that you: + Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for personal, non-commercial purposes. + Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the use of public domain materials for these purposes and may be able to help. + Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. + Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. Äbout Google Book Search Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web at |http: //books. google .com/l Google IJber dieses Buch Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. Nu tzungsrichtlinien Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: + Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. + Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen unter Umständen helfen. + Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. + Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. Über Google Buchsuche Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .coiril durchsuchen. _<*-»r-»- * -"^^^■"«^^■^■■»irw^^^^Bn"^ / BIHLIOTHDUC V BiHLIOTHDTJC \. Denkscbrlften om Briefe Charakteristik Welt und Litteratur. Ein Gdiflinairi doch reiliilill, Und im Ende viiien'i AlK. Fünfter Band. Berlin. Verlag von Alexander Dnncker. 1841. V»'^ I '^• tl Denksclirlften und Briefe Cbarakteristifc Welt und Litteratur. Holtiie. wil dll (rme Hen gibtal! Dm lullliii sie dIui ScIlUcliKrDh'iL Neue Folge. Berlin. Verlag von Alexander Dnncker. 1811. ffl fc\"A Üfc V* < T ielfaehe Auffordernngeii sind Veranlass snng geworden 9 eine nene Folge von Denkschriften nnd Briefen erseheinen zu lassen; für die Besitzer der frühem Bände habe ich einen, besondem Titel znge- ftigt^ der diesen- Band als Fortsetzung bezeichnet; möge man ihn mit demsel- ben Wohlwollen anfiiehmen, dessen sich die ersten Bände zn erfreuen gehabt , haben. Der Streit, ob Empfänger o^er Schreiber, oder wer sonst, wenn diese todt — VI — sind^ das Recht hat, Briefe durch den Druck zu veröffentlichen, ist noch nicht geschlichtet; die Grenzlinie über das Er- I laubte und Unerlaubte hierbei zu ziehen, mufs sehr schwer sein, da auch die Ge- setzgebung, die schon lange auf ein sol- ehfts QeBtti hknM^tibH^ hm jetzt iioeh idett Aunit hut zu Stande kommen. k$«iiett. Der Vorwiurf der Indiskretion ist mir Im jeUt nledibl gemackt worden^ und iek haffe, auch ior dciesem Bande k^iue Gelegenh^ dazu gegeben m haben* Sollte man den Aft* dnMsk freundsckaftlieker Briefe, die gerade kdn aUgemeineB interesse kal«B^ tadelns^ UFfertfi finden, so frage mui' zuerst nack Gründen ^ • itrajmüL est gOBehefaeii^ ehe man ^ ein Biehteramt anssnübe» siek ansehiekl; — VII — Kann man nicht durch Bekarnntmachung Ton Briefen, die grofses Vertrauen, Freund- sehalf; and herzliche iVeigung ausdrucken, aufser dem Styl, der Denk- und CrefüUs- weise, yomehmlich die Siimesitrt, den Charakter des Schreibers der Welt vor Augen stellen wollen , damit es seiner Zeit bekannt werde, dafs derselbe Mann, der in seinen Briefen nur Vertrauen und Liebe aussprach, im Geheimen, wo er sich un- entdeckt glaubte, Unglück und Ungemach zu verhängen nicht Anstand nahm ? Unter Umständen erscheint die VeröflTentlichung vertraulicher Briefe demzufolge als ge- rechte Nothwehr, und sie sind als Beweis- mittel über Schuld und Unschuld von un- ersetzlichem Werth. Das goldene: „Ler- — VIII — net gerecht sein^^ ist in keiner Zeit mehr zu empfehlen gewesen , als gerade in der unsrigen: denn auch das Geheim- ste kommt ans Licht der Sonne. Berlin, im Mai 1841. JDr. Dorow. Inhalt. «. Briefe. Seit« Altenstein, Karl Freiherr you 3 Auteurietb, Job. Herrn. Ferd. von 126 Börne^ Ludwig 114 Broglie, Alberiine Herzogin Yon • •*, 18 Fefsler, Ig. Ans 124 Gans, Eduard 42 Goethe, Job. Wolfg. von 94 Hardenberg, Karl August Fürst von 190 Hoffmann, Ernst Tbeod. Amadeus 165 Iffland, Aug. Wilb 35 Immermann, Karl 133 Kant, Immanuel 161 Ludwig I., König von Baiern 245 Reinbold, Job. Gottb. von ..194 Reinbold, Karl Leonb. 151 Riebter, Jean Paul Fr. . ^ • 24 Schneider, Eulogius 121 Staegemann, Fr. Aug. von 223 Stabil -Holstein, August Baron von 13 X — Stein, Karl Freihrrr vom . . . Varabagen tod Enae, Karl Aug. Woltmann, Karl Ludwig von b. DenhaelirirteH. BelraclitiiDgen über Hie Vereinigung der Intheriacbea and rcformirten Kirehe. Rbein- nod MoBel-Depar- lemect. 1801 25 Die SUdt Köln am Rbein in Bcziebnng zu den Alter- (bümcrn der Provinz, mit Beilagen von Ilardcubcrg, Wallraf u a, w 26 National -Bewalfaung und erste Iilee zu einer Land- wehr in Praursen 29 DmeUfehler. Briefe Die mit einem ^ beseichneten Briefe gehören nicbt der Sammlang des Herausgebers an. « ^ Karl, Freiberr von Stein zum Altenstein. (Kdnigl. Preussischer Staats -Minister.} I Geh. in Anspach den 7. Octobcr 1770, gest. in Berlin den 14. Mai 1840. /fum nähern Verständnifs der nachfolgenden Mit- theilung a. ist Folgendes zu bemerken. Dem Pro* fessor E. W. Hengstenberg wurde im Jahr 1826 die Anfrage gestellt, ob er wohl dem Rufe zu einer Professur der Theologie in Königsberg in Preufsen Folge leisten würde. Hengstenberg lehnte den Ruf unter Anfuhrung vielfacher Gründe ab, vcrsichemd, dafs sein Wirkungskreis in Berlin „für die Sache des Herrn", so wie für seine eigenen Gaben und Neigungen, sehr angemessen sei, und sagt femer: „es war von der Zeit an, da ich meine Wirksam- keit an der hiesigen Universität begann, mein äufser- stmr Wunsch, etwas thun zu können zur Wiederbe- lebung des so sehr gesunkenen Studiums des Alten Testaments, bei dessen Vernachlässigung die ganze theologische Bildung unvollkommen bleiben mufs. Ich habe mich bemüht, diesen Theil der Theologie, die ganz zur Profangelehrsamkeit heral^ezogen ist, 1* - 4 — wieder als solchen darzustellen, indem ich bemiiht war, meine eigenen Ueberzeugungen über den Zu- sammenhang der göttlichen Heilsanstalten immer kla- rer auszubilden und fester zu begründen, und es den meiner Leitung Untergebenen zum innersten Bewufst- sein zu bringen, dafs nur von dem Festhalten an dem Ganzen der göttlichen Offenbarungen ein siche- res, festes und christliches Leben und eine sichere und feste theologische Wissenschaft ausgehen kön- nen. In Berlin habe ich nun einen passenden Wir- kungskreis gefunden; ich halte es daher für heilige Pflicht, dafs Jeder, der einen festen Beruf erhalten hat, denselben nicht eher aufgebe, als bis er die Aussicht erhält, in einem gröfsem Wirkungskreise mit gröüserm Segen wirken zu können. Diese Aus- sicht würde ich in Königsberg keineswegs haben. ^' Nachdem noch klimatische und ökonomische Rudi: sichten gegen die Annahme der Professur angeführt worden, wird der Ruf vollständig abgelehnt Von des Ministers v. Altenstein eigener Handschrift fin* det sich nun über diese Angelegenheit das unter a. mitgetheilte Blatt vor, welches für die Charakteri- stik dieses Staatsmanns wohl als wichtig zu bezeich- nen ist Der unter b. mitgetheilte Brief ist an den Geh. Ober-Regierungsrath Dr. Joh. Schulze gleich nach dem Tode Hegels geschrieben, gleichfalls eigenhän- dig, wobei zu bemerken nicht unterlassen werden kann, dafs Herr v. Altenstein sich sehr selten zu ^genhändigem Schreiben entschlofs. Dieser Brief ist wohl als ein sprechendes Denkmal nicht allan — 5 — des humanen, menschenfreundlichen Herzens zu be- trachten, sondern vorzüglich als ein offenes, klares Aussprechen, wie Altenstein den berühmten Philoso- phen verehrte und welche hohe Stelle er demselben unter Deutschlands grofsen Männern angewiesen wis- sen wollte. Berlio, Juoi 1826. Ich finde unter allen den von Herrn Hengsten- berg angeführten Gründen gegen seine Versetzung von hier nur einen erheblichen — den nämlich, dafs er allein bemüht ist, hier' die Exegese des A. T. nicht blos als Gegenstand der Profangelehrsamkeit- zu behandeln — dafs also durch seinen Abgang eine erhebliche Lücke entstehen würde. Dieser Grund eignet sich aber mehr zum Bestimmungsgrund für mich als für Herrn Hengstenb^g — ich erkenne seine Erheblichkeit wohl an, allein auf meinem Stand- punkt mu(s ich diese Lücke hier für weniger nadi- theilig halten als die^ welche Herr Hengstenberg in Königsbei^ auszufüllen bestimmt ist Hier erliält die Profangelehrsamkeit, mit welcher die Exegese des A. T. getrieben werden ms^, manches Gegen- gewicht in den andern Disziplinen — das gelehrt Begründete wird dadurch in der Richtung verbes- sert Die Universität in Königsberg ist nicht in die- ser Ls^e, und gerade deshalb ist Herr Hengstenberg dort wichtiger. Alles andere^ was Herr Jäengsten- berg anführt, betrifft mehr sein^i Standpunkt und — 6 — halte ich nicht für richtig; er geht von dem Ge- sichtepunkt aus^ dais er hier einen angemessenem Wirkungskreis und men eigenen Beruf gefond^ habe. Das Erste ist falsch -^ er hat hier keinen G^alt, kann nicht ohne Gehalt bestehen, es ist hier durchaus kein Fond vorhanden, ihm Gehalt zu ge- ben, und er hat auch nicht einmahl Aussicht zu ei- ner Professur. Ganz anders verhält sich dieses in Königsberg, wo er (zumal jetzt nach Ableben des Woyde) gewifs ein anstandiges Gehalt bekommen kann — wo ihm der Weg in eine ordentliche Pro- fessur so gebahnt ist, dafs eine verdienstliche hei* stung ihn solcher nahe führt Der Beruf hier erscheint mir problematisch -^ es ist nidbt ein Wissen, sondern eine Richtung, die er verfolgt — mit Andern verfolgt — dieses scheint mir im Anfang einer Laufbahn höchst mifslich. Das Wissen leidet sehr leicht, ordnet sich der Richtung unter, statt diese zu geben und erst zu schaffen, uiul wird abhängig von andern. D^ junge Mann soll frei von äufsern Einwirkungen selbstständig auftre- ten — aus dem Wissen die Richtung erhalten und diese dann so schaffen, dafs er auch Andere dahin zieht. So wird er wahrhaft und eminent wirksam. — Diesen Standpunkt darf ein junger Mann nicht gleich für unerreichbar halten, nicht gleich für sdin Leben und seine Gesundheit bange sein, — er folgt der Bestunmung. Harn Hengstenbergs Vorstellung von Preufsen ist ganz übertrieben; ich selbst lebte, schwächlich und in der fürchterlichsten Geschäfts- lage «- doch ganz erträglich dort; die Entfernung - 7 ~ ist i^süL bei bessera Wegen uod PoBtan mcbt mebr go erheblich, als «b es noch vor mehreren Jähren wair. Nach meiner Ueberzeuguag spricht Alles fiiv die Yerpfliobtung des Herrn Hengsienberg, dem Buf 2W folgen. Es wird und mü& ihm möglich ma^ dann kann auch etwas für seine Badereise dnrfdt eine Renumeration geschehen, ich habe niejit viel ***- bekommt er sie zur Badereise und bleibt hier, so hab' ich nichts zur ErleichAenmg seines Lebens hier« Geht er nach Königsb^g, so erhält er dieses dort Je schäüsbarer die Kenntnisse des Herrn Hengsten* berg sind und je reiner sein Wille ist^ desto wicb^ tiger erscheint es mir, .da& er i^h i^mimne und das. Wichtigste zu erlangen suche« Das Frei- und Selbstständigstehen^ nicht dnndit Scbolien und Zurückgeben^ sondern durch BesieguAg aller Schvtrierigkeiten, mit allen Kräften, mit wtickm man sich einmal nun in der Welt richtig bew<|[en und in Wirksamkeit sehen kann. AKenMeta. An den Geh* Ober-Regierungsrath Dr. Job. Schulze in Berlin. Sebönebar^ bei JBeflin, deu l^ien Novbr. 1831* Ew. Hochwohlgeboren erst diesen Moigen er- haltene Zeilen von gestern haben mich ti^ erschiU« tert und mit unaussprechlichem Schmerz erfüllt *). Kaum vermag ich iaoch die Wirklichb^ des un- endlichen Verlustes zu fassen, welchen die Wissen- •) UegeU Tod. - 8 - Schaft, der Preulsische Staat und alle Verehrer und Freunde des Mannes erlitten haben, der gleich aus- gezeichnet war als Gelehrter und in allen dem Hö«" , hßtevL zugewandten menschlichen Verhältnissen. Je mehr der Verewigte mit seinem ganzen Wissen d«n Hödisten angehörte und auf dieser Welt für solches mit treuer Hingebung und unermüdlicher Anstren- gung segensreich wirkte, desto lebendiger drängt .sich auch das Gefühl auf, dafs er zur Erreichung seines Ziels, zur Vollendung von dem, der höher ist als alles, abgerufen sei, «und in diesem Gefühl mildert sich der Schmerz, wenn auch der Verlust nur um so grölser hervortritt Nur mit der innigsten Wehmuth kann ich au die verehrte Gattin des theuren Entschlafenen den- k^. Sie, die im Gefühl des höhern Werthes des Gatten ihr grö&tes Gllick fand, wird auch darin die ßtärke finden, den* unersetzlichen Verlust zu ertra- gen; allein sie muis auch, das irdische Loos thei- lend, um so tiefer den unendlichen Schmerz der Trennung fühlen» Der Verewigte war mir bei dem schmerzlich- sten Ereignisse meines Lebens *) durch die Aeuise- rung seines so unendlich tiefen, zarten und erheben- den Mitgefühls unendlich wohlthätig. Ich wünschte, der tiefgebeugten Gattin in gleicher Art durch den Ausdruck des tiefsten Mitgefühls wohlthätig sein zu können, darf aber einen Versuch gar nicht wagen, *^ Bezieht sich auf den Tod des einzigen Sohnes des Herrn v. Altenstein. — 9 — da meine Aeuiserimg so unendlich gegen das zurück- bleiben wiurde, was mich allein befriedigen und mir einigermafsen eine angemessene Wirkung verbiirgen könnte. Inzwischen bitte ich Sie, solches der Leid- tragenden, wann und wie Sie es für das Beste und Angemessenste halten, auszudrücken und ihr in mei- nem Namen über meine herzlichste Theilnahme zu sagen, was für solche nur immer tröstend und be- ruhigend ^sein kann. Sie dürfen nicht befürchten, in meinem Namen zu viel zu äufsern. Es wird immer g^en das, was ich solcher zu sagen wünschte, zu- rückbleiben. Die Nachricht hat mich so sehr ergriffen, dais es Pflicht für mich ist, abzubrechen« Ganz fühle ich mit Ihnen, mein Theuerster;, die Gröfse Ihres eige- nen Verlustes! Sie sind ihm als Freund und in der Wissenschaft so nahe gestanden, dafs nur Wenige, so wie Sie, richtig schätzen können, welcher Stern erster Gröfse in diesem Augenblick für diese Welt un- tergegangen ist! ' Schonen Sie ihre Gesundheit möglichst Es ist in vielfacher Beziehung heilige Pflicht für Sie. Mit herzlichster Hochachtung freimdschaftlich ganz der Ihrige Altensteln* Karl Avpst Vanihaceii tob Esse. Greb. in Düsseldorf clen 21. Februar 1785. rlaben wir so eben vernommen, wie sich der ^aats- Minister y. Altenstein über Hegel äufsert, und wel- chen tiefen Sdimerz dessen Seele bei dem Tode des berühmten Philosophen empiiinden, so folge hier nun noch ein Brief, in welchem sich Varnhagen von Ense gegen Lud. Robert über dieselbe traurige Begeben« heit ausspricht — wohl ein schönes Anerkenntnift, wie tief von dieser Trauer Jedermann ergnSen wor- den war» An Ludwig Robert Berlin, äen 16. Kovcmber 1831. Beim Empfang dieses Blattes hat die harte Bot- schaft von dem unerwartet schnellen Ableben Hegel's auch Sie schon erreicht und gewifs tief getroffen. Die Nachricht in der Staatszeitung sBgt fälschlich, er sei am Schlagflusse gestorben, die Anzeige von Seiten der Wittwe nennt keine Krankheit; es war aber die Cholera, die ausgebildetste, unbezwing- barste Cholera^ welche schon im Abnehmen tük- — 11 — Jdsch noch dies theure Opfer uns dahingerafft! Ue- gd hatte von Anfang her gegen den furchtbaren Un- hold eine tiefe Scheu und Aengstlichkeit, die er spä* ter bezwungen zu haben schien, und dann zu dreist wurde; so veraagte er sich am Tage vor seiner £r* Ja^uahbuig den Genuls .von Weintrauben nicfat^ die eriuUtend auf seine Eingeweide wirkten^ andre nach* theilige Einflüsse mögen smen Körper für das Uebel schon vorbereitet haben, es trat mit stärkster Gewalt und sdineUstem Verlaufe mu Doch hatte er keine Ahndung seines herannahenden Todes, und entschluBH merte, wie die Anzeige derWittwe sagt, schmerzlos, sanft und selig. Das ist schön, daüs er nidit gdit« ten hat! So war denn sein Tod so glücklich, als der Tod es irgend s&n knfin. Ungeschwächten G^ stes, in rüstiger Thätigkeit, auf der Höhe des Ruhms und der Wirksamkeit, von gro&en Erfolgen rings umgeben, mit seiner Lage zufrieden, von dem gß* selligen Leben heiter angesprochen, an allen Dar- bietungen der Hauptstadt freundlich theilnehmend, schied &: aus der Mitte dies^ Befriedigungen ohne Bedauern und Schmerz, denn Bedeutung und Na* men seiner Krankheit blieben ihm unbekannt, und das entschlummernde Bewufstsein durfte Genesung träumen. — Aber uns ist eine entsetzliche Lücke gerissen! Sie klafft unausfiUlbar uns immer grö&^ an, je län* ger man sie ansieht Er war eigentlich der Eck* stein der hiesigen Universität, auf ihm ruhte die Wissenschafitüdikeit des Ganzen, in ihm hatte das Ganze seine Festigkeit, seinen Anhalt^ von alten - 12 - Seiten droht jetzt der Einsturz; solche Verbindung des tiefsten allgemeinen Denkens und des ungeheuer- sten Wissens in allen empirischen Erkenntniisgebie- teu fehlt nun schlechterdings; was noch da ist, ist einzeln für sich, muis erst die höhere Beziehui^ au&uchen, und wird sie selten finden. Auch fühlen es Alle, selbst die Widersacher, was mit ihm ver- loren ist Die ganze Stadt ist von dem Schlage betäubt, es ist, als klänge die Erschütterung dieses Sturzes in jedem rohesten Bewufstsein an. Die zahl- reichen Freunde u^d Jünger wollen verzweifeln. Gans begegnete mir gestern mit verweinten Augen, und ver- gofs dann bei mir, mit Rahel in die Wette, heüse Thränen, indem er seinen Jammer nicht zurückhielt Mich hat der Fall tief ergriffen, ich fühle fortwäh- rend sein Wühlen, und bin fast krank davon; doch entsteht meine Empfindung mehr aus den allgemei- nen Umrissen des Geschehenen, als aus einer un- mittelbaren persönlichen Beziehung desselben zu mir. Bei gröfster Verehrung, fireundlichstem Vernehmen und vertrautestem Zusammensein, bestand doch die nächste Nähe zwischen uns nicht; wir sahen uns, fühlten uns auch allzu oft als Gegner, und zwar als solche, die durch den Kampf keine Ausgleichung hoffen, ihn also lieber vermeiden. Noch in der legten Zeit hatte ich wegen Fichte's Andenken ei- nen Zwiespalt mit ihm; die starre Nachhaltigkeit, welche Fichte wider seine Gegner hatte, war auch HegePh eigen; ich aber werde künftig vielleicht eben so diesen gegen einen Nachfolger vertheidigen müs- sen, wie zuletzt Fichte'n gegen Hegel. — - 13 - Seltsam, Fichte starb hier am Typhus, Hegel an der Cholera, Beide auf grofsen politischen Wet- terscheiden, deren bedenklichsten Prüfungen sie zu rechter Zeit entrückt wurden. Hegel stand wirklidi in ö^efahr, mit seiner Zei^enossenschaft in grofsen Widerspruch zu gerathen, sich g^en die Wen- dung der Dinge arg zu verbittern, und selbst mit Freunden und Schülern in offne Feindseligkeit zu kommen. — Ich habe Gans aufgefordert, nun rasch den Schmerz in Thätigkeit überzuleiten, ein Leben He- geFs zu schreiben^ und eine Sammlung seiner Werke zu veranstalten. Wenn nicht in den ersten sechs Monaten die Sache zu Stande kommt und sogleich Hand an's Werk gelegt wird, so geschieht wie ge- wöhnlich nichts. Nachdem der erste Augenblick versäumt worden, sind Fichte's Werke jetzt nach achtzehn Jahren noch nicht gesammelt, und werden es erst künftig, wenn sie schon völlig litterarisches Alterthum geworden. Von Hegel kämen wohl, wenn man Rezensionen, Briefe und vermischte Aufsätze mitrechnet, gegen sechzehn Bände zusammen. Wen man an HegePs Stelle berufen wird, das ist jetzt auch eine grofse Sorge. Einen ihm Glei- chen wird es noch lange nicht geben, solche Macht- geister finden sich selten in unmittelbarer Aufeinan- derfolge. Schelling zu berufen, wäre doch ein Rück- schritt. Ein Naturphilosoph kann das Werk HegeFs eben so wenig fortsetzen, als dasselbe, so wie es liegt, auch nur bewahren. lieber Troxler, Rotteck, Welcker — ein andermal! — 14 - Sehen Sie denn die Gro&herzogin Stephanie nicht? — Von Rahel empfangen Sie gewils ein eignes Blatt mit diesem. Sie hat sich tapfer gehalten, ob- wohl unter gro&en Leiden; sie war, auch in* der schlimmsten Tj&i^ mehr noch von Theilnahme und Fürsorge erfüllt, als von Furcht oder Schrecken. Ich könnte übrigens audi midi selbst loben. Ich entdeckte frühzeitig, dafs man mitten in der Kalami- tät doch das gewohnte Leben fortsetzen könne. — — Tamlifii^ii ▼•!! Elise« August, Baron Ton Stalfl» Holstein. Gest in Coppet, den 17. November 1827. Wir glauben die Diskretion nicht zu verletzen, wenn Briefe des verstorbenen Barons von Stael- Holstein und seiner Schwester, der gleichfalls ver- storbenen Herzogin v. Broglie hi^ mitgetheilt wer^ den. Sie geiferen uns nicht allein einen wohlthuen- den Blick in das tiefe, reich begabte, religiöse Ge- müth dieser ausgezdchneten Personen, sondern rufen auch das Andenken zweier trefflichen Mitbüi^er in^s Ctedächtnifs, deren Verlust wir noch als unersetzlich betrauern — Adalbert von Chamisso und Eduard Gans. An Adalbert von Chamisso in Berlin. Coppet, 2. Avril. Je ne m'attendois pas, liebster SchlemihI, ä Vous ecrire de Coppet pour Vous remerder de Votre ex- cellente lettre et de la charmante histoire de Votre Sosia. «Ten ai ete si enchante que j'allois me van- — 16 — tant par-tout de Tavoir re^ue et la racontant ä tont le monde; eile a eu un grand succes et la belle so- ciete de Paris n'a parle pendant huit jours que de riiomme qui a vendu sön ombre. Je ne crois pour- tant pas que se soit pour ce public -lä que Vous IV vez ecrite: Vous auriez eu certes grand tort, car c'est la race la plus chetive, la plus niaise sous Tap- parence de Tadresse, la plus denuee d'ame et dfesprit que Dieu tolere sur la terre. Je vous conseille d'e- tre plus fier de votre titre d'etudiant allemand que de celui de gentilhomme fran^ois; mais au reste vous n'avez pas besoin pour cela de nies conseils. Voici, eher ami, notre Situation actuelle. Apris dix mois de sollidtations les plus ennuyeuses nous etions sur le point d'etre payes du depot de mon grand -pere. Ce^te somme assuroit la dot de ma soeur pour son mariage avec Victor de Broglie, jeuae homme tres distingue par son esprit et par toute la morale qu'on peut avoir sans dispositioa contempla- tive. Moi aussi j'allois me trouver dans une Situa- tion independante comme fortune lorsque Facquereur de votre ombre nous a renvoye Napoleon. Ma mere a quitte Paris bien vite, j'y suis reste dix jours apres eile pour regarder en amateur politique une aussi etrange revolution: je n'entrerai pas dans Fhistoire de ces dix jours^ il faudroit vous ecrire des volumes, je ne les regrette pas par ce qu'ils m'ont fait con- noitre dans des classes de la societe que je n'avois pas vues jusqu'alors quelques hommes d'un beau ca- ractere et sur lesquels on pourra peut-etre un jour rebatir une nation firanyoise; mais pour votre bonne - 17 - compagnie ne rn'en parlez pas, c'est la plus vile des canailles. — Aujourd'hui vous voyez, avec quelle adresse se conduit Napoleon, il n'a pas fait une faute jusqü^ici: il a habUement pris le role qui con- venoit au roi et qui auroit prevenu sa chüte. II est tout idees liberales; il vient meme de faire dire ä ma mere toutes sortes de choses agreables; enfin c'est le plus grand des comediens. Que vous etes beureux, eher ami, d'etre hors de cette vilaine, de- goutante sphere de la politique; quand pourrai-je en venir la! — Goppel commence ä verdir, voici les anemones, les scilla et la yiola mirabilis — je me trouverois faeureux si je voyois devant moi un ave- nir quelconque de repos; rnais je prevois qu'il va me falloir recommencer des sollicitations ä Paris et puis ensuite la Suede, FAmerique que sais je: votre vie vaut bien mieux que cela« Rendez -moi un Ser- vice, eher Chamisso, vous avez- a Berlin uu ami qui a une coUection d'autographes, j'en ai une aussi, je vous envoye une liste de ce que je puis offrir en ecbange, dites-moi ce qu'il m'ofGre contre. Adieu, eher ami ^ ma mere se rappelle *a votre souvenir. Schlegel est dahs l'etymologie conune vous dans la botanique et moi je vous aime bien sincerement; Parlez^ de moi ä Hitzig. Aa^uMte baron de StaM-H«liitefai. Albertine, HeiMgin von BrogUCt geb. ▼. Stfi^) -Holstein. An Ädelbert von Chamisso in Berlin. Parisy 2& Aoust, rtte de FUni versüß 90. Je teQoh aujourd^hui, 25. Aoust, mein lieb^ Herr, une lettre de vous datee du 30. Feyrier, et qai n'a profondeoi^t touche. Dans o^e lettre vous faiteB appel ä des soiivenirs bien profonds dans mon eoetur, j'espere que vous n'aurez pas cru que j'aye pu re- ster six mois sans y repondre, et qu'avant de sa- voir que c'etait une erreur vous Faurez devinee. Oui, en effet je suis restee seule au milieu des tombeaux de tout ce qui me fut eher, et ceux qui comme vous se rattachent pour moi a ce passe, ont - 19 - tous les droits ä tna Sympathie. J'espke amsi qu^ils en ont pour moi, et Texpression de oette Sympathie chez vöus m'a ete bien douce. Helas! nons avons beau faire, le cours de la vie eloigne toujomrs pliw ce passe, et notre vue ineertaine en perd quelques traits malgrez tous nos efforts. Ceux qni ont les memes Souvenirs que nous, sont heureux^ des amis precieux et irreparables. Que de tems, que d'evenemens se sont ecoules depuis vingt ans. Vous avez fait le tour du monde! Quant a moi j'ai assiste a bien des scenes generales et particulieres, douces et dechirantes. Au milieu de tout cela une pensce a grandi dans mon coeur, une image s'est revelee de plus en plus ä moi, c'est Celle d'un Dieu Sauveur, source de tout bonheur et de toute vertu. Ce Dieu qui a recueilli dans sön sein ceux que je pleure, s'est revele ä moi da!» sä parole, et m'a appris qu'il etait la seule chose n^ cessaire et la fin de tontes ses cr^atures. Puisse*t-il s'etre revel6 de m^me a vous! Puis- siez-vous ^re chretien par la foi eomme Fetait Auguste! Cest la le meilleur voeu que je piösse former pout tm ancien ami. Repoödez-moi, je vous en prie, que vous avez re^u 6ette lettre, et que voite n'aviez jamais doute de mott souvenir. N'avez-vous aöcufte idett de venii' k Paris? Vous m'en priviettdriez , n'c^-ce pte? Netfi par- leridus de ma mere, d'AugüÄte, d' Albert — 6h mon Dieu, comikte ce moiide k venir est peuple! La figure de celui-ci pailise bien vite, 1^ tems 2* - 20 - est court. Puissions-nous etre tous reunis aupres de celui qui est la verite et la vie! Adieu, mein lieber Herr, adieu, et merci de votre Souvenir. Je lirai vos poesies, et je vous as- sure que vous pouvez compter sur une ancienne et sincere aoiitie. Albertlne iStalll de Br^fflie. An Eduard Gans in Berlin. Paris, le 16. Decbre 1830. Ma recounaissance Temporte sur mon respect pour la Philosophie, Monsieur,^ et au risque d^inter- rompre un moment vos nobles travaux, je veux vous remercier directement du souvenir obligeant que me transmet Mr. S — , et de votre aimable lettre de Francfort — j'espere que vous n'avez pas doute du plaisir avec lequel je Tai regue: j'en ai ete tres- fiere. Le grand proces va commencer; nous voilä sur le seuil de ce nouveau palais de justice d^oü va sortir une decision si solenneile! — En dehors dia- cun fait d'avance le jugement, bien decide a blämer avec plus ou moins d'energie celui qui en dissen- tera, quel qu'il puisse etre. En ma qualite de femme il m'est permis de plaindre tous les malheurs et de trembler pour tous les perils; j'use de ce privilege, - 21 - et je crains en meme tems pour les vainqueurs et pour les vaincus. On se moque de mes peurs, on m-assure quMl n^y aura pas le moindre trouble, et que le beau caractere de notre revolution ne sera volle d'aucun nuage. — Si cette heureuse confiance n'est point dementie pendant les qninze jours. du proces, nous serons bien forts, et vous nous re- trouverez bien joyeux au printems, tous pret^ ä re- prendre nos conversations metaphysiques äutour de cette petite table oü vous avez laisse de si bons Souvenirs. Notre ami commence son cours mardi — les femmes en sont exclues — c'est bien severe pour nos intelligences qu'on trouve indignes d'en profiter. Nous n'aurons que le discours d' Ouvertüre qüi sera seul imprime. , Etes-vous aussi inflexible pour les Dames de Berlin? Si jamais vous faites un cours ä Paris, nous permettrez-vous d'entr'ouvrir lä porte? Adieu, Monsieur, recevez les affectueux et re- connaissants Souvenirs de- toute ma famille, et croyez a toute la joie que nous aurons ä vous revoir. Albertlne Stal^l de Brofflie. An denselben. Paris, le 12. Aoust 1835. Je voüs aurais repondu depuis long -tems, Mon- sieur, si nous ne nous etions trouves dans des cir- _ aa ~ constances si graves et si agitees qu'il etait difficil« d'ecrire. J'ai eu bien de la douceur ä voir vos amisy U est impossible d'etre meUleurs et plus aüna* bles: La femme a les yeux les plus doux et leg plus vi£3 qui aunoucent tout son esprit; et le man a une intelligence et uj> amour du beau qui se n^a* nifestent dans toute sa personne. Helas! nous avoiui bien peu le tems de nous livrer ä de si belies et douces preoccupations! Notre pauvre pays est bien tourmente par un petit nombre d'esprits desordon* ues et violens, pour qui tout sentiment du bien et du mal e$t aneanti, et qui meprisent toute regle. U y a dans la masse du pays un grand bon-sen« et beaucQup d'amour de Tordre, mais 11 n'y a pas de convictions assez fortes et assez elevees pour lut- ter contre Tardeur des passions, excepte dans le mo<> ment ou le danger rallie toutes les ames honnetes et leur rend toute leur euergie. Ce n'est que dans le renouvellement de la foi dans les ames que nous pottvons trouver la remede veritable et dinrable a tous nos maus, et ce n'est qu'a Dieu que nous pou- vons le demander. Adieu, Monsieur, nous voudrions bien que vous vinssiez nous faire une visite en France; mon man et M. D. se rappellent avec grand plaisir celle que Yous nous avez fait, 11 y a trois ans. Notre chere amie MUe Raudale nous a ete enlevee pour habiter un meilleur monde, 11 y deux annees. Nous ne cesserons Jamals de la regretter. Jai reyu une lettre pour eile de Texcellent Mr. de Turok; j'au- - 23 - rais desire qu'il apprit en meme tems, que la triste nouvelle de sa mort, le souvenir que je conserve de Tamitie quelle avait pour lui. Agreez^ je vous en prie, Texpression de mes sentiments bien sinceres. StaM de Br«sUe. Jean Paul FriedTieh Richter. Geb. in Wunsiedel den 21. März 1763, gest. in Bayreuth den 14. Novbr. 1825. An Professor Phil Conr. Marheineke in Erlangen. Bayreuth, den 5. October 1805. vVer den ersten Posttag versäumt, kann gewüs furchten, dafs es ihm mit dem sechsten auch so ge- hen werde — wie mir. Hier endlich sende ich Ih- nen Ihre Auslage, an deren 8 Fl. 38 Kr. ich Ihnen schon in Erlangen 2 Thlr. pr. zurückgezahlt — und den Anfang Hamanns zu. Ich kann dieses Schools- und Busen- und Herzenskind nicht länger entra- hen, als bis Sie und unsere Freunde es zweimal gelesen. Dann fliege es mir wieder zu. So oft ich gar nicht lesen will, sondern nur denken oder ge- niefsen: so les' ich Hamann. — Da ich eben Einquar- tirung auf meinem Schreib -Kanapee habe — näm- lich 2 Kinder und 1 Hund — so mufs ich unor- dentlich ui)d kurz zugleich schreiben. Wenn Sie Herrn Wendel in meinem Namen danken: so bitten - 25 - Sie auch um ein geliehenes, imfrankirtes Exemplar vom Verkündiger, dessen Fülle und Wechsel mich immer so sehr erquickten. Grü&en Sie recht den liberalen geist- und kenntniüsreichen Ammon, dessen Person mich zu seinen Werken fuhrt, wie sonst um- gekehrt, und den liebenswürdigen wackern Le Picque und den £x-Schelling Mehmel. Ich danke für alle vereinigte Liebe, wozu auch die Ihrige gehört, freund- licher Prediger der Freundlichkeit. Ihr Jean Paul Fr« Ricliter. (Eben so eilig.) A n d.e n s e 1 b e n. Bayreuth, den 26. üVorember 1805. ]9ier folgt das Doppelwort an Herrn Manns- felder. Mit der Bitte um den Yerkündiger meinte und mein' ich's ernsthajft. Der freundliche Ammon bringt ein neues Werk von Hamann sammt meiner Bitte um das vorige. Ein poetisches Lexikon von Hamann kenn' ich nicht; ich wünscht' es wol zu sehen, da Sie ihm es zuschreiben. Könnt' ich doch irgendwo in beiden Fürsten- thümern Schwarzen's Erziehungslehre auftreiben, eh' ich meine in zwei Bändchen gebe. Sogar einem Entfernten ist Le Pique's Entfer- nung eine unangenehme. Ich grüis' ihn herzlich. Allerdings gehen jetzt Droh- und Schwanzsterne - 26 - aller Art durch unsere Zeit; und nur ein Gott kann sagen, ob sie Welten zerstören oder selber zerstörte sind, oder nur durchsichtigere Erden. Mögen immer glückliche Sterne über Ihnen ste* hen und herrschen! JT, P. F. Rlcliter. «. + An denselben. Bayreuth, den 18. März 1806. Giebt es keine Möglichkeit und Post mehr, dafs ich meinen Luther und Anti- Mannsfeld wieder be- komme, lieber Marheinike? Mein Freund Thieriot, der in acht Tagen abreiset, möcht' ihn noch vorher lesen. Ich bitte sie darum. Könnten Sie in solcher Eile noch Grübner's Gedichte beilegen: ich würde Ihnen doppelt danken. Nach Ihrer Probe bin ich froh, dafs wieder neuer Geist in die Earchenge- schichte kommt, die immer so leer, wie die mr- chen selber, ist — Die organischen Kügelchen zu meiner Abhandlung über die Reliquien sind ohne meine Zeugung durchaus unfruchtbar. — Leben Sie wohl und grüfsen Sie Mehmel und Ammon und das Buch Hamann. Ihr JTean Paul Fr. Ricliter« An denselben. Bayranib, den 8. April 1806. Ich bedarf Ihrer ganzen Güte zur Entschuldi- gung meines Schweigens, das ein Ja oder Nein auf - 27 - Ihre jFrage va'schob. Indefs is^ eben meine Ant- wort — dies entschuldige ein wenig das Schweigen — keines von beid^. Ich will näinlidi gern mei- nen Aufsatz aber die Reliquien für Ihr Taschenbuch vollenden — obgleich nur dessen Hälfte ernsthaft wird — aber ich habe nur dazu einen langern Spiel- raum, nämlich Zeitraum nöthig. Erst im August bab* ich meine Erziehungslehre vollendet; dann hab' ich für Kanne's aUfemeine Mythologie eine Vorrede versprochen. Es käme nun darauf axi, ob mein Auf- satz Anfangs Septembers nicht zu spät komme. Im andern Fall wiird' ich ihn also für das künftige Jahr Ihn^i anbieten, falls das Taschenbuch sich selber so lange verspäten wollte. Ich danke Ihnen sehr für Ihr gütiges Dariehn von GrübeFs Gedichten. Er gehört freilich nur zum Landvolke am Musenberge. Leben Sie wohl. Ich grüise Sie und unsere Freunde* S^ F* W. WLlmUtf^r. e.i An W. V. Röder, General-Adjutant des Feld- marschalls V. Möllendorf in Berlin. Bajreutb, den 29. Februar 1808. Abgeschickt den 20. JMärz. Wenn der Schriftstell^ zuweilen aus Büchern, so ist auch der Briefstellw aus Briefen zu errathen; und da: Ihrige gab mk die Freude, daraus, wenn idi's Ihnen geradezu ins Gesicht — - schreibt! soll, ein wahrhaftes und schönes Herz zu erath^i. Und dies sei von mir brüderlich empfangen! — Ihr Stand, Ihr Kriegs- und Ihr Residenz -Getümmel macht es - 28 - sonst eben nicht teicht, die Musik der Poesie gleich- sam unter Kanonen und Stürmen zu vernehmen; de- sto leiser ist das Ohr, das sie dennoch hört — Unsere erfreulichsten Töne kommen jetzt (vor der Hand und Zeit) von keinen andern Höhen herab, als (wie Schweizer - Kuhreigen) von den Musen - Bergen. Innigst erquickt hat mich Ihr Wort, dafs Ihr d^tscher Bruder, eh' er für Deutschland ge&l* len, durch meine Werke einige über den Lebens- Dampf erhebende Stunden empfangen. Man ist schon froh, wenn man auch nur dem gemeinsten Todt^ü ein Paar lichte oder warme Lebens -Minuten hat vor seinem letzten Gange mitgegeben; wie viel mehr, wenn man einem edlen Geiste, eh* er sein Leben opferte, dasselbe versüfst hatte. Daher, wenn ihn meine Werke sogar zum Tode hätten b^eistarn hel- fen, ich würd' es nicht bereuen. Haben Sie Dank für Ihre Theilnahme an mei- nem Innern! Schreiben Sie mir, so oft Sie kön- nen! Bleiben Sie so, wie Sie mir erscheinen! Und das äufsere Leben begleite und beglücke, so weit es kann, Ihr Inneres! Jean Paul Fr. Richter. N. S. Vergeben Sie mein Ausstreichen, sogar in der N. S. Da ich jeden Brief schnell hinschreibe ohne Konzept, so dafs der Leser die erste Auflage bekommt, so mufs ich bei dem Nachlesen die zweite hineinkorrigiren. - 29 - f. An Dr. Dorow in Wiesbaden. Bayreuth, den 15. Septembef 1817. Ihr Werthes vom 17.' Juli d. J. erhielt ich in Heidelberg. Das Schicksal brachte am Abende vor meiner Abreise gerade Tiek aus England auch da- hin^ und unter andern mit darum, damit er mit Ha- manns-Bücher-Buche, das Reichardt mir geliehen, aber nachher ihm geschenkt hatte, am Tische des Kirchenrath Schwarz mir wieder ein Geschenk ma- chen sollte und zwar ungebeten. Indeis sammeln Sie immer so viele glänzende Fliigelfedern, als die- sem in die Sonne selber entflogenen Phönis: ausge- fallen, mit Hülfe seiner Freunde auf. Findet sich endlich der lange gewünschte Herausgeber, so leih' ich ihm freudig mein Exemplar dazu. Fand' ich selber Zeit zur Herausgabe — welche freilich nicht im blofsen Abdruckenlassen, sondern auch in lite- rar- historischen Erläuterungen bestehen mufs — so würd' ich Sie um Ihre Hülfe bitten, — Jacobi be* sitzt eigentlich den vollständigen Schatz. Möge Ihr schöner Eifer für den Verklärten be- lohnt werden. Ihr ergebener Dr. JTean Paul Fr. Rlcbter. An Bayreuth, den 6. November 1821. Ihr schöner, von der Freundschaft verlängerter Brief aus Bremen, höchstgeschätzter Herr, verdient - ,^0 - idttnen wärmsten Dank gegen Sie, dem die Menge der Geschäfte nur kurze und gleichgültige Briefe er- lauben kann. Durch den Weinschatz Ihrer Berg- werke, deren äufserliche Ausbeute den Menschen mehr beglückt, als die innere anderer Berge, wer-* den meine Bitten '. und Ihre Wünsche zwar für die- sen Winter erfüllt, aber auf eine andere Weise. Unter Ihren von mir versuchten Weinen sagt mir nämlich der aus Frankfurt gesandte Probe -Barsae, die Flasche zu 1 FL, Oxhoft zu 180 FL, allein tu^ nicht blos durch Stärke, denn diese liefse sich durch Menge ersetzen, sondern durch die wohlthätigste Wir- kung auf mein Nerrensjsteiti. Ich bitte Sie daher, auf dem kiirzesten Wege mir ein halbes Oxhoft dieses Weins von demsel- ben Jalu* und Werth gütig zu senden. Nach mei^ ner Wetterkunde gibt der gelinde Winter ftllen Wd- nen völlige Durchgangs -Gerechtigkeit durch sich. Leider thaten schon die ersten Gläser aus dem übersandte Sauteme - Fafe noch schlimmere Wirfctittg als der vorige, sonst so geistreiche Sauteme; — Nervenschwinddi, Aussetzen des Pulses und Erhitzung des Kopfes noch am Abende (denn ich trinke Htur Vormittags zum Schreiben Wein) erlaubten mir nur eine halbe Bouteille, deren zweite Hälfte aber auf einen Freund von mir rein und erheiternd wirkte. Weder Stärke, noch Schwäche sind hier Schuldige; denn Ihr starker Barsac zu 1 FL ist mein Freutld und Arzt und Ihr Frankftirter Probe -Sauterne von 1814 zu 48 Kr. gerade das Gegentheil, und so der Prmgnae m 1 PL Ihr Bremer Graves-Wein vm - 31 — ISlIS hingegen wirkt wieder viel besser. — -*- Sie sind sa gepls^ mit mir, als wären Sie mein Haus- «rzt; — und der sind Sie auch als Kellerarzt; denn ich gebrauchte nie einen andern Arzt als nnch selber. Sie werden mir nun schreiben, wieich dasjetzo ausruhende Fafs — welches mit dem Kistchen 16 FL 3 Kr. Mauth und 32 Fl. 24 Kr. Fracht gekostet ~ durch Nachfüllen (vorigen Sauterne hab' ich noch) soll behandln lassen. Noch zweifle ich, hier, wo man französische Wdne nicht zu schätzen weiis und daher nur wenige und nur sdilechte hat -*- einen Käufer dafür zu finden. Ihr Wein wird nicht so soi^fiAtig behandelt werden wie meiner, sondern, da er der Burige ist, noch besser. W^en der Nähe des Absendortes hab' ich die Frankfurter Proben mehr gekostet als die Bremer; für den FrähKng bleibt ja noch die Wahl aus diesen übrig. Möge nur der treffliche Barsac in seiner rei^ nen Giite •-*- ohne besonderes Faissqhwefeln, das mei« nem eigensinnigen Nervensysteme zuwider ist «^ an- lai^en können! Einest so theilnehmenden Manne wie Sie darf ich * es wohl in etnem Gesohäfisbriefe schon sagen, dafs mein armer Körper in diesem Win- ter bei meinen geistigen Anstrengungen änfserliche Stärkung bedarf^ vm (ife Trauer meiner Seele über die gröfste Wunde meines Lebens — über den Ver- lust meines einzigen ISjabrigen Sohnes voll Talent und Tugend — auszuhalten. Mit inn^» Hochachtang Uw ergebenster JTm« Paul Vw. RMMMf. - 32 - N. S. Diesen Vormittag hab' ich noch Ihren Sauterne Von 1802 versucht und ihn recht gut (für mich nämUch) gefunden. Verzeihen Sie mein Wein-BuUetin! lt. An den Kriminal-Direktor Dr. JuL Hitzig in Berlin. Bayreuth, den 20. Mai 1823. An keinem Tage konnte mir Ihr so lange ge- wünschtes Buch erfreulicher zukommen als gestern, am zweiten Pfingsttage, weil ich dadurch auf einmal meine Pfingsten hatte; denn in Bayreuth unterschei- den sich mir Wochen von Festen nur durch die — Westen. *— • Ihre ganze Darstellung von den Ein- theilungen an bis zur rechten Mitte zwischen furdit- samem Verschweigen und kecker Offenherzigkeit er« freute mich inniglich, so wie Ihr Schonen als sein Freund und Ihr Richten als Wahrheitsfreund und Ihre Sprache dazu, sammt dem ästhetischen Urtheil, und ich sehe froh Ihrem Denkmale Werner's entge- gen. — Sie haben mir durch Ihr Geschenk auf eine schöne Weise mein Schweigen auf Ihre Bitte ver- ziehen, deren Erfüllung theils durch meine Vorre- den (die letzte in der unsichtbaren Loge), theils^ durch das Urtheil des Publikums überflüssig wurde^ so wie jetzo noch mehr durch Ihr trefiUches. Buch. Der hiesige schöne Abend mit Ihnen und den Ihrigen hat sein Abendroth behalten. Die kleine Morgenröthe, meine liebliche Eugenie, grüis' ich — 33 - hier recht innig und väterlich. Auch Ihre Gesell- schafterinnen seien gegrüfst Mit Hochachtung und Liebe Ihr ergebenster Jfewa Paul Fr. Rieltter« i. An denselben. Bayreutli, den aO. April 1824. Guter, nachsichtiger, thätiger Gläubige* und Gläubiger! Denn in der That meine Schuld an baarein Dank ist gröfs$ und zwar für Thaten und Briefe zugleich. Sie allein waren ja der Stifter des Leserfestes« Etwas entschuldigt mich der Anlaüb selber^ der Geburttag, der immer auch ein Geburttag von Ant- worten und allerlei Arbeiten wird. Auch der Früh- ling eignet sich so viel Zeit vpn mir zu, als wohnf ich in einer grofsen Stadt; und wahrlich er ist auch eine und zwar die schönste. — Wie kann ich aber Ihrem herrlichen, mir unvergefslichen Berlin — die- ser Bergstadt der deutschen Kultur, der gesellschaft- lichen, ästhetischen und philosophischen, genug Dank und Freude bezeigen? GriHsen Sie von mir noch die Toastdichter ^ besonders SchüUer, v. Ahlefeld und Fouque. Ueberhaupt wünscht' ich wohl Namen einiger Theilnehmer und Theilnehmerinnen, in so fern es bedeutende sind, wenigstens zur stillen Freude und Liebe zu wissen. Noch einen jfrühern Dank als den letzten bab' ich Ihnen für Ihren Werner zu sagen, mit welchem 3 - 34 - Sie mich viel näher bekannt gemacht und dadurch von manchen Seiten her ausgesöhnt haben. Hätten wir nur mehre so lebendige Lebensbcschreibui^;en als blos zwei; und Sie sollten der Freund von mehr als einem grofsen deutschen Schriftsteller gewesen sein. Der gute Werner fiel, wie der noch kräftigere Hofmann, in den poetischen Gährbottich unserer Zeit, wo alle Literaturen, Freiheiten, Geschmäcke und Un- geschmäcke durch einander brausen, und wo man alles findet, ausgenommen Wahrheit und den Gknz der Feile. Beide hätten sich zu Lessings Zeit^i am Studium reiner entwickelt Ich habe in meinem 62sten Jahre oft auf einen meiner Festtrinker und Festtrunksprecher würdigeB Streckvers gesonnen; aber noch immer wollte nidhts kommen. Leben Sie wohl, mein lieber Thdlnehmer, mit Ihrer trefflichen Tochter und allen Ihr^n! Ihr ergebenster Jfmam Wmnä Ww. Ricliier» Avg. Willi. Iffland. Geb. in Hannover den 19. ^pril 17599 gest. in Berlin den 22. September 1814. In meiner Handschriften -Sammlung befindet sich der Originalbrief Ifflands an George Forster, welchen ich unter a. hier folgen lasse. Möglich, daüs derselbe bereits gedruckt ist, weil durch eine mit Bleistift beigeschriebene Bemerkung er dazu wohl bestimmt sein mufSste; es heilst nämlich: „Obwohl mancher- lei Anla& sich findet, lasse ich dennoch diesen Brief ohne Bemerkungen abdrucken: er bleibt auch, ne- ben dem Bestreitbaren, eine erfreuliche Erinnerung an den gefeierten Mann." Es scheint 6. Forsters Handschrift selbst zu sein. Alles Forschens und Suchens ungeachtet habe ich weder in Forsters Brief- wechsel, Hoch in seinen andern Schriften das merk- würdige Schreiben auffinden können, daher ich bei- nahe vermuthen möchte, daJls Forster seine Absicht nicht ausgeführt hat Ist der Brief dennoch be- kannt, so verzeihe man meine Unk^antnifs. Der unter b. mitgetheilte Brief zeigt uns Iffland, mehrere Jahre später, in tieigereizter Stimmung über Yerfol^ 3* — 36 — I gangen, die ihm in Berlin durch Druck und Ver- breitung bösartiger Pasquille zu Theil geworden wa- ren; Iffland kam im Jahr 1796 nach Berlin. An George Forster in Mainz. IManbeim, den 30. Juli 1790. Herzlich willkommen in Deutschland, in unsrer Nähe, bei Ihrer vortrefflichen Frau, bei denen, die Ihren Werth so herzlich fühlen und Sie lieben. Zu denen gehöre ich, Sie wissen es, und es ist Ihnen lieb, das erhöht meine Lebensfreude in schönen Standen. Dank 9 dafs Sie meiner gedacht haben. Und mein Figaro hat Ihnen Vergnügen gemacht? Das belohnt und ermuntert mich sehr. In dem Briefe, den Sie darüber schreiben, steht etwas, davon ich nicht übet- zeugt bin, und so will ich Ihnen mein Vertranen auf Sie und meinen Glauben an Ihre Nachsicht damit beweisen — dafs ich es geradezu sage: „ Unsre Freiheit ist nahe, ich bitte nicht mehr „darum, sondern, dais das Volk dann die „B^niherzigkeit üben möge, welche uns uii* „sere Tyrannen so oft versagten.'' Ich bekenne, dajb ich auf diese Epoche mich nicht freue, dais ich mich betrübe, wenn Sie m- tritt! Wenn die jetzige Form geändert würde, der etBie Stand von seinen Bänken heruntergesto{s^, der dritte sich an dessen Stelle darauf breit machte» was gewönnen wir? Die Gröblichkeit des Parisar tiers etat mifsfällt mir, was würde aber nidit erst - 37 - der tiers etat von Wien oder Bremen machen?' Wer ist es, der zu Paris die Revolution vorbereitet und fast entworfen hat, als die Gelehrten? So würde es und so müfste es auch in Deutschland sein. Nun aber — Allgütiger! bewahre Deutschland vor den deutschen Gelehrten! Ihre Despotie, die schon jetzt Menschenverstand und Menschengefiihl so oft beld-* digt, ihre Widersprüche, die Faustrechtssitte, womit die Meisten ihre übellaunigen Systeme etabliren, die Rauhheit, der unbarmherzige Hochmuth^ womit die Meisten schon bei ihrem Leben, der eine auf diese, der andre auf jene Weise — ihre Lobreden selbst schreiben, diese Klätschigkeit — im Mantel dw Gradheit, diese Fl^elei, genannt hoher Bieder- mannston, diese Herzenshärtigkeit — Gott! da richte ja noch lieber das alte Hofgericht von Rothweil al» dieser Areopag — oder der, den dieser veranlasse», könnte! — Ja, lieber Förster, ich kenne nichts, das mir mehr zuwider wäre, als der mdu*ere Theil der deutschen Gelehrten! Ihre Güte mag Sie oft abhal* ten, sie zu sehen, wie sie sind, oder jene mögc»i oft vor Ihnen die Krallen einziehen, die sie vor unser Einem in ihrer ganzen Häfslichkeit auf Ti- sche und Angesicht und ihrer Kollegen Herz hin- legen. Es ist eine eigene häisliche Ra^e« — Hat Figaro Ihnen gefallen: so getraue ich mir, über diesen etwas besser Unterrichtete und etwas Unt^-: haltenderes zu geben, wenn ich in späteren Jahren bequemer ihrer Kralle und ihres heimtückischen Kothwerfens aus Winkelgassen lachen kann! Da ich in Recensionen nie mi&handelt bin: so ist es^ - 38 - ein klar» Beweis, dals ich es nicht aus Depit sage, sondern ans Sachkenntnifs. — Denn audi gestdie ich, dais der Enthusiasmus für Einen (sä es Ideal) mehr Ganzes bewirken kann, wie ich glaube, mehr zum Vertrauen leite, und dem Vertrauen, selbst eine Kraft gebe, welche eine Regierung Vieler nicht einflofjsen kann. Was in Frankreich jetzt ist — ist Schwindel, der sich mittheilte, nicht Kraft, die sich schon gesetzt hatte. Wie wollen wir Bedrückungen entgehen, wenn wir die einzige Form abwerfen? Aber werden nicht Beeinträchtigungen, Vorzüge, Zurücksetzungen und die ans diesen von selbst entstehende Ünterordnui^ immer das Loos der Menschen sein, so lange es Leidenschaften und Rechte des Starkeren giebt? Und eben diese Rechte des Stärkeren werden so gut durch Familienbund und Antisten - Komplot beibe* halten, vielleicht bündiger, als durch den jetzigen beständigen Militairftifs! — Die freie Schweiz klagt und tobt dagegen und dennoch prefst der Familien- druck diese Klagen gewaltsamer nieder als R^im^i* ter. Darum — ich gestehe es — wünsche ich lie- ber, dais Alles bleibe, wie es ist! Wenn unsre Fürsten die französische Revolution, die deutschen Unruhen, als den Zeigefinger ansehen (und sie thun es), womit eine höhere Macht ihnen dräuet, wenn sie, dadurch geleitet, auf den Ursprung ihrer Macht, auf ihre Pflicht gegen uns (sei es aus Politik!) se- hen: so mag Frankreich seine Garde -Nationale be- halten — nie sollen Herr Pahl und Herr Renner deutsche Garden kommandiren, noch Herr Koch - 39 - oder Herr Boeck Grafen und Barone hängen, dann morgen wieder Cinna oder die Gnade des Augast spielen. Es ist mir recht, wenn wir bleiben, wie wir sind; es kommt nichts Be&res nach, am wenig- sten in Deutschland. — Wer weifs, endet nicht die beste Welt von Lafayette — in einen Bankerutt! Die Finanz -Menschen behaupten: er sei schon — nur ausgesprochen sei er noch nicht Was ist dann gewonnen? ' Doch ich vergesse: Sie kommen aus Frankreich — und also müssen Sie leidenschaftlich für das sein, was Ihr edles Herz wünscht, dafs es dort s^in mochte, und woran Ihr Glaube an gute Menschen nicht zwei- feln kann, dafs es wird — und so bin ich mit dem, was ich sage, riothwendig Ihnen sehr zuwider. Noch eins, scheint mir, wird jetzt übersehen. Fordern wir nicht zu viel von Fürsten? Es ist Mode, sie zu hassen; Mode steckt auch den Klüg- sten etwas an — ist es nicht Gerechtigkeitspflicht, sehr auf semer Hut zu sein? Sie werden herzlich lachen (denn böse können Sie nicht darüber wer« den), dafs ich Ihnen das so umständlich schreibe, aber, sollte ich auch dadurch bei Ihnen verlieren, so wiirde ich doch das fast eher wollen, als ver- schweigen, was ich über die Freiheitslosung fühle, die Sie mir gegeben haben. Da ich bei dem Krönungswesen mitfiguriren soll: so freue ich mich, dann einigemal nach Mainz zu kommen. Huber hat indefs die Zeitungen fast ordentlich geschickt, aber sich wohl gehütet mit ei- ner Silbe dazu zu schreiben: dafs er lebe. Es ist - 40 - also doch zu vermuthen, dafis er existire, und weHn etwas von ihm verlauten sollte, bitte ich Sie, ihm wissen zu lassen, dafi» ich seiner gedenke« Vor al- len aber empfehlen Sie mich Ihrer guten Therese; empfehlen Sie mich ihr herzlich, denn ich begreife sie sehr. Bleiben Sic mir gut! IflTliMid« An den Kriegesrath Müchler. Berlio, den 3. December 1800. Empfangen Sie meinen innigsten Dank für die schöne Empfindung, welche Ihr Herz und Ihr Ta- lent mir gegeben haben. Es ist ein Busch um eine frische Quelle, an der Heerstrafse für den müden Wanderer gestiftet ! Das Erstemal war dieses freund- • liehe Wort, waren Sie das Lebenszeichen guten Wil- lens, was in Berlin ich je empfangen zu haben weils. Nachdem alle Federn und Zungen mich schänden und würgen — sind Sie der Erste, der es wohl- wollend sagt — das ist zu viel! In der That, da ich das Glück habe, eine ge- wisse Kindlichkeit der Empfindungen erhalten zu haben: so leide ich zwiefach bei dem herzlosen Wesen, womit einige Herostraten, die würdigere Dinge zerstören, mich systematisch verfolgen und die ganze jeunesse de Freron aufbieten, meinen Ki*edit und meine bürgerliche Ehre zu zernichten. Ich selbst kann für meine Vertheidigung fast nichts thun, also lege ich meinen guten Namen und seine Erhaltung bei jedem Ehrenmanne nieder, und so - 41 - mufs ich erwarten, welche Wendung die Dinge neh- men wollen; ob ich in Berlin bleiben kann, oder ob, die Erhaltung meines Rufs mir befiehlt, es zu verlassen. Von Herzen der Ihre IflTland, Darf ich meinen Freunden Abschriften ohne ih- ren Namen und mit dem abg^nderten Namen am Schlufs — G. t. r. geben? Wenn Sie es nicht ver- bieten, nehme ich es für Erlaubnifs. Ednard Gans. 6eb. in Berlin den 22. März 1798, gest. in Berlin den 5. Mai 1839. In diesen Bänden ist schon öfters des Professors Ed. Gans Erwähnung geschehen und es sind Briefe an denselben mitgetheilt worden. Die freundliche Theilnahme des Herrn v. Varnhagen für mein Un- ternehmen macht es möglich, nun auch Briefe von Gans selbst, an Varnhagen aus Frankreich, Italien u. s. w. geschrieben, hier abdrucken zu lassen. Lei- der fehlt uns bis jetzt noch stets ein Lebensabriis des trefflichen Mannes und seines einflufsreichen Wirkens auf unsrer Friedrich Wilhelms -Universität. Daher mag ein Wort über denselben hier einen Platz nochmals finden, welches ich in dem vierten Hefte der Facsimile mitgetheilt habe. Eduard Gans, ordentlicher Professor der Rechte an der Universität zu Berlin, geboren daselbst den 22. März 1798, nimmt unter den deutschen Gelehr- ten einen bedeutenden Bang ein^ der auch in Frank- reich und England, so wie in dem altklassischen Vaterlande der Jlechtsgelehrsamkeit, in Italien, in - 43 - ehrenvoller Anerkennung steht Schon in junget Jahren zeichnete er sich durch Scharfsinn, Kennt- nisse und besonders auch durch Muth aus, mit dem er in der Wissensdiaft die freie Untersuchung gegen ein bloises Namensansehen geltend machte. Er trat als Vertreter der Philosophie in der Rechtswissen- schaft auf, und indem er hiebei die sogenannte hi- storische Schule zu bekämpfen hatte, siegte er nicht nur auf dem philosophischen Gebiete, sondern zeigte sich auch auf dem historischen durch Kenntnisse und Behandlung der Gegenstände seinen meisten Gegn^n überlegen. Sein grofses Werk über das Erbrecht giebt hievon Zeugnüsr Durch lebendigen Vortrag und beredte Darstellung ragte er unter den ausge- zeichnetsten Lehrern der Berliner Hochschule . be- sonders hervor. Obwohl durch Talent und Muth sehr zur Polemik hingetrieben, und vortrefflich für diese ausgestattet, darf er doch keines weges streit- süchtig genannt werden , noch bediente er sich je- mals unedler Waffen. Im Gegentheil wird von AI- len, die ihn kannten, seine wohlmeinende Gutmü- thigkeit und menschenfreundliche Gesinnung gerühmt, die er selbst da noch ausübte, wo ihm halsstarrige Unversohnlichkeit g^enüber stand. a. f An Varnhagen von Ense. Berlin, im Oktober 1824. Hier mein Bericht über den Vorgang auf der Universität, von dem Sie so viel Ungenaues gehört - 44 - habeu! Lassen Sie gefälligst Herrn v. Beyme wis- sen, wie es sich damit verhält. Ein akademisoher Scharmützel, im Scherz, doch sdiarfe Hid>e! — Ich rede von mir, wie Cäsar, in dritter Person. — Die Disputation quaestionis fand Sonnabend den 5. September 1824, Morgens 11 Uhr, ini grofsen Hörsaale statt Der junge Promovendus war Carl Ludwig Michelet von der hiesigen franzosischen Ko-: lonie, früher Refcrendarius beim hiesigen Stadtge- richt, späterhin der Philosophie beflissen. Die Dis- sertation behandelte einen Gregenstand der Rechts- philosophie de dolo et culpa. Decan war der Pro- fessor Ideler. Die der Dissertation angehängten The- ses waren aus allen Theilen der Philosophie genom- men. Die ersten Opponenten, Laspe3rres und Saunier, meinten es mit der Sache erstaunlich enist^ und glaub- ten in der That pro veritate fechten zu müssen.: Des ersten Latinität war uotadelhaft, der zweite griff mit der Bibel in der Hand die Thesis 11 an, und zwar im Predigerlatein. Gans Weise zu opponiren war also: Er erwiederte dem ihn mit unverdienten Lobes- erhebungen anredenden Promovenden, dafs die Furcht, die dieser äufsere, seine Dissertation würdig verthei- digen zu können, unnöthig sei, weil die VortrefF- lichkeit der Arbeit solche Furcht unstatthaft mache: Man könne es übrigens dieser Arbeit, wenn man etwa zweifelte, ob man den Promovenden als Jurist oder Philosophen anzugreifen habe, sofort ansehen, wer von beiden sich hier bloßstelle, denn für einen Juristen, namentlich für einen eleganten und histo- - 45 - rischen, sei der Inhalt der Abhandlung, welche von dolom nnd culpa handele, ein viel zu leichtes und oberflächliches Thema. Diese grofsen Jturisten hät- ten jetzt andere Dinge zu thun, indem sie ausmit- teln müfsten, ob Susanna, die Tochter des Cujacius, wirklich eine Hure gewesen, oder nicht, oder auch, ob die Professoren in Bologna ihre Honorare mit Strenge eingetrieben, oder, wenn sie reich und groüi- müthig waren y mit Liberalität erlassen hätten. Sol- che Themata bekundeten den echten, wahren und grofsen Juristen, der Promovendus aber müsse in Ermangelung eines solchen es sich schon gefallen lassen, ein Philosoph zu sein. Auch wären damit, dafs er dn Philosoph sei, noch mancherlei Yortheile verbunden, denn als Jurist hätte er sich des Hoch- verraths schuldig gemacht, und den Kopf verwirkt, weil er den Hasse nicht citirt habe (Professorem non Bononiensem, sed Bonnensem), der das erstaun- liche Talent gehabt habe, seine, culpa statt auf hun- dert auf sechshundert Blättern zu schreiben. • Da er aber ein Philosoph sei, d^ Opponent jedoch nur ein Jurist, so könne zwischen ihnen kein eigentli- ches Disputationsverhältnifs entstehen, sondern nur ein Colloqiiium, wie es etwa in den Platonischen Dialogen gefunden wird, so dafs Einer den Philo- sophen, der Andre den Sophisten oder dummen Jungen voi;stellt. Diese letztere Parthie erwähle sich der Opponent, weil er als Philosoph nicht bestehen zu können glaubt, und weil die cathedra superior, auf welcher der Promovendus stehe ^ dieses Beoht ihm allein gewähre. Nun folgte die Dispiitalioi^ - 46 - die eben so zu Scherzen Veranlassung gab, und wo- bei namentlich dies Gelachter erregte^ dais eine Stdie der Dissertation, worin der V^rfiftsser gesagt hatte, ich weiis nicht (haud scio) als eine unphilosophi- sche Behauptung angegriffen wurde, indon em Phi* losoph verpflichtet sei, Alles zu wissen. Bm Gele- genheit der Stelle (S. 33), worin gesagt wird, dais man, um sich das Leben zu erhalten, stehlen könne, wurde die Anekdote erzahlt, daüs ein französischer Polizei -Präsident einem Pasquillanten, der sich mit der Einrede vertheidigt hatte, er miisse leben (il faut donc que je viye), geantwortet habe: je n'en Yois pas la necessite. Nachdem die Disputation zu Ende war, hielt Gans eine Schluisrede, worin er von den ausge- zeichneten Fähigkeiten und den Erwartungen sprach, zu denen der Promovendus berechtige, von der Phi- losophie, als der Mutter der Wissenschaften, die keiner, selbst ein Historiker nicht ungestraft ver- achte, endlich von Hegel, der die in hiesiger Uni- versität eingerissene und crasse Empirie wieder ge» zwungen habe, an Gedanken zu denken. An denselben. Berlin, den 11. Februar 1831. Ew. Hochwohlgeboren werden mir hoffentlich verzeihen, wenn ich hiermit eine Behauptung widerlegen myfa^ von der ich so eben höre, dais sie von Ihnen inüder gestrigen &o^ - 47 - cietät für wissenschaftliche Kritik ausgesprochai wor- den ist Sie sollen sich nämlich darüber beklagt haben, dafs ich die Nachricht verbreitete, Sie aeien der Verfasser gewisser Artikel in der Allgemeinen Zeitung. Dies ist vollkommen unrichtig: ich habe dies niemals verbreitet, sondern, grade umgekehrt, mir ist von mehreren Seiten erzählt worden, Sie seien der Verfasser der mit einem -{- bezeichneten Artikel, wovon mich einer heftig und unverdient angegriffen hat*). Ich muDs gestehen, dafs es mich damals tief kränkte, mich von einem Manne belei- digt zu glauben, dem ich immer mit gröfster Freund* Schaft zugethan war, dessen Talenten und Charakter ich jederzeit die grofste Gerechtigkeit hatte wider- fahren lassen, upd der zu den wenigen Gleichge- sinnten gehört, die so sparsam sich bei uns zusam- menfinden: ich nmfe auch gestehen, dafe ich trotz dem, dafs mir »Ai^ Sache im Tone der entschieden- sten Gewiisheit erzählt wurde, einige Zweifel nie- mals habe unterdrücken können, und selbst noch vor wenigen Tagen in einer Gesellschaft, wo wie- derum Sie als der Verfasser der Artikel in der All- gemeinte Zdtung bezeichnet wurden, mich laut dar- über äuDserte, dals ich nicht daran glaube. Ihre gestrige Aeu&erung freut mich um so mehr, als ich nun die entschiedene Gewiisheit darüber habe, und *) Der Artikei war von Vamliagens Schwager, Lud- wig Robert, daher der Verdaehi lelebi entatefaen konnte; nnd doeb niebt dnreb Nennung dea wabren Urhebera wi- derlegt werden durfte. - 48 - es bleibt mir nichts übrig, als Sie von ganzem Her- zen um. Verzeihung zu bitten, dafs ich einen Aa* genblick diesem Gerächte habe Glauben beimessen können. Mit ausgezeichneter Hochachtung habe ich die Ehre zu sein £w. Hochwohlgeboren ergebenster An denselben im Haag. Berlin, den 6. Aagust 1836. Verehrtester Herr und Freund. Durch Ihren Brief aus dem Haag, so wie durch Fraulein Solmar, bin ich leider davon benachrich- tigt worden, dafs Ihre Badereise nach Scheveningen als verfehlt zu betrachten ist, und dafs Sie jetzt nach Ems steuern, um Hülfe gegen ein Uebel zu suchen, wovon Sie, so viel ich weifs, nicht befallen waren, als Sie uns verliefsen. Aus so weiter Ferne kann ich nur beste Wünsche für Ihr Wohlsein und für Ihre glückliche Zurückkunft ergehen lassen. Viel- leicht, dafs die Reise, die damit vierbundene Durch- sdiüttelung, schon allein vermag, eine Heilkraft ab- zugeben. ' Die Heftigkeit, die sich gegen meinen Aufsatz kund gab, hat sich nunmehr gelegt: die Jahrbücher werden mich weiter toleriren, und vielleicht wird Alles bald vergessen sein. Letzhin beg^ne ich Herrn B. im Cafe Royal. -^ 49 - Er. Ich habe Ihren Au&atz über die Jahrbü- cher gelesen. Ich. Das ist mir lieb* Er (spöttisch). Nun er ist recht gutgeschrieben. Ich (grob). Sie meinen wohl auch) Alles mufs langweilig sein. Die Drucksachen schreiten fort Vierzehn Bor gen sind hier censirt und gedruckt Die Schweizer- Pille steht noch beror. In drei Wochen ist das Buch fertig und ausgegeben, so dals es Ihnen nadi Ihrer Rückkunft sogleich zu Händen kommen wird« Seit vierzehn Tagen werde ich wieder yon ei- nem so furchtbaren Kopfschmerz geplagt, dafs ich nicht aus den Augen sehen kann: er ist ganz ner- vös und halbseitig. Dafs ich in einem solchen Zu^ Stande nicht viel arbeiten kann, ist klar. Den vierzehnten August gedenke ich dean auch abzureisen, und zwar zuvörderst zu meiner Mutt^ nach Dresden, dann über Würzburg und Stuttgart nach dem Rhein und Belgien: ich erwarte daher keine Antwort auf diesen Brief von Ihnen, und kann auch keinen Ort angeben, wo ich sie sicher empfangen dürfte. Leo's Schrift gegen Diesterweg macht hier ein Mordaufsehen. Sie ist klotzgrob und in einen Te% von Gemeinheit und laisser aller gewälzt, da& man sie lesen, lachen und ausspucken muis. loh bin neugi^ig, Ihr Urtheil darüber zu erfahren. Mundt und Preufs, der eben von mir geht, grii- fsen vielmals. Leben Sie so wohl, als es wünsdit Ihr aufrichtiger Freund tfAMis« 4 -so- ll, i An denselben in Berlin. Genf, den 26. August 1^37. Verehrtester Herr und Freund. Jetzt^ wo ich an der Gränze Frankreichs mich befinde, und vielleicht schon in wenigen Tagen drin- nen selber sein werde, will ich es doch nicht län- ger anstehen lassen, irgend ein Lebenszeichen von mir zu geben, obgleich dasselbe zugleich ein Krank- heitszeichen ist Denn ich bin heute an mein Zim- mer gefesselt, weil ich durch eine Erkaltung auf der Insel St Pierre zwischen Biel und Neufchatel mir ein so heftiges Kreuz weh zugezogen habe (eine Coiu:- bature, wie Moritz Robert sagen wiirde), dafs jedes Aufstehen von meinem Sessel mir ein Geschrei des Schmerzes entlockt; ich habe es deswegen auch auf- gegeben, einen Abstecher nach Chamouny zu ma- chen, weil sicherlich nichts lächerlicher ist, als einen lahmen Reisenden auf Bergen zu sehen, die Flink- heit erfordern. Aus meinen fortzusetzenden Rückblicken wird wohl nichts werden, denn dazu sind vor allen Din- gen Blicke nothwendig, und zu den Blicken wie- derum Dinge, die geblickt werden. Nun aber bin ich nie so unglücklich gewesen als diesesmal, und ich mufs das mangelnde Objective durch das er- setzen, was ich selber in den gewöhnlichen Gegen- fitänden bemerke: Hirngespinnste, die für eine in- nere Bildungsgeschichte recht gut und nützlich seih können, die aber nicht verdienen, dem Publicum - 51 - mitgetheilt zu werden, das doch ein Recht darauf hat, dais ihm zuvörderst ein historisches^ oder ethno- graphisches, oder wichtiges Object überhaupt gebo- ten werde; nicht eines, das blofs innerlich ist und nur durch das Talent des Schreibenden eine Sub- stanz gewinnen kann; ein Talent, das ich am ent- ferntesten bin mir zuzuschreiben. Ueberhaupt habe ich immer bemerkt, dafs einem das entgeht, worauf man sehi hauptsächliches Augenmerk richtet; ich bin diesesmal auf Rückblicke ausgereist, und es wird mir gehen, wie immer, wenn ich einen Schirm habe: es wird nicht regnen. Was soll ich von Deutschland melden, als dafs ich zwischen Berlin und Leipzig zum erstenmale ge- hört habe, was ein Gold- und Silberplättner ist, dafs ich Brockhaus im Kampf mit der Hyder einer neu zu errichtenden Zeitung fand, deren einen Kopf abzuschlagen er die Güte hatte mir zuzumuthen, dafs ich des Morgens um 7 Uhr mitten im Regen mit etwa 100 Fahrenden auf der Eisenbahn von Leipzig nach Althen reiste, und alle in Bewunde- rung über das fand, was doch Menschen aushecken könnten, dafs ich übrigens dieselbe rüstige Lange- weile, dieselbe Zufriedenheit mit Unerträglichem, die- selbe Lust, das nochmals zu begründen, was schon längst begründet ist, wie immer angetroffen habe. Der deutsche Geist wird wie eine Locomotive von dem Dampfe bewegt, der von andern Ländern her- kommt; selbst kann er nicht gehen, aber auch, wenn er ruht, ist er doch stolz darauf, dafs er in Bewe- gung gesetzt werden mag. Wie übrigens die Eisen- 4* - 52 - bahnen, dieses umgekehrte Babel, auf Deutschland wirken w^den, bin ich recht neugierig zu sehen; vielleicht erleben wir einmal die Freude, im eigenen Dampfe zu athmeu. In Heidelberg bin ich ungefähr acht Tage ge- wesen; nie aber hat es auf mich einen so traurigen Eindruck gemacht. Eigentlich lebendige Wissenschaft ist dort nicht anzutreffen. Die Universitätslehrer be- mühen sich, den Studirenden grade das beizubrin- gen, was diese für das Examen nöthig haben ;*^ ja sie .gehen so weit, das selbst zu gestehen und aus- zuposaunen. Die Ankündigung einer vollständigen Heidelberger Vorlesung würde ungefähr so lauten: „Die genauesten Notizen über alles Wissens werthe im Staatsrechtlichen, ohne welches man unfehlbar im Examen plumpen würde.'' Was die Universität 1820 war, als ich sie verliefs, das ist sie noch. Von Thibaut hört man dieselben Redensarten; Mit- ta:!maier bleibt ein ungeheurer Polyhistor und Litte- laj^kenner, ohne sie gelesen zu haben, und Zacha- ria macht für Geld Gutachten für beide Parteien. Philosophie ist dasjenige, was man verabscheut, weil man eine gräfsliche Furcht davor hat^ und Creuzer ist der einzige^ der sich der verlassenen und ver- bannten heute annehmen mag. Dieser Mann in seiner liebenswürdigen und kindlichen Naivetät ist mir die einzig angenehme Erscheinung gewesen, wel- che mir begegnete. Die Marquise Arconati mit ih- rem feinem Siime für alles, was Welt heifst, findet sich auch in Heidelberg weit unbehaglicher als in B(»m; sie wird im Winter nicht dahin zurückkeh- — 53 - reu, ilnd Carletto Mrird in Edinburg deatsche Bil- dung schottisch überziehen lassen. Einen zweiten Buhepunkt habe ich in Baden- Baden gemacht, das unter der Last seiner Englän- der erseufet, die mir auf dem Continente niemab lächerlicher vorgekommen sind, als grade jetzt. Ihre Unterhaltung dreht sich um den Mittagstisch, der entweder qapikU pretty oder bad ist, meistens aber das Erstere, um die Wohnung, die immer capitai ist^ weil man den Kerls die besten Zimmer anweist, und um das Frühstück, das sie selber eigentlich an* ordnen, und als ihr eigenes Product bewundern mos sen. Sonst reisten nur die Lords und Honorables, jetzt reist aber auch der dritte und vierte Stand, der es noch immer wohlfeiler als in England fin- det. Mit keinem Engländer, den ich auf dem Con- tinente sah, habe ich mich in ein Gespräch über Englische Verfassung und Zustände einlassen kön- nen; sie verachten den Fremden entweder, oder glauben nicht, dafs er werth sei, in ihren Particu- laritäten unterrichtet zu werden. Wie ganz anders hat mich Herr Ticknor, den ich in Heidelberg traf, über Amerikanische Verhältnisse au fait gesetzt Endlich habe ich von einem dritten Aufenthalte zu sprechen, von dem in Neufchatel; von einer Art von Inspection übißr meine ehemaligen Schiller. Diese sind sämmtlich noch grofsere Royalisten als der Kö- nig selber geworden, und zwar aus einem ganz ein- fachen Grunde: denn sie besitzen das ganze Köuig- thum nur im Wappen; sie bezahlen ihm nichts; es kann sie nicht errdchen/ und so ist es d«in ledig- - 54 - lieh Ornament, ein Staatsrock, eine BaUeinladung, eine Ehre, die man geniefst, ohne dafs sie erdrückt Reiche Privatleute und Industrielle werden immer geneigt sein, den Proletarien dergleichen Medusen* häupter entgegen zu halten, namentlich, wenn sie die Kunst besitzen, nicht selbst davor in Schreck zu ge- rathen. Uebrigens muls man gestehen, ist es auch die Gutmüthigkeit des Königs, von der man allerlei Züge zu erzählen weüs, welche die Neufchateller entzückt Nächst dem Könige steht der General von Pfuel im allerbesten Ansehn. Man sagte mir: nie sei eine bessere Wahl getroflfen worden, weil in diesem Manne die Festigkeit, die einem Preufsen gezieme, sich mit dem Liberalismus vereinige, der in der Schweiz nothwendig wäre. Wenn man übri- gens eine petite ville sehen will, so mufs man nach . Neufchatel kommen. Bisweilen wurde ich von dem General -Postmeister Jeanrenaud, von einem alten Zu- ' hörer, jetzigen Chatelain du Landron, Matile, von Herrn vqp Meuron, Favre etc., im Wagen zu Spa- zierfahrten abgeholt. Dann waren alle Damen der Strafse*) am Fenster, denn die Anwesenheit eines Fremden, welcher abgeholt wird, ist ein Ereignifs für eine kleine Stadt Man giebt hier noch alle Titel in gehöriger Weise; man nennt Herrn v. Pfuel nie anders als Son Excellence, man sagt Mr. le Prqfesseur^ Mr. le Chaidam^ Mr. le moMre de po- stCy und man behandelt sich mit aller bonhomie bourgemse^ die in grofsen Städten so ganz abge- *) Das hoifst, welche daria wobnjen. - 55 - kommen ist. Auf der Insel St. Pierre bei Neufcha- tel wird das Zimmer gezeigt, in welchem Jean Ja- ques Rousseau sich längere 2^it aufhielt. Das Mo- biliar, ja das Bett ist erhalten, und ein Buch ist aufgelegt, in welches jeder Besucher sich einzeich- nen soll. Hier nun hatte am Tage, ehe ich da war, ein Mann, der sich Mr. Decrette, Savoi, unterzeich- nete, ein infames Pasquil gegen Rousseau eingeschrie- ben, auf das weitläufig in französischer Sprache ich zu antworten für gut fand. Mir kommt so etwas nicht minder strafbar vor, als wenn Jemand heilige Monumente zerstört oder beschimpft. Genf, den 27 sie». Mein Kreuz weh, das heute, trotz einer spani- schen Fliege, heftiger ist als gestern und mich com- plett lahm macht, verschaffl; mir bei allem dem das Vergnügen, mich mit Ihnen zu unterhalten und die- sen Brief beendigen zu können. Als Reiselecture hatte ich in Heidelberg den dritten Theil des Hei- ne'schen Salons gekauft, bin aber erstaunt über das Unzusammenhängende der ganzen Production, die doqh nur durch stärkeren Humor eine Substanz hätte gewinnen können« Sporadische Witze sind nicht fähig, uns für die Langeweile eines durchaus mangelnden Totaleffects und, ich möchte sagen, To« talzweckes zu entschädigen, und diese mit unterlau- fenden Witze kommen seltener als in früheren Pro- ductionen vor. Glauben Sie nicht etwa, verehrte- ster Herr, da£s ich ärgerlich auf Heine bin, weil er mein Berliner Geschrei in Potsdam will gehört ha.-* - 56 - hen; solche Freihdten nehme ich nicht übel, und ich habe recht herzlich darüber gelacht; aber da- mit macht man kein Buch, das in der Litteratur ge- nannt werden soll. Jetzt habe ich aber vierzehn Seiten von mir und meiner Reise vollgeschrieben, ohne mich nur ein einziges Mal nach Ihnen erkundigt zu haben. Wie geht es Ihnen denn mit den leiblichen Zustän- den? sind Sie von Ihrer Reise glücklich zurückge« kehrt? Die Nachricht in der Allgemeinen Zeitung, dafs die Cholera in Berlin ausgebrochen sei, bat mich sehr erschreckt, und würde mich zur unver- züglichen Rückkehr nach Berlin bewogen haben, wenn nicht dergleichen Zeitungsnachrichten häufig von solchen herrühren, die nichts Besseres zu schreiben wissen und daher auch nicht genau sind, wie ich ja aus eigener Erfahrung am< besten zu wissen berufen bin. Nicht minder thut es mir leid, dafs es mir nicht vergönnt ist, Seydelmanns Vor- stellungen in Berlin beizuwohnen, von denen Sie wohl noch eine oder die andere genossen haben werden. Der Reisegefährte, über den Sie wohl einiges werden wissen wollen, gehört zu den guten^ unver- drossenen Jungen; eine eigentlich moralische Stütze gewährt er mir nicht, denn ich kann mich in Wahr- heit über nichts mit ihm unterhalten. In der Poli- tik ist er Null, in der Litteratur Null -Null, vom Leben- und seinem Fache weifs er, was ein Auscul- tator zweiten Ranges ungefähr wissen kann; er ver- spricht einer von den Vielen zu werden, die nach — 57 - Jahren im dritten Examen bestehen dürften. Aber von Seiten des Herzens und der Unverdrossenheit in Besorgung der nöthigen Reisegeschäfte ist ihm das beste Lob zu ertheilen. Gern würde ich Ihnen einen bestimmten Ort für die ErtheUung einer ordentlichen Antwort ge- nannt haben 9 wenn ich nur wüfste, von welchen mich die Cholera ausschliefsen wird, und wohin sie mir zu gehen erlaubt. Auf jeden Fall darf ich wohl bitten, mir nach Bordeaux poste restante un- verzüglich zu schreiben, denn einen früheren Ort kann ich nicht vorschlagen. Haben Sie die Güte, mich dem lieben Fräulein Solmar, Dirichlets, Madam Lea Mendelssohn Bar- tholdy und Hensels ergebenst zu empfehlen, und sein Sie von der fortdauernden Freundschaft über- zeugt Ihres ergebensten Haben Sie vielleicht die Güte, Herrn Duncker in meinem Namen den Auftrag zu geben, Laube ein Exemplar der Philosophie der Geschichte zuzu* senden. e. f An denselben. AlontpeUier, den 11. September 1S37. Verehrtester Herr und Freund. Die Ghol^a, welche mich nun schon so oft Reiserouten wechseln, Orte aufgeben imd andere - 58 - dafür in Empfang nehmen liefs, welche mich von Italien nach Frankreich, von Marseille nach Mont- pellier warf, hätte mich von hier sofort ziurfickgehen lassen, um durch eine bösartige Dialectik (wie ich sonst geschrieben haben würde), mich das aufsuchen zu machen, was ich vermeide, wenn nicht ein Brief von Feige vom 30. August mir etwas beruhigendere Nachrichten gäbe. Im Grunde sagte ich mir, nach einigen heftigen Aengsten, sind meine Verwandten und Freunde so gestellt, dafs sie allenfalls dem Ti- ger aus dem Wege gehen können, und sollten sie auch nur nach Freienwalde und Neustadt entwischen. Sie vermuthe ich eigentlich noch in Hamburg, seit ich weifs, dafs die Cholera in Berlin so wüthet, und wenn ich /diesen Brief nach Berlin richte, so geschieht es, weil ich mir denke, dafs Ihnen wich- tige Schreiben (verzeihen Sie, dafs ich das meinige dazu rechne) nachgeschickt werden. In Genf fand ich, als ich eben humpeln konnte (und ganz gut kann ich's iieute noch nicht), einen alten Freund aus Lausanne, Herrn Guison, der mich Genfer Rechtslehrern vorstellte, welche weder meine Person, noch meine Bücher, aber durch französi> sehe Yermittelung meinen Namen kannten. Ein Ru- del alter Schüler, hörend, dafs ich da sei, suchte mich auf, und die Schweizerische Nützlichkeitsgc- Seilschaft, welche alle Jahre zu ihrer Zusammenkunft den Canton wechselt, diesesmal aber in Genf sich besprach, liefs mich durch eine Deputation zu ih- rem Abendessen im Navigationshause einladen, und gewährte mir einen Ehrenplatz. Komischere Reden — 59 — als hier habe ich wohl nie gehört; 3ie fingen bei den Meisten deutsch in schärfster Dehnung an, und endigten franzosisch, aber weit besser, als sie an* fingen. DesinU in piscem multer formosa supeme, Ain besten bewegte sich noch in diesem Deutsch- französisch der Bürgermeister Hefs aus Zürich. Herr Guison forderte mich zum Sprechen auf, und ich mufs gestehen, ich hatte die ungeheuerste Lust, aber die Furcht, mich und meine Bede den anderen Tag im Federal wiederzufinden, die Angst vor etwanigen Berliner Bemerkungen hielten mich davon ab, eine Feigheit, die ich auf dem Nachhausewege bitterlich beklagte. So ist man aber. Ein Leben in sol- chem Hintergrunde mergelt den Menschen aus, und man erkennt sich nach einigen Jahren kaum mehr wieder. Ich betrat in Frankreich ein Departement, das Departement de TAin, das wegen seiner Naturschön* heiten ausgezeichnet, wegen seiner Fruchtbarkeit be- kannt ist; aber welcher Abstand, wenn man von de^ Schweiz nach Frankreich kommt. Schmutz und Bet* telei stehen als Hüter an der Grenze; die Polizei- Commissarien haben ganz noch den schneidenden Ton, den lauschenden und mißtrauischen Blick der Napoleonischen Zeit Es ist merkwürdig, wie lange ein Weltgenie vorhält. Wir können mit allen Ab- waschungen des MittelmäCsigkeitswassers doch die insicive Farbe Friedrich des GroCsen nicht los wer- den. Die Franzosen haben zwischen Napoleon und sich einen unglücklichen Krieg:, eine Restauration, eine Revolution , zwei Charten, und dodi steht der — 60 - Kaiser an jedem Zollhause, steckt in jeder Uniform, und sieht aus den Augen eines jeden Polizeibeam- ten. Lyon machte auf mich einen unglücklichen Eindruck. Wenn man etwa die herrliche Aussicht von der Höhe von Four viere ausnimmt, die mich erhob und begeisterte, so sah ich nichts als eine Stadt, die sich von grofsen Fabricationsleiden eben wieder aufnimmt, die aber in Litteratur, Wissenschaft, Theater^ Leben und Politik, das heifst in Allem, wo- nach ich reise, einer der Gypsabgüsse von Paris ist, und zwar einer von den vielen, die man kaum mehr sehen mag. Wie Sie am Ende in den verschiede- nen Städten die Gypsabgufscabinette nicht besuchen, weil sie doch nur in Allem die Abdrücke der Elgin Marbles finden, so brauchen Sie, wenn Sie wollen, die meisten französischen Provinzialstädte nicht zu sehen. Sie finden nicht allein keine Unabhängigkeit des Geistes, sondern, was weit ärger ist, nicht ein- mal die Pretention darauf. Paris ist die Zunge, wel- che nicht allein für die Provinzen spricht, sondern sie auch verzehrt Sie können dies schon daraus sehen, dafs man die Nachrichten aus Spanien hier in Montpellier über Paris empfangt, obgleich man auf der place du Peyron allhier ganz deutlich die Pyrenäen gewahrt. Dies wird sich auch so leicht nicht ändern; man fühlt die Abhängigkeit nicht, weil Jeder zugleich der Möglichkeit nach ein Pariser ist, und die Hauptstadt gewinnen kann, wenn er Geld und Xust hat. Nur die Volkssitten möchten doch hier in Languedoc eine Verschiedenheit haben, die sie von den übrigen französischen abschneidet. Die - 61 - Trachten des Volkes, ja die Sprache sind nicht mehr französisch; es ist das catalonische Idiom, das hier die Oberhand gewonnen hat, und Sie würden kein Wort von dem verstehen, was Ihnen das Volk sagt Wir täuschen uns übrigens so häufig, wenn wir glau« ben, es sei ein gröfseres Streben nach deutschen Hülfsmitteln in Frankreich erwacht. Wenn man auch auf den Colleges Deutsch lehrt, so ist es grade so, als wenn die Jungen bei uns lateinisch lernen. B^ wie vielen bleibt dieses kleben? Nach einigen Jah- ren vergifst sich dasselbe wieder, und eine lebende Sprache noch weit rascher als eine todte. So wie Sie über Genf hinaus sind, hört jede Möglichkeit, eine deutsche Zeitung zu bekommen, auf; von ei* uem deutschen Buche ist gar keine Rede mehr; kein Leseklub, keine Ressource, wie wir es nennen wür* den, besitzt die Allgemeine Zeitung oder irgend eine andere deutsche. Mir ist es recht lieb, einmal ins südliche Frankreich gekommen zu sein, um aadere Vorstellungen über die Stellung der Nation zu uns zu erhalten, wie man sie in Paris in der Regel em» pfängt. Deutsche werden in Frankreich entweder überschätzt oder nicht beachtet Für wahre Wür- digung fehlt die Kenntniüs der Sprache, der Littera-^ tur, wie wir sie z. B. von den Franzosen haben. Auf der Dampfbootreise von Lyon nach Avignon wollte der Zufall, dais Herr Sauzet, ehemaliger Gro&- Siegelbewahrer, und Herr Viennet, Deputirter von Bezi^s, Mitpassagiere waren. Beide kannte ich voi^ früher her« Herr Sauzet, ein Advocat im wahfeA Sinne des Wortes, ehemals Legitimist, dann liers- - 62 - partist, jetzt zur Doctrin hinneigend, im nächsten Augenblicke das wieder verwerfend, was er kurz vorher wollte, die Macht vor allen Dingen lie- bend, obgleich jetzt ein wenig von derselben ent- fernt, fuhr nur bis Yalence mit, wo er sich auf das Land begab. Er sprach viel von der Dissolution, zu der er, wie ich glaube, keine grofse Hinneigung verspürte, da er vielleicht nicht wieder gewählt zu werden furchtet Es war indessen interessant, einen ehemaligen Minister, und zwar einen, der es noch vor einem Jahre gewesen war, der Menge, aus der er hervorgegangen ist, wieder zurückgegeben zu se- hen. Die Mitreisenden, die ihn kannten, nahmen keine sonderliche Notiz von ihm, und er selbst, man muis ihm das nachsagen, hatte auch nichts in seinem Wesen, was an seine frühere Stellung erin- nerte. Wenn wir dagegen unsere ewigen, olympi- schen, für immer geborenen Minister halten! Herr Viennet (in parenthesi: ein seichter Kerl, weswegen ihn die Acad^mie fran^aise Benjamin Constant vor- zog) ging indessen bis Avignon mit, und machte am folgenden Tage mit uns einen Ausflug nach der Quelle von Vaucluse. Er ist ein jmder perce, ehr- lich genug, um sich nicht zu verkaufen, aber dumm genug, um der alten Justemilieu- Fahne mit unaus- getrockneter Treue nachzugehen. Wahrscheinlich wird er bei erfolgender Auflösung in Beziers nicht wieder gewählt. So sagt man wenigstens in Mont- pellier. Ueberhaupt ist die politische Constellation in Frankreich jetzt also, dais bei den nächsten Wah- len eine grofse Masse Legitimisten und weit mehr — 63 — Radicale in die Kammer kommen werden. Man macht sich darauf gefafst^ unter den Deputirten Vil- lele, Corbiere, Chateaubriand, Peyronnet selbst zu finden. Ludwig Philipp ist im Lande nicht gelieb* ter, als er vor zwei Jahren war; nur ist man einer- seits noch müder geworden, jetzt eben so der Höl- lenmaschine, wie friiher der Emeuten, andrerseits sieht man die Noth wendigkeit ein, in geschlossener Schlacht zu kämpfen, was sich nächstens aufthun wird. Das Programm, welches die Legitimisten pu- blicirt haben, nähert sich mit wenigen Ausnahmen dem der entgegengesetzten Opposition, und wir wer- den noch einmal das interessante Schauspiel erle- ben, Contreopposition und Opposition in Verbin- dung mit einander gegen die Regierung auftreten zu sehen. Trotz aller Centralisation sind überhaupt die Unarten in Frankreich noch nicht centralisirt; ich verstehe darunter die ewigen Vexationen, die jede Stadt wegen der Einfuhrung von Cigarren, Wein, Oel und anderer Nahrungsgegenständen an Fremden auszuüben berechtigt ist Wie gesagt: die Franzo- sen mit ihrer Nationalöconomie sind practisch in Allem, was das gemeine Bedürfnifs betrifft, Colber- tisten, Bonapartisten und gar nicht über 1789 hin- aus. Als wir in Nismes visitirt werden sollten, machte Herr Viennet einen HöUenspectakel. Qtielle betise! je riaurcds jamais cru mon pays aussi bete. Sommes-nous en AUemagne ou en ItaHe? Und als ich bemerkte, dafs man in Deutschland nicht mehr visitire, so sagte er: Vom faäes donc ce qiion ne - 64 — /€fö meme plus en AUemagnef (Wie gefällt Ihnen das?) Wenn Sie nach Frankreich kommen, gehen Sie nicht an die Ufer der Durance und Sorgue; be- suchen Sie die Provence nicht, diese gueuse parfii- mee, wie sie Voltaire nannte. - Dals die Dichter übertreiben können, habe ich gewufst; dafs sie ganz andichten, erfährt man hier. Die Chiare fresche e dolce acque Ore le belle membre Pose colei cbe sola a me par donna sfnd, bis auf den Bassin, woraus die Sorgue ent- springt, unbedeutend, und können sich, wie man in Süddeutschland zu sagen pflegt, „heimgeige lasse.'' Interessant mag es Ihnen aber sein, dafs es in Yau- duse, wie hier in Montpellier, in sechs Monaten jetzt nicht geregnet hat. Ab^ nach Nismes müssen Sie gehen. Wenn man die Eisenzähne sieht, die das iiefwurzelnde, fried- fertige Rom in d^i Gallischen Boden einklammerte, wenn man das Amphitheater betrachtet, das weder die Wuth der Christen, noch der Fanatismus der Sarazenen vom Erdboden wegzubringen vermochte, oder die Maison quarree, deren einfache Bauweise das erhaltenste Muster für alle Zeiten ist, so geht man aus diesem steinernen Rom gern in das leben- dige zurück, malt es mit seinen Erinnerungen aus, und Caesar Augustus, ja selbst die Nachfolger, las- sen uns einen Augenblick den Birnenkönig imd seine um ihn herumwachsenden Früchte vergessen. Nach Barcellona kann ich diesesmal nicht ge- hen; ich halte mir Spanien ein anderesmal olSfen, — «5 - denn erstens müfste ich nach Marseille, wo die Cho- lera noch stark wüthet, dann würde ich erst in zehn Tagen abreisen können, und endlich meint man, jetzt dahin kommende Deutsche könnten leicht für Spione gehalten werden und Unannehmlichkeiten haben. Mor- gen gehe ich nach Toulouse und den Pyrenäen, und schreibe Ihnen hoffentlich erst wieder von Bordeaux. Von der Schweinerei in Südfrankreich gebe ich Ihnen einen an- oder abziehenden (je nach dem Ge- schmacke) mundlichen Bericht Ganz neue Seiten dieser Parthie sind von mir entdeckt worden, die spät unter meinen Papieren gefunden werden möchten. Wie dies wahrsch^nlidi bei dem vorigen Brief geschehen ist, bitte ich Sie ebenfalls mit dem gegen- wärtigen zu verfahren, meine lieben Freunde, Fräu«- lein Solmar, Mad. Mendelssohn Bartholdy, Dirichlets, Hensels, zu grüfsen und ihnen diesen Brief mitzu- theilen, der nicht minder für sie geschrieben ist Vieles Interessante hätte ich melden könnai, aber die Rücksicht auf das Porto hemmt mich. Auch müssen ja noch Nachlesen möglich werden. Leben Sie so wohl, als ich es wünsche, und wenn Sie mir eine Antwort gönnen, senden Sie sie mir nach Paris poste restante. Mit wahrer Freundschaft Ihr ergebenster 5 — 66 — An denselben.' Bordeaux, den 24 Septemhcr 1837. Verehrtester Herr und Freund. Ich kannte einen Mann, Gott hab' ihn selig, denn er ist todt, welcher seine Phrasen mit: das heifst, anfing, in der Regel so: „das heifst, ich mufs ihnen sagen." Mir scheint dies ein stylisti- scher Fortschritt zu sein, weil das Erklärende so- gleich an die Stelle des Allgemeinen gesetzt wird. Und so habe ich denn Lust, nach diesem Paradigma meinen Brief so anzufangen: „Das heifst, Italien ist Holland gegen Südfrankreich." Und zwar bezieht sich dieses nicht allein auf die Reinlichkeit, son- dern auch auf mancherlei Anderes, dessen ausführ- liche Besprechung indessen mündlichen Erörterun- gen vorbehalten werden mufs, weil es sonst so stark anzuwachsen droht, dafs es mir leicht den ganzen Brief wegzunehmen im Stande ist. Doch gilt dieses nicht von den Pyrenäen. Die unmittelbare Reinheit der Natur, an der die Men- schen erstarken, giebt auch Reinheit der Angewöh- nungen; es findet sich hier das Gleiche wie in den Alpen, wenn auch im minderen Grade. Sechs bis sieben Tage habe ich nun dieses Gebirge durch- schritten, und zwar zu Pferde, den Tag ungefähr sieben deutsche Meilen machend, nach sechzehnjäh- riger Abwesenheit vom Pferde eine harte Lenden- prüfung. Ich mufs auch gestehen, dafs, wenn ich mit zerstoüsenen Knochen vom Bergklepper stieg, - 67 - ich bisweilen mehr mit meinein gekreuzigten Leibe, als mit der vor mir ausgebreiteten Natur beschäftigt war, und oft innerlich ausrief: „Welches Vergnügen stehst du heute wieder aus?" Soll ich Ihnen nun ein allgemeines Urtheil über die Pyrenäen geb^ wie sich's für einen Brief geziemt, so darf ich sa* ^en, dafs sie im Wilden, Erhabenen, majestatisdi Grotesken, im Schauerlichen den Alpen so nachste- hen, wie ein Däumling dem Riesen Goliath; es giebt zum Beispiel keinen Berg dort mit ewigem Schnee, wie ihn der Montblanc, die Jungfrau, der Mönch und andere Berge haben; auf den Pyrei^en kommt und geht der Schnee» Dagegen ist die amphithear tralische Gruppirung der Berge überaus schön, und namentlich das Thal von Argellez das Reizendste und Lieblichste, was mir jemals vorgekommen ist. Damit verglichen mufs sich z. B. das Oberhoslithal und alle Schweizerischen Thäler verstecken; denn diesen fehlt die südliche Vegetation, der Mandel- baum, der Feigenbaum und die Kastanie; es fehlt ihnen der eigentliche Schmelz, welcher die grofsesi Bergmassen selber erst civilisirt. Die Appeninenthä- 1er, so weit ich sie kenne, ermangeln dieses Aus- drucks nicht minder« Die französischen Pyrenäen sind in Beziehung auf Trachten und Sitten übrigens das erste originelle Land, welches ich gesehen habe. Denken Sie sich die Frauen und Mädchen von der erstaunendsten Schönheit, mit südlich brennenden Augen, brauner Gesichtsfarbe, einen langen, schwar- zen Mantel, der wie eine Kapuze aussieht, tragend und dann auf dem Kopfe ein rothes, wollenes Tuch, - 08 — das nirgends befestigt ist und das sie mit d^ Ge- schicklichkeit eines Balanciers bewegen; denken Sie sich einen Markt, wo lauter Weiber mit solchen rothen Tüchern sitzen, dabei die Freude, begaSt zu werden, und die Bereitwilligkeit» sich beinahe aus- zuziehen, um zu zeigen, wie Alles sitzt, und Sie werden gestehen, dajfe, da wir dieses weder in IVeuenbriezeu, noch in Münchcberg finden, solche ethnographische Seltenheiten Vergniigen erregen. Man mufs übrigens dem Fürsten Pückler, dem ich in ei- nem Theile sänes Semilassobuches nachgerät bin, der Wahrheit zur Ehre nachsagen, dals man selten bei einem Beschreiber richtigere Auffassungen, sei es von Gegenden oder Mensclien, finden kann als bei ihm. Was ihm mifsfällt, ist in der Regel schlecht, •was er lobt, verdient dieses Lob in hohem Grade; dabei ist er nicht blois abstract und allgemein, er geht in das Besondere ein^ nüancirt es richtig, und, so weit &ne Beschreibung ein Bild geben kann, finde ich die seinigen so schlagend und treffend, dafs ich bisweilen lachen mufste, wenn ich des Abends bei ihm nachlas, was ich des Tages über selber gefunden hatte. Ich habe mich mit seinen Darstellungen ganz ausgesöhnt, und schliefse jetzt «nf die Richtigkeit des nicht Gesehenen. Der Zu- Ü3l wollte, daCs ich in Toulouse denselben ehrli- chen Esel von Portugiesen zum Lohndiener hatte, den er recht ergötzlich besdireibt, und die Quipro- quos, die ich von ihm hörte, sind fast nicht schlech- te als die von Pückler erzählten. In den P>irenäen kam ich bis Gavarnie, das — 69 — heifst bis zu einer Stunde von der spanischen Grenze, Hier konnte ich in das gdobte Land hineinsehen, wie Moses einst in Palastina, aber es war mir nicht beschieden, es zu betreten. Ich schaute Aragoniens wilde Schluchten, ich schaute mit meinem Fernglase die zerstreuten Häuser der spanischen Bergbewoh* ner, in der Weite wollten Einige die spanische Stadt Bielsa ^tdecken; aber ich sah sie nidit Dodti der Spanier z^rissene Mützen und ihr zerrissenes Herss: habe ich gesehen^ uhd eine andere Anschauung von ihnen gewonnen. Als Europ&ar mufs inan die Spar nier aufgeben ; sie werden sich nie erheben von dem Fall der zwei Jahrhunderte, denn ihre Knochen sind gebrx>chen und ihr Mark ist von dem Pfaffenvolka ausgesogen. Sie können jetzt nur auswendig ler« nen, wenn sie früher schufen, und mag Chri8tiii& oder Carlos Succefs haben, sie werden weder er* bobeuer durch die Constitution, noch ausgemergelt ter von dem Despotismus. Aber als einzelne par- ticulare Menschen kann man noch seine Freude an- ihnen haben; der Maler (sagen Sie dieses gefälligst Hensel) sollte die schönen, groiSsen, bedeutenden,: catalonischen Schmugglergestalten ab<^onterfeie&; der Ethnograph sollte sie betrachten und studiren; der/ Historiker kann sie für die Zukunft übergehen. Es* ist merkwürdig, wie beides in deax Spanier zu fia- den ist, Muth und NiedergescUagenheit; er hat phy- sische Courage, aber keine moralische, könnte man sagen. Für ein Privatunternehmen, für das, was er edel nennt, für Yordieil und Privatehre sdilägt er tausendmal sein Leben in die Schanze; für ein AU- - 70 - gemeines ist er indifferent, dafür hat er kein Blut und keine Hingebung zu spenden. Daher nehmen diese tapferen Räuber, die auf dem Boden d^ Un- sicherheit ihre Hütte errichten, eine so traurige Stel- lung ein; die kühnsten der Menschen sind auch die moralisch schlaffsten, weil zum wahren Muthe ein Geistiges das Bewegende sein mufs« Nun aber etwas über Bordeaux, über diese ein- zige französische Provinzialstadt, welche mir ein gro- ises eigenes Leben ganz für sich zu haben scheint, welche sich der Hauptstadt nicht unterwirft, sondern sich vielmehr frondirend zu derselben verhält Er- stes ist es die schönste Stadt in Frankreich, Paris nicht ausgenommen; denn etwas wie die Straise Fos- 968 de Vintendance ist mir selbst in London nicht vorgekommen. Die See macht die Leute hier frei, emancipirt sie von der Binnenwirthschaft des Pro- vincialismus; die Leute sind offen, verschwenderisch, gastfrei; der Equipagenluxus ist grofs, das Theater das sdiönste in der Welt (Coventgarden und Dm- rylahe kommen dazu nicht), die Börse im grofs- artigsten Style; jedes Land hat hier seine Inschrift und seinen Cultus. Die Frauen sind offen, leicht und zugänglich, wesw^en sie vielleicht Bordelaises beilsen; kurz, man kann hier athmen, ohne von dem Luftdruck eine Erstickung zu befürchten, ich z. B. könnte es hier viele Tage länger aushalten, und wenn ich ein Kaufmann wäre, würde ich mich hier niederlassen. In Paris, wohin ich morgen früh mit der malle - 71 — poste reise (und diesen Brief der Posterleichterung wegen bis dahin selbst trage), werde ich wenige Menschen sehen, denn ich habe versprochen, auf einige Tage nach Gaesbeck zu kommen. Mir ist die ganze politische Wirthschaft hier ein wahrer Ekel; msui wird selbst eine Girouette^ wenn man immerfort so viel Girouetten sehen muis. Mit Bir- ne'ns (wie Herr Meier in Breslau sagen würde) könnte ich in Verbindung kommen, aber mir ist jede Annäherung zuwider, obgleich mir Herr St Marc Girardin aus Limoges vom 15ten September schreibt: ^yMadarm la Dttckesse cC Orleans nia beau- coup parle de vom, et nia permis de vom le dire: je ne cro^/ais pas, que v&us eiiez si Inen amo les PrmcesJ''* Was, wie so, worüber wird nidit hin- zugesetzt Doch wird Alles, was Sie mir auftra- gen, aufs Pünktlichste besorgt werden^ und selbst Heine, den ich nicht aufgesucht hätte, werde ich besuchen. Haben Sie vielen, vielen Dank für Ihren freund- lichen Brief; ich hoffe, dafs Sie diesen Winter ro- buster sein werden wie den vorigen, wie Sie es den vorigen schon mehr als den vorletzten warciu Mö- gen Sie und alle Freunde vor der grofsen Anstek- kerin behütet werden, deren Gestalt mir die ekel- hafteste in der Welt ist Grüisen Sie gütigst Ma- dame Mendelssohn, Dirichlets, Hensels, und theilen Sie ihnen gefälligst diesen Brief mit, der auch für sie geschrieben ist Für Fräulein' Solmar lege ich als Antwort einige Zeilen bei. - 72 -^ So leben Sie denn wohl und glücklich. Von Paris melde ich Ihnen vielleicht noch einmal- Etwas. Mit wahrer Hochachtung und Freundschaft der Ihrige An denselben. Heidelberg, den 18. August 1838. Verehrtester Herr und drängendster Nichtcreditor. ^ Dafs ich sogleich nach meiner Ausfahrt aus Ber« lin in der Gegend von Schoneberg du^ch einen Mahn- brief Ew. Hochwohlgeboren beängstigt wurde, brau- che ich Ihnen wohl nicht als erste Novität meiner Reise zu melden, da selbiger vdn Ihnen ausg^angen ist Denken Sie sich nunmehr meinen Schrecken, als ich bona fide, und meinend, es sei ein freundli- cher Nachruf, den Brief stolz zu lesen begann, und in meinen Reis^efährten trotz aller Abwdbirungeii meiner Seits sich die Ansicht zu biestigen anfing, ich sei Ihnen wirklich mit zehn Thalern ilurehge* gangen. Ich weifs zwar, welchen Triumph ich Ihrer Malice bereite, indem ich dieses erzahle; aber mei- nen Freunden auf eigene Kosten eine Freude zu machen, ist immer einer meiner besten Gharakt^- Züge gewesen. Indem ich befürchten mufs, Sie dürften sich noch häufig auf diese wohlgelung^en Forderungen einlassen, sehe ich mich genöthigt, Ihnen einen Ver- gleich vorzuschlagen. Sie nehmen die zehn Thaler ~ 73 - als Geseheak von meiner Seite an, und machen sich anheischig, künftig nie wieder eine Mahnung an mich zu richten, ich mag Ihnen etwas schuldig sein oder nicht. So allein entgehe ich der Gre&hr^ Ihre Habsucht zu staeheln, und kann hoffen, mir einmal wieder meine zehn Thaler einzubringen. Doch jetzt von Anderem. Vorgestern Abend am Donnerstag bin ich hier angekommen, und auf heute Nacht ist die Abreise bestimmt. Madame Ar- conati befindet sich wohl; in dem Hause hat sich nichts versUidert, wie überhaupt Franzosen und Ita- liener «tatarischer sind, als man es sich denken möchte. Sie hangen fester an ihren Liebensgewohn- heiten, sind weniger -für das Vage und Blaue wie wir Deutschen, die wir reisen, schweben und rut- schen und auswärts zu erhalten suchen, was wir in- nerlich entbehren. Herr Berchet ist immer noch der Alte, steht in den alten Beziehungen, und um zehn Uhr geht Alles, wie bei Fräulein Solmar, zu Bette. Man ifst nicht länger, wie eine halbe Stunde, spricht von diesem und jenem und behandelt die ganze neue Litteratur; ich komme mir bisweilen ganz dumm vor, weil ich, unter uns gesagt, eigentlich gar nichts da- von gelesen habe. Madame Arconati und Herr Ber- chet lassen Sie und Fräulein Solmar freundschaftlichst grüfsen; die erstere verwahrt sich gegen den Vor- wurf, nicht an die letztere denken zu sollen; ich habe Madame Arconati ein Bischen dadurch eifer-» süchtig gemacht, daCi ich ihr erzählt habe, es nehme jetzt eine Russin ihren Platz ein. Zugleich mit mir ist vorgestern Herr Edgar Qui« - 74 - net angekommen; er bleibt zwei Monate in Heidel- berg, und wird dann Professor der Litteratur an der Strafsburger Universität. Zwei Theile von Mäanges kommen jetzt von ihm heraus; er ersucht Sie sehr, doch eine Anzeige in den Jahrbüchern davon zu machen. In der Universität finde ich dasselbe Alter, die- selbe Bocksbeutelei und dieselbe Assiduität über Nichts. Mehr hätte ich heute nicht zu schreiben. Die freundschaftlichsten und herzlichsten Grüfse an Fräu- l^n Solmar. Haben Sie die Güte, mir poste restante nach Neapel zu antworten. Inzwischen schreibe ich noch einmal, wenn ich etwas erlebe. Mit wahrer Freundschaft und Hochachtung Ihr ergebenster li. f Au denselben. Lucern, den 24. August 1838. Luzern am Tage des Stralauer Fisch- . Zuges, 24. August. Wetter miserabel, die Berge des Yierwaldstättersees be- wölkt, der Rigbi nicbt zu sehen. Verehrter Herr und Freund. Wenn ich wie Rahel zu schreiben anfange, so müssen Sie nicht glauben, dafs ich, wie sie, fortzu- fahren im Sinne habe. Mir fehlt es heute an all^n Geist, etwas Anderes wie reisebeschreibende Facta zusammen zu stoppeln; auch ist die Masse des Er- - 75 - lebten noch so spärlich, dafs ich reicher sein könnte, wenn ich erzähle, was ich nicht erlebt habe. Heidel* berg wurde vorigen Sonnabend am 18ten verlassen (Abends 11^ Uhr) und den andern Mittag befanden wir uns in Kehl. Hier nahm ich einen kleinen Wa- gen^ und rutschte nach Strasburg auf einige Stun- den herüber, aber die Ausbeute war nicht grofe. Alle meine Bekannten, Rauter, Richard u. s. w., wa* ren an dem schönen Sonntag ausgegangen, und so muiste ich denn mit einem Mittagessen im Hotel de Paris vorlieb nehmen und mich wieder zurück nach Kehl begeben. Auf meinen Reisegefährten, Herrn Benary, machte indessen der Strafsburger Münster ungefähr den Eindruck, wie eine erste Leipziger Messe auf einen Juden ^on Kiew oder Grodno, der nur pohlische Juden bisher gesehen hatte. Vor wirkli- cher oder eingebildeter Extase konnte er zu gar kei- ner Fassung im Urtheil kommen. Das kleine Fran- zöschen packte unterdessen seine Bücher und Kup- ferstiche in Strafsburg aus, nahm neue Kleider in Empfang, und gerirte sich auf seinem eigenen Bo- den ganz wie ein Si^er in der Nachtmütze. Den anderen Mittag (20. August) kamen wir in Freiburg an. Wilcken war abwesend; Duttlinger wurde zwei- mal von mir aufgesucht, und suchte mich zweimal im Gasthofe auf; jedesmal vergebens, so dafs ich weggereist bin, ohne ihn zu sehen, was mir herz- lich leid that, da ich ihn aufserordentlich lieb habe. Zu Warnkönig, der mir Abends einen Thee gab, wo statt des Thees Markgräfler getrunken wurde, kam Duttlinger, der eingeladeo war, auch nicht,, da -Te- er im Senate bis 11 Uhr wegen der Vorbereitangen zu dem Natmforscherfeste sich herumschlagen moGste. Dienstags den 21. August wurde die Reise bis Schaff- kausen fortgesetzt. Den Tag wurde ich zweimal ge- täuscht: einmal durch das Höllenthal, das auf den Orden des Paradieses mit Buchlaub den nächsten Anspruch hat, und nicht die geringste infernale Bei* mischung besitzt; dann durch den hochberühmten Wasserfall, welcher in der Breite zu ersetzen sucht, was ihm in der Höhe abgelit, und keinen Yei^leich mit dem Merzinger, Brienzer Cataracte oder mit de- nen auf den Höhen bei Gastein aushält. Ich glaubte, in dem Wasserfall einen alten, vor 1789 berühmten Professor zu erkennen, welcher die abgelebten und abgeliebten Hefte alle Semester neu vorträgt, oder auch den Herzog von Braunschweig, welcher bei Jisna die Manöver des siebenjährigen Krieges wie- derholte. Naturschönbeiten sind wie Geistesschön- heiten nur für bestimmte Zeiten, und der Schaffhau* ser Wasserfall mufs mit dem Brocken, der Schnee- kuppe und anderen inländischen Grofsaussichten nach eben dem Course fallen, nach welchem die Actien der Eisenbahn zu steigen haben. Zürich ist schon einladender wie Schaffhau- sen. Oken gab sich alle Mühe, mich zu halten, führte mich au& Museum, wo ich die gesammte jun risiische Facultät Bier trinkend antraf, dem Bürger- meister Hirzel vorgestellt wurde, aber (was sich auf die Journale bezieht) die gröfste Vollständigkeit traf, die mir je vorgekommen war. Mit dreihundert Louis- d'or wird diese Anstalt gehalten, und doch ist Aehn* — 77 - liebes in Berlin nie aufgekommen. Die Universität ist nicht so herunter, wie man gewohnlich in Deutsch» land glaubt; namentlich ist die medicinische Facultät durch Sdiönlein, Oken, Arnold vortrdfUch, zahlt al- lein 130 Studenten, was gegen die 30 Theologen^ 20 Juristen und 20 Philosophen allerdings absticht Schönlein wird wohl, auch wenn er gerufen wird, nicht nach Berlin gehen. Er gewinnt hier Hai^Gen Goldes, gilt für ein medicinisches Orakel in der Schweiz, liebt es zu raisonniren, wie es ihm beliebt, und dürfte sich schwerlich in eine Hierarchie schmie- gen, in welcher neben dem Solitaire Rust zwanzig Geheimräthe als Edelsteine sitzen. Ich glaube nicht, dafs er es mit seinen Angewöhnungen einen Tag in Preufsen aushielte. Heute" habe ich hier einer Sitzung der Tages- satzung beigewohnt Die Rede war von einer Peti- tion der Katholiken von Gdarus gegen die Regie- rung dieses Standes, die sie hatte zwingen wollen, der Nä£elsfeier beizuwohnen, von der sie der Bi^ schof Bossi von Chur abgemahnt hatte. Das Thema war naturlich Kirche und Staat Die deutschen Red- ner syllabirten und machten einen durchaus lächer- lichen Eindruck; die französischen waren vermöge der Generalität ihrer Ausdrücke etwas besser^; von groisem oratorischen Talente war gar keiner. Herr Tribert hat uns hier verlassen; er läuft, wie Peter Schlemihl dem Schatten, so dem sardini- schen Visa seines Passes nach, das er zu fordern in Berlin verabsäumte. Jetzt mufs er nach Lausanne, — 78 - wo dermalen der Sardinier haust, und will uns in Genua wieder treffen. Morgen geht's über den Gotthard nach Italien. Fräulein Soknar meinen herzlichsten, freundlichsten Grufe; ich schreibe nur deswegen heute nicht di- rect, weil ich doch weiis, daCs sie meinen Brief zu lesen bekommt, Haben Sie die Güte, die Einlage mit der Schnellpost zu besorgen. Mit gröfster Hochachtung freundschaftlichst der Ihrige An denselben. » Genua, den 6. September 1838. Verehrtester Herr und Freund. Wir sind noch immer in Genua; am 3ten d. hat sich endlich auch Tribert eingefunden, welcher auf der Insel der Calypso etwas zu lange aufgehal- ten worden war. Der Pharamond (das französische Boot) ist immer noch nicht erschienen, und so wer- den wir uns denn morgen auf dem Francesco I. (ei- nem Neapolitanischen Schiffe) nach Neapel einschif- fen; Erlauben Sie mir, inzwischen Ihnen einige Be- merkungen über den politischen, socialen und thea- tralischen Zustand Italiens machen zu dürfen. Das politische Leben und seine Aeufscrung, das Gespräch, sind hier auf einem Standpunkte, von dem wir uns eigentlich keine rechte Vorstellung machen. In England ist das Staatsleben in jedenpi Engländer - 79 - eingehaust, und wenn sich die Einzelnen nicht viel darum zu bekümmern scheinen, so kommt es dahar, dafs man dafür sein wachendes Parlament zu haben glaubt. In Frankreich spricht jeder Mensch aus den unteren Ständen, Weiber und Kinder, von Politik, wenn sich bisweilen auf einige Zeit auch andere Richtungen geltend machen; in Deutschland ist das politische Leben Null, oder vielmehr nullartig, aber das lesende Interesse ist politisch; man will Politik wissen, wenn auch nicht thuu. Die KaflTeehäuser müssen so viel Blätter halten, als sie halten dürfen, und sie dürfen wahrhaftig viel, wenn Sie den Sai;- dinischen Maafsstab anlegen. Hier dagegen, wenn Sic das Aeufsere betrachten, scheint eine vollkom- mene Theilnahmlosigkeit eingetreten zu sein. Von französischen Zeitungen wird nur die OazeUe de France, die Quotidiemae y von englischen GaügncmCs Messenger, ein farbloses Klatschblatt, voii deutschen die Frau Base angetroffen. Die hiesigen Zeitungen enthalten das hohlste Zeug von der Welt, dürfen selbst die Betrachtungen der anderen Blätter, nicht nachschreiben, und ersetzen nicht durch sogenannte künstlerische und wissenschaftliche Zusätze den Man- gel des politischen Elementes. Sie finden hier gro^ fse Kaffeehäuser, wo gar kein Blatt ausliegt, andere, wo kein Gast danach fragt. Das Volk läuft seinem Gewinn, dem Geschrei, dem Vergnügen nach, ohne dafs auch die geringste politische Welle sich zu re- gen scheint. So lautet der Anschein; inwendig ist es anders. Die Lebendigkeit, welche nach auisen fährt, braucht blofs eine veränderte Direction, eine - 80 - Gelegenheit, um nach innen zu gehen, und, wie ein ruhig stehendes Haus, in wenigen Minuten in Flam- men sein kann; so ist hi«: nur ein wenig Schwefel Hötliig, um die Ruhe, die Gleichgültigkeit in politi- sehe Turbulenz umzuwandeln. Ob diese selbst wie* der real zu werden, auszudauem oder zu erbauen im Stande ist, möchte eine andere Frage sein, auf deren Beantwortung ich mich hier nicht einlassen kann. Meine Generalansicht ist auch hier noch im* mer bestätigt, dafs für alle politischen Fortschritte die rein romanischen Völker (Italiener, Spanier, Portugiesen) ausgebrannte ELrater sind, die noch bis- weilen rauchen, aber nicht mehr auswerfen. Das sociale Leben ist dem politischen gleich. Der Italiener liegt auf der Straise, im Kaffeehause, im Theater; hier schreien sie sich die Ohren voll Das Haus ist wie in England verschlossen, aber nicht wie dort zugleich dem Fremden, welcher em^- pfohlen ist, gastlich geöffnet. Wird man warm auf- genommen, so bekommt man den Logenschlüssel; ist der Empfang wärmer, so fährt man auf dem Corso mit spazieren; ist er am wärmsten, nun so geschieht etwas, das ich, da Sie diesen Brief Fräulein Solmar vorlesen, nicht melden kann. Das erste Stadium habe ich genossen; das mittlere oder Fegefeuer habe ich wegen seiner Langeweile nicht durchmachen mö- gen; zu dem dritten oder dem Paradiese gehört et- was mehr Zeit, als ich hier habe. Gespeist wird (wie Fräulein Solmar zu sagen pflegt) gar nidit, sondern nur gegessen, aber recht gut im Wirths- hause; ich glaube, Diners kommen hier weder privatim. - 81 — noch öffentlich voh In Neapel soll es anders sein, bi Florenz ist es etwas anderes. Im Ganzen herrscht derselbe Typus. Ich wollte eben zum theatralischen Leben über- gehen, bdcomme aber die Allgemeine Zeitung, und ersdie daraus Ghamisso's Tod, Brenn's Tod, Moser's Tod. Mufs denn d&t grofse Sensenträger so un- barmherzig mähen? Der Letzte war von Ihnen we- nig gekannt, war aber ein vortrefflicher, redlicher, geistreicher, durch und durch gelehrter Mann, den ein öffentliches Leben bei uns an seinen rechten und wahren Platz gestellt haben wiirde; ich verliel'e ei- nen lieben Freund, wenn wir uns auch in der lets;- ten Zeit weniger gesehen haben. Wie will das Theater, wenn man trauert, einen Platz finden? Doch mufs ich mein obiges Programm erfüllen. Das Theater ist im Ganzen, wie in Deutschr land, auf das Elendeste zugeschnitten. Das grofse Theater Carlo Feiice ^ das dritte der Grofse nach in Europa, wird von einer Bande heimgesucht, die im Trauerspiel langweilig pathetisch, im Lustspiel un- gebehrdet und unkomisch ist. Besser ist ein Ne- bentheater ^ das teatro diumo^ welches im Freien spielt. Hier findet man die natürliche Maskenko- mik, die dem Italiener angeboren ist, und ich mufs gestehen, dafs ich dahin mit dem gröfsten Vergnü- gen lind auch mit wahrer Belehrung über den Volks- geist hingehe« Das Offene, . Abrupte, den Dialect, die Freimüthigkeit, die Höflichkeit, namentlich der niederen Stände, lernt man da besser kennen, als wenn maii sieh zwanzig Jahre in den l9u(>|iei|i,Cirkd^ 6 — 82 — von Italien umhertreibt Dabei dauert es nie laiige, nur ungefähr anderthalb Stunden. Man hat die Pro- menade bei der Hand, wenn man sich etwa lang^ weilt, und bricht alsdann bei Zeiten ab. Was sagen Sie zum Grafen von Paris und der ßanlieue, auf dessen Degen gesetzt worden ist: Pmise- t'ü ne jamcUs ien servir, Lernen die Leute irgend etwas aus der Geschichte? ist nicht derselbe Lärm wie beim König von Rom? Den 7. September. Die See ist sehr stürmisch geworden, imd wir können eine arge Fahrt haben. Feige hat die gröDste Angst und zeigt sich seines Namens würdig. Mir ist nur vor starker Seekrankheit bange. Also von Neapel mehr. Haben Sie die Güte, mich Fräulein Solmar und allen Freunden bestens 2ü empfehlen, und mir auf diesen Brief nach Rom 8u antworten.^ Mit wahrer Hochachtung und Freundschaft der Ihrige Gans» An denselben. Neapel, den 11. September 1838. Verehrter Herr und Freund. Ohne irgend eine Antwort auf meine vorange- gangenen Briefe zu haben, schreibe ich, wie F. A. Wolf zu Bttchholz sagte ^ immer drauf los, nicht — 83 — eifiinal wissend, ob Ihnen das darauf Losschreiben angenehm sei. Die Seereise von Qenua nach Nea* pel, welche drei Tage, die langen Aufenthalte m Livomo und Civita Yecchia mit eingerechnet, dauert, habe ich dieses Mal ziemlich glücklich überstanden, ohne der eigentlichen Seekrankheit zu verfallen. Eine gewisse Malaise wird wohl jedem zukommen, und viele Männer und Frauen befanden sich in einem so elendiglichen Zustande, dafs ich mich zum ersten Male für einen Auserwählten halten konnte, obgleich ich eigentlich als ehemaliger Jude von Hause aus darauf Anspruch hätte. Livorno ist eine reiche, gutgebaute Handelsstadt von 100,000 Menschen ohne alles italienische, das heifst ohne alles künstlerische Interesse. Das Merk- würdigste am ganzen Orte ist die Judensynagoge, und ich habe den zufälligen Schabbes benutzt, sie recht aufmerksam zu betrachten. Nie habe ich eine «o reich ausgestattete gesehen, und die Bordeauxer steht ihr bei weitem nach. Was auffallend war^ be- stand darin, dafs wir eine in spanischer Sprache ge- haltene Predigt mit anhörten, und die Erkundi^UAg einzogen, dafs diese Sprache überhaupt noch als Muttersprache gelte, und dafs den Jungen der he- bräische Text des alten Testaments Micht italienisch, sondern spanisch verdeutscht werde. • Civita Yecchia (^urbs vetus) ist ein durchaus ver- pesteter Ort, und hängt einigermafsen mit den pon- tinischen Sümpfen zusammen, nämlich rücksichtlioh der atia catHtm. Die Aebtchen, die in Toscana ffbr len, werden hier wieder sehr diek^ ui^l.ldtfflrpir^n -. 84 - init Kaffeehäusern ) Bettlern, schmutzige Stva&en, Papalinis und dergleichen. Wir blieben drei Stun- den, hätten den Abend in Rom sein könneii, gingen aber zum ersten Male guten Mnth^ nach dem Dampf- boote zurück. Endlich seit gestern bin i<^h in Neapel^ habe idetin Meere und dem Vesuv gegenüber ein sehr ischönes Zimmer, bin aber noch nicht im Stande gewesen, etwas Anderes als die äufsere Bewegung liufeugreifen. Diese ist nun freilich stark und son- derbar; süirk, denn es giebt in Paris» ich wül nicht ss^en in London, keine Strafse, die des Abends so bevölkert und von allerlei Volk durchlaufen wäre, wie der Toledo und die Chiaja; es hat den An- iscdiein, als wenn die ganze Stadt in der eiüen Stra- fte läge. Sonderbar ist die Bew^[ung, wenn vnv sie vom deutschen Standpunkte ans auf&ssen. D^n Würden wir Deutsche bei dieser Natur uns nicht in Batken auf der See schaukeln lassen, in Castella- IfiÄre, Sorrent, Isehia, Capri die schönen September» ^tttuden zubringen, nnd die Stadt und ihr Gedränge IMf^den? Die Italiener fahren dagegen in Strafsen, ilie nicht vierzig Fufs breit sind, in schönen Wagen Mif und ab^ kümmern sich nicht um das, was drau- h(^n ist, WnA Uhben mehr Vergnügen an diesem Corso als an allem Einladenden cter Natur. Im Freien müfste man zum Theil zurückgezogen sein, könnte sich nicht Zusammen bewegen, schreien, Geschrd hören, und ven^mte somit das grö&te Vergnügen, irelches die Itliliener überhaupt besitzen. So erkläre i^ ttö zuin Theil diesen sonderbaren Geschmack. - 85 - • Sie 8oU^ sobald iob hier mehr gesehen habe^ uhear Vesuv, Pompeji, Pästum ausfuhrlichere Schil- derungen erhalten. Jetzt nun bitte ich, mir i^Uerlei ¥om Hause zu ntelden; denn Sie wiesen, ea dünkt einem überschwenglich Iiöig, weim ma|i vier Wocheik abwesend ist, und nicht weiis, wer zum Bechnung»- rath ernannt wurde. Nur itiufs ich bitten, die Ant- wort auf diesen Brief nach Mailand zu adtes9iren, da mich dieselbe schwerlich in B>Qm noch findm würde. Viele freundliche und herzliche Grüise an Ffäp^ lein Solmar, die wohl grade im Ausziehen begriffen ist Gestern habe ich hier durch Dr. Hegel die B^ kanntschaft von Gervinus gemacht, und viel mit ihm über die Göttinger Angelegenheiten yerbandßlt J^ scheint mir unter den sieben noch der ^vanepjrt^st^ zu sein. Ich schlie&e mit Grü&en an Alle, die sich mei- ner erinnern wollen. Der Gesandte, Herr von Kü- ster, ist in Castekmare; ich habe ihn aber bis jetzt « nidit sehen können. Hochachtungsvoll und freundschaftlichst der Ihrige cum«» ;i.t An denselben. Neapel, den 22. September 183S. ' Verehrtester Herr UAd Freund. Erst gestern ist mir die Freude geworden, Ih- ren erirten Brief vom 24. August» fireilicb mi^ Tmißf- - 86 - botschaften, aber doch, wie Sie aus meiiiein Oenue- ser Briefe gesehen haben werden, mit mir schon bekannten, zu empfangen. Bereits hatte ich dreimal auf der Post nachgefragt und nichts erhalten, als mir endlich dieses Schreiben ausgehändigt wurde, das berdts, nach dem Postzeichen zu urtheilen, am 8. September in Neapel war. Wahrscheinlich ist es in der Zwischenzeit von der Polizei untersucht und geprüft worden. IilZwischen habe ich die acht, Tage seit meinen letzten Nachrichten benutzt, um allerlei zu sehen, was hier sich als Merkwürdiges darbietet Zuerst das Bourbonische Museum, in dem die Herculani- schen und Pompejischen Wandgemälde, so wie die Bronzen, das Hauptsächliche ausmachen. Man hat von antiker Malerei keine Vorstellung, wenn man sich hier nicht herumgetummelt hat. Die Alten ha- ben in ihren Bildern, von denen einige sicii noch wundervoll, sogar in der Farbe, erhalten haben, al- lerdings immer das plastische Moment vorwalten lassen. Es sind meist alle Darstellungen gemalte Sculpturen; indessen, obgleich d^ Blick in seiner Intensität eine geringe Bolle spielt, so fehlt er den- noch nicht ganz. Es giebt sogar, woran ich nie geglaubt hätte, antike Genrebilder ; so hat hier z. B. das Museum ein Gemälde, auf welchem ein Kam- mermädchen (vulgo Sclavin) dargestellt ist, das die Herrin frisirt. Der Ausdruck ist hier wirklich cha- rakteristisch. Man sieht es der Hausfrau an, dafs sie Schmerzen empfindet und ungeduldig wird, und der frisirenden Dienerin, dals sie ebenfalls unai^e* - 87 - nehm dadurch berührt wird» Ich gedenke, einigt Proben dieser Bilder in kleinen Copien mitzubrin- gen. Die Bronzen sind zu bekannt, als dafs ich ihrer noch besondre Erwähnung zu machen hättß. Man mag aber an diesen Ueberresten, wovon bei weitem die meisten auf Herculanum kommen , beur- theilen, wie ungemein mehr Sorgfalt das Alterthura auf das öffentliche Leben als auf das private wandte, imd wie Mittelstädte (Pompeji war fast eine kleine) ihr grofses Forum imd ihre drei oder vier Thea- ter, ich will gar nicht von den Statuen sprechen, hatten. Reden wir nmmiehr von Pompeji. Es ist mir die Fahrt dahin und der Aufenthalt daselbst in dop- pelter Hinsicht interessant gewesen, weil ich beides in Gesellschaft einer sehr liebenswürdigen prinzli- chen Familie machte, der des Herzogs Bernhard V. Sachsen -Weimar. Der Herzog hatte mich Sonn- abend auf dem Münzcabinette, das ihm aus beson- derer Gunst geöffnet wurde, kennen gelernt, und mich auf den l^Iontag nach Pompeji eingeladen. Dort gab er in den groisen Thermen ein vortrefflichem Frühstück; es wurden Ausgrabungen für ihn veran- staltet, denen ich beiwohnte, bei welchen aber eine wahrhafte Comödie gespielt wurde, indem man of- fenbar vorher schon gewufst hatte, was man ausgra- ben würde. Später wurde nun alles Interessante besichtigt, und ich mufste zuletzt noch mit dem Herzog eine Promenade um die Mauern von Pom- peji (sie sind wohlerhalten) machen, wobei auch Merkwürdiges gesehen wurde. Abends wurde ich - 88 - in der Vittoria zum Diner eingeladen, bd weldiem der Herzog und seine Frau in der liebenswürdigsten Einfachheit erschienen. Der Herzog Bernhcird ist ein Mann (Sie werden ihn wohl kennen) von her- kulischer Gestalt, eine wahre Reiterstatue, und dn Abbild jenes Vorbildes aus dem dreüsigjährigen Kriege, an das er sichtlich erinnert Er hat Geist, Kenntnisse und, sein ganzes Leben darauf hingewie- 8 voreilig in die Frage etnztilasse», ift wie fbm die Göiner hoffett können des Wut^ seh^ Ihc^Uiafft zu ^i«ei dem hohmi Alt^ des Herrn Stadel, welcher seine sämmtlichen Kunst- sehätze an Gemälden, Kupferstichen und Handzeich- liungen, nebst einem geräumigen Lokal und ansehn- lichen Capitalien, zu einer öffentlichen Anstalt ge- stiftet, wahrscheinlich, dafs dieses Vermächtniüs bald realisirt werde. Die Exekutoren des Testaments ha- ben wegen Thmlnahme an diesem Institut, vorläufig im Stillen, genannten jungen Männern Anträge ge- than. Ob ich nun gleich alle Ursache habe, meiner Vaterstadt das Beste zu wünschen, und nicht Ver- anlassung sein möchte^ dafs ihr ein so wichtiger An- faaltepunkt eines frischen Kunstlebens entginge, so ist jedoch bei mir ein gewisses Gefühl, von Grün* den unterstützt, dafs ich die Sammler sowohl als die Sammlung am liebsten in Cöln sähe« Der fol- gende Druckbogen giebt Nachricht von dem bedeu- tenden Kupferwerke, welches mehrbenannte junge Männer herausgeben, um den Werth und die Würde des Cölner Doms zu versinnlichen; auch liiar wäre - 101 — zu wünschen, dafs eine öffentliche Kasse mit dni- gern Vorschofs einträte, wdidier genugsam gesichert werden könnte. Diese drei wichtigen Punkte Ew. Excellenz er- leuchteter Beurtheilung überlassend, fuge nur nodi hinzu, dafs über die republikanische Form, die ich unter gewissen Umständen bei Kunstanstalten den herkönunlicheu Akademien vorziehe, unter dem Ar* tikel Frankfurt weitläufiger gehandelt werden wird. Nehmen £w. Excellenz als einen Beweis mei- ner Verehrung die zutrauliche Offenheit, die mich an jene schönen Tage erinnert, die ich das Glück hatte, in Ihrer Nähe zu verleben. Bald hoffe ich, bei Gelegenheit der nächstoi Sendung das Weitere nachzutragen. Ew. Excellenz ergebenst verpflichteter Diener An denselben. 'Weimar, den 29. NoFember 1815. Zu gendgter Aufnahme lege Ew. Excellenz nun- mehr den zweiten gedruckten Bogen vor nebst den nöthigen, obgleich immer nur vorläufigen Erläute- rungen. (p. 17. 18. 19.) Hier ist nun von dem Bois- sereeschen Werke, welches den Cölner Dom, wie er beabsichtigt war, darstellen soll, etwas umständlicbiei! die Bede. Die Wichti^cdlt und Schwieriglüeit, so — If« — wie der Aufwand, den das Werk ^ord^, treten mehr in die Augen, und eine Höchste R^erung, der sich diese jungen Männer in der Folge widmen, wird sie gewüs nicht ohne Anfioiunt^rong and Bei- hülfe lassen. (p. 20. 21.) Die Stiftung zur Unterhaltung des Doms und zum Fortbau, wenn auch nur einiger Theile desselben, ist freilich die wichtigste Angde- genheit. In meinem Aufsatze kann nur späterhin, wenn erst von ähnlichen Gebäuden rheinaufwärts die Bede gewesen, dieser wichtige Gegenstand zu meh- rerer Klarheit gelangen. Doch füge hier «nstweilen dasjenige, was über steinhauersche Technik in der Folge seine Stelle finden wird, abschriftlich bei, da- mit geahuet werden könne, wie schwer es sei, in unseren Tagen etwas, das vergangenen Jahrhunder- ten angehört, wieder hervorzurufen. (p. 21. 22.) Das Werk der älteren Baukunst am Unterrhein fib^haupt gewidmet, verdient gewifs auch aller Beachtung und Aufmunterung. (p. 22. 23.) Yiellächt wäre es gefällig, dem Dom-Vicarius Hardy, den wir wohl nicht lange mehr besitzen werden, etwas Freundliches zu erzei- gen. Er würde sich geehrt und gefördert fühlen, wenn man ein halbes Dutzend seiner Wachsbilder bestellte, und sie einstweilen bei einem dortigen Vorgesetzten aufbewahren lieise. Ueberhaupt wiirde es räthlich sein, ein Interimslokal einzurichten, wo- hin man schon jetzt manches Vorkommende zu ret- ten Gelegenheit fönde. (p. 24.) Die Beantwortung der Frage, wie sein Schüler ||^gbold, den in fleifsiger Ausführung wohl Niemand i&bertri(ft, zu beschäftigen und in seiner Kunst zu steigern sei? würde hier zu weit vorgrei- fen und diirfte erst später, wenn die Hauptpunkte bestimmt sind, vorzunehmen sein. (p. 25 — 30.) DtB Argumente der Cölner, wo- durch sie ihre Wünsche, die Universität in ihren Mauarn zu sehen, unterstützen, habe niu: registrirt und redigirt (p. 31. 32.) Der eigentliche Zustand des Herrn Canonicus Pick in Bonn wäre von dortigen Behör- den zuerst genau zu erforschen. Seine Sammlung kann man sich von seinem Hause nicht getrennt denken, sie vom Platze rücken hiefse sie zerstören, wie man umgekehrt die Wallraffische translocir^ mufs, um etwas daraus zu machen. In wie fern das Haus ganz sein gehört oder Verwandte daran An- theil haben? wem er es nach seinem Tode zuge- dacht? und in wie fern es zugleich mit der Samm* lung für den Staat zu acquiriren wäre? dies sind Fragen, deren Erörterung jeder andern Ueberlegung voraus zu schicken sein möchten. Zu allem Femereu willig und bereit, hochach- tungsvoll Jf. ll¥. CSoetlie. Vorstehendes war schon längst bereit, £w. Ex- cellenz aufzuwarten, der verzögerte Abdruck des zweiten Bogens jedoch verzögerte die Absendung. Nunmehr bin ich in dem Falle, auch den dritten - 104 - beizulegen, bei welchem ich nichts weiter zu bemer- ken wiiHste. Ist es mir aber erlaubt, das Ganze noch- mals vorzunehmen, so argiebt sich, daCs wohl vor allen Dingen die Entscheidung der Frage, wohin die Universität gelegt werde, abzuwarten sei, sodann würde die Bestimmung eines hinreichenden Lokals und die Einleitung der Unterhandhmgen mit den tlaren Wallraff, Pick und Boisseree das Nächste sein, worauf dann das Weitere theils berathen, theils ausgeführt werden konnte. Erlauben Ew. Excellenz, dafs ich in einige Zeit die Fortsetzung dieser kleinen Arbeit schicke. Da ißk von denselben Gegenstanden, wie ich, sie in ver- schiedenen Städten gefunden, zu sprechen hatte, so tiabe ich die Betrachtungen darüber ausgetheilt, um mich nicht zu wiederholen, noch auch durch allzu lltnges Verweilen an einem Orte den Leser zu er- müden. Daher denn erst, wenn das Ganze beisam- n»en ist, meine eigentliche Absicht deutlich erschei- nen kann. Womit ich mich denn diesmal, für das mir so günstig erwiesene Zutrauen meinen aufrich- tigen Dank wiederholend, zu fernerem gütigen An- denken empfehle, dies^ Blätti^n eine günstige Auf- nahme angelegentlich wünschend. Ergebenst jr. H^* CSoetlte. — 105 — Steinhauer Technik vom zwölften bis zum sechszehnten Jahrhundert*)« Sehen wir nun gegenwärtig den patriotischen Deutschen, leidenschaftlich In Gedanken beschäftigt, seiner heiligen Baudcnkmale sich erfreuen, die ganz- oder halb vollendeten zu erhalten, ja das Zerstörte wieder herzustellen, finden wir an einigen Orten hiezu die gehörigen Renten, suchen wir die entwen* deten wieder herbeizuschaffen oder zu ersetzen; so beunruhigt uns die Bemerkung, dais nicht allein die Geldmittel spärlich geworden, sondern dafs auch die Kunst- und Handwerks'mittel beinahe völlig ausge- gangen sind. Vergebens blicken wir nach einer Masse Menschen umher, zu solcher Arbeit fähig und willig. Di^egen belehrt uns die Geschichte, dafs die Steinhauer - Arbeit in jenen Zeiten durch Glieder einer groisen, weitverbreiteten, in sich ab* geschlossenen Innung unter den strengsten Formen und Regeln verfertigt wurde. Die Steinmetzen hatten nämlich in der gebildet ten Welt einen sehr glücklichen Posten gefafst, in- dem sie sich zwischen der freien Kunst und dem Handwerk in die Mitte setzten. Sie nannten sich Gesellschaft, ihre Statuten waren vom Kaiser bestä- tigt Diese Anstalt gründete sich auf ungeheuere Menschenkraft und Ausdauer, zugleich aber auf ne- senmafsige Bauwerke, welche allen zugleich errich« tet, gefördert, erhalten werden sollten. Unzählige *) Siehe: Kvnsi u. 4Jiertliiiiii von Cr»eÜie. 1. Baad. - 1«6 - «ingeübte Knaben, Jünglinge und Männcfr arbeiteten^ über Deutschland ausgesäet, in allen bedeutenden Städ- ten. Die Obermeister dieser Heerschaar safiseu in Goln, Stra&burg, Wien und Zürich. Jeder stand sei- lten! Sprengel vor, der geographischen Lage gemals. Erkundigen wir uns nun nach den innern Ver- hältnissen dieser Gesellschaft, so treffen wir auf das Wort Hütte, erst im eigentlichen Sinne den mit Brettern bedeckten Raum bezeichnend, in welchem der Steinmetz seine Arbeit verrichtete, im uneigent- lichen aber als den Sitz der Gerechtsame, der Ar- chive und des Handhabens aller Rechte. Sollte nun zum Werk geschritten werden, so verfertigt der Mei- ster den Rifs, der von dem Bauherrn gebilligt als Dokument und Vertrag in des Künstlers Händen blieb. Ordnung für Lehrknaben, Gesellen und Die- ner, ihr Anlernen und Anstellen, ihre kunstgemä- jGsen, technischen und sittlichen Obliegenheiten sind aufs Genaueste bestimmt und ihr ganzes Thun durch das zarteste Ehrgefühl geleitet. Dagegen sind ihnen grofse Vortheile zugesagt, auch jener höchst wirk- same, durch geheime Zeichen und Sprüche in der ganzen bauenden Welt, das heifst in der gebildeten, halb- und ungebildeten, sich den Ihrigen kenntlich zu machen. Also organisirt denke man sich eine unzählbare Menschenmasse durch alle Grade der Greschicklich- keit dem Meister an die Hand gehen, ^lieber Ar- beit für ihr Leben gewifs, vor Alter- und Krankheits- fällen gesichert, durch Religion begeistert, durch Kunst belebt, durch Sitte gebändigt, so fängt mau - 167 - an zu begreifen, wie so ungeheuere Werke conci- pirt, unternommen und, wo nicht vollendet, doch immer weiter als denkbar gefuhrt worden. Fägen wir noch hinzu, dafs es Gesetz und Bedingung war^ diese grenzenlosen Gebäude im Tagelohn aufzüfiUiK ren, damit ja der genauesten Vollendung bis in die kleinsten Theile genug geschähe, so werden wir die Hand aufs Herz legen und mit einigem Be^enkea die Frage thun: welche Vorkehrungen wir zu tref« fen hätten, um zu unserer Zeit etwas Aehnliches her^ vorzubringen» Vorstehendes ist auf eing^angene &kundigua- gen, besonders aber nach einer Druckschrift, bear* beitet, welche den Titel führt: Der Steinmetzen Brüderschaft Ordnungen und Artikul, Ernewert auff dem Tag zu Strafe- berg auff der Haupthütten , auff Michaelis Anno 1563. An denselben. Weimar, den 1. Juni 1816. £w. Excell^z haben die ersten Proben meines Rhein- und Main- heftes so freundlich aufgenommen, dais ich für Schul* digkeit erachte, nunmehr auch das Ganze Ihrer Gunst und Gewogenheit zu empfehlen. Sollte es geeignet sein, irgend etwas Gutes zu wirken, so ist durch die Verspätung nichts versäumt, denn obgleich mancl^ darin Gewünschte sich sdion ereignet, sq.. bleibt .fU^ob Bodi gv Vides ciaar tos gticHidwa Dastindea kofci dirl Eni lüUt woitkm «ad fiMkt Wie dem wadk sei! Bogen Ew. ETerilem mich «ad das Mfiay iBBcr in g Stigei Andenken er- An den Staats-Minister v. Altensteiu in Berlin. HodiwoUgelMNrener Frohenr, hochzoverdirender Herr. Ihro Kon%L Hoheit, mein giuidigster Färst, (litten midi mit keinem angendimem Auftrag beeh- ren kömen, ab dem: Ew. Excelloiz durch G^en- wirtiges za b^iacbricfatigen, da(s die gewünschte Mitthdhii^ des Jenaischen Codex, allere deutsche Gedichte enthaltend, kdnen Anstand finde. Er ist lurf hocfastmi Befehl sogkidi herüber gebracht «ad t^rgfittt^ eingepadct wpfden, kann auch, wenn nicht — 100 - etwa ein anderer Weg beliebig wäre, sogleich der £adirenden Post übergeben werden, weshalb mir wei- tere geneigte Antwort erbitte. Darf ich nach gemachtem Gebrauche hoffen, die* ses der Akademie Jena so werthe Dociiment auf dor- tiger Bibliothek in zwei bis Arei Monaten wieder aufzustellen, so werde solches mit verpflichtetem Danke erkennen. Schlieislich hoffe ich denn auch Nachsicht U erhalten, wenn ich mich dieser Gelegenheit bediene^ Ew. Excellenz zu erwähnen, nicht allein wie lebhaft idi die Guu^ empfinde,* welche Hochdieselben seit so langen Jahren mir und meinem Bestreben geneigt erzeigen wollen, sondern auch hiernächst dankbar zu bemerken, dals Hochdieselben durch Beförderung manches tüchtigen Mannes auch mir manche För* dernifs und Nachhülfe erwiesen; wohin ich nament- lich die Anstellung des werthen Ernst Meyer in Kd^ nigsberg zu rechnen habe. Der ich, auch für die Folge mich zu wohlwol- lendem Andenken angelegentlichst empfehlend, mich in vollkommenster Verehrung uuterzdchne Ew. Excellenz ganz gehorsamster Diener M — 110 — An denselbeiL Weimar, den 30. April 1830. Hochwohlgeborener Freiherr, hodbverdirter Herr, Ew. Excellenz genehm^en einem alten Ange- eigneten in Vertrauen auf eine schon oft erprobte Geneigtheit eine kurze bescheidene Vorstellung. Friedrich Ernst Schubarth, ein Schlesier, gegen- wärtig in Hirschberg, meldet, mir, dafs er Hoffnung habe, von den Vorgesetzte^ der Bildungs- Anstalten dortigen Ortes Hochdenenselben als zum Lehrfache tüchtig vorgeschlagen zu werden, und glaubt, einige Erwähnung von meiner Seite werde nicht ganz ohne Einflufs zu sein sich schmeicheln dürfen. Ich aber wage bei dieser Gel^enheit nur so viel zu äufsern: dais ich dem Lebens- und Studien- gange dieses Mannes seit vielen Jahren mit Antheil grfolgt bin und ihn allerdings zu schätzen Ursache hatte, so dafe ich nunmehr wohl wünschen möchte, die an Ew. Excellenz abgehenden Berichte von der Tauglichkeit des Subjects zu einer solchen Stelle könnten hinreichen, Hochderoselben Ueberzeugung zu begründend Findet er sich nun eines solchen Zutrauens werth, sind seine Wünsche und Hoffnungen deshalb zu erfüllen, so will ich nicht in Abrede sein, dafs es mir in hohen Jahren Freude machen würde, den mannigfaltigen Talenten des Eingebornen solche pflichtmäisige Richtung vorgeschrieben zu sehen, wodurch seine Fälligkeiten und erworbene Fertigkei- ten unmittelbar seinem Yaterlande und der zu bilden* den Jugend nützlich und förderlich sein mögen. Eifrig aber ergreif ich diesen gegebenen An- lafs, Ew. Excellenz bescbeidentlich anzudeuten, dafs die grofsen Wirkungen, die sich in Ihrem Geschäfits- kreise verbreiten, mir nicht unbekannt bleiben, son« dern seit vielen Jahren Stoff zur Bewunderung ge- ben und mich in der Verehrung bethätigen, die ich frei und unbewunden aussprechend, mich zu fort- dauernder Huld und Geneigtheit andringlich erii« pfehle, indem es für ein Glück schätze, mich unter- zeichnen zu konneu Ew. Excellenz ganz gehorsamster Diener Jf, 1¥. CSoetiie. An denselben. Weimar, den 22. Januar 1832. Hochwohlgeborener Freiherr, hochzuverehrender Herr. Ew. Excellenz erzeigten mir, es wird nicht ganz ein Jahr sein, die überraschende Geneigtheit, mich in Kenntnifs zu setzen: es sei Hochdeneuselben ge- fallig gewesen^ gnädige Einleitung zu treffen, auf welche Weise und unter welchen Bedingungen der Privatlehrer Schubarth zu Hirschberg in dem Staats- dienst angestellt werden könne. Ich verehrte darin im Stillen die hohe Vorsorge, da& kein Uttwurdi- — 112 — ' ger zu so bedeutenden Zwecken aufgenommen werde und zugleich die Uebarsicht, wie allenfalk die Hin* dernisse in Ermangelung einiger Förmlichkdten zu beseitigen sein möchten. Nun erst erfahr' ich, dais es schon langst sich fugen konnte, genaimten Mann zu einer Lehrerstelle an einer öffentlichen Anstalt bemeldeter Stadt zu befördern und ihm einen lebenslänglichen, hinrei- chenden Unterhalt zu ertheilen. Indem ich nun für meine Schuldigkeit erachte, die Erfüllung dieser Wünsche auf das Dankbarste anzuerkennen, so bleibt mir nichts übrig als eine der Ueberzeugung sich nähernde Hoffnung, es werde der Begünstigte durchaus bemüht sein, die Anlagen, welche ihm die Natur vergönnt, die Talente, die er sich durch Fleifs erworben, auch zu den unmittel- baren, ihm vorgezeichneten Zwecken anzuwenden und sich des hohen, in ihm gesetzten Vertrauens würdig zu machen. Dankbar verehrend Ew. Excellenz ganz gehorsamster Diener jr. "W. CSoetlie. An den wirklichen Geheimen Rath v. Stäge- mann in Berlin. Weimar, den 4. März 1829. Ew. Hodiwohlgeboren höchst schätzbare Sen- dung würde schon früher mit verpflichtetem Danke - 113 - erwiedert haben, wenn ich nicht diejenigen Gedichte, welche ihrer Zeit als wirksam und bedeutend schon einzeln gekannt, nicht hier im ganzen Zusammen- hange und vereinter Kraft kennen zu lernen gewünscht hätte *). Nun aber darf ich wohl sagen, dafe ich diesen Band als ein Zeugnifs ansehe: wie bei einer der bedeutendsten Epochen der Weltgeschichte, bei dem wichtigsten und unter den gröfsten Gefahren bestandenen Unternehmen, ein ächter Mann und Va- terlandsfreund empfunden, gedacht und in höherem Sinne sich ausgedruckt ' Dafs diese mitten unter kriegerischen Tumulten, von denen ich selbst so viel gelitten, mit freiem Geist entstandenen Gedichte mich nun bei einem friedlichen Lande, zu ruhiger Zeit freundlich begrü* fsen, erregt mir die angenehmste Empfindung, für welche höchlich dankbar ich nur wünschen kann, dafs Denenselben der beste Lohn in dem Bewufst- sein, als Mitglied einer so grofsen, weitverbreiteten Staatsverfassung fortzuwirken, dauerhaft gegönnt sein möge. Genehmigen Sie bei dieser Gelegenheit den Aus- dnick der vollkommensten Hochachtung. Ew. Hochwohlgeboren gehorsamster Diener Jf. 1¥. w. «oetlie. *) Historische Erinnerungen in lyrischen Gedichten von Friedrich August von Stägemann. Berlin 1828. 8 Ceb. Im Fnakfui a. M. de« 13. Hai 1786, gesl ■■ Paris df« 12. Febraar 1837. An Ladwig Robert. FraBkfwi a M^ dies 2. Amgßxi 1821. Idi hibe es wieder emmal erfidiren, dals muk grö- frem Gewinn ans seinen Fehlem als am aemoi Ta- genden ziQht Ware ich ein ordendidwr nnd arti- ger Men&di, der mr gehörigen Zeit Bri^ beant- wortet und ParadiesTögd znrudLfliegen laist, dann halle ich Ihr TorieMes Schräben nidil erhalten, worin Sie mich in meiner An fmonl nt un g mit Les- ung T^lichen haben, — und wenn-nian das Un- ^ikk hat^ kein Lessing zu s^n, so ist es kräi klei- ner TVost, dafür gehalten zu werden, — nnd ich hatte Ihre allerliebsten Verse nicht »halten. Jetzt bin ich sogar ein Dichter geworden, denn ich habe ein Gredicht hervorgebracht Der Paradiesvogel, seit- don ich ihn von dar Theaterdirection zurud^bekom- men, lebte in dem Käfig eines gdstreidien Frauen- - 115 - Zimmers, wo er so viele Liebkosungen erhielt, dafs er alle Lust zur Freiheit verlor. Ich mufste ihn gewaltsam entfuhren; daher die Zögerung. Aber Ihre Bescheidenheit bewundere ich. Wie konnten Sie auf den Gedanken kommen, Ihr Aristophanisches Lustspiel deutschen Böotiern darzubieten? Ich rede nicht von Frankfurt, ich denke an das ganze liebe deutsche Land. Kann dieses plumpe Volk all die- ses attische Salz vertragen? Höchstens einige Kör- ner auf ein breites Butterbrot gestreut. Ich kenne kein deutsches Lustspiel, das mit dem Ihrigen verglichen werden könnte, aber desto schlimmer. Ein ganzes Nadelkissen von Epigrammen, von denen man blofs den breiten Kopf ohne die Spitze verstanden hätte. Ihr Stück würde auf der Bühne wohl gefallen, ab^ auf eine Art, dafs Sie sich darüber todt ärgern müfs* ten. Der Spektakel hätte die Zuhörer auf unmittel- barem Wege ergötzt, und die Ironie wäre ihnen ent- gangen. Wissen Sie, was Ihnen wenigstens hier hätte geseliehen können? Man hätte die kleinen Aufeüge gestrichen. Ich war fast auf dem Wege, es der Thea^ terdirection vorzuschlagen, um zu erproben, wie weit man es mit den Leuten treiben kann. Manche Be- trachtong, wozu mir Ihr Lustspiel Anlafs gegeben, habe ich niedergeschrieben, und ich hätte es Ihnen gern mitgetheilt, aber die erwähnte Freundin hat es ein- gepackt und mit ins Bad genommen. Ich schicke Ihnen später den Aufsatz. Ich bitte Sic, lassen Sie Ihr Lustspiel drucken, und bringen Sie es nicht aaj£ die Bühne. Das hiefse dem Volke schmeicbeln, als liätte es Geist, 4as htefire es gewinnen wollen (würde 8* — 116 — die Polizei sagen), Sie kämen in Verdacht demago- gischer Umtriebe, und würden nach Mainz geführt werden. Mir wäre das schon recht, ich hätte dann nur einige Meilen, um zu Ihnen zu kommen. Grufs und Freundschaft. Dr« Bdme« Aii Frau von Varnhagen. Frankfurt a. M., den 29. August 1825. Gnädige Frau! Sie haben gestern den Wunsch geäufsert, eini- ges von meinen ungedruckten Schriften zu besitzen, und ich habe mich im Stillen sehr über diese Aeu- fserung gefreut. Die Dankbark^t hätte erfordert, Ihrem Wunsche nicht zu entsprechen, aber diese Tugend fiel mir zu schwer. Doch bin ich so vor- sichtig, erst die Beharrlichkeit Ihrer Wünsche auf die Probe zu stellen, und darum theile ich Ihnen nur einen Aufsatz mit. Wenn Sie standhaft blei- ben, werde ich mit meinen Mittheilungen fortfahren. Ich habe diesen Aufsatz gewählt, weil er Steffens betrifft, den wir gestern etwas berührten. Er ist schon vor zwei Jahren geschrieben und die Stutt- garter Censur hat ihn nicht durchgehen lassen. Warum nicht? — darüber bitte ich Sie nachzuden- ken, sobald Sie die Zeit haben. Mir ist es uner- klärlich geblieben. Ich kann es Ihnen nicht verschweigen, dais Sic meine Ruhe gestört. Ich lebte so zufrieden mit mei- — 117 — uem Schicksal, und jetzt haben Sie die heftigste Be- gierde in mir erweckt, in Berlin eine grüne Kern^uppe mit Ihnen zu essen. Möge der Himmel diese meine neue Sehnsucht stillen, wie er schdn manche gestillt. Darf ich Sie bitten, mich der Hoiräthin Herz in Erinne- rung zu bringen? Ich grüfse Sie aufs Freundlichste. Ihr ergebenster An Troxler. Paris, den 13. November 1835. Verehrter Herr und Freundb Ich hoffe, dafs ich mein Recht auf Ihr freund- schaftliches Andenken noch nicht ganz verloren, we- nigstens schmeichle ich mir, dieses nicht verdient zu haben. Wie oft denke ich an Sie und spreche von Ihnen mit Freunden, die Sie kennen und ach- ten. Wie sehr haben wir uns gefreut, als wir er^- fuhren, dafs Sie in Bern einen Ihnen angemessenen und auch gewifs willkommenen Standpunkt gefun* den. Wäre ich bei Ihnen, würde ich, trotz meiner fünfzig Jahre und meiner verknöcherten Fassungs- kraft, Ihr eifrigster Schüler werden. Ich habe aber den Plan gefafst, mich selbst in der Ferne zu Ih- rem Schüler zu machen, mich und noch 32 Millio- nen anderer Menschen, Franzosen genannt, die in jeder Unwissenheit mit mir wetteifern können. Der Plan ist schön, und ihn auszuführen, dazu fehlt nur noch Ihre BewilUgung, — 118 — Die Franzosen wenden sich jetzt, auf eine dem Mensdioifreund w&euliche, dem Geschichtsphiloso- pboi merkwürdige Weise ia ibrem geistigen lieben, dem Benern ond Edleren zu. Ei ist, als wäre d« Teufel an« ihnen gefahren. Sie fangen aa zu füll- L«i, dals der Baum ihrer ErkeuntnÜs keine tiefe Wurzel hat, und sie drehen ihn um, und stecken ihn mit seiner ganzen breiten Krone, mit Blättern, Blüthen und Fruchten in die Erde, um nur fest zu steheu, und opfern den Genufs der Hoffnung auf. Ihr Eifer für deutsche Wissensch^ und Philosophie steigt täglich und wirkt sich immer mehr aus. Es ist wahr, die armen Franzosen tappen in diesem neuen Leben bald bejammernswürdig, bald lächer- lich umher; das ungewohnte licht blendet sie, und sie sehen oft weniger, als sie in ihrer gewohnten Dunkelheit gesehen. Aber ihr Blick wird sieh Dach und nach stätiten, und wir wollen sie bi» dahin brüderlich fuhren und unterstützen. Wir wollen et- was zur Seeligk^t der verdammtem FnuizoaeB thun, die wir Deutsche ihnen so manchen irdischen Vor- theil und Genua verdanken. Den Theil der Schuld, der auf Buch fiült, mll 'ich abtragen. Ich will in eisern fnnaÖsJMh gesohii» benen Journal den Franzosen über deutsche Litte- ratur und deutsches Leben sprechen, so gut ich es verstdie. Aber mein Vcrständnilit imd meine Kralt reiehon nicht so w«t als moiii guter WiUe. kU Diufs daher in meinem Streben auf die MitwiHiuitg von Männern zahlen, denen es nicht ist, deutsches Leben und Wissen und, da diu WBi — 119 — der dcutsdiefl Nation in ihrem Wissen besteht, die Nation selbst bei den Ausländern in die vordienta Achtung zu setzen. An wen konnte ich dabei zu- erst denken als au Sie, der Sie der Beforderui^ des Rechts, der Wahrheit und des ScJtönen Ihr gan- zes Leben nicht blois gewidmet, sondern audt ge- opfert haben ? Mir B^st ist philosophisches Wirken gaiB fremd, so fremd nur Philosophie Deutschra seiu kann, in welchen Allen das herbgeweckte Blut Hamlet's und Faust's äicfst Aber aulser diesem meinem &bgut habe ich nichts von Philosophie erworben; theilen Sie den Franzosen und mir etwas von Ihrem Reich- Ihum mit, und übernehmen Sie für mein Journal den philosophischen Unterricht Stellen Sie sich unter Ihren Schülern und Lesern Menseben gleich mir vor, von gutem Willen und einiger Fassungskraft, aber selbst ohne die Elemente der Philosophie. Es kommt daranf au, den Geist zu durchackern, ihm philoso- phische Empfänglichkeit zu wecken. Was ist Phi- losophie P Was nutzt sie dem Geist, dem Herzen, dem Leben? Welchen Einfluls übt sie auf Kunst und WissenscbaftP Dann von dem bewulstlosen Phi- losophiren der Menschen, die Geccfaichte der philo- sophischen Systeme, der philosophischen Verirrun- geu, die Verwandtschaft der anscheinend verschiede- nen Systeme; die Einheil der Philosoph!" 'ijid Re- ligion u. e. W' Dieses, in einer Reihe >' :, mit UiRHLilMiHLGoist und in Ihrer anz' -stel- ^ingni BA g b ^gg^elt |^ i*>"i i^ hier die ■Uial - 120 - Die deutschen Aufsätze werden unter meiner Aufsicht ins Französische übersetzt Wenn Sie aber in Bern einen litterarisch gebildeten, in seiner Spra- che gewandten Franzosen fanden, der unter Ihren Augen die Uebersetzung besorgte, so wäre es frei- lich noch viel besser. Darf ich mir nun die Erfül- lung meiner Bitte versprechen? Ich hoffe. Den Mitwirkern des Journals wird der Bogen, deutsch, mit 100 Fr., französisch mit 130 Fr. ho- norirt. Ich bitte Sie, mich dem Andenken Ihrer Frau G^nahlin und Ihren Kindern zurückzurufen. Briefe an mich, bitte ich unter Couvert: ä Mr. Straus, Bue LqfiMe 44 ä Paris, abgehen zu lassen. Mit der herzlichsten Verehrung und Freundschaft Ihr Boeinte« £nlogins Scbneider« Geb. in Wipfeld den 20. October 1756, g\iilIotinirt in Puris den 1. April 1794. Ziur Charakter -Entwickelungsgeschichte des nachher so blutdürstigenDemagogenEulogius Schneider möchte der nachstehende Brief nicht ohne Interesse sein ; er ist aus einer Zeit, in der Schneider als Professor in Bonn den Musen und Wissenschaften lebte lind be- vor er sich in den wildesten Strudel der französi- schen Revolution stürzte, als deren Opfer er in Pa- ris unter der Guillotine fiel. An Fr. Nicolai in Berlin. Bonn, den 2a Jnli 1789. Sie erzeigten mir die Ehre, in den Beiträgen zu Ihrer Beisebeschreibung meiner auf eine Art zu erwähnen, welche mir nicht anders als schmeichel- haft sein konnte. Mein Schicksal wollte es nicht, dafs ich Ihre personliche Bekanntschaft machen sollte, da Sie durch Bamberg reiseten, wo ich gerade da- mals im Framuskaner Kloster war. Der Zwaijig der Ignaz Ans. Fessle r. Creb. in Czorndorf (Ungarn) 1756. An Fr. Nicolai in Berlin. Oberschönliausen, den 8. Jonius 1808. Verehrter Mann! öie erhalten hierbei Kunde von einer Unternehmung, Welche versuchen will, eine Lücke unserer histt)ri- schen Litteratur auszufüllen, und etwas zu liefern, was, nach den gegenwärtigen Zeitaspecten, Vielen, die gern mit offenem, hellem Blicke in der Zeit leben, bald eine erwünschte Erscheinung werden dürfte. Ich bitte Sie, den mir wohlbekannten Freund und Beförderer alles Guten, die Sache in Ihrem Wirkungskreise, so weit derselbe reicht, hier und auswärts zu unterstützen. Wer die Geschichten schweizerischer Eidgenos- senschaft mit Lust oder mit Mortification gelesen hat, wird meine Geschichte der Hungarn und ihrer Landsassen wenigstens gern lesen. Ich wünsche, dafs die Stöhne und Töchter Ihrer — 125 — Nation (das ist sie noch überall, wo sie sich von Völkern und Horden, die mit dem Schein von Na- tionalität nur betrügen wollen, nicht hat blenden lassen) recht zahlreich auf meine, mit kräftigem Nationalsinne geschriebene Geschichte der hungari- sehen Nation pränumeriren, und dadurch bezeugen möchten, wie hoch sie alles Nationale, wo es sich auch finden mag, schätzen. Ich verbürge Ihnen, dafs Sie in zahlreiche und respektable Gesellschaft kommen, zwar nicht von Berliner -Christen (denn wenn hätten diese eine so- lide, bleibende, wissenschaftliche Unternehmung auf eine vorzügliche Art unterstützt, sie, die selbst, wenn sie wohlthätig, grofsmüthig oder liberal sein wollen, immer wenigstens eines Concertes, eines Balles oder einer Benefiz -Komödie bedürfen), sotvr dern biederer Schweizer, besonnener Deutschen und gründlicher Hungarn. Sie, ehrwürdiger Mann, ha- ben schon vor zehn Jahren darauf pränumerirt, und Sie stehen daher auch in dem Yerzcichnifs von deii Ihrigen auf der Pränumerationsliste bei mir ohn^ Weiteres oben an. Nur die Sorge, dafs Si^ yoii den Ihrigen in Berlin nicht allein stehen bleiben mögen, überlasse ich Ihnen. Mit aufrichtiger Achtung Ihr ganz ergebenste . FesAler. : '■;:#( M. Herrn. Ferd. Ton AitenrletL Geb. zu Stuttgart 1772, < gest. SU Tubingen ia3S. An Yarnhagen von Ense. TfibiBgea, den 30. Afril 1818. Ihre Laufbahn trennte sich von der ärztüchen, ich ifinsche Ew. Hochwohlgeboren mAt Gewifshät, für das Wohl der Menschheit etwas thun zu können, als wir bei der misrigen haben, und, sollte etwa selbst Se Staatskunst das Loos aller menschlichen Bestre- bungen treffen, die Cartesischen Wirbel, die man rom Himmel verbannt hat, auf der Erde zu reati- siren, den Muth, welchen Ew. Hochwohlgeboren aus der Ärzneikunst werden mitgebracht haben, das elfte Uebel von neuem zu bekämitfen, nachdem al- let Widerstand gegen z^n ähnliche frühere verge- bens war. Ich als Arzt mufs mich mit dem Spru- che trösten: „frühe säe deinen Saamen, und lass' deine Hand des Abends nicht ab, denn du weiisest nicht, ob dies oder das gerathen wird.^' — Ew. Hoch- — 127 — wohlgeboren sind als Staatsmann glucklicber^ da dem klaren Buchstaben aller Verordnungen, Constitution nen und Manifesten nach Alles, was in diesem Fa« che geschieht, immer allein zum Besten der Mensch- heit geschidit. So fern ist freilich mein obiger Wunsch überflüssig, und ich habe ihn auf den ärzt» liehen einzuschränken. Möchten Sie gewiis immer gesund bleiben. — Um was ich aber Ew. Hoch- wohlgeboren und Ihre Freunde, Kerner und Uhland^ beneide, ist der Geist der Poesie, welchen Sie in das Leben zu legen wu&ten; dem Arzte erheitern keine Götter Griechenlands die Wirklichkeit, höch- stens kann ihm spartanische Starrhdt, sie fortzuwäl- zen, helfen« Doch auch das ist Leben, das zu et- was Höherem fahren muüs, und so die Verschieden- heit der Laufbahnen am Ende nidit grois. Mit ToUkommenster Hochachtung und Verehrung Aiit«MHetli» An denselben. Tiibingeii, de» 28. November 1827. Ew. Hochwohlgeboreu haben mir auf eine so freundliche Art einen so ehrenvollen Antrag gemacht, dais es undankbar von mir wäre, wenn ich die hoch- achtbare Societät und zunächst Ew. Hochwohlgebo* ren sdbst täuschen und versprechen wollte, was ich nicht zu Idsten ' vermag. Ich bin ein zu sehledi- ter Arbeiter! Wohl würde ich mich sehr glückUdi — 128 — gctetzen, im Umgange so geistvoller und kenntnifs- reicher Männer, unter Wechsel weisem Ideen -Austau- sche leben zu können; aber zum schriftlichen Sur- rogate gebricht es mir an Zeit, und ich bedürfte mehrerer; denn es wird mir immer schwere, einen Gedanken auszusondern, an den sich nicht eine Un- zahl damit zusammenhängender anderer anzuschlie- &en strebte; so schreibe ich zu schlecht für Ihr Institut, und meine heterogenen Beschäftigungen, die nach aufrufen, bald als Landstand die Wirkungen eines Zollgesetzes mir klar zu machen, bald über den Hiob zu schreiben, und Reden übet die natur- historische Wahrscheinlichkeit der Fortdauer, der Menschen zu halten, damit der hi^ früher herr- schende theologische Dogmatismus etwas aus sei- nem schweren Schlafe aufgereizt werde, waArcmd ich dann wieder für die Gerichtshöfe &n Gutach- ten, ob «n Verbrecher ein Verrückter sei, zu stel- len, und Nosologie zu lesen habe. Diese hundert verschiedenartigen Thätigkeiten hindern mich, mir selbst in meinem Fache, in vielen seiner Zweige wenigstens, so viele Detail -Kenntnisse zu sammeln, daf» ich mit Ehren als Beurthdier dessen, was An- dere leisteten, auftreten könnte. Hat man aber &5 Jahre zurückgelegt, so geht die Zeit auf die Neige! Aus dem Chaos der Lektüre, Erfahrungen und Einbildungen meines bisherigen Lebens will ich im Beste desselben nur das zu entwickeln mich bestreben, was ich als unbefangene Ansicht von der Einrichtung der wirklichen Natur, so weit sie als — 129 — AU dem Menschenverstände zugänglich ist, von ih* ien Spuren einer höhern Ordnung und vom Yet^ hältnifs unseres Ameisengeschlechtes zu ihr betrachte, unbekiimmert um alle Systeme, die der Beihe nach alle untrüglich waren. Damit aber werden Sie selbst einsehen, dafs mir am Rezensirtwerden, das mir mdne Einseitigkeit nun auch wieder aufdecken würde, viel gelegen sein mufs, dafs ich aber ein schlechter Re- zensent der Geistesarbeiten Anderer sein würde. Ein jeder Mensch hat bekanntlich sein Steckenpferd; nach 30 Jahren, die ich meinem Amtsfache widmete, glaubte ich berechtigt zu sein, mir auch eines anzuschaffen. Den Inbegriff meiner Erfahrungen und Ansichten in der praktischen , Medicin meinen Schülern so klar, als mir möglich ist, aus einander zu setzen, halte ich für meine erste Pflicht, und durch «ie, durch ihre akade- mischen Dissertationen und theils auch durch meinen Sohn, der, wenn ich meine mcdicinische Beschäfti- gungen wegen der Landtage unterbrechen mufs, mein Stellvertreter ist und jetzt ebenfalls für sich Lehrer der praktischen Medicin, wird das, was etwa von meinen 30jährigen Versuchen tauglich wäre, allge^ meiner bekannt zu werden, schon verbreitet werden. Darum halte ich mich für weniger verbunden, es noch selbst, ausgerüstet mit dem nöthigen gelehrten Afh parat und der Rücksicht auf Litteratur, entweder in eigenen Aufsätzen oder in Gesammtrezensionen der Schriften anderer Aerzte über solchen Gegenstand, bekannt zu machen. Aber mein Steckenpferd, das ich mir ansdiaffte, glaube ich nun auch, wie jedet 9 imd ^or ibr dieofdiict, fofaren, SdriftcB, td der Gene» hier in unserer Kiinihifiltii^BibKa- AdL haba? Oder, wcu idi meiote, ehi annges iBgpliiiifiBgeg Viereck, mit Sidicriieil im MiMude ge- •dien, wirde alle Systeme der NatmfpUoBC^iUe, die dem Erdball selbst Leben und Proddktioii des Le- bens ^anf seiner Oberfladie znsdireBMn, nber des Hanfien werfiai, weil der Mondsball ein anderer als der Erdball ist, eine andere AnsJehanjEssti andere Atmosphäre hat, und mm doch in xnnftige Geschöpfe sich erwiesen, die eine gemein* sdiafUiche Greometrie mit uns Itttten; die auch auf der Qba4adie des Mondes, wie wir aof der Ober- fladie der Erde, blols angeflogen, nidit von ihr er- seogt (da eine andere Oberfladie imdi eine andere Geometrie erzeugen müikte), mit nns irgendwo her ans dem für ans leeren Raum kommen mausten, vid* leicht angezogen dardi die Reibung der mit nnge« - 131 - hmxtet Sclmelügkeit im Raum sich drehendeii Wf^ iugeln, ungefähr wie in uniserer Atmosphäre ein^ sdinell umgedrehte Glaskugel Elektricität aus unse* rer Atmosphäre auf ihre Oberfläche ansammelt? Sie i^hen, dafs ich selbst die sogenannten exakten Wis* senschaften nicht ohne Phantasiren bearbeiten würde* In keiner Hinsicht also kann ich Ihnen nützlich sein. Nehmen Ew. Hochwohlgeboren also meinen innig- sten Dank für Ihren so gütigen Antrag, und bezeu- gen sie ihn auch in meinem Namen den berühmten Männern Ihrer wichtigen Gesellschaft '*). In einem kleinen Staate ist man wie in einer Organisation der niedern Ordnung, wo alle Funktionen in einer ver- schmelzen, und ein Organ vielerlei derselben, ohne zu besonderem Zwecke ausgeschieden zu sein, ohne also diesen in höherem Grade erreichen zu können, dienen mufs. Es hat auch sein Gutes, keine Rolle auf dem litterarischen Weltthcater zu spielen und dafür seinen eigenen Kohl zu pflanzen; ist der Saa- men desselben gut, so verbreitet er sich eher in der Stille, wenn beim Mangel eines Ursprungs -Certifi- cats Jeder glauben kann, er sei ihm selbst gewach- sen; obschon es etwas langsamer damit hergeht. Da- mit Ew. Hochwohlgeboren mein Steckenpferd, mit dem es mir im Innersten Ernst ist, deutlich erken- nen, und um die Wahrheit meiner obigen Entschul- digungen zu beweisen y nehme ich mir die Freiheit, * ) Verein fiir die Herausgabe der Jalurbüclier für wit- senscliafllielien Kritik. 9* Karl Immermann. Creb. in Magdeburg 1796, gest. in Düsseldorf 1840. An Varnhagen von Ense in Berlin. Münster, den 28. Augast 1823* • Ihnen die anliegende Tragödie '*') zu übersenden, dazu veranlafst mich die liebevolle Aufmerksamkeit, welche Sie meinen früheren Versuchen haben tu Theil werden lassen. Ich statte Ihnen für Ihre Kritik nochmals hierdurch meinen besten Dank ab; sie hat mich sehr erfreut und, wie ich glaube, mehr gefordert, als viele andere diktatorische Worte, die über meine Trauerspiele laut wurden. Ich weifs wohl, wovon ich s^nsgehe, aber nicht, wohin ich gelange; ich kenne meine Meister und scheue mich nicht, sie zu nennen, aber ich ahne selbst kaum, was sie an mir entwickeln werden. Diese Punkte meines tiefsten Bewufsts^ns be- *) Periander. - 134 - rührt Ihre Kritik, und eben, weil sie unbestimmt läfst, welcher Platz diesen Erstlingen gebühren möchte, for- dert sie mich mehr als jede andere auf, mich selbst zu bestimmen und zusammenzunehmen. Ich bin mit der Versicherung ausgezeichneter Hochachtung -Ihr gans^ ei^ebener An denselben. Magdeburg, den 23. September 1824. Ew.- Hochwohlgeboren kann ich nur mit eini- ger Beschämung heute nahen, da ich wenigstens den Sobeia der Undankbarkeit gegen mich habe. Sie waren so gütig, mir im vorigen Jahre die Samm- lung der Zeugnisse über Goethe senden zu lassen, und ieh habe Ihnen nicht einmal den fkapfiing an- gezeigt Möchte die Unterlassungssünde in dem gänz- lichen Wechsel aller meiner Verhältnisse, der mich betraf, und einem staj^en äufsem Geschäftskreise (UmstäHide, die freiem geistigen Verkehr nicht güHr stig sind) einige Entschuldigung finden. Indessea wird es mir immer noch erlaubt sein, Ulnen auszu- sprechen , dafs mich die Sammlung sehr angezogen und erfreut hat. Es ist wirklich merkwürdig» wie die Kritik sich nach und nach an Goethe herauf- gebildet hat, und zeigt gerade dies das Buch beson- ders deutlich. — 135 ~ Ich lege, indem ich mir fortwährend Ihrer Theil- nähme freudig bewufst bin, ein neues Lustspiel *) von mir meinen Zeilen bd. Möchte ich nur selbst d«i Behagen daran finden, als an den friiheren Yars«- dien. Aber ich sehe immer mehr ein, dais dramar tische Poesie sich nur im Verkehr mit der Bühne lernen läfst, und dafs, entfernt von ihr, nur Skiz- zen und Studien entstehen können. Vielleicht habe ich das Vei^nügen, Ihnen im Winter dort mündliell die Gefühle der Hochachtung und Ergebenheit aus^ spredien zu dürfen, mit welchen ich verharre als' Ihr gehorsamer An denselben. \ Magdeburg, den 9. April 18*26. Sehr werth war mir Ihre Zuschrift, y^ehrtef Herr und Freund, und wenn ich erst jetzt daf^ danke, so hat dies darin seinen Grund, weiV ic^ zugleich Ihnen die ästhetische Abhandlung überri^t chen wollte, welche, vor Kurzem gedruckt, nun di^T sen Zeilen beiliegt. Ihre Kritik über den Cardenip war mir um so wohlthuender, als ich sie grade ß^ der Zeit las, wo mir auch die im Morgenblatte m Gesicht gekommen war. Letztere hatte mich v&t* wundet, so weit Fehlurtheile Andere uns verwoH;: ^) Da« A«§e der Liebe. 7tMi>.ii vollkiri—i'i Bcdtt kdSm: ie& va£i seBisl soll. w«Hi kk äe ^ Daam Übe kk jedock witkt aDem Scfadd, soadom ^i Theatar ll%t dboiCdk eiB« Tkal der Ictziom. b nsdier Udieroller Wedttdwiiimg zvisckoi Bihne und Diclrta' erzMgt ütk aUein das wihih# gnifiie und Mtionafe IlnuwL Ciiaer Timer glöcbt dbcr einer flltenidcii Coqsette, wdeiie zwar ait ilven gesdmniik- Ich Waiifen nacii alleriet Gecbea umwrfcant, sie an iidk za femdü^ dsufegea eine wahre, tiefe Nagong flidit Yenrtdtt und nodi -nti weniger za erwidern W^iSi# Die Robe der Bidkät ist so sols, es ist 00 tmbriiaglicb, sich aas dersdben za edler Tha- tigkeit ertieben za müssen. — Ich kann den nor I^Ui^licb preisen, der nie in Versachang gerieth, •ein Birebcn an das groise Nichts unserer Brett» XU verschwenden. Recht sehr erfreuten mich Ihre geistvollen biographischen Denkmale, welche ich vor einigen Wochen las. Es ist schön, dafs Sie unserm vaterländischen Helden Blücher Ihre Kraft widmen wollen; der Stoff ist so dankbar und die Behand'* hing ergiebt sich so von selbst Blücher ist doch der einzige General der grofsen Zeit, welcher eine ausgesprochene Physiognomie und etwas Persönli- ches zeigte ^ Kürzlich erschien von Heine im Gesellsofaafter eine Harzreise, die mir sehr wohl gefiel« Sie hatte einen süfsen, phantastischen Reiz, der noch gröfsar gewesen wäre, wenn sich Heine vor einigen bur- schikosen Auswüchsen zu hüten gewufst hätte. Id kann es mit Gewifsheit sagen, dafs mich meine bür- gerlichen Verhältnisse in den nächsten Monaten nach Berlin führen werden. Ich hoffe auf Freude von diesem Aufenthalte, und wünsche, dafs mir das Gluck zu Theil werden möge, Sie persönlich kennen zu lernen. Mit aufrichtiger Hochachtung Ihr ergebenster d. t An denselben. Magdeburg, den 8. J^^ovember 1826. Sehr erfreulich, verehrter Herr und Freund, war mir die Einladung zu den neuen kritischen Jahrbfl- ehern, und gern sage ich die Theilnahme am Insti- tute zu» Nach den Namen der GründiraT' und den — 138 — mir gegebenen Andeutui^en zu ürtbffllen, lassen sich ^ Sache die günstigsten Auspicien stell^i, und ich hoffe, dais die neue Zeitschrift einmal wieder die Ehre der Kritik als einer Wissenschaft retten wurd, Ton welchem pmrd {fhofmeur bekanntlich die meisten jetzigen rezensirenden Anstalten ziemlich fern sind. Von den mir vorgeschlagenen Schriften wiirde ich Heine's Reisebilder, Clauren^s Landhausleben und die Novellen von Steffens wählen. Das erste der genannten Bücher steht mir hier zu Gebote, die beiden andern aber werde ich hier wohl nicht be- kommen könn^i. Wird die Redaction sich mit Zu- tendung von Schriften an die Mitarbeiter befassea? Mit grolsem Vergnügen habe ich neulich Ihre Biographien Dörfflingers und des alten Dessauers gdesen, und freue mich sehr auf die Blüchers. Ich finde besonders die Xenophontische Ein&chheit in Suren Denkmalen ansgez^chnet und acht historisch. Von Heine erhielt ich vor Kurzem* einen Brief aus Lüneburg. Seine Verhaltnisse scheinen sich noch immer nicht recht solide bilden zu wollen; er ist fortwährend auf der W^anderschaft und, wie es mir vorkommt, auf keiner fröhlichen. Bewegung und Wechsel möchten seinem Naturelle und Talente viel- leicht sehr zuträglich sein, nur wünschte ich, dafs die Idee der Kunst sich bald ganz rein in ihm aus- prägte, zu welcher Vollendung er gewifs berufen ist. Seine Erzeugnisse gehörig zu würdigen, wird eine der schwersten Aufgaben sein. Wenn Sie mich nadi meinem dichterischen Le- ben befrag», so weifs ich leider davon zur iZeit — 1S9 — wenig zu sagen. Der Druck der äu&em bürgecK* <^ken Verhältnisse ist grade j^t zu stark, als daik > idi an ^e Arb^ dauernd denken könnte. Hof^ fentlich kommt die Zeit vrieder, wo mir die Bmal frei wird. Ich bitte, mich Ihrer würdigen Gemahlin ra empfehlen, und den Mitgliedern Ihrer GeseUschafi, die gut auf mich zu sprechen sind, dinen freundU« chen Gruifl von mir zu sagen. Mit aufrichtiger G^ sinnuiig der Ihrige e. + An denselben. yj Magdeburg, den 24. Januar 1^7. Sie konnten mir» verehrter H^r und Freund, kein angenehmeres Geschenk senden, als die beiden Bande mir waren, die mir durch Ihre Güte wurde»» Wenn ich meinen herzlichen Dank nicht ^eioh nach Empfang ausgesprochen habe, so hat dies darin aeh nen Grund, weil ich zuvor den Blüdier wenigstens durchlesen wollte, ehe ich Ihnen schrieb. Ich habt mich sehr an der Biographie unseres alten Heldi^ erfreut^ und finde, dais Sie in Ihren historischm Arbeiten denjenigen Weg einschlagen, der wir we* nigstens als der dnzige richtige erscheint, nämlidi die Geschichte zu individuaUsiren, zu beleben und das Persönliche, Charakteristische durdi die Dari^el^ long dtfin harvoirlreien zu lassen. Von diaser M* — 140 — •torif eben Ksnst cntfenien sidi leider die iflNDer mdr, de beadkten die Ahen omI die Eng- Bader nidit, die daiin ak Muster h u i oüc Mchten, wnd glauben Gescbicbte zn sehreiben, weim sie nnr mechanische Bewegongen, Namen und Zahlen über- liefiniL — HanptsadJich tragt zn dieser Entartung der Gesducfatschreibnng, wie ich glaube, der Um* itand bei, dais sie mastens in den Handee der Stn- bengdebrtm mht, die die Gestalt des Lebens nie geschaut haben. Wenn sie nun auch hohor hin* aus denken, ab auf den Notizenkram, dessen ich vorhin gedachte, so bringen sie es doch immar niu* zu einem bleichen Schatten des Alterthums in der Darstellung, der dann zu den ^neueren Ereignissen sich wunderlich verhält. Geschichte sollte immer von Kriegern oder Staatsmännern, welche zugleich die Weihe der Kunst empfangen haben, geschrieben i^erden; diese allein kennen die Gestalt der Gegen* wart nach deren eigenthümlicher Form aus prakti- scher Erfahrung. <— Ich habe an Ihrem Werke dies auch recht bestätigt gefunden, es zeigt sich überall, daiSs den Verfasser sein Leben in das Feldlager und in das Kabinet geleitet hat; der dort gewonnene Blick giebt dem Ganzen Auge und Seele. Für das Gelungenste halte ich fast die Darstellung der Zeit- räume, die grofsen Ereignissen vorhergehen, oder iwisohen zwei grofsen Ereignissen liegen; doch finde ich auch mehrere Schlachtgemälde, namentlich das von der Katzbach und von den Tagen im Junius 1816, sehr vorzüglich gearbeitet Die Freimüthig- keit des Werks ist äuiserst schatzbar, der geschieht* - 141 - Uche Takt zeigt sich wieder darin, dals die Pargo* nen, auf welche die Ereignisse gewisse Schatten wer- fen, z. B. der Kronprinz von Schweden und Schwar- zenberg, mit grofser Mäfsigung behandelt word^ sind. Vortrefflich finde ich den Gegensatz zwischen dem den Abend in Brüssel auf den Ball gehendem 'Wellington und dem ein Paar Tage später dieTrupr pen durch den Koth nach dem Schlachtfelde treibenf den Feldmarschall. Die Verschiedenheit der Hinnd^ lungsweise der beiden Feldherreh ist aus deii GtÜBt den ihrer Natur dargestellt, und diese Partie des Werks mit einer, möchte ich sagen, epischen Bruh6 und Klarheit behandelt. Der Styl ist diesmal prägnanter, als in Ihren friihern Schriften. Gegensätze, Adjectiva und Nu^ merus deuten auf das Bestreben hin, durch Bedeu- tung des Sinnes zu wirken. Im Ganzen finde leb auch diese Seite nur zu loben — manches Einzelne hat mich indessen — verzeihen Sie mir meine Frei* müthigkeit — gesucht gedünkt; ich hätte es einfa- cher gewünscht. Ich kann Ihnen die Stellen nicht angeben; der Eindruck des Ganzen war mir zu Heb und werth, als dafs ich durch Anstreichen und Be- merken kleiner Flecken mir ihn trüben mochte. Bei einer spätem Auflage (die das Werk gewifs erlebt) werden Sie, weiin Sie sich von der Richtigkeit mei- ner Bemerkung fiberzeugen können, durch ein Paar Striche oder Weglassungen sehr leicht auch diese Minutien noch verbessern. Jetzt will ich mich an die Dichter machen, und werde mir klauben, auch darüber Ihneiti meine — 142 — Meinvng zu sagen, wenn Sie mdn ürtheil hören wollen. Uebrigens kann ich Ihnen nicht bergen, dais idi beim Anblicke der Handschrift dnen kleinen Schreck bekam; so wie ihn der böse Sdiuldner empfindet, wenn er die Zuge der Glaabiger sieht S|e gehen indessen noch sehr glimpflich mit mar nm, nnd ich werde in mir ein reuiges Herz zu er- W^en suchen, damit die versprochene Rezaision recht bald fertig wird. Sie würde schon vollendet sein können, wenn mich nicht plötzlich kurz vor Weihnachten die Leidenschaft und der fUfer för «• nen dichterischen Gegenstand zu sehr überwältigt bätta Ich konnte mich von dieser Arbeit nicht trennen, bis sie fertig war; das ist sie nun, und jetzt will ich gewifs daran denken, mein Wort mög« lidist bald zu lösen. — Ich empfehle mich Ihnen^ mit den Gesinnungen hochachtungsvoller Ergebenheit An denselben. Magdeburg, den 21. Febraar 1827. Beili^end, verehrtester Freund, übersende ich ihnen die versprochene Kritik von Arnim und Heine. Die Vetänderung meiner Verhältnisse (wovon nach« her) macht es mir ganz unmöglich, in diesem Au- genblick mit Ruhe die Novellen von Steffisns zu beurtheilen. Wollen Sie diese Arbeit einem An- — 143 - dern übertn^n, so mais ich es mir gefallen lassen, soll sie mir bleiben, so werde ich sie liefern, kann jedoch die Handschrift vor Pfingsten nidbt verspre- chen. "Eine Zusammenstellang, wie ich sie bei Ar- nim und Heine versucht habe, wäre mit Steffens doch nicht möglich gewesen. Für ihn sind vdeder andre Gesichtspunkte aufisusuchen. Ich wünsche nun nichts mehr, als dafs meine Arbeit Ihnen und der Gesellschaft gefallen möge; ich habe sie so gut ge- macht, wie es mir möglich war, und bin dem Ge- sichtspunkte treu geblieben, dafs eine wissenschaft- liche Kritik immer zu gewissen allgemeinen Rück- . blicken und Uebersichten hinstreben, diese aber auch wieder durch sorgfältige Beachtung des Einzelnen belegen mufs. Ein Beweis ist freilich auf diesem Felde nicht zu fuhren, man kann aber wenigstens durch Gründlichkeit etwas Beweisähnliches liefern. Freilich mufs man dann etwas ausfuhrlich sein; in der Kürze sind solche Arbeiten nicht wohl zu fas- sen, und so ist denn auch die meinige lang ge- worden. — Veränderungen und Abkün^ungen habe ich dennoch^ bei der Durchsicht nicht vornehmen mögen. Meines Bleibens wird hier nur noch 14 Tage sdn, dann gehe ich nach Düsseldorf, wohin ich v^- setzt worden bin. Wenn Sie also später mir ant- worten, so haben Sie die Güte, dorthin unter mei- ner Adresse als Landgerichtsrath den Brief zu rich- ten. Ich gehe gern an den Rhein, mit dem Idichten lustigen Volke dort wdis ich mich zu behaben, und der tiefern Anregungen sind denn do<^ 6cfit sehr ,1. EaeO Am denselbeiL 2L Jan Nor wodge Wotie woBem die Baanioa Ton Bache begleltai, daBÖl wiit B:,■; Ich hatte das Buch, dessen Besitz ich ieitthJIhf rerGite verdanke, bereits gleich lütdi seinem En^ scheinen mir zu verschafBsii gewuist und^mit dem grö&ten AntheU gelesen; > Nur ^^ mit Trauer^ gab kk das Erborgte, welches auf gewQloiUolien W^en tdaM z« beicoiMneB iwar, wiedcnr aus 4er Hiand|i'ik ies zu 10 — 146 - denen gehört, zu denen man immer zurückziikefaren wünscht Sie können hieraus abnehmen , wie sehr es mich freuen muis, diese merkwürdigen Urkunden eines wunderbaren Daseins aus Ihrer Hand mein Ei- genthnm nennen zu können. Soll ich meine innerste Empfindung, welche die ims mitgetheilten Papiere in mir erweckt haben, aus- sprechen, so möchte ich sagen: der höchste Gehalt, den sie uns schenken, ist die Anschauung einer in- definibdn, Gemüth und Glauben starkenden Persön- lichkeit. Diese Anschauung, welche ich nicht auf Wort und Beschreibung herabsetzen kann, ist mir wenigstens noch theurer, als die Masse der einzel- nen genialen, tiefdringeuden Blicke und Wahrneh- mungen, an denen das Buch so reich ist Eine Natur, mit unendlicher Liebe- und Leidensfähigkeit ausgestattet, schon durch Geburt und ererbten Glau- ben in einen gewissen Zwiespalt geworfen, wird aus allem diesem Trüben und Düstern vom Göttlichen immerfort an starken, unsichtbaren Fäden nach sich giezogen. Je mehr die Jahre, die Jiier, möchte ich sägen, nur verjüngen, vorrücken^ desto entschiede- ner wird Aafl Beine, Wahre, Ewiggute ihr natürli- ches Element, und so löst sie Hddeidiaft die ver- wickeltste Aufgabe. Dafs uns nun ein solches Bild und Beispiel nidit im Pliitarch, nicht unter den gro- &en destalten des Mittelalters, sondern in d^i jüng- sten Tagen, in unserer nächsten Nähe begegnet, das ist das Hochtröstliche, Mutb und Hoffidung Verbra- tende der Erscheinung. '^ Freilich ist der Gram nicht zurückzudrängen, - 147 - dafs ein solches Leben still steht ^ ehe es noch die Grenze, welche die Natur unwiderruflich gesteckt, erreicht hat. Vielleicht aber soll uns damit ein Zei* chen gegeben werden, dafs wir alles Best^i und Höchsten uns nur geistig zu versichern haben, da& alles materielle Trauen und Bauen auf sein physi* sches Substrat von einem Irrthume ausgeht Sehr wichtig und bedeutsam sind mir auch die Beilagen gewesen. Von Angelus Silesius kannte ich einzelne Sprüche, von St. Martin noch gar nichts. Der Eindruck, den diese Denkweise auf mich macht, ist ein besonderer. Ich gestehe, dafs die ascetische Contemplation, worin Beide leben und weben, mir nicht natiirlich ist, da mir Gott nur im Handeln und Dulden erscheinen will. Allein ich kann die Schönheit, die Heiligkeit solcher Sinnesart doch emr pfinden, und so werden mir die Menschen zu Mitt- lern mit dem Obern, Himmlischen. Vielleicht füllen die Lebensläufe gottbegeisteter Menschen eine wesentliche Lücke im Protestantis- mus aus. Wir können uns den Mangel nicht v&> bergen, für den we. Also ist die Rezension der einzig möglichen Standpunktslehre in der A. L. Z. Ihre Arbeit. J)bs hätte ich nicht vermuthet, da ich doch d^ Rezen- »on über Schelling's Ich — augenblicklich ihren Verfasser ansah. Ich hielt Rehberg für den Re- zens^iten der Standpunktslehre, So begründet ich Ihre Erinnerungen gegen die Becksche *) Behandlung der transcendentalen Aesthe- *") Beck schreibt: „la Ihrem letzten Briefe sagen Sie mir Einiges über die übele Laune Kani's, deren Aeufse- rbngen Sie zum öftern reizen, sich Ton ihm zu entfernen. Dafs der Ton der Weisheit in der Rede des wirklich sonst sehr hochachtungswürdigen Mannes durch den Schall seines grofsen Ruhms etwas verstimmt worden sei, mag wahr sein. Bei aller Aufinerksamkeit auf sich selbst kann sich wohl in die Seele des tugendhaften Mannes ein Gift einschlei- chen, das von ihm selbst nicht bemerkt wird, und das sich AndetB in dem Mangel der Umgaiigstugenden , in närri- 8«|iMn \¥'e6en «od in der Neigung j Alle nehen sieh goring- - 153 - tik finde, so wenig, und gerade darum kann idi in den Bei&U einstinunen, den Sie dem Becksoheii Standpunkte im Uebrigen als dem einzig mögliohea geben. Hat Beck den Kantschen Standpunkt in der Aesthetik verfehlt, so bat er ihn auch in der Ana-, lytik verfehlen müssen* Verstand ist nur in Be« Ziehung auf Sinnlichkeit Verstand — und wird gaoK verkannt, wenn man ihn in seinem Unterschiede schätsig zu. beartbeilen, bemerkbar macbt. lob nebme ämB AUes dem sonst ehrwürdigen Greise so sebr nicht öbel^ aucb nebme ich es ihm nicht übel, dafs er mich in seino Erklärung gegen Fichte verflochten hat. Denn was feinen aucb gegen mich gerichteten Unwillen betrifft, so denke ich darüber so: Er mag vielleicht hin und her Einiges in meinem Standpunkt gelesen haben. Nun habe ich aD^* dings mich darin zum öftern über die Dinge an sich etwas zu crafs ausgedrückt. Mein Zweck war, mich dem fadea Geschwätz des Reinhold's zu widersetzen, und ich verlor dabei den Begriff des Intelligibeln zu sehr aus den Augen» In einer so schweren Untersuchung war wohl dieser Feh- ler noch verzeihlieh, und eine freundliche Zurechtweisung von Kant wäre der Sache wohl angemessener gewesea, als es die hirnlosen Bescbuldigunge» Sehulze's waren , ^«n neu Kant Beifall gab. Ich nehme ihm mehr die Schmein cheleien übel, die er manchen jämmerlichen Menschen er-» wiesen hat, worin eine gewisse Unredlichkeit. liegt, deren Folgen es eigentlich sind, die dem alten Madne jetzt wehe thun." „Von Fichte hört man hier nichts. Mein Urtheil über ihn bleibt. Er ist ein Narr, und die Unredlichkeii selbes Betragens leuchtet mir zu stark ein, als dafs ich sie nicht fassen solltet Reinhold hafst mich, und in seiner hohlen Sprache greift er mich bei jeder Gelegenheit an. Ich achte den Narren nicht." - 154 - and Zusammenhang mit der Sinnlichkeit ver- kennt Er setzt die Gegenstände ursprünglich nicht unbedingt — sondern 1. unter der Bedingung der Sinnlichkeit als eines von Ihm wesentlich verschie- denen Vermögens — 2. unter der Bedingung der Empfindung, — die als solche durchaus kein ur- sprüngliches Vorstellen des Verstandes ist und sein kann. In der und durch die Kategorie der Reali- tät ist selbst, wenn sie im Schema als Grad ge- dacht wird, nichts als die Form des Empfindbaren a priori und durchaus nicht die empirische Mate- rie gesetzt Wie glimpflich haben Sie der empö- renden und ekelhaften Exegese erwähnt, durch wel- che Beck in seinem Commentar Kant das Gegentheil von dem, was er gesagt hat, sagen läist Ich begreife, wie Sie sich um Ihren Beifall durch die wirklich bewunderungswürdige Geschicklichkeit dieses Menschen, mit der er seinen Tiefsinn zu ge- brauchen weiis, überraschen lassen konnten. Auch mir hat er eine Zeitlang imponirt, und würde mich, wenn ich den Hauptfehler meiner von ihm arg ge- mifshandelten Elementarphilosophie nicht schon von andern Seiten und aus andern Gründen eingesehen hätte, in nicht geringe Verlegenheit gesetzt haben. Auch mir ist nicht weniger als ihm die Ungereimt- heit aufgefallen, die in dem Versuch liegt , eine Transcendentalphilosophie' aufstellen zu wollen, die lediglich einen empirischen Grund und Boden hat Diese Ungereimtheit würde Kaut eben so wie mir zu Schulden kommen, wenn er die Philosophie als Wissenschaft hätte aufstellen wollen. Seine Kritik - 155 - konnte sich begnügen, den Unterschied und den Zusammenhang zwischen dem Transcendentalea und dem Empirischen zuerst entdeckt und be« schrieben zu haben. Herr Beck will mit aller Gewalt in ihr die Begründung der Philosophie als Wissenschaft gefunden haben, und er dringt ihr nun dasjenige auf, was er für diese Begründung hält, und was er das ursprüngliche Vorstellen nennt, wodurch er nicht nur die Kategorien setzt dadurch, dais sie gesetzt sind, sondern worin er Alles hin- einschiebt, was er in dieser Eigenschaft als gesetzt für nöthig hält, Raum und Zeit und selbst die Empfindung. Um das Transcendentale vom Empi- rischen unabhängig zu machen, postulirt er, dais wir uns unmittelbar ins Transcendentale hineinsetzen sollen, das wir (die wir es schon durch die Kritik kennen gelernt haben, und in das wir uns sonst unmöglich wie durch den Schlag einer Zauberruthe versetzen könnten) denn auch wohl thun können, ohne dadurch etwas anderes als das Formale der objektiven Realität gewonnen zu haben, Beck ver- drängt das Empirische durch das Transcendentale, indem er es durch dasselbe setzen läfst, und das er doch (nur unbemerkt aber) unvermeidlich zu Hülfe nehmen mufs, um sein ursprüngliches Vor- stellen zu realisiren. Und so muls er denn doch, was er sich auch dagegen sträubt, zu etwas aufser dem ursprünglichen Vorstellen, zum leidigen Dinge an sich, gegen welches er so thrasonisch triumphirt, seine Zuflucht nehmen. Meine Elementarphilosophie mufste ihren Zweck, ^ — 156 — di^ Form der Philosophie als Wissenschaft zu be- gründen, verfehlen, weil sie durch die Thatsache des Bewufstseins keinen andern als einen empi- rischen Grund imd Bod^i gewählt hat Wenn sich der Grund des Unterschiedes und des Zusammenhangs zwischen dem Transcendenta- len und Empirischen nicht aus reiner Vernunft ableiten läfst, so ist nie eine Philosophie als Wis- senschaft möglich; so wird man immer zur Realität des Transcendentalen das empirisch als empirisch voraussetzen müssen und der Skeptizismus gewon- nen Spiel haben. Ich bin endlich durch die Einsicht in die Feh- ler meines Systems zum Verstehen des Fichtischen gelangt, und finde in demselben alle Anstalten zu einer Philosophie als Wissenschaft völlig gemacht. Lassen Sie sich nur ein paar Worte sagen, wie ich mir sein Ich und Nicht ich denke. Es giebt eine Thätigkeit, die keine andere voraussetzt und von jeder andern vorausgesetzt wird, die also, in wie fern sie gesetzt ist, durch keine andere als durch sich selbst gesetzt ist Sie heüst in so fern Selbstthätigkeit Wenn es u^end eine Thätigkeit giebt — und dafe es eine gebe, weüs ich aus dem Bewufstsein meines eigenen Denkens — ; so ist auch jene Selbst- thätigkeit gesetzt, die von jeder andern Thätigkeit vorausgesetzt wird. Die Selbstthätigkeit ist gesetzt,, heilst nichts an- deres als: sie setzt sich selbst, und man mufs — 157 — unter Selbstthätigkeit überhaupt und ohne ein an- deres Prädikat nichts andres denken als die sich selbstsetzende Thätigkeit Sie kann Subjekt heifsen, in wie fern sie setzt, Objekt, in wie fern sie gesetzt ist; aber da sie nur gesetzt ist, in wie fem sie setzt , und setzt, in^ wie fern sie gesetzt ist, so ist sie Objekt und Sub- jekt zugleich* Man kann sie in so fem ein Ich heifsen, wdl wir unser Ich unter einem ähnlichen Charakter im Selbstbewufstsein kennen. Aber man muls sich hüten, sie mitunserm Ich zu verwech- seln. Sie kann nur unsar r^sines Ich heifsen, in wie fem sie der Möglichkeit des Selbstbewufstseins und des in demselben vorkommenden empirischen Ichs zum Grunde liegt Stolsen Sie sich nidbt daran, dais ich das Ich des Selbstbewufstseins em* pirisch nenne. Der Grund wird sich von s^bst ergeben. Die Selbstthätigkeit als solche ist noch keine Vernunft, dazu mufs sie aus sich selbst heraus gehen und eine (etwas, das Nichtselbstthätigkeit ist) vernehmende Selbstthätigkdt werden. Sie wird zur theoretischen Vernunft, in wie fem sie in gewissen Operationen von einer Nicht- selbstthätigkeit abhängt, zur praktischen, in wie fem die Nichtselbstthätigkeit von ihr abhängt Der erste ursprüngliche Akt der Vernunft ist die absolute Thesis, das, was Fichte ausdrückt: das ich setzt sich selbst ~ Der zweite (jenen vorausseCzende) die absolute — 158 — « Antithesis, das nnbeduigte Entg.egensetzen, wo- Ton das fonnale Nicht-ich abhängt Der dritte die absolute Synthesis, die das Ich und Nicht -ich dadurch verknüpft, dais sie eines durchs andere einschrankt oder bedingt Wie konnte ich doch nicht langst schon daraof verfallen, dais die Synthesis nnr unter der Voraus- setzung einer Antithesis und Thesis, die audi Hand- lung des Geistes sein muls, Handlungsweise der Spontaneität sein könne! Durch jene ursprüngliche absolute Synthesis ist allein das Ich als ein durchs Nicht-ich bediiig^r tes Ich, und in so fem allein als Subject, und das Nicht-ich als ein durch Ich bedingtes Nicht- ich und in so fern als Objekt denkbar, so wie ihre gegenseitige Beschreibung den C!harakter der Ver- nunft als eines sich auf Objekt und Sjibjekt be- ziehenden Etwas begreiflich macht Das Nicht-ich ist an sich nichts als die Ne- gation des Ichs; formale Entgegensetzung und, wenn man davon abstrahirt, nichts — das leidige Ding an sich. Die Philosophie konnte und kann es nicht entbehren, in wie fern sie z. B, in der Kritik dem Phänomenen im Ich, das vom Ich verschiedene Noumenon zum Grunde l^te, ein blofses Pro- dukt der reinen Vernunft, wozu aber die Vernunft durch ein Leiden im Ich (äuisere Empfindung) be- rechtigt sein mufste. Das Noumenon ist als Pro- dukt der Vernunft kein Ding an sich. Aber so lange man's nur unter dem Namen Noumen kannte, - 169 - äffie es uns noch immer durch Verwechselung mit jenem Undinge. Nicht das Nicht- ich an sich, sondern nur als bedingt durchs Ich ist Objekt, oder viehnehr kann dazu werden. Alles im Ich durch's Nicht -ich Bedingte als solches ist empirisch; Alles im Nicht -ich und im bedingten Ich durchs reine Ich Bedingte ist trans- cendental. Nur ein schwaches Pröbchen, nach welchem ich Sie nur meine Ansicht der Fichtischen Philoso- phie, nicht diese Philosophie selbst zu beurtheilen bitte, der ich nicht gern unrecht thäte, weil ich sie wahr glaube. Schellingen scheint es an Nüchternheit der Spekulation zu fehlen. Indessen ist sein kleines er- stes Schriftchen von zwei Bogen über das Funda- ment der Philosophie trefflich. Ich habe Gefsnern auf sein Verlangen das Pe- stalozzische Manuskript zugesendet. Er wird's selbst verlegen. Baggesen ist im Begriff, seine Frau, die au- fserdem nach dem Urtheile der Aerzte nicht leben kann, auf drei Jahre nach Italien zu bringen. Er wird künftigen Monat über Hamburg zur See da- hin abgehen. O, dem Armen ist nicht zu hel- fen! Die Gemüthskräfte, über die er herrschen soll, sind^ zu gro£s und zu viel; und das äuiscre Schicksal scheint ihn selbst daran zu hindern, mün- dig zu werden. - 160 — Die Nachricht Yom Tode Ihres Kindes ging mir um so näher, da meine drei Jungen und mein Mädchen zu unserer grofsen Freude sehr frisch blü- hen. Schreiben Sie bald und senden Ihre Adresse an Ihren Sie innig liebenden und sehr hoch schäz- a^den Relaltold« ImmaHuel Kant Geb. zu Königsberg in Pr. den 22. April 1724, gest. ebendaselbst den 12. Februar 1804. Von unsterblichen Geistern, wie Kant, ist jede Zdie der Beachtung und Aufbewahrung wetth; daher mö- gen hier zwei Briefe desselben folgen, welche er an den berühmten Verfasser der „Lebensläufe in auf- steigender Linie", Theodor Gottlieb von Hippel, schrieb. Hippel war seit dem Jahre 1780 Bürger- meister, Polizeidirektor und Stadtprasident Brief a. ist wegen des darin enthaltenen Witzes merkwür- dig; der Gefängnifsthurm, dessen unfreiwillige Be^ wohner Kant durch ihre Andacht störten, war sei- nem Garten so nahe, und nur durch einen schma- len Weg getrennt^ dais der grofse Philosoph wohl Grund zur Beschwerde haben konnte. Der im Brief b. erwähnte junge Dr. Jachmann ist derselbe, wel- cher in dem' berühmten *Gelehrteny^ein von Kö- nigsberg so häufig erwähnt wird, und, später zu den taglichen Gesellschaftern von Kant , Hippel , Scheff- ner u. s. w. gehörte* 11 — 162 — An Theodor Gottl. v. Hippel in Königsberg. Königsberg, den 9; Juli 1784. Ew. Wohlgeboren waren so gütig, der Be- schwerde der Anwohner am Schloisgraben, wegen der stentorischen Andacht der Heuchler im Gefäng- nisse, abhelfen zu wollen. Ich denke nicht, dafe sie zu klagen Ursache haben würden, als ob ihr Seelenheil Gefahr liefe, wenn gleich ihre Stimme beim Singen dahin gemäfsigt würde, dafs sie sidi selbst bei zugemachten Fenstern hören könnten (ohne auch selbst alsdann ans allen Kräften 2u schreien). Das Zeugnifs des Schützen, um welches es ihnen wohl eigentlich zu tbun scheint, als ob »ie sehr gottesfurchtige Leute wären, können sie dessenunge- achtet dodi bekommen; denn der wird sie schon hören, und im Grunde werden sie nur zu dem Tone herabgestimmt, mit dem sich die frommen Bürger aus(»r^ guten Stadt in ihren Häusern erweckt ge^ )iiug föhlen. Ein Wort an den Schützen, wenn Sie denselben zu sich rufen zu lassen und ihm Obiges icnr beständigen Regel zu machen bdieben wollea, wird diesem Unwesen auf immer abhdifen, und den- jenigen einer Unannehmlichkeit überheben, dessen Ruhestand Sie mehrmalen zu befördern gütigst be^ mühet gewesen und der jederedt mit der vollkom- menisten Hochachtung ist Ew. Wohlgeboren gehorsamster Diener I. HLant. An denselben. Königsberg, den 29. Sepi))f. 1786. Ew. Wohlgebor^a bezeige meine herzliche Freude an der v^dfienten, Ihrem Namen beigefug- ten Distinction, welche zwar Ihrer wohlgegründeten öffentlichen Ehre keinen Zusatz verschaffen kann, aber dennoch ein Zeichen ist, dafs Sie künftig in Ihrer Absicht, Gutes zu stiften, weniger Hindernils antreffen werden, ein Interesse, welches, wie ich weifs, Ihnen allein am Herzen liegt. Erlauben Sie, dafs ich, Ihrer gütigen Aufmun* terung gemäfs, dazu jetzt von Seiten der Universi- tät eine Gelegenheit in Vorschlag bringe. Herr Jachmann der Aeltere sagt mir, dafe seia Stipen- dium, welches er durch Ew. Wohlgeboren Vor- sorge bisher genossen hat, mit diesem Michael zu Ende gehe. Da er sich jetzt seinem medizinischen Studium mit Eifer widmet und durch den zu seiner Subsistenz nothigen Privatunterricht fast alle Zeit verliert, jenes gehörig zu treiben, so bittet er in- ständigst, Sie wollen die Güte haben, ihn zu einem von den verschiedenen, im Intelligenz werke bekannt gemachten Stipendien zu verhelfen. Erlauben Sie, dafs er sich selbst dieses Anlie- gens wegen persönlich bei Ihnen melden, oder schrift« lieh deshalb einkommen darf, so belieben Sie, mir hierüber einen Wink zu geben. Gut wird diese Wohlthat an diesem rüstigen, wohldenkenden und II* - 164 - fähigen jungen Menschen inuner angewandt sdn, da- für kann ich einstehen. Ich bin jederzeit mit Hochachtang und Herzens- Anhänglichkeit Ew. Wohlgeboren ganz ergebenster Diener Ernst Tbeodor Amadeas Hoffinanir. Geb. zu Königsberg in Pr. den 24. Januar 1776, gest. zu Berlin den 24. Juli 1822. Den Briefen^ welche theils in Hoffinann's Biographie, theils im dritten Bande der von mir herausgegebenen Denkschriften und Briefe mitgetheilt worden, mögen sich hier noch vier Briei|p des unvergefslichen Man- nes an seinen Freund, den Präsident von Hippel, anreihen, welche man gewifs mit grofsem Interesse lesen wird. Brief a. malt Hoffmann's Angst übec. die Möglichkeit seiner Nichterlösung aus Plock, b, und c. seine Sorge, dafs die mit Hippel lange vor- bedachte Reise nach Italien nicht zu Stande kom- men werde, — und sie scheiterte, denn das Unheil^ welches Napoleon über das gesammte Vaterland brachte, traf auch jeden Einzelnen! — Brief d. giebt ein treues Bild von Künstlers Erdenwallen! / — 166 — ••i An den Präsident Ton Hippel Plock, dem 10. DeceaWr 18tl Mein einziger theoerster Freund« Jetzt weifs ich's, dafs Ehi mein Freund im gan- zen Sinne des Wortes bist, und dies ist volle Ent- schädigung für alle Erbärmlichkeiten der trivialen Lebentweifle, welcbe mich schier su Boden drSckt, und der ich mit einem Aufwände von Kräften ent- gegen arbeiten muis, welch», geht es noch länger so fort, nothwendig den ganzen Yorrath in Kurzem au£eehren muls. — Du kannst mir jetzt nidit hd- fen, das ist sehr schlimm — es gehört zu den Stri- chen des bösen Genius, der mich verfolgt, seit ich ans Berlin bin. Ist es indessen mit I>efaietti Aner* Weten, mir das Verlangte in drei Monaten zu schaff fen, Ernst, woran ich nicht einen Augenblick zw«fle, so ziehst Da mich doch mit einem Ruck aus all» Verlegenheit, und setzest mich in die Lage, dals mir nicht noch das Bischen armseliger Lebensge- ttnls, wekhes ich hier dann und wann mit Mühe erhasche, durch Sorgen der bittersten Art vwkränkt wird/ Um einer jugendliche Sottise willen, von der mein Antheil nicht einmal feststeht, muis ich auf al- les, was mir lieb und theuer war, Verzicht thun! — Mein Sinn für die Kunst ist hier so i&rs de Miswiy dafis ich überall damit anstofse und mich verwunde. — Die Malerei habe ich ganz bei Seite geworfen, weil mich die Leidenschaft dafiir, hinge 'ich ihr nur — 167 — im mindesten nach, wie ein griechisches Feuer un- auslöschlich von innen heraus verzehren könnte — ich würde vielleidit zur grofsen Erbauung der UnisAe* hendeu mit einem Male wie jene Prinzessin im Mähr* chen, die mit dem Salamander kämpfte, der ihr ei* nen unsichtbaren Feuerbrand ins Herz warf, in ein Aschenklümpch^i zusammenfallen! — Die Musik mit ihren gewaltigen Explosionen ist mehr ein Theater- Donnerwetter — ein £euerspeiildete Menschengeschlecht; «ie und Kaiser Paul werden herrschen« Beide wer- den auch England mit seinem Pitt verschlingen, wel« eher den Zorn des Himmels durch seine Grundsätze^ den Herrscher des Nordens durch sein Gold auf sich gelogen hat Bei diesen Worten lächeh ujiser Freund, — 179 — denn wie ein tuclitiger Chevalier der franzotisdien Revolution halst er den englischen Staatsmana wie den Teufel. . In Göttingen schlaft der menschliche Geist nod^ früher ein, als dais ihn die Pest im Herbst hinweg* raffen könnte. An Bürger's Stelle trat Karl Ras* hard; Lichtenberg's Kalender wird Girtanner fort« setzen. Mein edler Plank hat in der vorigen Woeh« sein vortr^Eliches Werk ganz vollendet, nun wird aodi er wohl nichts mehr unternehmen. Die Geschichte ist hier jetzt blofs Buchstaben wesen, anstatt daft man bei Spitder's Hiersein sagen konnte, sie sei von einem fremden G^te besessen. H. kann keinett tiefen Griff thun, und er wird vor Anstrengung^ Geschmack zu haben, bald ^mzHch ermatten. Sar» torius ist höchstens ein historischer Taschempieler^ in Allem, was man an Spittlern tadelte, ein zwei- ter Spittler. Wie ein historisches Orakel murmelt Schlözer bisweilen noch eine Sentenz, und merkt nicht, dafs höchstens noch Herder seine Orakd* Sprüche achtet, welcher gern hinter sich die Brück« abwerfen möchte, auf welcher man in das Gebiet der Genialität eingeht Grellmann ist gemeiner als ein Yerzeichnüs vom Aus- und Eingange ungari- scher Ochsen in der Statistik. Man hat die Göt- tingische Akademie zu sehr mit einem Ballaste von Professoren beschwert, aus Furcht, däfis sie sinken möchte; me kann jetzt nicht leicht segeln. Sie werden s^en, mein Freund, dafe ich einmal wieder die schwarte Seite mit Fleüs nach auis^» kehre; d>er was kunn ich d«für, wenn das Ghar#|(teri* 12* — 180 - stische sich nur im negativen Wesen oder in po- sitiven Fehlern findet. Auf diesem Blättchen Ihres Briefes war auch die Erwähnung des westphälischen Almanachs? wird er poetisch oder prosaisch sein? müssen die Ge- dichte auf Westphalen Beziehung haben und einen bestinunten westphälischen Geist? etwa ein poeti- scher Pumpernickel sein, wie Vossens Poesie? Dann wäre der Gedanke des Almanachs vortrefflich. Das eine Blättchen Ihres letzten Briefes, wel- ches zum Theil für Unger war, habe ich ihm ge- sandt, aber bis jetzt weifs ich noch nicht seinen Entschlufs deshalb. Auf diesen Sommer und den nädisten Winter sind seine Pressen, seine Leute zum grö&ten Theil uitd er selbst von der Regie- rung in Acquisition gesetzt. Dafs in diesen Tagen doch ja ein recht schö- ne^ Glück in Ihr Haus komme! Mit welcher Hei- terkeit werde ich dann es betreten, und wie unaus- spredüich wäre meine Freude, wenn ich den gene- senen Wardenburg mit in dasselbe fuhren könnte. Lieben Sie wohl, mein geliebter Freund. UToltmimii« An Varnhagen von Ense. Prag, den 11. Januar 1816. Ich hätte Ihnen freilich für Ihr^ gewichtiges Schreiben vom 22. November noch im vergäi^enen Jahr danken sollen; aber an Fäfsen und Händen — 181 — labm lie^ ich schon wieda* eine geraume Zeit za Bett Auch meine Zunge war ^e Zeit lang so ge- schwollen ^ dafs ich nicht sprechen konnte, und so blieb ich endlich nur in Gedanken und Willen nodi rüstig. In diesen werde ich es bleiben für Wahr- heit und Freiheit, welche indeis ein Historiker an- ders erkennt, als die im Namen des nie lauter ge« sinnten Merkur lärmenden Liente am Rhein. Idl glaube selbst auch anders als Niebnhr, der bei einem muthigen Schwung der Ideen mit seinem weit ausgeholten und bd furchtbarem Pfdfen oft niaeiil* losen Bedestreichoi den deutschen Barbaren ^eichi, die nach einem langen Schlag mit ihren weitge- streckten und flachen Sdiwertem sie wieder gerade streichen mulsten, und inzwisdien dem Gegner man- che verderbliche Blöfie gaben. Wie sdir ist die* ses bei ihm der Fall gegen den hsi lachtfiertigeii Schmalz. Wie wenig Conseqnenz der BegnSe in der fernher tonenden Einleitung, und wie miklog Alles verspielt durch das Zugesteht! einer politi- schen Sekte, die das sein oda* jeden Ai^enblidt wer- den muis, was er leugnet ZBm Theil hat Sdimalz in der zweiten Schrift die gegebenen Bldfsen be- nutzt. Ich hatte ihn und Niebofar in einer atufibr« liehen Rezension für die Jenaer littentar'Zeüiiog zusammengestellt Sie ist leider zn sfit gekommen, da sich sdion ein anderer Rezensent mit der Sadbe befaikt hatte. Wahrscheinlich hatten die Preoisen midi für nnpartheüsch gdialten, wenn ich die ih- nen gebührende Freiheit wider Schmalz nnd leinei^ Gleichen in Schatz nahm. — 182 — Von Ihnen ist wahrscheinlich der Bericht über die Hofihung Preufsens auf die neue Verfassung, welche ich in diesen Tagen im Nürnberger Cor- respondenten u. s. w. fand. Er ist treffend, alle Parthei^ berücksichtigend und schonend. Ich freue inich zu glauben, was ich nicht geglaubt habe, dais der Wille des Königs für die Verfassung eines freien Volkes sei, weil er die Erkenntnifs von ihrer Noth«» w^idigkeit besitzt. DaDs alle Partheiung in der Nähe Hardenberges aufhöre, ist wahr, wenn dies so viel heifsen soll, dafs er keiner Parthei angehöre. Soll €iB aber so viel heifsen, dafs er Meister jener Blitze des Verstandes und des Willens sei, wodurch alle Piarthei zurückgescheucht wird, so werde ich stre- ben, mich auch dieser Hoffnung zu überlassen, an die ich bisher nicht geglaubt habe. Ich gestehe, dafr ohne den Glauben an diese Hoffiiung ich nicht viel auf Verwirklichung der Idee von Freiheit baue, ohne welche die preufsische Macht leicht wie Ne* bei zerstieben könnte, indem sie sich als eine echt deutsche befestigen ti4I1. Wer schreibt die*Bremer Zeitung? Ihre Wür- digung des österreichischen Beobacht^s über die Pariser Verhandlungen ist in jeder Hinsicht vor- trefflich. Kemhaft und edel ist, was wahrschein- lich Sie in der Allgemeinen Zeitung wider densel- ben gesagt haben. Sein Benehmen und Sinnen stel- len die Mä&igung und billige Klu^eit Oesteireichs so sehr in Schatten, als die frechen und himge- q^innstischen Uebertreibungm des rhanischen Mer- — lai — kur die Kraft und Liebe PreuiMis ftr und Freiheit Deotschlands. Wie sehr «"freut mich die Aossiehi in Briefe 9 da&' der junge Napoleon unter Obhut der Stifter jenor Freiheit werden könne, mA welcher das unglückliche Frankroch so lange ?er- gebens gerungen, und weiche die soganmilcs fmm mm gern fiir ewig dem Sdicüerhaofiai opfim ten* Man sagte mir Ton Verbiodnagai französisdien und deutschen DemokralieD, die rm* züglich Gmn^ geleitet hatte. Uabea dirn r l bf mtk jene T^idenz für den kleinen Kapcdeon, dann Hdl ihnen* So könnten O e ateiiei A und die Demokraten ja znsammenstdien. In der Cbankteristik Gneisenan's habe ich derum etwas vom fialinstiiis entdeckt, woriber Sim üdk nicht besehwnen sollen. Ich gbnbe, nodk nichts so Gutes über Sie gesagt im haben, als wie idi Ihr Talent mit seiner Gesdbicttschiribmig wv» glich. Knüpfen Sie ja durch ahnliche Cbacaktarisl^ ken meine Einsamkat an den diplomttisrbf wad politischen Verkehr. Vielleicht ist der pmze fi«^ destag in Frankfivt zu nidtfs anderem «ertii berufen, als dafs Sie ihn portraitifen. Oder Sie einen Geist in deamelben, der fir DsntsfiilinJs Fmheit warm nnd ein% werden käomUf Der Staatskanzier sollte Sie dodli nicht iforn sidi. lassen; in der Krisb, die dem innefn Pre»- ümui beforsteht, ist Ihr Stand bei Uul V/m Sie dort wärkw können, ist überwi^end gi^en den Ge* — 184 — winn von Bearbeitung der öffentlichen Meinung in Deutschland, welche Sie in Carlsruhe freilich fort- setzen können. Auch gehören Sie und Ihre Gemah- Hn eigenthümlich in den regen geistigen Verkehr der Berliner. Sollten aufserdem trotz der. gebildeten Män- ner, die mit den Heeren zurückgekehrt sind, der zur Bildung einer neuen Verfassung, oder, vielmehr der eisten, die Preuisen haben wird, tüchtigen Kräfte so vMe sein, daüs man sie nicht mit der gröfsten Sorg- samkeit in Berlin versammeln müfste? Hoffentlich weüs ich Sie bald dort, sobald der wichtige Mo- ibent wirklich gekommen ist, und darf Ihnen meine Ideen über eine freie Verfassung, wie Preulsen sie für sich und Deutschland brauchen kann, obgleich ein Nichtpreufse, mittheilen. Das Leben in Oester- reich und das anhaltende Studium der Geschichte, dieses wunderbaren politischen Baues, Idirt mich durch den Kontrast viel für Preufsen« Vielleicht gebe ich schon Einiges von dem, was ich gelernt habe, in politische Blicke und Berichte, die ich bald herauszugeben gedenke, ungedruckte Abhand- lungen^ zum Theil auch bisher ungedruckte Ideen. Ein wahres Wort von Niebuhr, dafs unsere Zeit zur politischen Bildung unfruchtbar sei* Fleifsig bin ich Krüppel übrigens nicht sehr. Der sechste Theil meines Tacitus wird in diesem Winter erscheinen. Politische Rezensionen von mir finden Sie in den Jenaischen Blättern. Nicht zum Druck ge- dgnete Memoiren arbeite ich über verschiedene Ge- genstände, so wie sie von Oberbehörden in Wien verlangt werden. — 1« — Das letzte N zösischor Kais» war, iomI rechts aufgenommen werden. 4. Jene öffentlichen Denkmäler, welche seit der Revolution erfoehtene Siege französischer Heere auf eine für die jetzt siegreichen Völker und deren Herr* scher demüthigende Weise darstellen, sollen vemich- tet; Benennungen an sich nützlicher Anlagen, die der Uebemuth von unglücklich^i Kämpfen gegeu Frank- roieli entlehnte^ sollen vertragsmäfsig umgeändert und damit wtmggleiig aus dem Gebraodie des öffentlicliea Lebens und des Gesdiaftsstyls veitnunit werden. Job. Crotthard Ton Reinhold. Geb. zu Amsterdam 1771, ^est. zn Hamburg den 6. August 1838. J« H. V. Wessenberg lieft als Manuskript einen Ne- krolog seines innigen Freundes Reinhold drucken, Tcm dem auch Auszüge in die Allgemeine Augsbur- ger Zeitung (Beilage No.50. 19. Februar 1839) er- schienen, die den Werth und das Verdienst des aus- '^zeichneten Mannes in ein helles Lacht stellen. — Beinhold war fiir den Handelsstand bestimmt, yer- ^lieis denselben, ward JMilitair, dann Geschäftsträger bei den Hansestädten, 1809 Gesandter in Berlin, wo* selbst.er neun Monate blieb, lebte dann bis 1814 zuriickgezogen in Paris, ward Gesandter beim päpst- lichen Stuhl und bei dem. Grofsherzog Ton Toscana. Im Jahr 1824 leitete er die auswtUitigen Angelegen- heiten, Jcdirte in demselben Jahre nadi Rom ab Ge- sandter zurück, 1825 ward er von seiner Stellung in Rom entbunden und fungirte nur in Florenz. 1827 ward Reinhold nach Bern versetzt, 1832 erhielt er den Gesandtschaftsposten in Kopenhagen, bat jedoch um seinen Abschied und begab sich nach Hamburg, woselbst er starb. y - 195 — Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten beriohtete an Napoleon. über Reinhold Folgendes: 9sB icrU parfaüwieni h frangcM. Ses depeches so0 le9 plus remärqualdes de la earrespondence, ei eUei egalmi ob earreeüam ei eu agriment ceUes de nos phu habües agmu. Sa correspondence powirdt smvir de modek, aoue le re^ppori de la elairti^ de la mMode et de la pridsion.'*^ Und Kardinal Consaivi sagte von ihm: „i2 mndsiro d6 Pae&bassi e U pm oorieee ed ü pm caipaße di tuüo ü Corpo DiplomaHcoJ*'' Die nachfolgenden Brirfe dieses seltenen Gei* stes gewähren uns ein schönes Bild von dem Manne, bei dem „im diplomatischen Verkehr Offenheit und Redlichkeit stets im Verein mit klarer Besonnenheit und kluger Umsicht wahrzunehmen war/' -^ a. f An Varnhagen von Ense. Rom, den 1. Juli 1817*.^ Vor zelm^ zwölf Tagen »hielt ich mit dem Stempel von Mailand Ihren Brief vom 1. Mai» tnein hochgescbätxter Freund t und weifs dem Herrn vpn Eckardtstein Dank/da£i er noch nidit langer dacanf ' warten lassest. Sehr wfreulieb war mir dieses Im^ cbw Ihres jfreundsohaftlidien Andoikens; zuglmeh als Ueberzengung von dem .meinigen, auf welches Sie nicht vergebens gerechnet hab^i. Oeffentliche 9QWobl als PrivaAnachrichten haben mir verstattet, dftn Lauf Ihmi Schioksals in .diesen letzten Zeitm 13* . _ 196 — tu folgen, und weder Ihre Reisen, noch Ihre Staats- geschäfte, noch Ihre jetzige Anstellung sind mir un- qekannt geblieben, so wenig als Ihre Yerheirathung. Nur von den Yerhaftnahmen, die Sie mit anfuhren, WQÜs ich nichts. Auch Ihrer litterarischen Thätig- keit war ich in so fern nicht fremd, dais ich we- nigstens die Anzeige Ihrer Schriften gesdbien, woran mir wider Willen genügen mufste. Ich sehe der Erfüllung der Hoffnung entgegen, die Sie mir eröff- nen, daCs Herr v. Eckardtstein mir wenigstens Ihre Kriegszüge mitbringen wird, deren allein Sie erwäh- nen, ohne der Erzählungen zu gedenken, noch der Geschichte des Wiener Congresses. Letztere jedoch ist vielleicht noch nicht erschienen; auch wunderte ich mich bei der Ankündigung, dafs der Augenblick der Reife für ein solches Werk schon gekommen wäre. Vton den anonymen Schriften, deren Sie ge- denken, ist mir schwerlich etwas zu Gesicht gekom- men, es müiste denn in der Allgemeinen Zeitung ge- wesen sein; denn der litterarische Verkehr zwischen Rom und Deutschland erstreckt sich nicht viel wei- ter als auf diese, wenn nicht etwa hie 'und da ein Reisender irgend eine Novität mitbringt. Die ein-^ zige Sammlung, die ich erhalten habe, bestand mei- stens^ aus Kinderbücheni, und ich hätte kaum ge- wuDst, was ich zugleich .mitbestellen sollte. Von so weit her hat man gern etwas Gewichtigeres, als was Uofs zur Befriedigung d^ Neugier dielen kann, und so lebendig die Theilnahme sei, so mangelt doch die besümdige Anregung. Sie haben sich, scheint es, ganz in das Gebiet der Geschichte und Politik - 197 -/ g[eworfen; eia Feld, das zum Anbau der Talente nie zu viel haben kann. Nicht den unwichtigsten Theil haben Sie gewählt, wenn Ihr Zweck vorzüg- lich das Wirken auf die Gegenwart ist; ich wün- sche Ihren Bemühungen Gedeihn, und ein desto grofseres, je mehr sie von Besonnenheit und Mäfsi- gung geleitet werden. Sie gehören zunächst einem Staat an, wo allen denen, die auf seine Schicksale Einflufs zu üben berufen sind, jene Eigenschaften in hohem Grade Noth thun. Mit Vergnüget sehe ich Sie vom Staatskanzler ausgezeichnet, und warum sollten Sie nicht mit dem Ihnen angewiesenen Wir- kungskreise zufrieden sein? An Neidern wird es Ihnen ohnehin nicht fehlen; vollends da man Sie immer für einen hinzugekommenen Preuisen halten wird, obgleich Sie der Geburt nach 'ein wirkliehor geworden sind. Die Assimilation der Neupreufsen wird noch lange die schwierigste Angabe für. die Regierung bleiben, die doch beständig ihr Bestoe- ben darauf richten müls, wenn der Staat kräftig 'Wer- den soll Jedoch ich verirre mich in ein frem* des Gebiet, und eile es zu verlassen. Von Ihrer Gattin habe ich früher viel Schönes gehört; das Schönste sagen Sie mir, nämlich, dafis Sie ihr ihr häusliches Glück verdanket. Diesem, wie allem Guten, was Ihnen der Hinmiel gewährte, ver- leihe er Dauer und Zuwachs demjenigen, was des- sen fähig ist! Audi Ihrer Frau Schwester Verbindung war mir bekannt Sie können leicht denken, da& ich, und die Meinigen die Bande mit unsem lid>en Hambur- — 198 - gern mcht abgebrochen haben, and dals coeie uns ▼on AUem Bericht erstatten mussra, was sidi dort EQtragt In meines Hauses Innern sieht es noch ans, wie Sie es in Paris gesehen haben; die Per* sonenzahl hat sich nicht vei^öisert^ nur sind ein Paar von uns seitdem gewachsen; indeis die An« dem sich begniigen, nicht abgenommen zu haben. Jene werden durch die in Ehren gehaltene Brief* tasdie nnd die derlich^ Kunstwerke noch immer an Herrn v. Ense erinnert So ganz lateinisch, wie Sie Toraussetzen, sind sie nicht geworden; dazu wird bei uns zn viel deutsch gequroch^ und unser Verkehr ist weit mehr mit Fremden als Eängebor- Durchrasende Deutsche sprechen meist bei Tor und finden eine wohlwollende Aufioahme; attck an deirtschen Diplomaten £dilt es nicht, mit A mmtk allen wir auf so freundschaftlicbem FuCse ste- Imb. als ihnen sdbst genehm ist Herr Niebuhr lebt auch hier viel für sich; bis jetzt scheint ihm Rmi nkkt wie das sdnige einzulenchten^^ und die ixMaisck^ GetscUchte mochte ihm zweihund^ Md- lon T\Hi Korn klarer Torkommen. Vielleicht auch, w«Mi «r sich in Berlin zuweilen nadi Born sehnte, maip «r sich jetzt manchmal nadi Berlin sehnen. In %k>r Rennmifs des nenem Bona thut es ihm Herr liaHhold>\ der so lai^ hier war, natürlich zuvor; h^t^»1nr hat uns jetzt auf einige Zeit verlassen, um ülH>r law>nio nach Ober-Italien zu reisen. Noch ist er als GeneRÜ-Consul nirgends öffisntlich aufge- titMvtt. Kineti Theil von den Neuigkeiten, die er Auftreibt^ kennen Sie in der Allgemeinen Zdtung - 199 - unter der Rubrik Rom, Neapel, Mailand u. s. w. le- sen. An Herrn von Ramdohr, der früher hier die preufsischen Geschäfte v^sah, hatte ich einen sehr freundschaftlichen Cöllegen, obgleich er kein so gro- ßer Gelehrter als Herr Niebuhr, noch ein so gro« fser Politiker ist als Herr Bartholdy. Er ist seit Kurzem, wie Sie vielleicht wissen, förmlich in Nea- pel aecreditirt, wo er seit Monaten in aufserptdent« liehen Aufträgen war. Wäre Italien nicht besetzt, so würde ich Ihnen sagen: lassen Sie sich Ueher schicken. Rom gewährte Ihnen vielleicht Einiges, was Carlsruhe Ihnen nicht , darbietet. Aber Qoavvfj^ deren Sie no'ch in Ihrem letzten Briefe gedenken, mehr als irgendwo unerläisliohste Eigenschaft ist In dem Augenblick, da ich dieses schreibe^ werde ich durch ein Geschäft unterbrochen, wA- ches den besten Beleg zu der eben gemaditen Be^ merkung mithält, und das mich nebenher Terhin* dert, mich so ruhig und gemüthlicb mit Ihnen zu unterhalten, als ich gewollt hatte; ich müfste denn diesen Brief'acht Tage liegen lassen, weil die Post nur ein Mal die Woche abgeht, -*-- was ich auch nicht wilL Also, mdn Freund, ndimen Sie mit dem Wenigen vorlieb, was meine Feder im Fluge giebt ' Zuerst meinen Dank für Ihre Geschichte des Tettenbomschen Feldzuges, die ich schon seit eini* ger 2^it besitze und die ich mit vielem Interesae gelesen habe, besonders den Theil, welche die Ef'- eignisse auf französischem Boden erzählt, und der mir lebhaft die strategischen Operationen ins Ge^ dächtnifs zuräckrief, die ich, manchmal mit beklonv> mener Brust, zur nämliche Zeit in meinen vier Wän^ den zu Paris machte. Ihre Schrift wird ein wichtiger Beitrag ziu: Kriegsgeschichte jenes Zeitraumes blei* ben, mid ist in dieser Hinsicht etwas mehr als das Motto besagt (Hiebei fäUt mir — salm eampamh Hone, wurde ein Pedant sagen — meine kleine Ma» rie ein, welche, ohne, jenen Spruch und den Tfau* cydides zu kennen, neulich zu ihrer Mutter sagte^ die sie, einige Worte singen hörend, fragte, was sie - 208 - da sänge: Mama, es ist ein Augenblickslied.) Aber die Wahl ehrt Ihre Bescheidenheit und verspricht ein XTijfA,cc auf alle Zeit; denn auch eben so gut hatten Sie die Devise wählen können: — ei quorum pars magna fm. Herr von Tettenborn ist Urnen in. jedem Fall vielen Dank schuldig, dais Ihre Freund- schaft so glücklich sich bemüht, sein Bildnils schon für die Mitwelt aufzustellen; das Denkmal, welches Sie ihm in den Zeitgenossen setzten, ist auch bis zu mir gedrungen und begründet jenes Urtheil mit Für die darin fehlenden Züge, welche Sie in die Biographie des Lebenden nicht verweben konnten, wird der Plutarch sorgen, der ihn überlebt Herr von Eckardtstein, der Ueberbringer Ihrer angenehmen Gaben, befindet sich seit ein paar Mo- naten in Rom, wo er von seinem frühem Aufenthalte her sehr bekannt ist, und wo es für seinen Gesel- ligkeitstrieb durch die groise Menge der anwesen- den Fremden reichliche Nahrung giebt Hiebei fällt mir ein, Ihnen zu sagen, dals der Maler Navez aus Brüssel die Briefe Ihrer Frau Gemahlin an die Frau V. Humboldt und Herrn Bartholdy vor Kurzem glück- lich durch mich eingehändigt hat Wiewohl die Engländer überwiegen, so hat es an Deutschen hier auch keinen Mangel. Heute hat Herr Cotta v. Cottendorf sich mit einem Gefolge bei mir gemeldet Die Hofräthin Herz nebst Fräulein Klein besitzen wir seit einiger Zeit Die Deutschen halten sich genau zu uns; könnten wir nur, wie die Franzosen sagen, nicht se meUre en quaire, sondern en äix oder en cent, um allen diesen ehrenwerthen - 209 - Fremden zu genügen, und den Ervvartungen, die «ie hegen, zu entsprechen! \ Nach dem, was Sie in Ihrem letzten Briefe sa* gen, scheine ich in dem meinigen über die ewige Stadt mich ein wenig lau ausgedrückt zu haben, und Sie wa- ren nahe dabei mir es ein bischen zu verdenken. Wenn Sie erwägen, dafs ich bereits drei volle Jahre der glückliche Besitzer von Roms Schönheiten bin, so werden Sie vielleicht meinen gedämpften Enthusias- mus entschuldigen. Aber Sie würden mir Unrecht thun, wenn Sie glaubten, dafs ich darum für die Wunder der Kunst und die begeisternden Anregun- gen dieses Bodens gleichgültig geworden bin. Zwar wende ich nicht, wie Winkelmänn von sich sagte, jeden Tag eine halbe Stunde dazu an, über das Glück nachzudenken, das ich habe in Rom zu le- ben; aber ich weifs deswegen, was Rom mir ge- währt, doch nach Gebühr zu schätzen, und ich wüfste nicht anzugeben, mit welchem andern Auf- enthalt ich es tauschen möchte. Und war' ich vol- lends wie Winkelmann nur hier, um für Kunst und Alter thum zu leben, wer weifs, wie ich alsdann ge- stimmt sein würde! Lassen Sie sich also durch meine scheinbare Lauheit nicht herabstimmen, und kommen Sie immerhin mit gespannter Erwartung: meine Gleichgültigkeit soll Ihnen nichts verleideii. Ohnehin würden Sie, glaube ich, Herrn Niebuhr ei- nen Dienst erzeigen, ihn abzulösen; denn diescar gute Mann erkennt sich in dies§|^ He^nath Cicero's gar nicht wieder. ;, Sehr ungern habe ich in diesen Tagen den 14 ' T. im Uisr wsinr, wir haea. ncnr JuoL -wridtssi -^wr jnn so. 9. a» ^aiB ^ ^sraaann^ m V— ^ ka iBf m ^ Ion. xnusa, *G»ygn'n. se tes S dk w ib e « . vki koaunt also m Dve Nahe. v«s jede erfeidktieni «ireL Tob fltr votde idi hören, was 8ie bereiti für Rntrige erlialtai Üb«, vad dmos idien, ob das Wenige, was i^ geben kau, dar* itnt^ iit oder nicht. Ich freoe mich Ihrer Bereit* irjllfgkeit, der Wittwe Ihren Ao&atz niitzntheflen; nur meine Entfemong hindert midi, Ihr Anerbieten toch für mich anzunehmen. Aber die beste Freon- din erdetet hierin den besten Frennd hinlänglich, tumal begabt mit Einsicht, wie jene ist — 211 — Mit Vergnügen vernehme ich die guten Nach- richten von Ihrer Frau Schwester, der ich mich ge- legentlich zu empfehlen bitte. Meine Frauken empfehlen sich Ihnen. Bei mei- nem Kleinen erhält das niedliche Taschenbuch des Herrn v. Ense ihn stets in frischem Andenken. Mit aufricht^ster Achtung und Freundschaft Reinliold« c. + An denselben. Rom, den 13. Juni 1818. Ich habe Ihnen, hochgeschätzter Freund, einen angenehmen Brief und eine interessante Sendung zu danken. Letztere wurde mir vor ungefähr acht Ta- gen; unser Freund Wessenberg hatte sie mir ange- kündigt, und sie hat meiner Erwartung entsprochen. Der Ihrigen gemäfs, mache ich davon keinen Ge- brauch als den besten. Auf die weitere Entwicke- lung sind die Gleichgesinnten mit mir begierig. Hier sieht man dem Unternehmen mit Argwohn und Ab- scheu entgegen; übrigens mit dem Entschluis, nicht zu weichen, verstärkt durch die Hoffnung, das Ver- bundene zu trennen. Gutes erwarte ich nur von einem ausgedehnteren Verband, zu welchem endlich die Noth wendigkeit treiben wird*). Mit Vergnügen höre ich von Ihrer mehr als *y Beziebt sich auf die damals in Frankfurl a. Bf. be- gonnenen Verbandlnngen deutscber Fürsten und freier Städte über die Angelegenheiten der deutschen katholischen Kirche. 14* - 212 - ostensiblen Wirksamkeit, und hoffe, dafs die Früchte Sie und das Ganze über die verspätete Biographie von Mirabeau trösten werden, in welchem Sie wahr- scheinlich mehr den Wendepunkt der Zeit, als einen Lieblingshelden aufetellen wollten. Nicht weniger freue ich mich Ihrer Ausflüge in die henachbarten Gegenden und der vielfältigen Anregungen, die Ihnen dort werden. Die königlichen Personen, die Sie mir anführen, habe ich nicht das Glück zu kennen; aber jene beiden Frauen haben auch königliche Würde von der Natur erhalten, die Eine * ) an Schönheit, die An- dere **) an Geist. Ich könnte wünschen, dafs Sie etwas mehr in Betreff der „unangenehmen Lebens- wendung" der ersteren berichtet hätten. Es ist lei- der die zweite dieser Art; der früheren stand ich sehr nahe; ein billiger Grund zur Thcilnahme an der späteren. Ich höre, dafs der Gemahl vom Man- zanares wiedererstattet bekommen, was ihm der Main entzogen; gern wüfst' ich, welcher .Gott der Frau ei- W\\ Ersatz aufbewahrte. Was jene andere betrifft, 90 ist es allerdings schmeichelhaft, zwischen ihr und Ihnen der dritte zu sein; aber meine Forderung, dafs $ie mich gleich erkennen sollte, war so ungeheuer jpicht, da sie meinen vollkommen ähnlichen Schat- tenrifs besafs. Ein Lehrer meiner Jugend, auch in Stuttgart, der mich seit meinem zwölften Jahre nicht gesehen hatte und meine Nähe gar nicht ahnete, erkannte mich nach dreifsig Jahren, so wie ich in sda Zimmer trat. Was mich verdriefet, ist, dafe ') Frau V. Scbol«. ♦*) Frau v. Huber. — 213 — jene geistreiche Frau an die Galeere der Redaction des Morgenblattes geschmiedet' ist, und doeh noch zmr Ergänzung des Fehlenden Geschichten für Tw- schenbüchcr schreiben mufs. Sie sollten die Köni- gin oder den König von Würtemberg auf sie und ihr Verdienst aufmerksam machen, dafs sie sie ent- weder zur Oberhofmeisterin des enfam de Würtem- berg oder an die Spitze irgend eines Instituts stell- ten. Haben Sie jetzt erst ihre Bekanntschaft ge- macht? Sie wissen vielleicht von ihr, dafs die mei- nige sich auf zwei Stunden unsejrs ganzen Lebern^ beschränkt, dafs unsere frühere briefliche Verbin- dung ein NachMs ihres Mannes war, und dafs mit diesem mich innige Sympathie verbunden, obwohl wir einander auf dieser Welt nie gesehen haben. Der Gedanke an die andere Welt kann mich Bxi kein anderes Bild zunächst führen, ak auf Georg Kerner. Indem ich dieses schreibe, erwarte ich stünd- lich die Nachricht, ob seine Wittwe wirklieh nach Schwaben aufgebrochen ist. Sic werden das Nähere hierüber von Justinus erfahren können. Ich wiedeN hole, dafs ich gern die Aufstellung emes EhrendeniD- mals für den Verstorbenen in Ihre Hände lege, d« ich die Arbeit nicht übernehmen kann. Weira Al- len, welche die fraiizösische Revolution leiteleft, MJ^ rabeau's Verstand zu wünschen gewesen wär^ o hät- ten Alle, weiche sie mit fortbewegten, Georg Ker« ner's Herz gehabt! IMe nordischen Miscellen sind also nicht ganz zur Miakulatur geworden und nicht auf das Exem- v pleir besdiränkt, dafs sich xlavon zwischen^ ttdimEi — 214 — Büchern in Hamburg befindet? Nicht ungern sah' ich einige meiner Blüthen darin wieder, und wie sich die verhüllten Liebeserklärungen darin ausneh- men. Aber davon steht geschrieben: Der Lenz entflieht ; die Blume schiefst in Samen, Und keine bleibt Ton allen, welche kamen! Frau v. Schlegel habe ich noch nicht kennen lernen. Sie ist einige Tage nach ihrer Ankunft mit einer Frauen -Colonie aufs Land gezogen, nach Gen- zano, Zwanzig Millien von Rom. Sie ist dort von lauter Freundinnen umgeben: Frau Herz und die Fraulein Klein, Härtl und Seitzer. Die Vorletzte kennen Sie wohl von Wien her. Wie schön mufs sie in ihrem zwanzigsten Jahre gewesen sein, da sie in ihrem zweiunddreifsigsten des Malers Overbeck Ideal als Madonna geworden, die er, um si6 immer ne- ben der Staffelei zu haben, im Begriff ist zu ehe- lichen ! Frau V. Humboldt denkt nachgerade an ihren Abzug von Rom, wo sie, glaub' ich, lieber bliebe, als nach London zu gehen. Ihre erste Station wird das Bad von Noccra im Kirchenstaat sein. Sie nimmt einige schöne Kunstwerke mit. Seit acht Tagen haben wir den Grafen v. Schia- den hier sammt seinem zahlreichen Gefolge. Er wird auf dem Schiffe, das ihn von Livorno nach Civita vecchia gebracht hat, über Neapel seinem Ziel, dem Bosporus, zusteuern. Frau V. Nicbuhr schickt sich an, im nächsten Monat ihrem Manne das zweite Kind zu schenken* Letzterer lebt beständig -in Erwartung von Ijistructio- — 215 - nen, die nicht ankommen. Hofrath Bartholdy schreibt häufig an den Staatskanzler und an Herrn v. Jordan. Die Römer bedauern, dafs seine Bekehrung nicht voll- ständig seL So wie sie ist, meinen sie: non ha fatto aUro che cangiar stanzä nel palazzo del Diavolo. Von Zeit zu Zeit geht noch ein Kunstjüngerlein hier zum katholischen Glauben über. Dazu sollte die Lust ei- gentlich in Rom vergehen. ^ Von Lulu Jordis hatten wir kürzlich Briefe durch den sächsischen Major v. Schreibershofcn. Sie ist recht krank gewesen, und war noch schwach. Wir haben sie aufgefordert, die Wiziterluft Roms zu ver- suchen, und würden uns sehr freuen, wenn sie den Vorschlag annähme. Nichts erneut die hiesigen Merk- würdigkeiten Einem selbst mehr, als sie einem Freunde zum ersten Male zu zeigen. Doch auch ohne das werden sie Einem nicht alt. Wir wohnen nur ei- nige hundert Schritte vom Capitol, und haben den Marc Aurel immer vor Augen; dennoch betrete ich nie die Stelle, an der er steht, ohne ein eigenes Gefühl, und eben so das dahinter liegende Forum, und wie manchen andern Ort innerhalb und aufser den Mauern Roms. Die gröfste Anziehung behal- ten für mich stets die Spuren des Alterthums; selbst die Meisterwerke der Kunst üben keine so starke. 9 Vor Kurzem waren wir in Ostia. Kein Fleck des Erdbodens vielleicht vermag, ein lebendigeres Bild der Vergänglichkeit zu erregen; nirgends ist das Ge-: fühl der Schwermuth mehr zu Hause als da, wo alte und neue Trümmer neben einander liegen, und auf den Gräbern der Todten aus so vielen Jahrhunder- — ö« — Weldk cHfer 0>atni€ Uer ibcnil GdUnr zu erl/jtclMQ. «cd dock darf Aes Allef za Ycraiiijcn wisen; ich aber Ule Die Einlage bitte ich «nserm Fremde zansld- len* Ihre Sendmi; bereditist mich zur E m ai tau g ▼on andereiL In EmiangeliiBg Reisender schickes Sie mir mit der Post, was sich dazu eignet; aof et- was Porto kommt es gar nicht an. Meine Umgebongcm schicken Ihnen die frennd- Uehsten (iruise. Mit onreranderlich^ Gesinnong der Ihr^ An denselben. Rom, dea l.x'SoYemhet 1818. Seit dem Empfang Ihres letzten liebon Briefes Tom 1 1. Augast) habe ich Ihnen, mein hochgeschätz- ter Freund, nichts zu sagen gewufst, das die weite Reise wcrth gewesen wäre. Dazu kam, dafs ich bei Annäherung des Aachener Congresses immer mit dem Gedanken behaftet war, Sie würden auch da- hin berufen sein; ich meinte tagtäglich, Ihren Na- men unter den vielen andern zu lesen, die sich auf dem Wege nach jener gelobten Stadt befanden, oder - 217 — sie erreicht hatten. Diese Erwartung ist nun firei- lich getäuscht worden, und ich nehme daher an, dafk Sie nicht von Ihrem Posten gewichen sind, wo die* ser Brief Sie denn hoffentlich gesund und heiter an* treffen wird. Mehreres hat sich in dem Zwischenräume zu« getragen und entwickelt Die badische Verfassung, die Ihr Brief als beyorstehend ankündigte, ist er« schienen. Studirt habe ich sie nichts aber bei der Durchlesung ist mir vorgekommen, dafs sie leicht so gut sei als jede andere. Ich sehe aus den neuesten Blättern, dafs nun auch Hannover an die Reihe will; dort aber wird Mehreres hart abgehen. Preufsens Plane reifen in der Stille. Ich wünsche von Her- zen zu Deutschlands Wohl, dafs alle die neuen Schöpfungen sich in der Anwendung bewähren m5* gen, wozu vor allen Dingen gehört, dafs die Deut- schen sich reif und verständig zeigen. Unter dem Mancherlei, was von dorther nach diesen Gegenden herüberhallt, sind auch Zweifel an der Aufrichtig- keit der Regenten und ihrer Minister gewesen; ja mehr; doch dem hab' ich keinen Glauben b^ime^en mögen. Ueber alles Dieses spreche ich wie ein Blin- der zu einem Sehenden. Was aber, mein Freund, haben Sie zu der Ehrenerklärung gesagt, die der König von Baiern dem römischen Stuhl über seine Staatsverfassung zu geben für gut befunden hat? Wie wird man in Deutschland diesen Widerruf auf* genommen haben? Wie die baierisehen Nichtkatbo- liken^ die Entdeckung, dafs das Religions- Edikt blofe fnr sie bindend sei? Und werden nicht die Qesaftd- — 218 — tCB des Frank&rter Furste u itar an s, wenn sie iai Be- griff waren, ihren Fli^ endlicb zn ndwen, rat Er* staumen stdien geliehen sein? Gerade die nene- stm hier eii^etroffenen Nadiridiien Beisen ims die baldige Ankunft j^ier Herren erwarten. Kommen wer- den sie ja wohl; aber der liebenswürdige EmpCing des ersten Ministers (Consalvi) wird ihnen die un- günstige Stimmung des Hofes nicht lange yerhüllen. Schon das Yerhaltnifs, worin Letzt^er zu dem ba- dischen Hofe steht, versetzt sie in eine unbequeme Stellung. Sie könnten vielleicht gar hier zusammen- treffen mit 'der Bekanntmachung einer G^enschrift, w.ovon seit längerer Zeit die Rede war, die^ auch fotig sein mufs, aber immer noch das Licht nicht sieht, so dafs Einige glauben, sie sei dem Nuntius nach München zur Vertheilung mitgegeben worden. Ich sehe bei alle dem die Möglichkeit nicht ein, da& der Versuch, sich zu verstandigen, gelinge. Die Han- noveraner, die unter den günstigsten Umständen ihr Werk begannen, sind nach achtzehn Monaten nur so weit gekommen, dafs sie vor Kurzem ihrer Re- gierung diesseitige Anträge eingeschickt, welche sich von den bisher geäufserten Grundsätzen und For- derungen Jener noch sehr weit entfernen. Preufsen fahrt fort zu temporisiren, und wird wohl am be- sten wissen, wann Zeitgewinn anfängt das Gegen- theil zu werden. Ja, der Augenblick scheint heran- zunahen, seitdem der Staatskanzler Herrn Bartholdy nach Aachen berief, um sich mit ihm^ wie er sich in eigenhändiger Zeile ausdrückt, über mehrere Ge- genstände zu besprechen; hierunter sind nun ohne — 219 — Zweifel die Verhältnisse mit Rom, das römische System u. s. w. gemeint: Dinge, die Jener so lange an Ort und Stelle beschaut, berochen, beta- stet, kurz durch alle Sinne in sich gesogen hat Herr Niebuhr seinerseits wird auch nicht vergeb- lich $0 viel chiffirirt haben, oder durch die Herren Brandis und Bunsen haben chiffiriren lassen (Letz- terer, ein Philologe, der nach Asien reisen wollte, sich aber unterwegs in Rom mit einer Engellande- rin verheirathet hat, ist auf Herrn Niebuhr^s Vor- schlag kürzlich zum Legationssecretair ernannt wor- den, an Brandis Stelle, der, ehe er zu seiner Pro- fessur nach Bonn abgeht, mit dem Professor Bekker die Bibliotheken Italiens bereist, und sich jetzt zu Monte Cassino befindet). Ich glaube nicht, dafs diese gesandtschaftlichen Berichte die Hoffnung, hie- selbst mehr als Andere auszurichten, verstärkt ha- ben werden. Die natürlichste und vernünftigste Folge von Allem wäre,, dafs der deutsche Verein sich da- gegen durch den Beitritt von Preufsen und Hanno« ver verstärkte, und alle nichtkatholischen Regierun- gen Deutschlands gemeinschaftlich handelten. Herr Niebuhr ist vor Kurzem Vater einer Toch- ter, seines zweiten Kindesy geworden, und der Ge- lehrte scheint, wie Jener beim Tasso, ein wenig invilito Negli affetii di padre e dt maritOf wobei der Mensch und die Zufriedenheit eher ge* winnen, als einbüfsen. Er lebt sehr zurückgezogen, und die hier sich einstellenden Landsleute und ihre Aufwartung sind für ihn mehr Gegenstände der Ehre arift des Vergjiüga& Jetzt befinden sick dmmltt flin Graf Magnis, Graf Scha^otecli, Toa Heymert, Oiierbergraüi duurpmitier il s» w. Die Fian ▼. Humboldt macbt keuo*!^ Anstalt zani Abznfe, lebt aber muner meinr für skk. IKe VefbaltuisBe ihres Mannes Imben sie sehr TersdnuBt; anch leidet ihre €»esiindheit Ich möchte wksca, wie maa ia Previsen oberbaupt die Eisachieboiig des Qot- %m r. Bemstorf ansaht Wir besitzen stets Frau Uerz osd Fraa Schle- güi; jene eben so protestantisch, als diese katho- Ksch« sich aber anter einem Dache Tcrtn^ead. Letz* tBte habe ich zu£iUig noch nicht kennea lernen. Sie iragen, ob Overbeck auch katholisch sei? Ja frei- lich; seit mehreren Jahren und so beüs, dals man schon einen Mönch und künftigen Heiligen in ihm sah. Seine Selbstkasteiungen haben non eine an* dere Gestalt angenommen; denn s^ einigoi Wo- chen ist Fradleiu Hard seine Frau; aUerdings eine schöne weibliche Erscheinung, nur, besorg* ich, an Attsprikhe gewöhnt, deren Nichtbefinedigang sie drük« ken wird. Sie leben einsam in einan sehr enll^e- neu Theile der Stadt, und bewohne« ein Haus, wo Orerbeck einige Zimmer mit Frescoinldem schnuik« ken soll. Leider lohnt ihm diese Arbeit sehr we« nig. Zu den Erzkatholiken gehören unter andern die Herren Veit, Söhne der Frau Schlegel. Die Bekehrung der hier ankommenden jungen Deutschen machen sich noch immer mehrere fromme Personen nr Pflicht. Als Gegenmittel hat Herr Niebuhr sich Prediger Tom König aosgebeten, der ihn zu* - 221 - gesagt hat. Den Anlafs gab zunächst die Lage, in der sich der Graf von Ingenheira hier befand, und zu dem, als er sterbend lag, sich allerhand Bekeh- rer zu schleichen versuchten, wiewohl ohne Erfolg; doch über die Geschichte dieser Versuche ist dex König sehr aufgebracht gewesen. Einen russischen Legationssekretair, der nicht so gut bewacht war, haben sie vor einiger Zeit auf seinem Todbette um- garnt. Dafür ruht er nun in einer Kirche, statt bei der Pyramide des Cestius. Mich verlangt, ob Sie mir in Ihrem nächsten Briefe die Frau Cruikshank aufführen werden, auf die Sie mich vorbereitet haben. Ja wohl, warum soll man's nicht immer aufs Neue versuchen? Die selige Frau von Stael dachte auch so, und da sie dem Geliebten nicht treu zu bleiben vermochte, blieb sie es der Liebe, der zu Lieb die Geliebten denn doch eigentlich nur da sind, und so war die eon- 9i€mce dans tanumr gefunden, dje sie nebst der du- ree de CmdhovLsiasmey für die Bestandtheile der hoch» sten Glückseligkeit auf Erden er klarte. Denen, die ich liebe, gönne ich übrigens lieber, als ein sol* ches Geschick, das, wenn auch nicht günstige, Schicksal der guten Lulu, die wenigstens mit freiem Blick zum Himmel aufschauen kann. Diesen Som* mer schickte sie uns einen Empfohlenen zu, durch welchen wir sie auffordern liefsen, sich selbst uns zu bringen; seitdem aber hörten wir nichts von ihr. Gestern verliefs uns der König von Neapel, der uns vierzehn Tage begluckt hat, uns manches Gala Bacsaesmiic nut- ^ ^ » uirr* aa. lesiiiasusESL oa. "^^smimiiijBr zsiseu. web: «itfi. Im V 9»'s: ^ rrE^cr Gciieöie Soacntk Sdigeauim eift* *y Zur Ge«€liiekt««lbr«iiHM^ «b^ Utleraiw. HaailiBr^ tWi, H. 613 C **) fl«okiriniigkefü^B and Teniscble Sckrifioi Toa K. A. Vi>rffli«fMi T, £iiKe. Xe«e Fol^. 1. M. Iicifs« 1840. pfing idi mit der traulichen Fröhlichkeit, welche deia muthvoUen, freien, auf eigene Tüchtigkeit wie auf al- les Beste der vaterländischen Ueberliefening. gegrün- deten Manne bis in späte Tage glücklich verblieben' ist Der Verein so entgegenstehender Eig^ischalten^ wie dichterischer Schwung und strenge Geschäftsver- waltung sind, führt in Preuisen auf das Beispiel Frie- drichs des Grofsen hinauf, und kann hier in der That - schon als ein Hochponkt nationaler Eigenthümlich- keit gelten. Die Poesie Stägemann's aber quoll ^äsr ker und frischer, als die des Königs in seiner Zeit und Sprache es vermochte. Er war den Heeren der Verbündeten mit kühneu, waffenkräftigen Liedem^ge- folgt, und hatte besonders die preufsischen Thaten gefeiert, wie bis dahin noch kein Krieg dichterisch begleitet worden. Dafs aus aller Last der Gescl^^ bei ihm die Muse sich frei empor rang, wufste man wohl, und' der Gedanke lag nahe, ob, wie der Krieg, nicht auch der Kongrds zu Gedichten Gelegenheit sein würde? Doch Stägemann lächelte der Zumur thung, und meinte, die Poesie: habe zwar d^. Fort men viele, aber hier möchte schwer zu wählen utad die rechte erst nadi der, welche der Gegenstand selbst annehmen werde, zu finden sein.'' Durch die in den nachf ölenden Blattern, ge? machten Mittheilungen sollen, allein nur Baust^ne zu der künftigen Charakteristik des ausgezeichneten Mannes beigebracht werden. Die Gedichte, gab mir Stägemann zur freien Verfügung, wenn es von ihm heifeen würde: „Staub zu Staub." Diese Gedidile sind von Wichtigkeit zu seiner Benrtheilui^; sie 15 bekcwitnfd! Das KricpiKd diditetc Wies im Detemher 1814, wie solckes. to» Hand gesckneben, TodiaiideB iil: spiier liefii er ei jedodi, ToDig nn^eandeit und kmmt mdm keu- bar, ia den Uslorisdie» Erimerv^eB Seite 183 ak in „Wien im Man 1815'' abgefidst, abdrackea. — Voa „Unsere Zeit'^ findet sidi bier dn Abdivck naeb dem Ton Stagemann znerst im Jabie 1820 niedergeKhiiebenen, nadi Konigdierg in Pkeo&en an Karl GotlL Bock gesendeten Manoshript. Es beridit flidi anf Fr. Sddegefs Verse: „Unsere Zeit'% welche in der von Fr. Sdilegel herao^egebenen Zeit- sebrift: Concordia Seite 71 stehen. Mit Äoslassnn- gen nnd Umänderungen findet mau dieses Gediqht glmchfalls in den ,,historisdien Erinnerungen &281.'* «^ In einer Kirchenzeitong erschien eine harte Kri- tik des „Berliner Musenalmanachs fiir das Jahr I830^\ und namentlich ward das Gedicht ^ ^Am Buistage^' bitter getadelt; dasselbe war von einer Frau, weU die unter dem Namen Karoline uns mit lebensfiri* sehen, trefflichen Poesieen besch«ikt hat Stagemann nahm sich der tief Gekränkten ah, und machte die „Apologie der unbufsfertigen Karoline.'' Das Ge- dicht „Zum 6. April 1838'' ist nur als Manuskript sur Verthcilung bei einem Feste gedruckt^ welches in Berlin zur Erinnerung desjenigen Tages gefeiert wurde, an welchem vor sechszig Jahren Friedrich der Grofse in den Krieg zog, um Baierns Selbst* ständigkeit zu erhalten. Der Briefe können jetzt leider nicht vide ge- — 227 - geben werden; ist der Inhalt auch gerade nicht be- deutend, so lassen sie doch einen Blick in das In- nere des Schreibers thun, geben eine Probe seiner Schreibart, und w^den vielleicht Vemnlassung, auf- merksam zu machen, damit die gewifs noch vielfach zerstreut liegenden ßriefe des einflufsteiöhen Mannes gesammelt und erhalten werden. Dieser wichtige Ge- genstand sei der allgemeinsten Beachtung dringend empfohlen. Der Brief a. bezieht sich auf das von Yarnhagen van £ß$e verfafste Buch über Sachsens Verhältnisse: Deutsche Ansicht der Vereinigung Sach- sens mit Preufsen. lieipzig 1814. . (Stuttgart und Tübingen, bei Cotta.) Der Brief c. ist historisch von Wichtigkeit; ein Fac simile dieses merkwürdigen Briefes erschien im dritten Hefte der von mir her- ausgegebenen „Foc stmäe yon Handschriften berühm- ter Männer und Frauen. Berlin, L. Sächse etc. 1837. 4." Herr v. Stägemann, der seine Absicht mit der Herausgabe der ,,Acht lyrischen Gedicht« 2(ttr Er- innerung an die Jahre 1830, 1831, 1832", so allge- mein verkannt ^ah, die ^ bittersten Angriffe — am heftigsten vom Grafen Aug. v. Platen-Hallermünde *— deshalb öffentlich erdulden mufste mid darüber sehr bekümmert war, sprach öfters, mit niir über diesen Gegenstand, ergriff gern die durch Heraus- gabe der Fap simUe sich darbietende Gelegenheit, ei- nige Worte zum richtigen Verstandnifs dieser „Po- len-Lieder'' öffentlich zu aagen^ und solurieb odr zu diesem Behufe den hier mitgetheilten Brief. 15 - 228 - Kriegeslied. Wien im December 1814. Es schläft sich süfs an süfser Bnist Im schwanenseidnen Bett, Und lieblich klingt von Lieb' und Lust Irenens weich Sonnett. Die Palme schmückt des Helden Haupt, Die Kronen edler Olanz. Und dich, mein Lied, auch dich umlaubt C>*anenblauer Kranz? Du g&rtest ab Dein muthig Schwert? Du schniirst den Harnisch los? Auf! wieder auf, mein Kriegsgefilhrt, Von Mägdleins weichem Schoos. Die Fahnen Brandenburgs, mein Lied, Die schwinge noch einmal, Und noch einmal« enümf Gemüth, Krgreif den tapfiorn Stahl! I^eun dort ein feiger Mammeluck Und hier ein Jesuit — Da« grinst uns an, weil un& ein Schmuck Von Ehren reich umbläht: Das hängt an unser Hochgesims Peohkranxes' brennend Reis, Und hetxt die Hund' auf uns, voll Grhnms, Und mehr noch voll Geschreis: \ — 229 — Die Hunde Frankreichs, noch nicht heil Von Wunden unsrer Jagd. Auf, Kugelnblitz ^ auf, Lanzespfeil! Die Hunde wollen Schlacht Sie haben sie! Geschofs Apolls, Verkünd' es durch die Gaun! . Was sie geschürzt, das Eisen Friedrich's Heldenhaus empfange Seiner Treuen* Herz und Hand. Ruft es bei Posaunenklange! Wiederhall' es, Vaterland! An in Dresden. Wien, den 16. December 1814 Der IJJerr Staatskanzler hat verschiedene Schrif- ten verfassen lassen, die sächsischen Angelegenheiten betreffend, unter andern eine mit dem beigefügten Titel, die Herr Cotta aus Tübingen, der sich hier aufhalt, verlegt und in Leipzig drucken l&lst. Er findet aber bedfwklich, weil er an wörlembergischer Unterthan bC, sanol ^^UBBen diza het zu g eb en, and nach Leipziger Censorgesetzen ist in solchem Fall eine besondere Eriaubnils sowohl zun Drucke als zum Verkauf erforderlich. Es ist heute nicht mög- lich, den Herrn Staatskanzler mit d&r Sache za be- helligen: ich erlaidie piir daher ganz ergebenst, Sie um ge&llige Besorgung des Imprimatur firenndsdiaft- liehst zu ersuchen, mid fuge zugleich den Brief von Cotta an Kummer in Leipzig bei. « Wir sind jetzt in einer Krisis. Man giebt aber gegenseitig nach und die Sache wird sich hoffentlich bald enden. Die Schmähschrift Sachsen und Pre«ilsen soll ja Sartorius aus Göttingen verfEUst haben. Er war noch vor Kurzem hier. Ich empfehle mich Ihnen auf das Ergebenste Stftseinaiiii. b. An den Kriminal-Direktor Dr. Hitzig*) in Berlin. > Berlin, den 10. November 1S25. Schulz hat mir von Ihretwegen, verehrungswür- diger Freund, die Anlage gegeben, an der ich je- doch nichts weiter zu ändern gewufst, als dafs ich nüch, der Wahrheit gemäfs, zwei Monate jünger ge- macht habe. Ich bin übrigens der Meinung gewe- *) Hitzig gab damals „das gelfbrte B^iiHn'' hcitaiis. - 239 - sen, dafs ich in ein Gelehrtes Berlin gar nicht ge- höre, da ich in die Musen -Almanache ganz zufällig ohne mein Wissen durch die Güte einiger Freunde gekomtnen bin, Yind hoffentlich kein Mensch diese ' Verse gelesen hat W^en der Kriegsgesänge bin ich zweifelhafter. Mein Hauptbedenken ist jedoch, dafs ich für einen Gelehrten, wenn gleich nur für einen gelehrten Berliner, gelten soll, während nn* 8ere erhabensten Staatsmänner, deren Weisheit doch wesentlich auch Geldirsamkeit ^ein sollte, in dem Verzeichnifs fehlen werden. Was die am Schlufs be- rührte Staatszeitung betrifift, so scheint nur das, was mich angeht, in einen mich betreffenden Artikd zu gehören, und den Verfasser Ton Tornister -Lieschen würde es mit Recht verletzen, wenn er, der so Vie»- les geschrieben, neben Jemand genannt würde, der so wenig Gedrucktes geschrieben ; Geschriebenes frei- lich mehr. Könnte mich in Bezug auf die Kriegsgesänge nicht das Factum heraushelfen, nämlich aus dem ge- lehrten Berlin, dafs ich sämmtliche Exemplare bei^ der Auflagen, da ich sie auf eigene Kosten drucked lassen, an mich genommen und vernichtet habe? Doch salvo neUaru Unter Versicherung der freundsohaftliehgtea Hochachtung mich angelegentlich empfehlend. • 1 . .; ■ . f ' ; J I r ; — 240 — An Dr. Dorow in Berlin. Berlin, den 10. April 1832. Da& ich Ihrer Bedenken g^en meine pohlischen Änti-Messeniennen gewärtig gewesen bin, theuerster Freund, haben Sie schon in meinem Vorworte gele- sen. Die Unternehmung eines unterdrückten Volks, seine Fesseln gewaltsam zu lösen, wird überall und zu sdlen Zeiten die Gemüther bewegen und die Dich- ter zu Gesangen entflammen. Ich habe in frühen Tagen die Araukaner besungen. Aber von dieser edlen Art ist die deutsche Theilnahme an der Sa- che der Polen nicht; man müfste die Augen absicht- lich yerschlidsen, um nicht gewahr zu werden, dafs unsere sogenannten Notabilitaten, zu deutsch Ober- flachlichkd.ten , nur die Triuq[^phe verkündigten, die sie über die vaterlandischen Regierungen zu feiern erwarteten. Diesen Triumphen, nicht den Nieder- lagen der Polen habe ich mein Pereat gebracht. Mit den Polen, die mir nichts zu Leide gethan ha- ben, bin ich schon durch meine Frau befreundet, deren Vater in Kowno geboren war und in Mohilew begraben liegt; auch hat mich der Warschauer Auf- ruhr nur im ersten Moment erschreckt, weil den In- surgenten eine russisch -disciplinirte Armee zu Ge- bote stand, mit der sie die altpolnischen Provinzen Ruislands in Bewegung bringen und einen allgemei- nen, unheilvollen Krieg herbeiführen konnten; da man sich jedoch hierüber bald beruhigen durfte, der wohlbekannte Reichstag die Geschäfte übernahm und - 241 - die Verheifsungen der repiiblikanischen Faction in Paris sich auf ein Charivari beschrankten, was di& 2ieitongsschreiber den Russen und Preoisen brach*, ten, so war eine frühe Beseitigni^ des ganzen liams keinen Augenblick zu bezweifeln. Ein Vaterland übrigens, ct0us rei ianta esi vis^ ac tanta natura, vi Itfyxcam iUam, in asperrimis saaculis, ianquam fddum^ affixam, sapienti8smmvh'imm(nialiiaH(mt^(merei, ha* ben wir doch auch, wie die Polen, und soll Eins von Beiden untergehen, darf es doch vergönnt sein, für das unsere zu kämpfen und zu dichten. Nächstens mehr und mich angelegentlich empfehlend. TiOusTims. An denselben in Königsberg in Pr. Berlin, den 9. März 1835. Mein liebster Dorow! Prosit das neue Jahr, und nun, wie Buohholz sagt, zur Sache: Die Cottaschen Papiere, habe ich erhalten, und werde d^von weitem Gebrauch machen. A. v. H. beharrt darauf Herrn v. Cotta einen Orden zu ver- schaffen. Da der König auf den Antrag der Minister die Verleihung versagt hat, so mufs noch ein anderer Weg gefunden werden. Die Versagung Sr. Majestät basirte sich auf der Allgemeinen Zeitung, und auf ei- nem, wie mir geschienen, nicht ganz richtigen Grunde^ wenigstens ein^n für Herrn von Cotta unschuldigen Grunde. Mein mir unerwartetes Jubiläum hat mich 16 — 242 - in grote Privatf erwimmg gebndit, da es mir ganze Tagei, ich nochie sagen WocImo, von meinen Dienst- arbeiten entzogen hat, und noch lange bin ich nicht mit meinen Gegenbesnchen nnd Danksagnngsschrei- ben für empfimgene Gratulationen fertig. In der That bat mich der Antheil des Publikums an der von mdi- nm Freunden mir bereiteten Gunst und Ehre über- rascht, da Ton meinen amtlichen Miihen dodi nur meine Begistratoren und Kanzellist^i genaue Kennt- nils erhalten* Dais ich bei den vielen Schmause- reien, die noch nicht ein Ende nehmen *— heute Mittag hat mich der Jubelgreis, Montagsklub ge- nannt, ungeladen — bei Kräften geblieben, ist ein Wunder. Der König, dem meine Klagen über das viele Stehen bei den Besuchen und Einladungen der Prinzen zu Ohren gekommen, hatte mir befohlen, mit einem Stocke zu ihm zu kommen, wovon ich aber, da wegen seiner Krankheit die Einladung sich verspä- tete, keinen Gebrauch gemacht, habe. Wahrschein- hck ist Ihnen mein Bild, von Herrn vrKlober ge- malt, zu Gesicht gekommen. Die Sitzungen vor Herrn v. Klöber und vor Bauch (wegen der Bü- ste) kamen mir auch höchst ungelegen, die Lange- weile ungerechnet Die Damen, die meiner Lange- weile Gesellschiift leisteten, versichern, ich sei zu alt im Bilde, obwohl ich doch wirklich über sieb- aig bin. Die junge liebenswürdige Frau des Bibliothek- kttstos Stieglitz hat sich einen Dolch ins Herz ge- stofseti, um ihrem Manne die entflohene Gemüths- mhe für seine poetischen Erzeugnisse, deretwegen - 243 -. er schon einen zweijährigen Urlaub erhalten hat, wie- der zu geben. Irgendwo hat es ihr auch gefehlt • Herr Professor Gerhard ist als Archäolog bei dem Museum angestellt und zugleich der artistischen Gommission beig^eben, die nun auf acht Bädern fährt. ^Graf Brühl hat einen Balsam auf die Wunde erhalten, die ihm durch die artistische Commisston geschlagen ist. Wenn Sie Gelegenheit haben, mit einem dorti- gen Magistratsmitgliede bekannt zu werden, oder es schon sind, so haben Sie doch die Güte, aus der Magistrats •B.egistratur mir eine Abschrift des Ge- didits zu verschaffen, was ich im Anfange de9 Jali^ res 1808 auf ^e Zurückkunft des Königs und d^ Königin nach Königsberg im Namen der Stadt Kö* nigsberg verfertigte. Ich besitze. kein Exemplar da- von, und obwohl es kdnen besondern poetischen Werth hat, so. wünschte ich es doch zu haben. Viel- leicht ist ein Exemplar übrig. Meine Frau, in deren Zustand sich wesentUdi nichts verändert hat, läfst tausendmal grülsen« Mit scheint, dafs'sie jetzt schmerzloser ist, aber dais ihre Unruhe mit der Abnahme der Schmerzen wächst. Empfehlen Sie mich freundschafdichst Ihrer Frau Mutter und Schwester. Totus Taus 16* — 244 — An denselben in Berlin. Berlin, den 4. September 1^40. Mit dem verbindlichsten Danke, verehrtester Freund, sende ich Ihnen die Anlage zoryck^). Al- l^ings ist die Setorilitat in dieser Abschr^ sehr gemildert, indeis doch nicht w^zawischen. Dais Herr v. Schön in den Grafenstand werde erhoben werden, ist unwahrscheinlich, weil er es in seiner nur beschrankten pecuniaren Lage nicht wohl wünschen kann, und ihm eine Grafschaft zur Dota- tion zu verleihen, kein genügender Anlais ist Herr Y. Hülsen auf Wiese, will ich nicht bezweifeln. Viel- Idcht die Herren v. Brüneck, die wenigstens zu den bei wdtem wohlhabenderen Ghitsbesitzem gehören, wie zu den ältesten Familien des Landes. Sehr wohl gefallen hat mir die Beschreibung des Königlichen Einzuges, die aus einer Privatcor- respondenz in der Vossischen Zeitung von gestern steht Doch bezi^eifle ich, dais die Kränze von Georginen den weiisen Mädchen wohl gestanden haben; die jungen Patrizierinnen müssen denn ko- lossale Gestalten gewefien sein. Mich herzlich empfehlend Stfti^ciiiaiiii« *) Cretreve Nachschrift der AenfseruDgen, welche Pro- fessor Dr. Schdnlein in seinen klinischen Vorlesungen über die Jnden und mehrere hiesige Aerzte gemacht hatte. — Herr Ton Stägemann ersuchte mich um deren Mittheilung, da er bereits so viel Lügenhaftes darüber gehört habe. I Ludwig Im KSnig von Baiern. In unsrer Zeit, die mit wahrhafter Freigebigkeit be- flissen ist, die Versäumnifs einer früheren dadurch gut zu machen, dafs sie durch Denkmale und Stif- tungen das Andenken grofser und berühmter Man- _ ner ehrt; in unsrer Zeit, die, wie keine andere, et sich angelegen sein läfst, in Nekrologen und Bio« graphieen ehrend derjenigen zu gedenken, welche durch ihre Stellung im Leben und ihre Wirksaln- keit auch nur einigermaßen bedeutbnd geworden waren; in dieser Zeit erhielt ein Dahingeschiede* ner, der wahrlich! durch Stellung, und Wirksamkeit, durch geistige Fähigkeit und persönliche Liebenswür- digkeit ausgezeichneter dagestanden , als sehr Viele der durch alle Zeitblätter gefeierten, erhielt ein sol- cher Mann auch nicht ein Wort des Nachrufs, das geeignet gewesen sein möchte, ihii in dem ehren- den Andenken der emporwachsenden Zeitgenossen zu fixiren oder dem der künftigen Gleschlechter zu empfehlen! — ' Kein Anderer ist gemeint, als der Tor einigen Jähren verstorbene Job von Witzleben, — 246 — General -Lieutenant, Kriegsminister und General -Ad- jutant Sr. Majestät Friedrich Wilhelm III. Es mag allerdings eine Aufgabe von ganz ei- genthümlicher Schwierigkeit gewesen sein, über das Leben dieses Mannes und seine Wirksamkeit etwas Geeignetes und Würdiges zu sagen; über eine Wirk- samkeit , die in so inniger Beziehung und Wechsel- wirkung mit der Wirksamkeit seines Königlichen Herrn stand, dals eine die andere ergänzte; eine Wirksamkeit, die sich in mannigfacher Richtung als Organ seines Königlichen Gebieters, sowohl im In- nern Organismus dei^ Staats als in den nach au&en hin gerichteten Beziehungen desselben, geltend ge- macht hatte. Nichts desto weniger blieb es &ne unärläisliche^ eine heilige Pflicht derjenigen, die mit Fähigkeit und Mitteln -dazu ausgestattet waren, an eine Würdigung dieser Wirksamkeit sich zu wagen, selbst miter diesen erschwerenden Umständen und selbst innerhalb etwa gebotener enger Grenzen. Lei- der ist dies aber nicht geschehen , und wie unsere Zeit die längstvergang^e der Versäumnifs und Un- gerechtigkeit g^en ihre bedeutenden Manner zu be- schuldigt sich berufen fühlt, wird die kommende mit demselben vollen Rechte uns anzuklagen Veran- Ih^sung elrhalten. Dann wird auch Job von Witz- leben seine Würdigung finden! denn seinem Cha- rakter, . sdtier Stellung, seiner Wirksamkeit nach, von der hier nur eine sdiwache Andeutung g^e- ben, ist er ein Mann der Geschichte, und künftige Historiographen der Regenten -Wirksamkeit unseres daUng^chiedmen Helden ^Königs, Friedrieh Wil*- - 247 — heltn IIL, werden und müssen seiner gedenken, wollen sie treu und wahr den Königliäien Herrn schildern. . !ü Damit sie aber solches aueb einstens zu thun vermögen, bleibt solchen Zeitgenossen, deren Beruf es nicht w«r, in T<»^edachter Beziehung ihre Feder dem hier genannten Entschlafenen zu weihen, «s als unerläfsliche , heilige Pflicht auferlegt, jeglicheä JDo- kument über Witzleben's Wirksamkeit und deren An* erkenuung beizubringen, und als Material ßar die Ge- schichte zu T^öffisntlichen. .Indem dringend dazu aufgefordert wird, und zu diesem Zweck schon. im vierten Bande der „Denkschriften und Briefe" ein d«a Verfasser vrie den Empfänger gleich ehrendes Schreiben bereits mitgetheilt worden, möge hier ein ähnliches von des Königs Ludwig von Baiern Ma- jestät an den General v. Witzleben folgen, um so wichtiger, da der König auch zugleich klar und un- umwunden die gewifs nie genug zu beherzigende Wahrheit ausspricht: „Nur in ein festes Halten an Preufsen sehe ich Teutschlands Heil und diese Ansicht ist mir nicht neu.'' An den General v. Witzleben in Berlin. München, den 7. Mai 1831. Herr General, bekannt, rühmlich bekannt sind Sie mir (obgleich nicht von Angesicht), denn ich kenne, was Sie im Kriege und Frieden geleistet ha- ben, weifs: wie teutsch Ihre Gesinnung ist, welchen - 248 - Werth Sie darauf legen, Preu&en und Baiern ver- eint zu sehen. Ihnen dieses schriftlich zu äufsern, kann ich mir nicht versagen. General Rühl wird diesen Brief überbringen, dessen Sendung mit leb- liofter Freude mich durchdrang, Mrie dafs ich ihn von den eben genannfen Gesinnungen gleichfalls er- füllt gefunden habe. Nur in ein festes Halten an Preulsen sehe ich Teutschlands Heil und diese An- sicht ist mir nicht neu, Willkommen ist mir gegen- wartige Gelegenheit, mit Wärme ergreife ich sie, um die Gefühle welche Sie mir einflöisten auszudrük- ken, mit denen ich bin •^- Herr General der Ihnen wohlbeigethane Karl, Freiherr Tom Stein. Geb. in Nassau an der Lahn den 25. Octöber 1757, gest. ebendaselbst den 29. Juli 1831. xlaben wir mit Widerwillen die Briefauszüge in der so eben erschienenen Lebensbeschreibung des Mini- sters yom Stein *) gelesen, worin der verstorbene Fürst von Hardenberg gemüSshandelt wird und die zur Ehre des Schreibers um so mehr hätten unt^- drückt werden sollen, als wir oft Augenzeuge wa- ren von der Courtoisie und einer ungehörigen dienst- beflissenen Ergebenheit, welche ^^r Freiherr vom Stein gegen den Staatskanzler ~ als dieser lebte und Wünsche befriedigen konnte — ausübte, so mögen hier zwei Briefe desselben aus meiner Samm- lung folgen, welche mis dagegen wohlthuend an* sprechen und einen Blick in das religiöse Gefühl des kraftigen Mannes thun lassen. Um so in- teressanter sind diese Briefe, als solche Ergieisun- gen dar Frömmigkeit in den bis jetzt bekannt ge- *) Leben des KÖnigl. Preufs. Staats -Ministers Fr^- herrn vom und zum Stein. Ein Denkmal. 2 Tboile.' Leip- zig 1841. .; ^VDTBBBC *^"^— >'i OBr »^iwfn VIHI. ^"^iT^B- -^*»*'^) "W- Ml JL. .^rL IttUL JtBBL %:» mr^r.:^ ^am -^(mw, ml. mt Im vds Ckn- -voui jut ine l3%;!igr mt ondu ä notre attente par son arrete du 6. Frimaire demier, dont nous avons l'hon- neur de vous transmettre d-joint un exemplaire. Nous ne doutons pas, Citoyen Commissaire, que cet arrete, absolument con^u dans Fesprit du gou- vernement, qui organise notre -conseil ecclesiastique 17 pur TCKre agreoMSt ec Ell e%atamt Fcanifaitioii, toos doMMriez le Si- gnal poor la mmiofi en gen^ral de oes deax ciil- tes, et Im premi^fre dcaiarche ^taiit fidte^ mocu ganui* liMone^ qii'il Votii sern fädle de parvenir ä im büt que de grandös paissanoes d^Europe^ et de pai* ■ibki perei d'egliae oiit en vain ikobiu d'( - 259 ~ Alors les habitane d'une m^me commune qui ne sout separes que par la difference des cultes ne prieroient leur pere universel que dans üne fieule et meme eglise, ce qui prpfitetoit infiniment ä Fetal relativement k Fentretien du culte et de ses mi* nistres. En' appuyant nos tueB^ qui sont celles de tou» les hommes eclaires, le siede präsent Yous regar- deroit comme son bienfaiteur et votre nom, qui bril- leroit dans les annales de Phistoire äcclesiastique, ne seroit lü qu'avec admirationi Noi|s avons Thonneur de Vons saluer avec le plus profond respect J. P. iure«« F. SiiMOii* H. PolUcb. K. £bert«. b. Observations snr la r^union des deux sectes du Culte Protestant. Ce qu'on appelle Protestans, se divise en dmx sectes: les Lutheriens et les Calvinistes on Btformes. Cest principalemeut au stijet de la Oommtinion qu'ils 6ont ^esunis, sur les dogmes de la foi, Topi- nion des Lnth^iens a cet ^ard se rapproohe de Celle des Catholiques; ceux-ci croyent qu'au mo« ment oü . le prtoe öletant Fhostie prononce les paroles sacramentales, la substance de l'hastie se dange et deriost le vrai corps de Jesus -CSirist 17* ipae4r Je- de fa jDsm x''£8BC um js fvmdik: iL carj^ et di smg, de ^maoBcit le ■bbbk sivr k fks «i« BoiBs de soplosaMs et de abd». seka le pie €« ie boos dUbi- Ces secies iTii^irfiiM h ■wnni sv la pcrsouBe de XsK-GlEBt ei siv li vemaiom des deox natoies. Lei Laiibexats ccdbürot dans le l^c^^e siede la Hill p"^«g*TKT de la KOre hniine de Jesus* Clrast (ohtqnif») poor deBOSlrer q«!! etüt pos- sUe qaä la coi»cnixMi de fko^ie la dhinite de pm etre leelleBeBt pröenKL D'antzes moias rigoiBeiix trovrerent dmlies Blo- press pofv fsdre Taloir lear sysime stts s'attadier ä la toote poumioe (olHqiDlaB). Cei objet a dönae liea a des dispotes et des dJa s cfrtio as friroles et absurdes qoi out cotäSmue avec iriolence dq>iiis Voögtiie de oes deux sectes josipi'a nos jonrs« Dans le 16«« siecle les prinoes de rAUemagne s'assemblerent souvent poar operer one reunion en- tre les cultes; ils y attachaient saas doute one tres — 261 — grande jmportance, parceque ces vaines disputes avaient une influence considerable 8ur la tranquillite de leur pays, peut-etre aussi que leur attaohement particulier ä leur opinion y entrait pour beaücoup. Le plul( renomme de ces congr^s, nommes col* loquia, se tint ä Marbourg, oü Ton vit brill^ ZwinglL Toutes ces t^^tives pour panrenir ä la reu- nion des deux sectes resterent toujours sans succes. Enfin en Fan 1580 la fameuse formula concor- diae signee a Torgau par les Theologiens de la Saxe, oper^ une Separation totale entre les dejux sectes. ' Ces formules forment le livre symbolique des Lutheriens qui croient ä son in&Uibilete comme les catholiques oroient ä Celle du pape. Le mal- heureux. chancelier de Grell ä Dresde, perdit la vie par ce qu'il Alt soupgonn^ de ne point croire aux articles de foi etablis par le formulaire. Des ce moment les deux sectes furent absolu- ment separees, et eurent chacune a part leurs egli- ses, leurs ministres, leurs ecoles etc. Geux qui resterent fideles ä la doctrine de Luther, conserve- rent le nom de Lutheriens en y ajoiltant l'epithete eyangelique, voulant dire que les articles de leur foi etaient conformes a Fesprit de Fevangile. Les autres qui suivirent la doctrine de Calvin, s'appel^rent Calvinistes, en y ajoutant le mot: re- form es dans le sens que Calvin avait purifie et re- forme, la doctrine de Luther. L'une et Fautre de ces deux sectes ayant proteste contre plusieurs points ple «Mit (fesr poiff' ia Ranoa. Tooks ces applaamat ck nos jo«n et sanooi p«r h de A09 cootm» svec la i«{NiUiq«e. Cette comdevatkMi et ceOe qoe la p h |ml des IttbiUBs de MOB arronditaffit pffofiesooil le colte pfoCefUot, me detcnünerefit ä iiiTker a me fcvmou Im inspedetirs de» deox cukes. Je dontai« d'aotaat moms da succes, que ces ingpectettr» sont des bomnies eeiaires, que je con- Hgi^dflj^ depuis 15 ans, avec lesquels j'elais memo - 208 - en, relatioD, qui avaient en outre tres souvent mani- feste le desir de se reunir,* et jEwt ä cet effet 1^ demarches preparatoires, par exemple, a Creutznach, le ministre du culte reforme, en l'absence de celui du culte Lutherien fait Toffice de ce dernier et re- ciproquemoit ä Simmern sous Dhann, les Lutheriens pour q)argaer les fraix d'entretien du mipistre vpnt ä Feglise des reformes. J'invitais les ci-devant inspecteurs des deux cul- tes de reprendre leurs fonctions et a surveiller la police Interieure du culte, afin d^eloigner pour fave- nir des places de ministres IMgnorance et rimjno- ralite, qui pendant la guerre ont sü s^ glisser par rintrigue et d'autres moyens. Je les inyitais aussi, afin de retablir Fordre ecdesiastique, a r^oiplacef leurs consistoires qui se trouvent sur la rive droite. Cette mesure de police etait d'autant plus ur^ gente que les communes ayant la librq election des ministres de leur culte, il en r^sulte. prefsque tou* jours des division» iunestes au repos et a la traur quillite des oommunes. . L'un et Tatttre parti invoque dan^ «Qe oas les connaiasances et la moralite du . caodidat qa'il pro^ pose, ce qui met presque toujours le prefet dans rimpossibiUte de juger sainement anqudi proce«» ver* bal d'eleotipnkles de^x parties il doit donner la {Nreferenc^i puisqull ne peut decider de la capa^it^ des oandidata. Cet inconyenient n'aiDca plus lieii au- joiwd'hiu, Vu qu'ils doiveat pr(>duur0 un certificat de rinspeoteur reepedttf oharge d^ les examiner sur leqrs connaissances. — 264 — Les inspecteurs des deux cultes se sont asscm* bl^s le 16. Frimaire dernier et notamment les Citoyens: Engelmann de Baebaracb nges de Simmem f i^^^urs re- Polich de Stromberg > fonnes Ebertz de Creutznach Gundersbeim de Sobernheiüi Simon de Simmern sous Dbann Starck de Castellaun [ Inspecteurs Lu- Scbneegans de Cretutznacb ( theriens. Rei(^bart de Trarbacb Cos inspecteurs s'etant ooncertes avant cette as- lemblee, sur Fobjet de la reunion avec les ministres de leurs districts respectifs (au nombre de 80 dans cet arrondissement) et etant munis de leurs pou- ToirS) ils prirent Farr^te ci -Joint, d'aprfes lequel ils ne formeront, pour ravenir, qu'un seul consistoire, qui r^Iera a la fois les affaires des deux cultes, sous la denomination de consistoire protestant — Ils firent la promesse «formelle de ne jamais s'assembler sans en prevenir Fofficier de police, de se soumettre aux loix et riglemens de la repu- blique, de n'entraver en rien la surveillanee qu'e- xerce Fautorite civile sur les cultes par rapport a la police administrative, de veiller sur les ele- ctions des ministres par les communes, d'avoir soin qu^elles aient Heu en presenoe du Maire pour prevenir les desordres et dejouer Fintrigue ä qui ces elections ouvrent un vaste cbamp et de soumet- — 265 — tre les proc^s verbaux d'election ä Fapprobation du prefet. Les Inspectenrs et tous les ministres des deax cultes sont tellement d'aocord sur jcette demarehe, et ils ont tellement oublie leor difference d'opinion sur la foi, qu'ils ne savent eux memeä lequel a cede ä Fautre. Dans le premier moment de oe rapprochement, ils vouloient aller jusqu'ä declarer dans leur acte de reunion que les eglises seraient en commun, et qUe Foffice serait fiiit conjointement. Mais la pnidenoe les detourna de cette demarche prematuree. Des malvdllans qui ne sont point a^tacbes au gouver- nement, auraient pu trouver, dans cette reunion re- ligieuse, le pretexte de fomentar Fesprit de discorde. Uexperience de nos jours nous a d'ailleurs appris qu'il ne faiit attaquer les prejuges religieux que tres lentement et avec beaucoup de circonspection, et qu'en voulant tout renverser ä la fois, on reyieiit ä la fin au point d'oü Fon est sorti. D'apres ces motifs, je leur ai conseille moi -016016 de se conten- ter encore de cet acte de reunion, et de n^y rien inserer qui puisse entraver la libert6 de consci^ice. Par lä on a oppose une digue a Fintriguant poli- tique qui auriut cberche dans cet eyenement reli- gieux un pretexte pour susdter le meoontentement, quoique nous sachions du reste que la liberte de consdence chez le peuple cpnsiste ä faire et ä croire tout ce que les ministres de son culte Ini apprennent. ^ % SHl n'existe plus de chef de parti, ou si les - 266 - QJbefs »out d^accprd entre eux, le culte cessie. Main- tenant Ics ministrcs du culte protestant, vont pre- obet alternativem^nt dans leg egli$^ des deux sectes. L'an £ait au besoia Toffice de Fautre. Le ci'devant inspecteur reforme videra,, oonjoin- t^ment avec le ci-devant inspecteur Luth^rien, 1^ querelles concernant la police interieure du culte Protestant eu geueral. Cet accord accoutumera peu a peu le peuple aus principes de rcumon des deuic QUltes, et en peu d'annees, par un pbeuomene qui leür sm inexplicable^ ils se trouveront reunis sous Tmipire des memes opinions. - C'est cette marche, qui est la plus confoiroio a Tesprit buoiaiii, et que tout refonnateur politico* Vfdigieui devrait suivre, pour ne point etre si sou- w»t forcß de retrograder. !> U ji^suUe de ce que nous venons de dire, que 1a ireunion des sectes reformees et Lutherieuues n'exi^ flie quaüt ä preseut, qu'eutire leurs chefs; je ii'ai {Knut Youlu operer une r^union ^tre les individus dfuifl chaque eouunune, je n'ai pas du d'aiUeurs l'essayer sans le cousentemeut du cominissaire ge- neral et du prefet, quoique j^aurais pu repondre du atcoes. . Si daas le departement du Mont-Tonoerre^t dans les arroudissemens communaux de Saarbrück et de Birckenfeld (departement de la Sarre) ou pouvait compter sur le succes d'une demarcbe de ^eette nature, et qu^on put par cette maniere reunir les protestans de ces sept arrondissements ^Ma- yenoe,- Spire, Deuxponts^ Saarbrück, Birckenfeld, - 267 - Kaiserslautern et Stmmern) qui comptent a pßu pres 300,900 ames profe^aans les dits oultes, il faudrait natureUement que ie cönsistoire aetnd de Tarrom dissement de ^imiiiern fiit diasousv et qu'il fat rem^ place par un oonsistoire pour les aept arromliasep m&na, dont les membres pourraient 6tre chöiais povir la premiere foi seulemeiii par le commissaire genei- ral du gouvernement, et auxquela succederaient Im plus anciens inspecteurs des deux cultes indtstin- ctement Par ce mpyen le nombre des mmistres du culte diminuerait, leur salaire augmenterait et les mettrait en etat de yivre plus honnetement. Uinfluence connue du culte Protestant sur les succes de Fagriculture et sur les moeurs produirait les effets les plus satis- faisans. L'homme eclaire ne connait d'autre dogmc que la tolerance universelle^ seul moyen de rendre les peuples satisfaits et d'eviter les dissentions. 11 faut laisser s'user par le tems les prejuges qu'on ne peut guerir par la raison. Mais a supposer que le peu- ple ait besoin d'une religiön positive, ce qui est en- core un probleme; il faut certainement prote^er sur- tout Celle, dont les priucipes sont conformes ä la Constitution et ne repugnent point ä la raison. — Le philosophe raisonne ainsi; il se peut que la po- litique en de certaines circonstances conseiUe une autre opinion. Je n'ai parle que des protestans habitans les quatre nouveaux departemens, ceux des departemens du haut, et du bas Bhin me paraissent encore trop — 268 - recules dans leurs principes, pour obtenir le succes qu'on pourrait se promettre dans ces pays. Dans leurs divers projets d' Organisation du Protestantisme, on a tres soigneusement separe les deux sectes, on y a cons^rve tout Tattirail d'Orthodo;Kie et d'Hierar- chie, «nfin ils fourmillent encore de cbarletanisme. Avant de se defaire de leurs prejuges, ils doivent encore recevoir quelque tems Fexemple du ci-devant palatinat - Fait et redige par le soussigne Sous-Preiet de Fanrondissement communal de Simmero. *■ A Simmem, le 21. Ventdse an dix de la r^publique. Tanreemn. -<' Die Stadt fiSln am Rbein in Beziehung za den AlterthUmern der Provinz. Den Freuoden im Rheinland und Wesiphalen gewidmet. JDie Seite 94 hier zuerst mitgetheilten Briefe 6oe« the's an den Königlichen Staatsminister v. Schuck- mann scheinen eine passende Gelegenheit, um über eine Schöpfung des verstorbenen Staatskanzlers Für- sten Y. Hardenberg zu sprechen, die jetzt freilich nicht mehr in ihrem Urning besteht Es war die- ses die Verwaltung für Alterthumskunde in den Rhei- nisch -Westphälischen Provinzen, welche der Staals- kanzier im Jahr 1820 ins Leben rief, der, indem er den Dr. Dorow zum Direktor derselben ernannte, die in der Anlage a. enthaltenen Schreiben erliefs. Die Leistungen wahrend des zweijährigen Be- standes der Verwaltung liegen in deni bei Cotta er- schienenen Werke: ,,Die Denkmale germanischer und römischer Zeit in den Rheinisch- Westphalischeu Pro- vinzen, 2 Bände 4. mit 67 Kupfer- und Steindruck- tafeln in Folio," der Oeffentlichkeit und dem unpar- theiischen Urtheil vor. - 270 - Die Bheiuländer, besonders die Stadt Köln, er- kannten dankbar diese zeitgemäfse Schöpfung an; doch war man mit dem Plan nicht einverstanden, dafs die Alterthümer der Rheinlande in Bonn auf- gestellt werden sollten. Besonders die Stadt Köln wollte dieses Vorrecht für sich vindiciten, und schon am 4. October 1820 schrieb in dieser Beziehung der im Goethe'schen Briefe an v. Schuckmann ge- schilderte Professor Ferdinand Franz Walraf *) drin- gend an Dr. Dorow (Anlage b.). Nach vielfachen Berathungen trat dieser der Ansicht bei, dafs K^öln vorzugsweise die Stadt sein müsse, wo am zweck- mäfsigsten die rheinischen Alterthümer zu vereinigen und aufzustellen seien; in Köln, wo schon so Vieles und Herrliches dieser Art vereinigt ist, "wo die al« ten Kirchen und übrigen interessanten Bauwerke eine so umfal»sende Grundlage der Sammlung bilden, fin« det das Ein^dne Zusammenhang und Erklärung im Ganzen. Das ruhige Fortbestehen einer solchen un-> abhängigen, rein vaterländischen Anstalt in einer Umersitatsstadt schien, nach den in so kurzer Zeit bereits gemachten Erfahrungen, unmöglich. Die Köl- ner hatten auch Goethe in ihr Interesse gezogen, er stimmte gleichfalls fürKöln,tindso ward eine Bittschrift an den Staatskanzler verabredet, weldier Mafsregel die Königliche Regierung in Köln beitrat, und sie dadurch zu unterstützen hoffte, dafs Dorow als Di- rektor des Central -Museums verbleiben, dodi mit ") Qeh. in Köln den 20. Jnli l?4d, gest. ebeilda^dbät den 18. März 1824. • — 271 — dem Titel und Range eines R^erungsraths zur Bear- beitung dieser interessanten Abtheilcöig in den Rhein* Provinzen der Königl. Regierung beigegeben werden sollte. EHe dahin abzwedcenden Schritte geschahen! die ersten Bürger Kdfais utit^zeichneten das Gesuch^ und die Regierung in Köln unterstützte dasiselbe auf das Kräftigste. Doch es scheiterte an dem Einspruch des dams^gen Oberpi^identen Grafen yon Solms* Laubach, der die rheinische Universität eigenthümli* eher Weise für seine Schöpfting hielt, und der Stadt Bonn daher auch nicht das geringste Gute entziehen wollte. Graf Solms übersah aber, dafs eine Samm* lung vaterländischer Alterthümer^ die sich auf Land und Volk, auf Geschichte, patriotischen Geist und Sinn beziehen soll, nicht als Gegenstand und Mittd des Lehrunterrichts auf Hochschulen angesehen wer« den darf. Die dem Fürsten von Hardenberg vc** schwebende Andicht war dem Grafen Solms nicht klar geworden; er erkannte nicht den tiefen und genialen Blick des Stifters dieses Provinzial-Mu^ seums in das menschliche Herz und in das Ge^- webe der menschlidien Gefühle, welche, durch diö Heimath angezogen, zÄr Theilnahme und Aneignung des Provinziellen gestmgert, endlich zur höh^n Va- terlandsliebe erhoben und ausgebildet werden; Graf Solms ^kannte nicht) dafs der Staatskanzler, der Schöpfer und Wiederhersteller der Institutionen ubh serer Monarchie, dessen Blick das Entfernte wie das Nahe, die Zukunft wie die Gegenwart als Ein Gail^ zes umfefste, überall, wi€f in den grb&teh Staats^ Instituten so auch in diesem Kleinen, eiM WttbiAuA — 272 — grojGse Idee zum Grunde legen wollte* Mit jugend- lichem Feuer schenkte der Staatskanzler bei seinem Aufenthalt in Engers den vaterländischen Alt^thü- mern und den damaligen Ausgrabungen des Dr. Do- row in Wiesbaden keine Aufmerksamkeit. Er sprach oftmals zu demselben von demWerth der Alterthü- mer, welchen die öffentliche Meinung und der Ya- terlandsstolz ihnen mit Recht beilegt Denn wie der einzelne Mensch an seine Familie, so hängt; der Pa- triotismus des Bürgers an den Geschichten und dem Ruhme seiner Heimath. Alle Denkmale seiner Vor- zeit, zumal des Ruhms, Kunstsinns und Reichthums seiner Vorfahren sind ihm heilig, und die Erklärung und wissenschaftliche Benutzung derselben dünken ihm wichtiger, als alle anderen gelehrten Arbeiten; er meint selbst wichtig und ruhmwürdig zu werden in einer wichtigen und ruhmvollen Heimath. Die Thaten und der Ruhm seiner Vorfahren scheinen ihm anzugehören, und er bewahrt jedes Denkmal derselben als Zeugniis des eignen Werths. Dieses Gefühl und dieser Patriotismus für die Heimath, depd auch das Unbedeutende durch solche Beziehung wuch- tig erscheint, ist gewiis ehrwürdig und wird jede Vaterlandsliebe, welche die Erweiterung auf Stamm und Volk, auf Provinz und Reich erfordert, bedin- gen. In allen diesen Beziehungen erfreute man sich der Idee einer Centralisirung und zweckmäfsigen Auf- stellung der Alterthümer; Stadt- und Dorfgemein- den beeilten sich, das bereits Vorhandene zu diesem Zweck auszuliefern; man erkannte die Grundsätze, die wahrhaft patriotische Absicht der Regierung, und - 273 — beorderte der Staatskanzler auch, dafs das Haupt- Museum für Rheinland in Bonn seine Einrichtung - finden ^llte, so war diese Wahl der Stadt nur ^u- , fällig und keineswegs damit die Absicht ausgespro« chen, dafs dasselbe einen integrirenden Theil der Universität ausmachen sollte. So konnte also auch die Rheinisch -Westphälische Alterthümer- Sammlung nicht irgend eines Lehrzwecks wegen wesentlich auf die Rheinische Universität, als solche, sondern dem Zwecke dieses Instituts gemäfs nur auf die Rhein- lande und Westphalen und den Geist der Bewoh- ner in patriotischer Hinsicht Bezug haben. Diesen Geist fafsten die Kölner Bittsteller sehr wahr und richtig auf, und das folgende interessante Aktenstück (s. Anlage c.) verdankt dieser Gesinnung sein Eilt- stehen; vor dem Absenden wurde dasselbe dem Re- gierungs- Chefpräsidenten in Köln, Freiherrn v. Ha- gen, ini^etheilt und von diesem mit der Bemerkung zurückgestellt, dafs „dasselbe sehr gut redigirt sei, und seinen Zweck hoffentlich nicht verfehlen werde.'' Der Fürst Hardenberg lehnte im Drange der wichtigsten Staatsgeschäfte dieses Gesuch, dem Gut- achten des Oberpräsidenten leider folgend, nicht al- lein ab, sondern überwies die ganze Verwaltung, welche bis dahin unter seiner unmittelbaren Lei- tung als ein provinziales Staats -Institut gestanden, in das Ressort des Staats -Ministers von Altenstein, welcher, dasselbe der Universität überweisend, es nach andern Grundsätzen und in anderer Form fort- geführt wissen wollte; man hatte damals überdies in diesem Departement keine Sympathie für vater* 18 - 274 — ländische Alterthümer; man träumte nur von Kunst- werken, von^ Museen griechischer und {^yptisdier Denkmale. Aus diesen Ursachen und da beinahe alle in den Rheinprovinzen disponiblen Alterthums- gegenstände bereits gesammelt, inventarisirt und zum Theil. nach Bonn geschaft waren, wurde dem Dr. Dorow ein anderer Wirkungskreis wünscbenswerth, den er auch erhielt Diese Verhandlungen werden hauptsächUch des- halb mitgetheilt, weil jetzt vielleicht der Zeitpunkt sein mochte, sie wieder aufzunehmen' und zu einem erwünschten Resultat zu bringen! — Es kann woU die Hoffiiung gehegt werden, dafs der Sammlung Rheinisch -Westphälischer Alterthümer, welche durch Theilnahme der sämmtliehen Bewohner der Provin- zen hauptsächlich entstanden -^ wieder Beachtung und Einsetzung in ihr altes ursprüngliches Recht wiederfahren werde. Aus der Stiftungs- Urkunde er- hellt es deutlich, dais rovinz geknüpft ist, und in dieser Beziehung ersdeint jetzt nach Jahren und den gemachten Erfahrungen die.Bdiauptung als durchaus b^ündet, dafs Köln die Stadt sei, in welcher ei» acldkes National -Museum alleni nur errichtet wer- d^i kann, soll es den Zweck vollständig erfiälen. Unendlidi vielfache kleine BeziehmgeR verbinden die Einwohner des gesammten Rheinlandei mit den Köl- nern, die Gewinne und Verluste, die ffeistigen und leiblichen Interessen sind überall verkettet, und un- zählige Fäden ziehen durch das Land ein grosses Gewebe, weldies in Köln seinen Mktei^punkt iSndet - 275 ~ SoU also das Pravinzial- Museum Bedeutung für die Provinz erhalten; soll es im wahren Sinne des Wor- tes provinziell werden, ein provinzieller Central- puukt der gemeinsamen Interessen; ein Mittelpunkt der geschichtlichen Erinnerungen des ganzen IjOa^ des^ ein Bindungsmittel zwischen den zerstreuten, vereinzelten Lokalinteressen und den höheren 6m gemeinsamen Vaterlandes, so mufs es ohne Zweifel in Köln errichtet werden und nicht in Bonn, wo es eben so vereinzelt stehet, ^Is die Altertbümer bisher zerstreut an den einzelnen Orten. Ueberdies haben in Köln die alten Kunstschätze noch ihren Werth behalten. Daselbst werden sie gepflegt, ge- achtet und gesammelt^ während in den übrigen Stad*> ten am Rhein wohl einzelne Liebhaber, aber kein allgemeines Interesse, keine Theilnahme des Volkes gefunden wird. Eine lebendige Theilnahme würde auch die übrigen Städte ergreifen, wenn ihre Bei- träge mit gröfseren Denkmalen vereint und so im Zusammenhange verständlich erscheinen. Dieses kann aber nur von Köln aus hervorgerufen werden, nicht aber von Bonn, welches bisher so wenig Interesse f&r die AlterthümersMimhing bewiesen hat. Köln, die wichtigste, vielleicht einzig bedeutende Sladt in den mieinprovinzen, ist aiso der eina^e Ort aü Rhein, w^ die Vereinigung aller rbeinis^en Alteis thümer emen bedeulendeü Wevth tax mer auch die Reihe der Wegnahme diese gute Stadt treffen könntaii Es ist mein^ Kühnheit und Liebe für meine Geburtsstadt nicht zu verdenken, wenn ich, obwohl noch nicht mit einer feierlichen Prote- statton, dennoch mit einigen zuvorkonunenden Grün- den mich selbst dagegen waffne, jedodi aber vorher die Freiheit brauche, Ew. Wohlgeboren zu bitten, mir zu bedeuten, in wie weit diese Drohung g^en Köln wahr oder unwahr und nicht zu fürchten s^. Mit derselben Kühnheit erlaube ich mir vid- mehr, es zu behaupten, dafs Se. Königliche Majestät unser allergnädigster Herr und Se. Hochfürstlicbe Durchlaucht der Herr Staatskanzler es sehr billig und fast unumgänglich nodiwendig erachten müiktc^, dieser gröfsten, ältesten und ersten Stadt unserer Rheinprovinz nicht nur das Indigenat unserer aller hier und in uns^m Bezurk von jeher entdeckten und noch zu entdeckenden Altearthümer det uralten und mittleren Zeit zu verleihen die Gnade und BiUigkdt haben müfsten. Ma|nz, Trier und Köln, die ersten, ältesten, volkreichsten und bedeutendsten Hauptstädte, diir* fen ja nimmermehr so ins Dunkel ihres Werths und ihrer Greschichte hinsinken, dafs sie als die vor-; nehmsten Mutterstädte sich hinter dem unnachbar- lich^i Stolz ihrer Jüngern neugepujtzten Tochter *) verkriechen sollten; denn von hier ging der Gianas der Religion, des Rechts, der Handdschaft und des *) WoU BoM. - 284 — getreuen Volkthums aus; der Reisende sucht in ih- nen, was in ihnen so grofs und kräftig entstanden ist. Wie schön ist es selbst in diestn Hauptpunk- ten den ursprünglichen Glanz noch in den übrig dort erhaltenen Ruinen zu entdecken, wovon Bü- cher und Geschichte zeugen. Wie viel mehr glänzt der Reichthum des alten Glanzes hier überall, als in einem kleinen Orte, wohin der Volkszusammen- flufs sich unbeholfen hindrängen mufs, und die Mei- nen Spuren des unbekannten Ursprungs sich verlie- ren und vergessen, und die dennoch für ihren klei- nen Umfang genug haben, um eine Menge Reisender einige Tage in sich aufzuhalten. Hingegen kommt der Forscher und Bewunderer der Alterthümer von Mainz nach Trier, von Trier durch die kleinen Zwischen- örte^ deren jeder seine eignen Merkwürdigkeiten für einige Tage besitzt. Ich bitte ateo Ew. Wohlgeboren, das Gesuch der Erhaltung oder vielmehr der gänzlichen Aufstel- lung aller in unserer Gegend aufgefundenen oder auf- zufindenden Alterthümer, sowohl früherer als nähe- rer Zeit, in der Provinz - Hauptstadt Köln al)ein auf- zustellen zu erbitten, wodurch denn auch meine eigenen ansehnlichen Sammlungen an ihrem Lokal einen desto gröfseren Reichthum und Glanz der ganzen Rheingegend darbieten werden. Lassen Ew. Wohlgeboren sich von einemi alten erfahrenen Manne hierin gütigst rathen, und kom- men Sie mit allen Ihren Alterthümem und Schätzen dieser Art nach Köln. Hier allein ist der Ort, wo ein Museum dieser Art in der Rheinprovinz verhält- — 285 - niüsmäfsig glänzen kann und neben den wirklich hoch hier glänzenden, örtlichen Monumenten des ersten Ranges gedeihen kann. Ich erbiete mich, aus lan« ger Erfahrung in diesem Fache, der jiingern Gene- ration freundlich die Hand zu bieten, und diese wird zum Danke durch thätiges Handeln, damit ein Museum aufgestellt w^rde, welches Umfang und Grö- fse hat und Freude der Provinz ist, mir den Kranz aufsetzen, welchen ich für mein thätiges Leben ver- dient zu haben glaube. Hier in Köln wird das AI- t^, die Erfahrung dem raschen Schritte der Jugend zpr Seite gehen. Empfangen Sie hiermit die freudigste Versiche- rung meiner Hochachtung und meines Vertrauens. . Ferdiitaiid l¥»llr»r. Anlage C* An den Staatskanzler Fürsten von Harden- berg in Berlin. Köln, den 22. April 1821. Durchlauchtigster Fürst! Hochgebietender üetr Staatskanzler, Gnädigster Fürst und Herr! ^ Euer Durchlaucht hochgefälligen Verwendung verdanken die Bheinprovinzen seit Kurzem einen neuen Beweis der allerhöchsten Gnade Sr. Majestät in der Bildung einer eigenen Anstalt zur Centralisi- rung und Erhaltung der heimischen Alterthümer. Die Stadt Köln, deren Geschichte sich vrobl unter al^n deutsdien Städten der ältesten Erinne- - 286 - rungen, und bereits in den frühesten Zeiten, ^o die meisten jetzt blühenden Städte noch nicht existir- ten, eines bedeutenden Einflusses auf das westliche Deutschland rühmen darf, fühlt doppelt den Werth dieser Stiftung. EHe unterzeichneten Bewohner derselben wagen es, in ihrem und ihr^ Mitbürger Namen, für diese Gnade den allgemein und innigst gefühlten Dank darzubringen, und demselben in Beziehung auf ihre Vaterstadt einige Bemerkungen hinzuzufügen, welche in dem Vertrauen auf die Nachsidit Euer Durch« laucht und in dem hohen Interesse, welches alle Gebildete für diese Anstalt belebt, Entwdiuldigung finden, und die Bitte begründen mdgen^ die Stadt Köln zum Centralponkt aller Sammlungen der rhei- nischen Alterthümer gnädigst zu erklären. Die Stadt Köln besitzt, wie Ew. Durchlaucht bekannt ist, eine ziemlich vollständige Reihenfolge architektonischer und anderer Kunstdenkmäler, von der Herrschaft der Römer bis auf die neuesten Zei- ten. Die Reste römischer Baukunst schliefsen sich durch eine höchst merkwürdige Reihe byzantinischer Kirchen an das anerkannte Meistet w«rk dc^ gothi- schen Baukunst, den leider nicht vollendeten Pom, waA durch eine nicht ndnder vollständige Reihe der spanisch •italienischen Kunstversuche der nenarn Ar- chitektur an. Das Studium ^er Künste und Alterthuaskoiide, gestützt auf solche umfassende, in ihren Folgen uu* unterbrochene Reihe von Gebäuden, Aer einzigen reellen Basis all^ Kunstgeschichte, wird dlttck mh - 287 ~ zähUge kleinere Denkmäler der Kunst, rbmische An- tiken und Anticaglien, Statuen und Gemälde altdeut- scher Kunst^ yon den Zeiten der fränkischen Könige durch alle Jahrhunderte des Mittelalters bis auf im- &exe Zeiten herab unterstützt und zu einem grofsen Ganzen vervolbtändigt. Der ehemalige Reichthum an Kunstirerk^ aller Art, welcher freilich jetzt be- deutend zusammen geschmolzen ist, hat die Grün- dung mehrerer Kabinette und die reichen Privat- Sammlungen der Herren Boisseree \ind früherhin die des Freiberrn y. Hübsch, aber die Sot^losigkdt der damaligen Regferung leider auch ihre Verschlep- pung ins Ausland mogtich' gemacht Der Verlast möchte, zum Theil wenigstens, zu ersetzen sein, w&in die Alterthümer und Kunstwcarfcev wdche in kldneren Orten d^ Provinz aufbewahrt werden, hier wieder vereinigt würden. EV^. Durchlaucht haben die Nothwendigkeit und Zweckmäiaigkeit der Centralisirung ausgesprochen; ohne dieselbe wird weder die Erhaltung auf lange Zeit, noch die zweckmäfsige Benutzung der verein- zelten Stücke für die Kunstgeschichte, welche mur durch das Ganze und den Zusammenhang der ein- zelnen Stikke Licht erhak, möglich. Köln war die Stütze und der Hauptsitz der rö*- mischen Macht am Niederrhein; e» war der Mittdi- punkt der Merovingisch- fränkischen Periode^ die er* ste Theilnehmerin des Aufblühen» der Rheinlmde is der Carolingiscbeti Epoche und die Werkstätte und das Centrum aller Künste, des Niederrheins imd Wes^haleBs fiir An ganze Mitlelalt«r. Hier lebten - 288 - jene römischen Veteranen und ersten Familien, wel- che Agrippina von Rom aus sandte, ihnen Tempel, Pratorien, Amphitheater und allen Schmuck ihrer Vaterstadt schenkte, und von hier aus wurden ihre Villa's in der Nachbarschaft mit römischen Kunst- Bchätzen ausgestattet und ihr Andenken verewigt« Hier war der Sitz der fränkischen Könige, der Ver- dinigungspunkt der Grofsen des Landes, deren Bur- gen aus den Trümmern römischer Castelle oder nach solchen und nach den in der Hauptstadt entstande- nen Mustern erbaut wurden, und der Geist des Christenthumes , welcher die lieidnischen Tempel zu christlichen umgeschaffen hatte, ei^riff auch die kraf- tigen Ankömmlinge, und liefs eine neue vaterländi- sche Kunst, an der alten gebildet und aufgewachsen, für die veränderten Bedürfnisse eines neuen Glau- bens und den eigenthümlichen Sinn der Deutschen entstehen. Hier wohnten die Stifter und Wohlthä- ter der Kirchen, welche auf dem Lande entstanden, die Künstler, welche sie bauten oder mit Kunstge- bilden aller Art versorgen mufsten. Die Zurückbringung derselben von den ehema- ligen Villa's, aus den Kirchen und Klöstern, den kleinern Städten, Schlössern und Dörfern des Nie- deirheines nach Köln würde also nur eine Rück- kehr zur Heimath sein. Euer sind sie gearbeitet, erdacht und entstanden; hier finden sie ihre Gegen- bilde, ihre Originale, ihre Must^ oder Nachbildun- gen; von hier aus sind sie umhergesandt worden. Hier würden sie, wieder vereinigt, sich gegenseit% «Uären» die Bestimnnng ihres Alias» ihrer Bedeo- - 280 - tung, oft sogar des Namens ihres Meisters m&glicli macbcn, tind über die dunkeln Stellen der Künste geschichte des Mittelalters ein neues Licht vet«> breiten. Ohne den Besitz des Hauptstocks all^ 'Künste schätze des Rheinlandes, welcher sich hi^ befindet, ohne unsere Kirchen und Gebäude, also ohne Ba** sis der Kunstgeschichte, überall nur durch charak« teristische Baudenkmale möglich, welche die Zeit^ Bedeutung, .Entwiokelang und Fortbildung aller bh* dern Kunstwerke als dienende Verzierungen und uh*» tergeordnete Glieder des Ganzen bestimmen, werden die üln-igen Alterthümer der Bheinlande nirgends eine genügende Erklärung oder zuverlässige Deutung er* halten. Der Vorschlag, dafs Bonn der Centralpunkt, die Vereinigung aller rheinisclien Alterthümer werdeh möge, hat wohl nur den Zweck, den Verein so yie* 1er ausgezeichneten Gelehrten für die Untersuchung, Bestimmung und Deutung d^ Denkmäler zu be^ nutzen^, und dadurch die Kunst und Wissenschaft um so rasche zu fordern; aber dieser Zweck möchte wohl um so besser erreicht werden, wenn, statt Bonn, Köln zu einem solchen Centralpunkte gewählt würde. Die Entfernung von wenigen Stunden wird die Gelehrten nicht abhalten, zu so wichtigen Untersu- chungen herüber zu kommen; sie müssen es ohne? dies, wenn «ie irgend etwas Bedeutendes dieser Art am Rheine sehen wollen, und würden auch in dw vereinigten Sammlung aller übrigen noch immer kei- 19 ~ 2»0 - um Ersatz, der die misrige entbehrlidi madite, fin- den« Sie wiirden aber, wie gern sie jetzt schon den Genuls der hiesigen Konstschätze thdlen, ge- wi& noch glücklichere Untersuchungen anstellen kön- nen, wenn sie Alles hier vereinigt, und auf diese Weise das vollständige Material, welches allein zu glficklichen Resultaten fuhren kann^ zur Untersuchung und Vergleichung vor Augen hätten. Untersuchungen dieser Art können wohl überhaupt nur durch Zu- sammenstellung und Vergleichung einer grofsen Menge Materialien, desen organischer Zusammenhang und genetische Entwickelung sich im Einzelnen nachwei- sen und im Ganzen übersehen lafst, gefördert wer- den. Die wissenschaftliche Darstellung mag auch ferner den Gelehrten auf der Studierstube überlas- sen werden; die Forschungen und Ideen, welche derselben zum Grunde liegen, können aber nur bei einer vollständigen Total -Uebersicht gewonnen und berichtigt werden. Wir glauben daher, den Mitgliedern der Uni- versität in Bonn selbst die Beschäftigung mit den rheinischen Alterthümem und die wissenschaftliche Benutzung derselben bedeutend zu erleichtern, und folglich auch ihren Wunsch, wie den all^ wissen- schaftlich gebildeten und für die Sache selbst sich interessirenden Rheinländer auszusprechen, wenn wir bitten, die Sammlung, Au&tellung und Aufbewah- rung der Alterthümer gänzlich von den gelehrten Arbeiten der Universität zu trennen, und, damit d« edlen Absicht Ew. Durchlaucht g^näCs etwas Voll- ständiges, die Wiss^ischaft Qnd Kunst wiiklidi För- — 291 — V demdes zu Stande gebracht werden könne, die Stadt Köln zum Centralpunkte, wo alle rheinische Sanun- lungen dieser Art vereinigt und wissenschaftlich ge- ordnet aufgestellt werden sollen, gnädigst zu be- stimmen. Wir hoffen, durch diese Bitte den Direktor der Anstalt, Herrn Hofrath Dorow, dessen Thätigkeit und Umsicht die Sammlung in Bonn ihr Entstehen und Gedeihen verdankt, nicht zu« verletzen, und sind überzeugt, dals die ernste Prüfung der Gründe, wel- che für die Centralisirung in Köln sprechen, auch ihn bewegen wird, sich dem Besten der Sache und unsern Wünschen zu fügen. Die Wichtigkeit des Gegenstandes und der Wunsch, dais die erhabenen Absichten Ew. Durchlaucht bei dieser neuen Schöpfung für die Rheinprovinzen voll- standig erreicht werden, lassen uns Verzeihung hof- fen, wenn wir die fernere Bitte wagen, dafs es Ew. Durchlaucht gefsdlen möge, durch gesetzliche Be- stimmungen über den Besitz, Verkauf und Erwerb eigentlicher Kunstdenkmäler die Erhaltung der noch geretteten dem Vaterlande zu sichern *), Die herr- *y In Dänemark besteht ein sehr weises Gesetz über Alterthümer, welche von Privaten in der Erde gefunden oder ausgegraben werden. Bs lautet im Auszug so: Placat, betreffend Vergütignng aus der königlichen Kasse für alte Münzen, so wie für andere Selten- heiten , die man in Dänemark oder Norwegen ent- decken möchte. —• Wir Friedrich der Fünfte, von Crottes Gnaden König von 19* — 292 - KfuiBtsch&üEe wefrden fortwährend ins Aa«^ laad Terechleppt, d^ Nachkömmliiigen der Stifter und Künstler, wie der Nacheifernng tmd der Er- bauung des künftigen Geschledits entzogen, vielleicht für immer der Kunst und Wissenschaft entfiremdet. Wenn diesem verderblichen Gewerbe nicht bald ge- steuert wird, so ist vorauszusehen, dafs alle Kunst- werke, weldie jetzt nodi in Kirchen, städtisob«a Dfineinark «ic, tb«o Jedem zu wiMent dalis, obir^U alles daiyeni^e, was in Uoserm Reiche Päaemafk ift dei^ Erde, in Wäldern, im freien Felde, in Häusern oder anderwärts vergraben und verborgen sein möchte, aii Gold, Silber, Metall oder dergleichen Schätzen und wozu sich kein ^i- genthamer meklei, zuMge der dänischen C^^setsre, Cfns als Dane Fan (in Dänemark Vergrabenes ) zugehört; so wie Vdjb auch, nach den aord|9ehea Geseizea.ein Theil vorb^ kalten 19^ von allem dem, was an Geld oder Geldeswertb in der Erde gefunden wird; haben Wir doch aus hoher königlicher Gnad^ und zur Ermunterung Unserer lieben ntid getrauen Ünterthanen , welche dergleichen Sachen' eht- detken m6elitea • atlergnädigst liir gut geaidhtet und be)#il- Ifeget, M wie Wir a)ael|:zur Ifaichricht für Jedermaiin be€Mlatioiisgeist tSv Alf f naihnag 121 Xf!S frvr!ea ikqr. ma zaiis •3» E^ I^ipsiuuuäc vMhiilnl- >fa :»£. jiUM aur IUI JM«K ^ - 295 - zuerst die Veranlassung gab, Ew. Durchlaucht dar- auf aufmerksam gemacht zu haben. Wir ersterben in tiefster Ehrfurcht Ew. Durchlaucht uttterfhänigjM Difner Fried* Mmwmtmtt ▼• «|er Iieyen, Kö- mgl Commerzien-Raih. iloli« Pliil« Hei« mimn» KönigL P«mierzien-Rath. Carl Cr»f asurUppe« A^Seltaamiaiuien* Carl RliOVoun o* »w wtMt führten wünle. dieselben hier wdUiaiulig uüt^uthoilou « so $ei dvnrh durch einiflce \\\>rt^ d^iorü^ul' hiug^Hiieu mit der Hoäuung« di£s vU^KmvK vielleicht vier l^nhrk derselben herbeigeliuhit IVc ^tefÄt^e Oenerdt • Lieutenau« von Lcs»s$au •\ — 297 — damals Hauptmann im Generalstabe, verfafste im Juli 1803 einen Aufsatz, in welchem die Noth wen- digkeit einer allgemeinen Militairpfiichtigkeit nebst den daraus sich ergebenden Folgen aur außerge- wöhnlichen Verstärkung der Armee dargestellt wurde. Es wird der Grundsatz darin ausgesprochen und die Nothwendigkeit einer Durchführung desselben nach- gewiesen, daüs: „jeder Bewohner . des. Staaits ohne Unterschied „der Geburt der gebotae Vertheidiger des-* „selben sein muiis." Markwürdig, da& damals <1803) Herr v. Lossau es schon m diesem Aufsatze zu beweben bemüht war, was heute, ^e es scheinen möchte, sich noch nicht allgemeine Aneikennung gewonnen hat! Dais es: „keiner Klasse det Unterthanen in dem' Staate „zur Schande gereichen dürfe, jede Art von Ge- „werbe zu treiben. Nur das alleia mü&te die grölste „Schande sein, von der Vertheid^ung des Vaterlax^ „des ausgeschlossen zu sein. Die das Ganze bela« „stenden und dem Soldatenstande nicht sonderlich „ehrenden Exemtionen, würden dann ohnehin weg^ „fallen, so auch die Aufnahme der Ausliinder ii| „die Armee." Diese den Zeitansichtea des Jahres 1803 in Preufsen fast unglaublich vorauseilenden ' Betraditungen theilte Herr v. Lossau dem damali* gen Oberst v. Phull (gestorben als russischer Ge- neral-Lieutenant) mit, und die Antwort desselben hat sich noch erhalten ^ und lautet: 20' An den Kapitain t. Lossao. BcrliA, dem tt. Jali 18fi3L Em. UocbfroUgeboren tage idi den TcrboMl- Bebften Dank fitr die frwmdtdbaftKche MitArihn^ Ihres Anfgalzef ober die nrilitaifiadie Organisinmi^ MU «f abrem Vergnogen babe ich dffwdben geleMO. Ich bin Ihrer Meintmg. Nor glaube idb, nmCi man diesen Gegenstand ndt Tirier BehntsamkA berohr^i mid nur gegen Mensdien, weldie für densdben em- p&nglidi sind Die Wahrheit gleicht einer Medizin^ welche nicht eher gegeben werden kann, ab nadi- dem der. Kranke einige Pnrganzen genommen' hat Wir haben zn Tiele Kranke und nor zn wenige Qe* snnde. Mündlich ein Mehreres. Nach der Katastrophe des Jahres 1806 nahm der Herr y« Lossan, überzengt, dafe nur dnrdi die Bewaffnung der ganzen Nation eine nöthige Umwäl- zung vorzubereiten sei, seine frühere Idee wieder auf und sendete aus TVeptow a. d. K unter dem 21« März 1808, damals als Major, Sr. Majestät dem Konige ein Memoire ein, betitelt: „Gedanken über die mi- litairische Organisation der preufsischeu Monarchie/' Der Herausgeber glaubt nicht, die Diskretion zu ver* letzen, wenn er über diesen so viel besprochenen wichtigen Gegenstand ein Schreiben des Herrn Ge- noral • Lieutenants V, Lossaa hier folgen läfst - 299 - An den Dr. Dorow in Berlim Berlin, den 15. April 1841. Aus Ihr^ gütigen MittheiluDgen erfalire i<^, dafr man noch steU nicht völlig darüber einig ist, if^ SNierst die Idee zu dner Landin^ehr gegeben habe« Hierüber kann ich Ihnen nun zwar keine cntiBoheidende Aui^kanft geben, da mir niemals et* was Bestimmtes darüber bekannt geworden ist. In* zwischen eHaube ich mir, Sie an den Ihnen vor einiger Zeit mitgetbeilten Au&atz zu mnnern, wel'^ eben ich Anfangs des Jahres 1808 schrieb, und. den ich, wie solches '£e Ihnen ebenfalls vorgelegte 'Kö^ nigliche vorzüglich gnädige Kabinets - Ordre vom 11. April 1808 bewtist *), unter dem 21. März dcb gedachten Jahres Sr. Majestät dem hochseligen Kö- nige eingereicht hattd. In dieser Abhandlung: „übor die militairische Organisation der preußischen Mo- narchie,'' bt von der allgemeinen Militairpflichtig* keit die Rede, und ich stelle den Grundsatz aul: „Jeder Bewohner des Staats hat, weil derselbe die *) Mein lieber Afajor von Lossau! Ich habe In eurdr Mir unter ^öm 21. t. M. eingerMchten Abhandlung ' M^^t die neue mllÜAirisehe Organisatien deis Staats sehr ((utb Ide^n gefiiaden, «nd lusse eurer Sachkenniiii£i und eqHtr Benriheiliuig der Ge|$en«i&ade Crereektigkei^ wiederfjiihr^ii, bezeuge euch auch Meine Zufriedenheit über den dadurok ZU Tage gelegten Eifer für das allgemeine Beste, iind bin euer wohlgeneigter König Königsberg, den II. April 1 808. Friedrich Wiikdm. WM^MOk ia V Zeil des Kneges miler die Waffisn tre- Dies w der ia jenen Ai6atz TolUtlndig , — fi i nndf i geieiile md suf das Genauste eatmAdte nnsptgrilMh mid der BaaptaiAt nach die Idee der Landfrdkr, wie Nifimd bider gelei^Bet' hat. Zagleidl strfhe ich den Grandsatz anf and entwik- kdte die Nothwendigkeit einer Feststdlong dessel- ben, dals ^^Jedem, der die Pfficht der Landesrer- tb^digmig auf sich hat, die höchsten militairischen Worden zu errdchen oflfen stehen mä&te, wenn derselbe sich der Beförderung werth zeigt Die Ansprüche wären gleich, nicht aber die Rechte der Forderungen.'' Ohne nun Anderen den Preis ^. die erste Idee zur Errichtung einer Landwehr, zu bestreiten, glaube ich demnach behaupten zu dürfen, dafs, im Fall Nie- — 301 — mmd erweisen konnte, b^^ts vor dem Juli des Jahres 1803 im AUgemeinai and vor dem Monat Maiz 1806 joie Idee ausführlich auseinand^^esetzt und mhgethdlt zu haben, ich mich wenigstens schmächeln dürfte, zu joier Zeit schon mit ihr be- schaftigt gewesoi zu sdn. Ob ein Anderer das- sdbe vor mir oder gleichzeitig mit mir gethan hat, ist mir unbekannt Das Vorstehende aber kann ich ungescheut behaupten und als die Wahrheit ver- treten. Mit vorzüglichster Hochachtung Ihr ganz ergebenster Freund Nach diesen Vorlagen und Allem, was bis jetzt über eine National -Bewaflhung, sowohl im* Allgemeinen als im Spedellen, öffentlich bekannt geworden ist, würde man mit vollem Rechte die Behauptung au&tellen können, dafs es der General- Lieutenant v. Lossan ist, der zuerst 1803 und 1808 ausfuhrliche Arbeiten über die Organisirung einer Landwehr jgeliefert hat, so dals ihm die erste Idee zur Erriohtung einer solchen Landesbewaffnung nicht füglich abgesprochen werden kann. ^^ i 3 tlOS DV4jiT2_73t_ DATE DUE JUN 2 9 193 ^lA^i- ■>'-■ i^ S«fe_ STANFORD UNIVERSITY LIBRARIES STANFORD, CALIFORNIA 94505